Die Vasallisierung Europas

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

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Europäische Denkfabrik konstatiert, die EU-Politik werde seit Beginn des Ukraine-Kriegs exklusiv von den USA dominiert, und warnt mit Blick auf künftige US-Prioritäten vor einer „Vasallisierung Europas“.

https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9237

WASHINGTON/BRÜSSEL (Eigener Bericht) – Eine europäische Denkfabrik mit Hauptsitz in Berlin warnt mit Blick auf die Entwicklung der transatlantischen Beziehungen vor einer „Vasallisierung Europas“.
Wie es in einer kürzlich publizierten Analyse aus dem European Council on Foreign Relations (ECFR) heißt, habe der Ukraine-Krieg das Scheitern der vielgepriesenen EU-Bemühungen um „strategische Autonomie“ offen zutage treten lassen.
Seit Kriegsbeginn dominierten die USA die Politik in Europa nicht nur mit der Menge ihrer Rüstungslieferungen an Kiew, sondern auch, indem sie die gemeinsame Kriegsstrategie diktierten. Europa operiere in der zweiten Reihe – wie im Kalten Krieg.
Im Unterschied zu damals aber sei es für Washington heute nicht wichtig, die Länder Europas zu ökonomisch starken Frontstaaten zu formen. Vielmehr habe es für die USA heute Vorrang, ihre eigene Wirtschaft maximal gegen China zu stärken – dies auch auf Kosten von Europas Industrie, die für Washington allenfalls noch Hilfsfunktion besitze. Während Frankreichs Präsident Macron warnt, die EU dürfe nicht zum US-„Vasallen“ werden, sieht Bundeskanzler Scholz ihren Platz weiterhin eng an der Seite der USA.

Strategische Autonomie

Den Anspruch, die EU müsse als eigenständige Weltmacht operieren, hatten Politiker aus Berlin, Paris und Brüssel in den Jahren vor dem russischen Überfall auf die Ukraine immer wieder offen vertreten. Schon in der Globalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der EU vom Juni 2016 hieß es, man müsse „europäische strategische Autonomie“ und ein militärisch „stärkeres Europa“ anstreben.[1] Anfang 2018 hatte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel auf der Münchner Sicherheitskonferenz erklärt, die EU müsse eine eigenständige „Machtprojektion“ „in die Welt hinein“ entfalten.[2]
Anfang 2019 äußerte Gabriels Amtsnachfolger Heiko Maas, es gelte „ein starkes, handlungsfähiges Europa“ anzustreben, um nicht „in einer Welt der Großmachtkonkurrenz zerrieben zu werden“.[3]
Im August 2019 warnte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, die beiden Staaten, die gegenwärtig „das Sagen“ hätten, seien „die Vereinigten Staaten von Amerika und die Chinesen“; wolle die EU nicht „unbedeutende Verbündete des Einen oder des Anderen“ sein, müsse sie stärker werden.[4]
Im September 2019 kündigte die designierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die ihr Amt am 1. Dezember 2019 antrat, ausdrücklich eine „geopolitische EU-Kommission“ an.[5] Regelmäßig war von einer Politik „auf Augenhöhe“ mit den Vereinigten Staaten die Rede.

Schwächer geworden

Wie der European Council on Foreign Relations (ECFR) in einer neuen Analyse konstatiert, hielten die tatsächlichen Leistungen der EU den protzig vorgetragenen Weltmachtansprüchen nicht stand; im Gegenteil: Die EU fiel in den vergangenen 15 Jahren gegenüber den USA in vielfacher Hinsicht zurück.[6]
Das gilt dem ECFR zufolge bereits ökonomisch: War die Wirtschaftsleistung der EU im Jahr 2008 mit 16,2 Billionen US-Dollar noch deutlich größer als diejenige der Vereinigten Staaten (14,7 Billionen US-Dollar), so kamen die USA im Jahr 2022 bereits auf mehr als 25 Billionen US-Dollar, die EU plus Großbritannien hingegen lediglich auf 19,8 Billionen US-Dollar.
Der Versuch, dem Euro zu einer Stellung zu verhelfen, die annähernd derjenigen des US-Dollar entspreche, sei gescheitert; das erlaube es den USA, ohne Rücksicht auf die europäischen Mächte Finanzsanktionen zu verhängen. Zugleich hätten die Vereinigten Staaten ihre Technologiedominanz ausbauen können; anders als China habe die EU es nicht geschafft, Rivalen zu Google, Amazon oder auch Apple zu entwickeln.
Militärisch sei die EU ebenfalls zurückgefallen. Hätten die USA ihren Militärhaushalt von 656 Milliarden US-Dollar im Jahr 2008 auf 801 Milliarden US-Dollar 2021 gesteigert, erreichten die Streitkräftebudgets der EU und Großbritannien, die 2008 bei 303 Milliarden US-Dollar gelegen hätten, immer noch nur 325 Milliarden US-Dollar.

Zutiefst zerstritten

Habe die EU in den Jahren von 2008 bis zum Beginn des Ukraine-Kriegs relativ zu den Vereinigten Staaten an Macht eingebüßt, heißt es in der ECFR-Analyse, so sei es gleichzeitig dem europäischen Staatenkartell nicht gelungen, weltpolitisch Schlagkraft zu entwickeln.[7]
Das Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon im Jahr 2009 habe noch den Anschein erweckt, die EU werde nun eine gemeinsame Außenpolitik schmieden und „ihre verborgene Stärke“ zur Geltung kommen lassen. Dies sei nicht geschehen.
Stattdessen hätten die Eurokrise Nord und Süd, die Zuwanderung von Flüchtlingen Ost und West gegeneinander aufgebracht; der Austritt Großbritanniens wiederum habe die EU „ihrer zweitgrößten Wirtschaft und ihrer stärksten Militärmacht“ beraubt – „ein schwerer Schlag für das Ansehen der EU und für ihre Fähigkeit, geopolitischen Einfluss auszuüben“.
Zu den vom ECFR erwähnten Faktoren kommt zweierlei hinzu. Zum einen haben es Berlin und Paris bis heute nicht vermocht, ihre stark divergierenden strategischen Konzeptionen auf einen Nenner zu bringen; vielmehr hat die Bundesrepublik französische Vorstöße regelmäßig ausgebremst, Frankreich hat regelmäßig dagegen aufbegehrt.[8]
Zum anderen ist es den USA gelungen, mit Hilfe einiger Staaten insbesondere aus Osteuropa ein geschlossenes Vorgehen der EU zu torpedieren; vor allem Polen und die baltischen Staaten, immer wieder auch Tschechien und Rumänien treten als loyale Parteigänger Washingtons auf.[9]

Washington entscheidet

Wie der ECFR konstatiert, hat der Ukraine-Krieg die US-Dominanz gegenüber der EU schlagartig offen zutage treten lassen.[10] Tatsächlich geben die Vereinigten Staaten nicht bloß mit ihren Unterstützungsleistungen für die Ukraine den Ton vor. Alle „strategischen Entscheidungen“, so heißt es in der ECFR-Analyse, würden gleichfalls „in Washington getroffen“.
Die europäischen Verbündeten würden faktisch nur um ihr „stillschweigendes politisches Einverständnis“ sowie um „militärische und finanzielle Beiträge zu einer US-geführten Strategie gebeten“. Genaugenommen sei das westliche Bündnis in den Zustand zurückgesunken, in dem es sich in der Zeit des Kalten Kriegs befunden habe. Nicht nur militärisch, auch bei den Sanktionen falle die maßgebliche Rolle Washington zu: Die entscheidende Wirkung habe „der US-Dollar und die amerikanische Kontrolle über das internationale Finanzsystem“.
Für eine „strategische Autonomie“ der EU bleibe keinerlei Raum. Sogar die mit großem Aufwand betriebenen Bestrebungen, eine eigenständige rüstungsindustrielle Basis für die EU zu schaffen, seien gescheitert: Beschafft würden zur Zeit vor allem US-Rüstungsgüter, hält der ECFR fest. Dies gilt besonders auch für die deutschen Aufrüstungsvorhaben – german-foreign-policy.com berichtete [11].

Der Unterschied zum Kalten Krieg

In einem unterscheidet sich die aktuelle Lage allerdings dem ECFR zufolge stark von der Situation in der Zeit des Kalten Kriegs. Damals seien die USA bemüht gewesen, Westeuropa – und insbesondere die Bundesrepublik – zu starken Frontstaaten im Systemkonflikt mit den sozialistischen Staaten Ost- und Südosteuropas zu formen, schreibt die Denkfabrik; daher hätten sie sich als Absatzmarkt für die westeuropäische Industrie zur Verfügung gestellt.[12] Dies ermöglichte in der Tat vor allem der Bundesrepublik den rasanten industriellen Aufstieg zu einer der stärksten Wirtschaftsmächte weltweit.
Heute aber konzentrierten die USA sich auf den Machtkampf gegen China, fährt der ECFR fort; dafür sei kein wirtschaftsstarkes Europa vonnöten, sondern eine erfolgreiche US-Industrie. Dies sei der Grund, weshalb die Biden-Administration alle im Westen verfügbaren ökonomischen Kapazitäten in die USA zu ziehen suche [13] – auch auf Kosten Deutschlands und der EU; deren Rolle bestehe aus US-Sicht heute darin, die US-Industrie zu stärken und ihre Wirtschaftsbeziehungen nach China so umfassend wie möglich zu kappen.
Für Deutschland und die EU wäre das freilich mit einem dramatischen ökonomischen und politischen Abstieg verbunden.
Da sie militärisch von den USA abhängig seien, fehle ihnen das Potenzial, dies zu verhindern, sagt der ECFR voraus und diagnostiziert eine „Vasallisierung Europas“.[14]

Berlin gegen Paris

Wie darauf politisch zu reagieren sei, darüber wird in der EU längst gestritten. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat vor kurzem explizit gewarnt, die EU-Staaten dürften nicht zu „Amerikas Gefolgsleuten“, zu „Vasallen“ herabsinken; sie müssten vielmehr „strategische Autonomie“ anstreben und versuchen, zu einer „dritten Supermacht“ zu werden.[15]
Kanzler Olaf Scholz hat dies am Dienstag vor dem Europaparlament in scharfem Ton abgelehnt und erklärt: „Wer nostalgisch dem Traum europäischer Weltmacht nachhängt, wer nationale Großmachtphantasien bedient, der steckt in der Vergangenheit.“[16] Es gelte stattdessen, eng an der Seite der Vereinigten Staaten zu bleiben.

[1] S. dazu Strategische Autonomie.

[2] S. dazu Die Machtprojektion der EU.

[3] S. dazu Europas „geopolitische Identität“.

[4] Emmanuel Macron bei der Botschafterkonferenz 2019. at.ambafrance.org 27.08.2019.

[5] The von der Leyen Commission: for a Union that strives for more. ec.europa.eu 10.09.2019.

[6], [7] Jeremy Shapiro, Jana Puglierin: The art of vassalisation: How Russia’s war on Ukraine has transformed transatlantic relations. European Council on Foreign Relations: Policy Brief. April 2023.

[8] S. dazu Die deutsch-französische „Freundschaft“.

[9] S. dazu Washingtons Prellbock (II) und Machtkämpfe hinter der Front.

[10] Jeremy Shapiro, Jana Puglierin: The art of vassalisation: How Russia’s war on Ukraine has transformed transatlantic relations. European Council on Foreign Relations: Policy Brief. April 2023.

[11] S. dazu Eine neue Epoche der Konfrontation.

[12] Jeremy Shapiro, Jana Puglierin: The art of vassalisation: How Russia’s war on Ukraine has transformed transatlantic relations. European Council on Foreign Relations: Policy Brief. April 2023.

[13] S. dazu Machtkämpfe hinter der Front (II).

[14] Jeremy Shapiro, Jana Puglierin: The art of vassalisation: How Russia’s war on Ukraine has transformed transatlantic relations. European Council on Foreign Relations: Policy Brief. April 2023.

[15] Jamil Anderlini, Clea Caulcutt: Europe must resist pressure to become ‘America’s followers,’ says Macron. politico.eu 09.04.2023.

[16] Thomas Gutschker: Grüne Gardinenpredigt für den Kanzler. Frankfurter Allgemeine Zeitung 10.05.2023.

Was man unter brownnosing versteht, wergibt sich wohl aus dem Kontext.

