Wie demokratisch sind die Grünen mit ihrem „Geheimdienst“?

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Amadeo_Antonio_StiftungDie Leiterin Kahane der Amadeu Antonio Stiftung hat da ihre einschlägigen Erfahrungen als führende StaSi-Mitarbeiterin schon bedenklich eingebracht, finanziert u.a. mit unseren Steuergeldern.
Sie koordiniert personelle Hetze gegen alle Personen, die dem grünen Narrativ ablehnend gegenüber stehen, nach dem alten Muster: Bei Wikipedia, Volksverpetzern oder Psiram anschwärzen, wo niemand wegen Lügen zur Rechenschaft gezogen wird; dann sich an die Arbeitgeber und die Leim-Medien wenden mit Verweis auf ebendiese Einträge bei Wikipedia: „Wissen Sie eigentlich, dass Sie einen Nazi-Affinen beschäftigen“ und nebenbei auf Fratzbuch, Instagrimm oder Klatschapp Dreck schmeißen.
Damit kann schon so viel Angst erzeugt werden, dass Leute verstummen, die noch einen Arbeitsplatz zu verlieren haben.

dagmar henn

dagmar henn

Dagmar Henn hat in ihrem ausführlichen Artikel gute Beobachtungen gemacht und die richtigen Schlüsse daraus gezogen.
https://test.rtde.tech/meinung/171146-wie-demokratisch-sind-gruenen-mit/.
Auszüge:

Das Netzwerk zwischen „Faktencheckern“ und Organisationen wie der Amadeu Antonio Stiftung wird von Monat zu Monat aktiver, mit politischer Rückendeckung. Inzwischen betreiben sie längst geheimdienstliche Arbeit.
Mit einer demokratischen Gesellschaft ist das inkompatibel.

Wenn jemand im Westen Gruselgeschichten erzählen will, greift er gern zum KGB, weil dieser Dienst der Definition wie dem Wappen nach „Schild und Schwert der Partei“ war, weshalb angenommen wird, dass die Interessen der Partei Vorrang vor jenen des Staates hatten, und gesagt wird, dass die Verwendung eines Geheimdienstes zur Machtsicherung besonders verwerflich sei.

Darum wird auch immer wieder betont, dass die Nachrichtendienste in Deutschland unter parlamentarischer Kontrolle stehen und ihre Tätigkeit durch entsprechende Gesetze beschränkt ist. Nicht, dass die Darstellung des KGB vor Wahrheitsgehalt überschäumt – de facto gingen seine Befugnisse in manchen Punkten nicht einmal so weit wie die der heutigen deutschen Polizei.
Die Frage, was es bedeutet, wenn eine Partei einen nicht auf die eigenen Strukturen, sondern einen auf die Gesellschaft ausgerichteten Geheimdienst besitzt, stellt sich ganz aktuell – und zwar in Deutschland. Und die Partei, die sich solches leistet, ist Bündnis90/Die Grünen.

Zu diesem Schluss kommt man, wenn man genauer betrachtet, was das ganze Netzwerk aus „Faktencheckern“ und „zivilgesellschaftlichen Initiativen“ so treibt. Die Ereignisse im Ahrtal, die wir hier vor Kurzem behandelt haben, liefern ein Exempel dafür. Dort finanzierte eine Kölner Clubbesitzerin eine „Journalistin“, die sich bemühte, die im Ahrtal bereits tätigen Helfer alle als Rechtsradikale anzuschwärzen, damit besagte Clubbesitzerin den Landesauftrag für die Hilfe einheimsen konnte.

Das ist nicht nur ein Fall besonders bösartiger Korruption, Informationen über andere zu sammeln, um sie anzuschwärzen, es ist eine nachrichtendienstliche Tätigkeit.
Solange es dabei um wirkliche Nazis ging, wie das beispielsweise bei der bayrischen Initiative a.i.d.a. oder Jahrzehnte davor beim sozialdemokratisch betriebenen Pressedienst Demokratische Initiative (PDI) der Fall war, und diese Arbeit durch Untätigkeit der bayrischen Behörden in diesem Bereich ausgelöst wurde, bleibt das zwar als private Initiative rechtlich kritisch, ist aber legitim.
Die Wehrsportgruppe Hoffmann beispielsweise wurde vor dem Sprengstoffanschlag auf das Oktoberfest 1980 von staatlicher Seite in Bayern immer als harmlos dargestellt, es war vor allem der PDI, der sie beobachtete.

Anders sieht das aus, wenn solche Strukturen nicht nur Informationen sammeln, sondern sie anschließend manipulieren und im politischen Interesse der eigenen Seite einsetzen. Damit man nicht glaubt, das sei auf das Ahrtal beschränkt, betrachten wir doch einmal einen Artikel, der vor einiger Zeit in der Jungle World erschien, aber erst jetzt kostenlos gelesen werden kann.

Der Text bezieht sich auf die unseren Lesern gut bekannte humanitäre Organisation Friedensbrücke – Kriegsopferhilfe e. V., die sich durch ihre Tätigkeit im Donbass unbeliebt gemacht hat, obwohl es sich um rein humanitäre Lieferungen handelte (das Finanzamt hatte die ganzen Jahre über jährlich die gesamte Buchhaltung geprüft, Beleg für Beleg, ohne jemals etwas zu finden, das nicht den Kriterien einer humanitären Lieferung entsprochen hätte).

Der Autor des Textes, Andrej Steinberg, ist selbst Mitarbeiter der Amadeu Antonio Stiftung und befasst sich mit „russischer Desinformation“. Er beruft sich auf Recherchen eines Portals namens The Insider, dessen IP-Adresse auf einen Bahnhof in San Francisco führt, und zu einer Person namens „Polly„, die sich auf ihrem Twitter-Account als besonders aktives Mitglied der weißrussischen Opposition darstellt, die ihre Tage damit verbringt, Material über Menschen zu sammeln, die nicht antirussisch genug sind.

Wie weit „Polly“ beziehungsweise die Personen, die sich als „Polly“ ausgeben, von Diensten finanziert werden, kann nicht ermittelt werden. Aber sowohl die Lokalisierung von The Insider als auch der Eifer, mit dem „Polly“ russische Telegram-Kanäle durchkämmt, deutet an, dass hier, wenn keine öffentliche, so doch eine private Finanzierung vorliegt. Und da mit Steinberg die Brücke zur Amadeu Antonio Stiftung geschlagen ist, ist deren Beteiligung nicht auszuschließen.

Die Vorhaltungen, die in dem Artikel gemacht werden, sind auf die inzwischen bekannte Art konstruiert – sie arbeiten mit Verkürzungen, Auslassungen und unbelegten Zuschreibungen. Wenn dort beispielsweise steht: „Das Foto eines Lastwagens, der mit dem hierzulande verbotenen Z-Symbol versehen war, bescherte der Friedensbrücke im vergangenen Jahr ein Ermittlungsverfahren wegen Billigung von Straftaten und die Aberkennung der Gemeinnützigkeit„, dann wird dabei die Tatsache übergangen, dass der Lastwagen mit dem Z ein russischer Lastwagen in Russland war, wo ebendieses Symbol gar nicht verboten sein kann, und damit ein entsprechendes Strafverfahren in Deutschland auf äußerst wackligen Füßen steht.
Wie die letzten Monate gezeigt haben, ist das kein Schutz vor Strafverfolgung, aber es belegt, dass auch die Strafverfolgungsbehörden die Gesetze nur noch begrenzt respektieren.

Massiver ist dann dieser Vorwurf: „Im November hatten laut Insider an diesen Transporten beteiligte Lastwagen beispielsweise Maschinenöl für Kampffahrzeuge an Bord. Im Februar 2023 habe Kilincs Verein demnach die Lieferung einer Anti-Drohnen-Waffe und eines Drohnensystems an ein Regiment der Lugansker Volksrepublik bezahlt.“
Lastwagen, die an Transporten beteiligt sind, die der Verein Friedensbrücke zusammen mit Kooperationspartnern in Russland durchführt – das ist die bekannte Geschichte von der Kontaktschuld. Eine Strafbarkeit würde voraussetzen, dass der Verein selbst von seinen Spendengeldern militärische Güter erworben hätte.

Dem ist nicht so, das hätte bereits vor Jahren zu einem Verfahren geführt, und wie oben schon erwähnt, lagen alle Belege für die Verwendung der Mittel dem Finanzamt vor. Wenn ein russischer Verein, mit dem zusammen ein Transport organisiert wird, organisiert werden muss, weil man Fahrer, die in ein Kriegsgebiet fahren, nicht einfach bei einer Spedition buchen kann, dann andere Materialien liefern, ist das keine Verfehlung des deutschen Vereins.
In Russland ist es russischen Bürgern sehr wohl gestattet, Material an die russische Armee zu liefern. Dass die gleiche, im Internet zusammengerufene Gruppe Menschen die Waren aller beteiligten Organisationen in die Lkws verlädt, macht aus deutschen Inkontinenzwindeln noch keine Drohnen.

Aber spätestens seit dem „Querfront“-Vorwurf schlucken viele, die sich in Deutschland als Linke begreifen, allerlei Unterstellungen, wenn sich nur ein Foto finden lässt, auf dem zwei Personen nebeneinander stehen, auch wenn eine der Folgen des Internets ist, dass sich solche Fotos von Personen finden lassen, die nicht einmal ein Wort miteinander gewechselt haben.

Es gibt beispielsweise ein Foto von der Abfertigung eines Transports (für den, wie zuvor erwähnt, im Internet aufgerufen wurde, weil es schlicht Menschen benötigt, die Dinge tragen; Aufrufe, die mal sechs, mal sechzig Personen in Bewegung setzen, die mit dem ganzen Transport nicht mehr zu tun haben, als eben besagte Dinge zu tragen), auf dem das Logo von der Friedensbrücke zu sehen ist, und daneben steht ein Aktivist einer serbischen Bewegung. Besagter Aktivist soll im Jahr 2017 dem westlichen Helden Nawalny Farbe ins Gesicht gegossen haben und sei darum ein Rechtsextremist.

Also schon die Zuschreibung zu dieser Person beruht auf falschen Tatsachen. Zudem ist das Logo bei jedem Transport zu sehen, bei dem die Friedensbrücke etwas mitschickt, egal, ob Vertreter des Vereins dabei anwesend sind oder nicht (im gesamten Verlauf der vergangenen acht Jahre war dies mehrheitlich nicht der Fall). Jeder, der auch nur zwei Minuten darüber nachdenkt, würde begreifen, dass eine Überprüfung der gesamten politischen Vorgeschichte von Menschen, die nur Dinge in einen Lastwagen tragen, völlig absurd ist. Wer jemals Aussagen von Nawalny gelesen hat, begreift auch schnell, dass nicht derjenige der Nazi ist, der ihm Farbe ins Gesicht kippt. Aber fünf Jahre nach diesem Vorfall könnte eine Vertreterin des Vereins ihre politische Reinheit nur bewahren, wenn sie den serbischen Aktivisten daran gehindert hätte, Dinge in einen Lastwagen zu tragen.

Viele der Details sind schlecht recherchiert. So war der im Artikel erwähnte Alexander Miroschnitschenko zwar jahrelang wirklich Kämpfer der Donbassmilizen und hatte unter anderem viele humanitäre Transporte begleitet (was in Kriegsgebieten erforderlich ist, wenn Verteilstellen für Hilfsgüter im Sichtfeld von Scharfschützen und Artillerie liegen), aber er ist nicht im Kampf gefallen. Er war im Zivilberuf Bergsteiger und Fassadenkletterer, und stürzte tatsächlich bei Bauarbeiten zum Wiederaufbau Mariupols vor Ort von einem Baugerüst und verletzte sich so schwer, dass er das Bewusstsein nicht wiedererlangte. Seine Beerdigung war ein Großereignis mit mehreren Hundert Anwesenden – insofern ist auch die Aussage, dass zwei Personen beide auf dieser Beerdigung gewesen seien, eine Nullinformation.

So geht es weiter: Friedensbrücke-Mitbegründer Klaus Koch soll sich sehr über seine Beförderung zum General gefreut haben, hatte er es in der NVA doch so weit nicht mehr gebracht. Und die Bemühungen, ausgerechnet den OKV, das Ostdeutsche Kuratorium der Verbände, in dem sich alle Organisationen der ehemaligen DDR-Eliten finden, in die rechte Ecke schieben zu wollen, ist ein Akt, der völlig absurd ist. Damit diese Verrenkung auch nur gedanklich gelingt, muss man sich in obskuren anarchistischen Kreisen bewegen, die ihren Hass schon immer primär auf Kommunisten richteten.

Die Vorgehensweise ist also die übliche. Und es geht darum, politische Widersacher, die die Erzählung von der demokratischen Ukraine stören, so sehr mit Dreck zu bewerfen, dass sie ihre politische Wirkungsfähigkeit verlieren. Aber wirklich interessant ist hier, wer das tut.

Die Amadeu Antonio Stiftung ist gewissermaßen die Spinne im Netz all der Faktenchecker, „Corrective“ und „Pollys“. Was in den vergangenen Jahren aber vor lauter Getöse über Desinformation und Destabilisierung und so weiter unterging, ist, dass ihre Tätigkeit in weiten Teilen exakt das ist, was die Verfassungsschutzämter auch tun – allerdings ohne gesetzlichen Auftrag, ohne parlamentarische Kontrolle und in einem eindeutig orientierten Interesse, das, wie das Beispiel Ahrtal oder etwa die Reaktion des grünen Ministers Habeck belegt, nicht darauf beschränkt ist, humanitäre Hilfe im Donbass zu verunglimpfen.

Erstaunlicherweise haben die übrigen Parteien in Deutschland noch nicht bemerkt, was sie da herangezogen haben. Der große Zugriff in die öffentlichen Kassen eröffnete sich für diese Netzwerke während Corona. Da fand es vermutlich auch die politische Konkurrenz einfach bequem, Hilfstruppen zu haben, die immer lautstark erklärten, dass das, was die Regierung verkündete, die Wahrheit sei, und sich ansonsten darum bemühten, alle, die das nicht für Wahrheit hielten, zu Staatsfeinden zu erklären.
Dass die gesamten Netzwerke parteipolitisch eine, vorsichtig formuliert, sehr starke Neigung zu den Grünen haben, wurde dabei wohl in Kauf genommen, ebenso wie die zunehmende Orientierung hin auf Angriffe gegen Personen.

Wie man am obigen Beispiel sieht, ist die Tätigkeit dieser Strukturen mittlerweile bis zu einer Dopplung der Verfassungsschutzämter angewachsen, wobei nicht nur der eventuell legale Teil der Beobachtung betrieben wird, sondern zudem durch gezielte Manipulation der Informationen aktiv politische Debatten im parteilichen Interesse verzerrt werden.

Bündnis 90/Die Grünen sind gerade in Bezug auf die Ukraine am tiefsten involviert: Marie-Luise Beck, die entscheidend mit dafür verantwortlich ist, dass diese Partei so innige Beziehungen zu ukrainischen Nazis hegt, traf sich erst jüngst mit einer der Mörderinnen von Odessa. Das Foto dieser Begegnung erhielt leider nie die Aufmerksamkeit, die ihm angemessen ist, weil die Übergänge von den grünen Nachrichtendiensten in die Redaktionsstuben des Mainstreams fließend sind und daher die Verwendung solcher Informationen unterbleibt, selbst wenn diese – wie in diesem Fall frei von Manipulation – auf eine echte Nähe verweisen, weil sie in die falsche Richtung führen würde.

Diese grüne Positionierung jedenfalls erklärt, warum Kritiker der NATO-Position mit besonderem Eifer verfolgt werden.
Erstaunlich ist allerdings, dass die Spitzen von SPD, FDP und CDU offenkundig nicht erkennen, dass sie damit einen Apparat entstehen ließen, der sich genauso gut gegen sie wenden kann, mit denselben Methoden, und dass sie diesen Apparat mit Steuergeldern finanzieren. Man muss nur bedenken, wie eifrig Bundeswirtschaftsminister Habeck das Schema nutzt, dass alles, was seinen Vorstellungen widerspricht, russische Desinformation sei.
Der grüne Parteigeheimdienst steht auch bereit, aus der FDP eine Zentrale russischer Desinformation zu machen, wenn ihre Einwände gegen die Habeck-Heizgesetze zu erfolgreich werden sollten, oder aus der SPD, wenn diese eventuell aus Not ihre Haltung zur Kernkraft verändert.

Bei allem Geschrei, das zum Rollator-Putsch erhoben wurde, und allen Erklärungen, wie gefährlich die Desinformation sei, die aus Russland oder aus den Reihen heimischer Opposition stammt, wenn man eine wirkliche, reale Bedrohung für die deutsche Demokratie sucht, findet man sie beim mit Steuergeldern aufgepäppelten grünen Parteigeheimdienst.

Es hätte niemals erlaubt werden dürfen, dass privat kontrollierte Organisationen eine derartige Rolle übernehmen.
Schon die Funktion des Sammelns ist problematisch, die Funktion des Angriffs auf Personen und Organisationen jedoch ist aktive Geheimdiensttätigkeit. Das führt zur schlimmsten Verzerrung demokratischer Prozesse, die es je in der Bundesrepublik gegeben hat. Selbst die bizarre Ungleichheit zwischen den gehätschelten Klimaklebern und den verteufelten Friedensdemonstranten beruht im Kern auf dieser grünen Denunziationsmaschinerie, die jederzeit bereitsteht, einen lästigen Gegner einer „character assasination“, einer Zerstörung des Rufs zu unterziehen.
Eigentlich dürften die Konsequenzen aus diesen Strukturen nicht bei deren Auflösung enden.
Die Tatsache, solche Strukturen geschaffen zu haben, müsste zu einem Verbot der Grünen führen.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen, z.Zt. auf Langeoog DSC_5938_01

Stammtisch der DFG-VK Nordschwaben am Dienstag 16.5.2023 in Nördlingen, dazu ein wichtiger Beitrag von Dr.Ingrid Pfanzelt, IPPNW, zur Geschichte, Spaltung und möglicher Versöhnung der Friedensbewegung

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Liebe Friedensfreunde,

unser nächstes Treffen findet statt
Dienstag 16.05.2023, 19.30 Uhr
Cafe Alexanderplatz im Keller
Polizeigasse 13, Nördlingen.
Eintritt frei.
Themenvorschlag ist der folgende, soeben auf den NachDenkSeiten erschienene Artikel – daher bitte lesen!
https://www.nachdenkseiten.de/?p=97631

Friedensbewegung #1, #2 & #3:
Der mühsame Weg in Richtung Frieden

Es ist kompliziert, sich für den Frieden zu engagieren. Heute gibt es nicht mehr eine Friedensbewegung, es sind inzwischen drei verschiedene: die Alte, die Neue und die ganz Neue.
Und leider gibt es zwischen den Gruppen wenig Eintracht, sodass die Kriegsbewegung – bestehend aus Politik, Rüstungsindustrie und tiefem Staat – leichtes Spiel hat, mehr und mehr Menschen auf Kriegskurs zu treiben bzw. zu halten. Analyse und Interview von Andrea Drescher.

#1

Die alte Friedensbewegung aufgrund des Vietnamkriegs wurde mitgetragen von den Protesten der 68er-Bewegung und ging Hand in Hand mit der Ökologie- und Anti-AKW-Bewegung der 70er- und 80er-Jahre auf die Straße. Die damaligen Aktivisten kamen zum großen Teil aus dem politisch linken Spektrum und waren mehrheitlich antifaschistisch, antiimperialistisch bzw. anti-amerikanisch. Ausnahmen wie Herbert Guhl bestätigen diese Regel. Man traf sich im Bonner Hofgarten, bei der Startbahn West oder in Wackersdorf, um nur einige Schauplätze der damaligen Zeit zu nennen.
Die Gründung der Grünen war eine Folge dieser Bewegungen, wobei ich mir sicher bin, dass sich die damaligen Urgesteine Petra Kelly und Gert Bastian von dem, was aus dieser Partei heute geworden ist, genauso scharf distanzieren würden, wie ich das tue.

Reste dieser alten Friedensbewegung sind noch in verschiedenen Bündnissen aktiv – die Anti-Siko in München ist ein Beispiel dafür. Auch eine „Antifa“ gibt es noch.
Erschreckend ist aber, wie sehr von vielen dieser Organisationen inzwischen das transatlantische Narrativ geteilt wird.
Von grundsätzlicher Systemkritik, wie ich sie aus meiner Jugend kannte, ist kaum mehr etwas zu spüren.

#2

2014 entstand die neue Friedensbewegung, initiiert von Lars Mährholz in Berlin als Mahnwachen für den Frieden, die regelmäßig jeden Montag auf der Straße zu finden war.
Auslöser war der sich abzeichnende Krieg in der Ukraine – der dann nach acht Jahren Dauerbeschuss des Donbass 2022 plötzlich und unerwartet ausgebrochen ist.
Aber auch andere Themen kamen aufs Tapet bzw. ans offene Mikro. Ob die Kriege in Syrien, Jemen und Israel, Umweltzerstörung durch Glyphosat und Regenwaldzerstörung, Freundschaft mit Russland oder das Finanz- und Wirtschaftssystem: Diese Friedensbewegung, die in ihrer besten Zeit in über 230 Städten im deutschsprachigen Raum stattfand, griff viele systemkritische Themen auf.

alles nazis ausser juttaInsbesondere die Kritik am Geldsystem führte dazu, dass man sie als antisemitisch erklärte, denn wer das Geldsystem kritisiert, war laut der „linken“ Ikone Jutta Ditfurth bereits ein struktureller Antisemit. Diese Tatsache und das – seltsamerweise medial forcierte – Aufkommen der PEGIDA-Bewegung, die mit den Mahnwachen in einen Topf geworfen wurde, führten sehr schnell dazu, dass alte und neue Friedensbewegung nicht zusammenkamen und die Mahnwachenbewegung an Schwung verlor.
Der „Zusammenhang“ zwischen Friedensbewegung und „Rechten“ – in späterer Folge dann Antisemitismus und Nationalsozialismus – war geschaffen. Systemkritiker standen im „rechten Eck“, was für viele, darunter auch mich, sehr überraschend kam.

#3

2020 entstand aufgrund der Grundrechtseinschränkungen durch die vermeintlichen Gefahren von Corona eine Freiheitsbewegung, die nach und nach unter einer Friedens- und Freiheitsbewegung firmierte bzw. zu dieser mutierte. Ein für mich erschreckend großer Anteil der Demonstranten hatte deutlich mehr als 50 Jahre auf dem Buckel, es gab Veranstaltungen, bei denen ich das Durchschnittsalter auf 60 geschätzt habe. Auf allen großen Demos habe ich Menschen mit Rollator oder Rollstuhl mitlaufen bzw. -rollen sehen.
Es waren sehr „bürgerliche“ Demos, es war ein sehr buntes Publikum, und bei vielen, die ich traf, stellte ich fest: „Wir hätten uns auch in Bonn, Wackersdorf oder auf der Startbahn West treffen können.“

Auch zahlreiche Aktive der Mahnwachenbewegung von 2014 waren dort zu finden, zumindest jene, die sich nicht vor der virtuellen – korrekt viralen – Gefahr fürchteten.
Als der Impfdruck zunahm, nahm auch der Anteil junger Menschen und Familien mit Kindern zu. Es waren – nach meiner Wahrnehmung – alle politischen Strömungen von „rechtsaußen“ bis „linksaußen“ vertreten. Die überwiegende Mehrheit bildete aber die bürgerliche Mitte – viele bis dato meist völlig unpolitische Menschen, die ihrem Recht auf körperliche Selbstbestimmung Ausdruck verleihen wollten. Das mediale Framing der zunächst nur maßnahmenkritischen Bewegung mit Begriffen wie „Corona-Leugner“, „Impfgegner“ und natürlich „Antisemiten“ und „Nazi“, wurde dann fast eins zu eins auch auf die Menschen übertragen, die – als der Maßnahmendruck zurückging, die Kriegsgefahr aber zunahm – weiter auf die Straße gingen.

Die perfekte Spaltung

Die „alte“ Friedensbewegung wollte bzw. will mit „den rechtsoffenen Demonstranten“ dieser Friedensbewegung #3 nichts zu tun haben.
Am 18. Februar gab es daher anlässlich der Münchner Sicherheitskonferenz gleich zwei Friedenskundgebungen und Demonstrationszüge.
Am Marienplatz traf sich die Anti-Siko der alten Friedensbewegung, zeitgleich mobilisierte „Macht Frieden“, ein Bündnis von Graswurzelbewegungen, dem auch „München steht auf“ angehört – also Vertreter der Friedensbewegung #3 – für eine Veranstaltung am Königsplatz.

Ähnliches wiederholte sich in München anlässlich des Ostermarsches. Das Orga-Team von „Macht Frieden“ respektierte den Zeitplan des traditionellen Ostermarsches und legte die eigene Veranstaltung auf den Nachmittag, sodass Teilnehmer der alten Friedensbewegung vom Marienplatz im Anschluss noch zur Kundgebung am Odeonsplatz kommen konnten.
Eine versöhnliche Geste, um Alt und Neu zusammenzubringen. Tatsächlich mischten sich dann einige der „Alten“ unter die „Neuen“, man kam in Kontakt, sprach miteinander und konnte vielleicht einige Vorurteile abbauen.

Ein weiterer Versuch, die Spaltung zu überwinden, war die Rede einer Friedensaktivistin aus dem traditionellen Lager auf der Kundgebung von „Macht Frieden“. Ich lernte sie auf dem Ostermarsch der neuen Friedensbewegung („FB“) kennen.
Dr. Ingrid Pfanzelt
war und ist in der alten Münchner Friedensbewegung #1 gut vernetzt. Jetzt engagiert sie sich zunehmend für die Friedensbewegung #3. Nur #2 hat sie ausgelassen, da sie 2014 und 2015 zu viel Zeit in der Flüchtlingshilfe verbracht hat. Ihr Anliegen ist es, mit dazu beizutragen, die Spaltung in der Friedensbewegung zu überwinden, wie sie mir im Interview erzählte.

Kannst Du Dich kurz persönlich vorstellen?

Gerne. Ich heiße Ingrid Pfanzelt, bin 1956 in der Nähe von München zur Welt gekommen, habe mein Medizinstudium in Italien begonnen und in München beendet.
Nach meiner Facharztausbildung in Psychosomatischer Medizin habe ich mich 1993 in einer Kassenpraxis als psychoanalytische Psychotherapeutin und Homöopathin niedergelassen, in der ich immer noch arbeite. Ich habe zwei erwachsene Söhne und lebe in München.

Friedenspolitisch ging es bei mir in den 80ern los. Es war damals im alternativen Milieu üblich, sich für den Frieden zu engagieren. Ich habe in einer Land-WG auf einem Bauernhof gelebt und war am Anfang bei den Grünen mit dabei. Die Friedensbewegung war ein Teil der Grünen, Gerd Bastian und Petra Kelly waren unsere Vorbilder. Das hat damals große Kraft entwickelt.
Diese politische Sozialisation war gepaart mit der Anti-AKW-Bewegung. Es war Teil unseres WG-Lebens, mit unserem klapprigen VW-Bus nach Wackersdorf zu fahren und uns mit Wasserwerfern von der Polizei von der Straße fegen zu lassen.

Diese frühe ökologische Bewegung, die auch Themen wie Naturheilkunde und Spiritualität einschloss, war geprägt durch einen sehr regierungskritischen Kurs, der aus der 68er-Bewegung entstanden war. Unsere Generation war noch geprägt von der Auseinandersetzung mit den Vätern, die sich im Nationalsozialismus schuldig gemacht hatten und nun wieder in hohen Ämtern waren.
Deshalb gehörte eine kritische Auseinandersetzung mit dem Staat und den staatlichen Entscheidungen gegen den Willen der Bürger – Wiederaufarbeitungsanlage oder NATO-Doppelbeschluss – zu unserem aufklärerischen Selbstverständnis. Mehrere Hunderttausend Demonstranten im Bonner Hofgarten waren ein starkes Zeichen dieser kritischen Generation an die Politik.
Diese großen Demonstrationen waren ein Event, das viel Energie gab. Wir waren beseelt von dem gemeinsamen Friedenswillen und der Hoffnung, die Politik durch unseren mächtigen Straßenprotest beeinflussen zu können. Für den Frieden zu demonstrieren, gehört also seit gut 40 Jahren zu meinem Leben.

Du engagierst Dich aber jetzt nicht nur auf Demonstrationen, sondern auch für die IPPNW. Wofür steht diese Organisation?

Die IPPNW, die „International Physicians for the Prevention of Nuclear War“, ist eine ärztliche Friedensorganisation. Sie wurde 1980 als gemeinsame Friedensarbeit von einem US-amerikanischen und einem russischen Arzt gegründet und bekam 1986 den Friedensnobelpreis. Ihr wichtigstes Ziel war und ist es, die Menschen weltweit über die Risiken eines Atomkrieges und die medizinischen Folgen atomarer Katastrophen aufzuklären und sich für ein generelles Verbot von Atomwaffen einzusetzen.
Aus der IPPNW entstand die ICAN-KampagneInternational Campaign to abolish Nuclear Weapons – die 2021 eine Ratifizierung des Atomwaffenverbotsvertrags in der UN erreichte und die dafür ebenfalls 2017 den Friedensnobelpreis bekam.
Jetzt wäre ein weltweites Verbot von Atomwaffen jederzeit möglich, wenn die Staaten, die diese Waffen besitzen, auch Deutschland, diesen Vertrag ebenfalls unterzeichnen würden.

Seit einigen Jahren leite ich zusammen mit einem Kollegen die Regionalgruppe Oberbayern der IPPNW. Wir sind Partner des FRIBÜ München. Im Namen der IPPNW halte ich regelmäßig Reden zu den Hiroshima-Tagen in München, die vom FRIBÜ organisiert werden.

Was ist das Friedensbündnis München?

Das ist ein Zusammenschluss von verschiedenen Friedensinitiativen in München, die u.a. seit vielen Jahren die Anti-Siko-Proteste veranstalten. Das Anti-Siko-Bündnis ist ja nur ein temporäres Bündnis, das sich im Herbst zusammenfindet, um die Proteste zur Sicherheitskonferenz im Februar zu organisieren, und sich anschließend wieder auflöst.
Die IPPNW war immer dabei – dieses Jahr gab es das erste Mal eine Schwierigkeit.

Von was für Schwierigkeiten sprichst Du?

Es gab einen Eklat mit den Leuten aus der Antifa, da bei Anti-Siko auch Vertreter der freien Linken mitmachen wollten. Da diese sich auch bei „München steht auf“ engagieren, kam der Vorwurf der Querfront hoch. Die Antifa bezeichnet nämlich alle, die gegen die Corona-Maßnahmen auf die Straße gehen, als rechtsoffen und AfD-nah.
Es begann eine massive Diffamierungskampagne gegen die freie Linke durch die Antifa.

In unserer IPPNW-Regionalgruppe gab es dann die Diskussion, ob wir das Anti-Siko-Bündnis verlassen sollen, nachdem die Antifa so aggressiv auftrat. Als Friedensorganisation können wir nicht in einem Bündnis mitwirken, das Diffamierung und Gewalt toleriert. Als sich das Bündnis dann aber auch deutlich gegen Extremismus von Links positionierte, sind wir als IPPNW dabeigeblieben.
Ob wir zukünftig weiter mitmachen, steht, ebenso wie unsere Rolle bei der zeitgleich zur Siko stattfindenden Friedenskonferenz in München, in den Sternen.

Wieso?

Die Spaltung betrifft jetzt auch die IPPNW-Regionalgruppe. Ich war als Regionalsprecherin dafür, mit der – wie Du sagst – ganz neuen Friedensbewegung zu kooperieren. Andere waren das nicht.

Wie stehst Du zu „München steht auf“ (MsA)?

Ich war anfänglich in der maßnahmenkritischen Bewegung nicht aktiv, wurde aber im Laufe der Zeit zunehmend kritischer gegenüber der Impfung und den Maßnahmen.
Ich fühlte mich eigentlich immer der linksgrünen Szene zugehörig und war früher bei den Grünen, bis sie begannen, gegen die Menschen zu hetzen, die sich nicht impfen lassen wollten. Das betraf mich auch. Als Katarina Schultze von den Grünen dann im Landtag forderte, dass Ungeimpfte nicht mehr in Supermärkte zum Einkaufen gehen dürften, bin ich endgültig ausgetreten.

