„Schön war die Zeit“ – Evelyn Hecht-Galinski

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Hier aus dem Blog

Kommentar vom Hochblauen

Ein aktueller Eintrag von Frau Hecht-Galinski, den ich so treffend finde, dass ich ihn hier wiedergebe.
http://sicht-vom-hochblauen.de/kommentar-vom-hochblauen-schoen-war-die-zeit-von-evelyn-hecht-galinski/

Auszüge:
Als wir noch nicht Tag und Nacht mit Propaganda-Nachrichten überrollt wurden, die das Feindbild Russland mit seinem Präsidenten an die Wand malten, unter Auslassung wichtiger Informationen zur Ursache des Krieges in der Ukraine;
Und als die deutsche Bevölkerung noch nicht zu 82 Prozent Angst hatte, den Mund aufzumachen, um ihre eigene Meinung zu sagen.
Nun hat es den Anschein, dass die Deutschen wieder ein Volk von Duckmäusern und Denunzianten geworden sind.
Das gleiche Phänomen kannte ich ja schon seit vielen Jahren durch die Einschüchterung von Menschen, die Kritik am „jüdischen Staat“ und seiner illegalen und völkerrechtswidrigen zionistischen Besatzung Palästinas üben und die schnell als Antisemiten denunziert und wie Aussätzige behandelt werden, wenn sie ihren Mund aufmachen oder – schlimmer noch – wie auch ich die Boykottbewegung (BDS) unterstützen.

Handlanger des israelischen Besatzungsstaates

Von der Bundesregierung eingesetzte Antisemitismusbeauftragte versuchen mit aller Macht, einseitig und völkerrechtlich unannehmbar, die vermeintlichen Interessen von Juden in Deutschland zu vertreten, indem sie einen der übelsten Besatzungsstaaten der Geschichte unterstützen und Kritik an diesem Völkerrechtsbruch zum Teil sogar gerichtlich zu stoppen versuchen.
Dieser Beauftragte sollte sich um wirklichen Antisemitismus kümmern, statt als Handlanger des israelischen Besatzungsstaates Israel-kritische Bürger zu verfolgen!
Als deutsche Bürgerin mit jüdischen Wurzeln weiß ich sehr gut, worüber ich spreche und weiß genau, was Antisemitismus ist und habe ihn schon immer bekämpft.

Schon in meinem Elternhaus erlebte ich, wie mein Vater von echten Nazis diffamiert wurde und er dagegen, auch gerichtlich, vorging. Damals waren die Zeiten allerdings völlig anders und „jüdische Belange“ in puncto Rechtsextremismus standen nicht auf der Tagesordnung, geschweige denn ein Verbot der NPD oder DSU.
Während das Verbot der KPD ohne weiteres vollzogen wurde. Man hatte auch keine Hemmungen, KPD-Mitglieder und frühere Widerstandskämpfer, die im KZ waren, nun wieder zu verfolgen, nicht selten von der mit Alt-Nazis durchsetzten Justiz.
Man scheute sich nicht, vielen die kleinen Renten zu entziehen, während Nazis weiter ihre Pensionen und Renten erhielten.
Dieser Skandal ist bis heute nicht aufgearbeitet, und deshalb bleibt Deutschland wie gehabt auf dem rechten Auge blind.

Noch kurz nach dem Tod meines Vaters Heinz Galinski war es einem Neo-Nazi möglich, zwei Schweineköpfe über die Erfurter Gemeindemauer zu schmeißen – mit der Aufschrift „Endlich ist das Schwein Galinski tot“. Und wen wundert es, dass dieser Neo-Nazi unter dem Sold des Verfassungsschutzes stand.
Ebenso blieben die Anschläge gegen sein Grab bis heute unaufgeklärt, auch dabei hatten der Verfassungsschutz und gewisse „Helfer“ – wie ich bis heute der festen Überzeugung bin – ihre Hände im Spiel.
Immer wieder muss ich an dieses Ereignis denken, das mich und meinen „Glauben“ an Demokratie und Politik tief geprägt hat. Diese persönliche Geschichte musste ich zum besseren Verständnis voran schicken.

Der Verfassungsschutz muss weg!

Warum wohl bin ich bin für die sofortige Auflösung des Verfassungsschutzes? Weil ich ihn nicht für den Hüter der Verfassung und deren Schutz halte, sondern für ein Staatsorgan, das seine Kompetenzen oft überschreitet und eine Macht ausübt, die Demokratie gefährdend ist.

So war für mich die Razzia in der letzten Woche gegen so genannte „Reichsbürger“ eine mehr als durchsichtige Geschichte, die den Anschein erweckte, dass ein paar ältere Reichsbürger und Rechtsextreme unsere Demokratie erschüttern könnten, denen es nicht nur gelingen würde, den Bundestag zu stürmen, Geiseln zu nehmen und politische Würdenträger hinzurichten, mit ihrem „Militärischen Arm“; darunter ein Ex-Oberst, eine AfD-Bundestagsabgeordnete und Richterin, ein „Starkoch“(?), ein Ex-KSK-Beamter und ein seniler Prinz als Anführer und geplanter Regierungschef. Mehr als 90 Waffen und Messer wurden unter den Augen von vorab informierten Medien wie „Bild“ und „Spiegel“ sichergestellt.
Nancy Faeser, die gerade einen mehr als peinlichen Katar-Aufenthalt „auszubügeln“ hatte, sah gar einen „Abgrund“ vor sich. Wie sie sich gemeinsam mit dem Verfassungsschutz präsentierte, war schon eine Schmieren-Inszenierung. Besonders schlimm fand ich den Vergleich mit der Roten Armee Fraktion (RAF). Was für ein Schwachsinn!

Wie inzwischen jeder meiner Leser weiß, bin ich seit Gründung der AfD ein Gegner dieser Partei. Ja, ich halte sie in großen Teilen für rechtsextrem und rassistisch von Grund auf, wegen ihrer Ablehnung von Flüchtlingen und ihrer Aversion gegen Muslime. Sie steht voll hinter Israel und ihrer mittlerweile rechtsradikalen Regierung.

Reichsbürger-Inszenierung; eine traurige Satire

Aber inzwischen geht es doch hauptsächlich darum – und das zeigt diese „Razzia-Inszenierung“ doch deutlich – gegen die AfD vorzugehen, die man als gefährlichen Konkurrenten sieht, steht sie doch laut Prognose inzwischen bei mehr als 15 Prozent?
Die Bundestagssitzung zur Razzia gegen die Reichsbürger war so lächerlich, tatsächlich entlarvend, dass es schon wie eine traurige Satire wirkte, wie gewisse Abgeordnete der Ampel und der CDU/CSU sich als „Hüter der Demokratie“ präsentierten, um die AfD, Querdenker, Corona-Leugner, Putin-Versteher und Antisemiten gleich in einem Abwasch als gefährliche Staatsterroristen zu markieren. „Wie praktisch“ möchte man rufen, wie einfach wäre es doch, nur noch willige Abnicker um sich zu wissen.

Anmerkung: Vgl. dazu https://josopon.wordpress.com/2022/12/12/der-putsch-neue-fakten-und-gesprachspartner/

Sogar Kinder und Jugendliche werden für den Propagandakampf eingespannt. Man hört in Schulen, Kitas und Kindergärten nur noch von leidenden Ukrainern, ukrainischen Kindern und „bösen Russen“, die sogar Kinder entführen und foltern.
Mich erinnert diese gefährliche Mischung an Nazi-Zeiten, denn auch die haben schon die Kinder indoktriniert.
Wollen wir wieder „kleine Braun-Grünhemden“, die jegliches eigenes Denken aufgegeben haben, zugunsten einer angepassten grün-roten „Öko-Terror“-Sicht der Dinge?
Mit dem aktuell grassierenden krankhaften Russlandhass aufzuwachsen, ist eine ganz gefährliche Entwicklung, die ich fürchte.

Die deutsche Einheitsmeinung fürchtet eine abweichende Meinung, und deshalb reagiert man mit dem Verbot von RT und anderer kritischer Internetmedien.
Weil diese genau über „den fehlenden Part“ berichten, den man uns vorenthält. Warum wird nicht ehrlich über Merkels Spiegel- und Zeit-Interview diskutiert?
Dies würde doch dem letzten Bürger die Augen darüber öffnen, wie Russland vom Westen schändlich betrogen wurde mit den Minsk I und II-Abkommen, die der Westen heimtückisch vereitelte, um der Ukraine Zeit zu geben, mit westlichen Waffen aufzurüsten! Und wie die NATO und die USA seit Jahrzehnten planten, Russland zum Äußersten zu treiben, fertig zu machen und mit dem „Kampf bis zum letzten Ukrainer“, völlig geschichtsvergessen „Russland zu ruinieren“ und an seine Rohstoffe zu gelangen und den USA ihren Lebensstandard zu erhalten.
DIESE bösartige kriminelle Politik ist tatsächlich ein Bruch der Zivilisation, ja tatsächlich eine Zeitenwende in den Abgrund, denn mit ihrem unbändigen Hass schüren sie zum Dritten Weltkrieg und nehmen die Vernichtung Europas in Kauf!

Europa: Schlachtfeld eines Dritten Weltkriegs

Denn wir in Deutschland und Europa werden das Schlachtfeld und die Opfer sein, denn die US-Atomwaffen lagern gemäß der strategischen Planspiele der USA/NATO auf deutschem Gebiet – und sind damit Ziel eines russischen Zweitschlags (nur die Amis haben feuchte Träume von einem Erstschlag, das sollten die Deutschen Bürger wissen!)
Bekanntlich führen die USA keine Kriege im eigenen Land, denn für ihre Kriege haben sie hunderte militärische Stützpunkte in der ganzen Welt, von denen aus sie ihre Raubzüge durchführen können!

Zudem werden wir Bürger frech belogen, als Scholz anlässlich seiner letzten Bundestagsrede behauptete: „Putin hat sich fundamental verrechnet, Russland ist gescheitert und hat den Gashahn abgedreht“.
Nein, Herr Bundeskanzler, nicht Putin hat sich fundamental verrechnet, nicht Russland hat uns den Gashahn abgedreht, sondern die deutsche Ampel als Befehlsempfänger der USA, deren Politik doch nur eine abhängige Vasallen-“Dackelpolitik“ ist, hat uns in diese prekäre Lage und die neue Abhängigkeit gebracht.

Und während man hierzulande gegen AfD und Reichsbürger vorgeht, sollen die korrupten Nazi-Ukrainer unsere neuen/alten Freunde und Vorbilder sein, die angeblich „für unsere Freiheit“ den Krieg gewinnen müssen.
Was für ein infamer Schwindel! Ich lehne die Unterstützung faschistischer und korrupter Regierungen in der Ukraine und im „jüdischen Staat“ ab, denn das ist der Abgrund, in den ich blicke.

Schluss mit Milliardenhilfen und Waffenlieferungen an die Ukraine!

Es muss endlich Schluss sein mit Waffenlieferungen und Milliardenhilfen an die Ukraine. Was ist mit den von der Ampel-Regierung willentlich verarmten und frierenden deutschen Bürgern, die sich trotz kläglicher Unterstützung weder die Energiekosten noch steigende Mieten, geschweige denn ein sorgenfreies Weihnachtsfest leisten können.
Während ukrainische Flüchtlinge, und ich kann es nur wiederholen, in einer Art und Weise bevorzugt werden, wie es nicht mehr vermittelbar ist, lässt man andere Flüchtlinge im Mittelmeer sterben.

„Führungs“-Deutschland will mitspielen mit den schändlichen Aggressoren und rüstet mit Milliarden auf, die im sozialen Bereich fehlen.
Wir sagen laut und vernehmlich NEIN zu dem großdeutschen aggressiven Bestreben, die Bundeswehr überall in die Welt zu schicken.
Unsere Freiheit wurde weder am Hindukusch verteidigt (deren Regierung die westlichen Invasoren nach zwanzig Jahren endlich aus dem Land geschmissen haben und 7 Milliarden Dollar der afghanischen Zentralbank geraubt und außer Landes geschafft haben), noch in einem anderen Land!
Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen!

Raus aus der Nato! Weiterlesen

Von Syrien bis zur Ukraine: Dieselben 10 Regeln der Kriegspropaganda von Lord Posonby

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Karin LeukefeldWichtige Beobachtung von Karin Leukefeld in den NachDenkSeiten:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=85647
Bei der Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine werden in deutschen Medien altbekannte Regeln der Kriegspropaganda aus dem Syrienkrieg angewendet.
Die gegnerische Seite (Russland) sei verantwortlich, der russische Präsident wird dämonisiert. Man sei „nicht Kriegspartei“, die gelieferten Waffen dienten nur der Selbstverteidigung der Angegriffenen. Diese kämpften heldenhaft während die gegnerische Armee verbotene Waffen einsetze und Grausamkeiten verübe.
Unbelegte Behauptungen reichen, um den Gegner (Russland, Putin) als Schuldigen anzuprangern.

Wie die syrische Stadt Aleppo und ihre Bewohner für Propaganda gegen Russland missbraucht werden

  • Im Donbas entfesselt der „Schlächter von Aleppo“ seine brutale Strategie“. Die Welt, 09.05.2022.
  • „Ukraine-Krieg: Grosny, Aleppo, Butscha: Immer die gleichen Vorwürfe an die russische Kriegsführung“. Stern, 05.04.2022.
  • „Von Aleppo nach Kiew: Das ist der Putin den wir kennen“. Tagesspiegel, 09.03.2022.
  • „Von Aleppo nach Mariupol“. Die Zeit, 04.03.2022. Und weiter: „Wir werden wohl bald Aleppo-ähnliche Bilder aus Mariupol sehen.“

Medien im Krieg

Die Botschaft lautet, dass die russische Armee blutrünstig, brutal und menschenverachtend vorgehe und mit ihrer „barbarischen Kriegsführung“ – wie in Aleppo – keinen Stein auf dem anderen lasse.
Frauen würden in Massen vergewaltigt, Delphine im Schwarzen Meer siechten dahin, Kunst- und Kulturgüter würden zerstört.
Als „Schlächter von Aleppo“ bezeichnen deutsche Medien heute den russischen Präsidenten Wladimir Putin, wie sie zuvor den syrischen Präsidenten Bashar al Assad den „Schlächter von Syrien“ nannten, Muammar al Ghadafi den „Schlächter von Libyen“ und Saddam Hussein den „Schlächter von Bagdad“.

Die Regeln der Propaganda

Die Regeln der Propaganda wurden 1928, vor knapp 100 Jahren, von dem britischen Baron und Politiker Arthur Ponsonby (1871-1946) in dem Buch „Lüge in Kriegszeiten“ analysiert.

Ponsonby, der seine Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg verarbeitete, wird das Zitat zugeschrieben: „Das erste Opfer im Krieg ist die Wahrheit“. Heute ist bekannt, dass die Wahrheit schon vor dem Beginn eines Krieges erlegt wird. Politische Unwahrheiten, Lügen und Täuschungen bilden den Hintergrund, vor dem Kriege entstehen.
Transportiert werden sie von Denkfabriken, Politik und Medien mit Hilfe einer globalisierten westlich dominierten Kommunikationsstruktur.

Meist sind die Lügen bekannt, weil es vor einem Krieg immer mindestens zwei Perspektiven gibt, die eine angespannte politische Situation beschreiben.
Bis zum Irak-Krieg 2003 wurden die verschiedenen Perspektiven zumeist von Journalisten und Korrespondenten noch berichtet, wobei schon damals eine deutliche Differenz zwischen Berichten der westlichen Medien (EU, GB, USA) und arabischen, lateinamerikanischen oder asiatischen Medien (Asia Times, Al Jazeera, Prensa Latina) zu beobachten war.

Lüge in Kriegszeiten

Der Krieg von USA, Großbritannien und einer Koalition der Willigen (auch 4000 Soldaten aus der Ukraine waren dabei) gegen Irak 2003 wurde u.a. mit der vom britischen Geheimdienst MI6 verbreiteten Lüge vorbereitet, Irak verfüge über Massenvernichtungswaffen, die innerhalb von 45 Minuten einsatzbereit seien.

Der damalige US-Außenminister Colin Powell präsentierte im UN-Sicherheitsrat am 5. Februar 2003 angebliche Beweise dafür, dass der Irak fahrbare Chemiewaffenlabore im Einsatz habe.

Nichts wurde gefunden. Der Irak, geschwächt durch mehr als 10 Jahren UN-Sanktionen, wurde politisch, wirtschaftlich und sozial zerstört.
2016 wurde in London der Bericht der Chilcot Untersuchungskommission veröffentlicht, in dem die meisten Lügen der britischen Politik aufgedeckt wurden.

Dem Irak half das nicht. Niemand wurde rehabilitiert, niemand entschädigt. Weder die USA noch Großbritannien entschuldigten sich bei dem Land, das sie völlig destabilisiert hatten.
Stattdessen wurden und werden weitere Kriege und Krisen mit Unwahrheiten, Lügen und Täuschungen vorbereitet und begründet.
Perspektiven, Informationen und Berichte von Medien, die nicht das weltumspannende westliche „Narrativ“ bedienen, sondern es hinterfragen, Hintergründe recherchieren und debattieren und andere Perspektiven einbringen, werden diffamiert, verfolgt und verboten. Die Regeln der Kriegspropaganda funktionieren immer wieder aufs Neue.

Warum Aleppo?

Zur Vorgeschichte gehört, dass in Deutschland über den Krieg in Syrien, Ursachen und Hintergründe, über das Geschehen in Aleppo und über die Akteure einseitig berichtet wurde.
Die Darstellung unterlag übergeordneten Vereinbarungen, die von den USA, Großbritannien, Frankreich, einigen ausgewählten arabischen Golfstaaten, Türkei, Jordanien und Israel – das nie genannt wird – und den so genannten „Freunden Syriens“ bestimmt wurden. Denkfabriken, Medien und Hilfsorganisationen wurden in dieses „Narrativ“ eingebunden. Die UNO und ihre Organisationen agierten unter enormem Druck der westlich geführten „Freunde Syriens“. Friedens- und fortschrittliche Organisationen in Deutschland, Parteien, Gewerkschaften und Kirchen und auch die meisten Journalisten hinterfragten die Darstellung kaum.

Das führte dazu, dass die Interessen der Bundesregierung gegenüber der breiten Öffentlichkeit in Deutschland nicht offengelegt wurden. Die Bundesregierung war – und ist – eingebunden in die Interessen von EU und NATO, die wiederum von den USA bestimmt wurden und werden. Die damals wichtigsten Verbündeten in der Region waren die arabischen Golfstaaten, Israel und die Türkei.

„Der Westen, Golfstaaten und die Türkei“ wollten in Syrien einen gewaltsamen „Regierungswechsel“ (Stichwort: Regime Change) durchsetzen, stellte der US-Militärgeheimdienst DIA im August 2012 in einem internen Bericht fest. Zu dem Zeitpunkt wurden bereits Waffen und Kämpfer aus Libyen über das Mittelmeer in die Türkei transportiert und dort – unter Aufsicht der CIA – an bewaffnete aufständische Gruppen im Norden Syriens verteilt. Je mehr und je besser Waffen, desto mehr Kämpfer meldeten sich .
DIA stellte dazu fest: „A. Im Land nehmen die Ereignisse eine deutliche konfessionelle Richtung. B. Die Salafisten, die Muslim Bruderschaft und Al Qaida im Irak (AQI) sind die führenden Kräfte die den Aufstand in Syrien vorantreiben. C. Der Westen, die Golfstaaten und die Türkei unterstützen die Opposition, während Russland, China und der Iran das Regime unterstützen.“

judicialwatch.org/wp-content/uploads/2015/05/Pg.-291-Pgs.-287-293-JW-v-DOD-and-State-14-812-DOD-Release-2015-04-10-final-version11.pdf

Aleppo – Die Wirtschaftsmetropole

Aleppo kam aufgrund seiner strategischen Lage – der Nähe zur türkischen Grenze bei Azaz – in den Umsturzplänen eine besondere Rolle zu.

Die Stadt galt als Wirtschaftshauptstadt Syriens, hier wurde der Reichtum des Landes erwirtschaftet, die Basis seiner Unabhängigkeit. Gelegen im ehemaligen „Fruchtbaren Halbmond“ und an wichtigen Handelsrouten, die Ost mit West (Seidenstraße) und Nord mit Süd (Gewürzstraße) verbanden, ist Aleppo seit dem 3. Jahrtausend vorchristlicher Zeitrechnung einer der berühmtesten Handelsplätze in der Region.

Im 12. Jahrhundert wurde Aleppo von den Kreuzrittern belagert, im 13. Jahrhundert wurde die Stadt von den Mongolen zerstört und im 15. Jahrhundert von den Osmanen erobert.
Mit dem Fall des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg (1914-1918) wurden die ehemaligen arabischen Provinzen des gefallenen Reiches mit dem britisch-französischen Sykes-Picot-Plan gevierteilt. Syrien und die Stadt Aleppo fielen unter französisches Mandat. Aleppo wurde von seinem arabischen und asiatischen Hinterland abgeschnitten, es mussten neue Handelswege gefunden werden.
Erst 1946 zogen sich die Franzosen zurück, Syrien erlangte die Unabhängigkeit und wurde Mitglied der UNO.

Nach der gewaltsamen Gründung des Staates Israel und der Vertreibung der Palästinenser (1948) folgten Kriege, die Besetzung der Golanhöhen (1967), die traditionellen Handelswege Syriens zum Mittelmeer (Haifa, Beirut und Tripoli) waren ganz oder teilweise versperrt. Doch trotz der schwierigen politischen Entwicklung Syriens und der Region war Aleppo vor dem Krieg 2011 wieder die wichtigste Wirtschaftsmetropole in der Region. Die Weltbank bezeichnete Syrien als die am schnellsten wachsende Wirtschaftsmacht unter den arabischen Staaten und prognostizierte, dass das Land bald auf Rang 5 der arabischen Ökonomien (…) geklettert sein werde.

Gelungen war das durch den Plan, aus Syrien, Türkei, Libanon, Jordanien und Irak eine gemeinsame Wirtschaftszone zu machen. ***) Gemeinsame Infrastrukturprojekte waren geplant, der regionale Handel boomte. Zwischen Syrien und der Türkei wurden neue Grenzübergänge geöffnet, die Visumspflicht wurde aufgehoben. Die Händler von Aleppo hatten Beziehungen in alle Welt, neue Industriebezirke waren in und um die Stadt entstanden. In der Industriestadt Scheich Najjar – etwa zehn Kilometer vom Zentrum der Stadt entfernt – hatten sich mehr als 1900 Firmen angesiedelt, die Tausenden Menschen Arbeit gaben. Aleppo war die wirtschaftliche Hauptstadt Syriens.