Passend dazu schon 2017  Albrecht Müller auf den NachDenkSeiten:

Rüstung statt Abrüstung. Das deutsche Volk lässt sich mehrheitlich grandios verführen, ohne aufzumucken.

a mueller kAls im Jahre 1990 die Konfrontation zwischen West und Ost beendet war und man verabredet hatte, gemeinsam für Sicherheit zu sorgen, schrillten im NATO Hauptquartier in Brüssel alle Alarmglocken. Und bei der Rüstungswirtschaft auch. Dann hat man aber spätestens 1999 mit dem Jugoslawien Krieg neue Arbeit für die NATO gefunden und zugleich auch für die Bundeswehr.
Und jedes Mal, wenn einer der vom Westen geführten Kriege sich zu Ende neigte, machte man sich Sorgen um die weitere Beschäftigung von NATO und Rüstungswirtschaft. Jetzt ist der große Durchbruch erzielt. Ursula von der Leyen gibt Trump recht und fordert 2 % des Bruttoinlandsprodukts für die Bundeswehr – hier in der Tagesschau zum Beispiel. Mit einer Palette von Tricks wird uns das Fell über die Ohren gezogen.
Auf einige dieser Tricks möchte ich Sie aufmerksam machen. Sie werden in den nächsten Tagen aus Anlass der Münchner Sicherheitskonferenz, die man auch „Münchner Aufrüstungskonferenz im Interesse der Rüstungswirtschaft“ nennen könnte, weiteres zum Thema hören und sehen und Sie werden erleben, dass außer einer kleinen Minderheit von aufrechten Freunden der Demokratie und des Friedens ansonsten alles stumm bleibt: die Partei der Rüstungsministerin von der Leyen sinkt bei den Umfragen nicht in den Keller; Angela Merkel, die Chefin der militanten Verteidigungsministerin, erleidet keinen Imageeinbruch; die Mehrheit der Deutschen denkt, es geht uns gut, warum sollen wir dann über Rüstung meckern.

Ein Beleg dafür, dass manche Leute Angst vor dem Frieden haben:

Zur Einstimmung mache ich auf eine kleine Textpassage in einem FAZ Artikel vom 21.9.2013 aufmerksam. Dort heißt es unter der Überschrift „Zurück zu den Wurzeln. Die NATO denkt über ihre Zukunft nach dem Abzug aus Afghanistan nach“

„Die Nato sieht sich seit einiger Zeit mit einer Frage konfrontiert, die für ein Militärbündnis alles andere als belanglos ist: Was tun ohne Krieg? Ende nächsten Jahres will das Bündnis seine Kampftruppen aus Afghanistan abgezogen haben, die Rückverlegung der Truppen ist in vollem Gang. Kommt es nicht zu einem neuen Großeinsatz, und das ist wegen der Kriegsmüdigkeit im Westen wahrscheinlich, dann wird die Allianz zum ersten Mal seit mehr als zehn Jahren nicht mehr in einem bewaffneten Konflikt stehen. Vor allem den Militärs bereitet das Kopfzerbrechen. Wie soll man die Einsatzfähigkeit erhalten, wenn die Truppen wieder in den Kasernen zurück sind, fragen sich die führenden Offiziere. Eine erste, für Außenstehende vielleicht etwas überraschende Antwort lautet: indem man eine Schlacht gegen Russland übt.

Der letzte Satz ist von mir gefettet. Sie üben die „Schlacht gegen Russland“. Und das Volk schaut zu. Mehrheitlich jedenfalls.
Säbelrasseln wird nicht mehr bestraft. Auch die schlimmste Form nicht, auch die Planung von Atombewaffnung nicht.

Einige Tricks zur Beeinflussung, ehrlicher gesagt: zur Manipulation der Menschen:

Der erste Trick bestand darin, ein altes Feindbild neu aufzubauen und eine Bedrohung zu konstruieren.
Russland bot sich an. Schon alleine wegen der schon mehrmals erprobten Rolle, von den Nazis und dann nach dem Krieg vom konservativen Teil unserer Gesellschaft. Putin bot die Chance zur Personalisierung der Aggression.

Das ist nahezu komplett gelungen und wird ständig unterfüttert durch Behauptungen wie zum Beispiel jene über Hackerangriffe.
Ein ergänzender Trick bei diesem Feindbildaufbau ist es, die Staaten an der Grenze zu Russland, also die baltischen Staaten und Polen, die mit Recht oder Unrecht Rechnungen mit Russland offen haben, als Katalysatoren zu benutzen.

Der zweite Trick: Ein paar Bemerkungen des neuen Präsidenten der USA über die angebliche Überflüssigkeit der NATO (= obsolet) wurden penetrant so interpretiert, als wäre Europa damit der Schutz der USA gegen Russland entzogen.
Das ist eine grandiose Überinterpretation und Falschinterpretation, aber sie wurde von mehreren Stellen gleichlautend und penetrant in die Köpfe und Herzen der Menschen geklopft.

Dort blieb hängen: Mit Trump haben uns die USA verlassen, uns ihren militärischen und vor allem atomaren Schutz entzogen. Also müssen wir das selber machen. Also müssen wir massiv rüsten.
In der Wirklichkeit findet diese Erzählung keine reale Basis. Sie wird nur gebraucht und deshalb wird sie erzählt, um Geld für die Rüstung locker zu machen.

Der dritte Trick: Man sagt B und meint eigentlich A.
Am 29. Juli 2015 haben wir auf den NachDenkSeiten diese Methode beschrieben. Sie wird gerne angewandt, so wie jetzt auch hier: es wird eine Debatte um die deutsche Atombombe vom Zaun gebrochen. Diese läuft in der FAZ und dann bei Panorama und dann im Deutschlandfunk und dann auch in der Zeit.

Das Volk steht verwirrt beiseite, teilweise auch dagegen. Aber die eigentlich beabsichtigte Botschaft A: wir brauchen Militär und Rüstung gegen den neuen Feind, bleibt als berechtigt hängen.

Der vierte Trick wird uns gerade mit der Sicherheitskonferenz in München demonstriert: Rüstungpropaganda und Propaganda für militärische Einsätze unter einem falschen Label: Sicherheit. Und das auch noch auf unsere, der Steuerzahler Kosten.
Früher hieß die Münchner Sicherheitskonferenz „Wehrkundetagung“. Das war eine einigermaßen ehrliche Bezeichnung.

Dann wurde das Ding in Sicherheitskonferenz umbenannt. Und das ist dann keine ehrliche Bezeichnung mehr, jedenfalls für einen größeren Teil dessen, was dort in München passiert.
Ich erinnere an die gleichlautende Propaganda von Bundespräsident Gauck, Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Verteidigungsministerin von der Leyen. Sie forderten vor zwei Jahren unisono, Deutschland müsse mehr Verantwortung in der Welt übernehmen. Da konnte man als verantwortungsbewusster Mensch ja noch mitfühlen. Aber gemeint und auch so insinuiert war damals schon Verantwortung durch militärische Einsätze.
Diese Propaganda wird zu einem beachtlichen Teil aus öffentlichen Mitteln finanziert. Dabei handelt es sich nicht um eine öffentliche Konferenz und auch nicht um eine von einer öffentlichen Instanz ausgerichtete Konferenz. Die Rüstungswirtschaft lässt sich vom Steuerzahler ihre Lobbyarbeit auch noch bezahlen.

Mein Kommentar: Aus heutiger Sicht fügt sich ddas ein in eine effektive Vorbereitung des Ukraine-Krieges, der seit 2022 ausgebrochen ist.
Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

Stammtisch der DFG-VK Nordschwaben am Dienstag 16.5.2023 in Nördlingen, dazu ein wichtiger Beitrag von Dr.Ingrid Pfanzelt, IPPNW, zur Geschichte, Spaltung und möglicher Versöhnung der Friedensbewegung

dfg logo 2020 03 18 12 01 15

Liebe Friedensfreunde,

unser nächstes Treffen findet statt
Dienstag 16.05.2023, 19.30 Uhr
Cafe Alexanderplatz im Keller
Polizeigasse 13, Nördlingen.
Eintritt frei.
Themenvorschlag ist der folgende, soeben auf den NachDenkSeiten erschienene Artikel – daher bitte lesen!
https://www.nachdenkseiten.de/?p=97631

Friedensbewegung #1, #2 & #3:
Der mühsame Weg in Richtung Frieden

Es ist kompliziert, sich für den Frieden zu engagieren. Heute gibt es nicht mehr eine Friedensbewegung, es sind inzwischen drei verschiedene: die Alte, die Neue und die ganz Neue.
Und leider gibt es zwischen den Gruppen wenig Eintracht, sodass die Kriegsbewegung – bestehend aus Politik, Rüstungsindustrie und tiefem Staat – leichtes Spiel hat, mehr und mehr Menschen auf Kriegskurs zu treiben bzw. zu halten. Analyse und Interview von Andrea Drescher.

#1

Die alte Friedensbewegung aufgrund des Vietnamkriegs wurde mitgetragen von den Protesten der 68er-Bewegung und ging Hand in Hand mit der Ökologie- und Anti-AKW-Bewegung der 70er- und 80er-Jahre auf die Straße. Die damaligen Aktivisten kamen zum großen Teil aus dem politisch linken Spektrum und waren mehrheitlich antifaschistisch, antiimperialistisch bzw. anti-amerikanisch. Ausnahmen wie Herbert Guhl bestätigen diese Regel. Man traf sich im Bonner Hofgarten, bei der Startbahn West oder in Wackersdorf, um nur einige Schauplätze der damaligen Zeit zu nennen.
Die Gründung der Grünen war eine Folge dieser Bewegungen, wobei ich mir sicher bin, dass sich die damaligen Urgesteine Petra Kelly und Gert Bastian von dem, was aus dieser Partei heute geworden ist, genauso scharf distanzieren würden, wie ich das tue.

Reste dieser alten Friedensbewegung sind noch in verschiedenen Bündnissen aktiv – die Anti-Siko in München ist ein Beispiel dafür. Auch eine „Antifa“ gibt es noch.
Erschreckend ist aber, wie sehr von vielen dieser Organisationen inzwischen das transatlantische Narrativ geteilt wird.
Von grundsätzlicher Systemkritik, wie ich sie aus meiner Jugend kannte, ist kaum mehr etwas zu spüren.

#2

2014 entstand die neue Friedensbewegung, initiiert von Lars Mährholz in Berlin als Mahnwachen für den Frieden, die regelmäßig jeden Montag auf der Straße zu finden war.
Auslöser war der sich abzeichnende Krieg in der Ukraine – der dann nach acht Jahren Dauerbeschuss des Donbass 2022 plötzlich und unerwartet ausgebrochen ist.
Aber auch andere Themen kamen aufs Tapet bzw. ans offene Mikro. Ob die Kriege in Syrien, Jemen und Israel, Umweltzerstörung durch Glyphosat und Regenwaldzerstörung, Freundschaft mit Russland oder das Finanz- und Wirtschaftssystem: Diese Friedensbewegung, die in ihrer besten Zeit in über 230 Städten im deutschsprachigen Raum stattfand, griff viele systemkritische Themen auf.

alles nazis ausser juttaInsbesondere die Kritik am Geldsystem führte dazu, dass man sie als antisemitisch erklärte, denn wer das Geldsystem kritisiert, war laut der „linken“ Ikone Jutta Ditfurth bereits ein struktureller Antisemit. Diese Tatsache und das – seltsamerweise medial forcierte – Aufkommen der PEGIDA-Bewegung, die mit den Mahnwachen in einen Topf geworfen wurde, führten sehr schnell dazu, dass alte und neue Friedensbewegung nicht zusammenkamen und die Mahnwachenbewegung an Schwung verlor.
Der „Zusammenhang“ zwischen Friedensbewegung und „Rechten“ – in späterer Folge dann Antisemitismus und Nationalsozialismus – war geschaffen. Systemkritiker standen im „rechten Eck“, was für viele, darunter auch mich, sehr überraschend kam.

#3

2020 entstand aufgrund der Grundrechtseinschränkungen durch die vermeintlichen Gefahren von Corona eine Freiheitsbewegung, die nach und nach unter einer Friedens- und Freiheitsbewegung firmierte bzw. zu dieser mutierte. Ein für mich erschreckend großer Anteil der Demonstranten hatte deutlich mehr als 50 Jahre auf dem Buckel, es gab Veranstaltungen, bei denen ich das Durchschnittsalter auf 60 geschätzt habe. Auf allen großen Demos habe ich Menschen mit Rollator oder Rollstuhl mitlaufen bzw. -rollen sehen.
Es waren sehr „bürgerliche“ Demos, es war ein sehr buntes Publikum, und bei vielen, die ich traf, stellte ich fest: „Wir hätten uns auch in Bonn, Wackersdorf oder auf der Startbahn West treffen können.“

Auch zahlreiche Aktive der Mahnwachenbewegung von 2014 waren dort zu finden, zumindest jene, die sich nicht vor der virtuellen – korrekt viralen – Gefahr fürchteten.
Als der Impfdruck zunahm, nahm auch der Anteil junger Menschen und Familien mit Kindern zu. Es waren – nach meiner Wahrnehmung – alle politischen Strömungen von „rechtsaußen“ bis „linksaußen“ vertreten. Die überwiegende Mehrheit bildete aber die bürgerliche Mitte – viele bis dato meist völlig unpolitische Menschen, die ihrem Recht auf körperliche Selbstbestimmung Ausdruck verleihen wollten. Das mediale Framing der zunächst nur maßnahmenkritischen Bewegung mit Begriffen wie „Corona-Leugner“, „Impfgegner“ und natürlich „Antisemiten“ und „Nazi“, wurde dann fast eins zu eins auch auf die Menschen übertragen, die – als der Maßnahmendruck zurückging, die Kriegsgefahr aber zunahm – weiter auf die Straße gingen.