Ich war einfach nur noch entsetzt und wollte etwas gegen diese unsägliche Politik tun. Darum bin ich dann auch mal mittwochs zu den Demos von MsA gegangen.
Ich vermisste in dem offiziellen Corona-Diskurs die kritischen Stimmen, die ich dort fand. Und diese Szene ist jung und dynamisch: Die Organisatoren von MsA kommen aus der Generation meiner Söhne. Ich war irritiert, wie wenig regierungskritisch sich gerade die linke Szene beim Corona-Thema verhielt. Das offizielle Narrativ wurde von ihr ebenso unreflektiert übernommen wie später das Ukraine-Kriegs-Narrativ. Eine regierungskritische Haltung nahmen nur die Corona-Proteste ein, sie ging nach Beginn des Ukraine-Krieges in eine Anti-Kriegs-Haltung über.
Das primäre Thema war dann die Forderung nach Frieden. Ich war sehr berührt, als nach dem Kriegsbeginn jeden Mittwoch bei den Umzügen von MsA der Ruf „Frieden schaffen ohne Waffen“ durch Münchens Straßen schallte. Das erinnerte mich an die Anfänge der FB.

Weil die Grundrechte-Bewegung schon seit drei Jahren den Straßenprotest organisiert, war es auch sie, die dann schnell einen Friedensprotest auf die Straße brachte – viel schneller als die Initiativen der alten Friedensbewegung. Deshalb habe ich versucht, Kooperationsmöglichkeiten zwischen alter und „neuer-neuer“ Friedensbewegung zu finden.
Es gab einige VertreterInnen des FRIBÜ, die kooperationsbereit waren. Mit ihnen veranstaltete die IPPNW-Regionalgruppe zusammen mit MsA und der „freien Linken“ eine Demo am 1. Oktober 2022, dem bundesweiten Aktionstag gegen den Ukraine-Krieg, auf der ich eine Rede hielt. Dabei kam es zu einem Eklat auf der Bühne. Ein Redner der Antifa beschimpfte die MsA-Teilnehmer der Demo als Nazis, mit denen man nicht auf einer Demo sein dürfe. Er übersah dabei, dass mindestens drei Viertel der Demonstranten Leute aus der Grundrechte-Bewegung waren.
Das zeigt recht gut die Realitätsverleugnung der Antifa.

Ich rief nach dieser Demo zu einer Dialoggruppe auf, die sich dann in regelmäßigen Abständen traf. Zwischen einzelnen Akteuren der alten und neuen FB entwickelte sich ein respektvoller und spannender Dialog, der allerdings nicht zu einer prinzipiellen Änderung der Haltung des FRIBÜ führte. Die Vorurteile sind leider nicht aufzubrechen. Es gibt zu große Widerstände vonseiten des FRIBÜ.
MsA als Vertreter der neuen FB ist kooperationsbereit, aber die Spaltung wurde von der Antifa forciert, und das Münchner Friedensbündnis konnte sich zu keiner eigenen friedensfähigen Position durchringen. Es wurde klar, dass sich in München zwei unterschiedliche Friedensbewegungen entwickelten.

Wie hast Du Deine Rolle als Brückenbauerin erlebt?

Einerseits als recht einsam, anstrengend und emotional verletzend, weil ich von meinen alten Weggefährten angegriffen und enttäuscht wurde.
Andererseits habe ich in der neuen Bewegung viele tolle jüngere Menschen kennengelernt, die einen offenen Geist und viel Mut haben, sich gegen den Strom zu stellen. Sie haben mich bei meinen Auftritten bei der neuen FB sehr unterstützt, denn mittlerweile werde auch ich von der SZ in die rechte Querdenker-Ecke gestellt. Das tut weh.

Mein sozialer Bezugsrahmen hat sich von Grund auf verändert. Frühere Freunde sind weggebrochen. Mit meinem Kollegen aus der IPPNW-Regionalgruppe hatte ich beispielsweise letzten Sommer vereinbart, dass wir beide versuchen möchten, Brücken zu bauen. Er ist auch Psychotherapeut, deshalb wollten wir den Dialog anstoßen.
Die erste Bewährungsprobe war dann die Vorbereitungsgruppe für die Friedenskonferenz, eine friedenspolitische Parallelveranstaltung zur Münchner Sicherheitskonferenz.

Die IPPNW ist seit einigen Jahren Mitveranstalter der FRIKO. Es kam die Idee auf, mit der Zivilgesellschaft mehr in Kontakt kommen, vielleicht eine Podiumsdiskussion mit Menschen zu führen, die sich noch nicht so lange für den Frieden engagieren. Mein Vorschlag, die Protagonisten von „München steht auf“ einzuladen, rief großen Widerstand und Ablehnung hervor. Es wurde unterstellt, dass das alles Rechte seien, obwohl niemand vom FRIKO-Team jemals mit den Leuten von MsA gesprochen hatte oder bei einer Demo gewesen war. Man folgte also nur den eigenen Vorurteilen.
Mein Kollege unterstützte mich leider nicht, sondern schloss sich den anderen an.

Ich habe mit vielen von „München steht auf“ gesprochen und kenne auch viele aus der Szene. Ich habe daher entsprechend dagegengehalten, da ich auf den Demos von MsA keine Rechten getroffen hatte, sondern nur Menschen begegnet war, die sich für Freiheit und Frieden engagieren. Aber meine ehemaligen politischen Weggefährten glaubten mir nicht, und mein Vorschlag wurde vom FRIKO-Team vehement zurückgewiesen. Als es dann noch um die Beurteilung einer Demonstration am 9. November ging, glaubte die FRIKO-Gruppe lieber der Süddeutschen Zeitung, die wieder einmal nur Nazis dort gesehen haben wollte, als mir, einer Augenzeugin, die vor Ort war.

Ich habe mich dann aus der Gruppe zurückgezogen, weil ich nicht mit Menschen zusammenarbeiten wollte, die selbst so wenig friedensfähig sind. Friedensfähigkeit bedeutet Gesprächsbereitschaft.
Eine Friedenskonferenz, auf der gefordert wird, dass Russland und die Ukraine sich zu Verhandlungen an einen Tisch setzen sollen, die aber selbst nicht zum Dialog bereit ist, verdient den Namen nicht. Diese Doppelmoral erleben wir zurzeit ständig in der Politik, da wollte ich nicht mitmachen. Es hat mich aber persönlich sehr getroffen, dass ich keine Unterstützung für meine Position von meinem Kollegen bekam. Unser gemeinsam abgesprochenes Brückenbau-Projekt war gescheitert. Nun musste ich allein weitermachen.
Ich empfand das so, als ob man mir in den Rücken fällt. Das hat sich dann später wiederholt.

Was ist denn passiert?

Einige Wochen später wurde ich von den Organisatoren der Anti-Siko-Demo des „Macht Frieden“-Bündnisses gefragt, ob ich auf ihrer Veranstaltung sprechen möchte. Der Vorstand von IPPNW verbot mir, dort in ihrem Namen zu sprechen, so wie ich das sonst immer tue. Die Begründung war: IPPNW dürfe nicht mit wissenschaftsfeindlichen, rechtsoffenen Corona-Leugnern in Verbindung gebracht werden.
So trat ich als Privatperson und nicht als Vertreterin der IPPNW auf. In einem Interview mit der SZ distanzierte sich dann der IPPNW-Vorsitzende von mir und behauptete, mein Auftritt sei nicht mit ihm abgesprochen gewesen, obwohl es natürlich abgesprochen war und das alles per Mail-Verkehr belegt ist.
Ich empfand das als sehr illoyal und persönlich verletzend. Es zeigt die tiefe Zerrissenheit in den herkömmlichen Friedensorganisationen. Wenn wir aber so miteinander umgehen, schwächen wir uns weiter systematisch selbst.

Wo siehst Du die größten Hindernisse einer Zusammenarbeit?

Die neue FB zeigte sich bisher sehr offen und kooperationsbereit. Vielleicht hat sie durch den medial angeheizten, scharfen Corona-Diskurs eine größere Dialogfähigkeit entwickelt als die traditionelle FB, die sich in den letzten Jahren des Friedens nicht mehr groß gesellschaftlich auseinandersetzen musste. Man hatte sich bequem in der Friedensnische eingerichtet.
Also liegen die größten Hindernisse meiner Erfahrung nach auf Seiten der alten FB. Das sind die unverrückbaren Bilder im Kopf, die Einordnung in ein politisches Raster mit links und rechts.

Die alten Aktivisten kommen aus der linken Szene und haben über die Jahre eine rigide linke Identität entwickelt, die nicht reflektiert werden kann.
Dann lässt man sich lieber von einer gewaltbereiten Antifa ein schlechtes Gewissen einreden, dass man nicht links genug sei und sich deshalb offensiv von allem distanzieren müsse, was die Antifa als Rechts definiert, statt sich eine neue, zeitgemäße Position zu erarbeiten.
Sie müsste sich allerdings fragen, was die hauptsächliche Aufgabe einer Friedensbewegung ist: Will sie einer radikalen linken Ideologie hundertprozentige Gefolgschaft leisten oder einen lagerübergreifenden Protest organisieren, um jetzt einen Krieg zu beenden?

Ein anderes Hindernis für eine Zusammenarbeit ist aber auch, dass sich die neue FB zu einem großen Teil aus der Grundrechtebewegung entwickelt, die während der Pandemie so diffamiert wurde.
Viele aus der alten FB waren mit den Corona-Maßnahmen konform und schlossen sich dem Vorurteil an, dass die Maßnahmenkritiker alle Corona leugnen und aus der rechten Ecke kommen würden.
Das zeigt ja auch die Reaktion des IPPNW-Vorstandes. Und plötzlich sollen diese „Aluhutträger“ ernst zu nehmende Friedensaktivisten sein? Das übersteigt die intellektuelle Flexibilität von altgedienten Friedensbewegten.
Da macht man es sich dann lieber einfach und stellt alle „Neuen“ unter den Verdacht, rechtsoffen zu sein.
In der Psychotherapie arbeite ich mit meinen Patienten immer daran, zu differenzieren. Wenn man in einem Gut-Böse-Schema stecken bleibt, gibt es keine psychische Entwicklung.
Diese Entwicklungsaufgabe müsste jetzt die alte FB leisten. Das Links-rechts-Schema taugt nichts mehr, wir müssen alle neu denken lernen.

Dazu gehört auch, einmal aus dem Kreislauf von Aktion und Reaktion herauszutreten und das gesellschaftspolitische Geschehen zu reflektieren. Als Psychoanalytikerin ist es mein tägliches Geschäft, die unbewusste Dynamik eines Verhaltens zu verstehen.
Warum tut sich also die alte FB so schwer, überhaupt einmal ins Gespräch zu kommen mit den Jungen? Ich glaube, da argumentiert die Antifa geschickt mit dem Vorwurf der Kontaktschuld.
Das heißt, man macht sich schuldig, wenn man Kontakt mit einem „Rechten“ hat. Sich schuldig zu machen, weil man die politische Gefahr von rechts nicht sehen könnte, die schon einmal Deutschland und die ganze Welt in den Abgrund gestürzt hat, davor fürchtet sich meine Generation, also die alte FB.
Ein Teil unserer politischen Identität wuchs aus der offensiven Abgrenzung gegen jegliche rechtsnationale Tendenz. Deshalb verfängt dieses Argument so gut. Dann wird kontraphobisch alles vermieden, was nur irgendwie in diese Richtung interpretiert werden könnte.

Schuldgefühle oder Angst zu erzeugen ist übrigens eine massenpsychologische Taktik. Mithilfe des sogenannten „Nudgings“ werden Affekte bewusst geschürt, um dann ein konformes Verhalten zu erzeugen, das den Akteuren im Hintergrund für ihre Zwecke dient.
In der Corona-Zeit war es die Angst vor Krankheit und Tod, jetzt ist es das Schuldgefühl, das die Agenda der Regierung stützt.
In beiden Fällen wird mit der Metapher von Ansteckung gearbeitet. Früher konnten wir uns mit einer Mikrobe anstecken, jetzt ist es das „Virus von rechts“. Und der Schutz vor Ansteckung ist in beiden Fällen die Vermeidung von menschlichem Kontakt.
Deshalb können rechtes und linkes Lager nicht zusammenkommen, solange diese irrationale Angst vor politischer Ansteckung herrscht.
Divide et impera
– die Spaltung der Gesellschaft dient den Mächtigen, um zu herrschen.

Wir brauchen wieder ein Zutrauen zu unserer gesunden Immunität – im physiologischen wie politischen Sinn. Dann können wir auch nicht von „rechts“ infiziert werden, selbst wenn wir mit Menschen in Kontakt kommen, deren politische Meinung in diese Richtung geht.

Was ist in deren Sinne denn „rechts“?

Das frage ich mich auch. Die alten politischen Koordinaten haben ja ausgedient, wenn die ehemals pazifistische Partei der Grünen für den Krieg wirbt und die AfD für Friedensverhandlungen.
Für eine friedensfähige Position ist es meiner Meinung nach auch nicht mehr so wichtig, aus welchem traditionellen politischen Lager man kommt.
Wenn man sich auf grundlegende Forderungen einigen kann, wie keine Waffen mehr zu liefern und Friedensverhandlungen aufzunehmen, ist das der kleinste gemeinsame Nenner, unter dem sich Menschen zusammentun können, die in anderen Punkten unterschiedlicher Meinung sein dürfen.

In der ganzen aufgeheizten Abgrenzungsdiskussion haben wir anscheinend vergessen, dass in einer parlamentarischen Demokratie die unterschiedlichen Parteien themenbezogen zusammenarbeiten.
Wenn ich auf einer Demo neben einem Mann gehe, der AfD wählt, aber jetzt für den Frieden demonstriert, ist er bei diesem Thema mein Mitstreiter. Deshalb muss ich nicht derselben Meinung wie er beim Thema Migration sein.
Und nur weil ich neben ihm gehe, bin ich nicht „rechts“. Dazu ist mein politisches Immunsystem zu stabil. Meine politischen Werte könnten sich aktuell eher an einer tiefen humanistischen und pazifistischen Haltung orientieren als an einem vereinfachten Links-rechts-Schema. Das wäre jetzt wichtig.
Wenn wir uns weiter in „links“ und „rechts“ spalten lassen, verrichten wir das Geschäft der Mächtigen selbst. Dann wird sich keine wirklich große neue FB entwickeln und die Kriegstreiber haben gewonnen.

Das mediale Framing funktioniert leider erstaunlich gut. Jeder Maßnahmenkritiker, jeder Impfskeptiker ist verdächtig, und dementsprechend werden „München steht auf“ und die Grundrechtebewegung als rechts wahrgenommen. Das gilt jetzt auch für alle, die für den Frieden auf die Straße gehen. Früher wurde man als „Corona-Leugner“, heute wird man als „Putinversteher“ beschimpft, wenn man nicht mit der Regierungspolitik einverstanden ist. Dabei muss Friedenspolitik doch immer Kritik an der Regierung sein, wenn diese einen Krieg unterstützt!

Wie meinst Du das?

Meine Entwicklung hin zu einer friedenspolitischen Position war, sich immer mit dem Regierungshandeln kritisch auseinanderzusetzen. Es ist logisch, dass die Maßnahmenkritiker auch kritisch beim Krieg sind, denn sie sind es, die der Regierung seit drei Jahren auf die Finger schauen. Aber ein kollektiver kritischer Geist, der in den 80er-Jahren etwas sehr Positives war, wird heute – insbesondere seit drei Jahren – negativ konnotiert. Dabei ist eine regierungskritische Haltung Grundvoraussetzung für die Friedensbewegung. Ich frage mich, warum nimmt die alte Friedensbewegung die regierungskritische Haltung der Grundrechtebewegung nicht als frischen Impuls für die eigene Mobilisierung auf?

Siehst Du eine Chance, die Gruppen zusammenzuführen?

Ich weiß es im Moment wirklich nicht. Die neue FB hat oft die Hand ausgesteckt, die von der alten nicht angenommen wurde, zumindest hier in München. Ich habe gehört, dass es in anderen Städten schon Annäherung gibt. Es wäre jetzt an den Alten, das Gespräch mit den Jungen zu suchen.
Es ist ja tatsächlich so, dass die Akteure der traditionellen FB alt sind. Wir sind nicht mehr viele und haben nicht mehr viel Kraft. Die Jungen können jetzt den Widerstand organisieren, sie haben Vitalität und Engagement und beherrschen die Klaviatur der sozialen Medien, um viele Menschen zu mobilisieren. Das wäre ein Booster für uns Alte!

Ich habe den Eindruck, die Widerstände gegen die Neuen werden gerade etwas geringer, weil man sieht, wie sich die Zahlen entwickeln. Am Königsplatz waren im Februar 20.000 Menschen, am Marienplatz nur 2.700. Bei der Osterkundgebung waren fünfmal so viel Leute bei „Macht Frieden“ wie beim traditionellen Ostermarsch.
Das Traurige ist aber, dass es insgesamt bei allen Kundgebungen viel zu wenige waren, wenn man sich die aktuelle Bedrohungslage ansieht. Vielleicht ist es gar nicht mehr so wichtig, dass die alte sich mit der neuen FB verbindet, denn die alte FB hat nicht mehr viel Gewicht. Die Neue muss ähnlich breit in der Gesellschaft aufgestellt werden wie damals in den 80ern.

Wo sind aber jetzt die Kirchen, die Gewerkschaften und die Klimabewegung? Die christliche Nächstenliebe ist doch eigentlich per se eine pazifistische Haltung, und gute Arbeitsbedingungen gibt es nur im Frieden. Wer sich für das Klima einsetzt, müsste sich auch für den Frieden engagieren, denn 5 Prozent der globalen CO2-Emissionen werden durch militärische Aktivitäten verursacht.
Durch den Ukraine-Krieg sind bisher 100 Mio. Tonnen CO2 zusätzlich in die Atmosphäre geschleudert worden. Die gigantische Zerstörung der Umwelt durch Krieg müsste doch alle Naturschützer zu Pazifisten machen. Der Krieg in der Ukraine ist nicht das notwendige Übel, um die Energiewende zu schaffen, wie uns einige erzählen wollen.
Der Krieg ist ein Teil der Klimakatastrophe. Deshalb müssten FFF und Letzte Generation sich der Friedensbewegung anschließen. IPPNW versucht schon seit Längerem, diese Gruppen für die Friedensarbeit zu gewinnen.

Wir dürfen nicht vergessen: Die Gefahr der nuklearen Eskalation wird immer größer. Wir waren noch nie so nahe an einem Atomkrieg wie aktuell. Deshalb wäre gerade jetzt die Stunde einer Friedensorganisation wie IPPNW, die seit 40 Jahren vor dem Atomkrieg warnt. Sie müsste sich mehr mit der neuen FB verbinden. Ein erster Schritt dazu wurde schon gemacht, als die IPPNW-Vorsitzende den Appell von Schwarzer / Wagenknecht unterzeichnete und deren Demo unterstützte. Die Berliner Demo war genauso lagerübergreifend wie die Münchner Anti-Siko-Demo am Königsplatz, deshalb ist es schwer verständlich, warum man sich von der Königsplatz-Demo eine Woche vorher noch so distanzierte. Aber vielleicht änderte sich in der Woche dazwischen etwas.
Jeder, der reinen Herzens für den Frieden ist, sollte in einer Friedensbewegung willkommen sein. Wir brauchen wieder eine starke Friedensbewegung wie in den 80ern, um diesen Krieg zu beenden, in dem jeden Tag tausend Menschen sterben, ein ganzes Land zerstört wird und die nukleare Katastrophe droht! Ich hoffe, dass wir das schaffen, bevor es zu spät ist.

Das hoffe ich auch. Einen 3. Weltkrieg braucht niemand. Danke für Dein Engagement! Wir sehen uns auf der Straße!

Unterstreichungen von mir.
Mit friedlichen Grüßen
Jochen, Sprecher der DFG-VK Nordschwaben, IPPNW

Julian Assange schreibt an Charles III., den neu gekrönten König, einen untertänigen Brief

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Hier, kurz und mit tiefem Sarkasmus, kommt eine Einladung, das königliche Gefängnis Belmarsh doch einal zu besuchen, und eine Erinnerung daran, dass man die Humanität einer Gesellschaft daran messen kann, wie sie ihre Gefangenen behandelt. Dort, wo sogar das Schachspielen verboten ist.
https://declassifieduk.org/a-kingly-proposal-letter-from-julian-assange-to-king-charles-iii/

Der Text ist natürlich auf Englisch, freundlicherweise hat Uli Gellermann für Apolut eine deutsche Übersetzung besorgt.
Also hier der Text im Original:

To His Majesty King Charles III,

On the coronation of my liege, I thought it only fitting to extend a heartfelt invitation to you to commemorate this momentous occasion by visiting your very own kingdom within a kingdom: His Majesty’s Prison Belmarsh.

You will no doubt recall the wise words of a renowned playwright: “The quality of mercy is not strained. It droppeth as the gentle rain from heaven upon the place beneath.”

Ah, but what would that bard know of mercy faced with the reckoning at the dawn of your historic reign? After all, one can truly know the measure of a society by how it treats its prisoners, and your kingdom has surely excelled in that regard.

Belmarsh_prisonYour Majesty’s Prison Belmarsh is located at the prestigious address of One Western Way, London, just a short foxhunt from the Old Royal Naval College in Greenwich. How delightful it must be to have such an esteemed establishment bear your name.

It is here that 687 of your loyal subjects are held, supporting the United Kingdom’s record as the nation with the largest prison population in Western Europe. As your noble government has recently declared, your kingdom is currently undergoing “the biggest expansion of prison places in over a century”, with its ambitious projections showing an increase of the prison population from 82,000 to 106,000 within the next four years. Quite the legacy, indeed.

As a political prisoner, held at Your Majesty’s pleasure on behalf of an embarrassed foreign sovereign, I am honoured to reside within the walls of this world class institution. Truly, your kingdom knows no bounds.

During your visit, you will have the opportunity to feast upon the culinary delights prepared for your loyal subjects on a generous budget of two pounds per day. Savour the blended tuna heads and the ubiquitous reconstituted forms that are purportedly made from chicken. And worry not, for unlike lesser institutions such as Alcatraz or San Quentin, there is no communal dining in a mess hall. At Belmarsh, prisoners dine alone in their cells, ensuring the utmost intimacy with their meal.

Beyond the gustatory pleasures, I can assure you that Belmarsh provides ample educational opportunities for your subjects.
As Proverbs 22:6 has it: “Train up a child in the way he should go: and when he is old, he will not depart from it.”
Observe the shuffling queues at the medicine hatch, where inmates gather their prescriptions, not for daily use, but for the horizon-expanding experience of a “big day out”—all at once.

You will also have the opportunity to pay your respects to my late friend Manoel Santos, a gay man facing deportation to Bolsonaro’s Brazil, who took his own life just eight yards from my cell using a crude rope fashioned from his bedsheets.
His exquisite tenor voice now silenced forever.

Venture further into the depths of Belmarsh and you will find the most isolated place within its walls: Healthcare, or “Hellcare” as its inhabitants lovingly call it.
Here, you will marvel at sensible rules designed for everyone’s safety, such as the prohibition of chess, whilst permitting the far less dangerous game of checkers.

Deep within Hellcare lies the most gloriously uplifting place in all of Belmarsh, nay, the whole of the United Kingdom: the sublimely named Belmarsh End of Life Suite. Listen closely, and you may hear the prisoners’ cries of “Brother, I’m going to die in here”, a testament to the quality of both life and death within your prison.

But fear not, for there is beauty to be found within these walls. Feast your eyes upon the picturesque crows nesting in the razor wire and the hundreds of hungry rats that call Belmarsh home. And if you come in the spring, you may even catch a glimpse of the ducklings laid by wayward mallards within the prison grounds. But don’t delay, for the ravenous rats ensure their lives are fleeting.

I implore you, King Charles, to visit His Majesty’s Prison Belmarsh, for it is an honour befitting a king.
As you embark upon your reign, may you always remember the words of the King James Bible: “Blessed are the merciful, for they shall obtain mercy” (Matthew 5:7).
And may mercy be the guiding light of your kingdom, both within and without the walls of Belmarsh.

Your most devoted subject,

Julian Assange

A9379AY

Übersetzung:

An Seine Majestät König Karl III.,
anlässlich der Krönung meines Lehnsherrn hielt ich es für angemessen, Sie herzlich einzuladen, diesen bedeutenden Anlass mit einem Besuch in Ihrem eigenen Königreich im Königreich zu begehen: dem Gefängnis Seiner Majestät in Belmarsh.
Sicherlich erinnern Sie sich an die weisen Worte eines berühmten Dramatikers: “Die Qualität der Barmherzigkeit ist nicht angestrengt. Sie tropft wie der sanfte Regen vom Himmel auf den Ort darunter.”
Aber was wüsste dieser Barde schon von Barmherzigkeit angesichts der Abrechnung zu Beginn Eurer historischen Herrschaft? Schließlich kann man das wahre Maß einer Gesellschaft daran erkennen, wie sie ihre Gefangenen behandelt, und Euer Königreich hat sich in dieser Hinsicht sicherlich hervorgetan.
Das Gefängnis Belmarsh Eurer Majestät befindet sich an der prestigeträchtigen Adresse One Western Way, London, nur eine kurze Fuchsjagd vom Old Royal Naval College in Greenwich entfernt. Wie reizvoll muss es sein, dass eine so angesehene Einrichtung Ihren Namen trägt.

Hier sind 687 Ihrer treuen Untertanen inhaftiert, was das Vereinigte Königreich zum Land mit der größten Gefängnispopulation in Westeuropa macht. Wie Ihre edle Regierung kürzlich erklärt hat, durchläuft Ihr Königreich derzeit “die größte Erweiterung der Gefängnisplätze seit über einem Jahrhundert”, wobei ihre ehrgeizigen Prognosen einen Anstieg der Gefängnispopulation von 82.000 auf 106.000 innerhalb der nächsten vier Jahre zeigen. Das ist in der Tat ein großes Erbe.

Als politischer Gefangener, der nach dem Willen Eurer Majestät im Auftrag eines beschämten ausländischen Herrschers festgehalten wird, ist es mir eine Ehre, in den Mauern dieser Weltklasseeinrichtung zu leben. Wahrlich, Euer Königreich kennt keine Grenzen.

Während Ihres Besuchs werden Sie Gelegenheit haben, sich an den kulinarischen Köstlichkeiten zu laben, die für Ihre treuen Untertanen mit einem großzügigen Budget von zwei Pfund pro Tag zubereitet werden. Genießen Sie die gemischten Thunfischköpfe und die allgegenwärtigen rekonstituierten Formen, die angeblich aus Huhn hergestellt werden. Und keine Sorge, anders als in weniger bedeutenden Anstalten wie Alcatraz oder San Quentin gibt es kein gemeinsames Essen in einer Kantine. In Belmarsh speisen die Gefangenen allein in ihren Zellen, was die größtmögliche Intimität der Mahlzeit gewährleistet.
Abgesehen von den geschmacklichen Genüssen kann ich Ihnen versichern, dass Belmarsh Ihren Untergebenen reichlich Gelegenheit zur Bildung bietet. In Sprüche 22:6 heißt es: “Erziehe ein Kind in dem Weg, den es gehen soll, und wenn es alt ist, wird es nicht davon abweichen.” Beobachten Sie die Warteschlangen an der Medikamentenausgabe, wo die Insassen ihre Rezepte nicht für den täglichen Gebrauch, sondern für die horizonterweiternde Erfahrung eines “großen Tages” abholen – und das alles auf einmal.
Sie werden auch die Gelegenheit haben, meinem verstorbenen Freund Manoel Santos die letzte Ehre zu erweisen, einem schwulen Mann, dem die Abschiebung nach Bolsonaros Brasilien drohte und der sich nur acht Meter von meiner Zelle entfernt mit einem kruden Seil aus seinem Bettlaken das Leben nahm. Seine exquisite Tenorstimme ist nun für immer verstummt. Mein verstorbener Freund Manoel Santos… hat sich nur acht Meter von meiner Zelle entfernt das Leben genommen.

Wenn man sich weiter in die Tiefen von Belmarsh vorwagt, findet man den isoliertesten Ort innerhalb seiner Mauern: Die Gesundheitsfürsorge, oder “Hellcare”, wie sie von ihren Bewohnern liebevoll genannt wird. Hier werden Sie sich über vernünftige Regeln wundern, die der Sicherheit aller dienen, wie z. B. das Verbot von Schach, während das weitaus weniger gefährliche Spiel Dame erlaubt ist.
Tief im Inneren von Hellcare befindet sich der herrlichste Ort in ganz Belmarsh, ja im ganzen Vereinigten Königreich: die Belmarsh End of Life Suite mit ihrem erhabenen Namen. Wenn Sie genau hinhören, werden Sie vielleicht die Schreie der Gefangenen hören: “Bruder, ich werde hier drin sterben”, ein Zeugnis für die Qualität des Lebens und des Todes in Ihrem Gefängnis.

Aber keine Angst, in diesen Mauern gibt es auch Schönes zu entdecken. Erfreuen Sie sich an den malerischen Krähen, die im Stacheldraht nisten, und an den Hunderten von hungrigen Ratten, die Belmarsh ihr Zuhause nennen. Und wenn Sie im Frühjahr kommen, können Sie vielleicht sogar einen Blick auf die Entenküken erhaschen, die von verirrten Stockenten auf dem Gelände des Gefängnisses abgelegt wurden. Aber zögern Sie nicht, denn die gefräßigen Ratten sorgen dafür, dass ihr Leben nur von kurzer Dauer ist.

Ich beschwöre Euch, König Charles, das Gefängnis seiner Majestät Belmarsh zu besuchen, denn es ist eine Ehre, die einem König gebührt. Möget Ihr Euch zu Beginn Eurer Regentschaft immer an die Worte der King James Bibel erinnern: “Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen” (Matthäus 5:7). Und möge die Barmherzigkeit die Richtschnur Deines Reiches sein, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Mauern von Belmarsh.

Ihr ergebenster Untertan
Julian Assange

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

„Olaf Scholz lügt!“ Fabio De Masi über dessen Cum-Ex-Affäre

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Fabio_de_MasiGanz aktuell aus der Berliner Zeitung eine sehr ausführliche Stellungnahme von Fabio De Masi. Im Anhang demnächst ein aktuelles Interview:
https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/dokumentation-skandal-um-warburg-bank-fabio-de-masi-ueber-cum-ex-affaere-olaf-scholz-luegt-li.337303
Auszüge:

Unser Autor legt minutiös die Widersprüche des Bundeskanzlers offen.
De Masi hat im Hamburger Untersuchungsausschuss selbst als Zeuge ausgesagt.

Am 14. April 2023 habe ich als Zeuge vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft (das Landesparlament der Freien und Hansestadt Hamburg) zurCum-Ex-Steuergeldaffäreausgesagt.
MMWarburg_logoIm Mittelpunkt stehen dabei der derzeitige Bundeskanzler Olaf Scholz und seine Rolle als Erster Bürgermeister von Hamburg in Steuerverfahren der Hamburger Privatbank M.M. Warburg & Co sowie auch der ehemaligen HSH Nordbank.

Worum es geht? Olaf Scholz und der Cum-Ex-Banker

Die Finanzverwaltung der Freien und Hansestadt Hamburg vollzog nach Intervention der Finanzbehörde (das Hamburger Finanzministerium) 2016 eine spektakuläre Kehrtwende und wollte auf insgesamt etwa 90 Millionen Euro krimineller Cum-Ex-Tatbeute der Warburg-Bank verzichten.
Das Finanzamt für Großunternehmen hatte zuvor in einer umfangreichen rechtlichen Stellungnahme keine andere Möglichkeit als den Einzug der Tatbeute gesehen, um eine steuerliche Verjährung zu unterbinden.
Die nachträgliche Einziehung im Strafprozess war damals noch nicht absehbar.
Der Warburg-Bank, die Cum-Ex-Geschäfte bestritt, hätten auch nach Einziehung immer noch Rechtsmittel offen gestanden. Mittlerweile musste die Bank (nachträglich) die kriminelle Cum-Ex-Tatbeute zurückzahlen, und höchste Gerichte entschieden gegen die Warburg-Bank.