Aleppo bleibt ruhig

Während in anderen Landesteilen die Konflikte 2011/ 2012 eskalierten, blieb es in Aleppo ruhig. Die religiöse und ethnische Vielfalt der Stadt, der ausgeprägte Geschäftssinn, die Ablehnung einer „Revolution“ spiegelten sich in der politischen Zurückhaltung der Aleppiner.

Doch in den nordöstlichen Randgebieten der Stadt, die durch Landflucht und Bevölkerungswachstum unübersichtlich geworden waren, fassten bewaffnete Kämpfer – die aus der Türkei gekommen waren – Fuß und sagten der säkularen Gesellschaft im Zentrum von Aleppo den Kampf an. Im August 2012 erreichten sie den Ostteil der Altstadt im Herzen von Aleppo. Die Bewohner der alten Viertel flohen.
Ein Augenzeuge ist der Fotograf und Filmemacher Issa Toumeh, der im Viertel Al Jdeideh lebt. Er beobachtete und filmte den Beginn des Krieges von seinem Fenster neun Tage lang.
In seinem Kurzfilm „Neun Tage – Von meinem Fenster in Aleppo“ (9 Days – From My Window in Aleppo) zeigt er, wie Bewaffnete in der Straße vor seinem Haus Position beziehen.

Aleppo – Die Zerstörung

Geschäftsleute, die sich den Kämpfern entgegenstellten, um ihre Geschäfte in der Altstadt zu schützen, wurden bedroht und zogen sich vor der Waffengewalt zurück. Andere versuchten die Kämpfer mit Geld zu besänftigen und dazu zu bringen, ihre Fabriken, Lager oder Häuser nicht anzugreifen.
Die Kämpfer nahmen das Geld und griffen weiter an. Sie plünderten Fabriken und die Fuhrparks von Industrieunternehmen, dem syrischen Roten Halbmond und von ICARDA (International Center for Agricultural Research in the Dry Areas), dem Internationalen Zentrum für Agrarforschung in Trockengebieten.

Die Industriestadt Sheikh Najjar und nahezu alle Industriezentren in den Randbezirken von Aleppo wurden im September, Oktober 2012 gestürmt, geplündert und besetzt oder zerstört.
Aus den Fabriken in Sheikh Najjar wurden Maschinen, Computer, Fuhrparks gestohlen und vor aller Augen über die nahegelegene Grenze in die Türkei abtransportiert.

Im Dezember 2012 folgte die Belagerung des Al Kindi Hospitals, der größten und modernsten Klinik für Krebserkrankungen in der Region mit 700 Betten. Auf einem Hügel gelegen, war es für den militärischen Sturm auf Aleppo ein wichtiger Stützpunkt, den die Kämpfer einnehmen wollten.
Patienten und Personal konnten evakuiert werden, die syrische Armee versuchte die Klinik zu verteidigen. Im Dezember 2013 lenkten zwei Selbstmordattentäter je einen Lastwagen, beladen mit jeweils 40 Tonnen Sprengstoff, in den Eingangsbereich der Klinik und sprengten sich in die Luft. Das Gebäude brach in einer riesigen Staubwolke zusammen.

Aleppo – Das syrische Benghasi

Unterstützt wurden die Kämpfer bei ihrem Sturm auf Aleppo von den „Freunden Syriens“. Der Plan war, aus Aleppo ein „syrisches Benghasi“ zu machen.
Das Vorbild war Libyen, wo die Hafenstadt Benghasi die Basis für die bewaffnete Opposition geworden war. Eine Flugverbotszone sollte angeblich Luftangriffe der libyschen Armee verhindern.
Tatsächlich schützte sie die Anlieferung von Waffen, die mit Schiffen zu den Kämpfern in Benghasi gebracht wurden.

In Syrien sollte Aleppo die Basis für die syrische bewaffnete Opposition werden. Eine Exilregierung sollte etabliert werden. Im Umland von Aleppo sollten „Schutzzonen“ errichtet werden, in denen die Kämpfer sich sammeln und zu einer „Freien / Neuen Syrischen Armee“ ausgebildet werden sollten.
Dann sollten sie in Richtung Damaskus marschieren, das vom Süden (Deraa, Yarmouk), vom Westen (Zabadani, Maraya) und vom Osten (Deir Ez-Zor, Palmyra, Ghouta, Douma) umzingelt werden sollte.
Ziel war der Sturz der Regierung, „Regime Change“.

Aleppo eignete sich als Basis für den Plan, weil aus der nahegelegenen Türkei Kämpfer und Waffen leicht über die Grenze gebracht werden konnten. Die Waffen waren seit 2011 aus Katar und Saudi-Arabien auf dem Luftweg nach Amman und Ankara und von dort jeweils zur syrischen Grenze transportiert worden, wie der damalige Ministerpräsident Katars, Scheich Hamad bin Jassim bin Jabar al Thani in einem Interview mit dem Katarischen Fernsehen 2017 erklärte.
Das Vorgehen sei mit den USA und der Türkei abgesprochen gewesen. Für die militärische Koordination der Angriffe in Syrien habe es zwei international besetzte „Operationsräume“ gegeben, einen in Jordanien und einen in der Türkei.

Aleppo – Die Belagerung

Es folgten vier schreckliche Jahre (2012 -2016) für die Bewohner von Aleppo. Die Front verlief durch die Altstadt und um die Stadt herum. West-Aleppo – wohin viele Menschen aus dem Osten der Stadt und dem Umland geflohen waren – war teilweise komplett von den bewaffneten Gruppen eingeschlossen. An deren Spitze stand die Nusra Front (Al Qaida).
Allein im Sommer 2015 blockierten bewaffnete Gruppen nach Angaben von UNICEF mehr als 40 Mal die Wasserversorgung für Aleppo Stadt, wo damals rund 1,5 Millionen Menschen lebten.
Die Wasseraufbereitungsanlage Al Khafseh am Euphrat, wurde von Kämpfern des Islamischen Staates besetzt und geschlossen, wodurch 2 Millionen Menschen in Aleppo und Umland ohne Wasserversorgung waren. Ein Luftangriff auf Al Khafseh – für den Syrien die US-Streitkräfte und die Opposition russische Kampfjets verantwortlich machten – richtete ebenfalls Zerstörung an.*)

Die Belagerung endete erst im Juli 2016, als die syrische Armee mit Unterstützung des Irans, der Hisbollah und der russischen Luftwaffe, die letzte Versorgungslinie für die Kampfgruppen in Aleppo unterbrach.
Es folgte eine massive Angriffswelle der „Armee der Eroberung“, die von der Nusra Front geführt von Idlib herkommend einen Sturm auf Ramousseh, im Süden von Aleppo startete und dabei Selbstmordkommandos mit Sprengstoffbeladenen Panzerwagen gegen Stellungen der syrischen Armee einsetzte. Doch der Angriff scheiterte, die Zahl der Opfer auf beiden Seiten war hoch.

Im Dezember 2016 war Aleppo wieder unter syrischer Kontrolle. Die bewaffneten Kämpfer und „Oppositionellen“ wurden unter internationaler Kontrolle nach Idlib evakuiert. Unter ihnen waren mindestens 14 ausländische Militärs und Geheimdienstoffiziere, wie ein syrischer Parlamentsabgeordneter mitteilte. Sie kamen aus der Türkei (1), USA (1), Israel (1), Katar (1), Saudi-Arabien (8), Jordanien (1) und Marokko (1).

Andere Geheimdienstquellen sprechen von weit mehr ausländischen Offizieren, die von syrischen Spezialkräften identifiziert worden seien: 22 Amerikaner, 16 Briten, 21 Franzosen, 7 Israelis, 62 Türken.

Im UN-Sicherheitsrat wurde hinter verschlossenen Türen heftig darüber verhandelt, wie mit diesen ausländischen Militärs – darunter Bürger der drei westlichen Veto-Mächte USA, Großbritannien und Frankreich – umgegangen werden sollte. Sie wurden schließlich im Rahmen der großen Evakuierung von 25.000 bewaffneten Kämpfern und deren Angehörigen unbehelligt in Bussen abtransportiert.

Nach Einschätzung von US-Geheimdienstveteranen (Veterans Today) sei der Abzug der mehr als 100 ausländischen Militärs und Geheimdienstoffiziere Teil des Waffenstillstands- und Evakuierungsplans gewesen. Russland und Syrien hätten weitere Kämpfe, Tote und Zerstörungen verhindern wollen und waren vor allem daran interessiert, die Kämpfer aus Aleppo zu entfernen.
Russland habe auf einen sofortigen umfassenden Waffenstillstand gedrängt und wollte – in Absprache mit der Türkei und Iran – die politischen Gespräche aller Parteien in Astana beginnen.
Die westlichen Veto-Mächte wiederum wollten „ihre Leute“ sichern und stimmten dem Abzug der Kampfverbände nur zu, wenn auch „ihre Leute“ abziehen könnten. Alle Seiten schwiegen über den Deal.

Was hat Aleppo mit dem Krieg in der Ukraine zu tun?

Warum also ziehen Politik und Medien im Westen eine Parallele zwischen dem Syrienkrieg und der Ukraine? Was hat Aleppo mit Kiew oder Mariupol zu tun?

Das Sprichwort „Haltet den Dieb“ eignet sich vielleicht am ehesten als Erklärung. Wie ein ertappter Dieb versucht der Westen mit großem Geschrei auf allen Kanälen und rund um die Uhr, Russland zu beschuldigen, um von der eigenen Verantwortung für die Zerstörung von Aleppo abzulenken.

Die Botschaft lautet, dass die russische Armee blutrünstig, brutal und menschenverachtend vorgehe und mit ihrer „barbarischen Kriegsführung“ – wie in Aleppo – keinen Stein auf dem anderen lasse.
Doch wie beschrieben war das Geschehen in Aleppo anders. Die lauten Anschuldigungen sollen davon ablenken.

Die große Zerstörung von Aleppo fand zwischen 2012 und 2016 statt. Es war ein erbitterter Straßenkampf. Die Akteure waren auf der einen Seite die von den „Freunden Syriens“ ausgerüsteten Kampfverbände, die das syrische „Regime stürzen“ sollten und in westlichen Meiden als „Opposition“ dargestellt wurden. Sie hatten den Krieg nach Aleppo gebracht.
Die Akteure auf der anderen Seite waren die syrische Armee, die versuchte mehr als 1,5 Millionen Menschen zu schützen und die Stadt zu verteidigen. Unterstützt wurde die syrische Armee in dieser Zeit von der libanesischen Hisbollah und von iranischen Milizen und Beratern.

Russland war militärisch in der Zeit gar nicht in Aleppo aktiv. Die einzige militärische Aktivität Russlands geschah sehr effizient, professionell und abseits von Schlagzeilen in den Jahren 2013 und 2014, als die russische Militärpolizei die Chemiewaffenbestände Syriens mitten im Krieg sicherte und nach Latakia transportierte. Dort wurden sie von westlichen Spezialschiffen, auch aus den USA, an Bord genommen und vernichtet.

Erst Ende September 2015 griff Russland auf Bitten Syriens und auf Bitten des iranischen Generals Qasim Sulimani ein. Ziel war, die bewaffneten Kampfverbände von Dschihadisten und Al Qaida, die von der Türkei zu Tausenden nach Syrien strömten und sich auf den Sturm auf Aleppo vorbereiteten, zurückschlagen zu können.
Russland bildete eine militärische Koordinationsstelle mit Syrien, Hisbollah, Iran und Irak. Den USA bot Russland an, zur Vermeidung direkter Konfrontation eine „militärische Hotline“ einzurichten, um sich jeweils bei Luftangriffen zu informieren. Die USA stimmten zu.

Russlands Luftwaffe und Langstreckenraketen zerstörten in wenigen Wochen die Versorgungswege der Dschihadisten, Waffenlager, Routen und Konvois, über die das geplünderte syrische Öl von den Ölfeldern im Osten des Landes (Hasakeh und Deir Ez-Zor) nach Idlib und in die Türkei abtransportiert wurde.

Der ehemalige US-Marine (Vietnamkrieg) und spätere Senator Colonel Richard Black (78) war in Aleppo und hat die Folgen des Straßenkampfes dort und die enorme Zerstörung gesehen.
Der Straßenkampf in Aleppo sei von 2012 – 2016 „eine ziemlich syrische Angelegenheit“ gewesen, so Black. Sehr brutal, mit großen Verlusten.
„Sie kämpften vier Jahre lang, bevor Russland überhaupt in den Kampf eingriff.“ Dabei sei Russland „extrem zurückhaltend“ gewesen, „sich in den Kampf in Syrien einzumischen“, so Black in einem Interview im April 2022.

Russland habe nur sehr kleine Einheiten von Soldaten entsandt, wenig Artillerie, einige Sondereinsatzkräfte und Berater. „Andererseits waren sie eine bedeutende und sehr effektive Luftwaffe, die die syrische Luftwaffe ergänzt“ habe. Das sei jedoch nur im letzten Jahr des Krieges gewesen, als „die Syrer die terroristischen Kräfte schon ziemlich geschwächt“ hätten.
Die russische Unterstützung habe geholfen „das Gleichgewicht zu wahren“, so Black. Aleppo sei der „große Sieg“ im Syrienkrieg gewesen. „Die Russen für die massive Zerstörung in Aleppo verantwortlich zu machen ist unsinnig: weil sie gar nicht da waren“, so Black. „Sie waren nicht da, als es passierte.“

Fazit

Wer Aleppo kontrolliert, kontrolliert Syrien, heißt es. Der Krieg wurde nach Aleppo gebracht, weil man wollte Syrien kontrollieren wollte. Syrien hatte keine Wahl, als sich zu verteidigen.
Vier Jahre lang wurde in und um Aleppo gekämpft, dann hatten die „Freunde Syriens“ und ihre Kämpfer verloren. Der komplette Plan von Infiltration und Täuschung lag im Dezember 2016 offen auf dem Tisch.

Die russische Diplomatin Maria Khodynskaya-Golenishheva beschreibt in ihrem BuchAleppo – Krieg und Diplomatieden diplomatischen Kampf, der auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Formaten um die Stadt geführt wurde.

Als Vertreterin Russlands und Co-Vorsitzende nahm sie an der Seite des damaligen UN-Sonderbeauftragten Staffan de Mistura an allen Treffen teil. Sie berichtet über die Gespräche, die zu der Vereinbarung zwischen Russland und der Türkei führten. Sie beschreibt, warum die russisch-US-amerikanischen Beratungen immer wieder scheiterten. Sie hebt die Interessen der so genannten „kleinen Gruppe“ interessierter Staaten hervor – Russland, USA, Iran, Katar, Saudi Arabien und Türkei – über die die Öffentlichkeit in Deutschland kaum etwas erfuhr. **)
Und sie schreibt darüber, wie seitens der UNO in den letzten Wochen und Monaten des Jahres 2016 immer wieder Raum für die bewaffneten Gruppen in Ost-Aleppo und ihre Interessen geschaffen wurde, während die syrische Armee, Russland und ihre Verbündeten blockiert wurden im Kampf gegen die – nicht nur aus syrischer Sicht – terroristischen Gruppen.
Der immer wiederkehrende Vorwand war die Wahrung von Menschenrechten und die humanitäre Versorgung.

Die Befreiung von Aleppo, so ihr Fazit, sei ein Beispiel dafür, wie sich internationale und regionale Diplomatie und Außenpolitik im Zuge der Entstehung einer neuen, multipolaren Weltordnung verändere.
Neue Bündnisse und Interaktionen könnten entstehen.

Russland brachte Iran und die Türkei mit Syrien und den bewaffneten Gruppen im „Astana-Format“ an einen Tisch. Es wurden Waffenstillstandszonen vereinbart, die Kämpfer mussten die Waffen niederlegen.
Syrien erklärte im Gegenzug eine Amnestie, die Voraussetzungen für einen innersyrischen Versöhnungsprozess wurden geschaffen.

Aleppo konnte gerettet werden, im größten Teil Syriens schweigen heute die Waffen. Den etwa 2 Millionen Menschen in der Stadt und im Umland blieb die Zerstörung. Kein Strom, wenig Wasser, die Jugend ist geflohen, Fachkräfte sind abgewandert.
Der Wirtschaftskrieg von EU und USA gegen Syrien und seine Verbündeten, die Sanktionen und das US-Caesar-Gesetz, verhindern bis heute den Wiederaufbau im ganzen Land und kurbeln Inflation und Wirtschaftskrise an.

Der westliche Propagandakrieg, der den Konflikt um Aleppo und den Syrienkrieg von Anfang an begleitete, geht weiter. In Syrien konzentriert er sich auf die Provinz Idlib und humanitäre Hilfslieferungen, die politisch der Nusra Front – heute Hayat Tahrir al Scham – nutzen, die das Gebiet kontrolliert.
Heute ist die Propaganda eingebettet in hybride Kriegsführung und zielt auf die gegnerischen Staaten ebenso, wie auf die Köpfe der eigenen Bevölkerung.
Im Rahmen des Ukrainekonflikts ist Russland das aktuelle Ziel des US-geführten Blocks von NATO und EU.
Das nächste Ziel wurde schon ins Visier genommen: China.

*: In deutschen Leim-Medien wurde darüber fast nichts berichtet. dazu z.B.https://josopon.wordpress.com/2018/03/11/usa-planen-teilung-syriens-und-beeinflussung-des-russischen-wahlkampfs-interwiew-mit-karin-leukefeld/.
**:Siehe https://josopon.wordpress.com/2018/03/11/usa-planen-teilung-syriens-und-beeinflussung-des-russischen-wahlkampfs-interwiew-mit-karin-leukefeld/

Und:
https://josopon.wordpress.com/2022/04/25/wenn-aus-journalismus-propaganda-wird-von-karin-leukefeld-akkreditierte-korrespondentin-fur-syrien/
https://josopon.wordpress.com/2018/04/26/kleine-syriengruppe-russland-soll-assad-regime-so-ausliefern-wie-wir-es-erwarten-der-terror-des-us-imperiums-soll-durchgesetzt-werden/
https://josopon.wordpress.com/2017/01/18/waffen-fur-dschihadisten-aus-den-usa-in-aleppo-gefunden/

***: Dies zu verhinern war ein wesentlicher Grund für die NATO-Bestrebungen eines regime change.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Jochen

„Kein Frieden für Palästina – Der lange Krieg gegen Gaza, Besatzung und Widerstand“ – Interview mit Helga Baumgarten

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Macht Sie das wütend, Frau Baumgarten?

Nachdenkseiten-Interview mit Helga Baumgarten, Politikwissenschaftlerin und Journalistin, von 1993 bis 2019 Professorin an der Universität Birzeit im Westjordanland, von Gabi Weber, promovierte Fachärztin.

GW: Frau Baumgarten, vor Kurzem ist Ihr 5. BuchKein Frieden für Palästina – Der lange Krieg gegen Gaza, Besatzung und Widerstandim Promedia-Verlag erschienen.
In Ihrem Vorwort schreiben Sie, dass ein Interview mit Ihnen am 12. Mai 2021 im ZDF-Mittagsmagazin zu einer von Ihnen völlig unerwarteten Reaktion Hunderttausender Menschen in Deutschland und weltweit geführt hatte. Was war da los?

HB: Dieses Interview im ZDF-Magazin hatte für mich völlig überraschende Konsequenzen.
Ich muss der Reihe nach gehen. Am Tag nach dem Interview (gerade 4 Minuten!!!) erschien ein wüster BILD-Artikel, der sowohl das ZDF als auch mich angriff. Vielleicht noch mehr das ZDF, weil es jemandem wie mir eine Plattform gab. Ich habe den Artikel nicht gelesen, weil ich grundsätzlich keine Bildzeitung lese.

Das Interview plus die Angriffe – wie üblich bei der Bildzeitung unter der Gürtellinie – verbreiteten sich in Windeseile auf Instagram (mit über 3 Millionen Klicks), auf Facebook und auf YouTube. Sehr, sehr viele Instagram-Follower waren offensichtlich deutsche Muslime.
Unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger, die mich auch per E-Mail kontaktierten, drückten damit ihre Enttäuschungen über die mangelnde Integration seitens der deutschen Mehrheitsgesellschaft aus. Viele berichteten mir, wie sie sich ausgeschlossen fühlen, diskriminiert und regelrecht gedemütigt. Stereotyp werden sie wohl immer als Terroristen abgestempelt.

Für sie war es wichtig gewesen, dass eine deutsche Wissenschaftlerin offen Partei ergriff für die unterdrückten Palästinenser in Jerusalem, im besetzten Palästina und vor allem auch im Gazastreifen. Und sie konnten offensichtlich kaum glauben, dass diese Wissenschaftlerin Kritik übte an der Besatzungsmacht Israel.

Der gesamte Komplex Islamophobie-Antisemitismus-Rassismus trat hier in den Vordergrund, und ich fühlte mich regelrecht gedrängt, darüber im Zusammenhang mit Jerusalem und den schlimmen Ausschreitungen durch die israelische Besatzungsmacht (auch wenn aus israelischer Sicht das besetzte Ost-Jerusalem Teil der ewig unteilbaren Hauptstadt des jüdischen Staates ist, vielleicht besser sein soll) sowie dem letzten Krieg Israels gegen die Menschen im Gaza-Streifen (sicher nicht gegen die Hamas oder den islamischen Jihad) etwas zu schreiben.
Die Kollegen vom Promedia-Verlag in Wien, Hannes Hofbauer und Stefan Kraft, nahmen meinen Vorschlag absolut positiv auf, und so entstand dieses neue Buch.

Ich versuche hier, ausgehend vom Mai 2021 (mit dem ZDF-Interview, den Instagram-Reaktionen, der Gewalt in Ost-Jerusalem, vor allem auf dem Haram al-Sharif, und schließlich dem Krieg gegen Gaza), zurückzugehen zum Jahr 1948 mit der Staatsgründung Israels und der Vertreibung von etwa 750 000 Palästinensern aus ihrer Heimat, und mich von dort durchzuarbeiten über den Juni-Krieg 1967, den Anfang des palästinensischen Widerstandes (1965 bzw. 1968), angeführt von Fatah und der PLO, über die erste Intifada 1987, die Osloer Periode 1993 und danach bis heute.