Die perfekte Spaltung

Die „alte“ Friedensbewegung wollte bzw. will mit „den rechtsoffenen Demonstranten“ dieser Friedensbewegung #3 nichts zu tun haben.
Am 18. Februar gab es daher anlässlich der Münchner Sicherheitskonferenz gleich zwei Friedenskundgebungen und Demonstrationszüge.
Am Marienplatz traf sich die Anti-Siko der alten Friedensbewegung, zeitgleich mobilisierte „Macht Frieden“, ein Bündnis von Graswurzelbewegungen, dem auch „München steht auf“ angehört – also Vertreter der Friedensbewegung #3 – für eine Veranstaltung am Königsplatz.

Ähnliches wiederholte sich in München anlässlich des Ostermarsches. Das Orga-Team von „Macht Frieden“ respektierte den Zeitplan des traditionellen Ostermarsches und legte die eigene Veranstaltung auf den Nachmittag, sodass Teilnehmer der alten Friedensbewegung vom Marienplatz im Anschluss noch zur Kundgebung am Odeonsplatz kommen konnten.
Eine versöhnliche Geste, um Alt und Neu zusammenzubringen. Tatsächlich mischten sich dann einige der „Alten“ unter die „Neuen“, man kam in Kontakt, sprach miteinander und konnte vielleicht einige Vorurteile abbauen.

Ein weiterer Versuch, die Spaltung zu überwinden, war die Rede einer Friedensaktivistin aus dem traditionellen Lager auf der Kundgebung von „Macht Frieden“. Ich lernte sie auf dem Ostermarsch der neuen Friedensbewegung („FB“) kennen.
Dr. Ingrid Pfanzelt
war und ist in der alten Münchner Friedensbewegung #1 gut vernetzt. Jetzt engagiert sie sich zunehmend für die Friedensbewegung #3. Nur #2 hat sie ausgelassen, da sie 2014 und 2015 zu viel Zeit in der Flüchtlingshilfe verbracht hat. Ihr Anliegen ist es, mit dazu beizutragen, die Spaltung in der Friedensbewegung zu überwinden, wie sie mir im Interview erzählte.

Kannst Du Dich kurz persönlich vorstellen?

Gerne. Ich heiße Ingrid Pfanzelt, bin 1956 in der Nähe von München zur Welt gekommen, habe mein Medizinstudium in Italien begonnen und in München beendet.
Nach meiner Facharztausbildung in Psychosomatischer Medizin habe ich mich 1993 in einer Kassenpraxis als psychoanalytische Psychotherapeutin und Homöopathin niedergelassen, in der ich immer noch arbeite. Ich habe zwei erwachsene Söhne und lebe in München.

Friedenspolitisch ging es bei mir in den 80ern los. Es war damals im alternativen Milieu üblich, sich für den Frieden zu engagieren. Ich habe in einer Land-WG auf einem Bauernhof gelebt und war am Anfang bei den Grünen mit dabei. Die Friedensbewegung war ein Teil der Grünen, Gerd Bastian und Petra Kelly waren unsere Vorbilder. Das hat damals große Kraft entwickelt.
Diese politische Sozialisation war gepaart mit der Anti-AKW-Bewegung. Es war Teil unseres WG-Lebens, mit unserem klapprigen VW-Bus nach Wackersdorf zu fahren und uns mit Wasserwerfern von der Polizei von der Straße fegen zu lassen.

Diese frühe ökologische Bewegung, die auch Themen wie Naturheilkunde und Spiritualität einschloss, war geprägt durch einen sehr regierungskritischen Kurs, der aus der 68er-Bewegung entstanden war. Unsere Generation war noch geprägt von der Auseinandersetzung mit den Vätern, die sich im Nationalsozialismus schuldig gemacht hatten und nun wieder in hohen Ämtern waren.
Deshalb gehörte eine kritische Auseinandersetzung mit dem Staat und den staatlichen Entscheidungen gegen den Willen der Bürger – Wiederaufarbeitungsanlage oder NATO-Doppelbeschluss – zu unserem aufklärerischen Selbstverständnis. Mehrere Hunderttausend Demonstranten im Bonner Hofgarten waren ein starkes Zeichen dieser kritischen Generation an die Politik.
Diese großen Demonstrationen waren ein Event, das viel Energie gab. Wir waren beseelt von dem gemeinsamen Friedenswillen und der Hoffnung, die Politik durch unseren mächtigen Straßenprotest beeinflussen zu können. Für den Frieden zu demonstrieren, gehört also seit gut 40 Jahren zu meinem Leben.

Du engagierst Dich aber jetzt nicht nur auf Demonstrationen, sondern auch für die IPPNW. Wofür steht diese Organisation?

Die IPPNW, die „International Physicians for the Prevention of Nuclear War“, ist eine ärztliche Friedensorganisation. Sie wurde 1980 als gemeinsame Friedensarbeit von einem US-amerikanischen und einem russischen Arzt gegründet und bekam 1986 den Friedensnobelpreis. Ihr wichtigstes Ziel war und ist es, die Menschen weltweit über die Risiken eines Atomkrieges und die medizinischen Folgen atomarer Katastrophen aufzuklären und sich für ein generelles Verbot von Atomwaffen einzusetzen.
Aus der IPPNW entstand die ICAN-KampagneInternational Campaign to abolish Nuclear Weapons – die 2021 eine Ratifizierung des Atomwaffenverbotsvertrags in der UN erreichte und die dafür ebenfalls 2017 den Friedensnobelpreis bekam.
Jetzt wäre ein weltweites Verbot von Atomwaffen jederzeit möglich, wenn die Staaten, die diese Waffen besitzen, auch Deutschland, diesen Vertrag ebenfalls unterzeichnen würden.

Seit einigen Jahren leite ich zusammen mit einem Kollegen die Regionalgruppe Oberbayern der IPPNW. Wir sind Partner des FRIBÜ München. Im Namen der IPPNW halte ich regelmäßig Reden zu den Hiroshima-Tagen in München, die vom FRIBÜ organisiert werden.

Was ist das Friedensbündnis München?

Das ist ein Zusammenschluss von verschiedenen Friedensinitiativen in München, die u.a. seit vielen Jahren die Anti-Siko-Proteste veranstalten. Das Anti-Siko-Bündnis ist ja nur ein temporäres Bündnis, das sich im Herbst zusammenfindet, um die Proteste zur Sicherheitskonferenz im Februar zu organisieren, und sich anschließend wieder auflöst.
Die IPPNW war immer dabei – dieses Jahr gab es das erste Mal eine Schwierigkeit.

Von was für Schwierigkeiten sprichst Du?

Es gab einen Eklat mit den Leuten aus der Antifa, da bei Anti-Siko auch Vertreter der freien Linken mitmachen wollten. Da diese sich auch bei „München steht auf“ engagieren, kam der Vorwurf der Querfront hoch. Die Antifa bezeichnet nämlich alle, die gegen die Corona-Maßnahmen auf die Straße gehen, als rechtsoffen und AfD-nah.
Es begann eine massive Diffamierungskampagne gegen die freie Linke durch die Antifa.

In unserer IPPNW-Regionalgruppe gab es dann die Diskussion, ob wir das Anti-Siko-Bündnis verlassen sollen, nachdem die Antifa so aggressiv auftrat. Als Friedensorganisation können wir nicht in einem Bündnis mitwirken, das Diffamierung und Gewalt toleriert. Als sich das Bündnis dann aber auch deutlich gegen Extremismus von Links positionierte, sind wir als IPPNW dabeigeblieben.
Ob wir zukünftig weiter mitmachen, steht, ebenso wie unsere Rolle bei der zeitgleich zur Siko stattfindenden Friedenskonferenz in München, in den Sternen.

Wieso?

Die Spaltung betrifft jetzt auch die IPPNW-Regionalgruppe. Ich war als Regionalsprecherin dafür, mit der – wie Du sagst – ganz neuen Friedensbewegung zu kooperieren. Andere waren das nicht.

Wie stehst Du zu „München steht auf“ (MsA)?

Ich war anfänglich in der maßnahmenkritischen Bewegung nicht aktiv, wurde aber im Laufe der Zeit zunehmend kritischer gegenüber der Impfung und den Maßnahmen.
Ich fühlte mich eigentlich immer der linksgrünen Szene zugehörig und war früher bei den Grünen, bis sie begannen, gegen die Menschen zu hetzen, die sich nicht impfen lassen wollten. Das betraf mich auch. Als Katarina Schultze von den Grünen dann im Landtag forderte, dass Ungeimpfte nicht mehr in Supermärkte zum Einkaufen gehen dürften, bin ich endgültig ausgetreten.

Ich war einfach nur noch entsetzt und wollte etwas gegen diese unsägliche Politik tun. Darum bin ich dann auch mal mittwochs zu den Demos von MsA gegangen.
Ich vermisste in dem offiziellen Corona-Diskurs die kritischen Stimmen, die ich dort fand. Und diese Szene ist jung und dynamisch: Die Organisatoren von MsA kommen aus der Generation meiner Söhne. Ich war irritiert, wie wenig regierungskritisch sich gerade die linke Szene beim Corona-Thema verhielt. Das offizielle Narrativ wurde von ihr ebenso unreflektiert übernommen wie später das Ukraine-Kriegs-Narrativ. Eine regierungskritische Haltung nahmen nur die Corona-Proteste ein, sie ging nach Beginn des Ukraine-Krieges in eine Anti-Kriegs-Haltung über.
Das primäre Thema war dann die Forderung nach Frieden. Ich war sehr berührt, als nach dem Kriegsbeginn jeden Mittwoch bei den Umzügen von MsA der Ruf „Frieden schaffen ohne Waffen“ durch Münchens Straßen schallte. Das erinnerte mich an die Anfänge der FB.

Weil die Grundrechte-Bewegung schon seit drei Jahren den Straßenprotest organisiert, war es auch sie, die dann schnell einen Friedensprotest auf die Straße brachte – viel schneller als die Initiativen der alten Friedensbewegung. Deshalb habe ich versucht, Kooperationsmöglichkeiten zwischen alter und „neuer-neuer“ Friedensbewegung zu finden.
Es gab einige VertreterInnen des FRIBÜ, die kooperationsbereit waren. Mit ihnen veranstaltete die IPPNW-Regionalgruppe zusammen mit MsA und der „freien Linken“ eine Demo am 1. Oktober 2022, dem bundesweiten Aktionstag gegen den Ukraine-Krieg, auf der ich eine Rede hielt. Dabei kam es zu einem Eklat auf der Bühne. Ein Redner der Antifa beschimpfte die MsA-Teilnehmer der Demo als Nazis, mit denen man nicht auf einer Demo sein dürfe. Er übersah dabei, dass mindestens drei Viertel der Demonstranten Leute aus der Grundrechte-Bewegung waren.
Das zeigt recht gut die Realitätsverleugnung der Antifa.

Ich rief nach dieser Demo zu einer Dialoggruppe auf, die sich dann in regelmäßigen Abständen traf. Zwischen einzelnen Akteuren der alten und neuen FB entwickelte sich ein respektvoller und spannender Dialog, der allerdings nicht zu einer prinzipiellen Änderung der Haltung des FRIBÜ führte. Die Vorurteile sind leider nicht aufzubrechen. Es gibt zu große Widerstände vonseiten des FRIBÜ.
MsA als Vertreter der neuen FB ist kooperationsbereit, aber die Spaltung wurde von der Antifa forciert, und das Münchner Friedensbündnis konnte sich zu keiner eigenen friedensfähigen Position durchringen. Es wurde klar, dass sich in München zwei unterschiedliche Friedensbewegungen entwickelten.

Wie hast Du Deine Rolle als Brückenbauerin erlebt?

Einerseits als recht einsam, anstrengend und emotional verletzend, weil ich von meinen alten Weggefährten angegriffen und enttäuscht wurde.
Andererseits habe ich in der neuen Bewegung viele tolle jüngere Menschen kennengelernt, die einen offenen Geist und viel Mut haben, sich gegen den Strom zu stellen. Sie haben mich bei meinen Auftritten bei der neuen FB sehr unterstützt, denn mittlerweile werde auch ich von der SZ in die rechte Querdenker-Ecke gestellt. Das tut weh.

Mein sozialer Bezugsrahmen hat sich von Grund auf verändert. Frühere Freunde sind weggebrochen. Mit meinem Kollegen aus der IPPNW-Regionalgruppe hatte ich beispielsweise letzten Sommer vereinbart, dass wir beide versuchen möchten, Brücken zu bauen. Er ist auch Psychotherapeut, deshalb wollten wir den Dialog anstoßen.
Die erste Bewährungsprobe war dann die Vorbereitungsgruppe für die Friedenskonferenz, eine friedenspolitische Parallelveranstaltung zur Münchner Sicherheitskonferenz.