Hamburg vollzog diese Kehrtwende, nachdem Olaf Scholz die Warburg-Gesellschafter Christian Olearius und Max Warburg insgesamt dreimal persönlich traf und mit ihnen das Steuerverfahren besprach. Zu diesem Zeitpunkt wurde gegen Olearius bereits wegen schwerer Steuerhinterziehung ermittelt, und es hatte eine Razzia bei der Bank stattgefunden. Ein Referent hatte Scholz vor dem ersten Treffen ausdrücklich vor dem Thema Cum-Ex gewarnt.

Olearius wollte die Rückforderung der Finanzverwaltung verhindern und begründete dies unter anderem mit wirtschaftlichen Risiken für die Bank. Eine steuerliche Verjährung der Tatbeute schien dabei ein eleganter Weg für alle Beteiligten.
Dabei haftete Olearius als Gesellschafter jedoch mit seinem eigenen privaten Vermögen. Es ging bei den Treffen mit Scholz daher auch nie um die Bank, die laut Auffassung der Finanzaufsicht gar nicht bedroht war, sondern um das Privatvermögen eines der reichsten Dynastien Hamburgs.
Dies mutet so an, als würde ein Bankräuber bei seiner Verhaftung sagen: „Ich gebe Euch die Beute nicht wieder, sonst bin ich bankrott!“ Abgesehen davon, dass das nicht angeht, ist es bei einer Steuerforderung so, dass sie entweder besteht oder eben nicht. Eine strauchelnde Bank kann nicht darüber gestützt werden, dass man bestehende gesetzliche Steuerforderungen nicht eintreibt. Die Bank musste später schließlich zahlen; sie ging erwartungsgemäß nicht bankrott.

In einem Indizienprozess wäre Scholz überführt

Drei Treffen eines Ersten Bürgermeisters (im Range eines Ministerpräsidenten) mit einem potenziellen Steuerhinterzieher zu einem laufenden Steuerverfahren sind bemerkenswert. Umso mehr, da Scholz in der ersten Befragung zur Warburg-Affäre am 4. März 2020 im Deutschen Bundestag ausführte, dass er schon immer der Auffassung gewesen sei, dass Cum-Ex-Geschäfte illegal sind und waren, egal wie viele Gutachten irgendwelche Professoren oder Rechtsanwälte produzierten.
Hätte da nicht maximal ein Treffen gereicht, um dies den Cum-Ex-Bankiers mitzuteilen?

Und warum forderte Scholz den Cum-Ex-Bankier Olearius in einem Telefonat auf, eine Verteidigungsschrift der Warburg-Bank, die bereits in der Finanzverwaltung vorlag, an den damaligen Finanzsenator Peter Tschentscher „kommentarlos“ weiterzuleiten?
Was sollte der Finanzsenator, der das Schreiben mit Unterstreichung der Argumente der Warburg Bank erneut in die Finanzverwaltung reichte, denn mit dem Schreiben machen?
Zumal der Bundeskanzler später selbst einräumte, dass die Weitergabe eines solchen Schreibens in die Finanzverwaltung durch einen Politiker Einflussnahme ist.
Warum forderte der Bundeskanzler Olearius damals sogar auf, sich in dieser Angelegenheit an ihn – Scholz – zu wenden, wie später durch Tagebücher bekannt wurde?

Warum versuchte Olaf Scholz, den Bundestag und die Öffentlichkeit über diese Treffen zu täuschen und konnte sich erst in einer dritten Befragung des Bundestages plötzlich weder an die Treffen noch an das Schreiben erinnern, obwohl er sich zu beidem zuvor noch konkret geäußert hatte? Und warum steht Scholz bis heute zu seinem Mentor, dem ehemaligen Innensenator Alfons Pawelczyk (SPD), der für die Vermittlung der Treffen mit der Warburg-Bank bezahlt wurde?

Herr Olearius, packen Sie aus, es geht um Ihr Vermächtnis!

Auch mich wollte der Warburg-Gesellschafter Christian Olearius gegen Ende meiner Mandatszeit im Bundestag treffen. Ich machte dies öffentlich. Und ich willigte in ein Treffen ein, da ich kein Amt mit Einfluss auf die öffentliche Verwaltung ausübte, sofern sich Olearius dem Hamburger Untersuchungsausschuss stellen würde. Seither habe ich nie wieder von ihm gehört.
Ein Vertrauter von Olearius beschimpfte mich hiernach als charakterlos. Mein Angebot an Herrn Olearius steht weiterhin: Packen Sie aus, es geht um Ihr Vermächtnis!
Dasselbe empfehle ich der Finanzbeamtin Daniela P,, die nun das Bauernopfer wird, sowie dem ehemaligen SPD-Abgeordneten Johannes Kahrs.
Man hat nur ein Leben. Es ist nie zu spät, das Richtige zu tun! Ihnen droht womöglich Gefängnis!

Denn das erste Treffen zwischen Scholz und den Bankiers wurde von zwei einflussreichen Mitgliedern der SPD Hamburg arrangiert, einem persönlichen Mentor (dem ehemaligen SPD-Innensenator Alfons Pawelczyk) und einem Strippenzieher von Scholz (dem ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten und Rüstungslobbyisten Johannes Kahrs). Kahrs kassierte später Parteispenden von Warburg, Scholz’ Mentor wurde direkt bezahlt.
Scholz hält Pawelczyk bis heute die Treue. Gegen Kahrs wird in der Warburg-Affäre strafrechtlich ermittelt.

Olaf Scholz räumte trotz entsprechender Nachfragen des Hamburger Senats keines der Treffen mit den Bankiers ein, bis er mit beschlagnahmten Tagebüchern eines Bankiers konfrontiert wurde.
Erst zur dritten Befragung im Bundestag und nach einer erheblichen medialen Welle will der „Aktenfresser“ Scholz angeblich seinen Kalender überprüft haben und beruft sich nunmehr auf Erinnerungslücken.
Dies ist vollkommen unglaubwürdig.

Eine nachgewiesene Einflussnahme des Bundeskanzlers wäre strafbar und müsste das Ende seiner Kanzlerschaft einleiten. Mehr als 70 Prozent der Bundesbürger glauben laut einer Umfrage Scholz in der Warburg-Affäre nicht.
Die gefühlte Wahrheit der Bevölkerung stimmt. Warum das so ist, werde ich im Folgenden darlegen.

Warum ein neuer Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag?

Die kriminellen Cum-Ex-Geschäfte und das Versagen der Politik, diese zu unterbinden, waren vor meiner Zeit im Deutschen Bundestag bereits einmal Thema eines eigenen Untersuchungsausschusses.
Nun soll zusätzlich zum Hamburger Untersuchungsausschuss zur Warburg-Affäre ein weiterer Untersuchungsausschuss hierzu im Bundestag hinzukommen.
Denn längst geht es nicht mehr nur um Olaf Scholz’ Rolle als Erster Bürgermeister, sondern darum, wie er sich als Finanzminister in mehreren Befragungen, die ich im Bundestag 2020 initiiert hatte, in Widersprüche verwickelte.

Da die Vorwürfe gegen Scholz in seine Zeit als Erster Bürgermeister Hamburgs fielen, hat zuvor nur die Hamburger Bürgerschaft einen Untersuchungsausschuss eingerichtet. Jedoch wurde erst durch die Freigabe des geheimen Protokolls einer Befragung im Bundestag öffentlich, dass die von Olaf Scholz bemühten „Erinnerungslücken“ hinsichtlich zunächst verheimlichter Treffen mit Warburg-Bankiers in der Causa Cum-Ex erst sehr spät auftraten.
Denn Scholz schilderte auf meine Nachfrage hin in der zunächst als geheim eingestuften Sitzung des Finanzausschusses des Bundestages am 1. Juli 2020 den Ablauf des zuerst bekannt gewordenen Treffens.
Erst als weitere Treffen bekannt wurden, die er trotz wiederholter Nachfrage zuvor verschwiegen hatte, berief er sich fortan auf Erinnerungslücken. Dieses Muster lässt sich an mehreren Stellen nachweisen.

Uneidliche Falschaussage des Bundeskanzlers?

Gegenüber dem Hamburger Untersuchungsausschuss konnte sich Scholz jedoch an keines der drei Treffen mehr erinnern. Daher stand im Raum, dass er in seiner nunmehrigen Rolle als Bundeskanzler den Hamburger Untersuchungsausschuss belogen hat. Denn im Bundestag hatte er ja eine konkrete Erinnerung geschildert.
Dies würde den Straftatbestand der uneidlichen Falschaussage vor einem Untersuchungsausschuss eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder eines Landes gemäß § 162 Absatz 2 des Strafgesetzbuches erfüllen.

Eine Falschaussage vor dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages wäre hingegen nicht strafbar, da dieser kein Untersuchungsausschuss ist. Die der grünen Justizsenatorin in Hamburg unterstehende Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen Scholz jedoch unter anderen mit der Begründung eingestellt, dass Scholz seine zwischenzeitliche Erinnerung im Bundestag womöglich nur vorgetäuscht habe. So viel zur Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft in Hamburg.

Ich habe seit 2020 die Offenlegung des geheimen Protokolls der zweiten Scholz-Befragung im Bundestag beantragt. Doch es erforderte erst eine Bundestagswahl und den Marsch der CDU/CSU in die Opposition, um dies durchzusetzen.
Ich erhielt dafür 2020 nur von den Grünen Unterstützung, bis die Wirtschaftswoche das Thema kurz vor der Bundestagswahl aufgriff und plötzlich alle dafür waren.
Das Finanzministerium verschleppte jedoch die Freigabe bis über die Wahl hinaus und bestand auf umfangreiche Schwärzungen.
Als FDP und Grüne in die Regierung einzogen, war ihr Interesse an der zuvor selbst geforderten Transparenz auf wundersame Weise erloschen.

Meine frühere Partei kommt in der Warburg-Affäre auf Bundesebene kaum noch vor und hat sich das Thema komplett von der Union aus der Hand nehmen lassen, obwohl diese sich beim Thema Cum-Ex selbst unangenehme Fragen gefallen lassen müsste und ich Olaf Scholz maßgeblich genau in jene Widersprüche verwickelt habe, die nun zur Einsetzung von zwei Untersuchungsausschüssen geführt haben. Ein Trauerspiel!

Parallel ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Köln weiter und ließ etwa Kalender von Olaf Scholz aus seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister und Kommunikation seiner Büroleiterin im Kanzleramt sowie des ehemaligen SPD-Abgeordneten und Warburg-Lobbyisten Johannes Kahrs beschlagnahmen.
Ein weiterer Untersuchungsausschuss könnte daher noch spannend werden. Doch zunächst ist es erforderlich zu verstehen, dass wir bei Cum-Ex-Geschäften über organisierte Kriminalität und damit schwerste Straftaten sprechen.

Wie funktioniert Cum-Ex?

Bei Cum-Ex-Geschäften wurden Aktien rund um den Dividendenstichtag durch institutionelle Investoren (zum Beispiel Fonds oder Banken) in einem Aktien-Karussell verschoben, sodass für den Staat nicht mehr nachvollziehbar war, wer der tatsächliche Eigentümer der Aktien zum Zeitpunkt der Dividendenausschüttung war.
Vereinfacht gesprochen funktioniert dies, wie eine Bierflasche im Supermarkt abzugeben und den Pfand-Bon auf den Kopierer zu legen, um dann mit Freunden an die Supermarktkasse zu gehen und mehrfach Pfand zu kassieren.
Der Unterschied: Ein kopierter Pfandbon wird erkannt. Die Supermarktkasse ist das Finanzamt, und es geht nicht um ein paar Cent, sondern um Milliarden.

Institutionellen Investoren, die über Aktien Anteile an anderen Unternehmen halten, steht nämlich unter bestimmten Voraussetzungen ein Erstattungsanspruch auf gezahlte Kapitalertragssteuer zu, um eine doppelte Besteuerung (auf Ebene des Unternehmens und bei Ausschüttung der Gewinnbeteiligung) zu vermeiden. Depot-Banken (diese verwahren die Aktie im Auftrag der Investoren) stellten dabei den Investoren Bescheinigungen über Abführung der Kapitalertragssteuer aus.

Diese Bescheinigungen wurden aber auch für Investoren ausgestellt, die gar keine Steuer abgeführt hatten. So konnten bei einem schnellen Aktien-Karussell mehrere Erstattungen für eine Aktie beantragt werden.
Wichtig ist dabei auch zu wissen, dass Cum-Ex-Geschäfte illegale Absprachen beteiligter Banken und Fonds erfordern.
Die Behauptung der Warburg-Bank, sie habe nicht gewusst, dass sie Cum-Ex-Gestaltungen vollziehe, ist daher blanker Unfug und von höchsten Gerichten verworfen worden.
Da Milliardensummen an Aktien bewegt wurden, hätten diese Geschäfte ohne den Profit, der unmittelbar aus der Staatskasse kam, Verluste erzeugt. Cum-Ex-Geschäfte ergeben ohne kriminelle Absicht keinen Sinn.

Cum-Ex-ähnliche Geschäfte kosteten etwa eine Million Euro für jede Schule in Deutschland

Da es um sehr hohe Summen ging, war der Steuerschaden aus Cum-Ex-Geschäften auch entsprechend hoch und summierte sich auf etliche Milliarden. Nimmt man zu den Cum-Ex-Geschäften die etwas anders gelagerten Cum-Cum-Geschäfte hinzu, bei der ausländische Investoren inländische Investoren nutzen, um eine Erstattung auslösen, die ihnen nicht zusteht, dürfte der Steuerschaden laut Christoph Spengel, einem renommierten Professor für Steuerlehre an der Universität Mannheim, etwa 30 Milliarden Euro betragen.

Deutschland verfügt über etwa 30.000 Schulen. Dies entspräche also etwa einer Million Euro für jede Schule in Deutschland. Angesichts der Schuldenbremse und der Zinserhöhungen der Zentralbank bezahlen wir teuer für diese Kriminalität der Bankster im Nadelstreifen.

Das Cum-Ex-Netzwerk in der deutschen Politik

Kürzlich hat die CDU/CSU drei Jahre nach Bekanntwerden der Affäre und den drei Befragungen von Olaf Scholz, die ich im Jahr 2020 im Bundestag hierzu initiierte, angekündigt, einen weiteren Untersuchungsausschuss im Bundestag einzurichten. Dies ist ehrenwert, aber leider nicht ganz frei von Ironie.
Denn auch dem Partei- und Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU, Friedrich Merz, dürfte das Thema der Cum-Ex-Aktiendeals nicht völlig fremd sein. Er war unter anderem als Aufsichtsrat für den Vermögensverwalter Blackrock Deutschland tätig, in dessen Münchner Büros im Herbst 2021 eine Durchsuchung der Kölner Staatsanwaltschaft mit Bezug zu Cum-Ex stattfand.
Außerdem saß er seit 2010 im Aufsichtsrat der Düsseldorfer Privatbank HSBC Trinkhaus, die zur britischen HSBC-Gruppe gehört. Bei Vorständen der Düsseldorfer Bank fanden Cum-Ex-Razzien statt.
Und Merz war erst Partner und dann Senior Counsel der Kanzlei Mayer Brown. Diese warb um Kunden mit Cum-Ex-Vergangenheit und schrieb auf ihrer Homepage: „Marktteilnehmer könnten als Resultat aus Cum-Ex-Geschäften wachsenden Rechtsrisiken gegenüberstehen.“ Die Kanzlei wolle ihren Kunden helfen, diesem „Risiko entgegenzuwirken“.

Die FDP wiederum umgarnte den ehemaligen Finanzbeamten und Steueranwalt Hanno Berger, der Milliardäre und Multimillionäre dabei beriet, wie sie mit ihrem Privatvermögen über Fonds von Cum-Ex-Deals profitieren können, die institutioneller Investoren bedürfen.
Hanno Berger, der nach Auslieferung durch die Schweiz vom Landgericht Bonn zu einer Haftstrafe von acht Jahren verurteilt wurde (er geht gegen das Urteil in Revision, ein weiteres Urteil droht ihm derweil vor einem Gericht in Wiesbaden), „produzierte“ Rechtsgutachten zur Absicherung der organisierten Cum-Ex-Kriminalität. Er pflegte intensive Kontakte zum FDP-Ehrenvorsitzenden Hermann Otto Solms, um etwa auf dem Ticket der FDP Sachverständige in den Finanzausschuss des Bundestages zum Steuerthemen zu hieven, und ließ sich anwaltlich durch den Vizepräsidenten des Bundestages, Wolfgang Kubicki (FDP), vertreten, als dieser noch als Finanzminister einer Jamaika-Koalition gehandelt wurde.

In Nordrhein-Westfalen reichte der engagierte frühere CDU-Justizminister Peter Biesenbach kürzlich Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Staatsanwaltschaft Köln ein.
Sein Vorwurf: Das grüne Justizministerium und die Spitze der Kölner Staatsanwaltschaft würden von ihm geschaffene Planstellen nicht mit hinreichend befähigten Ermittlern besetzen.
Denn die komplexen Wirtschaftsstrafverfahren zu Cum-Ex hängen bisher maßgeblich an der engagierten Staatsanwältin Anne Brorhilker.

In Bonn wird zwar ein eigenes Gebäude eigens hierfür errichtet, aber ohne den politischen Willen, ausreichend fähige Ermittler mit den komplizierten Verfahren zu betrauen, werden die Jahrhundertprozesse scheitern.
Auch in Baden-Württemberg setzt die grün-schwarze Koalition bei den Cum-Ex-Geschäften der eigenen Landesbank auf nur einen Ermittler. Die der grünen Justizsenatorin unterstellte Staatsanwaltschaft in Hamburg wiederum hat nicht nur alle Ermittlungen gegen Olaf Scholz wegen einer uneidlichen Falschaussage vor dem Hamburger Untersuchungsausschuss zur Warburg-Affäre umgehend eingestellt, sondern es musste immer wieder die Kölner Staatsanwaltschaft auf den Plan treten, um Hamburger Cum-Ex-Banken zur Rechenschaft zu ziehen.

Es gäbe also quer durch etliche Parteien genug zu besprechen. Aus meiner Sicht wäre es zumindest mehr als angemessen gewesen, den Untersuchungsauftrag zu erweitern.
Warum etwa nicht die Rolle von Wolfgang Schäuble (CDU) beleuchten, der mit einem Schreiben als Finanzminister 2016 die Untersuchung etlicher Cum-Cum-Geschäfte erschwerte, die sogar noch mehr Schäden als Cum-Ex angerichtet haben.

Nachdem der Bundesfinanzhof auch gegen Cum-Cum-Deals eingeschritten war, schickte das Bundesfinanzministerium am 11. November 2016 ein Schreiben an die Landesfinanzminister, welches die Verfolgung der Cum-Cum-Geschäfte erheblich einschränkte. Dadurch wurde es für die Finanzämter nahezu unmöglich, die Milliarden an illegalen Cum-Cum-Geldern zurückzufordern.

Auch die Rolle des früheren parlamentarischen Staatssekretärs von Wolfgang Schäuble, des späteren Gesundheitsministers Jens Spahn (CDU), ist hier interessant. Ohne diese Erweiterung auf die genannten CDU-Politiker setzt sich der neu einzurichtende Untersuchungsausschuss leichtfertig dem Vorwurf aus, dass das Interesse an der Aufklärung der Warburg-Affäre nur parteipolitisches Theater der Union ist. Dazu sind die im Raum stehenden Vorwürfe jedoch zu ernst.

Die Rolle der HSH-Nordbank

Auftrag des Hamburger Untersuchungsausschusses ist es herauszuarbeiten, ob Olaf Scholz in seiner Zeit als Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg auf ein laufendes Steuerverfahren der Hamburger Privatbank Warburg Einfluss genommen hat.

HSH-NordbankMeine Überzeugung ist, dass das Unheil bereits früher seinen Lauf nahm, als die von der Finanzkrise gebeutelte ehemalige Landesbank HSH Nordbank durch Hamburg und Schleswig-Holstein gerettet wurde.
Faule Assets wie etwa Schiffskredite wurden in eine Bad-Bank ausgelagert, während die Rest-Bank verkauft werden sollte. Man holte die Kohlen für mächtige Reeder und Parteispender im hohen Norden aus dem Feuer.
100.000 Euro hatte etwa der Großreeder Heinrich Schoeller der CDU überwiesen, nachdem er von der HSH Nordbank zwischen 2005 und 2008 Kredite über insgesamt rund 1,3 Milliarden Euro erhalten hatte.

Die Landespolitiker standen wegen der Bankenrettung in der öffentlichen Kritik, zumal die Bank während der laufenden Rettung Cum-Ex-Geschäfte betrieb. Diese Forderungen waren jedoch noch nicht steuerlich verjährt.
Die Kapitalertragssteuer wird auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt. Mit anderen Worten: Hätten Hamburg und Schleswig-Holstein beherzt durchgegriffen, hätten sie den Verkaufspreis der Bank belastet, aber nur einen Bruchteil der Einnahmen durch den Einzug von Cum-Ex-Tatbeute erzielt.
Dies muss auch Olaf Scholz klar gewesen sein, der mehrere Treffen mit den Ministerpräsidenten Schleswig-Holsteins hatte, um über Cum-Ex zu sprechen. Dies ging aus Kalendereinträgen von Scholz hervor, die bei einer Razzia gefunden wurden. Die Ermittler stießen dabei auch auf Hinweise für gezielte Löschungen von Terminen im Zusammenhang mit der Warburg-Affäre.

Man hat es damals der HSH Nordbank durchgehen lassen, dass diese nach einer von ihr selbst beauftragten Untersuchung von Clifford Chance 2014 etwa 126 Millionen Euro an Cum-Ex-Tatbeute zurückzahlte.
Hamburg_Commercial_Bank-logo2021 erfolgte dann eine Durchsuchung der Kölner Cum-Ex-Ermittler bei der HSH-Nachfolgerin Hamburg Commercial Bank. Die tatsächliche Schadenssumme war nämlich vermutlich erheblich höher.
Mit der damaligen Schonung der HSH Nordbank wurde ein gefährlicher Präzedenzfall für die Warburg-Bank geschaffen. So soll auch der Warburg-Gesellschafter Christian Olearius Kontakt zur HSH Nordbank gesucht haben.
Er wollte offenbar nicht hinnehmen, dass eine ehemalige Landesbank geschont wird, aber sein traditionsreiches Hamburger Privathaus bluten muss.

Die Hamburger Finanzverwaltung verzichtet freiwillig auf Steuer-Millionen aus kriminellen Geschäften

Die Ermittler der Kölner Staatsanwaltschaft, die sich in Deutschland schwerpunktmäßig mit sogenannten Cum-Ex-Aktiendeals befassten, nahmen im Januar 2016 Ermittlungen gegen die Warburg-Bank auf und übersandten den Hamburger Behörden Hinweise, wonach die Warburg-Bank zwischen 2006 und 2011 insgesamt etwa 170 Millionen Euro an Erstattungen der Kapitalertragssteuer zu Unrecht erhalten hätte. Teilsummen drohten in den Jahren 2016 und 2017 zu verjähren.

Das Finanzgericht Hessen hatte bereits erste Rechtsprechung dazu etabliert, die den Banken auflegte, nachzuweisen, dass sie Kapitalertragssteuern tatsächlich entrichtet hatten. Auch im Finanzamt für Großunternehmen befasste man sich auf Initiative eines erfahrenen und langjährigen Betriebsprüfers der Warburg-Bank mit dem Vorgang. Er hatte sich als vorbildlicher Staatsdiener in die Cum-Ex-Geschäfte eingearbeitet und kam zu der Überzeugung, dass Hamburg aufgrund der nunmehr stärker gefestigten Rechtsprechung die Cum-Ex-Tatbeute einziehen müsse.

Seine Vorgesetzte, die Finanzbeamtin im Hamburger Finanzamt für Großunternehmen, Daniela P., fertigte später ein umfangreiches Gutachten an, das ebenso auf die Rechtsprechung des Finanzgerichtes Hessen abstellte und nach sorgfältiger Abwägung von Für und Wider den Einzug der Tatbeute empfahl.
Später kamen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes sowie des Bundesverfassungsgerichtes hinzu, die bestätigten, dass Cum-Ex schon immer illegal gewesen sei und eine behauptete Gesetzeslücke mithin nie bestanden hätte. Es sei schlichtweg illegal, Steuererstattungen für Steuern zu beantragen, die man nie gezahlt hat.

Daher informierte die Finanzbeamtin Daniela P. im Finanzamt für Großunternehmen im Februar 2016 ihre Vorgesetzten über die drohenden Rückforderungen in Millionenhöhe sowie das Risiko einer Verjährung.
Im Jahr 2016 ging es zunächst um 47 Millionen Euro, die nach Intervention der Warburg-Bank sowie der Hamburger Politik zum Nachteil Hamburgs in die steuerliche Verjährung liefen, obwohl das Finanzamt nach dem aufwendigen Gutachten die Cum-Ex-Tatbeute zunächst zurückfordern wollte.

Doch die Finanzbehörde – das Hamburger Finanzministerium – bestellte im engen zeitlichen Zusammenhang mit den Treffen von Olaf Scholz mit dem Cum-Ex-Bankier Christian Olearius im Jahr 2016 und der Weiterleitung eines Schreibens von Olearius durch Scholz an den damaligen Finanzsenator Peter Tschentscher die Finanzbeamtin Daniela P. ein, die daraufhin unter Protest ihrer Betriebsprüfer eine Kehrtwende vollzog und die Millionen nicht mehr einziehen wollte.

Gegen die Beamtin aus Blankenese ermittelt mittlerweile die Kölner Staatsanwaltschaft. Die mit dem Deutschen Journalistenpreis dekorierten investigativen Journalisten Oliver Schröm und Oliver Hollenstein, denen die Aufdeckung der Warburg-Affäre maßgeblich zu verdanken ist, schreiben im Managermagazin: „Als der Fall Warburg 2016 losgeht, erzählt P. ihren Mitarbeitern in einer Sitzung freimütig, sie treffe Katharina Olearius (Anmerkung des Autors: die verstorbene Tochter des Bankiers) am Abend auf einer Petersilienhochzeit.“ Eine Mitarbeiterin schreibt dazu später einen Aktenvermerk. Katharina Olearius ist damals Teilhaberin der Bank, sitzt im Aufsichtsrat.
Bei einer Razzia wurde eine Kommunikation der Finanzbeamtin P. gefunden, in der sie unter Bezug auf die Verjährung der Tatbeute von einem „teuflischen Plan“ spricht und mit der Zufriedenheit ihrer Vorgesetzten prahlt.
Die Hamburger SPD möchte die Verantwortung mittlerweile allein auf diese Beamtin abwälzen, obwohl sie diese zuvor noch als glaubwürdige Entlastungszeugin für Olaf Scholz ins Feld führte.

Im Jahr 2017 ging es noch einmal um 43 Millionen Euro, die nach dem Willen der Hamburger Finanzverwaltung erneut in die Verjährung laufen sollten, bis das Finanzministerium, damals noch unter Wolfgang Schäuble (CDU), einschritt und Hamburg anwies, die Summe einzuziehen. Es lässt sich nur spekulieren, ob der gewiefte Schäuble dem Sozialdemokraten Scholz damit noch eine Hypothek mit auf den Weg geben wollte. Dies ist aber auch unerheblich, denn die Weisung war absolut richtig.

Die Warburg-Connection der Hamburger SPD

Der Warburg-Gesellschafter Christian Olearius schaltete im Tauziehen um die Warburg-Beute frühzeitig den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten, Strippenzieher und Rüstungslobbyisten Johannes Kahrs sowie den Mentor von Olaf Scholz, den früheren Hamburger Innensenator, Alfons Franz Pawelczyk (SPD), ein. Beide engagierten sich fortan dafür, Treffen zwischen Olaf Scholz und Christian Olearius einzufädeln und die drohenden Rückforderungen des Finanzamtes abzuwenden.
Die zuständige Finanzbeamtin Daniela P., die im Unterschied zu ihren Betriebsprüfern später umkippte und auf die Tatbeute verzichten wollte, hatte laut den beschlagnahmten Tagebüchern von Olearius selbst gegenüber der Bank angemerkt, es könne jetzt nur noch die Politik helfen.

Gegen Kahrs, bei dem auch eine hohe Bargeldsumme im Bankschließfach entdeckt wurde, bei der ein Zusammenhang mit seinen Botendiensten für die Warburg Bank jedoch nicht belegt ist, laufen staatsanwaltliche Ermittlungen.
Kahrs erhielt später von drei mit der Warburg-Bank verbundenen Gesellschaften Spenden für den SPD-Bezirk Hamburg-Mitte. Selbst der von mir persönlich geschätzte Vorsitzende des Hamburger Untersuchungsausschusses zur Warburg-Affäre, Matthias Petersen (SPD), winkte Teile der Spenden im Landesvorstand der SPD Hamburg durch. Pawelczyk wurde für seine Dienste hingegen unmittelbar bezahlt. Beide tauschten sich im engeren zeitlichen Zusammenhang mit den Steuerforderungen gegen die Warburg-Bank mit Olaf Scholz aus.
Den beschlagnahmten Tagebüchern des Bankiers Olearius ist zu entnehmen, dass Pawelczyk Scholz auf das Treffen mit Olearius vorbereiten wolle.

Die Fakten: Die Treffen von Scholz und den Cum-Ex-Bankiers

Was wir nach zwei Presseveröffentlichungen aus den Tagebüchern des Cum-Ex-Bankiers Olearius, drei Befragungen im Bundestag, einer (zunächst verhinderten) Razzia der Kölner Staatsanwaltschaft in Hamburg sowie einem Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft wissen:
Das erste Mal traf Scholz die Bankiers am 7. September 2016 mit einem Referenten aus dem Wirtschaftssenat, der ihn in einer Tischvorlage ausdrücklich vor den Begehrlichkeiten von Olearius beim Thema Cum-Ex warnte. Die beiden weiteren Treffen erfolgten ohne Zeugen. Die Vorlage will der „Aktenfresser“ Scholz, den ich in einer zunächst geheimen Befragung im Bundestag am 1. Juli 2020 nach vorbereitenden Vermerken gefragt hatte, die er, wie auch die Treffen selbst, verschwieg, nunmehr angeblich nicht gelesen haben.
Am 5. Oktober 2016 schickte dann die zuständige Finanzbeamtin Daniela P. einen umfangreichen Vermerk an die Hamburger Finanzbehörde. Darin wird die rechtliche Situation gewürdigt und um Zustimmung gebeten, die Tatbeute von der Warburg-Bank zurückzufordern.

Olaf Scholz empfing drei Wochen später am 26. Oktober 2016 erneut die Warburg-Bankiers im Rathaus. Die Banker übergeben eine siebenseitige Verteidigungsschrift gegen die anstehende Millionenrückforderung des Fiskus, die dem Finanzamt übermittelt wurde.

Etwa zwei Wochen später, am 9. November 2016, greift Olaf Scholz laut den Olearius-Tagebüchern aktiv zum Telefonhörer und ruft den Cum-Ex-Bankier an. Er rät dem Banker, sein Dokument, das dem Finanzamt ja bereits vorlag, „kommentarlos“ (also wohl ohne weitere schriftliche Spuren) an den damaligen Finanzsenator und derzeitigen Ersten Bürgermeister von Hamburg, Peter Tschentscher (SPD), zu schicken.
Dies legt nahe, dass Scholz sich mit Tschentscher hierzu ausgetauscht und diesen vorbereitet hat. Scholz teilt Olearius zudem mit, dass dieser sich in dieser Angelegenheit jederzeit an ihn wenden könne, er „erwarte dies sogar“.

Scholz behauptet später auf meine Nachfrage in der zunächst geheimen Sitzung am 1. Juli 2020, dass bis zu einem Austausch mit dem Bundesfinanzministerium am 16. November 2017 keinerlei Gespräche im Hamburger Senat über die Steuersache Warburg geführt wurden. In einer dritten, nicht-geheimen Befragung des Finanzausschusses des Bundestages am 9. September 2020, die ich wegen weiterer bekannt gewordener Treffen von Scholz mit Olearius ansetzen ließ, will Scholz sich wiederum an einen solchen Austausch mit Tschentscher nicht mehr „erinnern“. Obwohl er sich nicht erinnern könne, wisse er aber genau, dass Tschentscher keinen Einfluss genommen habe.

Später bemerkt Scholz in einer Stellungnahme, die der Journalist Oliver Schröm in seinem Buch „Cum-Ex-Files“ zitiert: Er habe sich die Auffassung von Olearius in dessen Verteidigungsschrift ausdrücklich nicht zu eigen gemacht oder das Papier selbst an die Finanzbehörde weitergeleitet, „da dies allein aufgrund der Tatsache der Weiterleitung durch den Ersten Bürgermeister Anlass zu Interpretationen hätte geben können“.