GW: Könnten Sie unseren Leserinnen und Lesern kurz erläutern, was der „Haram al-Sharif“ ist und was er für Muslime, Palästinenser und evtl. auch andere Menschen bedeutet?

HB: Der Haram Al-Sharif ist für Muslime weltweit die drittwichtigste heilige Stätte nach Mekka und Medina. Diese Bedeutung erhielt ernach islamischer Lehredurch die Reise des Propheten Mohammad nach Jerusalem und sein Auffahren in den Himmel.
Die beiden Moscheen, die sich auf dem Haram Al-Sharif befinden, sind die Al-Aqsa-Moschee und der “Felsendom”, Qubbat As-Sakhra auf Arabisch.
Gebaut wurden sie von den Umayyaden und gehören damit zu den ältesten Moscheen weltweit. Für Palästinenserinnen und Palästinenser ist der Haram ihr zentrales religiöses, aber gleichzeitig auch nationales Symbol.

GW: Wir hören aktuell – wie so oft – kaum etwas aus Palästina/Israel – hat sich die Lage also wieder beruhigt?

HB: Ganz im Gegenteil. Wie wichtig dieses Buch mit den von mir aufgenommenen Themen ist, zeigt die schlichte Tatsache, dass die Entwicklungen, die im Mai 2021 in den Vordergrund traten, inzwischen in verschärfter Form weitergehen, mit immer mehr Gewalt seitens der israelischen Besatzungsarmee und der kolonialen israelischen Siedler überall in der West Bank – vom Norden (Jenin, Nablus mit Beita) bis hin in den Süden nach Hebron und bis zu den Dörfern und Weilern südlich von Hebron, mit Jerusalem nach wie vor im Zentrum.

Die Unterdrückung der palästinensischen Gesellschaft, der Menschen unter Besatzung, nimmt tagtäglich zu. Inzwischen nimmt diese Unterdrückung schon fast absurde Formen an, denn die israelische Regierung entblödet sich nicht, palästinensische Menschenrechtsorganisationen als Terrororganisationen zu verbieten (siehe z. B. ICAHD, Le Monde Diplomatique, Pax Christi, Addameer, und viele mehr).

GW: Worum geht es bei dieser neuerlichen Eskalation seitens Israels – in diesem Fall gegenüber den Menschenrechtsorganisationen?

HB: Israel scheint erneut zu versuchen, die Palästinenser als die unverbesserlich ewigen Terroristen darzustellen. Dies vor allem vor dem Hintergrund der zunehmenden internationalen Kritik an der illegalen, völkerrechtswidrigen Besatzung, am Siedlerkolonialismus und am Apartheidsystem, nicht zuletzt nach den vernichtend kritischen Analysen durch Human Rights Watch, B’Tselem und zuletzt am 1. Februar durch Amnesty International. Israels Regierung und insbesondere Verteidigungsminister Benny Gantz wollen offensichtlich selbst die weltweit positiv anerkannte palästinensische NGO-Gemeinde anschwärzen und ihnen die internationale politische und nicht zuletzt finanzielle Unterstützung nehmen.
Israel soll damit als ein Staat gesehen werden, der sich auf allen Ebenen gegen terroristische Angriffe verteidigen muss.

GW: Man sagt, der Palästina-Israel-Konflikt sei der am besten dokumentierte Konflikt weltweit. Viele Menschen sind müde, haben kein Interesse mehr an diesem seit Jahrzehnten andauernden „Schlamassel“ im Nahen Osten, für das in den Augen Vieler vor allem die Palästinenser verantwortlich sind, die „keinen Frieden wollen und alle großzügigen Angebote Israels“ verwerfen. Brauchen wir also ein weiteres Buch? Wenn ja, was ist neu in Ihrem aktuellen Buch?

HB: Ich denke, dass gerade vor diesem Hintergrund ein neuer Blick auf den „Konflikt“ eine wichtige Rolle spielen könnte. Deshalb habe ich nicht zuletzt versucht, die wichtigsten Entwicklungslinien seit 1948 kurz, knapp und allgemein verständlich (und hoffentlich auch spannend zu lesen!) aufzuzeigen.

Neu sind die in den letzten Jahren sich herausbildenden Konzeptualisierungen wie „ethnische Säuberung“, „Siedlerkolonialismus“ und Israel als „Apartheidstaat“. Wir verbinden ja den Begriff ethnische Säuberung zuerst und vor allem mit den Kriegen um Jugoslawien in den neunziger Jahren. Siedlerkolonialismus wird mit Ländern wie Algerien oder auch Australien und den USA in Zusammenhang gebracht, während es bis dato zuerst und vor allem Südafrika war, das weltweit als Apartheidstaat gegeißelt wurde.
Eine ganze Reihe meiner Kollegen sowie verschiedene internationale Organisationen haben nun eben diese allgemein bekannten Begriffe direkt auf Israel und Palästina angewandt und damit eine völlig neue Lesart und ein neues, sehr viel besseres, weil tiefer greifendes Verständnis der Entwicklungen seit 1948 ermöglicht.

Neu ist auch meine Darstellung von Gaza seit 2006. Ich sehe dort einen einzigen langen Krieg – offiziell gegen die „radikalislamische Hamas“ – tatsächlich jedoch mit brutaler Gewalt gegen eine schutzlose Zivilbevölkerung, mit immer neuen Gewalteskalationen vor allem von israelischer Seite wie 2006, 2008/9, 2012, 2014, 2021.

GW: Hier würde ich gerne direkt ansetzen: Wir erleben ja nicht nur im Palästina-Israel-Konflikt, wie sehr Wörter – und Sprache im Allgemeinen – für Propagandazwecke missbraucht werden. Früher galt die Fatah als „Terrororganisation“, seit einigen Jahren wird diese als „gemäßigt“ und Hamas als „radikal-islamisch“ bezeichnet. Sprache wird dazu verwendet, den schon seit Jahrzehnten andauernden Konflikt auf die 2006 mittels legaler Wahlen an die Regierung gekommene Hamas zu reduzieren.
Dabei werden die Rollen von „Opfer“ und „Täter“ ständig ausgetauscht und somit Verwirrung gestiftet. Sie haben bereits zwei Bücher über die Hamas geschrieben – wie ist die Situation aktuell im Gaza-Streifen?

HB: Gaza ist eine nicht enden-wollende Tragödie. Deshalb verwende ich ja den Begriff „Der lange Krieg gegen Gaza“ als Untertitel meines Buchs.
Und Kollegen haben die Kriege gegen Gaza noch viel länger zurückverfolgt. Auch darauf nehme ich in meinem Buch wenigstens kurz Bezug.

Gaza ist derzeit nach wie vor (seit 2006) vollständig abgeriegelt und es fehlt dort an allem: angefangen von einer kontinuierlichen Stromversorgung über mangelndes sauberes Wasser und Trinkwasser bis hin zur immer massiveren Arbeitslosigkeit. Die israelische Blockade verhindert jegliche Veränderung.
Die lokale Hamas-Regierung hat sich unter diesen Bedingungen immer mehr in Richtung einer autoritären Kontrollinstanz entwickelt. Die Rechnung bezahlen die Menschen. Auch die Politik der sulta, also der Regierung in Ramallah, trägt nicht bei, hier einen Schritt nach vorne zu unternehmen.

Die von Israel genehmigte finanzielle Unterstützung durch Qatar lindert die Probleme zu einem gewissen Grad. Aber sie reicht nicht aus.
Ohne Aufhebung der Blockade kann sich in Gaza nichts grundsätzlich ändern und verbessern.

GW: Wie stellt sich der „palästinensische Widerstand“ zurzeit dar – gibt es Unterstützung von außerhalb?

HB: Der Versuch des bewaffneten Widerstandes der Hamas und des islamischen Jihad wird wohl unterstützt aus dem Libanon, also durch Hizbullah, und durch den Iran.

Seit Mai 2021 erleben wir zunehmenden Widerstand gegen die israelische Besatzung durch die gesamte palästinensische Zivilgesellschaft weltweit, also in den besetzten palästinensischen Gebieten, in Israel selbst sowie in der regionalen und internationalen Diaspora. Es sind vor allem auch jüngere Palästinenserinnen und Palästinenser, die aktiv sind und die wohl auch nicht mehr primär an bestimmte Organisationen gebunden sind. Eine ungeheuer wichtige Entwicklung, so denke ich.

Die internationale Solidarität, nicht zuletzt von Jüdinnen und Juden in den USA durch z.B. Jewish Voice for Peace oder den Publizisten Peter Beinart, hat langfristige Veränderungen durchlaufen und die Karten gerade auch in den USA völlig neu gemischt.
Diese Entwicklungen zeichnen sich offensichtlich auch in Deutschland ab mit Organisationen wie Jüdische Stimmen für Gerechten Frieden in Nahost, BIP (Bündnis für Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinensern e.V.), aber auch Pax Christi und die gesamte, wieder mehr in den Vordergrund rückende Solidaritätsbewegung.

GW: Auch über die in Deutschland umstrittene BDS-Bewegung (BDS steht für Boykott, Desinvestition und Sanktionen) – als eine Form des palästinensischen Widerstands – schreiben Sie in Ihrem Buch. Könnten Sie unseren LeserInnen und Lesern erklären, was es mit dieser von mehr als 170 zivilgesellschaftlichen Organisationen und Gewerkschaften gegründeten Bewegung auf sich hat?

HB: Mein Buch versucht, ein realistisches Bild der BDS (Boykott, „Divestment“, Sanktionen) zu zeichnen, anstelle des verzerrten Bildes, das vor allem die deutschen Medien uns vermitteln, unterstützt nicht zuletzt durch den unsinnigen Bundestagsbeschluss 2019 zu BDS.

Wie Sie wissen, wurde BDS 2005 von mehr als 170 zivilgesellschaftlichen Organisationen und Gewerkschaften gegründet. Inzwischen unterstützt die gesamte palästinensische Zivilgesellschaft ausnahmslos BDS. Omar Barghouti, einer der Gründer von BDS, wird nicht müde zu betonen, dass die BDS eine gewaltlose Bewegung ist. Mit Anti-Semitismus hat sie nichts zu tun.
Die im Juli verstorbene Esther Bejarano, die Auschwitz überlebt hat, blieb Zeit ihres Lebens Antifaschistin und Kommunistin und hat nicht zuletzt auch deshalb BDS unterstützt. Niemand innerhalb der BDS-Bewegung kämpft, so Barghouti, gegen Jüdinnen und Juden.
Der Widerstand der BDS richtet sich einzig und allein gegen Israel als Apartheid-Staat, der die Palästinenserinnen und Palästinenser unterdrückt, mit Gewalt bekämpft, nie als gleichberechtigte Menschen anerkannt hat und sie vielmehr regelrecht entmenschlicht.

Die Regierung Südafrikas war die erste, die BDS ohne Vorbehalte unterstützte. Der vor Kurzem verstorbene Bischof Tutu stand fest auf der Seite der Palästinenser in ihrer an das südafrikanische Beispiel angelehnten Boykottbewegung. Gerade Tutu betonte, genau wie Omar Barghouti, dass es der BDS um den Kampf gegen die und den Boykott der rassistischen israelischen Politik geht, nicht gegen Jüdinnen und Juden.

Die BDS fordert eine „ethische De-Kolonisierung“ und die Herstellung einer echten, langanhaltenden und ethischen Koexistenz. Das wird aber nur möglich durch eine grundlegende Veränderung in Israel, wo die Unterdrückung der Palästinenser zusammen mit den kolonialen Privilegien für israelische Jüdinnen und Juden enden muss.

GW: Ganz aktuell ist ein neuer Report von Amnesty International über die israelische Apartheid gegenüber den Palästinensern erschienen.
Glauben Sie daran, dass all diese vielen Berichte, nicht eingehaltenen UN-Resolutionen und Protestaktionen irgendwann dazu führen können, dass im Nahen Osten Frieden herrscht?

HB: Glauben ist eine Sache … ich hoffe aber, dass all diese Berichte, nicht zuletzt der Amnesty-International-Bericht, eine Rolle spielen werden in einem langwierigen Prozess der Veränderung. Ich sehe diese Veränderungen, nicht zuletzt seit Mai 2021. Eine Rolle spielt zum einen der anhaltende Widerstand der Palästinenser in den besetzten Gebieten, in Israel und überall in der Welt.
Eine weitere Rolle spielt die Solidaritätsbewegung, nicht zuletzt auch in Deutschland. Hier ist noch viel zu tun, aber selbst in Deutschland bewegt sich etwas.

Schließlich ist es die israelische Politik mit ihrer unsäglichen Brutalität, die inzwischen „den Bogen überspannt“. Ich denke nicht, dass sie noch lange so weitermachen kann. Ich hoffe es, für die Menschen in Palästina, für die sehr kleine israelische Linke und Solidaritätsbewegung mit den Palästinensern, aber auch generell für die Menschen in Israel, die sicher nicht für immer unter einer autoritären Apartheidregierung leben wollen.

GW: Frau Baumgarten, erlauben Sie mir noch eine letzte Frage: Aktuell erleben wir einmal mehr, wie sehr in der Politik mit Doppelstandards gearbeitet wird – auf der einen Seite drücken unsere Politiker viele, um nicht zu sagen alle Augen zu, wenn es um die völkerrechtswidrige Annexion palästinensischen Landes, Vertreibung und Inhaftierung tausender Palästinenser inklusive Kinder (siehe z.B. Military Court Watch, DCI), Siedlerterrorismus, Bombardierung einer wehrlosen Bevölkerung unter Besatzung usw. geht. Auf der anderen Seite erheben unsere Politiker viele „moralische Zeigefinger“ im Konflikt um die Ukraine, benennen eindeutig und einseitig den angeblichen Aggressor und treiben uns an den Rand eines Krieges mitten in Europa. Macht Sie das wütend?

HB: Ich bin vor allem schockiert über die unsäglich dumme und so extrem gefährliche Kriegshetze, die derzeit von den USA bis Europa um sich greift, angefeuert von Politikern, die leider enorme militärische Macht kontrollieren und einsetzen können.

Dass überall in der Welt mit zweierlei Maß gemessen wird … das kennen wir zur Genüge. Die Schwachen erhalten nirgends Unterstützung. Politik wird fast überall auf ihre Kosten gemacht. Die Palästinenser sind dafür das Paradebeispiel.
Was mich außerdem schockiert und auch wütend macht, ist die Leugnung der Realität, also die lange Reihe von NATO-Beschlüssen und Aktionen gegen Russland, die sicher nicht dem Frieden dienen.
Was mich jedoch absolut in Wut versetzt, ist die israelische Gewaltpolitik gegen die Palästinenserinnen und Palästinenser, die sich seit 2021 Tag für Tag weiter zuspitzt und ein unerträgliches Ausmaß erreicht hat.
Doch schauen wir nach vorn und hoffen, dass die Palästinenser mit Hilfe der internationalen Solidaritätsbewegung und nicht zuletzt mit Hilfe von Berichten wie dem soeben erschienenen von Amnesty International das Blatt wenden können. Hoffen wir, dass sich auch die Palästinenser endlich Freiheit und Gerechtigkeit erkämpfen können, die ihnen viel zu lange verwehrt wurden.

GW: Ich danke Ihnen für das Interview.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Syrischer Außenminister im Interview: Für eine politische Lösung der Krise

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Das Massenelend in Syrien, verursacht durch die Sanktionen des Westens und die Übergriffe aus der Türkei und seitens der USA sind in den letzten Monaten seit Corona und insbhesondere seit des Zusammenbruchs von Afghanistan in den Hintergrund geraten.
Hier nun aktuell ein Interview der anerkannten, immer wieder mutig vor Ort recherchierenden Karin Leukefeld auf den NachDenkSeiten:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=80440
Auszüge:

Syrien leidet unter den Folgen des Krieges, unter Sanktionen und unter „Brain Drain“ durch Fluchtbewegungen. Unter anderem zu diesen Themen hat die Nahostkorrespondentin Karin Leukefeld in Damaskus ein Gespräch mit dem syrischen Außenminister Dr. Feisal Mekdad geführt.

Es war 2012/13, als ich die Möglichkeit hatte, Sie als Vize-Außenminister zu interviewen. Thema war damals der beginnende Krieg und ich fragte Sie, ob die Entwicklung in Syrien vergleichbar sei mit der Entwicklung in Europa nach dem 2. Weltkrieg. Die Politik des »Eisernen Vorhangs« sollte die Sowjetunion isolieren, es entstanden zwei deutsche Staaten.
Ich möchte Ihnen heute die Frage erneut stellen: Wird es eine Mauer durch Syrien, wird es eine Spaltung durch die Region in Ost und West geben?

Nein. Natürlich gibt es eine Spaltung zwischen West und Ost, das ist ganz klar. Der britische Poet Rudyard Kipling sagte einmal: »Der Osten ist der Osten und der Westen ist der Westen. Und beide werden niemals zusammenkommen.«[1] Ich bin nicht so pessimistisch wie er. Ich mag keine Mauern und hoffe, daß niemand kommt, um uns einzumauern. Interne Mauern in Syrien wird es nie geben, die Gesellschaft wird das nie akzeptieren.

Allerdings versuchen einige ausländische Mächte tatsächlich Mauern in unserem Land zu errichten. Sehen wir uns an, was die Türkei macht.[2]
Ihr Handeln ist gefährlich und absolut unakzeptabel. Genauso unakzeptabel ist, was die Amerikaner im Nordosten des Landes machen. Sie versuchen den Eindruck zu erwecken, als wollten sie dort einen neuen Staat auf syrischem Territorium errichten. Das wird nicht geschehen, aber sie sorgen für Probleme.
Sie unterstützen dort Milizen und zögern damit eine politische Lösung der Krise hinaus, die wir anstreben. Aber wir sind sicher, daß die Amerikaner eines Tages abziehen werden.

al-NusraDie Türkei unterstützt im Norden und Nordwesten Terrorgruppen. Sie bewaffnet sie und leistet jede Art von Unterstützung für Jabhat al Nusra und den »Islamischen Staat« und andere. Mehr als 100.000 Terroristen sind seit 2011 aus der Türkei über die Grenze nach Syrien gelangt. Die Türkei drosselt den Wasserdurchlauf des Euphrat, davon sind viele Gebiete in Syrien betroffen. Es gibt eine Vereinbarung zwischen der Türkei, Syrien und dem Irak, wonach die Durchlaufmenge des Euphratwassers nach Syrien 500 Kubikmeter Wasser pro Sekunde beträgt. Jetzt erhalten wir nur 200 oder 250 Kubikmeter. Das gefährdet die Entwicklung und die Landwirtschaft und zwar sowohl in Syrien als auch im Irak.

Die Türkei verhält sich im Norden Syriens wie eine Kolonialmacht. Sie versucht, das türkische Curriculum an den Schulen durchzusetzen, sie kidnappt geradezu die gedankliche Entwicklung unserer Kinder. Sie verhindert, daß die Kinder in die befreiten Gebiete Syriens gelangen können, um dort ihre Examen abzulegen. Die Türkei versucht, im Nordwesten einen kleinen Kolonialstaat zu etablieren. Das ist völlig unakzeptabel.

Wir wollen keine neuen Kriege

Elf sehr schwierige Jahre liegen hinter Syrien und natürlich akzeptiert Syrien diese ausländische Anwesenheit nicht. Aber Syrien unternimmt militärisch auch nichts dagegen.
Warum kämpft Syrien nicht gegen die türkische Armee und treibt sie zurück? Welchen Weg geht Syrien, um sich gegen die fremde Besatzung zu wehren?

Wir wollen keine neuen Kriege im Mittleren Osten auslösen, die nicht mehr aufhören. Für die syrische Führung ist die Einheit des Landes, dessen territoriale Integrität ein unantastbares Prinzip. Syrien wird nie aufhören, den Rückzug dieser beiden Mächte von syrischem Territorium zu fordern. Die Türken haben diese Region 500 Jahre lang regiert, aber schließlich sind sie abgezogen.

Und die Amerikaner waren in Afghanistan, sie waren in Vietnam, sie waren in so vielen Ländern der Welt, aber schließlich sind sie immer in ihr Land zurückgekehrt. Uns geht es darum, die Krise durch politische Diskussion und Dialog zu lösen. Dafür müssen wir alle friedlichen Mittel einsetzen.
Wir wollen, daß nicht noch mehr unserer Infrastruktur zerstört wird. Und natürlich geht es um die Menschen, denn in allen Kriegen leiden die Menschen. UN-SicherheitsratUnd es gibt Resolutionen des UNO-Sicherheitsrates, die jeder respektieren muß. Wir respektieren sie.

Vor zehn Jahren schlossen die EU-Länder ihre Botschaften und zogen ihr Personal aus Syrien ab, einschließlich aller Organisationen, die in Syrien erfolgreich für die Zusammenarbeit mit Syrien gearbeitet hatten. Gibt es Anzeichen, daß die EU ihr Verhalten gegenüber Syrien ändern wird?

Wir wollen, daß die EU sich ändert und einige EU-Länder haben sich auch schon geändert. Es gibt direkte politische Vertretungen von sechs Ländern in Damaskus. Sie sind hier. Und ihre Botschaften sind geöffnet und sehr aktiv. Wir sind mit ihnen in Diskussion.
Natürlich haben wir auch Vertretungen in verschiedenen EU-Ländern. Unsere Botschaft in Paris ist weiterhin geöffnet. Unsere Botschaft in Berlin ist geöffnet. Selbst die Vertreter der Europäischen Union kommen täglich in unser Ministerium, um mit uns über die humanitäre Situation zu sprechen. Manchmal ergeben sich daraus auch politische Diskussionen.

Warum weiß kaum jemand, daß europäische Botschaften ihre Vertretungen in Damaskus wieder geöffnet haben?

Einige haben Angst vor anderen einflußreichen Ländern wie den USA, Frankreich oder anderen. Wir freuen uns, wenn sie zurückkehren und viele haben uns angesprochen und wir sind in Verbindung. Bis auf zwei, drei Länder, die einen harten Kurs verfolgen.

Zu denen auch Deutschland gehört?

Ich möchte Deutschland nicht so beschreiben. Unsere Botschaft in Berlin ist geöffnet. Und weil es sehr viele Syrer in Deutschland gibt, hoffen wir darauf, dass unsere beiden Regierungen bald ins Gespräch kommen.