Die IPPNW ist seit einigen Jahren Mitveranstalter der FRIKO. Es kam die Idee auf, mit der Zivilgesellschaft mehr in Kontakt kommen, vielleicht eine Podiumsdiskussion mit Menschen zu führen, die sich noch nicht so lange für den Frieden engagieren. Mein Vorschlag, die Protagonisten von „München steht auf“ einzuladen, rief großen Widerstand und Ablehnung hervor. Es wurde unterstellt, dass das alles Rechte seien, obwohl niemand vom FRIKO-Team jemals mit den Leuten von MsA gesprochen hatte oder bei einer Demo gewesen war. Man folgte also nur den eigenen Vorurteilen.
Mein Kollege unterstützte mich leider nicht, sondern schloss sich den anderen an.

Ich habe mit vielen von „München steht auf“ gesprochen und kenne auch viele aus der Szene. Ich habe daher entsprechend dagegengehalten, da ich auf den Demos von MsA keine Rechten getroffen hatte, sondern nur Menschen begegnet war, die sich für Freiheit und Frieden engagieren. Aber meine ehemaligen politischen Weggefährten glaubten mir nicht, und mein Vorschlag wurde vom FRIKO-Team vehement zurückgewiesen. Als es dann noch um die Beurteilung einer Demonstration am 9. November ging, glaubte die FRIKO-Gruppe lieber der Süddeutschen Zeitung, die wieder einmal nur Nazis dort gesehen haben wollte, als mir, einer Augenzeugin, die vor Ort war.

Ich habe mich dann aus der Gruppe zurückgezogen, weil ich nicht mit Menschen zusammenarbeiten wollte, die selbst so wenig friedensfähig sind. Friedensfähigkeit bedeutet Gesprächsbereitschaft.
Eine Friedenskonferenz, auf der gefordert wird, dass Russland und die Ukraine sich zu Verhandlungen an einen Tisch setzen sollen, die aber selbst nicht zum Dialog bereit ist, verdient den Namen nicht. Diese Doppelmoral erleben wir zurzeit ständig in der Politik, da wollte ich nicht mitmachen. Es hat mich aber persönlich sehr getroffen, dass ich keine Unterstützung für meine Position von meinem Kollegen bekam. Unser gemeinsam abgesprochenes Brückenbau-Projekt war gescheitert. Nun musste ich allein weitermachen.
Ich empfand das so, als ob man mir in den Rücken fällt. Das hat sich dann später wiederholt.

Was ist denn passiert?

Einige Wochen später wurde ich von den Organisatoren der Anti-Siko-Demo des „Macht Frieden“-Bündnisses gefragt, ob ich auf ihrer Veranstaltung sprechen möchte. Der Vorstand von IPPNW verbot mir, dort in ihrem Namen zu sprechen, so wie ich das sonst immer tue. Die Begründung war: IPPNW dürfe nicht mit wissenschaftsfeindlichen, rechtsoffenen Corona-Leugnern in Verbindung gebracht werden.
So trat ich als Privatperson und nicht als Vertreterin der IPPNW auf. In einem Interview mit der SZ distanzierte sich dann der IPPNW-Vorsitzende von mir und behauptete, mein Auftritt sei nicht mit ihm abgesprochen gewesen, obwohl es natürlich abgesprochen war und das alles per Mail-Verkehr belegt ist.
Ich empfand das als sehr illoyal und persönlich verletzend. Es zeigt die tiefe Zerrissenheit in den herkömmlichen Friedensorganisationen. Wenn wir aber so miteinander umgehen, schwächen wir uns weiter systematisch selbst.

Wo siehst Du die größten Hindernisse einer Zusammenarbeit?

Die neue FB zeigte sich bisher sehr offen und kooperationsbereit. Vielleicht hat sie durch den medial angeheizten, scharfen Corona-Diskurs eine größere Dialogfähigkeit entwickelt als die traditionelle FB, die sich in den letzten Jahren des Friedens nicht mehr groß gesellschaftlich auseinandersetzen musste. Man hatte sich bequem in der Friedensnische eingerichtet.
Also liegen die größten Hindernisse meiner Erfahrung nach auf Seiten der alten FB. Das sind die unverrückbaren Bilder im Kopf, die Einordnung in ein politisches Raster mit links und rechts.

Die alten Aktivisten kommen aus der linken Szene und haben über die Jahre eine rigide linke Identität entwickelt, die nicht reflektiert werden kann.
Dann lässt man sich lieber von einer gewaltbereiten Antifa ein schlechtes Gewissen einreden, dass man nicht links genug sei und sich deshalb offensiv von allem distanzieren müsse, was die Antifa als Rechts definiert, statt sich eine neue, zeitgemäße Position zu erarbeiten.
Sie müsste sich allerdings fragen, was die hauptsächliche Aufgabe einer Friedensbewegung ist: Will sie einer radikalen linken Ideologie hundertprozentige Gefolgschaft leisten oder einen lagerübergreifenden Protest organisieren, um jetzt einen Krieg zu beenden?

Ein anderes Hindernis für eine Zusammenarbeit ist aber auch, dass sich die neue FB zu einem großen Teil aus der Grundrechtebewegung entwickelt, die während der Pandemie so diffamiert wurde.
Viele aus der alten FB waren mit den Corona-Maßnahmen konform und schlossen sich dem Vorurteil an, dass die Maßnahmenkritiker alle Corona leugnen und aus der rechten Ecke kommen würden.
Das zeigt ja auch die Reaktion des IPPNW-Vorstandes. Und plötzlich sollen diese „Aluhutträger“ ernst zu nehmende Friedensaktivisten sein? Das übersteigt die intellektuelle Flexibilität von altgedienten Friedensbewegten.
Da macht man es sich dann lieber einfach und stellt alle „Neuen“ unter den Verdacht, rechtsoffen zu sein.
In der Psychotherapie arbeite ich mit meinen Patienten immer daran, zu differenzieren. Wenn man in einem Gut-Böse-Schema stecken bleibt, gibt es keine psychische Entwicklung.
Diese Entwicklungsaufgabe müsste jetzt die alte FB leisten. Das Links-rechts-Schema taugt nichts mehr, wir müssen alle neu denken lernen.

Dazu gehört auch, einmal aus dem Kreislauf von Aktion und Reaktion herauszutreten und das gesellschaftspolitische Geschehen zu reflektieren. Als Psychoanalytikerin ist es mein tägliches Geschäft, die unbewusste Dynamik eines Verhaltens zu verstehen.
Warum tut sich also die alte FB so schwer, überhaupt einmal ins Gespräch zu kommen mit den Jungen? Ich glaube, da argumentiert die Antifa geschickt mit dem Vorwurf der Kontaktschuld.
Das heißt, man macht sich schuldig, wenn man Kontakt mit einem „Rechten“ hat. Sich schuldig zu machen, weil man die politische Gefahr von rechts nicht sehen könnte, die schon einmal Deutschland und die ganze Welt in den Abgrund gestürzt hat, davor fürchtet sich meine Generation, also die alte FB.
Ein Teil unserer politischen Identität wuchs aus der offensiven Abgrenzung gegen jegliche rechtsnationale Tendenz. Deshalb verfängt dieses Argument so gut. Dann wird kontraphobisch alles vermieden, was nur irgendwie in diese Richtung interpretiert werden könnte.

Schuldgefühle oder Angst zu erzeugen ist übrigens eine massenpsychologische Taktik. Mithilfe des sogenannten „Nudgings“ werden Affekte bewusst geschürt, um dann ein konformes Verhalten zu erzeugen, das den Akteuren im Hintergrund für ihre Zwecke dient.
In der Corona-Zeit war es die Angst vor Krankheit und Tod, jetzt ist es das Schuldgefühl, das die Agenda der Regierung stützt.
In beiden Fällen wird mit der Metapher von Ansteckung gearbeitet. Früher konnten wir uns mit einer Mikrobe anstecken, jetzt ist es das „Virus von rechts“. Und der Schutz vor Ansteckung ist in beiden Fällen die Vermeidung von menschlichem Kontakt.
Deshalb können rechtes und linkes Lager nicht zusammenkommen, solange diese irrationale Angst vor politischer Ansteckung herrscht.
Divide et impera
– die Spaltung der Gesellschaft dient den Mächtigen, um zu herrschen.

Wir brauchen wieder ein Zutrauen zu unserer gesunden Immunität – im physiologischen wie politischen Sinn. Dann können wir auch nicht von „rechts“ infiziert werden, selbst wenn wir mit Menschen in Kontakt kommen, deren politische Meinung in diese Richtung geht.

Was ist in deren Sinne denn „rechts“?

Das frage ich mich auch. Die alten politischen Koordinaten haben ja ausgedient, wenn die ehemals pazifistische Partei der Grünen für den Krieg wirbt und die AfD für Friedensverhandlungen.
Für eine friedensfähige Position ist es meiner Meinung nach auch nicht mehr so wichtig, aus welchem traditionellen politischen Lager man kommt.
Wenn man sich auf grundlegende Forderungen einigen kann, wie keine Waffen mehr zu liefern und Friedensverhandlungen aufzunehmen, ist das der kleinste gemeinsame Nenner, unter dem sich Menschen zusammentun können, die in anderen Punkten unterschiedlicher Meinung sein dürfen.

In der ganzen aufgeheizten Abgrenzungsdiskussion haben wir anscheinend vergessen, dass in einer parlamentarischen Demokratie die unterschiedlichen Parteien themenbezogen zusammenarbeiten.
Wenn ich auf einer Demo neben einem Mann gehe, der AfD wählt, aber jetzt für den Frieden demonstriert, ist er bei diesem Thema mein Mitstreiter. Deshalb muss ich nicht derselben Meinung wie er beim Thema Migration sein.
Und nur weil ich neben ihm gehe, bin ich nicht „rechts“. Dazu ist mein politisches Immunsystem zu stabil. Meine politischen Werte könnten sich aktuell eher an einer tiefen humanistischen und pazifistischen Haltung orientieren als an einem vereinfachten Links-rechts-Schema. Das wäre jetzt wichtig.
Wenn wir uns weiter in „links“ und „rechts“ spalten lassen, verrichten wir das Geschäft der Mächtigen selbst. Dann wird sich keine wirklich große neue FB entwickeln und die Kriegstreiber haben gewonnen.

Das mediale Framing funktioniert leider erstaunlich gut. Jeder Maßnahmenkritiker, jeder Impfskeptiker ist verdächtig, und dementsprechend werden „München steht auf“ und die Grundrechtebewegung als rechts wahrgenommen. Das gilt jetzt auch für alle, die für den Frieden auf die Straße gehen. Früher wurde man als „Corona-Leugner“, heute wird man als „Putinversteher“ beschimpft, wenn man nicht mit der Regierungspolitik einverstanden ist. Dabei muss Friedenspolitik doch immer Kritik an der Regierung sein, wenn diese einen Krieg unterstützt!

Wie meinst Du das?

Meine Entwicklung hin zu einer friedenspolitischen Position war, sich immer mit dem Regierungshandeln kritisch auseinanderzusetzen. Es ist logisch, dass die Maßnahmenkritiker auch kritisch beim Krieg sind, denn sie sind es, die der Regierung seit drei Jahren auf die Finger schauen. Aber ein kollektiver kritischer Geist, der in den 80er-Jahren etwas sehr Positives war, wird heute – insbesondere seit drei Jahren – negativ konnotiert. Dabei ist eine regierungskritische Haltung Grundvoraussetzung für die Friedensbewegung. Ich frage mich, warum nimmt die alte Friedensbewegung die regierungskritische Haltung der Grundrechtebewegung nicht als frischen Impuls für die eigene Mobilisierung auf?

Siehst Du eine Chance, die Gruppen zusammenzuführen?

Ich weiß es im Moment wirklich nicht. Die neue FB hat oft die Hand ausgesteckt, die von der alten nicht angenommen wurde, zumindest hier in München. Ich habe gehört, dass es in anderen Städten schon Annäherung gibt. Es wäre jetzt an den Alten, das Gespräch mit den Jungen zu suchen.
Es ist ja tatsächlich so, dass die Akteure der traditionellen FB alt sind. Wir sind nicht mehr viele und haben nicht mehr viel Kraft. Die Jungen können jetzt den Widerstand organisieren, sie haben Vitalität und Engagement und beherrschen die Klaviatur der sozialen Medien, um viele Menschen zu mobilisieren. Das wäre ein Booster für uns Alte!

Ich habe den Eindruck, die Widerstände gegen die Neuen werden gerade etwas geringer, weil man sieht, wie sich die Zahlen entwickeln. Am Königsplatz waren im Februar 20.000 Menschen, am Marienplatz nur 2.700. Bei der Osterkundgebung waren fünfmal so viel Leute bei „Macht Frieden“ wie beim traditionellen Ostermarsch.
Das Traurige ist aber, dass es insgesamt bei allen Kundgebungen viel zu wenige waren, wenn man sich die aktuelle Bedrohungslage ansieht. Vielleicht ist es gar nicht mehr so wichtig, dass die alte sich mit der neuen FB verbindet, denn die alte FB hat nicht mehr viel Gewicht. Die Neue muss ähnlich breit in der Gesellschaft aufgestellt werden wie damals in den 80ern.