Tschentscher übermittelt das Dokument mit Unterstreichungen der Argumente der Warburg-Bank in grüner Senatorentinte (grüne Tinte ist in der öffentlichen Verwaltung nur Ministern bzw. Senatoren vorbehalten) und der Aufforderung des Finanzsenators, weiter unterrichtet zu werden, erneut an die Finanzverwaltung. Hiernach wird die Finanzbeamtin Daniela P. am 17. November 2016 in die Finanzbehörde (das Hamburger Finanzministerium) einbestellt.
Eine Beamtenrunde entscheidet dort, keine Steuern von Warburg zurückzufordern – und so Steuerforderungen aus den Cum-Ex-Geschäften teilweise verjähren zu lassen. Damit verzichtet die Stadt Hamburg auf 47 Millionen Euro Steuergutschriften für 2009. Die Betriebsprüfer der Finanzbeamtin laufen gegen die Entscheidung Sturm, die sie für fachlich nicht nachvollziehbar halten.

Damit opfert Scholz seinen Nachfolger. Er sagt nämlich unverblümt, dass sein Finanzsenator Peter Tschentscher allein durch die Tatsache der Weiterleitung des Schreibens Einfluss auf das Steuerverfahren genommen habe. Das wäre strafbar.
In der dritten Befragung am 9. September 2020 wiederum behauptet Scholz, sich an das Schreiben, das Telefonat mit Olearius und die Weiterleitung des Schreibens an Tschentscher nicht erinnern zu können.
Wohlgemerkt das Schreiben, von dem er laut Aussage gegenüber Oliver Schröm wisse, dass er sich dessen Inhalt nicht zu eigen gemacht und das er bewusst nicht selbst in die Behörde geleitet habe.

Nachdem das Bundesfinanzministerium eine erneute Verjährung der Tatbeute in Höhe von diesmal 43 Millionen Euro aus dem Steuerjahr 2010 verhindern will, greift es am 8. November 2017 zu seiner schärfsten Waffe und weist Hamburg schriftlich an, die Tatbeute einzuziehen. Ein solcher Vorgang kommt äußert selten vor. Meine parlamentarische Anfrage im Februar 2018 zu der Häufigkeit solcher Weisungen brachte nur einen weiteren Fall in Hessen zutage.

Die Weisung trifft am 10. November 2017 in Hamburg auf dem Postweg ein. An diesem Tag wird Olaf Scholz die Warburg-Bankiers erneut treffen. In der geheimen Sitzung vom 1. Juli 2020 wird er gegenüber dem heutigen FDP-Staatssekretär Florian Toncar behaupten, er könne sich nicht daran erinnern, wann er von der Weisung erfahren habe, ob in seiner Zeit als Bundesminister der Finanzen oder aus der Zeitung. Dabei hatte er doch den Warburg-Bankier Olearius an dem Tag, als die Weisung in Hamburg per Post eintraf, exakt zu diesem Vorgang getroffen. Dies war Anlass der Befragung im Bundestag.
Tatsächlich fand die Weisung das erste Mal Erwähnung in der Presseberichterstattung des NDR im Januar 2018 und in meiner parlamentarischen Anfrage im Februar 2018. Beides war also nach dem Treffen von Scholz mit Olearius.

Eine Woche später gibt es ein Krisentreffen der Hamburger Finanzverwaltung beim Bundesfinanzministerium. Nach Angaben von Teilnehmern wird es sehr laut. Die Finanzbeamtin Daniela P. widersetzt sich mit Rückendeckung ihrer Vorgesetzten weiter der Weisung.

Am 1. Dezember 2017 erneuert das Finanzministerium die schriftliche Weisung. Diese zweite Weisung war mir in Antworten des Finanzministeriums, die dann unter Olaf Scholz erfolgten, verschwiegen worden. Wahrscheinlich, weil dann noch offensichtlicher gewesen wäre, dass sich keine Finanzbeamtin einer Weisung des Bundesfinanzministeriums ohne politische Rückendeckung über Monate widersetzt.

Die Wahrheit kommt ans Licht: Der Rückblick

Im Februar 2018 hatte ich mit parlamentarischen Anfragen die ungewöhnliche Weisung des Finanzministeriums an die Hamburger Finanzverwaltung thematisiert. Gegen Jahresende erkundigte sich die Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft sodann nach Treffen zwischen Vertretern der Warburg-Bank und dem Hamburger Senat, dem Olaf Scholz als Erster Bürgermeister angehörte, zum Thema Cum-Ex.
Der Senat antwortete wahrheitswidrig, es habe keine derartigen Treffen gegeben.

Im Februar 2020 konfrontierten die Journalisten Oliver Schröm (Norddeutscher Rundfunk), Christian Salewski und Oliver Hollenstein (beide damals Die Zeit) Olaf Scholz mit einem (von drei) Treffen. Dieses Treffen war aber nur das letzte Treffen der drei Treffen zwischen Scholz und den Warburg-Bankiers. Die zwei weiteren Treffen Scholz’ im Jahre 2016 waren damals noch nicht bekannt, da die Journalisten die handschriftlichen Tagebücher anscheinend erst aufwendig auswerten mussten. Scholz schwieg sich gegenüber den Journalisten aus und antworte nicht. Er äußerte sich erst kurz vor Ausstrahlung eines Beitrags in der ARD-Sendung „Panorama“ über die Nachrichtenagentur dpa.

Die Journalisten zitierten aus einem Tagebuch des Bankiers Christian Olearius, das bei einer Razzia beschlagnahmt wurde. Darin wurde über das Treffen des Bankiers mit Olaf Scholz zur Rückforderung der Cum-Ex -Tatbeute und der Weisung des Finanzministeriums am 10. November 2017 berichtet.

Der Bankier schrieb im Tagebuch, Scholz sei zurückhaltend und lasse nicht erkennen, wie er sich verhalten würde. Er vermittle ihm jedoch das Gefühl, er brauche sich keine Sorgen zu machen.
Scholz teile überdies die Auffassung der Warburg-Bank, dass es darum ginge, die Depotbank Deutsche Bank zu schonen. (Vermutlich war gemeint, das Bundesfinanzministerium wolle die Deutsche Bank zu Lasten der Warburg-Bank schonen).
Im Weiteren ging es um Absprachen zwischen Scholz und Olearius zu einem Interview über Hamburg, das der Bankier mit dem Spiegel führen wollte. Er solle sich maßvoll äußern, um Scholz die Bühne bei der Vermarktung des „Wissenschaftsstandortes“ Hamburg zu überlassen.

Dass sich der exzellente Jurist Scholz zurückhaltend verhielt, ist wenig verwunderlich. Dies ist nicht nur seine generelle Art; ein Eingriff in Steuerverfahren wäre überdies strafbar. Da die Journalisten diese Passage aber aus presserechtlichen Gründen nicht zitiert hatten, weil aus Ermittlungsakten nur minimal zitiert werden darf, holte die Warburg-Bank kurze Zeit später zum Gegenschlag aus und behauptete, die Journalisten hätten der Öffentlichkeit entlastende Momente (die zurückhaltende Art von Scholz) verschwiegen.
Diese Öffentlichkeitsarbeit der Warburg-Bank wurde eng mit Scholz’ Umfeld koordiniert. Die Spin-Doktoren der Warburg-Bank und Scholz’ rechte Hand, sein damaliger Staatssekretär und derzeitiger Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt, bearbeiteten im Hintergrund überforderte Lokalreporter. Die Zusammenarbeit mit der Cum-Ex-Bank wurde also in bewährter Manier fortgesetzt.
Der Lokalpresse schien dabei nicht aufzufallen, dass man nicht gleichzeitig schweigen und sich zugleich die Rechtsauffassung der Warburg-Bank zu eigen machen kann, wonach es darum gehe, die Deutsche Bank zu schonen. Meine späteren Nachfragen, wie Olearius zu diesem Eindruck gelangte, wollte Scholz nie konkret beantworten.

Da nun offensichtlich wurde, dass der Hamburger Senat die Anfrage der Linksfraktion unwahr beantwortet hatte (was sich Olaf Scholz in einer späteren Sitzung „nicht erklären“ könne), waren die Titelseiten der Hamburger Presse voll von dem Skandal. Ich schlug meiner früheren Partei eine Pressekonferenz und eine Demonstration vor der Hamburger Finanzbehörde vor, die es auf die Titelseiten zahlreicher Zeitungen schaffte.
Scholz’ Nachfolger als Erster Bürgermeister Hamburgs, Peter Tschentscher, warf dem NDR gar später Beeinflussung des Wahlkampfes vor.

Wie Scholz den Bundestag belog

Nach dieser Welle im Bürgerschaftswahlkampf 2020 wusste Scholz, er wird das Thema nicht mehr los. Da er die Kanzlerkandidatur für die SPD anstrebte, war der Vorwurf, kriminelle Banker zu schützen, eine Hypothek.
Ich beantragte als Hamburger Bundestagsabgeordneter und Finanzpolitiker eine Einbestellung des damaligen Finanzministers in den Finanzausschuss des Deutschen Bundestages. Die anderen Fraktionen schienen das Thema kaum zu beachten. Scholz sagte für den 4. März 2020 zu.

Die Unterrichtung durch den Finanzminister wurde um 12.08 Uhr eröffnet. Die Vorsitzende des Finanzausschusses teilte uns mit, dass Scholz wegen Anschlussterminen die Sitzung um 12.50 Uhr zu verlassen habe.
Ein politischer Taschenspielertrick: Es standen uns somit 42 Minuten bei sechs Fraktionen und einem umfangreichen Eingangsstatement von Herrn Scholz zur Verfügung.
Ich wusste: Ich werde drei bis fünf Minuten einschließlich der Antwort von Scholz ohne Möglichkeit der weiteren Nachfrage haben. Jeder Schuss musste sitzen, und Scholz würde Fragen gesammelt beantworten.

Da die Corona-Pandemie gerade Europa erreicht hatte, ließ sich Scholz ausführlich zu konjunkturpolitischen Fragen aus. Dies war nachvollziehbar, aber eben auch günstig für Scholz.
Zur Warburg-Affäre merkte Scholz an, dass der berichtete Termin stattgefunden habe. Da sei sonst nichts gewesen und nichts zu finden. Über das Gespräch sei durch Medienberichte „alles bekannt“, was es dazu zu berichten gäbe.
Er verwies auf die Veröffentlichung des vollständigen Tagebuchauszugs durch die Warburg-Anwälte, die sein zurückhaltendes Verhalten bei dem Termin unterstrichen hätten.

Sodann durften die Fraktionen in der Reihenfolge ihrer Stärke das Wort ergreifen. Die Union und die SPD versuchten möglichst zeitintensive Fragen zur europäischen Haushaltspolitik zu stellen, um Scholz Zeit zu kaufen.
Die CDU/CSU intervenierte gar später einmal, um zu beanstanden, man dürfe den Finanzminister nicht zu Vorgängen aus seiner Zeit als Bürgermeister oder zu Parteispenden befragen, die Sache der SPD seien. Die AfD und die FDP stellten sodann wenigstens ein paar Fragen zum Sachverhalt. Ich war als Vorletzter an der Reihe. Olaf Scholz war hoch konzentriert, denn er wusste genau, dass ich in der Warburg- Affäre sein schärfster Kritiker war.

Mein erster Satz war ein Zitat: „Junge, komm bald wieder!“ Damit griff ich auf, dass die kurze Befragungszeit bereits bei meinem Vorredner, dem heutigen FDP-Staatssekretär Florian Toncar, für Unmut gesorgt hatte.
Meine erste Frage an Olaf Scholz lautete sodann, ob es üblich gewesen sei, dass er sich in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister mit Personen zu Steuerverfahren getroffen habe, gegen die bereits Ermittlungen wegen schweren Steuerbetrugs liefen, und ob es neben dem einen nunmehr bekannten Treffen mit Herrn Olearius weitere Treffen dieser Art gegeben habe? Es war üblich, die wichtigsten Fragen zu Beginn zu stellen und die weiteren Fragen dem Zeitrahmen zu opfern, falls erforderlich.
Ich fragte zudem nach schriftlichem Austausch der Warburg Bank mit dem Finanzministerium und wessen Entscheidung Scholz richtig fände: die des ihm nunmehr unterstellten Finanzministeriums, Hamburg anzuweisen, die Cum-Ex Tatbeute einzuziehen, oder die Entscheidung Hamburgs, die steuerliche Verjährung in Kauf zu nehmen?
Überdies fragte ich nach dem Austausch mit dem Finanzsenator Peter Tschentscher, den Scholz ebenfalls nicht einräumte, obwohl mittlerweile bei einer Razzia sichergestellte Kalendereinträge dies nahelegten.
Zum Schluss bemängelte ich unrichtige Angaben des Finanzministeriums zu steuerlichen Verjährungen von Cum-Ex-Tatbeute, um Druck auf eine klare gesetzliche Regelung zur nachträglichen Abschöpfung im Strafprozess zu machen, die dann in den kommenden Monaten erfolgen sollte.
Meine Ausführungen versah ich mit dem Hinweis, dass diese weiteren Fragen nur beantwortet werden sollten, falls die Zeit dies erlaube. Danach war die heutige Familienministerin Lisa Paus von den Grünen an der Reihe.
Scholz beantworte daraufhin die Fragen aller sechs Fraktionen gebündelt. Scholz ging auf meine Frage nach weiteren Treffen mit Herrn Olearius nicht ein, sondern wiederholte sein Mantra, dass ihn das Steuergeheimnis an Ausführungen hindere und alles zu dem Treffen bekannt sei. Er konzentrierte sich auf meine letzte Zusatz-Frage nach Vermögensabschöpfung im Strafprozess.
Dabei ist durch Rechtsprechung im Fall des FC-Bayern-Mangers Uli Hoeneß klar etabliert, dass das Steuergeheimnis seine Grenze bei Handlungen der Verwaltung hat, die von öffentlichem Interesse sind.
Niemand wollte über die Steuererklärung der Warburg-Bank diskutieren, sondern wir wollten wissen, wie Scholz mit der Sache befasst war.

In einer der nächsten Obleute-Sitzungen des Finanzausschusses, die gemeinsam die Tagesordnung verabredet, wurde die erneute Vorladung Scholz’ in einer als geheim eingestuften Sitzung in einem abhörsicheren Raum des Bundestages beschlossen, damit er sich nicht mehr hinter dem Steuergeheimnis verstecken könne. Dort könne er dann freier darlegen, was dem Steuergeheimnis unterliegt und worüber er Auskunft geben könne. Auch die SPD fand, dass Scholz etwas zu zugeknöpft gewesen sei und befürwortete den Vorschlag.

Am 2. Juni 2020 schrieb ich zudem eine E-Mail an die Obleute des Finanzausschusses, die später auch dem Handelsblatt zugespielt wurde. Darin beschwerte ich mich über den geplanten Sitzungsablauf, denn Scholz wollte erneut nur in einem engen Zeitrahmen aussagen. Das Handelsblatt zitierte hieraus:
„‚Wenn man die üblichen Begrüßungsrituale und Vorbemerkungen abzieht, ist es bei einer Befragungszeit von 50 Minuten denkbar, dass weder meine Fraktion noch die Grünen überhaupt zur Möglichkeit kommen, Fragen zu stellen. Das ist für mich nicht akzeptabel‘, so De Masi. Schon Anfang März habe sich Scholz bei einer Befragung zu dem Thema mit langen Ausschweifungen aus der Affäre gezogen. Das will De Masi nicht noch einmal zulassen. Der Finanzminister solle deshalb auf ein längeres Eingangsstatement verzichten. Die Anhörung wird zudem als ‚geheim‘ eingestuft, nichts darf nach außen dringen. Das soll verhindern, dass Scholz Aussagen wieder mit Verweis auf das Steuergeheimnis verweigert.“

Im September 2020 – als weitere Treffen mit Olearius bekannt wurden – sollte mir Olaf Scholz über seinen Sprecher öffentlich ausrichten, ich hätte im März wegen meiner Frage zu weiteren Treffen nochmal nachfragen müssen. Dies ist infam.
Denn abgesehen davon, dass Scholz seinen Auftritt mit Schützenhilfe von CDU/CSU und SPD bewusst so angelegt hatte, dass für Nachfragen gar keine Zeit mehr bestand, was ja zu meiner oben zitierten E-Mail führte, hatte er in der Sitzung wiederholt betont, dass alles dazu bereits berichtet sei. Es gab dafür keine Notwendigkeit.
Alle – auch eine direkt nach der Sitzung von einem TV-Team dazu befragte SPD-Abgeordnete – hatten ganz klar verstanden: Es hat keine weiteren Treffen von Scholz mit Herrn Olearius gegeben.
Diese Irreführung der Öffentlichkeit ist daher keine Ungeschicklichkeit. Sie hat Methode.

Geheime Sitzung am 1. Juli 2020

Der ursprünglich anvisierte Termin einer Befragung von Olaf Scholz am 17. Juni 2020 wurde noch einmal auf den 1. Juli 2020 verschoben. Scholz sagte nunmehr zu, sich ausreichend Zeit zu nehmen.
Über den Inhalt dieser rund anderthalb Stunden andauernden Sitzung habe ich bis kürzlich nicht öffentlich sprechen dürfen, da sie der Geheimhaltung unterlag. Denn ich habe Scholz erneut zu weiteren Treffen mit Olearius befragt.
Die mit dem Deutschen Journalistenpreis ausgezeichneten Investigativreporter Oliver Schröm und Oliver Hollenstein haben die Sitzung jedoch unter Mitwirkung des Cicero-Journalisten Ulrich Thiele in ihrem Buch „Die Akte Scholz“ minutiös rekonstruiert. Sie schreiben Folgendes:
„Schließlich erkundigt sich De Masi wie bei der letzten Sitzung, ob Scholz sich noch öfter mit Olearius getroffen habe. Scholz lächelt. Hamburg sei klein, da laufe man sich schon mal über den Weg. Die Grünen-Abgeordnete Lisa Paus ruft dazwischen. Sie will wissen, wie oft sich Scholz und Olearius bei gesellschaftlichen Ereignissen begegnet sind: zweimal, dreimal oder zehnmal pro Jahr? Scholz schmunzelt, erwähnt ein Treffen in der Elbphilharmonie. Er habe auch einmal bei einem Jubiläum der Warburg-Bank eine Rede gehalten.“ Weiter führt Scholz explizit aus, es habe keine regelmäßigen Treffen mit der Warburg-Bank gegeben.

Tatsächlich hatte Scholz (anders als im gestrafften Protokoll dargestellt) nicht nur von einem Jubiläum gesprochen, sondern offengelassen, ob es der 70. Geburtstag von Christian Olearius oder das 220-jährige Jubiläum der 1798 gegründeten Warburg-Bank war. Dies lässt sich daran erkennen, dass ich in der dritten Befragung von Scholz auf diese Passage zurückkam und ihn danach frage, welche der beiden Termine er denn nun gemeint habe? Den Geburtstag (der fand 2012 statt) oder das Jubiläum (2018)? All dies lässt sich nachlesen.
Meine Nachfrage an Scholz nach weiteren Treffen ist im Unterschied zur Nachfrage von Lisa Paus, die damals dazwischenrief, nicht in den öffentlich zitierten Passagen des Protokolls enthalten, konnte aber offenbar von den Journalisten anderweitig verifiziert werden. (Protokolle können nachträglich noch von Sitzungsteilnehmern bearbeitet werden und werden vom Ausschusssekretariat verantwortet. Nicht selten wachen dort emsige Referenten mit Parteibuch über jede Formulierung. Ob das Tonband der Sitzung noch existiert, weiß ich nicht).

Warum ist die Frage, ob es ein Geburtstag oder Jubiläum war, überhaupt relevant? Ganz einfach: Scholz’ Spin-Doktor Wolfgang Schmidt wird später trotz Geheimschutz gegenüber Journalisten behaupten, die heutige Familienministerin habe „falsch“ nachgefragt. Sie hatte nämlich gefragt, ob es nach dem damals bereits bekannten Treffen von Scholz und Olearius (das letzte der drei Treffen) im Jahr 2017 weitere Treffen gegeben habe. Aber die weiteren und verheimlichten Treffen waren ja davor im Jahr 2016.

Diese Spitzfindigkeit ist ja an sich schon dreist genug, denn ich hatte ja bereits zweimal (am 4. März und erneut in der geheimen Sitzung) nach weiteren Treffen gefragt. Außerdem verneint Scholz explizit regelmäßige Treffen mit der Warburg Bank. Aber Scholz hat ohnehin auch für Zeiträume davor, nämlich den 70. Geburtstag von Olearius, geantwortet.

Viel wichtiger aber ist: Scholz legt präzise jede beiläufige Begegnung mit Herrn Olearius offen. Nur die drei Treffen, bei denen es um zig Steuer-Millionen geht, und dass er später sogar aktiv zum Telefon greift, um Olearius zu bitten, sich in der Sache weiter an ihn zu wenden, räumt Scholz erst dann ein, wenn er mit konkreten Belegen konfrontiert wird.
Er spricht bis zum September 2020 an keiner Stelle von einer Erinnerungslücke. Vielmehr betont er in einer der Sitzungen, er könne nicht sagen, weshalb der Hamburger Senat die Treffen nicht offenbart habe. Denn die Kalender lagen ja vor und die Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft hatte nach den Treffen schriftlich gefragt.

Die Nachwirkungen der geheimen Sitzung

Später wird der Staatssekretär und heutige Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt, zuständig für Geheimdienste, einen Auszug aus dem geheim eingestuften Protokoll sinnentstellend an Journalisten geben, um seinen Spin zu setzen.

Wir können uns wegen des Geheimschutzes nicht dagegen wehren und selbst über die Sitzung sprechen. Lisa Paus wird nach Bekanntwerden der beiden weiteren Treffen Scholz jedoch öffentlich in einem Tweet der Lüge bezichtigen. Seit ihrer Berufung zur Ministerin hat die von mir sehr geschätzte Kollegin den Tweet gelöscht. Gegenüber dem Journalisten Tilo Jung führt sie aus, sie arbeite nunmehr gut mit Scholz zusammen und sei eben damals in der Opposition im Wahlkampf gewesen (es war jedoch kein Wahlkampf damals).
Ich kenne Lisa Paus gut genug, um zu wissen: Niemals hätte sie einen solchen Vorwurf nur zur Show erhoben. Ihr Kotau ist der Preis der Macht. In solchen Momenten bin ich froh, meine politische Karriere beendet zu haben.

Als ich die Eskapaden von Wolfgang Schmidt vor der Wahl (erneut) skandalisiere, da nun auf einmal öffentliches Interesse besteht, behauptet das Finanzministerium, es könne diesen Verstoß gegen den Geheimschutz nicht aufklären, da Herr Schmidt in Washington weile und wegen der Zeitverschiebung schlafe. Tatsächlich erlaube ich mir die Bemerkung, man könne ihn auf Twitter anschreiben, wo Schmidt, wahrscheinlich mithilfe von Beamten aus dem Ministerium, etwa 20 Stunden am Tag Tweets verbreitet, um für seinen Chef Kohlen aus dem Feuer zu holen. Tatsächlich war er zu diesem Zeitpunkt auf Twitter aktiv.

Ich werde später zur Quelle der Olearius-Tagebücher auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bonnin Berlin-Kreuzberg von einer freundlichen Kriminalkommissarin vernommen (die mich auf mein Aussageverweigerungsrecht als ehemaliger Abgeordneter und Publizist hinwies). Dabei habe ich auch auf den Vorgang um Wolfgang Schmidt hingewiesen, da ich es bemerkenswert fand, wie ungleich der Ermittlungseifer bei diesen Sachverhalten war.

Die Berliner Staatsanwaltschaft wird jedoch trotz meiner Eingabe keine Ermittlungen aufnehmen. Ihre Begründung: Sie könne den Vorgang nicht verifizieren, da es außer einem entsprechenden Tweet des Journalisten Oliver Schröm, der die Passage, die Schmidt verbreiten ließ, per Screenshot veröffentlicht, keine weiteren Belege gebe.
Dabei würde es reichen, Herrn Schröm einzuvernehmen und zu befragen. In meinem Fall war es hinreichend, dass ich einen Auszug aus den Olearius-Tagebüchern veröffentlicht hatte.
Was der Bonner Staatsanwaltschaft entgangen war: Dieser Auszug stammte aus der Hamburger Morgenpost. Die Warburg-Bank hatte ihn selbst veröffentlicht.

Im Sommer 2020 wird es dann eng für Scholz. Die Pleite der Wirecard AG, des einstigen Börsenwunders und insolventen Zahlungsabwicklers aus Aschheim, hält Scholz in Atem. Nun kommen noch zwei weitere Treffen mit Olearius an die Öffentlichkeit. Es herrscht Panik in der Hauptstadt.

Sofort beantrage ich eine dritte Befragung von Scholz. Zusätzlich lasse ich auf dem Kontingent meiner Fraktion eine Aktuelle Stunde im Bundestag beantragen, um der Bevölkerung die Warburg-Story in meinem fünfminütigen Redebeitrag zum „Pinocchio-Gate“ von Scholz detailliert zu erklären. Die Rede wird später bei Markus Lanz immer wieder als Einspieler dienen.
Die SPD nennt mich in einem Zwischenruf gar „unanständig“, weil ich in meiner Rede die Rückzahlung der Warburg-Spenden und ein Verbot von Parteispenden von Unternehmen fordere.

Ein Jahr später gibt es Aufregung um die Razzia bei Johannes Kahrs und mehr als 200.000 Euro Bargeld in dessen Schließfach. Der SPD-Finanzsenator Andreas Dressel wird nun einräumen, dass die Spenden aus „heutiger Sicht“ neu bewertet werden müssten. Ich gehöre zu diesem Zeitpunkt dem Bundestag nicht mehr an. Die SPD distanziert sich von Kahrs.
Doch alle Erkenntnisse über die Warburg-Bank lagen schon zum Zeitpunkt der Spenden auf dem Tisch: Razzia, Ermittlungen, Cum-Ex. Stand heute hat die SPD Hamburg die Cum-Ex-Spenden der Warburg-Bank nie zurückgezahlt.
Vor der Rede befrage ich Scholz öffentlich im Plenum des Bundestages zu seiner Sicht auf die Warburg-Parteispenden. Er antwortet, er lebe nun in Potsdam. Nach seinem Eindruck sei aber in der SPD Hamburg immer alles korrekt verlaufen.

Befragung am 9. September 2020

In der dritten Befragung ereignet sich etwas Kurioses: Scholz wechselt die Strategie. Er bestätigt die Termine und legt nun eine detaillierte Auflistung aller Termine mit Olearius vor (in einer Informationsfreiheitsanfrage wird mir der Hamburger Senat weiterhin keines der Treffen einräumen, obwohl diese bereits presseöffentlich sind). Schriftlich konnten wir diese im Bundestag nicht abfragen, da die Termine ja in seine Zeit als Hamburger Bürgermeister fielen.
Scholz behauptet nun, er habe erst jetzt – nach einer Anfrage in der Hamburger Bürgerschaft, einer Riesenwelle im Bürgerschaftswahlkampf und zwei Befragungen im Bundestag (eine davon mit Geheimschutzvorkehrungen), bei denen insgesamt dreimal nach weiteren Treffen mit Olearius gefragt wurde – in seinen Kalender geblickt.
Jeder Politiker in einem Kreistag würde bei an ihn gerichteten Vorwürfen dieser Art als Erstes in den Kalender blicken. Scholz hat hierfür einen Arbeitsstab, Termine müssen in der öffentlichen Verwaltung veraktet werden.
Als Scholz diese Aussage tätigt, habe ich Blickkontakt mit Abgeordneten und Mitarbeitern der SPD. Sie müssen ihr Lachen unterdrücken ob dieser absurden Ausführungen. Alle im Saal wissen, dass Scholz lügt.

Scholz behauptet nun, er könne sich an keinen der Termine mehr erinnern. Vor jedem Gericht würde dieser Strategiewechsel als unglaubwürdig gekennzeichnet werden. Selbst ein Neurologe äußert sich später und sagt, dass solche chirurgisch-präzisen Erinnerungslücken, die immer nur im Steuerverfahren, aber nie bei anderen Begegnungen mit dem Cum-Ex-Bankier auftreten, nicht mit dem wissenschaftlichen Stand der Forschung vereinbar sind.

Was die Öffentlichkeit damals noch nicht wissen kann: In der geheimen Sitzung im Juli schilderte Scholz auf meine Nachfrage hin noch konkrete Erinnerungen an das zuerst bekannt gewordene Treffen. Er habe sich nur die Einschätzung von Herrn Olearius angehört. Dies habe mittlerweile auch die Presse bestätigt. Persönlich könne er über diese Schilderung hinaus nichts beitragen.
Er führte dort auch aus, dass er nach dem Gespräch keine Veranlassung gesehen habe, in ein laufendes Steuerverfahren einzugreifen. Auch schloss er konkrete Gespräche mit dem Finanzsenator mit Sicherheit aus.

Nun aber benutzt er permanent die Formulierung, er habe an keines der Treffen eine Erinnerung mehr. Um seine neue Strategie abzusichern und die Verheimlichung von drei Treffen zu begründen, betont er nun, dass alle bisherigen Schilderungen im Finanzausschuss auf der Medienberichterstattung beruhten, nicht seinen persönlichen Erinnerungen.
Damit will er offenbar vorbauen, falls das geheime Protokoll öffentlich werden sollte, wo er ja den Fehler gemacht hat, noch eine persönliche Erinnerung zu schildern.

Ich hatte bereits im Jahr 2020 beantragt, das geheime Protokoll zu entstufen, da das Steuergeheimnis nicht berührt sei. Zudem hatte Wolfgang Schmidt, auf ihren Vorwurf der Lüge hin, der aktuellen Familienministerin Lisa Paus entgegnet: „Sollen wir das Protokoll veröffentlichen?“ Das war eine willkommene Steilvorlage für mich. Doch außer den Grünen zog keine Fraktion mit. So dauerte es weitere drei Jahre, bis der Vorgang öffentlich wurde.

Von einem, der auszog, den Mächtigen das Fürchten zu lehren!

Die Warburg-Affäre zeigt, wie leicht sich führende Medien mit Nähe zur Macht um den Finger wickeln lassen, denn kaum eine führende Tageszeitung hat die Widersprüche von Scholz vor der Wahl konsequent aufgearbeitet.

Ich musste in meiner Rolle als stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Finanzpolitiker viele Details in einsamen Nachtstunden selbst herausarbeiten, weil meine Fraktion mich in der Ausschussarbeit weitgehend im Stich ließ. Und es gab ja noch mehr Themen: von Schuldenbremse über Steuerreformen, Geldwäsche oder Wirecard. Meine Mitarbeiter arbeiteten wie ich bis zur Erschöpfung. Meinen Sohn sah ich kaum noch, denn 16-Stunden-Arbeitstage waren das Minimum.
Meine Fraktion rollte regelmäßig mit den Augen, wenn ich schon wieder Cum-Ex auf die Tagesordnung des Parlaments setzen wollte. In den Informationsangeboten meiner Partei wurde ich dazu kaum berücksichtigt. Ich durfte zwar häufig im Parlament reden. Aber vor allem, weil mir meine Fraktion über weite Strecken der Legislaturperiode im Finanzausschuss nur geringe Unterstützung gewährte.

Dabei wussten Linke früher einmal, dass die Wirtschaft im Kapitalismus der Schlüssel zu Veränderungen ist. Dies gipfelte darin, dass ich im Wirecard-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages über weite Strecken keinen Stellvertreter hatte und so ohne echte Sommerpause ein Jahr lang fast die Hälfte der Woche nur drei Stunden schlief.
Während ich meine Gesundheit ruinierte, zogen andere die Strippen und fuhren meine Partei an die Wand. Diese Enttäuschung und die zuweilen sehr verlogene politische Konkurrenz führten maßgeblich zu meinem Rückzug aus der deutschen Politik.

Die Phrasen des Kanzlers

Scholz soll auf einer Matinee der Hamburger Wochenzeitung Die Zeit mit deren damaligen Herausgeber Josef Joffe im Oktober 2018 bekennen, Cum-Ex sei ein steuerpolitischer Skandal.
Bei Transparency International spricht er später gar von einer „Schweinerei!“. Herrn Olearius hat er dies offenbar nicht mitgeteilt.
Noch etwas ist bemerkenswert: In dem Video der Veranstaltung bekennt Scholz, dass es wohl nicht mehr möglich sei, die Cum-Ex-Tatbeute aus bestimmten Altfällen einzutreiben, da diese bereits verjährt sei.