Die Sanktionen sind unmenschlich

Ziemlich zu Anfang des Konflikts – schon 2011 – verhängte die EU einseitige wirtschaftliche Strafmaßnahmen gegen Syrien. Diese wurden Jahr für Jahr verlängert und in der EU-Kommission scheint niemand daran zu denken, sie wieder aufzuheben. Welche Auswirkungen haben diese Sanktion in Syrien?

Die Sanktionen sind verheerend. Sie sind unmenschlich, sie sind unmoralisch, sie sind unakzeptabel. Weil sie die normalen Menschen treffen.
Anders, als die EU immer vorgibt, kann Syrien keine direkten Finanzgeschäfte mit irgendwelchen Banken unternehmen. Wir können keine Medizin kaufen, keine Ersatzteile, nicht einmal Dünger können wir kaufen.
Die EU erklärt, daß die Sanktionen die humanitäre Hilfe nicht beträfen. Das Gegenteil ist der Fall. Sie betreffen hauptsächlich humanitäre Hilfsgüter.
Und sie verhindern, daß selbst Unternehmen aus der EU und deren Partner Syrien und die Syrer erreichen können. Kürzlich gab es einige Erleichterungen seitens der USA, aber von der EU haben wir nichts dergleichen gesehen. Wir glauben nicht, daß die Völker Europas es zulassen wollen, daß so eine aggressive Politik fortgesetzt wird, die unschuldige Syrer, Kinder, Frauen, Schutzbedürftige tötet. Nur den schwachen Menschen schaden die Sanktionen, nicht dem syrischen Staat.

Diese Politik behindert ja auch Syrer, die ihre Heimat wegen des Krieges verlassen mußten und zurückkehren möchten…

Wenn diese Sanktionen weiterhin zur Verarmung des syrischen Volkes führen, warum sollten die Flüchtlinge nach Syrien zurückkehren wollen?
Von unserer Seite begrüßen wir die Rückkehr aller Syrer, ohne irgendwelche Vorbedingungen. Um denen zu helfen, die zurückkehren wollen, versuchen wir mit internationalen Nichtregierungsorganisationen und den humanitären Organisationen der UNO zu kooperieren.

Es gibt Berichte, wonach die Rückkehrer nicht sicher sind.

Es gibt keine Maßnahmen gegen diejenigen, die zurückkehren. Wir sagen allen, die Probleme haben, die sie lösen können, daß sie kommen sollen.
Präsident Assad hat eine Reihe von Dekreten erlassen, damit niemand aus politischen Gründen Probleme bei der Rückkehr haben wird. Wenn es gegen jemanden ein Strafverfahren gibt, wenn beispielsweise jemand seine Schwester getötet hat, sagen wir das den Betreffenden.
Wenn sie zurückkommen möchten, sollen sie kommen. Aber sie müssen sich dem Strafverfahren stellen. Alle Syrer, die jetzt außerhalb des Landes sind, heißen wir willkommen. Die EU-Propaganda, laut der die Bedingungen in Syrien eine Rückkehr nicht erlaubten, ist absurd.

Wir haben dem Hochkommissar der Vereinten Nationen vorgeschlagen, diesen Menschen zu helfen und ihnen einen einmaligen Geldbetrag zu geben, damit sie zurückkehren können. Das ist bei der Rückkehr in alle Länder der Welt so üblich, nur nicht im Fall Syriens. Sie geben den Rückkehrern nichts, weil die westlichen Länder, die Geberländer, nicht wollen, daß Rückkehrer dieses Geld erhalten. Aber alle Syrer, Flüchtlinge, Vertriebene sind in ihrer Heimat willkommen und ich möchte dieses Interview nutzen, um sie alle einzuladen, nach Syrien zurückzukehren.

»Brain-Drain«

Im Libanon gibt es nach offiziellen Angaben rund 1 Millionen syrische Flüchtlinge. Präsident Aoun hat selbst vor der UN-Vollversammlung darum gebeten, dass die UNO helfen möge, diese Menschen in ihre Heimat zurückzubringen. Sie sagen nun, Syrien sei mit verschiedenen Akteuren, einschließlich der UNO im Gespräch. Heißt das, daß eine Lösung für diese Menschen in greifbarer Nähe ist?

Fast 1,2 Millionen Flüchtlinge sind aus verschiedenen Ländern zurückgekehrt. Was andere seit zwei Jahren an der Rückkehr gehindert hat, ist das Corona-Virus. Das hat die Rückkehr von vielen beeinträchtigt. Wir sind mit Aufnahmeländern im Gespräch, um Möglichkeiten für die Rückkehr zu koordinieren.
Aber was wir wirklich sehen wollen ist, daß die UNO die Menschen zur Rückkehr ermutigt. Wie ich schon sagte, wird die UNO von den westlichen Staaten, den Geberländern, kontrolliert. Diese wollen nicht, daß die Menschen zurückkehren. Und die Syrer im Libanon beispielsweise haben Angst, die Unterstützung zu verlieren, die sie dort erhalten. Würde ihnen dieses Geld auch in Syrien gegeben, würden sie nach Syrien kommen.

Warum geben die westlichen Geberländer Millionen dafür, daß Flüchtlinge in verschiedenen Ländern und in den Lagern dort bleiben, anstatt ihre Rückkehr zu unterstützen?

Natürlich hat diese Sache viel mit »Brain-Drain« zu tun. Viele Menschen, die Syrien verlassen haben und heute beispielsweise in Deutschland sind, sind unsere besten Ärzte, Architekten, Designer, Ingenieure, Köche…
Deutschland hat eine überalterte Gesellschaft und braucht Intellektuelle und gut ausgebildete Leute aus anderen Ländern. Deutschland sollte erlauben, daß diese Menschen zurückzukehren. Wir werden sie mit Würde und in Freiheit empfangen und sie unterstützen, wenn sie Hilfe brauchen. Wir hoffen, dass die Deutschen und die deutsche Regierung das verstehen. Immerhin gibt es jetzt eine neue Regierung in Deutschland.

Ich möchte auf einen Prozess zu sprechen kommen, der kürzlich vor einem Gericht in Koblenz gegen einen ehemaligen syrischen Offizier zu Ende gegangen ist und der in Deutschland anhaltend für Schlagzeilen gesorgt hat. Was denken Sie darüber, daß deutsche Gerichte – die auf das „Weltrechtsprinzip“ berufen – über etwas verhandeln und Recht sprechen, was in Syrien geschehen sein soll?

Ich bin nicht der Meinung, daß diese Gerichte völkerrechtlich zuständig sind. Es sind einzelne Gerichte in verschiedenen Ländern, die politischen Vorgaben genügen sollen. Was wäre wohl, wenn eine deutsche Person von einem syrischen Gericht angeklagt würde? Alle westlichen Staaten würden dagegen auf die Barrikaden gehen.

Hinter uns liegen zehn sehr schwierige Jahre. Terroristen aus verschiedenen europäischen Ländern sind in unser Land eingedrungen und einige stehen dafür jetzt in ihren Herkunftsländern vor Gericht. Doppelmoral bringt die EU-Staaten nicht weiter. Sie sollten alle diese Kriminellen nach Syrien schicken, damit wir ihre Verbrechen untersuchen und sie verurteilen können.
Viele dieser Kriminellen sind noch in Syrien, im Lager Al Hol gibt es etwa 60.000. Die Europäer sollten dorthin gehen und sich diese Leute ansehen, die hier Verbrechen begangen haben. Sie haben den »Islamischen Staat« unterstützt, der Syrer tötete.

Gerade erst habe ich aus einem im Westen veröffentlichten Bericht erfahren, daß mehr als 150.000 Soldaten der syrischen Armee von diesen Terroristen getötet wurden. In der EU wird nur über das nachgedacht, was in ihrem Interesse ist.
Den Interessen Syriens wird jedoch auf andere Weise gedient, und wir sind bereit, bei Verbrechen, die von diesen Terroristen auf syrischem Territorium begangen werden, sofort zu handeln.

Es heißt, in Syrien gebe es keine vertrauenswürdige Rechtsprechung.

Wir haben gute Richter in Syrien und es gibt viele Gerichte. Wir sollten keine Zweifel über die Rechtssysteme anderer Staaten verbreiten. Das Internationale Recht definiert alle Verbrechen, die vor lokalen Gerichten verhandelt werden sollten, nicht vor Gerichten in anderen Ländern.
Wenn hier jemand verhaftet wird, unterliegt diese Person dem Gesetz. Das gilt für alle.

Sie sagten, Syrien ist mit verschiedenen EU-Ländern im Gespräch, auch mit der EU, und Sie zeigen sich optimistisch, daß die Situation sich in Zukunft ändern wird. Was erwartet Syrien von der EU und den EU-Staaten, um das Zerwürfnis, den tiefen Graben zu überwinden?

Wir müssen die Vergangenheit hinter uns lassen. Die Deutschen haben die Tragödien des Ersten und Zweiten Weltkriegs hinter sich, aber solche historischen Entwicklungen müssen überwunden werden. Wir hoffen, daß unsere Ansprechpartner in der EU verstehen werden, daß Syrien ein souveräner Staat ist, mit einem eigenen Rechtssystem, einem eigenen politischen System, und daß Syrien alles verhindern wird, was das Leben unschuldiger Menschen mit terroristischen Angriffen gefährden könnte. Das ist das Recht eines jeden Staates.

Ich fordere alle Länder in Europa auf, EU-Mitglieder und nicht-Mitglieder der EU, eine neue Herangehensweise im Umgang mit internationalen Problemen zu finden. Sie sollten nicht auf ihren Fehlern beharren.
Die syrische Regierung ist zu Gesprächen auf der Basis der UNO-Charta, der Menschenrechtscharta und des Internationalen Rechts bereit. Wir müssen uns darüber einigen, wie wir im Kampf gegen terroristische Angriffe gemeinsam reagieren können.

Die Europäer sind meiner Meinung nach sachlich und befassen sich mit der Realität, sie sind keine Träumer. Einige Länder wollten sich zwar hinter Konzepten wie »Regime Change« verstecken und versuchten, die Lage im Mittleren Osten zu ändern.
Die anhaltende Besatzung Israels von Palästina, der syrischen Golan-Höhen, von einigen Teilen des Libanon – alles das gehörte zum realen Hintergrund dieses Konflikts in Syrien, der von westlichen Staaten unterstützt und finanziert wurde. Von den USA, Britannien und von Frankreich als ehemaliger Kolonialmacht. Was Deutschland betrifft, so hoffen wir auf einen neuen Anfang, um Völker und Länder zusammenzubringen, anstatt die Unterschiede zwischen den Zivilisationen und Kulturen zu vertiefen.

Sie sollten ihre Botschaften in Damaskus wieder öffnen?

Das ist eine natürliche Sache, um zu verstehen, was hier geschieht. Wenn die Europäer weiter ihre Augen verschließen, sehen sie nichts. Ihre Botschaften sind ihre Augen in Syrien. Wir wollen alle syrischen Botschaften in Europa öffnen und wir wollen, daß alle diese Länder ihre Botschaften in Damaskus wieder öffnen. Nur durch diese Art von Kommunikation kann man sich gegenseitig besser verstehen, und die Europäer können die Realität Syriens besser verstehen. Jetzt folgen sie Illusionen und Berichten, die vor der Realität keinen Bestand haben, die mit dem wirklichen Geschehen hier wenig zu tun haben.

UNO-Resolutionen werden nicht respektiert

Wo bleibt dann der Prozess, den die UNO in Genf versucht in Gang zu halten?

Wir unterstützen diesen Prozess ausdrücklich, den die UNO in Gang gebracht hat. Unsere Regierung hat das wiederholt deutlich gemacht.
Die Sache ist nur, daß sich manchmal Länder in diesen Prozess einmischen und das verstößt gegen das Prinzip, daß Syrer sich mit Syrern treffen und eine Vereinbarung finden, ohne ausländische Einmischung. Das sind die Grundlagen des Genfer Prozesses, von dem wir aber leider nicht viel sehen. Wir hören Erklärungen hier und da gegen Syrien, manchmal auch gegen die UNO. Und wir sehen, daß selbst UNO-Resolutionen nicht respektiert werden.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Im Juli 2021 hat der UNO-Sicherheitsrat die Resolution 2585 verabschiedet. Damit wurden sogenannte frühzeitige Erholungs-Projekte, grenzüberschreitende und Frontlinien überschreitende Aktivitäten genehmigt. Wir haben unsere Verpflichtungen erfüllt, aber die EU verweigert die Umsetzung dieser Resolution.
Die Türkei hat keine Lieferungen zugelassen, die Frontlinien überschreitend in den nicht besetzten Teil Syriens geschickt werden sollen.

Das einzige, was die Türkei an humanitärer Unterstützung zuläßt, geht an die terroristischen Gruppen nordöstlich von Aleppo und in den Nordwesten. Die Lieferungen gehen an den »Islamischen Staat« und an die Nusra Front, die die humanitäre Hilfe kontrollieren. Entweder sie verkaufen die Hilfsgüter – ich betone das ausdrücklich – oder sie geben die Hilfe an die mit ihnen verbündeten Gruppen weiter oder sie behalten sie für sich selbst. Das akzeptieren wir nicht. Die westlichen Staaten haben erklärt, daß sie das überwachen, aber es wurde kein Überwachungsmechanismus aktiviert.

Werden die »frühzeitigen Erholungs-Projekte« umgesetzt?

Die EU weist das kategorisch zurück. Darum habe ich gesagt, sie setzen die Resolution nicht um. Weder die »frühzeitigen Erholungs-Projekte« noch die anderen Prinzipien. Wir verlangen ein Minimum an Respekt für Resolutionen der UNO.

Syrien hat sich immer für die UNO und das Internationale Recht stark gemacht. Syrien war dabei, als die Organisation der Vereinten Nationen gegründet wurde, wenn ich mich recht entsinne…

Ja, das stimmt…

OPCW_logo…aber jetzt sehen wir, daß sogar der UNO-Sicherheitsrat zu einer Bühne für Angriffe gegen Syrien geworden ist. Ein Thema ist die Frage der Chemiewaffen. Syrien hat der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) seinen Bestand gemeldet und zur Vernichtung übergeben. Dies wurde von der OPCW am 23. Juni 2014 bestätigt.
Dennoch forderte die Hohe Vertreterin für Abrüstungsfragen, Izumi Nakamitsu, kürzlich im UNO-Sicherheitsrat Syrien auf, mit der OPCW zusammenzuarbeiten. Sie sagte, die syrische Erklärung über die Einhaltung des Chemiewaffenübereinkommens sei »immer noch ungenau«. Worum geht es bei der Auseinandersetzung?

Wir brauchen keine Chemiewaffen

Darauf möchte ich als Vorsitzender des »Nationalen Komitees für die Umsetzung der Vereinbarung zwischen Syrien und der OPCW über die chemischen Waffen« antworten. In den Jahren 2013, 2014, 2015 und auch noch 2016 waren die Bedingungen in Syrien sehr schwer. Die Kontrolleure und Ermittler der OPCW kamen hierher und wir haben uns genau in diesem Raum, wo wir jetzt sitzen, getroffen. Mit dabei war Sigrid Kaag, die später Ministerin in der holländischen Regierung wurde. Gemeinsam haben wir alles besprochen, erklärt und abgeschlossen. Natürlich kann man so eine Erklärung nicht in sechs Tagen verfassen, also schickte die OPCW eine Delegation, die uns dabei half, die Erklärung zu verfassen. Wir informierten sie vollständig über das Programm. Allerdings hatten wir über einige Orte keine Informationen, weil wir sie nicht erreichen konnten, sie waren von den bewaffneten Gruppen besetzt. Darüber konnten wir keine abschließenden Angaben machen oder Beweise darüber vorlegen, was dort geschah. Aber es war ganz klar, daß die syrische Regierung vollständig zur Zusammenarbeit bereit war.

Wir brauchten solche Waffen nicht, so einfach war das. Wir wollten solche Waffen auch nicht mehr, obwohl Israel über alle die Massenvernichtungswaffen verfügt – nukleare, chemische und biologische Waffen. Aber für uns war klar, wir wollten sie abschaffen, weil sie unmenschlich und unmoralisch sind.
Die chemischen Waffen stammten noch aus einer Zeit, in der es ganz andere Entwicklungen in dieser Region gab. Verschiedene ausländische Kräfte kämpften um Einfluß, wir suchten nach Waffen, um uns verteidigen zu können. Gegen die USA, gegen Israel, gegen die Türkei und andere. Niemals hatten wir vor, unser Volk damit zu töten.

Als wir Tonnen von diesem Material aus der syrischen Wüste zum Mittelmeer transportierten, um es dort auf Schiffe aus den USA, Norwegen, Finnland und Frankreich zu verladen, hat uns niemand gefragt, ob wir etwas verstecken würden. Und warum sollten wir etwas verstecken wollen, wenn wir gleichzeitig diese Waffen der OPCW zur Vernichtung übergeben!

Wie dem auch sei, es gibt Länder, in denen die Ansicht vertreten wird, daß dieses Thema sich gut eignet, um die syrische Regierung weiter zu attackieren und ihre Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen. Sie haben das Thema im Technischen Sekretariat der OPCW benutzt, um es bis vor den UNO-Sicherheitsrat zu bringen. Wir halten den Sicherheitsrat nicht für den richtigen Ort, um diese Frage zu erörtern, weil es sich um ein technisches Problem handelt. Aber die internationalen Kampagnen gegen Syrien gehen weiter.

Wir haben dem Technischen Sekretariat auch angeboten, die Wissenschaftler der OPCW und Syriens zusammen zu bringen, um gemeinsam die tatsächliche Lage zu untersuchen. Sie haben das abgelehnt und setzen den Druck gegen Syrien fort, aus politischen Gründen. Das ist die aktuelle Lage.

Ich versichere Ihnen, Syrien hat den Besitz von chemischen Waffen verurteilt, wir akzeptieren diese Waffen unter keinen Umständen. Weder in Syrien noch andernorts dürfen sie unter irgendwelchen Vorwänden eingesetzt werden. Wir sind zur Zusammenarbeit mit der OPCW bereit um zu beweisen, daß Syrien sich an seine Ablehnung von chemischen Waffen hält.
Aber in der OPCW wird eine Resolution nach der anderen gegen Syrien vorgelegt, wobei die Unterstützung dafür bei den Mitgliedstaaten abnimmt. Die letzte Resolution wurde nur von 50 Ländern angenommen, andere haben sich enthalten, haben dagegen gestimmt oder waren gar nicht erst zur Abstimmung erschienen.

Die Blockaden des Westens gegen Syrien scheinen vom Osten nicht unterstützt zu werden. Syrien hat Beziehungen mit Rußland, dem Iran, China und Indien.
Das war schon vor 2011 so, aber die Beziehungen haben sich verstärkt. Im Iran hieß es nach der Islamischen Revolution 1979, das Land sei „Weder Ost noch West“. Aber nun haben Iran und China ein langfristiges und finanzstarkes Abkommen unterzeichnet, Iran wendet sich dem Osten zu. Auch Syrien hat ein Abkommen mit China unterzeichnet, wird auch Syrien sich nach Osten wenden?

Ich bin nicht der Meinung, daß uns irgendjemand zwingen kann, auf dieser oder jener Seite zu stehen. Wir folgen unseren Interessen. Aber wo kann unser Platz sein, wenn die westlichen Länder sich gegen Syrien positionieren?
Natürlich müssen wir unsere Wirtschaft umstellen und unsere Politik muß sich an den Interessen des syrischen Volkes orientieren, am Internationalen Recht und an der Charta der Vereinten Nationen.

Wenn aber Länder das alles nicht respektieren und einen »Regime Change« in Syrien anstreben, wo sollen wir dann hin? Können wir der USA-Administration zustimmen oder der französischen Regierung, die Syrien besetzen wollen, die Kampfjets schicken, um Syrien anzugreifen?
Während die Russische Föderation sagt, wir verstehen die rechtmäßige Position Syriens und unterstützen das Land?

In so einer Lage werden wir natürlich an der Seite Rußlands, Chinas, des Iran und anderer Länder sein, die verstanden haben, daß wir ein multipolares System brauchen. Ein multipolares System, um das bestehende internationale Kräfteverhältnis zu verändern, in dem die westlichen Länder versuchen die Länder der ganzen Welt gegen deren Willen zu dominieren und zu beherrschen. Mit dieser Einmischung, wenn er auf Kosten anderer, sich entwickelnder Länder nur die eigenen Interessen verfolgt, wird der Westen immer mehr Länder dazu bringen, den gleichen Weg zu gehen wie der Iran, Syrien und andere.

Für Kooperation

Die geographische und geopolitische Lage Syriens macht das Land zu einer Brücke zwischen Ost und West. Syrien ist ein Tor zum Mittelmeer und nach Europa und umgekehrt die Tür nach Asien.

Das ist richtig und diese Position wollen wir auch haben. Vor diesem terroristischen Krieg gegen Syrien war es so, daß wir die Region zwischen den Fünf Meeren zusammenführen wollten.[3]
Wir haben uns um eine Ost-West-Zusammenarbeit bemüht, wir verhandelten mit der Europäischen Union über ein Abkommen und unsere Beziehungen mit den USA waren nicht so schlecht. Letztlich ist es der Konflikt zwischen Israel und den arabischen Staaten, der eine gute Entwicklung in unserer Region verhindert.

Würden die syrischen Golan-Höhen an Syrien zurückgegeben, würden die Palästinenser ihr historisches Recht auf einen eigenen Staat in Palästina bekommen und würde das libanesische Territorium befreit, das noch unter israelischer Kontrolle ist, dann könnte unserer Meinung nach diese Region Frieden finden, und die Welt auch. Die Probleme gibt es, weil einige Akteure eine gesamte Region für ihre eigenen Interessen kontrollieren wollen.

Gibt es Anzeichen, daß die westlichen Staaten diese Position verstehen?

Ich hoffe natürlich, daß die Konflikte eher heute als morgen ein Ende finden. Doch noch werden die Probleme von Kriminellen und Hetzern ausgenutzt.