Wo sind aber jetzt die Kirchen, die Gewerkschaften und die Klimabewegung? Die christliche Nächstenliebe ist doch eigentlich per se eine pazifistische Haltung, und gute Arbeitsbedingungen gibt es nur im Frieden. Wer sich für das Klima einsetzt, müsste sich auch für den Frieden engagieren, denn 5 Prozent der globalen CO2-Emissionen werden durch militärische Aktivitäten verursacht.
Durch den Ukraine-Krieg sind bisher 100 Mio. Tonnen CO2 zusätzlich in die Atmosphäre geschleudert worden. Die gigantische Zerstörung der Umwelt durch Krieg müsste doch alle Naturschützer zu Pazifisten machen. Der Krieg in der Ukraine ist nicht das notwendige Übel, um die Energiewende zu schaffen, wie uns einige erzählen wollen.
Der Krieg ist ein Teil der Klimakatastrophe. Deshalb müssten FFF und Letzte Generation sich der Friedensbewegung anschließen. IPPNW versucht schon seit Längerem, diese Gruppen für die Friedensarbeit zu gewinnen.

Wir dürfen nicht vergessen: Die Gefahr der nuklearen Eskalation wird immer größer. Wir waren noch nie so nahe an einem Atomkrieg wie aktuell. Deshalb wäre gerade jetzt die Stunde einer Friedensorganisation wie IPPNW, die seit 40 Jahren vor dem Atomkrieg warnt. Sie müsste sich mehr mit der neuen FB verbinden. Ein erster Schritt dazu wurde schon gemacht, als die IPPNW-Vorsitzende den Appell von Schwarzer / Wagenknecht unterzeichnete und deren Demo unterstützte. Die Berliner Demo war genauso lagerübergreifend wie die Münchner Anti-Siko-Demo am Königsplatz, deshalb ist es schwer verständlich, warum man sich von der Königsplatz-Demo eine Woche vorher noch so distanzierte. Aber vielleicht änderte sich in der Woche dazwischen etwas.
Jeder, der reinen Herzens für den Frieden ist, sollte in einer Friedensbewegung willkommen sein. Wir brauchen wieder eine starke Friedensbewegung wie in den 80ern, um diesen Krieg zu beenden, in dem jeden Tag tausend Menschen sterben, ein ganzes Land zerstört wird und die nukleare Katastrophe droht! Ich hoffe, dass wir das schaffen, bevor es zu spät ist.

Das hoffe ich auch. Einen 3. Weltkrieg braucht niemand. Danke für Dein Engagement! Wir sehen uns auf der Straße!

Unterstreichungen von mir.
Mit friedlichen Grüßen
Jochen, Sprecher der DFG-VK Nordschwaben, IPPNW

Ende des Ukraine-Stellvertreterkrieges: Eine Niederlage, die die Welt verändern wird

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

alexander neu

alexander neu

Aktuelle Analyse von Dr.Alexander Neu. Beide hier geschilderten Ausgänge sind für die deutsche Bevölkerung im Endeffekt nachteilig. Um so wichtiger wäre es, wenn unsere Regierung sich um eine diplomatische ausgleichende Lösung bemühen würde, die eine einvernehmliche Beendigung des Konflikts statt einem Alles-Oder-Nichts anstrebt.
Und hier auszugsweise der Text aus den NachDenkSeiten:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=96345

Eine Niederlage, die die Welt verändern wird

Die Debatten zur bevorstehenden Frühjahrsoffensive der ukrainischen Sicherheitskräfte gegen die russische Armee zwecks Rückeroberung des verlorenen Territoriums laufen heiß. Überschattet wird diese Debatte um die Leaks eingestufter US-amerikanischer Dokumente. Da dieser Krieg ein mehrdimensionaler Krieg ist, mithin also auch ein Stellvertreterkrieg zwischen dem Westen und Russland, sollen in diesem Artikel die geopolitischen Implikationen der jeweiligen Niederlagen beleuchtet werden. Von Dr. Alexander Neu.

Ungeachtet des Ausgangs der angekündigten Frühjahrsoffensive, ob nun der definitive Showdown oder eine von vielen Offensiven der einen oder der anderen Konfliktseiten, soll im Folgenden über die Konsequenzen einer Niederlage, die irgendwann eine der beiden Konfliktseiten erleiden wird, reflektiert werden. Dabei sollen nicht die Niederlagen bzw. die diversen Formen der militärischen Niederlagen der Ukraine oder Russlands auf dem ukrainischen Schlachtfeld thematisiert werden.
Diesen Aspekt habe ich bereits in einem Beitrag mit dem Titel „Was heißt Sieg oder Niederlage für Russland versus für Ukraine und den Westen? Eine Analyse“ in den NachDenkSeiten im Februar beleuchtet: Der Sieg der einen Konfliktseite ist die Niederlage der anderen Konfliktseite auf dem Schlachtfeld – absolut oder in diversen Abstufungen, wie ich es dort ausgeführt habe.

Da dieser Krieg ein mehrdimensionaler Krieg ist, mithin also auch ein Stellvertreterkrieg zwischen dem Westen und Russland, vielleicht auch Chinas und anderer Staaten des Globalen Südens, sollen die geopolitischen Implikationen der jeweiligen Niederlagen beleuchtet werden – ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, da die Wirklichkeit nie in klaren Kategorien wirkt.

Szenario 1: Russlands Niederlage

Verlöre Russland den Krieg gegen die Ukraine und somit gegen den Westen, so wäre eine ganze Kettenreaktion von Konsequenzen für Russland und darüber hinaus denkbar, ja sogar in dem einen oder anderen Fall wahrscheinlich.

Erstens würde sich zeigen, dass Russland nicht einmal eine „Regionalmacht“ ist, um es mit den Worten B. Obamas zu benennen. Denn Russland erwiese sich als unfähig, einen Staat unmittelbar an seiner eigenen Grenze militärisch zu besiegen. Einmal von den diversen Unterstützungsmaßnahmen der NATO abgesehen, die tatsächlich bislang das militärische Überleben der Ukraine absichern – zwar zu einem enorm hohen menschlichen und infrastrukturellen Preis -, würde dieses Bild eines russischen Riesen auf tönernen Füßen vorherrschen.
Mit diesem Image als nicht einmal vollwertige Regionalmacht könnten sich Staaten im post-sowjeti­schen Raum (Kaukasus und Zentralasien) ermuntert sehen, neue Partner – vornehmlich im Westen zu suchen. Selbst wenn diese Staaten keinen eigenen Antrieb auswiesen, sich neue Partner zu suchen, könnten sie genötigt werden, sich dem „Sieger“ des Ukraine-Krieges „anzunähern“. Weißrussland wäre der vermutlich erste Kandidat, der in der euro-atlantischen Sphäre aufginge.

Mehr noch, die bislang mehr oder minder latenten Separatismusphänomene (Stichwort: Tschetschenien) insbesondere in der Kaukasusregion könnten wieder Auftrieb gewinnen. Der starke Mann Tschetscheniens, R. Kadyrow, ist zwar – noch – ein treuer Gefolgsmann Putins.

Angesichts dieses besonderen Loyalitätsverhältnisses genießt Tschetschenien eine – im Vergleich zu den übrigen föderalen Subjekten – herausragende Autonomie innerhalb der russischen Föderation. Jedoch könnten bei einer russischen Niederlage die innerrussischen Karten neu gemischt werden.
Dass ein solches Szenario nicht abwegig ist, zeigt die Flexibilität des Vaters und Amtsvorgängers von R. Kadyrow, A. Kadryow. Dieser rief 1994 im allgemeinen Schwächezustand der russischen Staatlichkeit unter B. Jelzin den Dschihad, also den Heiligen Krieg, gegen Russland aus. Später, 1999, wechselte er die Fronten und wurde 2003 zum Präsidenten des russischen Föderationssubjektes Tschetschenien. 2004 starb A. Kadyrow bei einem Anschlag.
Insbesondere das enge Loyalitätsverhältnis zwischen R. Kadyrow und W. Putin sichert den Bestand Tschetscheniens in der russischen Föderation. Was aber, wenn Russland den Krieg und somit auch die Autorität im eigenen Haus verliert? Zumal auch das politische Überleben des gegenwärtigen russischen Präsidenten, W. Putin, dann mehr als fragwürdig erscheint. Selbst wenn R. Kadyrow loyal zur russischen Staatlichkeit stünde, heißt das nicht, dass Kadyrow seine Macht dauerhaft sichern könnte, wenn sein bisheriger Schutzgarant W. Putin wegfiele.
Mit einem erneuten Aufbrechen eines Bürgerkrieges in Tschetschenien könnte ein separatistischer Dominoeffekt entstehen
– zunächst in den föderalen Subjekten des Kaukasus und ggf. darüber hinaus bis hin zur Dismembration der russischen Föderation.

Und tatsächlich wird in westlichen Redaktionsstuben und vielleicht auch Thinktanks und politischen Organisationen über die Zerschlagung der russischen Föderation spekuliert. Die Aussage des US-amerikanischen Verteidigungsministers Austin, „wir wollen, dass Russland so weit geschwächt wird, dass es zu etwas wie diesem Einmarsch in die Ukraine nicht mehr in der Lage ist“, offeriert sehr viel Interpretationsspielraum.
Diese Aussage muss nicht als der Wille zur Zerschlagung Russlands interpretiert werden, kann aber auch nicht ausgeschlossen werden – oder zumindest als nette Nebenwirkung nicht unwillkommen sein. Andere westliche Akteure reden da bereits Klartext unter dem Begriff „de-colonizing Russia“. So veröffentlichte das US-amerikanische Magazin „The Atlantic“ am 27. Mai 2022 einen Beitrag mit dem Titel „Decolonize Russia“.

Darin wird von „kolonialen Besitztümern“ des Kremls gesprochen und namentlich Tschetschenien, Tartastan, aber sogar Sibirien und die Arktis erwähnt. Der Autor C. Michel fordert, der Westen müsse das 1991 begonnene Projekt (gemeint ist die Auflösung der Sowjetunion) zu Ende führen.
Weiter: Der Kreml müsse sein Imperium verlieren, um das Risiko weiterer Kriege zu vermeiden, womit gedanklich an Austins Forderung der Schwächung Russlands zwecks Verhinderung seiner Kriegsfähigkeit angeknüpft wird.
csce-logoInwiefern diese Forderungen im politischen Washington diskutiert werden, zeigt sich an einem online-briefing unter dem Titel:
„DECOLONIZING RUSSIA – A Moral and Strategic Imperative“veranstaltet am 23. Juni 2022 durch die sogenannte „Commission on Security and Cooperation in Europe“ – auch bekannt als US-Helsinki-Kommission. Einer der Panelisten war der oben bereits erwähnte C. Michel.

Diese Institution ist nicht irgendein Thinktank oder eine regierungsseitig finanzierte NGO. Es handelt sich hierbei um eine staatliche bzw. eine Regierungskommission (csce.gov), deren Mitglieder nahezu vollständig aus den beiden US-Kongresskammern, dem Senat und dem Abgeordnetenhaus, entsandt werden. Sie werden vom US-Präsidenten, dem US-Außen­ministerium, dem Pentagon (US-Verteidigungsministerium), dem Handelsministerium und den Präsidenten des US-Senats sowie dem Sprecher des Repräsentantenhauses bestimmt.
Die US-Helsinki-Kommission beschreibt ihren Charakter als eine „unabhängige US-Regierungs­kommission, welche amerikanische nationale Sicherheit und nationale Interessen voranbringt durch die Förderung von Menschenrechten, militärischer Sicherheit und wirtschaftlicher Zusammenarbeit in 57 Staaten“. Die US-Kommission versteht sich somit als selbstmandatierter Hüter der OSZE und deren Ziele – ist mithin kein OSZE-Organ.

Und diese Kommission debattiert ernsthaft über die Zerlegung Russlands. Dass diese Diskussion über eine Zerschlagung der russischen Staatlichkeit Moskau nicht verborgen bleibt, versteht sich von selbst.
So verkündete Russland jüngst eine aktualisierte außenpolitische Strategie, in der der Westen als „existenzielle Bedrohung” für Russland qualifiziert wird sowie die Absicht, die „Dominanz der Vereinigten Staaten und anderer unfreundlicher Länder in der Weltpolitik“ zu beseitigen.

Die Niederlage Russlands würde einen Prozess beschleunigen und intensivieren, der für Russland ein zentrales Motiv für den Krieg gegen die Ukraine darstellt. Erstens die fortgesetzte NATO-Erweiterung – auch weiter in den post-sowjetischen Raum hinein.
Und zweitens würde die Ukraine zu einem hochgerüsteten anti-russischen Bollwerk mit dem Image, Russland besiegt zu haben, ausgebaut. Westliche, vor allem US-amerikanische und polnische Truppen würden direkt an der Grenze Russlands stationiert werden.
Ein für Russland dauerhaftes Trauma. Bereits jetzt hat sich die NATO mit der Aufnahme Finnlands um weitere 1.300 Kilometer an der russischen Grenze erweitert.