Sein Adlatus Wolfgang Schmidt wird hingegen vor der Bundestagswahl unter Journalisten verbreiten, die Hamburger Finanzverwaltung hätte bereits 2016 gewusst, dass der spätere strafrechtliche Einzug der Cum-Ex-Tatbeute möglich sein werde.
Dies widerspricht nicht nur der öffentlichen Aussage seines Chefs, sondern auch den Hamburger Finanzbeamten selbst.
Warum hat dann Scholz später in der geheimen Sitzung bekräftigt, die Weisung des Bundesfinanzministeriums sei richtig gewesen, wenn Hamburg doch alles richtig gemacht hat?

Herr Joffe ließ später seine Herausgeberschaft von Die Zeit ruhen, da durch einen Brief, den er im Januar 2017 an Max Warburg adressierte, bekannt wurde, dass er den Banker vor den Recherchen der eigenen Redaktion frühzeitig gewarnt hat.
Ein Zitat aus dem Brief lautete: „In unserem Alter gilt: This is no time to fuck around with old friendships.“ Herr Scholz scheint bei seinen Gesprächspartnern, ob Olearius oder Joffe, eine glückliche Hand zu haben.

Herr Scholz ist nunmehr Bundeskanzler, und ich bin wieder ein einfacher Staatsbürger. Dass er trotz seiner Lügen Kanzler wurde, hat weniger mit seiner politischen Leistung als mit der Schwäche seiner Konkurrenz zu tun.

Wie wir durch die Warburg-Affäre Milliarden sicherten

Doch auf eines bin ich heute stolz: Durch einen mutigen Richter und später auch politischen Druck auf die Gesetzgebung wurde es ermöglicht, dass auch steuerlich verjährte Tatbeute noch im Strafprozess eingezogen werden kann.
Die Cum-Ex-Tatbeute kann daher noch gerettet werden. Dies war aber zum Zeitpunkt der Causa Warburg in Hamburg noch nicht absehbar. Es bedurfte erheblichen politischen Drucks und einen Kanzlerwahlkampf, um Olaf Scholz als Finanzminister dazu zu bewegen, auch die rückwirkende Einziehung von steuerlich verjährter Cum-Ex-Tatbeute durch Vermögensabschöpfung dauerhaft rechtlich abzusichern.
Scholz hatte nämlich im Windschatten des Corona-Konjunkturpakets in einer Nacht- und Nebelaktion ein Gesetz eingebracht, das die strafrechtliche Einziehung steuerlich verjährter Cum-Ex-Tatbeute auf sichere Füße stellen sollte.
Jedoch wurde in das Gesetz ein Passus aufgenommen, der besagte, dass dies nicht rückwirkend erfolgen könne. Als ich in einem morgendlichen Briefing der Finanzpolitiker vor der Debatte um das Corona-Konjunkturpaket kritisch nachfragte, warum dies erforderlich sei, entgegnete das Finanzministerium, dies sei verfassungsrechtlich nicht anders möglich.
Später schürten Verfassungsrechtler wie Professor Killian Wegner an dieser Aussage Zweifel. Ich holte ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages ein, das die Zweifel von Wegner unterstützte.
Scholz wurde nun verdächtigt, die Cum-Ex-Banken (erneut?) zu schonen. Der investigative Journalist des Westdeutschen Rundfunks, Massimo Bognanni, der neben Schröm und Hollenstein zu den führenden Cum-Ex-Reportern des Landes zählte, verschaffte der komplizierten Gesetzesmaterie durch Berichterstattung die nötige Aufmerksamkeit.

Das Gesetz konnten wir im Bundestag und Bundesrat durch eine lagerübergreifende Koalition, etwa des ehemaligen Justizministers von Nordrhein-Westfalen Peter Biesenbach (CDU) und meiner Wenigkeit, erheblich verbessern und die Stichtagsregelung streichen. Es war dem Druck der Warburg-Affäre zu verdanken, dass Scholz das Gesetz korrigieren musste und die Staatsanwaltschaften nunmehr genug Zeit erhalten, um die Tatbeute zu sichern.
Auch wenn der grüne Justizminister von Nordrhein-Westfalen der mutigen Kölner Cum-Ex-Staatsanwältin Anne Brorhilker die personelle Unterstützung durch erfahrene Ermittler vorenthält, die für die Jahrhundertprozesse gegen Banken und Fonds nötig wäre.

Die Streichung des Rückwirkungsverbotes bei der Abschöpfung von Cum-Ex-Tatbeute war der größte Erfolg meiner parlamentarischen Karriere. Es hat Milliarden gerettet.
Viele Bürgerinnen und Bürger mögen über die Politik zu Recht enttäuscht sein. Heute kann ich guten Gewissens sagen, dass ich die Kosten meiner Bundestagsdiät mit diesem Engagement wieder hereingespielt haben dürfte.
Auch wenn die Aufklärung über die Warburg-Affäre von parteipolitischen Spielchen und einer großen Portion Verlogenheit gekennzeichnet ist: Allein für diesen Erfolg hat es sich gelohnt, um die Wahrheit zu kämpfen!

Fabio De Masi war zwischen 2014 und 2017 Mitglied des Europäischen Parlaments und zwischen 2017 und 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages für Hamburg. und machte sich dort bei der Aufklärung von Finanzskandalen – etwa um den Zahlungsdienstleister Wirecard – einen Namen.
Er trat 2021 nicht erneut für den Bundestag an und arbeitet seither an einem Buch über seine Rolle bei der Aufklärung von Finanzskandalen, das im Frühjahr 2024 beim Rowohlt-Verlag erscheinen wird.
Er ist Kolumnist bei der Berliner Zeitung.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

Zum 10. Todestag von Hugo Chavez: Wegbereiter für eine multipolare Welt

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Aus der Neuen Rheinischen Zeitung http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=28513
Von Elke Zwinge-Makamizile

Am 5. März 2023 war der 10. Todestag von Hugo Chavez. Er wurde nur 59 Jahre alt. Es gab Stimmen, die einen natürlichen Tod bezweifelten, so Evo Morales und Eva Golinger: „Chavez forderte die mächtigsten Interessen heraus und beugte sich nicht. Ich glaube, dass er mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ermordet wurde.“ *)
1989 gehörte Chavez zu der Gruppe von Militärs, die die neoliberale Ausbeutung und große Verelendung, gefördert durch den IWF, bekämpfte. Chavez war führend beim blutig niedergeschlagenen Aufstand Caracazo. Er wurde verhaftet. Unter politischem Druck freigelassen, konnte er 1998 mit großer Mehrheit zum Staatspräsidenten gewählt werden. In Venezuela begann der Aufbruch zum Sozialismus des 21. Jahrhunderts.
In Europa fielen die Bomben im völkerrechtswidrigen NATO-Krieg gegen Jugoslawien, ein Türöffner für weitere Kriege. Chavez erste Amtshandlung war die Einbeziehung der Bevölkerung in die Gstaltung einer neuen Verfassung als Grundlage einer neuen gesellschaftlichen Realität.
In einer nie vorher gekannten Partizipation der einfachen Bevölkerung, die ihre Würde zurückbekam, wurde über ein Referendum die Verfassung der Bolivarischen Republik Venezuela im Jahre 2000 verabschiedet. Damit war der erste Schritt zur Abkoppelung von den USA, die Lateinamerika als ihren Hinterhof betrachtete und behandelte, vollzogen.
Der Bezug auf Simon Bolivar, Freiheitskämpfer für ein vereintes Lateinamerika gegen die spanische Kolonialmacht, wurde zum Programm einer Entkolonialisierung gegen die Vorherrschaft der USA.
Die USA hat über 100 Interventionen in Lateinamerika durchgeführt, darunter der Putsch gegen die sozialistische Regierung Chiles, auch den Putschversuch gegen Chavez 2002. Es gibt über 40 US-Militärstützpunkte allein in diesem Subkontinent. In der Regierungszeit von Hugo Chavez kamen weitere US-Militärstützpunkte um Venezuela herum (in Kolumbien) hinzu.

Das Programm eines Sozialismus des 21. Jahrhunderts nahm unter Hugo Chavez Gestalt an. Die Armutsrate wurde heruntergefahren. Es erfolgte eine Alphabetisierung mit der Unterstützung Cubas.
Die Unesco bescheinigte große Fortschritte bei den Milleniumszielen. Die in der Verfassung verankerten partizipativen demokratischen Rechte und Arbeitsrechte wurden schrittweise realisiert.

2004 gründeten Venezuela und Cuba die Bolivarianische Allianz für die Völker unseres Amerika (ALBA). Es war die Alternative zu der von den USA geplanten gesamtamerikanischen Freihandelszone ALCA. ALBA ist ein Bündnis neuartiger wirtschaftlicher Beziehungen durch Kompensationabkommen. Kulturelle und politische Kooperationen werden zur gegenseitigen Stärkung ausgebaut.
Es entstehen neue Finanzstrukturen mit regionaler eigener Währung (der Sucre) und staatlich kontrollierte Banken.
Die Bank des Südens war Vorreiter der später mit den BRICS-Staaten vorangetriebenen Entwicklungsbanken wie die AIIB mit dem Projekt der Neuen Seidenstraße.

Das ALBA-Bündnis umfasste die fortschrittlichen Länder Bolivien, Nicaragua, Ecuador und Honduras (bis zum US-Putsch) und mehrere karibische Inselstaaten. Mit den BRICS-Staaten und der Shanghai-Kooperation entstand ein bedeutendes Gegengewicht zur unipolaren Welt der USA.
Die von den USA dominierte OAS (Organisation Amerikanischer Staaten) verlor mit dieser globalen Entwicklung bedeutend an Einfluss.

Eine der letzten Amtshandlungen Hugo Chavez war die Gründung von CELAC (Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten) als souveräne Organisation der lateinamerikanischen und karibischen Staaten, ohne die USA und Kanada, eine Alternative zur OAS. Die Länder entscheiden laut Satzung souverän über ihre natürlichen Ressourcen und ihre Politik.
Auftrag ist die Bekämpfung von Armut und Hunger, Verzicht auf Nutzung von Atomwaffen und Ablehnung von politischen und militärischen Interventionen von außen (alles Punkte, die sich auch in der Verfassung Venezuelas finden).

CELAC erklärt Lateinamerika zur Zone des Friedens! Nach einer Zeit der Inaktivität ist mit den globalen Verschiebungen der Kräfteverhältnisse zugunsten einer Kooperation zwischen den Ländern des Südens durch die Zusammenarbeit mit China auch eine Neubelebung von CELAC erfolgt. Die Sanktionen gegen Venezuela und Cuba werden abgelehnt.
Es ist bekannt, dass diejenigen Staaten, die sich der unipolaren Welt, den USA und NATO-Ländern widersetzen wie Cuba, Venezuela, Syrien, Iran, Nordkorea, Belarus und seit 2022 insbesondere Russland mit völkerrechtswidrigen Sanktionen bestraft werden. Zentraler Begriff beim Treffen von CELAC in Buenos Aires dieses Jahr ist die Multipolarität. Die Prinzipien von Nichteinmischung und Selbstbestimmung sind seit der Konferenz von Bandung 1955 völkerrechtliche Prinzipien zur Entkolonialisierung, auch wenn die einzelnen Staaten recht unterschiedliche gesellschaftspolitische Vorstellungen und auch Abhängigkeiten von den USA bedienen.

Noch einmal zu Cuba und Venezuela, zu Hugo Chavez und Fidel Castro! Ihre langjährigen politischen und persönlichen Erfahrungen führten zu den gemeinsamen Erkenntnissen, dass es keine kriminelle Tat gibt, die nicht von den mächtigsten Kräften der USA ausgeführt werden würde, wenn es möglich ist, um im Interesse bestimmter Mächtiger zum Ziel zu kommen.
Zur Zeit der Corona-Plandemie gab es vermutlich mehrere Präsidentenmorde. Und auch die Zerstörung von Nordstream ist ein aktuelles Beispiel.

Gegen die dunklen Kräfte ist Hugo Chavez mit vielen anderen Lebenden und Toten auf diesem Subkontinent ein Leuchtturm für die sich emanzipierenden Staaten und deren Bevölkerungen.
Auch wenn die einheimischen Eliten vernetzt mit den Eliten des Nordens dagegen stehen.

Hugo Chavez unkorrumpierbare politische und moralische Stärke speiste sich unter anderem aus der Anklage: „Der Kapitalismus ist eine höllische Maschine, die jede Minute eine beeindruckende Menge an Armen produziert, 26 Millionen Arme in 10 Jahren sind 2,6 Millionen pro Jahr an neuen Armen, das ist der Weg, auch der Weg zur Hölle.“

Hugo Chavez hat mit der Gründung von ALBA einen bedeutenden Anteil an der wiederbelebten Integration Lateinamerikas und der Karibik im Sinne einer Unabhängigkeitsbewegung gegen die Dominanz des Nordens. Die Süd-Süd-Kooperationen mit neuen Strukturen auf allen Ebenen dynamisierten die Entwicklung der multipolaren Welt.

Dokumentarfilm „Venezuela in guter Verfassung“ von Elke Zwinge-Makamizile
https://youtu.be/fWh3mImekTE

Siehe auch:

Die EU-Verfassung und die Verfassung der Bolivarischen Republik Venezuela – Zwei unterschiedliche Einstellungen zum Menschen
http://www.ag-friedensforschung.de/themen/Europa/verf/zwinge.html

*: Die schwere Krebserkrankung Chavez‘ ist gut dokumentiert, leider finde ich den Link nicht mehr.

Zu diesem Thema hier schon 2 ältere Einträge:
https://josopon.wordpress.com/2020/12/25/venezuela-die-boykottierte-parlamentswahl-der-angekundigte-wirtschaftliche-wiederaufbau-und-das-ende-der-juan-guaido-fiktion/

und

https://josopon.wordpress.com/2019/02/28/faktencheck-venezuela-was-in-deutschen-medien-uber-das-sudamerikanische-land-verbreitet-wird-und-wie-es-tatsachlich-aussieht-ein-staatschef-aus-dem-regime-change-labor/
Jochen

Wikipedia-Meute hetzte gegen Clemens Arvay – der österreichische Waldbiologe wählte den Freitod

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Clemens Arvay +In den letzten Wochen sind einige Nachrufe für Clemens Arvay erschienen, von denen ich den von Boris Reitschuster hier deshalb verbreite, weil dieser Autor nicht in irgendeine Schublade zu stecken ist.
Ich habe 2020 ein Buch von Arvay über die Gefahren des Corona-Virus und der mRNA-Impfstoffe gekauft und auch hier darüber berichtet:
https://josopon.wordpress.com/2020/11/28/genetische-impfstoffe-gegen-covid-19-hoffnung-oder-risiko/
Seine damaligen Warnungen haben sich leider bewahrheitet, aber von Anfang an hat die von der Pharmaindustrie finanzierte Meute der Impfpropagandisten ihn angefeindet, ihn als Hochstapler verleudet, ihm seine akademischen Qualifikationen abgesprochen und an seinen Arbeitsstätten verleumdet. So, wie es dieser Mob eben macht, auch z.B. bei Markus Fiedler oder Daniele Ganser. Siehe https://www.youtube.com/watch?v=5rGcQLwv4hM
Nur gut, dass ich schon in Rente bin, die mir diese Brut nicht streitig machen kann.
Mittlerweile habe ich mir das Buch gekauft, mit dem er bekannt geworden ist: „Der Biophilia-Effekt“, über die Gesundheitswirkungen des Waldes auf den Menschen, s.u.
Das Buch gefällt mir ausgezeichnet, weil er einereits regelmäßig auf die Originalartikel in seriösen Zeitschriften verweist, auf die er seine Aussagen stützt – andererseits aber mit viel Empathie und Lebensgefühl schreibt und dabei einen warmen Optimismus vermittelt. Nur schade, dass dieser für ihn selber nicht mehr ausgereicht hat, angesichts der ständigen Kränkungen und ANfeindungen.
Und hier nun auszugsweise Boris Reitschuster:

„Es war eine Hinrichtung. Er war vollkommen verzweifelt“

Der Freitod von Clemens Arvay – die Geschichte einer Menschenjagd

Der Tod von Clemens G. Arvay hat viele Menschen aufgewühlt – auch mich. Der Wissenschaftler, der durch seine Kritik an der „Impfung“ genannten Gentherapie gegen das Corona-Virus bekannt wurde, hatte mit seiner sympathischen und offenen Art und seinem Mut einen Platz in den Herzen vieler Menschen gewonnen. Der Vater eines kranken, kleinen Sohnes wurde nur 42 Jahre alt. Über den Tod des charismatischen Wissenschaftlers habe ich mit dem Psychiater Raphael Bonelli gesprochen, der in einem engen Austausch mit Arvay stand. Bonelli macht die Hetze gegen Arvay in den Medien, in den sozialen Netzwerken und auch auf Wikipedia für die Entscheidung Arvays zum Freitod verantwortlich. Er berichtet auch von einer Art Abschiedsbrief, den der 42-Jährige hinterlassen hat: Einen Zettel, der in seinem Rucksack war.

„Er hat sich bei mir lange, über ein Jahr immer bei Whatsapp ausgeweint und ich konnte beobachten, wie dieser Mann immer mehr verzweifelt. Weil er ursprünglich ein gefeierter Experte war, vor Corona, wurde besonders hofiert, eher von den linken Medien, er hat sich selber als Linker identifiziert, hat sich stark gemacht gegen Antisemitismus, eine honore Persönlichkeit“, berichtet der Psychiater: „Es war eine unglaublich hasserfüllte Hetze.“ Weil er Arvay an sein Institut zu einem Vortrag eingeladen hatte, habe er selbst böse Briefe bekommen.

‚Tief verletzt‘

Von September 2020 bis September 2021 konnte er merken, „wie hier ein Mensch zerstört worden ist“, erzählt Bonelli: „Am Ende war er tief verletzt, am Ende fast paranoid, hat Feind von Freund nicht mehr unterscheiden können, er war vollkommen verzweifelt.“ Das habe er auch in dem Zettel geschrieben, der nach seinem Tod in seinem Rucksack gefunden wurde: „Er war verzweifelt über das, was über ihn gesagt wurde, empfand sich als völlig hilflos“, angesichts dessen, was alles geschrieben wurde.
„Ich bin wirklich ein Zeuge dafür, was alles Grausiges passiert ist um diesen Mann.“
Unter anderem wurden seine Universitäten mit Denunziations-Schreiben überhäuft – was dazu führte, dass er eine Doktoranden-Stelle nicht antreten konnte.

Das bittere Fazit von Bonelli: „Es war eine Hinrichtung. Es war eine Steinigung. Jeder hat einen Stein geworfen, der eine kleiner, der andere größer, keiner dieser Steine bringt um. Aber die Fülle der Steine, die können einen Menschen einfach erledigen. Das ist passiert beim Clemens.“
Vor allem die „Verewigung“ der Hetze auf Wikipedia habe ihn verzweifeln lassen.

Hier geht es direkt zu dem Video-Interview.

PS: Unterstützen können Sie den achtjährigen Sohn von Clemens Arvay durch eine Überweisung an Rosa Maria Arvay. Bank Austria, AT02 1200 0100 2724 0307 (BIC: BKAUATWW) – bitte unbedingt den Vermerk „für Jonny“ angeben.
Hier finden Sie die Hintergründe der Spendenaktion: https://youtu.be/QH8fJ9Z8DRQ

PPS: Bitter finde ich auch, dass viele großen deutschen Medien zu dem Tod Arvays schweigen. Dieselben Medien, die im Sommer 2022 groß über den Selbstmord der österreichischen Ärztin und Impf-Aktivistin Lisa-Maria Kellermayr berichtet und für diesen Impfkritiker verantwortlich gemacht haben. Selbst die Tagesschau berichtete damals groß. Sie sei in den Tod gehetzt worden, so der Konsens und die Anklage der großen Medien damals.
Arvay ist ihnen dagegen kein Wort wert. Manche Medien und Nutzer in den sozialen Medien hetzten auch über den Tod hinaus weiter ( https://reitschuster.de/post/impfkritiker-clemens-g-arvay-42-tot/).

Impfkritiker Clemens G. Arvay (42) tot

„Extremst gelitten“ unter Hetze – Psychiater: „Wikipedia-Macher töten!“

Clemens G. Arvay ist tot. Wie das Portal „report24.news“ jetzt berichtet, setzte der Wissenschaftler, der durch seine Kritik an der „Impfung“ genannten Gentherapie gegen das Corona-Virus bekannt wurde, am 18. Februar 2023 seinem Leben ein Ende.
Der Vater eines Sohnes wurde nur 42 Jahre alt. „Als er mit wissenschaftlicher Akribie schon früh die verfügbaren Studien zu den so genannten mRNA-Impfungen analysiert und öffentlich präsentiert hatte, wurde er zum Opfer einer unsäglichen Hasskampagne“, schreibt das Portal: „Dem Absolventen der renommierten BOKU Wien wurde unter anderem auf Wikipedia vorgeworfen, er habe als bloßer ‘Landschaftsgärtner‘ keine Ahnung vom Immunsystem.“

Hintergrund der Diffamierung ist Unwissen: Offenbar glaubten die Hetzer, bei der „University of Natural Resources and Life Sciences“, auf Deutsch „BOKU“, handle es sich um eine Uni, an der „Landschaftsgärtnerei“ unterrichtet würde, so „report24.news“: „Vor allem ein linksradikal motivierter Mob auf Wikipedia, der sich hauptsächlich hinter Pseudonymen verbirgt, und der ‘Volksverpetzer‘ haben nach Kräften versucht, seine Reputation zu beschädigen.“

Arvay hatte unter anderem sehr früh Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zulassungen für die mRNA-Stoffe geäußert. Inzwischen verdichten sie die Anzeichen dafür, dass er mit seinen Bedenken Recht hatte.
Viele Menschen schrieben in ersten Reaktionen auf die Todesnachricht, dass sie sich wegen der Bedenken von Arvay gegen eine Spritze mit dem mRNA-Wirkstoff entschieden haben.

Anmerkung: Ich auch !

Das Portal schreibt weiter zum Tod des nachdenklichen Wissenschaftlers: „Die Nachricht vom Tod Arvays trifft all jene, die in ihm, seinen evidenzbasierten Herangehensweisen, seinem zurückhaltenden Wesen und seinem gesamten Wirken und Forschen ein Vorbild sahen, mit großer Wucht. Hilflos steht man neben dem Geschehen und weiß, dass man nichts davon wieder reparieren kann, nicht nachträglich jede Hilfe anbieten kann. Die Entscheidung Arvays war endgültig – die Last aus der Gesamtsituation heraus für ihn wohl unerträglich.“

Typischer Linker

Dabei stammte Buchautor Arvay eher aus „linken Kreisen“: Aus solchen, „denen Naturschutz, Umwelt und Tierschutz ein echtes Anliegen sind und nicht nur bloße Lippenbekenntnisse“, so „report24.news“.

„Wikipedia“, das längst von einer Online-Enzyklopädie zu einem Diffamierungsportal wurde, hetzt gegen den Wissenschaftler in der gewohnten Manier: „Ab 2020 trat Arvay mit ablehnenden Äußerungen zu den Maßnahmen gegen die COVID-19-Pandemie an die Öffentlichkeit und wurde zu einem der bekanntesten Impfskeptiker im deutschsprachigen Raum. Er fiel besonders durch irreführende Schlussfolgerungen über das Verhältnis zwischen Nutzen und Risiko der Corona-Impfstoffe auf.“

Die Verantwortlichen bei Wikipedia sollten sich einmal überlegen, was ihre Diffamierungen bei Menschen anrichten. Auch das via Gemeinnützigkeit vom Steuerzahler quersubventionierte Hetzportal „Volksverpetzer“, eine Art Kindergarten-Stasi im „Outsourcing“, hatte massiv gegen Arvay gehetzt. Es widmete ihm, wie vielen Regierungskritikern, ganze Diffamierungs-Artikel.
Mit Überschriften wie dieser – in Großbuchstaben im „Bild“-Stil: „ANTI-IMPFSTOFF-PROPAGANDA: WIE EUCH CGARVAY ÜBER MAILAB MANIPULIERT. WAS EUCH CLEMENS ARVAY VERSCHWEIGT.“
Früher wurde als Autor des Hetzbeitrages Jan Hegenberg genannt. Inzwischen steht nur noch „Volksverpetzer Team“ als Autor da.

Der Psychiater Raphael Bonelli, der Arvay persönlich kannte, sagt in einem Video zum Tod: „Er war sehr verzweifelt wegen der Medienkampagne, die gegen ihn gelaufen ist. Vor allem auf Wikipedia und von so manchen Medien wie Volksverpetzer oder Falter.“ Arvay habe „extrem darunter gelitten, wie er auf Wikipedia behandelt wird“. Er sei dort „in ein radikales Eck gebracht“ worden, ihm seien „immer wieder alle Qualitäten abgesprochen worden.“

Bonelli richtet einen Appell an diejenigen, die im Schutze der Anonymität bei Wikipedia über Menschen mit Klarnamen solche Dinge verbreiten: „Sie können töten! Sie töten damit! Sie bringen Menschen um. Das ist nicht nur bei Clemens Arvay so, sondern auch bei anderen Menschen, die ich kenne. Immer wieder hat er mich angerufen und hat geweint, wie Wikipedia ihn behandelt. Dieses pseudo-objektive Geschwafel von Menschen, die einfach andere Menschen kaputt machen wollen. Nur, weil er eine kritische Position zu Corona eingenommen hat, die sich als wahr herausgestellt hat“. Es handle sich um eine Katastrophe, so Bonelli: „Wir müssen umdenken. Diese Intoleranz, die wir in den letzten zwei, drei Jahren erlebt haben, ist tödlich. Und besonders die Hetze auf Wikipedia und von manchen Medien. Hören Sie auf damit! Nicht nur bei Clemens Arvay. Sondern auch bei vielen anderen Menschen!“

Besonders bitter und in meinen Augen unerträglich: Auf Twitter wird Arvay noch nach seinem Tod von rotgrünen Aktivisten mit Häme und Spott überzogen. Hier ein Beispiel, das mir die Sprache verschlagen hat:

Diese unerträgliche Hetze gegen einen Toten brachte es auf fast 5.000 Ansichten. Was sind das für Menschen, die so etwas veröffentlichen? Was läuft so falsch in unserer Gesellschaft, dass diejenigen, die sich für die besseren Menschen halten, auch nach dem Tod noch nachtreten gegen Andersdenkende?

Wenigstens gab es in den Kommentaren zu diesem Tweet Gegenwind.
Eine Nutzerin schreibt: „Diese Art von Öffentlichkeit hat Arvay mit in den Tod getrieben. Ihnen fehlt ein absolutes Mindestmaß an Anstand und Pietät. Sie sollten sich schämen.“ Ein anderer Nutzer schreibt: „Manchmal denkt man, man habe in alle Abgründe geschaut. Nach Deinem Tweet ist mir klar, es gibt immer abscheulichere.“ Ein weiterer Beitrag: „Wegen solchem Dreck hat er sich vermutlich umgebracht.“

Auch die Wiener Tageszeitung „Der Standard“, die Bonelli ebenfalls der Hetze gegen Arvay bezichtigt, betreibt in einem Bericht über den Selbstmord weiter ihr „Framing“ gegen den Verstorbenen. Und gegen Bonelli gleich mit.

„report24.news“ schreibt: „Wer dem sanften und freundlichen Menschen Clemens G. Arvay Ehre erweisen möchte, wird versuchen, seinen Zorn auf jene im Zaun zu halten, die ihm in den letzten Jahren so sehr unrecht getan haben. Man nehme sich an Arvays wissenschaftlichem Anspruch ein Vorbild: Immer bei den Fakten bleiben, immer selbstkritisch bleiben, Menschen, Tiere und Umwelt respektvoll und wertschätzend behandeln und dabei auch den Mut aufbringen, nach sorgfältiger Recherche das auszusprechen, was man als wahr herausgefunden hat.“

Das Portal kündigt an. „Es werden noch weitere Berichte und Recherchen folgen – im Speziellen werden wir die Rolle der systemtreuen und in Teilen linksextremen Hetzgesellschaft beleuchten, die ihn wohl in den Freitod getrieben hat. Zudem geschahen rund um seinen Todestag seltsame Dinge – seine Homepage ging offline und seine Videos zum Thema Corona verschwanden von YouTube. Wir werden diese Fragen für Sie aufklären.“

Tief empfundenes Mitgefühl

Ich werde mich dabei nach Kräften beteiligen. Mein tief empfundenes Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen, insbesondere dem Sohn von Arvay. Es fehlen einem die Worte, um auszudrücken, was man in solchen Momenten empfindet!

Bitter finde ich auch, dass die großen deutschen Medien zu dem Tod Arvays schweigen. Dieselben Medien, die im Sommer 2022 groß über den Selbstmord der österreichischen Ärztin und Impf-Aktivistin Lisa-Maria Kellermayr berichtet und für diesen Impfkritiker verantwortlich gemacht haben. Selbst die Tagesschau berichtete damals groß. Sie sei in den Tod gehetzt worden, so der Konsens und die Anklage der großen Medien damals. Arvay ist ihnen dagegen kein Wort wert.

Es ist zum Fremdschämen.

Und zum Heulen.

Arvays Tod sollten alle – auf allen Seiten der Barrikaden – zum Anlass nehmen, in sich zu gehen.
Und nicht nur selbst von Hass und Hetze Abstand zu nehmen – sondern auch denjenigen auf die Finger zu klopfen, die Hass und Hetze verbreiten. Egal von welcher Seite.
Meinungsverschiedenheiten müssen mit Respekt ausgefochten werden. Bei uns werden sie dagegen allzu oft ausgetragen im Geist der Religionskriege: „Und willst du nicht mein Bruder sein, so schlag ich dir den Schädel ein“. Diese Einstellung kann tödlich sein.

P.S.: Ich habe mich in diesem Fall entschieden, über das Thema Suizid zu berichten. Leider kann es passieren, dass depressiv veranlagte Menschen sich nach Berichten dieser Art in der Ansicht bestärkt sehen, dass das Leben wenig Sinn habe.
Sollte es Ihnen so ergehen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge. Hilfe finden Sie bei kostenlosen Hotlines wie
0800 1110111 oder 0800 3344533.

Hier ist das empfehlenswerte Buch von Clemens Arvay:

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Star-Journalist Seymour Hersh: Wie die USA Nord Stream gesprengt haben

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Thomas Röper hat den Artikel frisch, heute um 0:24 Uhr übersetzt:
https://www.anti-spiegel.ru/2023/die-details-werden-bekannt-wie-die-usa-nord-stream-gesprengt-haben/
Auszüge:
Seymour Hersh ist eine journalistische Legende, denn er hat bei der Aufdeckung der meisten Skandale der US-Regierung seit dem Vietnamkrieg mitgewirkt. Schon 1969 wurde er weltbekannt, als er während des Vietnamkriegs Kriegsverbrechen der US-Armee aufdeckte. 2004 publizierte er zum Folterskandal der US-Armee während des Dritten Golfkrieges im irakischen Abu-Ghuraib-Gefängnis, er war es, der als erster die wahre Geschichte über die Ermordung von Bin Laden veröffentlicht hat, er deckte politische Morde unter der Regierung von Bush und Obama auf, die Liste seiner Enthüllungen ist unglaublich lang.

Natürlich hat er sich damit keine Freunde gemacht, aber er scheint das sportlich zu sehen, denn er sagte dazu einmal:

„Es gab noch nie einen Präsidenten, der mich leiden konnte. Ich nehme es als Kompliment“

Das dürfte spätestens jetzt auch für Präsident Biden gelten, denn Hersh hat einen langen Artikel veröffentlicht, in dem er berichtet, wie die Biden-Regierung die Sprengung Nord Streams seit 2021 vorbereitet hat und wie dieser Akt von Staatsterrorismus umgesetzt wurde.

Ich habe diese Einleitung über Hersh geschrieben, weil ich darauf hinweisen will, dass Enthüllungen von Seymour Hersh ernst genommen werden sollten. Das gilt auch für diese über die Sprengung von Nord Stream.