Sie haben das 2009 von Präsident Baschar al Assad vorgestellte »Fünf-Meeres-Projekt« erwähnt, den Plan einer Kooperation der Staaten zwischen dem Kaspischen Meer, dem Schwarzen Meer, dem Mittelmeer, dem Roten Meer und dem Persischen Golf. Dessen Ziel war es, Syrien, die Türkei, Libanon und Jordanien zusammenzubringen. Es gab Infrastrukturprojekte, der Handel sollte erleichtert werden, auch die Visabestimmungen.
Mit dem Krieg war das vorbei, die Grenzen Syriens waren und sind teilweise noch geschlossen. Nun gibt es die Entscheidung, den Libanon mit Strom und Gas durch die Arabische Gas Pipeline zu versorgen, die Ägypten, Jordanien, Syrien und den Libanon verbindet. Die Öffnung der Pipeline und der Stromversorgung verzögert sich, was ist der Grund?

Ich möchte betonen, daß wir von der regionalen und internationalen Zusammenarbeit überzeugt sind. Das »Fünf-Meeres-Projekt« umspannte ein weites Gebiet und hat damals in vielen Ländern große Aufmerksamkeit erregt. Es gab einige Staaten, denen diese Entwicklung nicht gefiel weil sie meinten, Syrien würde »zu gefährlich« werden. Ich meine das im Sinne von »zu stark«. Dann wurden diese Terroristen geschickt, die alles zerstörten, was an guten Vereinbarungen zum Wohle der Völker in dieser Region entstanden war.

Wenn ein arabisches Land mit einer Herausforderung konfrontiert ist, wie es jetzt aktuell im Libanon der Fall ist, können wir unabhängig von unseren Positionen auf keinen Fall gegen die Interessen dieses Volkes arbeiten, und der Libanon ist uns sehr wichtig. Wir haben wiederholt eine große libanesische Delegation von Ministern empfangen und es gab Treffen in Jordanien. Es gab zwei, drei Treffen zum Thema Strom und zwei, drei Treffen zum Thema Gas. Ohne zu kommentieren, was andere tun oder denken, kann ich Ihnen sagen, daß wir sofort zugestimmt haben. Was notwendig ist, um Strom und Gas in den Libanon zu leiten, wurde in Syrien fertiggestellt. Sowohl der Minister für Elektrizität als auch der Minister für Öl und andere Ressourcen haben erklärt, daß Syrien für das Projekt bereit ist.

Was das Zögern von anderen betrifft, müssen diese Länder erklären. Allerdings haben wir gehört, daß die USA-Administration noch nicht endgültig entschieden hat, ob die USA-Sanktionen gegen Syrien angewendet werden sollen, wenn Strom und Gas für den Libanon durch Syrien geleitet wird. Die USA müssen das mit den anderen Staaten klären. Wir hoffen, daß das Projekt den Libanesen nutzt und ihre schwierige Situation nicht weiter verlängert wird.

Kürzlich konnte man überraschenden Besuch in Damaskus sehen, der Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate kam zu Gesprächen.
Wird Syrien in die Arabische Liga zurückkehren?

Die Frage, ob Syrien in die Arabische Liga zurückkehrt, ist nicht so sehr das Problem. Sie wissen, daß dieses Gremium keine wirkliche Entscheidungsmacht hat, es sind die Mitgliedstaaten, die entscheiden. Syrien arbeitet mit der Mehrheit der arabischen Staaten gut zusammen. 14 von den insgesamt 22 Mitgliedstaaten der Arabischen Liga (einschließlich Syrien) sind in Damaskus mit Botschaften vertreten. Selbst Dschibouti, das nie in Syrien vertreten war, hat jetzt eine Botschaft in Damaskus eröffnet. Zwei Länder könnten noch gegen die Rückkehr Syriens in die Liga sein, aber für uns sind die bilateralen Beziehungen mit allen arabischen Staaten wichtig.
Ich will nicht einzelne Länder hervorheben, jedes arabische Land ist eingeladen, wieder normale Beziehungen mit Syrien aufzunehmen. Syrien ist dazu bereit, um die Arabische Position in der Geopolitik des Mittleren Ostens zu stärken.

Dabei geht es auch um die Türkei, die arabische Länder angreift. Die Türkei positioniert sich in Libyen, in Syrien, im Jemen, im Irak, im Sudan, in Somalia, in Dschibouti. Als arabische Staaten müssen wir unsere Kontakte festigen und zusammenarbeiten. Wie kann ein arabisches Land, das die Muslim-Bruderschaft verurteilt, mit der Türkei kooperieren? Solche Widersprüche möchten wir beenden. Die arabischen Länder haben gemeinsame politische, geographische, wirtschaftliche und kulturelle Interessen. All dies bringt uns zusammen und wir sollten uns nicht spalten lassen durch Loyalitäten zu Positionen, die den arabischen Ländern nicht helfen werden, sich zu entwickeln und die neuen Herausforderungen zu bewältigen. Ganz gleich, ob es sich um ökologische oder humanitäre Herausforderungen handelt.
Die ganze Welt steht vor vielen Herausforderungen. Wenn wir uns nicht zusammenschließen, werden wir alle bedroht sein.

In diesen Tagen war eine Delegation der Palästinensischen Autonomiebehörde in Damaskus …

Ja und wir hatten gute Gespräche. Syrien glaubt an die Gerechtigkeit der palästinensischen Sache. Dies war eine Delegation der Führung der Fatah. Wir haben ihnen unsere Überzeugung mitgeteilt, daß sie ohne die Einheit der palästinensischen Fraktionen die Unterstützung der ganzen Welt verlieren würden. Syrien würde niemals seine Positionen aufgeben, wenn es um die Rechte des palästinensischen Volkes geht. Sie können sehen, daß sich derzeit die gesamte Region in eine Richtung bewegt, die den Kampf um Gerechtigkeit für das palästinensische Volk nicht fördern wird …

Das Abraham Abkommen zwischen Israel und einigen Golfstaaten steht dem entgegen?

FM: Ganz genau. Wir wollen keine neue Seite aufschlagen, auf der die arabischen Konflikte sich vertiefen, anstatt dass die arabische Einheit sich durchsetzt.
Wir wollen, daß sich die Palästinenser zusammenschließen, ihre eigenen Probleme diskutieren und Lösungen finden, und sie werden dabei immer die Hilfe Syriens finden. Das macht es auch anderen arabischen Ländern leichter, sie zu unterstützen.

Das Interview führte Karin Leukefeld (leukefeld.net). Es ist am 1. Februar 2022 in der Zeitung „Laetzebuerger Vollek“ (Luxemburg) erschienen.

Titelbild: Der syrische Außenminister Dr. Feisal Mekdad im Gespräch mit der Nahostkorrespondentin Karin Leukefeld in Damaskus. Quelle: Syrisches Außenministerium, Damaskus, 12.01.2022

[«1] “Oh, East is East and West is West, and never the twain shall meet”, Rudyard Kipling. kiplingsociety.co.uk/poem/poems_eastwest.htm

[«2] Die Türkei baut entlang der Grenze zu Syrien an vielen Orten eine Mauer. Um Azaz, das etwa 60 km nördlich von Aleppo liegt, wird von der Türkei auf syrischem Territorium eine Mauer zwischen Azaz und Afrin errichtet: al-monitor.com/originals/2022/01/turkey-isolating-azaz-rest-syrian-territory

[«3] Fünf-Meeres-Strategie: 2009 von Präsident Bashar al Assad vorgestellter Plan einer Kooperation der Staaten zwischen dem Kaspischen Meer, dem Schwarzen Meer, dem Mittelmeer, dem Roten Meer und dem Persischen Golf.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Jochen

Buchvorstellung: Menschen mit Mut. Lesen, Nachdenken, mutig sein! – Andrea Drescher (Hrsg.)

Andrea_DrescherDieses Buch habe ich noch nicht gelesen, aber es wird zu meiner Lektüre über die Ostertage gehören. Der hier erwähnte Film „The Magnitzky Act“ ist sehr schwer aufzuspüren, da er wie kaum ein anderer die aktuellen Einflüsse der US-amerikanischen Außenpolitik auf deutsche „Intellektuelle“ beleuchtet.. Ich habe ihn in einer Originalversion mut englischen Untertiteln gesehen, er ist nicht so leicht zu verdauen. Trotzdem, wer ihn sehen will, melde sich bitte bei mir.
Mit der Mehrzahl der hier interviewten Personen kann ich mich identifizieren. AUch an der von Reguerung und Medien unter VErwendung statistisch sinnloser „indizes“ und Todefallzahlen begründeten Maßnahmen habe ich große Zweifel. Trotzdem bleibt das Corona-Virus eine ernst zu nehmende Bedrohung ! Schutzmaßnahmen wie Masken und Luftreiniger sowie Selbst-Tests sind sinnvoll. Mit der Impfung werde ich persönlich aber nich auf ein größeres Angebot an Impfstoffen warten.
Also viel Freude mit dem Lesen des Buchs und dem Anschauen des Interviews. Man lade sich das möglichst bald selbst herunter, da bei YouTube gerade die Zensurwelle durchschwappt, anders, aber viel effektiver als die Bücherverbrennungen der Nazis..

clausstille56

Seit einem Jahr nun schon beschäftigt uns die Corona-Pandemie. Und die damit einhergehenden Grundrechtseinschränkungen, die angeblich zu deren Eindämmung beitragen sollen. Viele Menschen haben quasi Arbeits- bzw. Berufsverbot. Vor allem Selbständige aller möglichen Branchen, Freischaffend tätige Künstler, Techniker, Ladenbesitzer, Gastronomen etc. sind durch Anordnungen der Regierungen die Einnahmequellen genommen. Die ihnen versprochenen staatlichen Hilfen sind oft (noch) nicht bei ihnen angekommen. Während aber die laufenden Ausgaben sich weiter aufhäufen.

Wie geht es den Menschen damit? Darüber ist in den Mainstream-Medien kaum etwas zu hören. Immerhin brachten die NachDenkSeiten einen Beitrag („Die im Dunkeln sieht man nicht“) , wo sich von den Corona-Maßnahmen betroffene Menschen äußerten. Aber davon einmal angesehen: auch vor Corona lief schon viel falsch in unserer Gesellschaft. Corona vergrößerte nur diese Fehlentwicklungen wie ein Brennglas schmerzhaft.

Menschen äußern sich aus eigener Betroffenheit heraus

Nun hat Andrea Drescher einen Band herausgebracht, worin Menschen zu Wort kommen, welche…

Ursprünglichen Post anzeigen 3.316 weitere Wörter

Französischer Ex-Diplomat Raimbaud: “In Libyen und Syrien haben westliche Medien Aggressoren und Kriminelle unterstützt“ – Karin Leukefeld zu angeblichen Giftgaseinsätzen durch syrische Regierung

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Hier 2 aktuelle Artikel aus den NachDenkSeiten, die wieder einmal den Zynismus, die Skrupellosigkeit und Verlogenheit unserer Leim-Medien belegen:

1. Ex-Diplomat Raimbaud: “In Libyen und Syrien haben westliche Medien Aggressoren und Kriminelle unterstützt“

https://www.nachdenkseiten.de/?p=70743

Michel_RaimbaudVor zehn Jahren begann der westlich geförderte Krieg gegen die syrische Regierung im Rahmen des „Arabischen Frühlings“. In einem Interview mit Francesco Guadagni vom italienischen Medium „L’Antidiplomaticofindet der französische Ex-Diplomat Michel Raimbaud deutliche Worte für diese Verbrechen. Von Redaktion.

Das von Francesco Guadagni geführte Interview ist in dem italienischen Medium „L’Antidiplomatico“ erschienen.

Herr Raimbaud, 2021 jährt sich der sogenannte Arabische Frühling zum zehnten Mal. Welche Bewertung können wir vornehmen?

Lassen Sie uns zunächst klarstellen, dass es sich bei den Protestbewegungen, die von Dezember 2010 (in Tunesien) bis zum Frühjahr 2011 ausgebrochen sind, offensichtlich weder um einen politischen “Frühling” noch um “friedliche und spontane Revolutionen” für Demokratie und Menschenrechte handelt.
Obwohl sie anfangs gutgläubige Menschen anzogen, die gegen Korruption und autoritäre Regime kämpften, stellte sich bald heraus, dass die Bewegungen von Aktivisten überwacht und manipuliert wurden, die von westlichen NGOs im Westen ausgebildet wurden, mit standardisierten Techniken der Mobilisierung, Propaganda und Organisation, die vor Ort von den bunten Revolutionen gelernt wurden, die in den 1990er Jahren zur Zerschlagung des ehemaligen Jugoslawien führten.

Von den dominierenden Medienkonzernen wurden sie als “Kämpfe für Demokratie und Menschenrechte” bezeichnet. Was waren sie in Wirklichkeit?

Gefordert wurden der Abgang der Staatsoberhäupter, ein Regierungswechsel und Reformen, die darauf abzielten, den Staat, die Institutionen, die Armeen zu schwächen oder zu zerstören (vorrangige Ziele für den Westen und Israel sowie die stets vom Ausland inspirierten “Revolutionäre”).
Beschwörungen von Demokratie und Menschenrechten sind Köder, um die Sympathie der westlichen Beschützer und “Freunde” zu gewinnen.
Diese organisierten, orchestrierten, manipulierten und bald stark finanzierten und bewaffneten Aufstände aus dem Ausland (angelsächsische Länder durch NGOs) arteten zu Konflikten und chaotischen Situationen aus und breiteten sich von Land zu Land vom Maghreb bis zum Maschrek aus.
Diese Kaskade von Tragödien ist keine Abfolge von isolierten und spontanen Bürgerkriegen, wie es die im Westen verbreitete falsche Version suggeriert, um die grobe Einmischung des atlantischen Imperiums zu verbergen. Zusammengenommen bilden sie die Komponenten eines Plans der Destabilisierung und Zerstörung (wir können das nicht oft genug wiederholen), der von den USA, seinen angelsächsischen “Eltern” und seinem israelischen “Zweig” konzertiert, erdacht und theoretisiert wurde.
Dieses Unternehmen stützt sich offensichtlich auf Relais, Komplizen, Verbündete in allen betroffenen Ländern: im Vordergrund die islamischen extremistischen Kräfte: oft die Muslimbruderschaft, die von der Türkei und Katar gesponsert wird, oder von den Wahhabiten Saudi-Arabiens oder der Vereinigten Arabischen Emirate oder anderer Golfstaaten beeinflusste Bewegungen.
Ohne dieses offene und endlich anerkannte Interessenbündnis zwischen dem Westen und Israel auf der einen, Staaten und islamistischen Kräften auf der anderen Seite gäbe es keine “Revolutionen”, die unterschiedliche Wendungen und Entwicklungen nehmen werden.

Von Tunesien bis Libyen war es eine schnelle Eskalation. Der ursprüngliche Plan, Gaddafi zu beseitigen, ist aufgeflogen und es war notwendig, mit einem verbrecherischen Krieg einzugreifen, dessen Auswirkungen noch heute zu spüren sind. War es der Widerstand des syrischen Volkes, der den Plan von Washington – die Region komplett zu destabilisieren – gestoppt hat?

Die ersten Ergebnisse waren in Tunesien zu sehen, dann in Ägypten (mit der Vertreibung von Ben Ali und Mubarak nach ein paar Wochen), die Wahlprozesse konnten die Muslimbruderschaft an die Macht bringen, dann kam die politische Instabilität, Unsicherheit, Destabilisierung.
In Algerien und Mauretanien wurde im Januar 2011 ein erster “Frühling” gemeldet und im Keim erstickt.
Ebenso in Marokko, wo der König die Situation schnell wiederherstellte, und in Bahrain, wo Saudi-Arabien intervenierte, um die sunnitische Dynastie vor einer schiitischen Bevölkerung zu „retten“.
Der Aufruhr hat nie aufgehört. Die “Revolution” hat sich im Jemen in einen Bürgerkrieg verwandelt: Er dauert bis heute an.
Libyen und dann Syrien werden getroffen. Gaddafis Djamahiriya wird mit einer illegalen NATO-Intervention, Sezession und Chaos konfrontiert. Gaddafi wird von “Revolutionären”, die von westlichen “Diensten” unterstützt werden, ermordet. Der Staat wird zerstört und erholt sich nie wieder.

Syrien erlebte den Krieg gegen den Dschihadismus, den Westen, die Islamisten und den Terrorismus, die “Freunde des syrischen Volkes” (114 Staaten Ende 2012, eine Zahl, die sich dann auflöste).
Der vielschichtige Krieg (“Syriens Kriege”, Titel meines neuesten Werkes, das im Juni 2019 erschien) nahm schnell den Anschein eines Angriffskrieges an, auch in seinen gewalttätigsten und spektakulärsten dschihadistischen und terroristischen Aspekten.
Diese Ereignisse, die seit zehn Jahren in den meisten arabischen Ländern, aber auch im “erweiterten” Nahen Osten (das “Greater Middle East” von George W. Bush) Chaos und Zerstörung säen und ein Klima des offenen Krieges schaffen, haben die globale Konfrontation zwischen den USA und seinem israelisch-angelsächsischen Imperium auf der einen Seite und den beiden “aufstrebenden” oder “wiedergeborenen” Großen Eurasiens und ihren Verbündeten auf der anderen Seite deutlich gemacht.
In dieser globalen politischen und wirtschaftlichen, finanziellen, militärischen, strategischen, ideologischen und geopolitischen Konfrontation sind die Länder des “Greater Middle East” ein Einsatz, ein Schlachtfeld und entscheidende Akteure (siehe mein Buch “Storm on the Greater Middle East” 2015 – 2017). Ich werde später darauf zurückkommen.

Interessanterweise sind fast alle arabischen republikanischen Länder von dieser “Epidemie” betroffen, von Nordafrika bis zum Nahen Osten, sowie zwei Monarchien, Marokko und Bahrain.
Die Ölmonarchien (Saudi-Arabien und die Golfstaaten) sind merkwürdigerweise verschont geblieben, obwohl ihre Regime die rückständigsten sind, aber von den USA und dem Westen unterstützt werden. Was die Rolle der Medien betrifft, so verdient sie ein eigenes Buch. Auch darauf werde ich später zurückkommen.

Lassen Sie uns einen Schritt zurückgehen. Die Staatsoberhäupter von Libyen und Syrien, Gaddafi und Assad, besuchen 2010 europäische Länder wie Italien und Frankreich, mit Beziehungen, die herzlich zu sein scheinen. Ein Jahr später kommt es in Libyen zu Aufständen, die zur Ermordung Gaddafis führen, und in Syrien beginnt ein Krieg, in dem Assad Widerstand leistet.
Erdogans Türkei selbst hatte sehr gute Beziehungen zu Syrien. Was hat diesen Kurswechsel verursacht?

Die Beziehungen waren in den beiden von Ihnen aufgezeigten Fällen zweifellos trügerisch herzlich; diese beiden Fälle müssen getrennt werden.
Es geht mehr oder weniger darum, dass die Europäer von Staatsoberhäuptern, die für ihre Prinzipienfestigkeit und Bündnistreue bekannt sind, politische, strategische oder wirtschaftliche Zugeständnisse (bei Öl oder Gas) bekommen, ohne dass es einen Gegenpart auf der Seite von Paris oder Rom gibt.
Was Libyen betrifft, so denke ich, dass die Idee war, Gaddafi davon zu überzeugen, jedes Nuklearprojekt aufzugeben (er hätte es getan) und seine Pläne für die Unabhängigkeit und die wirtschaftliche, finanzielle und monetäre Einheit Afrikas (das hätte er nicht getan und musste deshalb “bestraft” werden).

Der syrische Fall ist ein bisschen anders. Frankreich war offenbar dafür verantwortlich, den amerikanischen Druck von W. Bush und Colin Powell auf Bashar al Assad zu vermitteln, um diesen zu überzeugen, auf sein Bündnis mit dem Iran und seine Beziehungen zur Hisbollah zu verzichten, um Israel zu gefallen.
Der syrische Präsident gab nicht nach und forderte eine Entschädigung für die Pipeline-Projekte. Bashar al Assad hat nicht aufgegeben, er musste dafür bezahlen.
Verstehen Sie, dass diese Punkte wahrscheinlich nur den offensichtlichen Teil des Falles darstellen. 2010/2011 wurde in Washington klar geschrieben, dass Syrien zerstört werden muss.
Wenn es keinen Vorwand gibt, werden wir einen schaffen. Zugeständnis hin oder her, es steht geschrieben, dass es Krieg geben wird, dank der Epidemie der “Revolutionen”, die es ermöglicht, dass der Konflikt a priori von innen heraus ausbricht, ohne zu viel auffällige Einmischung.

Gaddafi hatte während der Berlusconi-Regierung fruchtbare politische und wirtschaftliche Beziehungen zu Italien aufgebaut und Vereinbarungen über Öl und Infrastruktur getroffen. Beim Krieg gegen Libyen war Sarkozys Frankreich einer der Hauptförderer: Glauben Sie, dass es ein Fehler ist, zu sagen, dass es ein Krieg gegen Italien war, um an das libysche Öl heranzukommen?

Ja, ich denke, es ist ein Glücksspiel. Im Fall von Libyen war es nicht vor allem das Öl, das ins Visier genommen wurde. Es waren hauptsächlich “Gaddafis Milliarden”, d.h. libysche Gelder (wahrscheinlich mehrere hundert Milliarden Dollar) und sie werden eingefroren, bevor sie “verschwinden”…
Aber das Hauptziel der bewaffneten Intervention der NATO war es, Gaddafi zu liquidieren, um ihn daran zu hindern, ein vom Dollar, dem Euro und dem Westen unabhängiges afrikanisches Währungssystem zu finanzieren. Also mussten sie den libyschen Staat zerstören, was auch geschehen ist.

Wie beurteilen Sie die Rolle von Informationen aus dem Westen und den Golfstaaten in den Konflikten in Syrien und Libyen? Wie wichtig war die Propaganda?

Die Rolle dieser Medien, auf die Sie sich beziehen, war sehr schädlich und die Propaganda mit einer echten Gehirnwäsche verbunden. Sie alle haben sich an der massiven Fehlinformation von Meinungen beteiligt: von den Lügen der Intellektuellen bis zur Unehrlichkeit der Politiker. Journalisten und “Reporter” vor Ort haben weitgehend zu einem riesigen intellektuellen Betrug und blinder Einmütigkeit zugunsten der Aggressoren und Verbrecher beigetragen, in Syrien wie in Libyen.
Die westlichen Medien haben viel dazu beigetragen, die moralische Autorität zu zerstören, die der Westen und seine Klientel zu Unrecht beansprucht haben.

Was für ein Land war Syrien vor dem Krieg?