Szenario 2: Niederlage der Ukraine

Die Niederlage der Ukraine wäre auch angesichts des Stellvertreterkrieges eine Niederlage des Westens. Es hätte massive Auswirkungen auf das Image der USA als Supermacht, der NATO als größte und mächtigste Militärallianz der Menschheitsgeschichte, der EU als europäisches Integrationsprojekt und der Ambition, unter Führung der USA ein Juniorglobalplayer zu sein.
Es hätte Auswirkungen im Verhältnis der europäischen, insbesondere der osteuropäischen Staaten zu Russland. Auch wenn die NATO- und EU-Mitgliedsstaaten angesichts des Krieges näher zusammengerückt sind, muss es kein Dauerzustand werden. Diese beiden internationalen Regierungsorganisationen bestehen aus Nationalstaaten mit eigentlich auch jeweiligen nationalen Interessen.
So schert beispielsweise Ungarn immer wieder aus dem Chor aus und unterhält bilaterale Sonderbeziehungen mit Russland, wie jüngst mit der Sicherung zusätzlicher Energieströme, was von den westlichen Partnern nicht mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen wird. Doch im Einzelnen:

USA

Der relative Machtverlust der USA im globalen System würde beschleunigt. Nicht zuletzt dürfte der fluchtartige Rückzug der USA aus Afghanistan 2021 dazu beigetragen haben, dass die USA als kein zuverlässiger Schutzfaktor mehr wahrgenommen werden.
Der Einfluss der USA selbst auf historische Verbündete wie Saudi-Arabien nimmt bereits jetzt ab. Saudi-Ara­bien scheint sich auf Verhandlungsinitiative Chinas mit dem Iran auszusöhnen, und plötzlich ist der Frieden für den Jemen möglich. Syrien und das NATO-Mitglied Türkei nähern sich unter russischer Vermittlung wieder an. In beiden Fällen spielen die USA nicht nur keine Rolle, sondern die Vermittlungen unterlaufen sogar die geopolitischen Interessen Washingtons.
Die OPEC+ hat kürzlich beschlossen, die Fördermengen, wie von den USA gefordert, nicht zu erhöhen, sondern, wie von Russland gewollt, abzusenken.
Die De-Dollarisierung, also der Abbau der Nutzung des US-Dollars für den internationalen Handel, nimmt immer schnellere Formen an. Immer mehr Staaten finanzieren ihren bilateralen Handel mit ihren Nationalwährungen. Das Zahlungssystem SWIFT erhält perspektivisch Konkurrenz, sodass die nicht-westliche Welt künftig sich dem Sanktionsdruck der USA auch in diesem Bereich immer mehr zu entziehen vermag, womit das inflationär verwendete Schwert der US-Sanktions­politik zur Disziplinierung unbotmäßiger Staaten an Effektivität verlieren wird.

Mit diesen Maßnahmen schwinden die Einflussmöglichkeiten und gleichsam die Einnahmen der USA, womit sich mittelfristig die Frage stellen wird, ob die USA ihre Militärausgaben (858 Mrd. US-Dollar im laufenden Haushaltsjahr 2023) weiterhin stemmen werden können, ob sie die nahezu 1.000 US-Militärstandorte auf den diversen Kontinenten, mit denen die USA ihre militärische Macht projizieren, weiter unterhalten können, etc.

NATO

Dieser US-amerikanische Machtverlust wirkte sich unmittelbar auf die Kohärenz der NATO aus. Es setzten sich vermutlich zentrifugale Kräfte frei, da das Image der NATO, die diesen Krieg selbst zum Schicksal ihres Seins erklärt hat, als wirkmächtigste Militärallianz in der Menschheitsgeschichte effektiv beschädigt wäre und sodann eine nie dagewesene Legitimationskrise erzeugte.
Wenn 31 Mitgliedsstaaten mit einem Militärbudget von über 1,175 Billionen US-Dollar (Stand 2021), davon alleine die USA 801 Mrd. US-Dollar (Stand 2021), und einem Gesamt-BIP von nahezu 40 Billionen US-Dollar (Stand 2021) im Vergleich zu Russland mit einem Militärbudget von 66 Mrd. US-Dollar (Stand 2021) und einem BIP mit vergleichbar mageren 1,8 Billionen US-Dollar (Stand 2021) eine Niederlage einfahren, dann hinterlässt dies einen katastrophalen Eindruck auf den Rest der Welt.

Europäische Union

Die EU, die sich derweil zunehmend an den USA ausrichtet und sich den US-Vorgaben bereitwillig fügt, müsste sich angesichts einer westlichen Niederlage im Sinne des Aspekts einer echten europäischen Souveränität wohl neu erfinden, will sie nicht in die absolute Bedeutungslosigkeit stürzen.
Vielleicht würden im Falle einer Niederlage die Vorstellungen des französischen Präsidenten E. Macron von einem selbstständigeren Europa dann doch auch konstruktive Debatten in den übrigen europäischen Hauptstädten und in Brüssel entfalten, statt sie durch gesinnungsethische Reflexe als quasi Hochverrat zu brandmarken.
Sollte der künftige US-Präsident wieder D. Trump heißen oder jemand von seinem Typus, müsste diese Debatte in Europa ohnehin nolens volens alsbald geführt werden
. Für ein souveränes und selbstständiges Europa zu sein, heißt nicht gegen die USA zu sein, es sei denn, man betrachtet alles jenseits der Unterwerfung unter die USA als anti-amerikanisch. Dass es solch unterkomplexes Denken gibt, zeigen die gegenwärtigen Reaktionen auf Macrons Äußerungen.

Russland würde als Sieger hingegen vermutlich bestrebt sein, entweder die EU zu zerlegen und zu den europäischen Staaten jeweils bilaterale Beziehungen gemäß den russischen Interessen aufzubauen. Oder aber sich die EU gefügig zu machen, um einen „unfreundlichen“ Akteur dauerhaft auszuschalten.
Eine EU ist weder unter US-amerikanischer noch unter russischer Führung für uns Europäer wünschenswert – unsere Interessen sind bei seriöser Betrachtung weder mit denen Russlands noch mit denen der USA deckungsgleich.

Fazit

Der Epochenwandel von der unipolaren westlichen hin zu einer multipolaren Weltordnung wird durch eine kriegerische Unordnung begleitet.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und der damit einhergehende Stellvertreterkrieg sind eindeutige – zwar nicht zwangsläufige, jedoch erwartbare – Symptome des Epochenwandels. Zugleich manifestiert und beschleunigt der Krieg den Epochenwandel. Selbst wenn Russland den Krieg mit all den oben genannten möglichen Konsequenzen verlieren sollte, scheint mir der Entwicklungsprozess hin zu einer neuen multipolaren Weltordnung, in der China und der Globale Süden als Kraftzentren die internationale Ordnung mitgestalten werden, unaufhaltsam.
Eine Niederlage Russlands würde sicherlich den Transformationsprozess verlangsamen und vor allem China in eine schwierige Situation bringen, da der große Partner im Norden, also Russland, wegfiele
. Ein zerlegtes oder gar ein pro-westliches Russland stellte für China das Worst-case-Szenario in den geo-, sicherheits- und energiepolitischen Entwicklungen dar.

Der Westen würde im Falle einer Niederlage in atemberaubendem Tempo an globaler Macht einbüßen. Internationale Regierungsorganisationen, die aufgrund westlicher Blockade sich den neuen Machtverhältnissen nicht anpassten, würden durch neue internationale Foren und Institutionen unter Führung der BRICS-Staaten marginalisiert.

Schon jetzt sind die G20 relevanter als die G7. Schon jetzt wenden sich immer mehr Staaten aus allen Kontinenten dem BRICS-Format zu.

Beide Maximalziele, die mögliche Zerschlagung der russischen Staatlichkeit auf der einen sowie die „Beseitigung“ der westlichen Dominanz auf der anderen Seite, zeigen zwei Dinge: Erstens, es handelt sich, wie kritische Beobachter von Anfang an feststellten, eben nicht nur um einen ukrainisch-russischen Regionalkrieg, sondern auch und vor allem um einen geopolitischen Weltordnungskrieg zwischen dem Westen und Russland und ggf. weiteren Staaten der nicht-westlichen Welt.
Und zweitens, die Entschlossenheit beider Seiten wirkt wie zwei aufeinanderzu rasende Züge, bei denen jeweils die Bremsen zuvor mit Absicht ausgebaut wurden, um der Gegenseite die eigene Entschlossenheit zu demonstrieren – keine gute Perspektive für den Weltfrieden.

Bei Russland geht es in diesem Konflikt als Minimalziel um die Sicherung des Status als Großmacht sowie den Anspruch, dass seine Sicherheitsinteressen und somit seine staatliche Existenz berücksichtigt werden – maximal um die Beseitigung der westlichen Globaldominanz und, wenn möglich, um die Kontrolle über den post-sowjetischen Bereich und über Europa.

Für den Westen geht es um das Anhalten und bestenfalls Zurückdrehen der Uhr in Richtung der von den USA geführten unipolaren Weltordnung.
Mindestens aber um das staatliche Überleben der Ukraine und ihrer wie auch immer gearteten Anbindung an EU und NATO.

Die Realität einer Niederlage für die eine oder andere Seite wird jeweils irgendwo im breiten Spektrum liegen.

 Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Sahra Wagenknecht im NachDenkSeiten-Interview: „Natürlich ist auf unserer Kundgebung in Berlin jeder willkommen“

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Heute ganz aktuell und ausführlich. Gut, dass es die NachDenkSeiten gibt.
https://www.nachdenkseiten.de/?p=94067
Auszüge:

Sahra Wagenknecht stellt sich den Fragen unserer Leser. Im Interview spricht sie über das Zustandekommen des Manifests, die „armselige Debattenkultur“ in Deutschland und stellt klar, dass sie sich nicht, wie zuvor kolportiert, für einen Ausschluss von AfD-Mitgliedern bei der geplanten Friedenskundgebung am 25. Februar vor dem Brandenburger Tor ausgesprochen hatte.
Zudem geht sie auf die Kritik ein, das Manifest für Frieden würde die Vorgeschichte des Konfliktes ausblenden und Russland einseitig als Aggressor darstellen und skizziert ihren Ansatz für einen ersten Waffenstillstand.
Abschließend beantwortet sie die Frage, die uns in Dutzenden Leserbriefen erreichte: Wann sie plane, ihre eigene Partei zu gründen. Das Interview führte Florian Warweg.

Frau Wagenknecht, Sie haben kürzlich zusammen mit der Emma-Herausgeberin Alice Schwarzer das „Manifest für Frieden“ initiiert und rufen gemeinsam zur Friedenskundgebung am 25. Februar um 14 Uhr vor dem Brandenburger Tor auf. Können Sie uns verraten, wie es zu dieser Zusammenarbeit kam und wer da auf wen zugegangen ist?

Ich habe mit Alice Schwarzer seit knapp einem Jahr Kontakt. Ich hatte ihr damals geschrieben und mich für ihren Offenen Brief an Scholz bedankt, über den ich unglaublich froh war.
Wir haben uns danach hin und wieder geschrieben, und im Januar, als die Debatte über die Lieferung von Kampfpanzern hochkochte, kam Alice Schwarzer auf mich zu und sagte: Wir müssen etwas machen. Da war ich natürlich sofort dabei.

Der Spiegel kürte Sie beide zu „Verliererinnen des Tages“ und erklärt, Ihr Aufruf lese sich, als käme er direkt aus der Feder des Kreml-Pressesprechers. In eine ähnliche Kerbe haut die FAZ, dort ist das Manifest eine „Propaganda-Hilfe für Putin“, in der taz wird Ihr Anliegen als „politobszön“ und „amoralisch“ bezeichnet, in der Süddeutschen war mit Verweis auf den Politologen Herfried Münkler von „Komplizenschaft mit dem Aggressor” die Rede.
Die Reaktion von CDU- und Ampel-Vertretern war ähnlich vernichtend, auch aus der eigenen Partei hagelte es massive Kritik.
Wieso reagiert Ihrer Meinung nach der mediale und politische Mainstream mit so viel Häme und geradezu Hass auf eine Petition, die sich für Friedensverhandlungen und einen Stopp der „Eskalation der Waffenlieferungen“ ausspricht, also noch nicht einmal einen generellen Stopp von Waffenlieferungen an die Ukraine fordert?

Ja, das Niveau der politischen Debatte in Deutschland ist wirklich armselig und die Konformität der großen Medien in dieser Frage einer Demokratie unwürdig. Warum sind sie so?
Die ZDF-Sendung Die Anstalt hatte vor längerer Zeit mal eine sehr aufklärende Sendung über die engen Verbindungen zwischen einflussreichen deutschen Journalisten und U.S.-Think-Tanks.
Und selbst, wo es keine solchen Bande gibt: Die meisten Journalisten leben in der grünen Blase, in der Kriegsbesoffenheit aktuell en vogue ist.