Dass die USA hinter der Sprengung stecken, dürfte niemanden überraschen. Für mich ist die Geschichte von Hersh aber noch aus einem weiteren Grund ein Schock: Einige Wochen nach der Sprengung hat sich jemand bei mir gemeldet, der behauptet hat, Soldat bei dem Manöver BALTOPS 22 gewesen zu sein und der gesehen haben will, wie ausgesprochen arrogant aufgetretene Spezialtaucher aus den USA auf dem Kriegsschiff, auf dem er gedient hatte, genau am Ort der späteren Sprengung das Anbringen von Minen „geübt“ hätten.
Diese Taucher seien zu seinem Schiff gebracht worden, nur für die „Übung“ im Bereich der Pipelines an Bord gewesen, hätten den Kontakt mit allen anderen Besatzungsmitgliedern gemieden, und seien dann wieder mit dem Hubschrauber abgeholt worden. Nach der Explosion der Pipelines einige Wochen später war er sich sicher, dass das die Männer waren, die die Sprengladungen angebracht hatten.
Leider konnte er für seine Geschichte keine Belege liefern und wollte anonym bleiben, weshalb ich nicht darüber berichtet habe, denn er konnte mir nicht Belastbares geben. Aufgrund einer Geschichte von jemandem, der seine Identität nicht preisgibt und keine Belege für seine Geschichte liefern kann, schreibe ich natürlich keinen Artikel.
Nach dem Artikel von Hersh bin ich jedoch sicher, dass dieser Informant, der sich damals bei mir gemeldet hat, die Wahrheit gesagt hat, weil seine Geschichte exakt zu dem passt, was Hersh veröffentlicht hat.

Ich habe den Artikel von Hersh komplett übersetzt. Seinen Originalartikel finden Sie hier. Im Anschluss an die Übersetzung habe ich noch die ersten Reaktionen der US-Regierung auf den Artikel von Hersh zusammengestellt.

Beginn der Übersetzung:

Wie Amerika die Nord Stream-Pipeline ausgeschaltet hat

Die New York Times nannte es ein „Mysterium“, aber die USA haben eine verdeckte Seeoperation durchgeführt, die geheim gehalten wurde – bis jetzt

Das Tauch- und Bergungszentrum der US-Marine befindet sich an einem Ort, der so obskur ist wie sein Name – an einem ehemaligen Feldweg im ländlichen Panama City, einer heute boomenden Ferienstadt in Florida, 70 Meilen südlich der Grenze zu Alabama.
Der Komplex des Zentrums ist so unscheinbar wie sein Standort – ein trister Betonbau aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, der an eine Berufsschule im Westen Chicagos erinnert. Auf der anderen Seite der heute vierspurigen Straße befinden sich ein Münzwaschsalon und eine Tanzschule.

Das Zentrum bildet seit Jahrzehnten hochqualifizierte Tiefseetaucher aus, die einst amerikanischen Militäreinheiten auf der ganzen Welt zugeteilt waren. Sie sind in der Lage, technische Tauchgänge durchzuführen, um sowohl das Gute zu tun – C4-Sprengstoff zu verwenden, um Häfen und Strände von Trümmern und nicht explodierten Sprengkörpern zu befreien – als auch das Schlechte, wie das Sprengen ausländischer Ölplattformen, das Verschmutzen von Einlassventilen für Unterwasserkraftwerke und die Zerstörung von Schleusen an wichtigen Schifffahrtskanälen.
Das Zentrum in Panama City, das über das zweitgrößte Hallenbad Amerikas verfügt, war der perfekte Ort, um die besten und wortkargsten Absolventen der Tauchschule zu rekrutieren, die im vergangenen Sommer erfolgreich das taten, wozu sie 260 Fuß (ca. 85 Meter) unter der Oberfläche der Ostsee befugt gewesen waren.

Im vergangenen Juni brachten die Marinetaucher im Rahmen eines weithin bekannten NATO-Sommermanövers namens BALTOPS 22 die fernausgelösten Sprengsätze an, die drei Monate später drei der vier Nord-Stream-Pipelines zerstörten, so eine Quelle mit direkter Kenntnis der Einsatzplanung.

Zwei der Pipelines, die unter dem Namen Nord Stream 1 bekannt sind, haben Deutschland und weite Teile Westeuropas seit mehr als einem Jahrzehnt mit billigem russischen Erdgas versorgt. Ein zweites Paar von Pipelines, Nord Stream 2 genannt, war bereits gebaut, aber noch nicht in Betrieb. Nun, da sich russische Truppen an der ukrainischen Grenze sammelten und der blutigste Krieg in Europa seit 1945 drohte, sah Präsident Joseph Biden in den Pipelines ein Mittel für Wladimir Putin, Erdgas für seine politischen und territorialen Ambitionen zu instrumentalisieren.
Adrienne Watson, eine Sprecherin des Weißen Hauses, antwortete auf Anfrage dazu in einer E-Mail: „Das ist falsch und völlig frei erfunden.“ Tammy Thorp, eine Sprecherin der CIA, schrieb ebenfalls: „Diese Behauptung ist komplett und völlig falsch.“

Bidens Entscheidung, die Pipelines zu sabotieren, kam nach mehr als neun Monaten streng geheimer Debatten innerhalb der nationalen Sicherheitscommunity in Washington darüber, wie dieses Ziel am besten zu erreichen sei. Die meiste Zeit über ging es nicht um die Frage, ob die Mission durchgeführt werden sollte, sondern darum, wie sie durchgeführt werden konnte, ohne dass bekannt wird, wer dafür verantwortlich war.

Es gab einen wichtigen bürokratischen Grund, sich auf die Absolventen der Tauchschule des Zentrums in Panama City zu verlassen. Die Taucher gehörten ausschließlich der Marine an und nicht dem amerikanischen Kommando für Sondereinsätze, dessen verdeckte Operationen dem Kongress gemeldet und der Führung des Senats und des Repräsentantenhauses – der so genannten Gang of Eight – im Voraus mitgeteilt werden müssen. Die Biden-Administration tat alles, um undichte Stellen zu vermeiden, als die Planung Ende 2021 und in den ersten Monaten des Jahres 2022 stattfand.

Präsident Biden und sein außenpolitisches Team – der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan, Außenminister Tony Blinken und Victoria Nuland, die Unterstaatssekretärin für Politik – hatten sich klar und deutlich gegen die beiden Pipelines ausgesprochen, die von zwei verschiedenen Häfen im Nordosten Russlands nahe der estnischen Grenze Seite an Seite auf einer Länge von 750 Meilen unter der Ostsee hindurch verlaufen und an der dänischen Insel Bornholm vorbeiführen, bevor sie in Norddeutschland enden.

Die direkte Route, die den Transit durch die Ukraine umging, war ein Segen für die deutsche Wirtschaft, die in den Genuss eines Überflusses an billigem russischem Erdgas kam – genug, um ihre Fabriken zu betreiben und ihre Häuser zu heizen, während die deutschen Verteilerunternehmen überschüssiges Gas mit Gewinn in ganz Westeuropa verkaufen konnten. Maßnahmen, die auf die US-Regierung zurückgeführt werden könnten, würden gegen das Versprechen der USA verstoßen, den direkten Konflikt mit Russland zu minimieren. Geheimhaltung war unerlässlich.

Von Anfang an wurde Nord Stream 1 von Washington und seinen anti-russischen NATO-Partnern als Bedrohung der westlichen Vorherrschaft angesehen. Die dahinter stehende Holdinggesellschaft, die Nord Stream AG, wurde 2005 in der Schweiz in Partnerschaft mit Gazprom gegründet. Gazprom ist ein börsennotiertes russisches Unternehmen, das enorme Gewinne für seine Aktionäre erwirtschaftet und von Oligarchen beherrscht wird, von denen bekannt ist, dass sie im Bannkreis Putins stehen.
Gazprom kontrollierte 51 Prozent des Unternehmens, während sich vier europäische Energieunternehmen – eines in Frankreich, eines in den Niederlanden und zwei in Deutschland – die restlichen 49 Prozent der Aktien teilten und das Recht hatten, den nachgelagerten Verkauf des preiswerten Erdgases an lokale Verteiler in Deutschland und Westeuropa zu kontrollieren. Die Gewinne von Gazprom wurden mit der russischen Regierung geteilt, und die staatlichen Gas- und Öleinnahmen machten in manchen Jahren schätzungsweise bis zu 45 Prozent des russischen Jahreshaushalts aus.

Amerikas politischen Befürchtungen waren real: Putin würde nun über eine zusätzliche und dringend benötigte wichtige Einnahmequelle verfügen, und Deutschland und das übrige Westeuropa würden von preiswertem, aus Russland geliefertem Erdgas abhängig werden – und gleichzeitig die Abhängigkeit Europas von Amerika verringern.
Tatsächlich ist genau das passiert. Viele Deutsche sahen Nord Stream 1 als Teil der Erlösung der berühmten Ostpolitik des ehemaligen Bundeskanzlers Willy Brandt, die es Nachkriegsdeutschland ermöglichen würde, sich selbst und andere europäische Nationen, die im Zweiten Weltkrieg zerstört worden waren, zu rehabilitieren, indem es unter anderem billiges russisches Gas als Treibstoff für einen florierenden westeuropäischen Markt und eine florierende Handelswirtschaft nutzen würde.

Nord Stream 1 war nach Ansicht der NATO und Washingtons schon gefährlich genug, aber Nord Stream 2, dessen Bau im September 2021 abgeschlossen wurde, würde, wenn die deutschen Aufsichtsbehörden zustimmen, die Menge an billigem Gas verdoppeln, die Deutschland und Westeuropa zur Verfügung stehen würde. Die zweite Pipeline würde außerdem genug Gas für mehr als 50 Prozent des jährlichen Verbrauchs in Deutschland liefern. Die Spannungen zwischen Russland und der NATO eskalierten ständig, unterstützt durch die aggressive Außenpolitik der Biden-Administration.

Der Widerstand gegen Nord Stream 2 flammte vor der Amtseinführung Bidens im Januar 2021 auf, als die Republikaner im Senat, angeführt von Ted Cruz aus Texas, während der Anhörung zur Bestätigung Blinkens als Außenminister wiederholt die politische Bedrohung durch billiges russisches Erdgas ansprachen. Bis dahin hatte ein geeinter Senat erfolgreich ein Gesetz verabschiedet, das, wie Cruz zu Blinken sagte, „[die Pipeline] in ihrem Lauf aufhielt“. Die deutsche Regierung, die damals von Angela Merkel geführt wurde, übte enormen politischen und wirtschaftlichen Druck aus, um die zweite Pipeline in Betrieb zu nehmen.

Würde Biden den Deutschen die Stirn bieten? Blinken bejahte dies, fügte aber hinzu, dass er die Ansichten des neuen Präsidenten nicht im Einzelnen erörtert habe. „Ich kenne seine feste Überzeugung, dass Nord Stream 2 eine schlechte Idee ist“, sagte er. „Ich weiß, dass er möchte, dass wir alle uns zur Verfügung stehenden Überzeugungsmittel einsetzen, um unsere Freunde und Partner, einschließlich Deutschland, davon zu überzeugen, das Projekt nicht weiterzuverfolgen.“

Einige Monate später, als der Bau der zweiten Pipeline kurz vor dem Abschluss stand, lenkte Biden ein. Im Mai verzichtete die US-Regierung in einer erstaunlichen Kehrtwende auf Sanktionen gegen die Nord Stream AG, wobei ein Beamter des Außenministeriums einräumte, dass der Versuch, die Pipeline durch Sanktionen und Diplomatie zu stoppen, „schon immer aussichtslos“ gewesen sei.
Hinter den Kulissen drängten Beamte der Regierung Berichten zufolge den ukrainischen Präsidenten Wladimir Selensky, der zu diesem Zeitpunkt von einer russischen Invasion bedroht war, dazu, den Schritt nicht zu kritisieren.

Das hatte sofortige Folgen. Die Republikaner im Senat, angeführt von Cruz, kündigten eine sofortige Blockade aller von Biden nominierten Kandidaten für Außenpolitik an und verzögerten die Verabschiedung des jährlichen Verteidigungshaushaltes über Monate hinweg bis tief in den Herbst hinein. Politico bezeichnete Bidens Kehrtwende in Bezug auf die zweite russische Pipeline später als „die eine Entscheidung, die Bidens Agenda wohl noch mehr gefährdet hat, als der chaotische militärische Rückzug aus Afghanistan.“

Die Regierung geriet ins Trudeln, obwohl sie Mitte November einen Aufschub in der Krise erhielt, als die deutschen Energieregulierungsbehörden die Genehmigung für die zweite Nord Stream-Pipeline aussetzten. Die Erdgaspreise stiegen innerhalb weniger Tage um 8 Prozent, da in Deutschland und Europa die Befürchtung wuchs, dass die Aussetzung der Pipeline und die wachsende Möglichkeit eines Krieges zwischen Russland und der Ukraine zu einem sehr unerwünschten kalten Winter führen könnten. In Washington war nicht klar, wo Olaf Scholz, der neu ernannte deutsche Bundeskanzler, steht. Monate zuvor, nach dem Fall Afghanistans, hatte Scholz in einer Rede in Prag öffentlich die Forderung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron nach einer eigenständigeren europäischen Außenpolitik unterstützt – ein klarer Hinweis darauf, dass man sich weniger auf Washington und dessen unberechenbares Handeln verlassen sollte.

Während dieser ganzen Zeit hatten sich die russischen Truppen an den Grenzen der Ukraine stetig und bedrohlich verstärkt, und Ende Dezember waren mehr als 100.000 Soldaten in der Lage, von Weißrussland und der Krim aus anzugreifen. In Washington wuchs die Besorgnis, und Blinken schätzte, dass diese Truppenstärke „in kurzer Zeit verdoppelt werden könnte“.

Die Aufmerksamkeit der Regierung richtete sich wieder einmal auf Nord Stream. Solange Europa von den Pipelines für billiges Erdgas abhängig blieb, befürchtete Washington, dass Länder wie Deutschland zögern würden, die Ukraine mit dem Geld und den Waffen zu versorgen, die sie brauchte, um Russland zu besiegen.

In diesem unruhigen Moment beauftragte Biden Jake Sullivan, eine ministerien-übergreifende Gruppe zusammenzustellen, die einen Plan ausarbeiten sollte.

Alle Optionen sollten auf den Tisch gelegt werden. Aber nur eine würde sich durchsetzen.

PLANUNG

Im Dezember 2021, zwei Monate bevor die ersten russischen Panzer in die Ukraine rollten, berief Jake Sullivan eine Sitzung einer neu gebildeten Arbeitsgruppe ein – Männer und Frauen aus den Stabschefs, der CIA, dem Außen- und dem Finanzministerium – und bat sie um Empfehlungen, wie auf Putins bevorstehende Invasion zu reagieren sei.

Es war das erste einer Reihe von streng geheimen Treffen in einem sicheren Raum im obersten Stockwerk des Old Executive Office Building, das an das Weiße Haus angrenzt und in dem auch das President’s Foreign Intelligence Advisory Board (PFIAB) untergebracht war. Es gab das übliche Hin- und Hergerede, das schließlich zu einer entscheidenden Vorfrage führte: Würde die Empfehlung, die die Gruppe dem Präsidenten übermittelte, reversibel sein – wie eine weitere Schicht von Sanktionen und Devisenbeschränkungen – oder irreversibel – also kinetische Aktionen, die nicht rückgängig gemacht werden könnten?

Den Teilnehmern wurde laut der Quelle mit direkter Kenntnis des Prozesses klar, dass Sullivan beabsichtigte, dass die Gruppe einen Plan für die Zerstörung der beiden Nord-Stream-Pipelines ausarbeiten sollte – und dass er die Wünsche des Präsidenten übermittelte.

In den folgenden Sitzungen erörterten die Teilnehmer die Optionen für einen Angriff. Die Marine schlug vor, ein neu in Dienst gestelltes U-Boot einzusetzen, um die Pipeline direkt anzugreifen. Die Luftwaffe diskutierte den Abwurf von Bomben mit verzögertem Zünder, die aus der Ferne gezündet werden könnten. Die CIA vertrat die Ansicht, dass der Angriff in jedem Fall verdeckt erfolgen müsse. Allen Beteiligten war klar, was auf dem Spiel stand. „Das ist kein Kinderkram“, sagte die Quelle. Wenn der Angriff auf die USA zurückgeführt werden könnte, „ist das eine Kriegshandlung“.

Damals wurde die CIA von William Burns geleitet, einem sanftmütigen ehemaligen Botschafter in Russland, der in der Obama-Regierung als stellvertretender Außenminister gedient hatte. Burns ermächtigte rasch eine Arbeitsgruppe der Agentur, zu deren Ad-hoc-Mitgliedern zufällig jemand gehörte, der mit den Fähigkeiten der Tiefseetaucher der Marine in Panama City vertraut war. In den nächsten Wochen begannen die Mitglieder der CIA-Arbeitsgruppe mit der Ausarbeitung eines Plans für eine verdeckte Operation, bei der Tiefseetaucher eingesetzt werden sollten, um eine Explosion entlang der Pipeline auszulösen.

So etwas war schon einmal gemacht worden. Im Jahr 1971 erfuhr der amerikanische Geheimdienst aus noch unbekannten Quellen, dass zwei wichtige Einheiten der russischen Marine über ein im Ochotskischen Meer an der russischen Fernostküste verlegtes Unterseekabel miteinander kommunizierten. Das Kabel verband ein regionales Marinekommando mit dem Hauptquartier auf dem Festland in Wladiwostok.
Ein handverlesenes Team von Mitarbeitern des US-Geheimdienstes CIA und der National Security Agency (NSA) wurde irgendwo im Großraum Washington zusammengetrommelt und arbeitete unter Einsatz von Marinetauchern, umgebauten U-Booten und einem Tiefsee-Rettungsfahrzeug einen Plan aus, mit dem es nach vielen Versuchen und Irrtümern gelang, das russische Kabel zu lokalisieren. Die Taucher brachten ein ausgeklügeltes Abhörgerät auf dem Kabel an, das den russischen Datenverkehr erfolgreich abfing und mit einem Abhörsystem aufzeichnete.

Die NSA erfuhr, dass hochrangige russische Marineoffiziere, die von der Sicherheit ihrer Kommunikationsverbindung überzeugt waren, ohne Verschlüsselung mit ihren Kollegen plauderten. Das Aufzeichnungsgerät und das dazugehörige Band mussten monatlich ausgetauscht werden, und das Projekt lief ein Jahrzehnt lang munter weiter, bis es von einem 24-jährigen zivilen NSA-Techniker namens Ronald Pelton, der fließend Russisch sprach, aufgedeckt wurde. Pelton wurde 1985 von einem russischen Überläufer verraten und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Die Russen zahlten ihm nur 5.000 Dollar für seine Enthüllungen über die Operation sowie 35.000 Dollar für andere russische Daten, die er zur Verfügung stellte und die nie veröffentlicht wurden.
Dieser Unterwassererfolg mit dem Codenamen Ivy Bells war innovativ und riskant und lieferte unschätzbare Erkenntnisse über die Absichten und Planungen der russischen Marine.

Dennoch war die ministerien-übergreifende Gruppe anfangs skeptisch, was die Begeisterung der CIA für einen verdeckten Tiefseeangriff anging. Es gab zu viele unbeantwortete Fragen. Die Gewässer der Ostsee wurden von der russischen Marine stark patrouilliert, und es gab keine Ölplattformen, die als Deckung für eine Tauchoperation genutzt werden konnten. Müssten die Taucher nach Estland fahren, direkt über die Grenze zu den russischen Erdgasverladedocks, um für den Einsatz zu trainieren? „Das wäre ein Ziegenfick“, wurde der Agentur gesagt.
Während „all dieser Planungen“, so die Quelle, „sagten einige Mitarbeiter der CIA und des Außenministeriums: ‚Macht das nicht. Es ist dumm und wird ein politischer Albtraum, wenn es herauskommt.’“

Dennoch berichtete die CIA-Arbeitsgruppe Anfang 2022 an Sullivans ministerien-übergreifende Gruppe: „Wir haben eine Möglichkeit, die Pipelines zu sprengen.“

Was dann kam, war verblüffend. Am 7. Februar, weniger als drei Wochen vor der scheinbar unvermeidlichen russischen Invasion in der Ukraine, traf sich Biden in seinem Büro im Weißen Haus mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz, der nach einigem Wackeln nun fest auf der Seite der Amerikaner stand. Bei der anschließenden Pressekonferenz sagte Biden trotzig: „Wenn Russland einmarschiert … wird es kein Nord Stream 2 mehr geben. Wir werden dem ein Ende setzen.“

Zwanzig Tage zuvor hatte Staatssekretärin Nuland bei einem Briefing des Außenministeriums im Wesentlichen dieselbe Botschaft verkündet, ohne dass die Presse darüber berichtet hätte. „Ich möchte Ihnen heute ganz klar sagen“, antwortete sie auf eine Frage, „Wenn Russland in die Ukraine einmarschiert, wird Nord Stream 2 so oder so nicht vorankommen.“

https://www.youtube.com/watch?v=OS4O8rGRLf8

Mehrere an der Planung der Pipeline-Mission beteiligte Personen zeigten sich bestürzt über die ihrer Meinung nach indirekten Anspielungen auf den Angriff.
„Es war, als würde man eine Atombombe in Tokio auf den Boden legen und den Japanern sagen, dass wir sie zünden werden“, sagte die Quelle. „Der Plan war für die Optionen, die nach der Invasion ausgeführt und nicht öffentlich bekannt gegeben werden sollten. Biden hat es einfach nicht kapiert oder ignoriert.“

Bidens und Nulands Indiskretion, wenn es denn eine solche war, könnte einige der Planer frustriert haben. Aber sie schuf auch eine Gelegenheit. Der Quelle zufolge waren einige hochrangige CIA-Beamte der Ansicht, dass die Sprengung der Pipeline „nicht länger als verdeckte Option betrachtet werden konnte, weil der Präsident gerade bekannt gegeben hatte, dass wir wüssten, wie man es macht.“
Der Plan, Nord Stream 1 und 2 zu sprengen, wurde plötzlich von einer verdeckten Operation, über die der Kongress informiert werden musste, zu einer geheimen Geheimdienstoperation mit militärischer Unterstützung der USA herabgestuft. Nach dem Gesetz, so die Quelle, „gab es keine rechtliche Verpflichtung mehr, den Kongress über die Operation zu informieren. Alles, was sie jetzt tun mussten, war, es einfach zu tun – aber es musste immer noch geheim sein. Die Russen haben eine hervorragende Überwachung der Ostsee.“

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe der Agentur hatten keinen direkten Kontakt zum Weißen Haus und wollten unbedingt herausfinden, ob der Präsident ernst meinte, was er gesagt hatte, also ob die Mission nun genehmigt war. Die Quelle erinnerte sich: „Bill Burns kam zurück und sagte: ‚Tut es.’“

DIE OPERATION

Norwegen war der perfekte Ort für die Basis der Mission.
In den letzten Jahren der Ost-West-Krise hat das US-Militär seine Präsenz in Norwegen, dessen Westgrenze 1.400 Meilen entlang des Nordatlantiks verläuft und oberhalb des Polarkreises an Russland grenzt, erheblich ausgeweitet.
Das Pentagon hat durch Investitionen in Höhe von Hunderten von Millionen Dollar in die Modernisierung und den Ausbau von Einrichtungen der amerikanischen Marine und der Luftwaffe in Norwegen hoch bezahlte Arbeitsplätze und Verträge geschaffen, die vor Ort nicht unumstritten waren. Zu den neuen Arbeiten gehörte vor allem ein fortschrittliches Radar mit synthetischer Apertur weit im Norden, das tief in Russland eindringen kann und gerade zu dem Zeitpunkt in Betrieb genommen wurde, als die amerikanischen Geheimdienste den Zugang zu einer Reihe von Langstrecken-Abhörstationen verloren, mit denen sie in China hinein lauschen konnten.

Ein neu eingerichteter amerikanischer U-Boot-Stützpunkt, der seit Jahren im Bau war, wurde in Betrieb genommen, und mehr amerikanische U-Boote konnten nun eng mit ihren norwegischen Kollegen zusammenarbeiten, um eine große russische Nuklearstation 250 Meilen östlich auf der Halbinsel Kola zu überwachen und auszuspionieren. Die Amerikaner haben außerdem einen norwegischen Luftwaffenstützpunkt im Norden erheblich ausgebaut und der norwegischen Luftwaffe eine Flotte von Boeing-Poseidon-Patrouillenflugzeugen zur Verfügung gestellt, um die Langstreckenspionage gegen Russland zu verstärken.

Im Gegenzug verärgerte die norwegische Regierung im November letzten Jahres die Liberalen und einige gemäßigte Abgeordnete im Parlament mit der Verabschiedung des ergänzenden Abkommens über die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich (SDCA). Das neue Abkommen sieht vor, dass die US-Justiz in bestimmten „vereinbarten Gebieten“ im Norden für amerikanische Soldaten zuständig ist, die außerhalb des Stützpunktes eines Verbrechens beschuldigt werden, sowie für norwegische Bürger, die beschuldigt oder verdächtigt werden, die Arbeit auf dem Stützpunkt zu stören.
Norwegen gehörte zu den Erstunterzeichnern des NATO-Vertrags im Jahr 1949, in den Anfängen des Kalten Krieges. Heute ist der Generalsekretär der NATO Jens Stoltenberg, ein überzeugter Antikommunist, der acht Jahre lang norwegischer Ministerpräsident war, bevor er 2014 mit amerikanischer Unterstützung auf seinen hohen NATO-Posten wechselte. Er war ein Hardliner in Sachen Putin und Russland und hatte seit dem Vietnamkrieg mit den amerikanischen Geheimdiensten zusammengearbeitet. Seitdem genießt er volles Vertrauen. „Er ist der Handschuh, der zur amerikanischen Hand passt“, sagte die Quelle.

Zurück in Washington wussten die Planer, dass sie nach Norwegen gehen mussten. „Sie hassten die Russen und die norwegische Marine war voller hervorragender Matrosen und Taucher, die seit Generationen Erfahrung in der hochprofitablen Tiefsee-Öl- und Gasexploration hatten“, sagte die Quelle. Außerdem konnte man darauf vertrauen, dass sie die Mission geheim halten würden. (Die Norweger könnten auch andere Interessen gehabt haben. Die Zerstörung von Nord Stream – falls die Amerikaner es schaffen sollten – würde es Norwegen ermöglichen, weitaus mehr eigenes Erdgas nach Europa zu verkaufen).

Irgendwann im März flogen einige Mitglieder des Teams nach Norwegen, um sich mit dem norwegischen Geheimdienst und der Marine zu treffen. Eine der wichtigsten Fragen war, wo genau in der Ostsee der beste Ort für die Anbringung des Sprengstoffs ist. Nord Stream 1 und 2, die jeweils über zwei Pipelines verfügen, waren auf ihrem Weg zum Hafen von Greifswald im äußersten Nordosten Deutschlands größtenteils nur eine Meile voneinander entfernt.

Die norwegische Marine fand schnell die richtige Stelle in den flachen Gewässern der Ostsee, nur wenige Meilen vor der dänischen Insel Bornholm. Die Pipelines verliefen in einem Abstand von mehr als einer Meile entlang eines Meeresbodens, der nur 260 Fuß tief war. Das wäre in Reichweite der Taucher, die von einem norwegischen Minenjäger der Alta-Klasse aus mit einem Gemisch aus Sauerstoff, Stickstoff und Helium aus ihren Tanks tauchen und C4-Sprengladungen an den vier Pipelines anbringen würden, die mit Betonabdeckungen versehen sind. Es wäre eine mühsame, zeitraubende und gefährliche Arbeit, aber die Gewässer vor Bornholm hatten einen weiteren Vorteil: Es gab keine größeren Gezeitenströmungen, die das Tauchen erheblich erschwert hätten.
Nach ein paar Nachforschungen waren die Amerikaner einverstanden.

An diesem Punkt kam wieder einmal die obskure Tiefseetauchergruppe der Marine in Panama City ins Spiel. Die Tiefseeschulen in Panama City, deren Schüler an den Ivy Bells teilnahmen, werden von den Elite-Absolventen der Marineakademie in Annapolis, die in der Regel nach dem Ruhm streben, als Seal, Kampfpilot oder U-Boot-Fahrer eingesetzt zu werden, als unerwünschtes Hinterland angesehen. Wenn man ein „Black Shoe“ werden muss, also ein Mitglied des weniger begehrten Überwasserschiffkommandos, gibt es aber zumindest immer einen Posten auf einem Zerstörer, Kreuzer oder Amphibienschiff. Am wenigsten glamourös ist die Minenkriegsführung. Ihre Taucher erscheinen nie in Hollywood-Filmen oder auf den Titelseiten populärer Zeitschriften.
„Die besten Taucher mit Tieftauchqualifikationen sind eine enge Gemeinschaft, und nur die allerbesten werden für die Operation rekrutiert und darauf hingewiesen, dass sie sich darauf einstellen müssen, zur CIA nach Washington gerufen zu werden“, sagte die Quelle.

Die Norweger und Amerikaner hatten einen Ort und die Agenten, aber es gab noch eine weitere Sorge: Jede ungewöhnliche Unterwasseraktivität in den Gewässern vor Bornholm könnte die Aufmerksamkeit der schwedischen oder dänischen Marine auf sich ziehen, die darüber berichten könnten.

Dänemark gehörte ebenfalls zu den ursprünglichen NATO-Unterzeichnern und war in Geheimdienstkreisen für seine besonderen Beziehungen zu Großbritannien bekannt. Schweden hatte einen Antrag auf Mitgliedschaft in der NATO gestellt und sein großes Geschick bei der Verwaltung seiner Unterwasserschall- und Magnetsensorsysteme unter Beweis gestellt, mit denen es erfolgreich russische U-Boote aufspürte, die gelegentlich in den entlegenen Gewässern der schwedischen Schären auftauchten und zum Auftauchen gezwungen wurden.

Die Norweger schlossen sich den Amerikanern an und bestanden darauf, dass einige hochrangige Beamte in Dänemark und Schweden in allgemeiner Form über mögliche Tauchaktivitäten in dem Gebiet unterrichtet werden mussten. Auf diese Weise konnte ein höherer Beamter eingreifen und einen Bericht aus der Befehlskette heraushalten und so die Pipeline-Operation isolieren. „Was ihnen gesagt wurde und was sie wussten, waren absichtlich unterschiedliche Dinge“, sagte die Quelle (die norwegische Botschaft, die um einen Kommentar zu dieser Geschichte gebeten wurde, hat nicht geantwortet).

Die Norweger waren der Schlüssel zur Überwindung anderer Hürden. Es war bekannt, dass die russische Marine über eine Überwachungstechnologie verfügte, die in der Lage war, Unterwasserminen aufzuspüren und auszulösen. Die amerikanischen Sprengsätze mussten so getarnt werden, dass sie für das russische System als Teil des natürlichen Hintergrunds erscheinen würden – was eine Anpassung an den spezifischen Salzgehalt des Wassers erforderte. Die Norweger hatten eine Lösung.

Die Norweger hatten auch eine Lösung für die entscheidende Frage, wann die Operation durchgeführt werden sollte. Seit 21 Jahren veranstaltet die amerikanische Sechste Flotte, deren Flaggschiff in Gaeta (Italien) südlich von Rom stationiert ist, jedes Jahr im Juni eine große NATO-Übung in der Ostsee, an der zahlreiche Schiffe der Alliierten aus der gesamten Region teilnehmen. Die aktuelle Übung, die im Juni stattfinden soll, wird als Baltic Operations 22 oder BALTOPS 22 bezeichnet. Die Norweger schlugen vor, dass dies die ideale Tarnung für das Verlegen der Minen sein würde.

Die Amerikaner lieferten ein entscheidendes Element: Sie überzeugten die Planer der Sechsten Flotte, das Programm um eine Forschungs- und Entwicklungsübung zu erweitern. An der Übung, die von der Marine bekannt gegeben wurde, war die Sechste Flotte in Zusammenarbeit mit den „Forschungs- und Kriegsführungszentren“ der Marine beteiligt. Bei der Übung, die vor der Küste der Insel Bornholm stattfinden sollte, sollten Taucherteams der NATO Minen verlegen, während die konkurrierenden Teams die neueste Unterwassertechnologie einsetzten, um die Minen zu finden und zu zerstören.