“Schlagendes Herz des Arabismus”, Sitz der ersten Kalifen, Zentrum des Einflusses des aufgeklärten Islam und Wiege des Christentums. Syrien – auch durch Kolonisation und Mandate von 40% seines historischen Territoriums beraubt – genoss großes Ansehen unter Arabern und Muslimen.
In diesem Land mit einem reichen archäologischen und historischen Erbe, in dem die Toleranz in den Sitten und Gebräuchen der Religionen und Konfessionen in Marmor gemeißelt ist, wurde eine Lebenskunst kultiviert, und bis heute wird sie gepflegt, die den Besuchern gefällt. Die Qualität ihrer Diplomatie und die Beständigkeit ihrer Verpflichtungen und Allianzen haben immer Respekt hervorgerufen, ich würde sagen, sogar im Unglück des Augenblicks.
Syrien ist von Natur aus ein strahlendes Land. Ein wohlhabendes, unabhängiges, stabiles, autarkes Land, das das meiste von dem produziert, was es verbraucht, und das verbraucht, was es produziert, ein Land ohne Auslandsschulden und ohne Abhängigkeit von IWF und Weltbank.

Ein freies, effizientes Schul- und Bildungssystem, das eine große Anzahl wertvoller Absolventen und Führungskräfte ausbildet, von denen leider viele während des Krieges in die Diaspora abgewandert sind.

Ein bemerkenswertes, modernes und kostenloses Gesundheits- und Sozialsystem, das auf dem gesamten syrischen Territorium vorhanden ist und die Einwohner der Nachbarländer anzieht.
Ein autarkes Land, das alle Bereiche der Medizin produzierte, auch für den Export.

Allgemeiner ausgedrückt: ein Netzwerk effizienter sozialer Dienste. Eine moderne Wirtschaft im Umbruch.
Wir könnten hinzufügen, “was mit Syrien passiert ist”, indem wir einige Zahlen und Realitäten in Erinnerung rufen: 400.000 Tote, ein oder zwei Millionen Verwundete und Verstümmelte, sechs oder sieben Millionen Syrer, die “vertrieben” wurden, d. h. aufgrund von Krieg und Terrorismus gezwungen sind, sich anderswo auf syrischem Territorium niederzulassen, mindestens fünf Millionen Syrer, die in den Libanon, nach Jordanien, in die Türkei, manchmal auch nach Europa geflüchtet sind, meist auf der Flucht vor Terroristen, bewaffneter Opposition, Besatzern, Misshandlungen, Hunger usw. .
60% des Landes verwüstet, weitere 20% von Türken, amerikanischen Truppen, Europäern besetzt, unterstützt von kurdischen Separatisten …

Was stellt der syrische Widerstand dar, nach zehn Jahren Krieg und Sanktionen, auch mit Hilfe von Russland, Iran und der Hisbollah? Dieser Konflikt ist nicht nach den Vorstellungen des Westens, vor allem der Vereinigten Staaten und Israels, beendet worden.
Hat dieser Krieg das geopolitische Gleichgewicht neu gestaltet, indem neue globale Akteure wie China und Russland die westlichen Pläne durchkreuzen?

Teilweise, ja. Sicher, Syrien ist verwüstet, aber es ist nicht besiegt und demontiert worden nach zehn Jahren rücksichtsloser Kriegsführung durch eine kollektive Aggression, an der mehr als hundert Mitglieder der “internationalen Gemeinschaft”, d.h. mehr als die Hälfte der Vereinten Nationen, auf die eine oder andere Weise beteiligt waren, sowie ein unendlich erneuerter Strom von Zehn- oder Hunderttausenden von Terroristen, die behaupten, Teil des Heiligen Krieges zu sein.
Syrien hat sicherlich von der Unterstützung treuer Verbündeter profitiert (Iran, libanesische Hisbollah, Russland, China, sogar die irakischen schiitischen Bewegungen, die sich allmählich aus dem US-amerikanischen Würgegriff lösen).
Aber es bleibt die Tatsache, dass die syrische Armee viereinhalb Jahre lang – von März 2011 bis September 2015, dem Zeitpunkt der Luftintervention der an ihrer Seite stationierten russischen Armee – den genannten Feinden widerstanden hat. Das geopolitische Gleichgewicht verschob sich allmählich und die westlichen und israelischen Pläne wurden durchkreuzt.
Aber der Westen sieht sich nicht als besiegt an, er verbietet die Rückkehr der Flüchtlinge, den Wiederaufbau, das normale Leben, durch einen (von außen) unsichtbaren und von den westlichen Medien totgeschwiegenen Krieg.

Als Präsident Assad gefragt wurde, ob die Politik in den Vereinigten Staaten unter einem Demokraten anders sein wird als unter einem Republikaner, antwortete er, dass sich nichts ändern wird.
Denn es seien die Lobbys, die Konzerne, die den Kurs der US-amerikanischen Politik bestimmen. Glauben Sie, dass sich mit Biden etwas ändern wird?

Präsident Bashar al Assad hat nicht unrecht, wenn er sagt, dass zwischen Republikanern und Demokraten im Allgemeinen und zwischen Trump und Biden im Besonderen kein Unterschied besteht und dass sich unter Biden nichts ändern wird. Für die arabische Welt und insbesondere Syrien wird sich nichts ändern.
Zumindest im Prinzip, denn ein von Biden versprochener Wechsel in Teheran könnte indirekt Auswirkungen auf die Situation in Syrien haben. In der Tat mag der US-amerikanische Präsident der mächtigste Mann der Welt sein, aber er ist bei weitem nicht der mächtigste Mann der Vereinigten Staaten. Genauso wie der Kongress bei weitem nicht so allmächtig ist, wie er manchmal den Eindruck erweckt.

paul findleydie israel lobby

paul findley die israel lobby

Es ist der neokonservative “tiefe Staat”, den er anführt, unterstützt von der zionistischen jüdischen Gemeinschaft  und der mächtigen Lobby der protestantischen zionistischen Christen (insbesondere der evangelikalen Kirche, die mehr als 60 Millionen Mitglieder in Amerika und 600 Millionen weltweit beansprucht).
Die Lobbys, die 17 US-Geheimdienste, die zweifellos mehr als eine Million Agenten auf sich vereinen, die Militärhierarchie, die Banken, der GAFAM (Google, Apple, Facebook, Amazon, Microsoft – Anmerkung des Übersetzers) – sind alle Teil dieses “tiefen Staates” – wie Trump das wahrscheinlich ausdrücken würde.
Publikationen von Michel Raimbaud

  • Vers un monde nouveau, Mélanges, textes et documents offerts au Professeur Edmond Jouve (collectif) : Afrique du Sud-Zimbabwe: destins mêlés (tome 1), Éditions Bruylant, 2010
  • Le Soudan dans tous ses Etats, éditions Karthala, 2012
  • Les relations internationales en 80 fiches, Ellipses, collection Optima, 2015
  • Tempête sur le Grand Moyen-Orient, Ellipses, 2015 puis 2017 (2e édition remise à jour)
  • Les guerres de Syriev, Éditions Glyphe, 2019

2. OVCW – Quo Vadis?

https://www.nachdenkseiten.de/?p=70734
Besorgt über die Entwicklung in der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OVCW) haben sich Diplomaten, Politiker, ehemalige OVCW-Waffeninspekteure und chemische Waffenexperten, Wissenschaftler und Künstler und Journalisten an die Öffentlichkeit gewandt.
Anlass ist der Streit um den OVCW-Abschlussbericht eines angeblichen Angriffs mit chemischen Waffen in Douma, Syrien.
Von Karin Leukefeld.

Im April 2018, als sich nach langwierigen Verhandlungen rund 10.000 Kämpfer verschiedener bewaffneter Gruppen aus den östlichen Vororten von Damaskus auf den Abzug vorbereiteten – Zivilisten waren dafür zuvor evakuiert worden – flammten trotz eines Waffenstillstands die Kämpfe seitens der in Douma sitzenden „Armee des Islam“ plötzlich wieder auf.
Bei einem Angriff mit chemischen Waffen sollen dabei 50 Zivilisten getötet worden sein. Oppositionelle und die „Weißhelme“ machten unmittelbar die syrische Armee verantwortlich.
Die syrische Regierung wies das zurück und forderte die OVCW zu einer Untersuchung auf.
Eine Woche später, noch bevor die entsandte OVCW-Untersuchungskommission, die „Fact-Finding-Mission, FFM“ in Damaskus eintraf, verübten die Regierungen der USA, Großbritanniens und Frankreichs massive Luftangriffe auf Syrien. Begründet wurde das als Vergeltungsmaßnahme, weil die syrische Regierung für den angeblichen Chemiewaffenangriff verantwortlich gewesen sei.

Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützte das Vorgehen von USA, Großbritannien und Frankreich und sagte in einer schriftlichen Erklärung:

„Wir unterstützen es, dass unsere amerikanischen, britischen und französischen Verbündeten als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats in dieser Weise Verantwortung übernommen haben *).“

Nach Abschluss der Douma-Untersuchung wurde im Sommer 2018 von der OVCW ein erster Zwischenbericht veröffentlicht, der Abschlussbericht folgte am 1. März 2019.
Dieser Abschlussbericht kam zu dem Ergebnis, dass Chlor als Waffe eingesetzt worden sei.

Kurz darauf wurde eine interne technische Untersuchung der OVCW bekannt, die an dem offiziellen OVCW-Abschlussbericht zweifelte.
Autor der Untersuchung war der langjährige OVCW-Inspekteur Ian Henderson. Dieser war bei seinen Untersuchungen in Douma zu dem Ergebnis gekommen, dass „Beobachtungen der Situation an den zwei Orten zusammen mit der anschließenden Analyse nahelegen, dass es eine höhere Wahrscheinlichkeit gibt, wonach beide Zylinder manuell an den beiden Orten platziert wurden, als dass sie von einem Fluggerät abgeworfen wurden.“

Henderson betonte, er habe seine Studie nicht an die Öffentlichkeit gegeben. Eine interne OVCW-Suche nach der Quelle, die die technische Untersuchung in die Öffentlichkeit gebracht hatte, blieb ergebnislos. Allerdings leitete die OVCW gegen Henderson eine Untersuchung wegen Verstoßes gegen die Geheimhaltungspflicht ein.

Im Oktober 2019 meldete sich ein ehemaliger OVCW-Beamter zu Wort, der in leitender Funktion der ursprünglichen Douma-Untersuchungsmission angehört hatte.
Bei einem Forum in Brüssel, zu dem die Courage Foundation eingeladen hatte, die Whistleblower wie Julian Assange und Edward Snowdon unterstützt, erläuterte der Mann, der sich „Alex“ nannte, detailliert wichtige wissenschaftliche Abweichungen und verfahrenstechnische Unregelmäßigkeiten, mit denen sich der offizielle Douma-Abschlussbericht von den tatsächlichen Untersuchungsergebnissen der Douma-Untersuchungsmission unterschied. Offensichtlich war der Abschlussbericht „redaktionell bearbeitet“ worden, wobei erhebliche Beweise ausgelassen worden waren.

Lesen Sie dazu auf den NachDenkSeiten: Whistleblower – der OPCW-Bericht zum angeblichen Giftgasangriff in Duma entspricht nicht der Wahrheit

2020 wurden zahlreiche weitere Dokumente in der Angelegenheit bekannt, die von Wikileaks oder der US-amerikanischen Rechercheplattform The Grayzone veröffentlicht wurden.
Die ehemaligen OVCW-Inspektoren, die an der Douma-Untersuchung teilgenommen und ihren Widerspruch gegen den offiziellen Abschlussbericht kundgetan hatten, wurden nicht nur von der OVCW öffentlich verunglimpft. Das US-Medium Bellingcat, eine Online-Recherche-Webseite, diffamierte die beiden Wissenschaftler direkt, in einer Serie von BBC Radio 4 ließ die Redaktion es zu, dass eine anonyme Quelle die beiden Wissenschaftler und auch den ehemaligen OVCW-Generaldirektor José Bustani verleumdete.

Wiederholt wurde am Sitz des UN-Sicherheitsrates über den umstrittenen Douma-Abschlussbericht gesprochen, dabei tat sich eine tiefe Kluft zwischen den USA und EU-Staaten auf der einen und Russland und China auf der anderen Seite auf.

Die USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland gingen sogar soweit, die Teilnahme des ersten OVCW-Generaldirektors José Bustani an einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates, der sich mit dem Thema befasste, zu verhindern.

Lesen Sie dazu auf den NachDenkSeiten: Blockade pur – Wie Deutschland, die „P 3“ mit Belgien und Estland verhinderten, dass José Bustani, erster OVCW-Generaldirektor, im UN-Sicherheitsrat sprach

Bustani ist einer von (bisher) 27 international bekannten Persönlichkeiten, die die OVCW zu Verantwortung und Transparenz auffordern.
Fünf ehemalige OVCW-Inspektoren, ein ehemaliger UNSCOM-Inspektor (Irak) stellen sich hinter ihre Kollegen, die dem offiziellen OVCW-Douma-Abschlussbericht widersprochen haben.
Auch die ehemalige US-Präsidentschaftskandidatin Tulsi Gabbard, Professor Noam Chomsky, Professor Dr. Ulrich Gottstein (IPPNW), die Filmemacher John Pilger und Oliver Stone, der Musiker Roger Waters und die ehemaligen beigeordneten UN-Generalsekretäre Dennis Halliday und Hans von Sponeck haben die „Erklärung der Besorgnis“ unterschrieben.

Für ihr Engagement nennen sie vier Gründe: Protest gegen die „Bearbeitung von wissenschaftlichen Beweisen im Douma-Fall“; Sorge über absichtliche Tatsachenmanipulation, „um politisches und militärisches Handeln zu rechtfertigen“. Dabei erinnern die Unterzeichner an die „erfundene Geschichte von den Massenvernichtungswaffen im Irak, die einen Krieg rechtfertigte.
Man wolle „die Zivilgesellschaft in Syrien schützen und auch andernorts“ und beharre „auf Transparenz und letztendlich auf der Verantwortung“ der OVCW.

Die Erklärung wurde an den amtierenden OVCW-Generaldirektor Fernando Arrias sowie an die Delegationen aller 193 OVCW-Mitgliedsstaaten verschickt.
Darüber hinaus erhielten der UN-Generalsekretär, die UN-Vollversammlung, der UN-Sicherheitsrat und andere UN-Organisationen die Erklärung.

Mehr über die „Berlin Gruppe 21“ und viel Hintergrundmaterial findet sich auf der Webseite berlingroup21.org.

*: Das kennen wir schon seit Vietnam: Verantwortung übernehmen heißt Bomben schmeißen.

45422 5

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

Klammheimliche Ausweitung der Bundeswehr-Mission in Irak

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Kolonialkrieger im Auftrag der USA – Wichtiges Interview – Die Nahost-Expertin Karin Leukefeld im Gespräch mit MdB Alexander Neu
https://www.nachdenkseiten.de/?p=70129
Auszüge:

alexander neu

k leukefeld2020

Alexander Neu ist Abgeordneter der Partei Die Linke im Deutschen Bundestag und Obmann im Verteidigungsausschuss. Vor wenigen Tagen erlebte er eine Überraschung: Die NATO hat ihre Mission im Irak von 500 auf 4.000 Soldaten aufgestockt, obwohl das irakische Parlament den Abzug aller ausländischen Truppen aus dem Irak gefordert hat. Die Abgeordneten im Verteidigungsausschuss waren nicht informiert. In den Medien wurde dieser Entschluss kaum thematisiert. Karin Leukefeld sprach für die NachDenkSeiten mit Alexander Neu.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar:https://www.nachdenkseiten.de/upload/podcast/210224_Klammheimliche_Ausweitung_der_Bundeswehr_Mission_in_Irak_NDS.mp3
Die Verteidigungsminister der NATO haben am vergangenen Donnerstag (18.02.2021) beschlossen, die NATO-Mission im Irak von bisher 500 Soldaten „schrittweise auf 4.000 Soldaten“ zu erhöhen.
Hat die Bundesregierung Sie, also die Abgeordneten im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages, über diese Entscheidung informiert?

Nein. Wir sind erst einen Tag später mit einem Schreiben aus dem BMVG informiert worden. Am 19.02.2021 um 16:47 bekamen wir eine Mail mit einem zweiseitigen Schreiben, in dem die Aufstockung uns als Entschluss des NATO-Verteidigungsministertreffens bekanntgegeben wurde.

Am heutigen Mittwoch ist eine Sitzung des Verteidigungsausschusses in Berlin. Steht dann die erweiterte NATO-Mission im Irak auf der Tagesordnung?

Normalerweise ist es so, dass es bei Verteidigungs- und Außenministertreffen einen Vorabbericht mit Informationen über die jeweilige Tagesordnung gibt. Danach gibt es einen Nachbericht darüber, was entschieden wurde. Die NATO-Entscheidung war am vergangenen Donnerstag, also müßte der Nachbericht eigentlich heute auf der Tagesordnung stehen. Tut er aber nicht.
Ich gehe davon aus, dass man dann das Thema auf die Tagesordnung setzt, zwei Wochen später, als es eigentlich erforderlich wäre.

Es werden also Tatsachen geschaffen, ohne dass Sie als Bundestagsabgeordnete die Möglichkeit haben, sich dazu zu äußern?

Überrascht sind wir schon. So läuft das dann im parlamentarischen Betrieb, dass man über etwas in Kenntnis gesetzt wird und man hat – im Rahmen seines Mandates – kaum eine Möglichkeit, dagegen vorzugehen. Die Möglichkeiten einer Opposition sind sehr beschränkt, gegen solche Entscheidungen vorzugehen.

Wie wird die Aufstockung vom BMVG begründet?

Man möchte die Fähigkeit der irakischen Streitkräfte optimieren, sich im Irak zu bewähren. Man geht davon aus, dass die US-Streitkräfte sich möglicherweise reduzieren werden und dass auch die Anti-IS-Koalition im Irak möglicherweise reduziert werden könnte.
Man will die NATO verstärkt einbringen, um die Ausbildungsmission gewährleisten zu können. Charakter der Mission sei „nicht-kinetisch“, das heißt: kein Einsatz von Waffen. Es handele sich um eine reine „Ausbildungs- und Beratungsmission“. Dafür bräuchte man im Laufe der Zeit dann mehr Personal.

In welchem Verhältnis steht die NATO-Mission zu der US-geführten Operation Inherent Resolve (Innere Entschlossenheit), der so genannten „Anti-IS-Allianz“? Sind das zwei verschiedene Kommandostrukturen?

Genau. Die Anti-IS-Koalition ist eine Ad-hoc-Koalition, deren Völkerrechtswidrigkeit ganz offensichtlich ist. Die NATO-Mission nimmt parallel vor Ort eine Ausbildung und Beratung der irakischen Sicherheitskräfte vor.

Wenn deutsche Soldaten im Irak aktiv sind, unter welchem Kommando stehen sie?

Deutsche Soldaten sind im Rahmen der Anti-IS-Koalition aktiv, wenn sie – was beendet ist – die Tornadoaufklärung betreiben, und im Rahmen der NATO sind sie aktiv bei der Ausbildung.

Und die NATO-Mission kooperiert mit der Anti-IS-Allianz?

Ich gehe davon aus, dass sie kooperieren. Die AWACS-Aufklärungsflugzeuge sind in der Region im NATO-Auftrag mit anteilig deutscher Besatzung unterwegs und die füttern wiederum die Anti-IS-Koalition mit Luftbildern und Informationen.

Ende Oktober letzten Jahres wurde der Einsatz der Bundeswehr im Irak vom Deutschen Bundestag bis Ende Januar 2022 verlängert.
Muss der Bundestag die Beteiligung der Bundeswehr an einer Aufstockung der NATO-Mission im Irak auch bewilligen?

Es kommt drauf an. Auftrag und Aufgabenstellung der NATO-Mission sind nicht verändert worden, lediglich das Personal wird potentiell erhöht. Aber es gibt für die Bundeswehr eine Obergrenze, die derzeit bei 500 Soldatinnen und Soldaten liegt. Die ist bisher nicht erreicht, aktuell sind 250 Soldaten und Soldatinnen vor Ort.
Solange sich die Aufstockung seitens der Bundeswehr für die nun erweiterte NATO-Mission innerhalb der Grenze von 500 bewegt, bedarf es keine Neumandatierung.

Es ist also egal, ob die Bundeswehr im Irak unter dem Kommando der US-Armee gegen den IS kämpft oder unter dem Kommando der NATO die irakische Armee ausbildet?

In der Tat, beides ist ein und das gleiche Mandat.

Ein vierteljährlich erscheinender Bericht, der zuletzt im Oktober 2020 dem US-Kongress vorgelegt wurde, beschreibt die Aufgabe der US-geführten Anti-IS-Allianz (Operation Inherent Resolve) so, dass einerseits die irakische Armee ausgebildet werden soll und andererseits die Truppen der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) ertüchtigt werden sollen, um den IS dauerhaft niederzuhalten.
In diesem Mandat ist also die Ausbildung der kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) enthalten. Gilt das auch für die Bundeswehr?
Wenn man dafür abstimmt, dass die Bundeswehr an
„Inherent Resolve“ teilnimmt, beinhaltet das dann auch die Ausbildung von SDF-Kräften?

Ich habe keine Erkenntnis darüber, dass Bundeswehrsoldaten in Syrien Anti-IS-Kämpfer – wie die kurdischen SDF-Kämpfer – ausbilden. Ich will das nicht ausschließen.
Auf dem Feld sieht es immer anders aus, als ein Mandat es beschreibt, aber mir fehlen dazu die Kenntnisse. Aber das gibt das Mandat nicht her. Die Ausbildungsmission ist bezogen auf den Zentralirak und auf Erbil im Nordirak.
Was da unter der Hand vielleicht läuft, vielleicht Spezialkräfte in Syrien eingesetzt sind, vom Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr, wo man ja immer mal wieder hört, die seien dort unterwegs, das mag durchaus sein. Aber dazu erhalten wir keine Informationen seitens der Bundesregierung, weil das natürlich eine Geheimoperation wäre, die man auch den Parlamentariern nicht kundtut.
Es gibt so vieles, was man uns nicht erzählt.

Die Anti-IS-Allianz, und das trifft sicher auch für die NATO-Mission zu, bedeutet nicht nur militärischen Einsatz, sondern auch Interventionen auf anderen Ebenen: politisch, wirtschaftlich, humanitär.
So steht es in dem Bericht an den US-Kongress. Die USA hat für diese Arbeit eigens Experten und Diplomaten eingesetzt.
Wie ist das beim deutschen Mandat, wer ist da für die nicht-militärische Ebene zuständig?