Jetzt sind Sie und Frau Schwarzer ja bei weitem nicht die Einzigen, die derzeit verbal dermaßen angegangen werden, weil sie sich für Friedens-Verhandlungen aussprechen. Man denke nur an die hysterischen Kampagnen gegen Gabriele Krone-Schmalz und Ulrike Guérot.
Wie erklären Sie sich diesen zunehmenden Drang in Politik und Medien, Menschen mit anderen Meinungen und Einschätzungen zum Umgang mit dem Ukraine-Krieg nicht nur zu kritisieren, sondern sie bewusst moralisch abzuwerten? Was bedeutet das für die Debattenkultur in unserem Land?

Wer keine guten Argumente hat, muss es mit Emotion und Moralisierung versuchen. So funktioniert die Cancel Culture ja auch auf anderen Gebieten. Und wie mit den mutigen Frauen Gabriele Krone-Schmalz und Ulrike Guérot umgegangen wird, schafft ein Klima der Einschüchterung.
Tatsächlich haben uns ja auch Einige, die wir als Erstunterzeichner angesprochen hatten, mehr oder minder deutlich gesagt, dass sie zwar unser Anliegen teilen, sich diesem öffentlichen Shitstorm nicht aussetzen möchten. Interessant ist aber, dass trotz des Hasses und der Häme, die über uns ausgekippt wurden, in nur einer Woche eine halbe Million Menschen unser Manifest unterzeichnet haben.
Das übertrifft alle Erwartungen. In Umfragen ist eine Mehrheit für Verhandlungen und gegen die Ausweitung der Waffenlieferungen.
Die Menschen lassen sich von der medialen Propaganda – so muss man es ja leider nennen – Gott sei Dank immer weniger beeindrucken.

Neben der schon erwähnten Kritik, die Ihnen „Kreml-Propaganda“ vorwirft, gibt es auch eine ganz anders geartete Kritik, die der Petition vorwirft, einseitig Russland als Aggressor zu benennen und dabei die Vorgeschichte zu ignorieren, angefangen vom Maidan-Putsch, über den jahrelangen massiven Beschuss ziviler Ziele im Donbass ab 2014 durch die ukrainische Armee bis zur massiven Präsenz von NATO-Beratern und dem Eingeständnis Angela Merkels, Minsk II sei nur Mittel zum Zweck gewesen, um die Ukraine gegen Russland aufzurüsten.
Wie bewerten Sie diese Kritik und mit welchen Argumenten würden Sie diejenigen versuchen zu überzeugen, die erklären, dass sie diesen „grundsätzlich guten Aufruf“ deswegen nicht unterzeichnen können, dies doch noch zu tun?

Wir wissen um die Vorgeschichte des Krieges und ich selbst habe sie öffentlich immer wieder thematisiert. Dieser Krieg wäre verhinderbar gewesen und Teile des politischen Establishments der USA haben es geradezu darauf angelegt, dass der Konflikt militärisch eskaliert.
Es war immer klar, dass Russland nicht hinnehmen wird, dass die Ukraine ein militärischer Vorposten der Vereinigten Staaten wird und dann möglicherweise Raketen an der russischen Grenze stehen, die Moskau in fünf Minuten erreichen können.
Trotzdem ist es meine tiefe Überzeugung: Krieg ist nie eine Lösung. Mit dem Befehl zum Einmarsch hat die russische Führung Völkerrecht gebrochen und sich schuldig gemacht. Das muss man ohne jede Einschränkung verurteilen. Es gibt immer auch andere Wege.
Aber selbst wer das anders sieht: Es geht doch jetzt darum, alle Kräfte zu bündeln, um Druck für einen schnellen Verhandlungsfrieden auszuüben.
Da sollten wir an einem Strang ziehen und brauchen jede Unterschrift – und jeden Kundgebungsteilnehmer am 25. Februar in Berlin.

Kommen wir auf die von Ihnen geplante Friedenskundgebung am 25. Januar vor dem Brandenburger Tor zu sprechen.
Es wird kolportiert, dass Sie AfD-Mitglieder und -Wähler von der Teilnahme an der Kundgebung ausgeschlossen haben. Können Sie das so bestätigen?
In diesem Zusammenhang erreichten uns auch zahlreiche Leserzuschriften, die die Gretchenfrage in Bezug auf die Teilnahme von AfD-Mitgliedern stellen und ganz grundsätzlich fragen, ob es in dieser existenziellen Frage von Krieg oder Frieden nicht geboten sei, mit den Kräften aller politischen Lager zusammenzuarbeiten, ohne dabei alle sonstigen politischen Differenzen zu verschweigen. Was ist Ihre Haltung dazu?

Natürlich ist auf unserer Kundgebung jeder willkommen, der ehrlichen Herzens für Frieden und gegen Waffenlieferungen demonstrieren möchte.
Was wir nicht dulden werden, sind rechtsextreme Flaggen, Embleme und Symbole. Dass so etwas auf einer Friedenskundgebung nichts zu suchen hat, sollte sich eigentlich von selbst verstehen.
Immerhin steht der Rechtsextremismus in der Traditionslinie eines Regimes, das den schlimmsten Weltkrieg seit Menschheitsgedenken vom Zaun gebrochen hat.
Zu der schwachsinnigen Debatte, wir seien „rechtsoffen“, fällt mir ansonsten nur der Hinweis ein, dass nicht der Ruf nach Frieden, sondern die bei vielen unserer Kritiker zu beobachtende Unterstützung von Militarismus und Krieg seit ewigen Zeiten Kennzeichen rechter Politik ist. In diesem Sinne haben wir leider eine „rechtsoffene“ Regierung und die Grünen sind die Schlimmsten darin.

Da wir gerade von Allianzen sprachen. Deutschland ist zweifelsfrei das Schlüsselland in Europa in der Frage Krieg oder Frieden mit Russland.
Gab es beim Verfassen des Manifests aber auch die Überlegung, dieses auf andere europäische Staaten auszuweiten und nicht nur an Olaf Scholz zu richten?
In Frankreich hätte das Manifest beispielsweise vermutlich auch viel Unterstützungspotenzial. Gab es schon Gespräche in diese Richtung, etwa mit Jean-Luc Mélenchon, zu dem Ihr Mann gute Verbindungen unterhalten soll?

Wir haben Mitte Januar zum ersten Mal darüber nachgedacht, eine solche Initiative zu starten, am 10. Februar wurde das Manifest mit 69 prominenten Erstunterzeichnern veröffentlicht, seither tun wir alles, um die Kundgebung auch ohne starke Organisationen im Rücken solide vorzubereiten.
Wir haben in dieser Situation noch keine Möglichkeit gehabt, an einer europaweiten Vernetzung zu arbeiten. Aber es ist eine wichtige Anregung, die wir in Zukunft gern umsetzen werden.

Mehrere Leserzuschriften haben uns erreicht, die sich hilfesuchend an Sie wenden und um Argumentationshilfe für Diskussionen im Bekannten- und Freundeskreis bitten, was denn konkret umsetzbare Vorschläge für einen aktuellen Verhandlungsfrieden zwischen der Ukraine (plus westliche Unterstützer) sowie Russland wären. Was antworten Sie diesen Lesern?

Nach übereinstimmender Aussage des ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Bennet und des türkischen Außenministers gab es im Frühjahr bereits Gespräche und eine so starke Annäherung zwischen Moskau und Kiew, dass ein Friedensschluss in greifbarer Nähe war. Verhindert wurde er damals durch London und Washington.
Kern des Ukraine-Konflikts war immer die Frage einer NATO-Mitgliedschaft, die Frage möglicher westlicher Militärbasen und Raketenrampen.
Im Frühjahr waren die Russen offenbar bereit, sich für ein Zugeständnis in dieser Frage hinter die Linien des 24. Februar 2022 zurückzuziehen. Ob das heute noch möglich wäre, weiß ich nicht.
Mit der Annexion der Regionen Luhansk und Donezk hat Putin Fakten geschaffen, hinter die er kaum zurückgehen wird.
Aber das zeigt doch wieder: Je länger der Krieg dauert, desto schwieriger wird ein Kompromiss. Aktuell sehe ich eigentlich nur den Weg, die Frontlinie zunächst einzufrieren und später ein UN-beaufsichtigtes Referendum in diesen Gebieten durchzuführen.

seymour hersh

seymour hersh

In den letzten Tagen sorgte die Recherche des renommierten US-Investigativ-Reporters Seymour Hersh für Furore, in welcher er erklärte, Nord Stream sei auf direkten Befehl des US-Präsidenten Joe Biden gesprengt worden.
Bereits vor der Hersh-Veröffentlichung war offensichtlich geworden, dass die Bundesregierung keinerlei Interesse zeigt, die mutwillige Zerstörung eines der größten und teuersten Infrastrukturprojekte Europas wirklich aufklären zu wollen.
Was ist Ihre Einschätzung der Lage? Kennt die Bundesregierung den Täter, traut sich aber aus diversen Gründen nicht, dies öffentlich kundzutun?

Die Bundesregierung gibt jedenfalls selbst zu, dass sie mehr weiß, als sie öffentlich sagt. Kollegen im Bundestag und auch ich selbst haben sie mehrfach dazu befragt und immer wurde die Antwort verweigert, nicht, weil man vorgab, nichts zu wissen, sondern „aus Gründen des Staatswohls“.
Wer eins und eins zusammenzählen kann, dürfte keinen großen Zweifel daran haben, wer die Pipeline gesprengt hat. Zumal Biden das ja faktisch in der Pressekonferenz mit Scholz angekündigt hat.
Die russisch-deutschen Pipeline-Projekte waren den Amerikanern immer ein Dorn im Auge, schon zu Beginn der Zusammenarbeit in den achtziger Jahren.
Und tatsächlich gibt es auch nur einen großen Profiteur: Alle Experten sind sich einig, dass das nunmehr aus Europa verbannte preiswerte russische Gas in Zukunft nahezu vollständig durch das sehr viel teurere US-amerikanische Flüssiggas ersetzt wird.

Im Zusammenhang mit Nord Stream, dem Sanktionsregime und dem Krieg in der Ukraine erreichten uns viele Leserzuschriften mit einer Frage an Sie, die sich so zusammenfassen lässt:
Wie können wir, Deutschland und EU, uns aus der desaströsen politischen, wirtschaftlichen und militärischen Hörigkeit und Abhängigkeit von den USA lösen?
Was bräuchte es, um dies überhaupt zu einem realistischen Szenario zu machen?

Also, in erster Linie bräuchte es einen Bundeskanzler mit Rückgrat. Und Koalitionspartner, die ihn dabei unterstützen.
Auf europäischer Ebene sollte die Bundesregierung die Zusammenarbeit mit Ländern wie Frankreich suchen, die sich traditionell ein unabhängigeres, souveränes Europa wünschen.

Die wohl unangenehmste Frage für Sie haben wir uns in alter Tradition für den Schluss aufgehoben. Wie bereits erwähnt, hatten wir im Vorfeld des Interviews unseren Lesern angeboten, uns Fragen an Sie zuzuschicken.
Die Reaktion war geradezu überwältigend, uns erreichten über 350 Fragen. 84 davon, also 24 Prozent der eingegangenen Zuschriften, hatten folgendes Thema in unterschiedlichen Frage-Formulierungen zum Inhalt: „Wann gründen Sie endlich Ihre eigene Partei?“, „Warum haben Sie noch keine eigene Partei gegründet?“, „Was hindert Sie daran, eine neue Partei zu gründen?“, „Wird zu den Europawahlen eine neue Bewegung/Partei unter Mitwirkung von Ihnen antreten, die sich kompromisslos gegen Waffenlieferungen und Sanktionen stellt, oder bleibt es beim Schaulaufen?“.

Das ist eine wichtige Frage, über die ich natürlich, wie viele andere, nachdenke. Es ist ja tatsächlich so, dass es eine riesige Leerstelle im politischen System gibt.
Die Linkspartei fällt als relevante Kraft für Frieden und Gerechtigkeit nach dem Urteil vieler Wähler aus, seit die Parteispitze die woken Grünen kopiert und bei wichtigen Themen Angst vor der eigenen Courage hat.
Insofern wäre da schon Bedarf für eine neue Partei, die rund 30 Prozent der Menschen endlich einmal wieder eine Stimme gibt.
Aber es ist in Deutschland nicht leicht, eine neue Partei zu gründen. Es gibt viele Fallstricke. So ein Projekt ohne solide Vorbereitung zu beginnen, hätte wenig Aussicht auf Erfolg.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

Reiner Braun in Moskau, November 2022: Eine Reise für den Frieden

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Sein Bericht auszugsweise auf den NachDenkSeiten https://www.nachdenkseiten.de/?p=92101

Reiner Braun, einer der führenden Köpfe der deutschen Friedensbewegung, ist im Spätherbst letzten Jahres nach Moskau gereist, um sich vor Ort Eindrücke von der Lage und der Stimmung der Menschen zu machen. Seine Gesprächspartner waren vor allem Angehörige der linken russischen Friedensbewegung, die den Krieg kritisieren. Anders als rechte Oppositionelle wie Nawalny kommen diese Stimmen in deutschen Medien jedoch nicht zu Wort.
Wir möchten Ihnen den Reisebericht von Reiner Braun nicht vorenthalten, da er viele interessante Gedanken enthält, auch wenn wir als Redaktion der NachDenkSeiten nicht alle seine Schlussfolgerung so teilen.