Das war sowohl eine nützliche Übung als auch eine raffinierte Tarnung. Die Jungs aus Panama City würden ihre Arbeit tun, und die C4-Sprengsätze würden bis zum Ende von BALTOPS22 an Ort und Stelle sein, mit einem 48-Stunden-Timer versehen. Alle Amerikaner und Norweger würden bei der ersten Explosion schon lange weg sein.

Die Tage zählten herunter. „Die Uhr tickte, und wir waren kurz davor, die Mission zu erfüllen“, sagte die Quelle.

Und dann: Washington überlegte es sich anders. Die Bomben würden immer noch während BALTOPS gelegt werden, aber das Weiße Haus befürchtete, dass ein Zeitfenster von zwei Tagen für ihre Detonation zu kurz vor dem Ende der Übung sein würde, und es wäre offensichtlich, dass Amerika beteiligt war. Stattdessen hatte das Weiße Haus eine neue Anfrage: „Können sich die Jungs vor Ort etwas einfallen lassen, um die Pipelines später auf Kommando zu sprengen?“

Einige Mitglieder des Planungsteams waren verärgert und frustriert über die scheinbare Unentschlossenheit des Präsidenten. Die Taucher in Panama City hatten wiederholt geübt, C4 an den Pipelines anzubringen, wie sie es bei BALTOPS tun würden, aber nun musste das Team in Norwegen einen Weg finden, um Biden zu geben, was er wollte – die Möglichkeit, einen erfolgreichen Ausführungsbefehl zu einem Zeitpunkt seiner Wahl zu erteilen.
Mit einer willkürlichen Änderung in letzter Minute beauftragt zu werden, war etwas, womit die CIA vertraut war. Allerdings wurden dadurch auch erneut Bedenken hinsichtlich der Notwendigkeit und Rechtmäßigkeit der gesamten Operation geäußert.

Die geheimen Befehle des Präsidenten erinnerten auch an das Dilemma der CIA in den Tagen des Vietnamkriegs, als Präsident Johnson angesichts der wachsenden Anti-Vietnamkriegsstimmung die Agentur anwies, gegen ihre Charta zu verstoßen, die ihr ausdrücklich verbot, innerhalb Amerikas zu operieren, indem sie die Führer der Kriegsgegner ausspionierte, um festzustellen, ob sie vom kommunistischen Russland kontrolliert wurden.
Die Agentur willigte schließlich ein, und im Laufe der 1970er Jahre wurde deutlich, wie weit sie zu gehen bereit war. Nach den Watergate-Skandalen enthüllten Zeitungen, dass die Agentur amerikanische Bürger ausspionierte, dass sie an der Ermordung ausländischer Staatschefs beteiligt war und die sozialistische Regierung von Salvador Allende untergrub.

Diese Enthüllungen führten Mitte der 1970er Jahre zu einer Reihe dramatischer Anhörungen im Senat unter der Leitung von Frank Church aus Idaho, bei denen deutlich wurde, dass Richard Helms, der damalige Direktor der Agentur, akzeptiert hatte, dass er verpflichtet war, die Wünsche des Präsidenten zu erfüllen, auch wenn das einen Verstoß gegen das Gesetz bedeutete.
In einer unveröffentlichten Zeugenaussage hinter verschlossenen Türen erklärte Helms reumütig, dass „man fast eine unbefleckte Empfängnis hat, wenn man etwas auf geheime Anweisung eines Präsidenten tut“. „Ob es nun richtig ist, dass Sie es haben sollten, oder falsch, dass Sie es haben sollen, [die CIA] arbeitet nach anderen Regeln und Grundregeln als jeder andere Teil der Regierung.“ Damit erklärte er den Senatoren, dass er als Leiter der CIA für die Krone und nicht für die Verfassung arbeite.

Die Amerikaner, die in Norwegen im Einsatz waren, arbeiteten mit der gleichen Dynamik und begannen pflichtbewusst mit der Arbeit an dem neuen Problem – der Fernzündung des C4-Sprengstoffs auf Bidens Befehl. Die Aufgabe war viel anspruchsvoller, als man in Washington angenommen hatte. Das Team in Norwegen konnte nicht wissen, wann der Präsident den Knopf drücken würde. Würde es in ein paar Wochen, in vielen Monaten oder in einem halben Jahr oder länger sein?

Das an den Pipelines angebrachte C4 würde durch eine Sonarboje ausgelöst, die kurzfristig von einem Flugzeug abgeworfen wird, aber das Verfahren erforderte modernste Signalverarbeitungstechnologie. Die an den vier Pipelines angebrachten Geräte zur zeitlichen Verzögerung könnten versehentlich durch die komplexe Mischung von Meeresgeräuschen in der stark befahrenen Ostsee ausgelöst werden – von nahen und fernen Schiffen, Unterwasserbohrungen, seismischen Ereignissen, Wellen und sogar Meerestieren. Um das zu vermeiden, würde die Sonarboje, sobald sie an Ort und Stelle ist, eine Abfolge einzigartiger tieffrequenter Töne aussenden – ähnlich denen einer Flöte oder eines Klaviers -, die vom Zeitmessgerät erkannt und nach einer voreingestellten Verzögerung von mehreren Stunden den Sprengstoff auslösen würden. („Sie wollen ein Signal, das robust genug ist, damit kein anderes Signal versehentlich einen Impuls senden kann, der den Sprengstoff zündet“, erklärte mir Dr. Theodore Postol, emeritierter Professor für Wissenschaft, Technologie und nationale Sicherheitspolitik am MIT. Postol, der als wissenschaftlicher Berater des Chefs der Marineoperationen im Pentagon tätig war, sagte, das Problem, dem sich die Gruppe in Norwegen wegen Bidens Verzögerung gegenübersah, sei eine Frage des Zufalls: „Je länger der Sprengstoff im Wasser ist, desto größer ist das Risiko eines zufälligen Signals, das die Bomben auslöst“)

Am 26. September 2022 warf ein P8-Überwachungsflugzeug der norwegischen Marine bei einem scheinbaren Routineflug eine Sonarboje ab. Das Signal breitete sich unter Wasser aus, zunächst zu Nord Stream 2 und dann zu Nord Stream 1. Wenige Stunden später wurde der Hochleistungs-C4-Sprengstoff ausgelöst und drei der vier Pipelines wurden außer Betrieb gesetzt. Innerhalb weniger Minuten konnte man sehen, wie sich Methangas, das in den stillgelegten Pipelines verblieben war, an der Wasseroberfläche ausbreitete, und die Welt erfuhr, dass etwas Unumkehrbares geschehen war.

FALLOUT

Unmittelbar nach dem Bombenanschlag auf die Pipeline behandelten die amerikanischen Medien den Vorfall wie ein ungelöstes Rätsel. Russland wurde wiederholt als wahrscheinlicher Schuldiger genannt, angespornt durch kalkulierte Indiskretionen aus dem Weißen Haus – ohne dass jemals ein klares Motiv für einen solchen Akt der Selbstsabotage jenseits einfacher Vergeltung gefunden wurde. Als sich einige Monate später herausstellte, dass die russischen Behörden in aller Stille Kostenvoranschläge für die Reparatur der Pipelines eingeholt hatten, bezeichnete die New York Times diese Nachricht als „Erschwerung der Theorien darüber, wer hinter dem Anschlag steckt.“
Keine große amerikanische Zeitung ging auf die früheren Drohungen gegen die Pipelines ein, die von Biden und Staatssekretärin Nuland ausgesprochen wurden.

Während nie klar war, warum Russland versuchen sollte, seine eigene lukrative Pipeline zu zerstören, kam eine aufschlussreichere Begründung für die Aktion des Präsidenten von Außenminister Blinken.
Auf einer Pressekonferenz im vergangenen September zu den Folgen der sich verschärfenden Energiekrise in Westeuropa befragt, beschrieb Blinken den Moment als einen potenziell guten:

„Es ist eine enorme Chance, die Abhängigkeit von russischer Energie ein für alle Mal zu beenden und damit Wladimir Putin die Energie als Waffe zur Durchsetzung seiner imperialen Pläne zu entziehen. Das ist sehr bedeutsam und bietet eine enorme strategische Chance für die kommenden Jahre, aber in der Zwischenzeit sind wir entschlossen, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um sicherzustellen, dass die Folgen all dessen nicht von den Bürgern in unseren Ländern oder in der ganzen Welt getragen werden.“

Kürzlich äußerte sich Victoria Nuland erfreut über das Scheitern der neuen beiden Pipelines. Bei einer Anhörung des Ausschusses für auswärtige Beziehungen des Senats Ende Januar sagte sie zu Senator Ted Cruz: „Wie Sie bin auch ich, und ich denke, die Regierung ist sehr erfreut zu wissen, dass Nord Stream 2 nun, wie Sie sagen, ein Haufen Metall auf dem Grund des Meeres ist.“

Die Quelle sah Bidens Entscheidung, mehr als 1.500 Meilen der Gazprom-Pipeline zu sabotieren, während der Winter näher rückte, wesentlich nüchterner. „Nun“, sagte er über den Präsidenten, „ich muss zugeben, dass der Kerl Eier hat. Er hat gesagt, er würde es tun, und er hat es getan.“

Auf die Frage, warum die Russen seiner Meinung nach nicht reagierten, antwortete er zynisch: „Vielleicht wollen sie die Möglichkeit haben, dasselbe zu tun, was die USA getan haben.“

Es war eine schöne Tarngeschichte“, fuhr er fort. „Dahinter steckte eine verdeckte Operation, bei der Experten vor Ort eingesetzt wurden und Geräte, die mit einem verdeckten Signal arbeiteten.“

„Der einzige Makel war die Entscheidung, es zu tun.“

Ende der Übersetzung

Die Reaktionen der USA

Bleibt noch hinzuzufügen, dass die Geschichte von der US-Regierung sofort dementiert wurde. Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates sagte auf Anfrage der russischen Nachrichtenagentur TASS:

„Das ist eine absolute Lüge und totale Fiktion.“

Ein Pentagonsprecher antwortete auf Anfrage der russischen Nachrichtenagentur TASS:

„Die USA haben nichts mit der Explosion von Nord Stream zu tun.“

Die westlichen Medien sind an der Geschichte bisher anscheinend nicht interessiert. US-Außenminister Blinken und NATO-Generalsekretär Stoltenberg haben nach der Veröffentlichung des Artikels von Hersh eine gemeinsame Pressekonferenz in Washington gehabt, aber die westlichen Journalisten haben nicht nach Nord Stream gefragt.
Auf der Pressekonferenz durften amerikanische Journalisten insgesamt vier Fragen stellen, aber keine von ihnen betraf das Thema. Sie fragten nach dem Erdbeben in der Türkei und in Syrien, nach Flugzeugen für die Ukraine, nach der chinesischen Bedrohung für die USA und die NATO und nach dem chinesischen Ballon über den USA sowie nach den Aussichten für einen Beitritt Finnlands und Schwedens zur NATO.

Der Originalartikel ist hier einsehbar:
https://seymourhersh.substack.com/p/how-america-took-out-the-nord-stream

Und hier die Fortsetzung der Geschichte:

https://josopon.wordpress.com/2023/02/09/nord-stream-von-usa-gesprengt-wer-hatte-je-zweifel-daran-eine-kriegserklarung-an-deutschland/

Die Kriminalgeschichte von Viktoria Nuland wurde schon vor 2 Jahren hier schön beschrieben:
https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/509771/Staatsstreiche-und-Kriege-Seit-30-Jahren-ist-Victoria-Nuland-aktiv-nun-soll-sie-wiederkommen

Staatsstreiche und Kriege: Seit 30 Jahren ist Victoria Nuland aktiv – nun soll sie wiederkommen

US-Präsident Joe Biden zufolge soll die US-Diplomatin Victoria Nuland eine wichtige Rolle in der künftigen US-Außenpolitik spielen. Seit 30 Jahren zeichnet sie sich als aktive Unterstützerin von Putschen, Umstürzen und Kriegen gegen andere Staaten aus. Eine Dokumentation ihrer „Erfolge“

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

Wer Pfizer einfach glaubt, ist selber schuld

Nachrichten einer Leuchtturmwärterin

https://petraerler.subLeuchtturmwaerterinstack.com/p/wer-pfizer-einfach-glaubt-ist-selber
Auszüge:

Vor kurzem veröffentlichte , eine sehr umstrittene, rechtskonservative US-Enthüllungsinitiative ein stark geschnittenes Interview mit einem Forschungsdirektor (?) von Pfizer.
Der darauf aufgebaute Vorwurf war, Pfizer betreibe eine Art von gain-of-function-Forschung im Zusammenhang mit der Entwicklung seines Covid-Impfstoffes und entwickele auf der Basis von Versuchen an Menschenaffen gefährlichere Corona-Varianten.

Diese Veröffentlichung machte im Internet schnell die Runde (20 Millionen auf twitter). Dann griff Tucker Carlson die Geschichte in seiner Show auf.

Das führte dazu, dass sich auf Forbes ein Journalist äußerte.

https://www.forbes.com/sites/brucelee/2023/01/28/no-project-veritas-video-doesnt-prove-pfizer-is-mutating-covid-19-who-is-jordon-trishton-walker/?sh=24cf2279623d

Der argumentierte, noch sei nichts klar, noch nicht einmal, ob der Betreffende tatsächlich bei Pfizer arbeitete und dass verantwortungsbewusste Journalisten erst einmal sauber die Fakten recherchieren sollten, um dann zu entscheiden, ob die Story im öffentlichen Interesse ist. Er äußerte sich ebenfalls zum zwielichtigen Ruf von Projekt Veritas.
Er verwies auch darauf, dass Tucker Carlson gelegentlich skandalisiere, obwohl dieser bei Fragen wie dem Einfluss von Pharmaunternehmen in den USA auch legitime Bedenken äußere.
Aber von einer durch Carlson behaupteten medialen Unterdrückung der Geschichte könne gar keine Rede sein.

Newsweek machte einen Faktencheck und verlangte von Projekt Veritas die volle Gesprächsmitschrift. Denn dessen Video war stark geschnitten.
War der Interviewte überhaupt ein leitender Angestellter von Pfizer? Stimmte die Vorhaltung, Pfizer würde in Versuchen mit Affen danach trachten, das Virus virulenter machen?
War das nur eine hypothetische Überlegung?

https://www.newsweek.com/project-veritas-covid-mutations-pfizer-fact-check-1776845

Keinem der beiden erwähnten Autoren kam in den Sinn, Pfizer hätte möglicherweise etwas zu verbergen.

Am 27. Januar äußerte sich dann Pfizer, ohne aber auf Projekt Veritas Bezug zu nehmen.

https://www.pfizer.com/news/announcements/pfizer-responds-research-claims

Pfizer erklärte, dass im Zuge der Impfstoffentwicklung gegen COVID-19 keine „gain-of-function“ oder „gezielte Evolutions“-Forschungen gemacht würden, sondern sich alles auf tatsächlich vorkommende Varianten stütze.

„Pfizer dementiert“, hieß es dazu in einem Bericht von OE24(der den wesentlichen Inhalt der Vorwürfe und Pfizers Antwortteil auf Deutsch recht gut zusammenfasst)

https://www.oe24.at/coronavirus/vorwuerfe-zu-mutiertem-coronavirus-jetzt-reagiert-pfizer/543586569

Aber die Presseerklärung von Pfizer behandelte auch Paxlovid. Und in dem Rahmen scheint Pfizer genau das gemacht zu haben, was Projekt Veritas behauptete: das Virus künstlich zu verändern.
Von Affenversuchen ist in der Presseerklärung nicht die Rede. Ob der redselige Mitarbeiter (?) tatsächlich bei Pfizer angestellt war/ ist, auch dazu machte Pfizer keine Angaben.

Pfizer erklärte, derartige Versuche verlangten die Aufsichtsbehörden von allen Herstellern antiviraler Therapeutika und viele Unternehmen würden das ebenfalls so machen.

Ist das so oder verpackte Pfizer verschiedene Sachverhalte in eine Argumentationslinie?

Hier sind die entsprechenden Passagen der Presseerklärung (in eigener Übersetzung)

„Zusätzlich unternimmt Pfizer, um die US-amerikanischen und globalen regulatorischen Anforderungen für unsere orale Behandlung, PAXLOVID™, zu erfüllen, In-vitro-Arbeiten (z. B. in einer Laborkulturschale), um potenzielle Resistenzmutationen gegen Nirmatrelvir, eine der beiden Komponenten von PAXLOVID, zu identifizieren.
Bei einem sich natürlich entwickelnden Virus ist es wichtig, die Aktivität eines antiviralen Mittels routinemäßig zu beurteilen. Der größte Teil dieser Arbeit wird mithilfe von Computersimulationen oder Mutationen der Hauptprotease durchgeführt, einem nicht infektiösen Teil des Virus
.“

Anm.: Die Hauptprotease ist an der Virusreplikation beteiligt.

https://www.dzif.de/de/struktur-der-hauptprotease-des-coronavirus-aufgeklaert

Weiter heißt es:

In einer begrenzten Anzahl von Fällen, in denen ein vollständiges Virus keine bekannten Funktionsgewinnmutationen enthält, kann ein solches Virus manipuliert werden, um die Bewertung der antiviralen Aktivität in Zellen zu ermöglichen. Darüber hinaus werden In-vitro-Resistenzselektionsexperimente in Zellen durchgeführt, die mit SARS-CoV-2 und Nirmatrelvir in unserem sicheren Labor der Biosicherheitsstufe 3 (BSL3) inkubiert wurden, um zu beurteilen, ob die Hauptprotease mutieren kann, um resistente Virusstämme zu ergeben.
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Studien von US-amerikanischen und globalen Aufsichtsbehörden für alle antiviralen Produkte vorgeschrieben sind und von vielen Unternehmen und akademischen Einrichtungen in den USA und auf der ganzen Welt durchgeführt werden.“

Dieser Absatz ist irritierend. Kann es sein, dass eine Zulassungsbehörde wie die EMA auch die Manipulierung von Viren von Herstellern antiviraler Therapeutika verlangt? Und wenn ja, warum?

Daraufhin habe ich mir zunächst die wissenschaftliche Begutachtung der EMA im Rahmen der vorläufigen Zulassung von Paxlovid angesehen. Dort fand ich keinen Hinweis darauf, dass der zuständige Ausschuss das Fehlen von Versuchen mit manipulierten COVID-Varianten rügte oder in diesem Sinn künftige Forschungen empfahl.
Das war auch nicht Teil des Monitoring-Prozesses, soweit es aus den veröffentlichten Dokumenten der EMA zu Paxlovid hervorgeht.

Was die EMA-Experten forderten, waren weitere Untersuchungen, ob das Virus resistent werden könnte gegen Paxlovid, ob es Hinweise auf mögliche strukturelle Mutationen der Hauptprotease gibt.

https://www.ema.europa.eu/en/human-regulatory/post-authorisation/referral-procedures/article-53-opinions#use-of-paxlovid-(pf-07321332-and-ritonavir)-for-treating-covid-19-section

Es ist völlig klar, dass ein Pharmaproduzent und auch eine Zulassungsbehörde alles Interesse haben muss, die Wirksamkeit eines Präparates bei jeweils auftauchenden neuen Virusvariationen genau zu prüfen und die Frage der Virusresistenz strikt im Auge zu behalten.

Aber gezielte Virusmanipulation?

Letzteres ist leider ein allgemein unterbelichtetes Thema: Wie halten wir es als Gesellschaft mit solchen Experimenten, ob sie nun als „gain-of-function“ oder „beschleunigte Evolution“ (oder wie immer Wissenschaftler die Evolution vorherzusehen glauben) oder sonstwie bezeichnet werden?
Kommt es einmal kurz zu einem öffentlichen Aufschrei, wie im Fall der Bostoner Laborkreation eines neuen Coronavirus aus zwei Virusvarianten, finden sich sofort Beschwichtigungen: Es ist keine gain of function-Forschung, wenn Wissenschaftler anfänglich nicht vermuten, dass das, was sie fabrizieren, sich anschließend als gefährlicher erweist als das, was natürlich vorkommt.
Nein, es braucht keine Aufsicht, wenn privates Kapital alles bezahlt.
Überhaupt, die ganze Sache ist die Aufregung nicht wert, bei vergleichbaren Experimenten hat auch keiner was gesagt, obwohl, kommunikativ ist es unglücklich gelaufen, eine Mortalitätsrate von 80% wirkt auf den ersten Blick schon schockierend, aber das betraf ja nur humanisierte Mäuse…

https://www.science.org/content/article/was-study-created-hybrid-covid-19-virus-too-risky

In einer Zeit, die bei einem neuen Virus mit einer zunächst angenommenen Mortalitätsrate von 3,4% den globalen Stillstand probte, aber bei dessen künstlich erzeugtem Abkömmling mit einer 80%igen (humanisierter Mäuse) Mortalitätsrate kaum mit der Wimper zuckt und ganz cool über die reale Gefahr einer nuklearen Selbstauslöschung hinwegsieht, scheint vom Verstand ohnehin nicht mehr sehr viel übrig zu sein.

Ist es ethisch und gesellschaftlich vertretbar, Verschlimmbesserungen an Viren vorzunehmen, die schon unmanipuliert töten können?
Das Schweigen darüber und auch das Herumspielen mit Definitionen muss ein Ende haben.

Denn das allgemeine Problem liegt ja klar auf der Hand: Wenn Wissenschaftler im Labor mit gefährlichen Viren experimentieren, kann und wird im Zeitverlauf etwas schiefgehen.
Das wusste auch Fauci, nur akzeptierte dieser das inhärente Risiko einer Pandemie. Denn der Mensch ist fehlbar, allen Bemühungen zum Trotz, und deshalb sind auch Laborleaks keine kosmische Anomalie, sondern sie passierten, und sie werden weiter passieren.
Aber es ist nicht am Einzelnen, darüber zu entscheiden, ob mit wissenschaftlichem Forschungsdrang und Freiheit alles zu rechtfertigen ist. Das muss die Gesellschaft entscheiden. Um das zu können, müssen Für und Wider transparent werden.

Pfizer sollte genau befragt werden: Welche Forschungen wurden behördlich verlangt? Zu welchem Zweck manipulierte Pfizer das Virus?
Gibt es eine Brandmauer zwischen der Forschung zu Impfstoffen und den Forschungen zu Paxlovid?

Gibt es Versuche mit Affen in der beschriebenen „begrenzten Anzahl von Fällen“ sowie bei der Durchführung der sogenannten „in-vitro-Resistenzselektionsexperimente“?
Und wenn ja, was wurde gemacht?

Es stellen sich auch Fragen an die EMA: Hat Pfizer mit der Feststellung in der Presseerklärung recht?
Falls ja, worin besteht die rechtliche Grundlage, die die EMA bindet, derartige Experimente zu verlangen?
Wie bewertet die EMA deren Risiken bzw. Nutzen?

Anm.: Ich habe die EMA am 31.01. 2023 angeschrieben und Auskunft verlangt.

Mittlerweile hat der zuständige Ausschuss der EMA die reguläre gemeinschaftliche Zulassung von Paxlovid empfohlen.

https://www.ema.europa.eu/en/news/meeting-highlights-committee-medicinal-products-human-use-chmp-23-26-january-2023

Der entsprechende wissenschaftliche Bewertungsbericht ist noch nicht online.

Das führt mich schließlich zurück zur ausführlichen Ausschussbewertung der EMA im Zuge der bedingten Zulassung von Paxlovid.
Diesen Bericht hatte ich bisher nicht gelesen, denn Paxlovid interessierte mich nicht. Nun aber schon.

Paxlovid wurde klinisch unter den Bedingungen der Delta-Variante evaluiert. Was aber auch ich nicht wusste, und ich fürchte, ich bin damit nicht allein, ist, dass Paxlovid klinisch nur bei Ungeimpften (ohne bekannte Infektion, bzw. in Teilen mit aktueller Infektion) mit mindestens einem Risikofaktor für einen schweren Krankheitsverlauf (Übergewicht bzw. Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Rauchen, Zucker) evaluiert wurde.

Die höchste (relative) Effizienz schien Paxlovid für Menschen zu haben, die absolut fettleibig waren und/oder Bluthochdruck bzw. Zucker hatten.
In der Frage von ungeimpften Rauchern blieb der Paxlovid-Nutzen zweifelhaft.

Der Einsatz von Paxlovid an Geimpften mit Impfdurchbruch war nicht Gegenstand der Zulassungsstudie.
Vgl S. 99, Mitte der Seite

https://www.ema.europa.eu/en/documents/referral/paxlovid-pf-07321332-ritonavir-covid-19-article-53-procedure-assessment-report_en.pdf

Das gehörte auch nicht zum erweiterten Monitoring-Plan.

Folgerichtig machte die EMA-Ausschussevaluierung damals deutlich, dass Paxlovid „einen Nutzen haben kann“ für spezielle Personengruppen mit erhöhtem Risiko eines schweren Verlaufs.

Die Tatsache, dass für Geimpfte/ Genesene keine wissenschaftlichen Studienergebnisse vorlagen, wurde in der öffentlichen Kommunikation der EMA zur bedingten Zulassung verschwiegen.

https://www.ema.europa.eu/en/news/covid-19-ema-recommends-conditional-marketing-authorisation-paxlovid

Warum wurde das gemacht?

Auf der Hand liegt, dass Pfizer sowohl einen Impfstoff als auch ein antivirales Medikament zur Verhütung schwerer Erkrankungsverläufe (bedingt) auf den Markt gebracht hatte.
Ursprünglich wurde der Impfstoff als sicher und effizient gegen die Infektion/ Übertragung dargestellt,

sowie

https://www.pfizer.com/news/press-release/press-release-detail/pfizer-and-biontech-confirm-high-efficacy-and-no-serious

später als effizient gegen schwere Erkrankungen angepriesen.

Mit Paxlovid wurde, sachlich betrachtet, ein Therapeutikum geschaffen, das eine vergleichbare Wirkung versprach und zwar für Ungeimpfte mit Risikofaktoren.

Aber das wollte man so nicht kommunizieren. Den Aufschlag machte Pfizer schon im November 21 mit einer Presseerklärung. Darin wird der Pfizer-CEO, Herr Bourla, wie folgt zitiert:
„Die heutige Nachricht ist ein wirklicher Wendepunkt in den globalen Anstrengungen, die Zerstörung dieser Pandemie anzuhalten. Die Daten legen nahe, dass unser oral einzunehmender antiviral wirkender Kandidat, vorausgesetzt, er wird von den zuständigen Regulierungsbehörden gebilligt, das Potential hat, das Leben von Patienten zu retten, die Schwere von COVID-Erkrankungen zu mildern und bis zu neun von zehn Krankenhauseinweisungen zu verhindern.“ (eigene Übersetzung)

https://www.pfizer.com/news/press-release/press-release-detail/pfizers-novel-covid-19-oral-antiviral-treatment-candidate

Am gleichen Tag betätigte sich Prof. Lauterbach quasi als Pressesprecher von Pfizer und betete die zentrale Bourla-Botschaft nach

PAXLOVID™ (PF-07321332; ritonavir) was found to reduce the risk of hospitalization or death by 89% compared to placebo in non-hospitalized high-risk adults with COVID-19 In the overall study population through Day 28, no deaths were reported in patients who received PAXLOVID™ as compared to 10 death…
Woher kam dessen Bereitschaft, ungeprüft zu glauben, Pharmaunternehmen seien wie Götter in Weiß, ohne Fehl und Tadel, unerschrocken, ehrlich, aufrecht, allein dem Wohl der Menschheit zu Diensten? Wozu braucht man noch ein unabhängiges EU-Zulassungsverfahren, wenn ein politischer Gesundheitsexperte wie Lauterbach schon mal wissen lässt, wie alles zu bewerten ist? Dann kann man sich das ganze Prozedere in Zukunft auch sparen.

Sowohl bei Bourla als auch bei Lauterbach spielte schon im November 21 keine Rolle, dass Paxlovid zum Einsatz in (ungeimpften) Risikopersonengruppen konzipiert war und auch nur in dieser Weise klinisch getestet wurde.

Die EMA folgte mit ihrer Presseerklärung genau der Pfizer-Kommunikationslinie.

Das Deutsche Ärzteblatt folgte willig.

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/130167/EMA-unterstuetzt-Einsatz-von-Paxlovid-fuer-Notfaelle

Beim Bundesinstitut für Arzneimittel ist der Beipackzettel für Paxlovid einsehbar.

Dort gibt es ebenfalls keinen Hinweis darauf, dass wissenschaftliche Informationen zur Wirkung bei Geimpften fehlen.

https://www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Arzneimittelinformationen/covid-19-arzneimittel.html

Das RKI bildet eine rühmliche Ausnahme. In seiner „Kommunikation für Fachkreise“ zu Paxlovid vom Januar 22 heißt es im Teil, der das klinische Studiendesign beschrieb:

“Personen mit einer bekannten früheren COVID-19-Infektion oder -Impfung wurden von der Studie ausgeschlossen.“

Man musste sich allerdings bis S. 36, Punkt 5.1. vorarbeiten, um darüber zu stolpern.

Was wäre passiert, wenn man sauber kommuniziert hätte?

Ungeimpfte mit einem Risiko für schwere Verläufe hätten womöglich geschlussfolgert, dass Paxlovid eine Alternative zur eigenen Impfung sein könnte.

Geimpfte hätten sich vielleicht gefragt, warum „Ungeimpfte“ mit Risikofaktoren nun auf ein anti-virales Mittel zurückgreifen konnten, quasi als Dank für ihre „Impfverweigerung“.

Das konnte nicht im Sinn der Anhänger der Massenimpfkampagne sein, denn die stehen über Kreuz mit dem Konzept einer individuellen Risiko-Nutzen-Abwägung. Denen gilt der Pieks für Fünfjährige das Gleiche wie der für Menschen in höherem Alter oder mit Risikofaktoren. Natürlich erworbene Immunität ist ihnen auch nichts wert.

Und Pfizer hatte gewiss kein Interesse, dass Paxlovid nur im kleinen Marktsegment der Ungeimpften eingesetzt werden würde.

Ein einmal zugelassenes Produkt kann zwar auch off-label verordnet werden, immer vorausgesetzt, der/ die Betreffenden sind voll informiert.
Also machte Pfizer eine weitere Studie: Nun wurden Geimpfte und Ungeimpfte mit normalem Risiko gemischt.

Die WHO fiel aber nicht auf diesen Trick herein und empfahl Paxlovid nur für Personen mit dem Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs (ungeimpft, älter, immungeschwächt).

https://www.who.int/news/item/22-04-2022-who-recommends-highly-successful-covid-19-therapy-and-calls-for-wide-geographical-distribution-and-transparency-from-originator

Pfizer blieb unverdrossen und erklärte im Juni 2022 öffentlich, dass seine Studien und die gemachten Erfahrungen bestätigen würden, dass Paxlovid eine äußerst erfolgreiche Arznei wäre, für ungeimpfte und geimpfte Menschen gleichermaßen, allerdings nur, sofern ein Risikofaktor für eine schwere Erkrankung hinzukam.

https://www.pfizer.com/news/press-release/press-release-detail/pfizer-reports-additional-data-paxlovidtm-supporting

Der inzwischen zum Bundesminister ernannte Karl Lauterbach trommelte per twitter kräftig für Paxlovid. Die Tagesschau fragte im Mai 2022 besorgt, warum das Mittel in Deutschland so wenig nachgefragt würde. Sie zitiert den Präsidenten der deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, Torsten Bauer, wie folgt:

Wir werden auch mit diesem Coronavirus eine saisonale Erkrankung erleben und im Herbst und Winter immer wieder Fälle haben. Aber die schweren Verläufe sind ja die, die wir brechen wollen, und das kann dieses Medikament.

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/technologie/paxlovid-corona-medikament-freiburg-101.html

Aber das sollten doch die Impfungen leisten.

Jedenfalls gelang Pfizer mittels einer Reihe Tricks und dank vieler, vieler Helfershelferlein zumindest theoretisch ein Meisterstück.
Erst warf das Unternehmen einen neuartigen Impfstoff auf den Markt, der nicht hielt, was versprochen wurde.
Dann wurde der Schutz vor schwerer Erkrankung/ Tod zur wichtigen Impfbegründung, vorausgesetzt, man „frischt regelmäßig auf“, und dann liefert Pfizer noch die Pille obendrauf, die nunmehr auch Geimpfte mit Impfdurchbruch mit Begeisterung schlucken sollten, offenbar, weil denen inzwischen ganz entfallen war, dass sie angeblich durch die Impfung(en) exakt vor dem geschützt sein sollten, vor dem sie sich nunmehr mit Paxlovid bewahren könnten.