Da muss ich passen. Wer da welche Kompetenzen hat, das kann ich wirklich nicht beurteilen. Ich möchte aber auf einen anderen Aspekt dieses Mandats eingehen. Der IS wird sicherlich genutzt, um in der Region präsent zu sein und seine geopolitischen Spielchen zu spielen. Die militärische Präsenz von USA und NATO, also auch der Bundeswehr, im Irak unter der aktuellen, pro-westlichen Regierung von Mustafa al-Khadimi ist sicherlich gegen den Einfluss des Irans gerichtet.
Und es richtet sich gegen die Kooperation des Iraks mit Syrien. Man hat dort eine Präsenz, um diese Brücke zwischen Iran, Irak und Syrien auf dem Gebiet des Iraks zu unterbrechen.

Die NATO bezeichnet sich noch immer als „Verteidigungsbündnis“, ist aber längst Akteur in Kriegs-und Krisengebieten. Was will die NATO im Irak?

Da gibt es verschiedene Ebenen in der Region des Mittleren Ostens. Die Amerikaner haben kein Interesse, überall allein zu sein, sie brauchen Hilfskräfte.
Die NATO ist ihre „Hilfsorganisation“ mit den verschiedenen Vasallen *) , die man verpflichten kann mitzumachen, Stichwort: Bündnissolidarität.
Je mehr NATO-Mitglieder dabei sind, umso größer auch die personelle und finanzielle Entlastung der Vereinigten Staaten. So können die Amerikaner ihre Kräfte noch andernorts einsetzen.
Auf der Seite der NATO gibt es zudem in Europa den Willen, die NATO am Leben zu erhalten. Das bildet sich ab in der Person von Jens Stoltenberg (NATO-Generalsekretär) und unseren transatlantischen Freunden.

Dafür braucht die NATO Aufgaben. Da ist die etwas seltsame Abschreckungspolitik gegen Russland, das angeblich Europa bedrohe. Neuerdings werden wir auch von China bedroht.
Die NATO braucht also viele Feinde als Legitimation für ihr Überleben und ihre Existenz. Als ich Anfang der 90er Jahre Student war, war ein wesentliches Thema „Ist die NATO zu retten?“.
Feind, die Sowjetunion, der Warschauer Pakt waren ja abhandengekommen. „Die NATO hat sich zu Tode gesiegt“, hieß es. Was muss sie tun, um die eigene Legitimität wieder aufzubauen?
Da kam der Jugoslawienkrieg ganz praktisch um die Ecke. Da konnte man sich als Menschenrechtsverteidiger wieder profilieren.
Die Produktion von Feindbildern wird gebraucht, um den Zusammenhalt im Bündnis aufrecht zu erhalten.

Ist die Bundesregierung in dieser Entwicklung ein Motor?

Ja, definitiv. Die Bundesregierung braucht die Europäische Union und die Bundesregierung braucht die NATO. Die NATO ist der Schutzschirm für die Europäer, die NATO ist das Machtvehikel für die Amerikaner in Europa, um Europa zu kontrollieren.
Und die deutsche politische Elite fährt gegenüber den USA zweigleisig. Ich bezeichne diese Politik als „Kooperations- und Konkurrenzmodell“. Man kooperiert als Juniorpartner mit den USA im Allgemeinen, konkurriert aber in Einzelfällen.
Beispiel: der deutsche Einfluss in der Ukraine, auf dem Balkan oder auch aktuell mit der Nordstream-2-Pipeline. Das alles geschieht im Großen und Ganzen in Kooperation mit den USA und Deutschland ist dabei in Europa eine treibende Kraft.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Die Bundesregierung stellt den USA deutsches Staatsgebiet zur Verfügung, damit sie in Europa und über Europa hinaus frei schalten und walten können.
Deutschland bietet sich den Amerikanern als logistische Drehscheibe für die US-Streitkräfte an.

Sie sprechen von der US-Basis in Ramstein?

Genau. Ramstein ist nicht nur eine Basis für die Weiterleitung von Drohnensignalen für Kampfeinsätze, sondern Ramstein ist auch ein Drehkreuz für US-amerikanische Transportflugzeuge.
Ein Krieg im Nahen oder Mittleren Osten oder in Nordafrika kann ohne Ramstein nicht laufen.

Ausgangspunkt unseres Gesprächs ist ja die massive Erweiterung des NATO-Einsatzes im Irak, der vor wenigen Tagen beschlossen wurde.
Daher möchte ich noch einmal auf den Anti-IS-Einsatz zu sprechen kommen, der auch Begründung für diese Ausweitung ist. Ist der IS in der Region nach Ihrer Einschätzung noch eine reale Gefahr?

Ich finde, dass er eine reale Gefahr ist. 2017, 2018 hieß es, der IS sei in der Fläche weitgehend besiegt. Aber die Ideologie lebt noch weiter.
Die Bundesregierung gibt an, der IS kontrolliere wieder kleine Flächen in Syrien und im Irak. Ich kann das nicht beurteilen, ob das so ist. Auf jeden Fall ist es die Begründung für die westliche Präsenz. Man könnte ja auch der syrischen Regierung ihr Territorium zurückgeben, um die IS- und islamistischen Verbände zu bekämpfen. Das macht man aber nicht, im Gegenteil.
In Ostsyrien wird die syrische Armee von den Amerikanern bombardiert, wenn sie sich zu weit über den Euphrat hin bewegt.
Um eine westliche Präsenz dort aufrecht zu erhalten und begründen zu können, benötigt man einen Mindeststamm an Islamisten.
So wird der Status Quo des Krieges aufrechterhalten und die Regierung Assad unter ständigem Druck gehalten.

Im Mittleren Osten folgt seit Jahrzehnten ein Krieg dem nächsten: Irak, Libanon, Libyen, Syrien, Jemen. Israel bombardiert in Syrien, die Golfstaaten rüsten auf.
In der Straße von Hormuz, im Arabischen Meer und im östlichen Mittelmeer sind Kriegsschiffe aus allen möglichen Ländern unterwegs.
Was ist das für ein Signal, wenn die Bundesregierung einer erweiterten NATO-Präsenz – auch mit deutschen Truppen – in so einem Pulverfass zustimmt?

Im Nahen und Mittleren Osten agieren die regionalen Akteure und Iran als Regionalmacht steht gegen die Regionalmacht Saudi Arabien. Und wir haben überregionale Akteure.
Die USA, die Europäische Union auf der einen und Russland und China auf der anderen Seite. Diese überregionale Ebene hat einen massiven Einfluss auf die regionalen Akteure. Sei es in Form von Waffenlieferungen oder in Form von nachrichtendienstlicher oder diplomatischer Unterstützung.
Wenn man diese Eskalation, diese Verdichtung militärischer Präsenz reduzieren will, dann bedürfte es zunächst einmal des Abzugs der westlichen Akteure aus der Region.
Damit meine ich nicht nur den militärischen Abzug und den Stopp aller Rüstungsexporte, sondern es muss auch der Anspruch aufgegeben werden, sich in die Angelegenheiten der Region einzumischen. Und es muss aufhören, die regionalen Akteure für die jeweils eigenen Interessen zu instrumentalisieren. Die regionalen Konflikte wären damit zwar nicht aufgehoben, aber zumindest entschärft.

Es gibt Stimmen, die behaupten, in der Region gäbe es einen Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten

Dieses Argument halte ich für wenig überzeugend. Unter dem Schah waren die Iraner auch Schiiten und dennoch hatte der Iran damals ein bestes Verhältnis mit Saudi Arabien.
Mit der Behauptung „hier Sunniten, da Schiiten“ kann man vielleicht die Massen beeinflussen. Aber realpolitisch hat das keine Bedeutung.
Die Situation ist sehr festgefahren und stellt sicher auch das Erbe des Kolonialismus dar. An den Grenzziehungen während und nach dem 1. Weltkrieg wird das sehr deutlich.
Die Bevölkerung hatte daran kein Interesse, sondern die europäischen Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien.

Die Europäische Union hat gerade ihre Mittelmeerstrategie für die nächsten sieben Jahre vorgelegt. Die Region wird als „südliche Nachbarschaft“ beschrieben, um die man sich kümmern, in der man Verantwortung übernehmen müsse. Gleichzeitig sind EU und NATO in den letzten Jahren immer enger zusammengewachsen.
Sichert die NATO die geostrategischen Interessen der EU in dieser „südlichen Nachbarschaft“?

Vor vielen Jahren wurde im Verteidigungsausschuss schon darüber gesprochen, dass Nordafrika und der südliche und östliche Mittelmeerbereich eine verstärkte Aufmerksamkeit der Europäischen Union verdiene. Schon diese Formulierung fand ich makaber, einen Euphemismus, Schönfärberei für knallharte Interessenspolitik und die Beschreibung von Interessenszonen.
Ja, die Europäische Union möchte eine handelnde Großmacht sein. Man möchte mit einer entsprechenden Außen- und Sicherheitspolitik ausgleichen, dass die EU innereuropäisch stagniert, bisweilen sogar erodiert.

Dafür braucht man eine Machtprojektion und die Region südlich des Mittelmeeres ist dafür bestens geeignet. Das Mittelmeer, Mare Nostrum, gehört nach EU-Einschätzung ohnehin der Europäischen Union. Es ist ganz klar so, dass Nordafrika und der Nahe Osten zur Einfluss- und Interessenssphäre der Europäischen Union gehören, und der Amerikaner.
Die EU macht das im Einklang mit den Amerikanern, die ihre Kräfte woanders, im westpazifischen Bereich, konzentrieren. Die EU kümmert sich um den Mittelmeerbereich, Nordafrika, in Abstimmung mit den USA. Deutschland ist darin ganz eindeutig eine treibende Kraft. Deutschland will in Nordafrika und im Nahen Osten eine Rolle spielen und dafür ist das Vehikel Europäische Union wichtig.

Sehen Sie in der Region einen neuen Ost-West-Konflikt?

Wir haben wieder einen Kalten Krieg, das ist im Verhältnis zu Russland ganz deutlich. Es wird gerade ein weiterer Kalter Krieg vorbereitet, mit China. Gegen den Willen der Chinesen genau wie gegen den Willen der Russen.
Wenn wir uns die Kriege in Syrien und in Libyen ansehen, dann erkennt man schon, dass dort die politische Rivalität zwischen Russland auf der einen und dem Westen auf der anderen Seite eine gewisse Dimension angenommen hat. Und ja, es weist schon in diese Richtung, dass der Nahe und Mittlere Osten einen Konfliktpunkt zwischen Russland und dem Westen darstellt: Kalter Krieg.

Kommen wir noch einmal auf die ausgeweitete NATO-Mission im Irak zurück. Anfang Januar 2020 wurden der iranische General Kasim Solimani und seine Begleiter von einer US-Drohne am Flughafen von Bagdad ermordet. Das irakische Parlament forderte damals den Abzug der ausländischen Truppen aus Irak. Das was die NATO dort vorhat, ist aber das Gegenteil.

Angeblich wurde ja der Irak durch die USA von einem Despoten befreit, um Demokratie einzuführen und damit auch ein Parlament.
Nun haben die Iraker offenbar Demokratie und Parlamentarismus missverstanden, indem sie sich gegen die westliche Militärpräsenz in ihrem Land ausgesprochen haben.
Das ging dann doch zu weit und so wurde der Parlamentsbeschluss geflissentlich ignoriert.

*: Deutschland ist also immer noch ein Vasallenstaat.Siehe hier:
https://josopon.wordpress.com/2019/09/02/us-militar-der-groste-umweltvergifter-werner-rugemer-aktualisiert/
und hier: https://josopon.wordpress.com/2018/04/26/kleine-syriengruppe-russland-soll-assad-regime-so-ausliefern-wie-wir-es-erwarten-der-terror-des-us-imperiums-soll-durchgesetzt-werden/

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

Atomwaffen sind jetzt illegal! Jetzt raus aus Deutschland!

Target: An die deutsche Bundesregierung / Governments of Germany, Netherlands, Belgium, Italy, and Turkey

The petition in multiple languages below urges the removal of nuclear weapons from the five „non-nuclear“ nations in which the United States keeps them: Germany, Belgium, Italy, Netherlands, and Turkey.

To: An die deutsche Bundesregierung / Governments of Germany, Netherlands, Belgium, Italy, and Turkey
From: Tim Slater

Atomwaffen bedrohen unsere Sicherheit. Wir fordern den Beitritt Deutschlands zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag.

Nuclear weapons threaten our security. We demand that Germany, Belgium, Italy, the Netherlands, and Turkey join the UN Treaty on Nuclear Weapons.

Tim Slater
Dr. Joachim Elz-Fianda
und viele andere

*****

Am 22. Januar 2021 tritt das UN-Atomwaffenverbot in Kraft, das 2017 auf einer Konferenz der Vereinten Nationen von 122 Staaten beschlossen wurde.

86 Staaten haben den Vertrag bisher unterzeichnet und über 50 Staaten haben ihn ratifiziert.
Der Vertrag verbietet die Entwicklung, die Produktion, den Test, den Erwerb, die Lagerung und den Transport, die Stationierung und den Einsatz von Atomwaffen sowie die Drohung mit diesen.
Mit der Aufnahme des Verbotsvertrags in das Völkerrecht wird Atomwaffen die Legitimität entzogen.

In Zusammenarbeit mit dem internationalen Netzwerk World BEYOND War und Roger Waters (Pink Floyd) organisieren wir eine Kampagne, um auf das Inkrafttreten des Vertrags über das Verbot von Atomwaffen am 22. Januar 2021 aufmerksam zu machen.
Dazu arbeiten wir mit den unten genannten Organisationen zusammen, um Werbetafeln in der Innenstadt von Berlin anzumieten.

Unterstützen Sie unsere Forderungen hier:
http://atomwaffen-sind-jetzt-illegal.de/

Unterstützen Sie uns wenn möglich um weitere Großplakate zu finanzieren.

**********

On January 22, 2021, the UN nuclear weapons ban, which was adopted by 122 countries at a United Nations conference in 2017, comes into force.

To date, 86 states have signed the treaty and more than 50 countries have ratified it.
The treaty prohibits the development, production, testing, acquisition, storage, transport, stationing, and use of nuclear weapons and the threat of them.

With the inclusion of the prohibition treaty in international law, the legitimacy of nuclear weapons is withdrawn. In cooperation with the international network World BEYOND War and Roger Waters (Pink Floyd) we are organizing a campaign to draw attention to the Treaty on the Prohibition of Nuclear Weapons.

We are working together with some organizations to rent billboards in downtown Berlin.

Please support our demands!

If possible, support us to finance additional billboards.

Über Kommentare hier auf meinem Blog  würde ich mich freuen.

Hier ein Bild unserer heutigen Mahnwache:

Mahnwache in Nördlingen zum Atomwaffenverbot am 23.01.2021

Jochen

Einladung zum 27. Friedensratschlag Online am Sonntag, den 6. Dezember 2020, 11:00 -18:30 Uhr: Weltkriegsgefahren entg egentreten – Wandel zum Frieden einleiten!

BAF_Taube-NLiebe Freundinnen und Freunde des Friedensratschlags,

wir freuen uns wirklich sehr, euch doch noch zum 27. Friedensratschlag einladen zu können. Er kann aus bekannten Gründen 2020 nur digital durchgeführt werden und verliert durch die Corona-Beschränkungen seine vorgesehenen Live-Anteile, so dass Plan B greift. Mehr dazu siehe unten.
Wir haben ihn unter das Motto gestellt:

Weltkriegsgefahren entgegentreten – Wandel zum Frieden einleiten!

Am Sonntag, den 6. Dezember 2020, 11:00 -18:30 Uhr

Wir glauben, euch ein spannendes und hochinteressantes Programm anbieten zu können, das ihr bequem von zu Hause aus per YouTube-Livestream konsumieren aber auch per Videokonferenz aktiv mitgestalten könnt.

Ihr findet es im beigefügten Flyer Flyer 27 _Digitaler_ Friedensratschlag_2020 end.pdf.

Für die Teilnahme ist eine Anmeldung erforderlich, die über die Webseite https://www.friedensratschlag-digital.de vorgenommen werden kann.

Wir bitten euch um Mithilfe bei der Werbung. Bitte verlinkt die Startseite eurer Homepage mit der Webseite des Digitalen Ratschlags, versendet den beigefügten Flyer an eure Email-Verteiler, postet in sozialen Netzwerken die Information etc., so dass die Anmeldungen zahlreich hereinkommen.
Wir versprechen uns hiervon auch, dass dieses Mal auch noch zusätzlich jüngere Jahrgänge erreicht werden können.
Auch könnte ermöglicht werden, dass weitere engagierte Personen aus den ostdeutschen Bundesländern hinzu gewonnen werden könnten.

Die geplanten Liveanteile im Studio des Offenen Kanals Kassel müssen leider wegen der Corona-Beschränkungen durch Zoom-Anteile bzw. eingespielte Videos ersetzt werden (Plan B). Wir werden von dort aus mit Video-Streaming arbeiten.
Der Leiter des Offenen Kanals teilte uns verbindlich mit, dass er nur unsere beiden ‚Techniker‘ in die Räumlichkeiten des Offenen Kanals hereinlassen würde.
Er begründet dies mit der Sorgfaltspflicht gegenüber seinen Mitarbeitern. Das Programm kann dennoch realisiert werden.

Auf gutes Gelingen und eine zahlreiche Teilnahme!

Mit friedlichen Grüßen

Lühr Henken

Einladungs-Video: https://youtu.be/ztA6k4zx_sY
Jochen

Veranstaltet von: Bundesausschuss Friedensratschlag, Kasseler Friedensforum, den Fachgebieten Didaktik der politischen Bildung sowie Politik und Globalisierung an der Universität Kassel.
Mit freundlicher Unterstützung vom Offenen Kanal Kassel.
Die Veranstaltungsteilnahme ist frei, wir bitten dennoch für die Planbarkeit um Anmeldung unter https://www.friedensratschlag-digital.de/ .
Spenden zugunsten des Friedensratschlags: Kontoinhaber: Kasseler Forum für den Frieden e.V.
IBAN: DE77 5205 0353 0217 0012 32 – BIC: HELADEF1KAS

 

Was wir von der Biden-Präsidentschaft im Nahen Osten erwarten können

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

https://www.nachdenkseiten.de/?p=67111

Vergleiche dazu auch https://josopon.wordpress.com/2018/06/18/so-macht-exzeptionalismus-spass-die-juedische-rasse-ist-das-auserwaehlte-das-kluegste-und-herausragendste-volk/
https://josopon.wordpress.com/2018/04/14/der-krieg-gegen-russland-hat-auf-syrischem-boden-begonnen-karin-leukefeld-berichet/
und https://josopon.wordpress.com/2020/11/09/nach-biden-wahl-sprachregelung-fur-deutschland-und-europa-militarische-konfrontation-statt-friedlichen-zusammen-lebens-abschreckung-statt-abrustung-online-friedensratschlag-am-6-dezember-ab-11-uh/

Aktuell dazu weiter unten ein aktueller Kommentar von Oskar Lafontaine.

Zurück in die Zukunft

Ein Artikel von Jakob Reimann

Joe Biden ist ein Empire-Politiker, ein US-Exzeptionalist, der überzeugt ist, dass die Welt in alle Ewigkeit von der Großmacht USA dominiert werden muss.
Im Pulverfass Nahost wird er zum Status quo der Obama-Ära zurückkehren: Die eskalative Iran-Politik seines Vorgängers wird er hoffentlich umkehren und den so wichtigen Iran-Deal wiederbeleben.
Seine Israel-Palästina-Politik wird im Ton gewiss moderater, doch als selbsternannter „Zionist“ wird er der israelischen Regierung nur minimale Grenzen setzen:
Statt wie auf Steroiden *), muss Netanyahu die Palästinenser nun wieder ganz normal unterdrücken.
Biden wird in Nahost keinen neuen Krieg beginnen, doch auch keinen beenden. Als ausgewiesener liberaler Interventionist wird er den „forever war“ in alle Ewigkeit festschreiben.

Als erster US-Präsident seit Bush sen. wurde Donald Trump nicht wiedergewählt. Am 20. Januar 2021 wird damit – aller Voraussicht nach – Joe Biden ins Weiße Haus einziehen. Wie schon 2016 hat sich das Demokraten-Establishment gegen die linke Option entschieden und sich hinter dem Empire-Kandidaten versammelt. Biden ist ein Politurgestein und prägt seit Jahrzehnten vor allem die US-Außenpolitik entscheidend mit. Im Folgenden soll es um das Pulverfass Nahost unter einer Biden-Präsidentschaft gehen; konkret um Israel-Palästina, den Iran und die Frage nach Krieg und Frieden im Allgemeinen.

Israel-Palästina – zurück zur ganz normalen Unterdrückung

Ich bin ein Zionist“, erklärte Biden wiederholt. Seine Verbindungen zu Israel gehen Jahrzehnte zurück, mehrere israelische Ministerpräsidenten, Minister und Präsidenten zählt er zu seinen persönlichen Freunden.
Laut der Biden/Harris-Kampagnenwebsite sei Bidens Unterstützung für Israel „unerschütterlich“, „unermüdlich“, „felsenfest“ und „unzerstörbar“.
Als Vize schnürte er in Obamas letztem Jahr ein militärisches Hilfspaket in Rekordhöhe von über 38 Milliarden US-Dollar über zehn Jahre.

paul findleydie israel lobby

Biden könnte in seiner Präsidentschaft die überparteiliche Unterstützung für das israelische Regime wiederherstellen und wird die unter Trump tief gespaltene pro-israelische Lobby in den USA wieder vereinen.
Auf den Jahresevents all dieser Lobbyorganisationen ist er stets ein gern gesehener Gast.
Verbrechen der israelischen Regierung wird er im Gegensatz zu Trump vermutlich dann und wann zaghaft rhetorisch entgegentreten, jedoch in keinem Falle substanziell.
Kurz nach dem Gaza-Massaker 2014 sagte Biden über Israels rechtsextremen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu:Ich liebe ihn.