Endlich haben wir etwas, um Corona zu behandeln, jubelte der Chef des Weltärztebundes, Montgomery.
Welt_Interview_Montgomeryhttps://youtu.be/_LDM_90GBEc

Der hatte auch nichts detailliert gelesen. Auch er ist mitverantwortlich dafür, dass frühzeitige Behandlungen symptomatisch Infizierter nicht Teil der akzeptierten deutschen/ westlichen Pandemiebekämpfungsagenda waren. Als hätte niemand auch nur den blassesten Schimmer gehabt, wie man einem Infizierten ärztlich beistehen kann, das Virus zu bekämpfen.

So funktionierte die Dreifaltigkeit von „Glaube, Hoffnung und Dummheit“. Bei Pfizer/ Biontech klingelte die Kasse.

Der geimpfte/geboosterte Biden wurde mit Paxlovid behandelt. Wie auch der wesentlich jüngere, ebenfalls (sicherlich mehrfach) geimpfte Lindner Paxlovid schluckte und daraufhin öffentlich ins Schwärmen geriet. Auch Scholz und Lauterbach glaubten an Paxlovid und offenbar deren Ärzte auch.

Der Pfizer CEO Bourla tat das Seine, um beide Unternehmensartikel gleichermaßen zu bewerben.

Am 15.8.2022, nach zwei Boostern, infizierte er sich mit Corona und, siehe da, Paxlovid war zur Hand.

Am 22.9.2022 war er (erneut) infiziert und bedauerte, dass er leider noch nicht zum dritten Mal geboostert wäre, weil man drei Monate nach einer Infektion abwarten solle, laut CDC, und er sich regelkonform verhalten wollte.

Ist das nicht rührend? Da teilt einer seine ganze Gesundheitsgeschichte, allerprivateste Daten, mit der Welt.

Abgesehen davon, dass inzwischen vermutet wird, dass das Phänomen einer schnellen Reinfektion nach Paxlovidabgabe an Geimpfte (so wie bei Biden, Fauci, Bourla) möglicherweise bedeutet, dass es sich immer noch um die erste Infektion handelte und das Virus nur unterdrückt, aber eben nicht erfolgreich beseitigt wurde.

Nur leider ist Herr Bourla kein rosa-roter Plüschhase zum Knuddeln oder ein globaler Samariter, sondern sich, seinem Job und shareholder value beruflich verpflichtet, wenn er auch nur den Mund aufmacht. Wenn er das ignorierte, wäre er weg vom Fenster.

Es ist schon sehr dreist, wenn der CEO eines Unternehmens sich mehrfach geimpft zum Handelsreisenden für Paxlovid macht und bei nächster Gelegenheit dann wieder einem neuen Booster das Wort redet.

Und niemandem will das aufgefallen sein?

Auch der Süddeutschen, die im Oktober 22 die Frage stellte, warum Paxlovid immer noch so zögerlich verschrieben werde, wo es doch inzwischen eine so mutmachende israelische Studie gäbe, wie auch den allermeisten Befragten schien überhaupt nicht klar, dass es bei dessen Zulassung keine klinische Hersteller-Studie gab zur Wirkung von Paxlovid bei Geimpften (und die diesbezügliche Herstellerstudie nicht unabhängig evaluiert war).

Niemandem kam in den Sinn, warum Geimpfte überhaupt Paxlovid schlucken sollten, wo doch angeblich die Impfung ihr Sicherheitsnetz ist.

https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/paxlovid-corona-olaf-scholz-christian-lindner-1.5667223

Warum verließen sich Lindner & Co nicht auf den Schutz der Impfung(en) vor schwerer Erkrankung? Wußten sie überhaupt, dass Paxlovid an Geimpften klinisch nicht getestet worden war? Denn das, was ein Hersteller zu einer Studie in der Presse erklärt, hat mit ordentlicher Evaluierung nichts zu tun.

Wußten es ihre Ärzte, die ihnen das Zeug verschrieben?

Ich habe meine Zweifel angesichts der selektiven Kommunikationslage.

Falls sie es nicht gewusst haben sollten, wurden sie mit der Einnahme von Paxlovid zu Laborratten, die das Pfizer-Sparschwein befüllten.

Sie wären Opfer eines verwerflichen Menschenexperiments (das in Deutschland glücklicherweise keinen Massencharakter annahm, wenn man die mediale Jammerei zum Maßstab nimmt, dass Paxlovid, so schön in Deutschland hergestellt, kein Kassenschlager ist).

Falls sie es doch wussten, muss man sich fragen, wie krank drei Bundesminister offenbar sind, dass sie off-label Tabletten schlucken, die für bestimmte ungeimpfte Hochrisiko-Gruppen mit Komorbiditäten wie etwa Übergewicht/Fettleibigkeit, Bluthochdruck und Zucker entwickelt wurden.

Falls sie glücklicherweise diese Komorbiditäten gar nicht haben, dann sagt auch das sehr viel über sie aus, allerdings nichts Beruhigendes, gemessen an der Verantwortung, die sie tragen.

Lindner erklärte, er wäre dank Paxlovid schneller virusfrei geworden. Wie kann er das wissen? An dem Punkt verfehlte Pfizer das eigene klinische Studienziel.

Aber den Placeboeffekt tiefen Glaubens soll man auch nicht unterschätzen.

An Paxlovid darf jeder mit behördlicher Billigung und ärztlicher Verschreibung glauben, an IVM (sogenannte „Pferdemedizin“) definitiv nicht.

Seit der ersten bedingten Zulassung eines mRNA-Impfstoffs durch die EMA ist transparent, dass die Experten die Herstellerstudien kritisch würdigten. Nach welchen Maßstäben sie dann die vorläufige Zulassung empfahlen, ist schon weniger eindeutig. Es ist auch transparent, dass die öffentliche Kommunikation der EMA zu den Ergebnissen der Expertenanalyse politisch glattgebügelt erfolgte. In der für sie politisch zuständigen Überwachungsbehörde, der EU-Kommission, setzte sich das fort, willig flankiert von den EU-Mitgliedstaaten.

Summa summarum spricht alles dafür, dass auch die EMA nicht exakt das tat, was sie eigentlich sollte: Sich als Wissenschaftsinstitution um die gemeinschaftsweite Zulassung von hocheffektiven, sicheren Arzneimitteln in der EU zu kümmern.

Man muss deshalb vermuten, dass die EMA als Institution politisiert ist, oder sie in Abhängigkeit der sie maßgeblich finanzierenden Pharmaunternehmen geriet, oder beides.

Da die EMA-Experten ihre Interessen offenlegen müssen, sollten Konflikte an sich nicht aufkommen. Korpsgeist lässt sich nicht völlig ausschließen, denn diese Expertenwelt ist eine sehr hochspezialisierte, relativ überschaubare Gemeinschaft. Aber das ist wahrscheinlich das geringste Problem.

Wenn jedoch in einer Pandemiezeit politisch eine Impfung/speziell eine völlig neue Technologie oder ein neues Medikament beworben wird, dass es nur so kracht, kann das alles korrumpieren, auf allen Ebenen.

Es ist höchste Zeit, sich die ganze Geschichte der mRNA-Impfstoffentwicklung, der bedingten Zulassung der mRNA-Impfstoffe von Pfizer und Biontech und aller sonstigen Corona-Therapeutika sowie ihrer willigen Verbreitung in den Mitgliedstaaten ohne Herzchen in den Augen genaustens anzuschauen und alles Revue passieren zu lassen.

Dabei geht es nicht darum, Unternehmen, Institutionen oder die mRNA -Technologie mies zu machen, sondern vor allem darum, wie es möglich war, dass in der Pandemie jede kritische Distanz zur Pharmaindustrie und ihren Produkten verschwand und eingebaute Sicherheitsschranken im System nicht hielten. Das gilt nicht nur für Deutschland. Wir waren ein Zahnrad im Getriebe.

Trotzdem müssen wir uns fragen, wie es passieren konnte, dass der Tod plötzlich so furchtbar über allem und jedem zu schweben schien, so dass viel zu viele Entscheidungsträger oder Meinungsmacher nicht mehr gründlich hinschauten, keine Fragen stellten, das Kleingedruckte nicht lasen, alles besser wussten und autoritären Versuchungen nachgaben.

Auf was für eine Gesellschaft steuern wir zu, wenn Angst und blinder Glaube regieren?

Das ist nicht nur, aber auch eine gesundheitspolitische Frage.

Wie soll es helfen, wenn in den spärlichen Versuchen der Aufarbeitung von Fehlern der Pandemie, etwa unter der Überschrift „Da habe ich mich geirrt“ (ZEIT), Fehler mit „Hysterie“ erklärt werden oder das Unethische, das man mitverantwortete, dann im Nachhinein das Herz angeblich bricht?

Woher wollen wir die Sicherheit nehmen, dass wir nicht aus einer Hysterie in die andere gefallen und taub geworden sind für ethische Maßstäbe?

Auch ich weiß (noch) nicht, was am Bericht von Projekt Veritas stimmt und was nicht, aber immerhin hat mich der ganze Vorfall dazu gebracht, genauer zu recherchieren.
Was ich zu Paxlovid fand, stellt sehr viele Fragen.

Es ist überfällig, dass die recherchestarken und meinungsbildenden Medien in Deutschland ihre Hausaufgaben machen und die Politik eine vernünftige Aufarbeitung der Pandemiepolitik organisiert.
So, wie es war, darf es nicht weitergehen.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

Zwangsimpfung von Juden – „gute deutsche“ Tradition?

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Das ist skandalös. Das Vorgehen des Gerichts und der Gutachter erinnert an den Fall Mollath, siehe
https://josopon.wordpress.com/2023/01/13/erinnerungen-anden-fall-mollath-vom-mai-2013-das-ganz-profane-bose-einer-kalt-lachelnden-burokratie/.
Die Institutionen stehen in den südlichen Bundesländern, der ehemaligen(?) US-Besatzungszone, immer noch in der Tradition des 3. Reiches, weil nach dessen Untergang dort am wenigsten entnazifiziert wurde und die Professsoren, Richter, Verwaltungschefs ihre alten Positionen meist wieder einnahmen.

Inna_ZhvanetskaiaDie vorläufig gute Nachricht vorab: die fast 86-jährige ukrainische Jüdin Inna Zhvanetskaya, die als Kind den Holocaust überlebt hat, wurde von Aktivisten an einen sicheren Ort gebracht und konnte daher bis jetzt nicht zwangsgeimpft werden.
Siehe dazu die Aktualisierung weiter unten !
Alles andere, was man über diesen Fall berichten kann bzw. muss, ist schlimm, denn es zeigt sich, im Land der Shoah haben Nachgeborene der Täter wenig bis gar nichts gelernt.

Ein Meinungsbeitrag von Andrea Drescher.
https://apolut.net/zwangsimpfung-von-juden-gute-deutsche-tradition/

Rechtsanwalt Holger Fischer brachte den Fall ins Rollen. Er berichtet in seinem Telegram-Kanal über den Fall, kontaktierte Mascha Orel, einer Mitgründerin von We for Humanity, die wiederum mit Report24 Kontakt aufnahm.
Zunächst bat Report24 am Sonntag, dem 8.1.23, das Gericht um eine Stellungnahme. Diese kam am Montag und konstatierte trocken-sachlich auf welcher Grundlage die freiheitsentziehenden Maßnahmen sowie die medizinische Zwangsbehandlung verordnet wurden und dass eine Beschwerde anhängig sei (die von Rechtsanwalt Fischer).
Am 10.1. ging Report24 mit einem Bericht und einem Video an die Öffentlichkeit. We for Humanity kontaktierte ebenfalls das Gericht mit einem Appell.
Am gleichen Tag teilten die Mitarbeiter des Pflegedienstes lapidar mit, Frau Zhvanetskaya müsse die Arbeitseinsätze final unterzeichnen, es werden keine weiteren benötigt, da Frau Zhvanetskaya am nächsten Tag abgeholt werde. Die Betreuerin werde dabei sein.

Zahlreiche bekannte Aktivisten und Anwälte griffen das auf und setzten eine Welle der Solidarität in Gang.
Denn eines ist klar: nur eine breite Öffentlichkeit kann die alte Dame, die in Stuttgart lebt, vor einer Zwangs-Psychiatrierung und einer Zwangs-Impfung in Deutschland schützen.

Der Fall

Laut Urteil der Richterin Dr. Luipold am Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt wurde die Unterbringung der Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bzw. einer geschlossenen Abteilung einer Pflegeeinrichtung durch die Betreuerin bis längstens 5.12.24 genehmigt.
Gleichzeitig wurden zwei Impfungen gegen Covid-19 (Corona) zur Grundimmunisierung als ärztliche Zwangsmaßnahme jeweils nach internistischer Prüfung der Impffähigkeit bis längstens 16.1.23 mit Einwilligung der Betreuerin genehmigt.

Im Urteil wird weiter aufgeführt, dass die Durchführung der Impfung gegen Covid-19 gegen den Willen der Betroffenen im Rahmen der Unterbringung zum Wohle der Betroffenen erforderlich sei, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden von ihr abzuwenden.

Inna Zhvanetskaya hatte sich nicht von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme überzeugen lassen, im Gegenteil. Sie lehnt die Impfung strikt ab.
Darum befand die Richterin, dass der erhebliche gesundheitliche Schaden durch keine andere der Betroffenen zumutbare Maßnahme abgewendet werden kann, da der zu erwartende Nutzen der ärztlichen Maßnahme die zu erwartenden Beeinträchtigungen der Betroffenen erheblich überwiegen würde.

Breite Welle der Solidarität

Im Kanal von Holger Fischer konnte man lesen:

“Bei mir fing das Jahr u. a. mit einem Hilferuf aus Baden-Württemberg an: Ein Betreuungsgericht hat auf Antrag der Betreuerin die zweijährige geschlossene Unterbringung einer alten Dame genehmigt, was der zwangsweisen Behandlung in einer Klinik für Psychiatrie und im Anschluss daran die Aufnahme im beschützten Bereich eines Pflegeheims bedeutet. Ohne erst den Erfolg der Krankenhausbehandlung abzuwarten und etwa dann den Fall unter Einholung eines neuen Gutachtens bezüglich des weiteren Unterbringungsbedarfs neu zu entscheiden, wird hier sogleich über die Zukunft dieser gar nicht so unselbständigen Frau entschieden.

Dies allein ist unverhältnismäßig. Nebenbei wird vom Gericht ausdrücklich sogleich die zwangsweise Impfung gegen Covid-19 genehmigt.

Während eine Zwangsmedikation mit Psychopharmaka nur ultima ratio sein darf, dementsprechend nicht schon im Beschluss enthalten ist, entscheidet hier ein Gericht, dass die Betroffene ohne Zögern, also möglicherweise noch direkt nach ihrer Verbringung mittels polizeilichem Zwang in die psychiatrische Klinik, unter Anwendung von Gewalt ihre Covid-Injektion erhält.

Alles zum Wohle der Betroffenen gemäß Paragraph 1906 Abs. 1 Ziffer 2 BGB, wonach eine Unterbringung gegen den Willen eines Betroffenen nur zulässig ist, weil „zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, die Maßnahme ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.“

Da der Beschluss sofort vollziehbar ist, wartet sie nun täglich darauf, dass sie von der Betreuungsbehörde, die der Betreuerin bei Ausführung des Beschlusses Amtshilfe leistet, die wiederum zur Anwendung von Zwangsmaßnahmen die Polizei hinzuziehen wird, aus ihrer Wohnung abgeführt, in die Psychiatrie transportiert und dort zwangsgeimpft wird. Die Betroffene ist vor Beginn des Zweiten Weltkriegs geboren und jüdischer Herkunft.”

Im Kanal findet man auch die erste rechtliche Stellungnahme von ihm. Dort ist u.a. zu lesen:

“Es steht noch nicht fest, wie das Schicksal der alten Dame weitergehen wird, die heute untergebracht werden soll. Durch das Rechtsmittel der Beschwerde ist der Beschluss des Betreuungsgerichts zur langfristigen Unterbringung und Zwangsimpfung anfechtbar und wurde angefochten. Die Entscheidung der Beschwerdekammer des Landgerichts steht aus.”

Bodo Schiffmann griff es in seinem Kanal ebenfalls auf

Holocaustüberlebende soll morgen 11.01.2023 zweimal eine medizinische Zwangsmaßnahme erhalten: Sie soll gegen Ihre bewusste Entscheidung mit Gewalt gegen Covid-19 geimpft werden. Ferner soll sie zwangseingewiesen werden in eine psychiatrische Einrichtung. Dort soll Sie zweimal gegen COVID-19 geimpft werden.
Die Frau hat sich bewusst gegen diese Impfung entschieden und wird jetzt als Holocaustüberlebende in Deutschland einer medizinischen Zwangsmaßnahme unterzogen

und fordert seine Leser auf, die Informationen breit zu teilen, um die Dame zu schützen.

Und Beate Bahner, Fachanwältin für Medizinrecht, kommentierte:

Diese Entscheidung ist ein gigantischer Justizskandal!! Sofort vollziehbar! Morgen soll die Komponistin abgeholt werden. Dann ist sie morgen Mittag geimpft und wird darüber hinaus vermutlich mit Medikamenten ruhiggestellt. Ich bin fassungslos! Ein Betreuungsrechtsanwalt (Holger Fischer) hat bereits Beschwerde eingelegt.
Dies hindert die Justiz und Polizei jedoch nicht am Sofortvollzug dieser Skandal-Entscheidung. Dieser Fall muss an die Öffentlichkeit und an die Presse! Jeder muss aktiv werden!“

Die Gesellschaft der Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie e.V., MWGFD berichten umfassend und publizieren auch den Brief von Mascha Orel, die selbst eine in Deutschland lebende Jüdin, gebürtig in der Ukraine, ist. Sie hat das Gericht in Stuttgart in ihrem offenen Brief darum gebeten, diese Entscheidung zu überdenken. Ich sprach kurz mit ihr, um weitere Hintergründe zu erfahren:

Wie objektiv ist das Gutachten?

Nicht nur das von Report24 veröffentlichte Video belegt, dass die Diagnose lt. Gutachten in Zweifel gezogen werden kann und muss.
Mascha Orel hat mit der Betroffenen selbst gesprochen und kann nichts von dem, was im Gutachten diagnostiziert wurde, bestätigen.

Welche Erfahrungen hast Du mit Inna gemacht?
Ich habe eine Stunde mit ihr telefoniert. Es ist ein Wahnsinn. Ich wollte mich davon überzeugen, wie ihr Zustand ist.
Sie ist vulnerabel, verängstigt und lebt in diesem Zustand seit etwa 2 Jahren, da ihre gesetzliche Betreuerin anscheinend mehrmals versucht hat, sie einzuweisen.
Das Damoklesschwert der Einweisung schwebt schon lange über ihrem Kopf. Sie hat einen unmissverständlichen Vergleich gezogen: „Es ist wie damals, als Papa an der Front war und Mama mit mir und meinem Bruder fliehen musste.“

Warum wird sie als behandlungsbedürftig dargestellt?
Wie viele Künstler ist Inna introvertiert und wirkt außerhalb ihrer Kunst „nicht von dieser Welt“.
Aber welcher hochbegabte Künstler ist im herkömmlichen Sinne ganz normal? Ein Beispiel: Um sich beim Report24-Reporter für das Engagement zu bedanken – der Journalist hat sich ja wirklich mit Herzen engagiert – hat sie sich mit einem Musikstück bedankt, dass sie vorgesungen hat.
Ist das normal? Nicht in unserer Welt vermutlich. Muss sie deshalb in die Psychiatrie? Ich glaube nicht. Sie ist eine begnadete Komponistin, deren Musik auf den großen Bühnen der Welt gespielt wurde.
Wenn sie Defizite hat, dann soviel: Sie hat sich nicht ganz damit abfinden können, dass ihre Musik keinen Zuspruch mehr findet. Aber das macht sie auch zu einem sehr einfachen „Pflegefall“. Man muss sie nur auf ihre Kompositionen ansprechen. Dann blüht sie auf, ist glücklich.
Sie braucht nicht viel. Ja, sie braucht Medikamente, aber ich behaupte von der Art wie die meisten Menschen in ihrem Alter.

Warum wurde die Psychiatrierung vorangetrieben?
Inna hat eine gute Seele um sich, eine Frau, die aus christlicher Nächstenliebe für sie da ist. Die Frau hat einen scharfen Verstand. Sie hat mir erzählt, dass vor ca. zwei Monaten der Pflegedienst den Auftrag bekommen habe, sie zu waschen und anzukleiden. Das konnte sie selbst, sie war immer gepflegt. Warum wurde das gemacht?
Dann kam wohl als nächste Anweisung von Betreuerin, man müsse die Medikamentenannahme kontrollieren. Das sind zwei K.O.-Kriterien – wer nicht auf sich achtet und sich weigert Medikamente zu nehmen, ist betreuungswürdig.
Aber beides stimmt eben nicht, so die Vertraute von Inna Zhvanetskaya. Ihr Vater war Arzt und Pharmakologe, sie achtet sehr genau auf Nebenwirkungen und Ablaufdaten von Medikamenten.
Ihr Vater hat ihr wohl auch beigebracht, Nutzen und Risiken abzuwägen, sie hat einen sehr bewussten Umgang mit dem Thema und daher wohl auch die Impfung so strikt abgelehnt. Die verschriebenen Medikamente (z.B. wegen Wasser im Bein) nimmt sie wohl.

Weißt Du, wie sie ihre Situation einschätzt?
Interaktion mit der Außenwelt außerhalb ihrer Musik fällt ihr schwer. Wenn es danach geht, müsste man alle Autisten isolieren.
Es war für sie eine große Überwindung, das Video aufzunehmen, reden ohne Klavier ist nicht das Ihre. Aber für sie geht es um ihr Leben. Sie hat um ihr Leben geredet und gespielt. Das hat mich zu Tränen berührt. So hat Report24 das auch genannt:

„Inna Zhvanetskaya spielt um ihr Leben. Und wie sie spielt!“

Der Nürnberger Kodex, das Instrument Zwangsimpfungen zu verhindern

Auch Prof. Dr. Dr. Martin Haditsch hat sich dem Unterstützerteam angeschlossen. Er nahm inzwischen mit Mascha Kontakt auf:

Ich möchte bitte bei dieser Gruppe dabei sein. Eigentlich wäre die rechtliche Situation ja einfach: es ist eine Studienmedikation in Phase 3, damit DARF es keine Zwangsmaßnahme geben; wer es trotzdem macht, verstößt gegen den Nürnberger Kodex und gehört wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angezeigt und auf Basis der vorliegenden Fakten auch verurteilt.

Was das heißt, kann man der Wikipedia entnehmen:

Der Nürnberger Kodex ist eine ethische Richtlinie zur Vorbereitung und Durchführung medizinischer, psychologischer und anderer Experimente am Menschen.
Er gehört seit seiner Formulierung in der Urteilsverkündung im Nürnberger Ärzteprozess (1946/1947) zu den medizinethischen Grundsätzen in der Medizinerausbildung, ähnlich wie das Genfer Gelöbnis. Er besagt, dass bei medizinischen Versuchen an Menschen,

„die freiwillige Zustimmung der Versuchsperson unbedingt erforderlich (ist). Das heißt, dass die betreffende Person im juristischen Sinne fähig sein muss, ihre Einwilligung zu geben; dass sie in der Lage sein muss, unbeeinflusst durch Gewalt, Betrug, List, Nötigung, Übervorteilung oder irgendeine andere Form der Überredung oder des Zwanges, von ihrem Urteilsvermögen Gebrauch zu machen; dass sie das betreffende Gebiet in seinen Einzelheiten hinreichend kennen und verstehen muss, um eine verständige und informierte Entscheidung treffen zu können“.

Anlass für den Nürnberger Kodex waren die während der Zeit des Nationalsozialismus im Namen der medizinischen Forschung begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, insbesondere „verbrecherische medizinische Experimente“ und Zwangssterilisationen.

Dass es gerade in Deutschland zu einer solchen Situation kommt, ist für mich unfassbar. Aber in einem Land, in dem die Staatsanwaltschaft gegen Holocaust-Überlebende wie Vera Sharav ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet hat, weil sie die Corona-Impfungen unter anderem mit den Anfängen des Nationalsozialismus verglich, wundert mich inzwischen nichts mehr.

Man sollte sich die Situation vergegenwärtigen: In ihrer Jugend und jetzt im hohen Alter wird eine Jüdin von Deutschen verfolgt. Sie wird versteckt, um sich dem Freiheitsentzug und der Zwangsimpfung zu entziehen; an ihrem Wohnort hat man ein Polizeiaufgebot beobachtet, als ob es sich um einen Schwerverbrecher handeln würde. Die Wohnungstür wurde aufgebrochen. Die Aktivisten sind in Sorge, dass sie nicht unbeobachtet Arzneien zustellen und Inna so verraten können. Anne Frank lässt grüßen.

Deutschland, 2023.

Der Brief von Marina (Masha) Orel, ebenfalls Jüdin aus der Ukraine, an das Amtsgericht Bad Canstatt vom 10.1.202, gelesen von der Rechtsanwältin Beate Bahner.

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Andrea Drescher, Jahrgang 1961, lebt seit Jahren in Oberösterreich. Sie ist Unternehmensberaterin, Informatikerin, Selbstversorgerin, Friedensaktivistin, Schreiberling und Übersetzerin für alternative Medienprojekte sowie seit ihrer Jugend aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln und der KZ-Historie ihrer Familie überzeugte Antifaschistin. Zuletzt erschien von ihr „Menschen mit Mut“ und „Vor der “Impfung’” waren sie gesund“.

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Wir danken der Autorin für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Dieser Text wurde vorab am 12.1.2023 auf den Seiten von tkp.at veröffentlicht.

Aktualisierung

aus https://report24.news/wie-geht-es-inna-zhvanetskaia-so-hetzt-der-mainstream/

Der bekannte widerständige “Querdenker-Anwalt” Holger Fischer betreut den Fall. Er schreibt dazu

Neues aus dem Fall Zhvanetskaya: Das Landgericht Stuttgart hat meinem Eilantrag im Hinlick auf die Zwangsimpfung stattgegeben und die sofortige Wirksamkeit sowie die Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Canstatt einstweilen, also bis zur Entcheidung über die Beschwerde, ausgesetzt.

Hinsichtlich der Unterbringung wurde keine Entscheidung bezüglich der Aussetzung der sofortigen Wirksamkeit und der Vollziehung getroffen.

Heißt also: Die Betroffene darf bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens nicht zwangsgeimpft werden, kann aber weiter sofort in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden.

Das Gericht hat sich dabei davon leiten lassen, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Beschwerde erfolgreich sein werde. Wenn die Betroffene dann schon geimpft wäre, könne das mit der Beschwerde verfolgte Ziel nicht mehr erreicht werden. Soll heißen: Eine bereits getätigte Injektion könnte nicht mehr rückgängig gemacht werden, es würde dauernder Rechtsverlust eintreten.

Dass die sofortige Wirksamkeit der Unterbringung nicht ausgesetzt und sie also vorerst weiter vollzogen werden kann, überrascht mich im Übrigen nicht: Denn an dem die Erforderlichkeit und Alternativlosigkeit der Unterbringung befürwortenden Sachverständigengutachten kommt die Beschwerdekammer zunächst nicht vorbei.

Es wird nötig sein, ein weiteres Gutachten einzuholen, diesmal mit russischsprachigem Übersetzer oder gleich einem russischsprachigen Sachverständigen. Ich habe bereits entsprechende Fachärzte genannt bekommen.

Und in der Zwischenzeit basteln wir an einem Konzept, wie die Betroffene adäquat in ihrer Wohnung versorgt werden kann und legen es dem Gericht auf den Tisch.

Ich werde der Beschwerdekammer entsprechende konstruktive Vorschläge machen.
Bei aller – dringend notwendigen – juristischen Kritik an dem Beschluss des Amtsgerichts ist es mir wichtig, auch in die Zukunft zu blicken und Lösungen vorzuschlagen.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Jochen

Erinnerungen an den Fall Mollath vom Mai 2013: Das ganz profane Böse einer kalt lächelnden Bürokratie –

Damals hatte ich noch keinen WordPress-Blog.
Aus aktuellem Anlass (Verfügung einer Zwangseinweisung zur Durchsetzung einer nicht unmittelbar zur Abwehr einer Gefahr erforderlichen Zwangsmedikation) wird dieser Eintrag jetzt, am 13. 1.2023, nachgeholt:

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN am 2. 6.2013

Am Montag abend dazu eine Dokumentation im 1.Fernsehprogramm. Hier eine Voreinschätzung – Kafka lässt grüßen:
http://www.ein-buch-lesen.de/2013/05/mollath-das-ganz-profane-bose-einer.html
Auszüge:

Freitagskolumne von Ursula Prem

»Ich les doch keine 110 Seiten«, erklärte Richter Otto Brixner am 17. Mai 2013 vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags.
Lakonisch führt er aus, dass das Landgericht keine Ermittlungsbehörde sei und er deshalb keinen Anlass gehabt habe, sich näher mit der Verteidigungsschrift Gustl Mollaths zu befassen.
Vielmehr habe er zu dieser Zeit umfangreiche andere Verfahren vorbereiten müssen und überhaupt: Gustl Mollaths Sache sei ein Fall gewesen wie Hunderte andere auch.
Erschreckend profane Aussagen, wenn man bedenkt, dass auf solcher Grundlage ein Urteil zustande kam, dessentwegen Gustl Mollath bis heute in der forensischen Psychiatrie festgehalten wird.
Brixner, der selbst nicht gerade für besonders feinfühlige Umgangsformen bekannt ist, zeigt vor dem Untersuchungsausschuss eine gewisse Wehleidigkeit, seine eigene Person betreffend.
Er sehe sich durch die Presse in seiner Ehre verletzt, spricht von den Kollateralschäden freier Berichterstattung, die er zu erdulden habe.

Sollte Gustl Mollath also tatsächlich aufgrund ganz banaler Gründe wie der Arbeitsüberlastung des zuständigen Richters in die Psychiatrie verräumt worden sein?
Auf diese Darstellungsweise jedenfalls scheint sich die Nürnberger Justiz verständigt zu haben, denn auch Amtsrichter Armin Eberls Aussage verfolgt diese Linie:
Überarbeitung und die mangelnden Schreibmaschinenkenntnisse eines Mitarbeiters sollen dazu geführt haben, dass das Verfahren damals in die Länge gezogen wurde.
Nun ja. Monate später scheinen die Probleme mit der Schreibmaschine also gelöst gewesen zu sein.
Leider sagt Eberl nichts darüber, ob anschließend auch noch das hauseigene Postpferd an einer Kolik erkrankt war, welche es verhinderte, die fertige Akte unverzüglich zwecks Weiterleitung an das Landgericht zur Staatsanwaltschaft zu bringen:
Immerhin 17 Tage, vom 3.1.2006 bis zum 20.1.2006 dauerte ihr Transport von einer Tür zur anderen, um dann, o Wunder, punktgenau und im scheinbar ganz organischen Turnus auf dem Tisch der 7. Strafkammer zu landen, wo der als »harter Hund« bekannte Richter Brixner sein eisernes Regiment führte, mit den inzwischen allseits bekannten Folgen.

Nein. Die Aussagen der Juristen vor dem Untersuchungsausschuss sind nicht dazu angetan, das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz wiederherzustellen.
Das von ihnen dargestellte ganz profane Böse einer kalt lächelnden Bürokratie wirkt fast noch monströser, als der Gedanke an eine gezielte Intrige gegen Gustl Mollath.
Ist die Justizmaschinerie ihren Akteuren schon längst entglitten, sodass sie in ihrer enthemmten Form ein unmittelbares Lebensrisiko für die gesamte Bevölkerung darstellt?
Vielleicht könnte ja die Dienstaufsicht in Gestalt von Justizministerin Beate Merk als erste Maßnahmen wenigstens Schreibmaschinenkurse für Justizbedienstete anordnen und für frische Postpferde sorgen, ohne sich damit dem Verdacht des Eingriffs in die richterliche Unabhängigkeit auszusetzen.

Leider hat es noch eine Weile gedauert, bis Mollath frei kam.
Der Fall ging als schlechtes Beispiel in die Literatur zur psychiatrischen Begutachtung ein.
Die Dokumentation ist sehenswert. Damals war die ARD noch nicht so von Gleichschaltungsmaßnahmen betroffen.
Jochen