US-Gruppen wie Black Lives Matter und palästinensische Menschenrechtsgruppen sprechen sich stets gegenseitige Solidarität aus und begreifen sich explizit als verschiedene Fronten desselben globalen Kampfes gegen Rassismus und ethnische Unterdrückung. Dieser holistische Geist ist identitätsstiftend für die seit einigen Jahren aufstrebende Bewegung junger linker Abgeordneter, die die verkrustete Demokratische Partei von innen heraus revolutionieren wollen.
Diese diverse Gruppe um die auch The Squad genannten charismatischen Frontfrauen Alexandria Ocasio-Cortez, Rashida Tlaib und Ilhan Omar vertritt nicht nur innen-, sondern auch außenpolitisch linke Positionen und spricht sich klar für die Rechte der Palästinenser aus. Einige von ihnen sind offene BDS-Anhängerinnen.
Die über Jahrzehnte bei den Demokraten als Heilige Kuh geltende Unterstützung israelischer Verbrechen bricht mit dieser Gruppe junger Sozialistinnen weg.
Die Art und Weise, wie Biden diesen innerparteilichen Generationenkonflikt kämpfen wird, ist ungewiss, doch befindet sich die Partei an einem Scheideweg und werden unter ihm unweigerlich die Weichen für die Demokratische Israel-Palästina-Politik der nächsten Jahre und Jahrzehnte gestellt.

Biden zeigte sich zwar durchaus kritisch gegenüber völkerrechtswidrigen Maßnahmen von Trumps Israel-Politik, doch ist es wenig wahrscheinlich bis ausgeschlossen, dass er diese Schritte rückgängig machen und etwa die US-Botschaft von Jerusalem zurück nach Tel Aviv verlegen wird. Einige klar anti-palästinensische Maßnahmen Trumps wird Biden hingegen gewiss umkehren und etwa die palästinensische Botschaft in Washington und die US-Botschaft in Ostjerusalem wieder öffnen und Hilfszahlungen an die Abbas-Führung wieder aufnehmen. Zumindest einen Aspekt von Trumps Israel-Politik begrüßte Biden mit großem Wohlwollen: Die von Washington mediierten Normalisierungsabkommen zwischen Israel einerseits und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Bahrain und dem Sudan andererseits. Im politischen Vakuum betrachtet sind diese Deals positiv zu bewerten – aus realpolitischer Sicht sind sie hingegen problematisch und aus der israelisch-palästinensischen Friedensperspektive eine Katastrophe. Bei einer Townhall Mitte Oktober sprach Biden Trump gar Komplimente für den Israel-VAE-Deal aus. Es ist also wahrscheinlich, dass Biden die Politik der israelisch-arabischen Normalisierung weiter vorantreiben wird.

Am Donnerstag verkündete Trumps Außenminister Mike Pompeo auf einer Pressekonferenz mit Netanyahu in Jerusalem, die Trump-Regierung werde die pro-palästinensische BDS-Bewegung offiziell alsantisemitischklassifizieren.
Die 2005 in Palästina gegründete Menschenrechtsbewegung versucht, mittels Boykotten, Divestments**) und Sanktionen auf internationaler Ebene ökonomischen, politischen und diplomatischen Druck auf die israelische Regierung aufzubauen.
In ihren Mitteln inspiriert von der Anti-Apartheid-Bewegung in Südafrika in den 1990ern setzt sich BDS kompromisslos gewaltfrei gegen die israelische Apartheid, gegen ein Ende der Besatzung und für palästinensische Selbstbestimmung ein. Auf der Pressekonferenz bezeichnete Pompeo die BDS-Bewegung als „Krebsgeschwür“. Der Staatsmann Joe Biden ist in seiner Wortwahl weniger konfrontativ, doch teilt er hier im Kern die Position der Trump-Regierung.
Im Mai erklärte Biden gegenüber Demokratischen Großspendern, „allzu oft verwandelt sich linke Kritik [an israelischer Politik] in Antisemitismus“.
In einem Strategiepapier seiner Kampagne ist zu lesen, Biden „lehnt die BDS-Bewegung entschieden ab“, denn er „kämpft dagegen an […] Israel auf der globalen Bühne zu delegitimieren“.
Damit widerhallt er denselben Unsinn, den wir stets von der Rechten in Israel und im Westen hören. BDS geht es überhaupt nicht um Israel, sondern tritt die Bewegung ein für die Durchsetzung international verbriefter Menschenrechte und ein Leben in Würde für die Palästinenserinnen und Palästinenser.
Auf dem offiziellen Twitter-Kanal der BDS-Bewegung heißt es daher treffend: „Durch die Ablehnung von BDS unterstützt Joe Biden die Komplizenschaft der USA an Israels jahrzehntelangem Regime der Besatzung, des Kolonialismus und der Apartheid und unterstützt die Vorenthaltung grundlegender Menschenrechte von uns Palästinensern.“

Unter Biden wird es in der Israel-Palästina-Politik eine Änderung im Ton geben, keine in der grundlegenden Substanz.
War die Politik von Netanyahu und seinen Falken unter Donald Trump, ihrem „privaten Santa Claus“, wie auf rechtsextremen Steroiden, wird die Netanyahu-Regierung mit Bidens Rückendeckung wieder zum Prä-Trump-Status-quo zurückkehren müssen – wird also Besatzung, Apartheid und Entmenschlichung der Palästinenser wieder ganz normal betreiben müssen.

Ein Terrain in Nahost, auf dem ich persönlich tatsächlich (große) Hoffnungen in eine Biden-Präsidentschaft lege, ist der von Trump angeheizte Konflikt mit Israels Erzfeind.

Biden muss schnell zurück in den Iran-Deal

Seit dem Wahlkampf 2016 hetzte Trump unaufhörlich gegen den Iran und stieg im Mai 2018 aus dem so wichtigen Iran-Nukleardeal (offiziell JCPOA) aus, der als Lehrbuchbeispiel lösungsorientierter, friedlicher Diplomatie gilt.
Es folgten das Wiedereinsetzen sämtlicher US-Sanktionen gegen Teheran, die im Zuge des Deals aufgehoben werden sollten.
Unter Trumps „maximum pressure“-Politik startete Trump auch auf vielen weiteren Gebieten neue Attacken gegen Teheran mit katastrophalen Folgen für Wirtschaft und Gesundheitssystem des Iran.
Die JCPOA-Parteien Großbritannien, Frankreich, Deutschland und EU waren zwar durchaus willens, jedoch de facto außerstande, den Deal gegen Trump zu verteidigen.
In abgeschwächter Form gilt dies auch für die zwei weiteren Vertragsparteien Russland und China. Joe Biden hat im Wahlkampf wiederholt geäußert, er wolle dem Deal wieder beitreten.
In einer Gastkolumne auf CNN im September streckt Biden die Hand aus und versichert, er werde dem Iran „einen glaubhaften Pfad zurück zur Diplomatie anbieten“.

Doch ein Zurück zum Iran-Deal wird aus vielerlei Gründen alles andere als ein Selbstläufer. So muss Biden gegen Widerstände bei Republikanern genau wie im iranophoben Neocon-Flügel der Demokraten ankämpfen.
Auch die israelische Regierung sowie die emiratische und die saudische bringen sich bereits in Stellung, um in Washington gegen den Wiedereintritt ins JCPOA zu lobbyieren.
Zusätzlich verhängt die Trump-Administration in ihren verbleibenden Wochen gänzlich neue Iran-Sanktionen, die es der Biden-Regierung erschweren werden, in den Deal zurückzugehen.
Da diese neuen Sanktionen keinen Nuklearbezug haben werden, sondern an von Demokraten wie Republikanern gleichermaßen kritisierten Feldern der Menschenrechtslage im Iran, Teherans Ballistikprogramm und dessen regionale Aktivitäten gebunden sind, würde Biden zu viel seines politischen Kapitals verspielen, wenn er diese neuen Sanktionen ohne Gegenleistung aufhebt.
Sollte er sie jedoch nicht zurücknehmen, verspielt er seine Glaubwürdigkeit gegenüber Teheran – ein geschickt hinterhältiger Schachzug der Trump-Strategen.
Diese „Flut“ an Sanktionen wird zusammen mit der israelischen Regierung ausgearbeitet und soll bis zu Bidens Inauguration wöchentlich in neuen Wellen implementiert werden.
„Das Ziel ist es, dem Iran bis zum 20. Januar so viele Sanktionen wie möglich reinzudrücken“, zitiert Axios eine israelische Quelle. Bloomberg schreibt unter Berufung auf ein Interview mit Trumps Sondergesandten für den Iran, Elliot Abrams: „Die [Trump-]Regierung hat daran gearbeitet, ein Geflecht schwer umkehrbarer Sanktionen zu schaffen, das Bidens Bemühungen zunächst behindern könnte.“ Die Iran-Falken um Trump wollen Bidens Iran-Politik präventiv sabotieren.

Andererseits brilliert auch Teheran im Diplomatiespiel und hat im letzten Jahr geschickt Verhandlungsmasse aufgebaut, indem in fünf wohlkalibrierten Stufen mit jeweils zweimonatigem Abstand die wichtigsten operativen Statuten des Iran-Deals ausgesetzt und über die Bestimmungen hinaus Uran angereichert wurde.
Diese Schritte – es kann nicht oft genug wiederholt werden – waren entgegen der Medienberichterstattung im Westen und der Äußerungen hiesiger Politikerinnen und Politiker kein Vertragsbruch seitens des Iran.
Denn: Artikel 36 des JCPOA räumt jeder Vertragspartei das Recht ein, „ihre Verpflichtungen ganz oder teilweise auszusetzen“, sollten sich die anderen Parteien einer „signifikanten Nichterfüllung“ ihrer Verpflichtungen schuldig machen.
Teheran machte bei seinen „Vertragsbrüchen“ also mit Blick auf neue Verhandlungen strategischen Gebrauch dieser Bestimmung.
Zwar ist auch das zu verurteilen, doch kann jeder dieser Schritte in kürzester Zeit umgekehrt werden, etwa indem angereichertes Uran exportiert oder mit nicht angereichertem verdünnt wird.
Es ging Teheran nicht darum, den Weg zur Bombe zu bereiten, sondern darum, die eigene Verhandlungsposition zu stärken.

In seiner CNN-Kolumne forderte Joe Biden vom Iran die „strikte Einhaltung des Nukleardeals“ als Vorbedingung für den Wiedereinstieg der USA, während Teheran der Ansicht ist, Biden sei überhaupt nicht in der Position, irgendwelche Bedingungen zu stellen.
Teheran fordert seinerseits, die USA müssten ohne jegliche Vorbedingungen zurück in den Deal kommen. Auch fordert Teheran eine Entschuldigung seitens der US-Regierung sowie Kompensationen für die negativen Auswirkungen der Trump-Sanktionen – beides wird Biden auf keinen Fall liefern.
Um dennoch seinen guten Willen zu zeigen, müsste er sich in kreativer Diplomatie üben und Teheran subtiler und indirekter entgegenkommen.
Biden könnte rasch für einige Länder die Sonderfreigaben zum Erwerb iranischen Öls wieder in Kraft setzen, Lieferungen humanitärer Güter in den Iran zulassen, Reisebeschränkungen für iranische Bürgerinnen und Bürger lockern und Sanktionen gegen Regierungsbeamte zurücknehmen.
Doch allen voran könnte Biden einen IWF-Kreditantrag in Höhe von fünf Milliarden US-Dollar, den Teheran bereits im März zur Bekämpfung der Coronapandemie beantragt hatte und der von Washington bis heute blockiert wird, endlich freigeben.

Es gäbe also viele Möglichkeiten, wie Biden an den Verhandlungstisch zurückkehrt und beide Seiten dabei ihr Gesicht wahren. All das sollte schnell passieren, mit raschen spürbaren positiven Auswirkungen für die Menschen im Iran.
Denn im Juni sind Präsidentschaftswahlen, bei denen den Hardlinern um Revolutionsführer Ali Khamenei gute Chancen eingeräumt werden.
Ob ein antisemitischer Hetzer vom Schlage eines Ahmadinedschad – der wahrscheinlich erneut antritt – gewinnt oder ein Moderater aus dem Rouhani-Lager, hängt auch davon ab, ob Präsident Rouhani beweisen kann, dass sein Reformkurs Früchte trägt.
Auch wenn viele Hürden genommen werden müssen, um den Iran-Deal wiederaufleben zu lassen, kann gehofft werden, dass Biden das einzige große positive außenpolitische Vermächtnis Obamas wiederherstellt und alles daransetzt, den Deal zu retten.

Was US-Präsidenten in Nahost eben machen

Joe Biden repräsentiert das verkrustete US-Politestablishment wie nur wenige neben ihm – die überparteilichen Seilschaften zwischen Großkonzernen, Wall Street und Politik, die Korruption, die globale Kreise zieht.
Insbesondere die US-Außenpolitik wurde von Biden über Jahrzehnte entscheidend mitgeprägt; zunächst 36 Jahre lang als Senator für Delaware, davon zwölf Jahre im mächtigen Senatsausschuss für Außenpolitik, dem er mehrere Jahre auch vorsaß, und ab 2009 acht Jahre als Obamas Vizepräsident kümmerte er sich stets „proaktiv“ um weltpolitische Belange.
Biden gilt hierbei gewissermaßen als archetypischer Vertreter des liberalen Interventionismus – jener politischen Denkschule, die, salopp formuliert, die Rolle der USA als „Weltpolizisten“ propagiert und diese Rolle darin sieht, dass Washington vorgeblich zur Verbreitung von Freiheit und Demokratie überall auf der Welt Krieg führen müsse.
Politikwissenschaftler Edward Knudsen beschreibt treffend gegenüber monitor: „Joe Biden glaubt ganz gewiss an das, was er Amerikas Führungsrolle nennt. Das bedeutet Vorherrschaft der USA und militärische Intervention.
Er glaubt, Amerika habe das Recht, überall und jederzeit zu intervenieren.”
Im sehenswerten monitor-Bericht wird ebenso wie in einem Gastbeitrag auf Telepolis die große inhaltliche und personelle Nähe von Bidens engstem Beraterkreis zur Rüstungsindustrie und zur militaristischen Washingtoner Thinktank-Blase dokumentiert.

Im Frühjahr legte Biden im Fachblatt Foreign Affairs seine außenpolitische Agenda dar – der treffende Titel des ausführlichen Essays: „Why America Must Lead Again“.
Die Essenz des 12-seitigen Aufsatzes könnte folgendermaßen eingedampft werden: Die Supermacht USA soll bis in alle Ewigkeit die Geschicke dieser Welt lenken.
Andere Demokratien dürfen dies zwar „flankieren“, doch muss jeder Aspekt auf dem Globus von Washington dominiert werden. Sich widersetzende Akteure müssen um jeden Preis unterworfen oder „als letzten Ausweg“ mit Krieg in die Knie gezwungen werden.
Seine Pläne, übrigens auch China zu unterwerfen, klingen derart altbacken, als wären die letzten 30 Jahre Oligopolisierung der Welt einfach an Biden vorbeigezogen.
Seine „außenpolitische Agenda wird die USA wieder an Kopf des Tisches setzen“ – denn runde Tische existieren im Biden-Kosmos nicht.
Diese Arroganz ist – wie es sich für einen Demoraten gehört – stets in die blumig wohligen belanglosen Phrasen des Liberalismus gehüllt: Freiheit, Sicherheit, Transparenz, Menschenrechte. „Demokratie“ und Derivate kommen ganze 42 Mal im Text vor.

Zum guten Ton gehört auch: „Es ist an der Zeit, die endlosen Kriege zu beenden, die die Vereinigten Staaten unermessliches Blut und Reichtümer gekostet haben.“
Dass Biden selbst einer der Architekten des „forever war“ ist, bleibt im Aufsatz geflissentlich unerwähnt.
Bei der völkerrechtswidrigen Invasion des Irak 2003 hatte Kriegsverbrecher George W. Bush Demokraten-seits einen mächtigen Verbündeten in Person von Joe Biden, der schon mindestens fünf Jahre zuvor offen für den Einmarsch warb;
Biden im Außenausschuss des Senats im September 1998 mit einem Lächeln auf den Lippen: „Wir müssen am Ende alleine losschlagen – alleine losschlagen – und es wird Männer in Uniform brauchen wie Sie, die zu Fuß in die Wüste gehen und Saddam ausschalten. Über Jahre hinweg blieb Biden ein Anhänger der Irak-Invasion und stimmte erst unter Obama Töne der Kritik an.

Unter der Obama-Biden-Präsidentschaft sollte sich vom imperialen Großkriegsgehabe der Bush-Administration, unter dem Hunderttausende Truppen fremde Länder überfallen und die US-Flagge in den Boden rammen, verabschiedet werden.
Unter der Obama-Doktrin wurden Kriege dann diskreter geführt, was unter dem Label „light footprint“ bekannt wurde: keine einfallenden Armeen, sondern nächtliche Überfälle von Special Forces; keine Fliegerstaffeln, die Bombenteppiche abwerfen, sondern per Joystick gesteuerte Drohnen, deren permanentes Surren in den Bevölkerungen eben jenen Terror auslösen und verbreiteten, den sie vorgeben zu bekämpfen.
Aus einem dichten Netzwerk aus Spezialeinheiten, kleineren militärischen Kontingenten, privaten Söldnern und Drohnen kann das US-Imperium zu jeder Zeit und an jedem Ort im erweiterten Großraum Naher und Mittlerer Osten zuschlagen – der „forever war“, der endlose Krieg, US-Exzeptionalismus, der Anspruch, jedes Land auf dem riesigen Landstrich vom Senegal in Westafrika bis an die Grenzen des Himalaya bombardieren zu können, die Arroganz, sich anzumaßen, dies auch zu dürfen. Genau diese Arroganz ist nach bald 50 Jahren im US-Politikbusiness fest in Joe Bidens außenpolitischer DNA kodiert.

Während Trump die Doktrin des „light footprint“ von Obama übernahm und an vielen Kriegsschauplätzen eskalierte, wird Biden diese ebenfalls adaptieren.
„Wir können gleichzeitig stark und klug sein“, umschreibt Biden in seinem Essay in Foreign Affairs die anvisierte Strategie, zwar auf großflächige Invasionen zu verzichten, dafür jedoch überall auf ein Netz aus Special Forces zurückzugreifen. „Diese kleineren Missionen sind militärisch, wirtschaftlich und politisch nachhaltig“, plädiert Biden unverhohlen für die Fortführung des „forever war“ in alle Ewigkeit, auch wenn er das toxische Attribut „endlos“ hier ganz im Stile liberal-interventionistischer Wortblumen mit den Euphemismus der „Nachhaltigkeit“ ersetzt.
„Nachhaltig“ – da hallen im Krieg sogar noch grün und Öko mit. Wie er zur Beschreibung von Kriegsmissionen dieses Wort überhaupt aufs Papier bekommt, spricht Bände über die tief verankerte Misanthropie im Bidenschen Weltbild.

Nein, ein Zurück zu neuen großen Kriegen samt Staatstreich und Auslöschen ganzer Länder, ein Zurück zu Afghanistan 2001, Irak 2003 und Libyen 2011 also, halte ich unter Biden für wenig wahrscheinlich bis ausgeschlossen.
Wie seine zwei Vorgänger wird er natürlich Syrien bombardieren, sich jedoch irgendwie mit Assad und Putin arrangieren.
Wie Trump, Obama, Bush jun., Clinton und Bush sen. wird Biden natürlich Bomben auf den Irak abwerfen, doch wird er keine großen Truppenkontingente ins Land verschieben.
Gänzlich neue Konflikte im Großraum Nahost sehe ich ebenso wenig. Viele Länder bleiben auch kaum mehr übrig.
Wen sollten die USA denn schon Neues bombardieren? Turkmenistan? Mauretanien? Und das wahrlich apokalyptische Damokles-Schwert namens Iran-Krieg, das unter Trump permanent über der Region hing, wird unter Biden – wenn alles gut geht – eingeschmolzen.

Die Präsidentschaft Joe Biden wird genau so fad und grau wie die Person Joe Biden. Er ist eben der mitte-rechts Empire-Politiker, der verblendete US-Exzeptionalist, der er seit Jahrzehnten nun einmal ist.
Wie könnte er auch aus seiner Haut? Bei der Frage nach Krieg und Frieden im Großraum Nahost werden wir keine fundamental einschneidenden Entwicklungen in die eine oder andere Richtung sehen.

45422 5

Präsident Biden wird in Nahost einfach das machen, was US-Präsidenten in Nahost eben machen: Bomben abwerfen.

*: Mit "Steroiden" ist die offensichtliche Unterstützung durch die Trump-Administration gemeint.
**:  "Dinvestments" Entzug und Abzug von ausländischen Investitionen und Firmenbeteiligungen

Aktueller Kommentar von Oskar Lafontaine

Oskar_LafontaineBereit, die Welt anzuführen – wie bisher mit Mord, Raub und Plünderungen?

Der zukünftige US-Präsident Joe Biden hat angekündigt, dass die USA wieder bereit seien, die Welt anzuführen.
Zudem sei es seine Aufgabe, die Spaltung der USA zu überwinden, die auf die Trump-Regierung zurückzuführen sei.
Wer wünscht sich eigentlich, dass die USA die Welt anführen? Die USA führen Bombenkriege, Drohnenkriege, verdeckte Kriege, Handelskriege und stehen für millionenfachen Tod, Raub und Plünderungen.
Würden die USA ihren Rüstungshaushalt von 732 Milliarden Dollar halbieren und der Welt ein Beispiel geben, wie man Hunger und Krankheit bekämpft, dann hätten sie mit 366 Milliarden immer noch mehr Geld für Waffen und Kriege als China (261 Milliarden) und Russland (65,1 Milliarden) zusammen und könnten das Leben von Milliarden Menschen verbessern.
Auch die Spaltung wird Biden nicht überwinden, weil die auf Raub und Plünderung gründende Wirtschaftsordnung der USA auch zu Zeiten von Obama und Biden zu extremer Ungleichheit führte, die sich in der Corona-Krise weiter verschärft und ihre ganze Brutalität offenbart. Es sterben die Armen – überdurchschnittlich viele Afroamerikaner und Latinos -, Leute, die keine Krankenversicherung haben und einen Arztbesuch nicht bezahlen können. Diese Politik, die mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgrund der Machtstrukturen in den USA jetzt weitergeführt wird, hat Trump erst den Boden bereitet.
Es wird zivilisierter in der internationalen Diplomatie zugehen und einige Fehlentscheidungen Trumps werden zurückgenommen.
Aber zur Euphorie besteht nicht der geringste Anlass.

Quelle: Oskar Lafontaine via Facebook

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Jochen