Moskau, November 2022: Eine Reise für den Frieden

Lange habe ich gezögert, diese Reise zu machen – welchen Sinn kann sie haben, zu umständlich, zu teuer, zu unsicher.
Doch persönliche und politische Gründe haben mich dann doch bewogen, vom 22.11. bis zum 29.11.2022 über Baku nach Moskau zu reisen.
Ich wollte einen eigenen, ganz persönlichen, aber auch politischen Eindruck von der Situation bekommen, um besser beurteilen zu können, wie in „Moskau“ der Krieg gesehen wird, und weder auf die eine noch auf die andere Propaganda angewiesen zu sein.
Was ich jetzt aufschreibe, sind keine wissenschaftliche Arbeit oder wissenschaftliche Erkenntnisse, es sind Impressionen eines Besuches und persönliche Eindrücke, vermittelt durch eine Vielzahl von politischen und persönlichen Gesprächen in einer besonderen Zeit, die durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine geprägt ist.

Natürlich hat auch dieser Krieg eine Vorgeschichte oder besser eine jahrzehntelange westliche Provokation, genannt NATO-Osterweiterung. Und dieser Krieg hat auch nicht am 24.02.2022 begonnen, wahrscheinlich ist auch das Jahr 2014/2015 als Kriegsbeginn zu kurz gegriffen.
Erkenntnisfördernder ist, die Aussagen des damaligen EU-Kommissionspräsidenten Barroso als Grundlage zu nehmen, der 2008 in mehreren Reden und während seines Besuchs in Kiew deutlich machte, eine EU-Kooperation gibt es nur bei Abbruch der Beziehungen zu Moskau. Die EU wollte als Vorläufer für die damals politisch nicht durchsetzbare NATO-Mitgliedschaft die Ukraine in das „westliche Lager“ holen.
Dies war gedacht als Einstieg auch für eine NATO-Mitgliedschaft, die besonders von den USA immer angestrebt wurde. Dieses Ziel war verbunden mit einer massiven Militarisierung der Ukraine durch die NATO und auch der Schießkrieg gegen die „Volksrepubliken Donezk und Lugansk“ ist Teil einer aggressiven westlichen Politik.
Die reaktionäre Regierung der Ukraine ab 2014 tat ein Übriges, die Situation zu verschärfen. All dies rechtfertigt aber nach der UN-Charta niemals einen präventiven Angriffskrieg gegen ein unabhängiges Land.

Ich reiste auch mit eigenen Erfahrungen der letzten Monate. Wohl selten war die Friedensbewegung so isoliert, so vielfältig, ja gespalten in der Reaktion auf den völkerrechtswidrigen Krieg, auf den Wirtschaftskrieg, ja selbst bei der Ablehnung von Waffenlieferungen waren wir uns nicht einig.

Trotzdem waren wir auf den Straßen, lokal und regional, bei den Ostermärschen und am 1.10. bei den bundesweiten Protestaktionen und Demonstrationen.
Darüber wollte ich sprechen und für den Frieden werben.

Die Reise von Berlin nach Moskau dauerte viermal so lang, die Kontrolle an der Grenze war noch genauer – mein Jahresvisum wurde „auswendig gelernt“, sie war aber höflich und freundlich – wie immer.

Mit dem Zug vom Flughafen Domodedowo in die Stadt und mit der Metro in die Wohnung erbrachte die erste Überraschung – die Metro war um 22.00 Uhr leer. In all den vielen Jahren habe ich niemals eine leere Metro erlebt.
Auf meine erstaunte Frage wurde nachdenklich und besorgt erwidert: Ja, viele bleiben zu Hause, es gibt ja nichts Wirkliches zu feiern, Ausgehen ins Theater oder Kino ergibt für viele keinen Sinn – zu ernst ist die Lage. Es herrscht eine Verunsicherung, es wird nach all den Jahren, nach denen es uns doch besser ging (und das moderne Moskau ist ein Sinnbild dieser Entwicklung), wieder schlechter und schlimmer.
Kommen die desaströsen 90er Jahre zurück oder gar ein Atomkrieg? – Fragen und Sorgen, die prägen.

Besorgnis und Ernst, das ist die Stimmung, wie ein Dunstschleier liegt diese ernsthafte Besorgnis über der Stadt. Wird es noch gefährlicher, droht ein großer Krieg? – Ausgesprochen und unausgesprochen schwebt diese Frage über fast allen Diskussionen und Unterhaltungen. Erinnerungen werden wieder wach an den 2. Weltkrieg, an Erzählungen über ihn.
Das oberflächliche „wir leben weiter wie bisher“, es hat sich kaum etwas verändert, ist weniger als die halbe Wahrheit. Dieser Krieg lähmt – wie immer er auch eingeschätzt wird – und ist alles andere, nur nicht populär. Dieses gilt auch für die, die diesen Krieg für eine notwendige „begrenzte Militäroperation“ halten.

Oberflächlich normal erlebte ich vieles bei dem Spaziergang durch die weihnachtlich bunte und farbig geschmückte Moskauer Innenstadt mit dem entsprechenden „Konsumrausch“ des Einkaufens, oder dass in der letzten Oktoberwoche die zweite russische Konferenz zu aktuellen Theoriefragen „Marxismus und Russland“ an der Lomonossow-Universität stattfand oder die intensive Debatte um ein „nachhaltiges Moskau“.
Normal auch die wie immer in den letzten Jahren gut gefüllten Supermärke, ausgetauscht wurden spezifische Produkte. Anstelle des kaum trinkbaren, billigen deutschen Weins gibt es jetzt zunehmend schmackhaften chilenischen und südafrikanischen Wein. Der Danone-Joghurt wird ersetzt durch Joghurt aus der Türkei und den Golfstaaten.
Die Inflationsrate ist leicht zurückgegangen von ca. 15 Prozent auf 11 Prozent, der Umtauschkurs des Rubels (soweit überhaupt getauscht wird) hat sich für uns gegenüber dem Zeitraum von vor 2 Jahren deutlich verschlechtert (damals 1 Euro zu 57 Rubel, heute zu 1 Euro zu 22).

Trotzdem trifft der Wirtschaftskrieg Sektionen der russischen Industrie, besonders die sowieso gering entwickelte High-Tech-Industrie, die Elektronik, die Halbleiterproduktion, die Entwicklung moderen Algorithmen und weiteres. Nur ruinieren wird das Russland nicht und zusammenbrechen wird Russland erst recht nicht. Aber viele und neue Schwierigkeiten wird es geben. Die Einschätzungen wissenschaftlicher Institute sind da durchaus skeptisch.

Meine Gespräche in Moskau

Ich habe neben vielfältigen persönlichen Kontakten und Gesprächen mit Personen aus der Akademie der Wissenschaften, der Universität (Studierende und Hochschullehrer:innen), den Müttern gegen den Krieg, Anti-Kriegs-Aktivist:innen, Abgeordneten bzw. Mitarbeiter:innen aus der Duma geredet, mit der linksradikalen außerparlamentarischen Opposition diskutiert, mir ihre Meinungen angehört und auch immer meine Friedensposition dargestellt.
Ich werde in meinem Artikel keine Namen nennen, ich will niemanden gefährden oder (weiteren) Repressionen aussetzen.

Zusammenfassend ist es sicher richtig zu sagen, dass es zu dem Krieg in der Ukraine eine große Diversität von Meinungen gibt. Es stimmt vielleicht nicht für das ganze riesige Land, aber in Moskau gibt es eine große, auch öffentlich und familiär diskutierte Unterschiedlichkeit der Bewertung, die Kontroverse geht durch Institutionen und Familien.

Es ist die junge Generation, bei der dieser Krieg besonders unpopulär ist und auf vielfältige Ablehnung stößt. 700.000 junge Männer haben Russland verlassen. Die meisten aus der Intelligenz – ein Verlust an Wissen und Zukunft von denen, die gerade jetzt angesichts des westlichen Wirtschaftskrieges für eine mehr nationale Entwicklung so notwendig wären. Sie haben das Land verlassen, weil sie nicht in den Krieg ziehen wollen, viele lehnen den Krieg ab.

Für dieses System wollen wir nicht kämpfen und sterben. Oft schwingt eine individualistische, neoliberale Grundhaltung mit: dieser Krieg passt nicht in meine persönliche Entwicklung, das ist nicht die Freiheit, die ich will. Das autoritäre Regime will mich jetzt auch noch in einen Krieg zwingen, mit dem ich nichts zu tun habe.
Kriegsablehnung hat viele Begründungen, aber auch viele Folgen für diese Menschen, die überstürzt ihr Land verlassen und sich um eine Zukunft bemühen müssen, in einem fremden Land, allein und oft ohne Perspektive. Der Courage des eigenen Handelns stehen noch große Herausforderungen bevor – berufliche und persönliche.

Das „Nein“ der Mütter und Bräute gegen den Krieg ist geprägt von der Sorge um die Liebsten – den Sohn, den Freund, den Verlobten, den Mann.
Oft ist die Ablehnung des Krieges eindeutig – oft der Satz: Dieser Krieg ist nichts Gutes für unser Land – oder sogar noch zugespitzter – Jeder Krieg ist ein Verbrechen.

Aber auch hier gibt es keine Eindeutigkeit. Wir wollen unsere Kinder nicht in einen Krieg schicken, zu dem sie nicht ausgebildet sind oder werden, bei denen es keine vernünftige und zu wenige gute Waffen gibt und noch nicht einmal eine warme Uniform und brauchbare Stiefel. Wenn schon, dann effektiv und effizient.
Das Desaster der russischen Kriegsführung widerspiegelt sich in diesen Äußerungen, die Unfähigkeit, wenn schon Krieg – dann bitte sollte er gewonnen werden.

Diese systemimmanente Kritik scheint mir stark verankert zu sein: Was ist aus unserer Armee geworden, wie konnten so verheerende Strategien von wem aus den Eliten und Mächtigen entwickelt werden? Diese Kritik knüpft an der Bürokratie- und Staatsablehnung aufgrund der Erfahrungen in den 90er Jahren an, aber auch im Sowjetsystem war diese tief verankert.

Übrigens verstärkte dieses Desaster der Militär- und politischen Führung die Verunsicherung und steigert und verfestigt eine emotionale Opposition zur politischen Führung im Kreml, besonders zu dem sogenannten Präsidialregime. Immer wieder werden Korruption und Bereicherung angeprangert.

Das NEIN zum Krieg und ein Bekenntnis zum Frieden und zur Versöhnung mit der Ukraine (dem Brudervolk) bestimmt das Handeln der Anti-Kriegsaktivist:innen und der radikalen Linken. Die Courage dieser Menschen, besonders auch der Frauen, ist bewundernswert, beeindruckend und verlangt unsere Solidarität.
Trotz aller Repressionen, Verhaftungen oder Titulierung ihrer kleinen Organisationen als „foreign agent“ protestieren sie auf den Straßen (zuerst viele, dann aber immer weniger – die Repressionen wirkten), über Social-Media-Kanäle, mit kleinen, attraktiven Aktionen und vielfältigem persönlichen Engagement gegen diesen Krieg. Sie wirken für Frieden.

Die Verleihung des IPB-MacBride-Preises 2022 an zwei von ihnen ist mehr als gerechtfertigt und wird von ihnen als eine große Unterstützung angesehen. Sie brauchen die Zusammenarbeit mit den internationalen Friedensbewegungen, allein haben sie gegen die Repressionskräfte im Lande keine Chance.
Deserteur:innen brauchen unsere Unterstützung. Sie alle sind das Friedensgesicht dieses großen Kulturlandes.
Sie sprechen – dieses ist mein Eindruck – mehr Menschen in dem Land aus dem Herzen und der Seele, als viele – in Russland und im Westen – annehmen.

Interessant auch die Äußerungen „linksradikaler Freunde“, dass die rechte außerparlamentarische Opposition („Nawalny“) kaum eine politisch mobilisierende Rolle spielt und in der Kriegsfrage gespalten ist.

Die berechtigte Nachdenklichkeit über die Herausforderungen in den wissenschaftlichen Institutionen und der mit ihnen verbundenen Personen beinhaltet eine stärkere zukunftsorientierte Diskussion. Wie können die wissenschaftlichen Kooperationen nach dem Westen wieder aufgenommen und neue entwickelt werden?
Wie können gerade jetzt Kontakte gehalten und besonders bei Fragen der Rüstungskontrolle doch noch Gemeinsamkeiten mit westlichen Kolleg:innen entwickelt und diskutiert werden?

Der verrückte und aus meiner Sicht völlig unverantwortliche Abbruch aller Beziehungen zur russischen Wissenschaft als Sanktion (gegen wen eigentlich?) führt zu einem neuen Nachdenken über die eigene Rolle und auch die Aufgaben, die vor Wissenschaft, Forschung und Technologieentwicklung stehen. Statt auf IBM und internationale Foundations – so oft formuliert – muss jetzt wieder mehr auf die eigenen Kräfte gesetzt werden, dies ist sicher nicht einmal die schlechteste Lösung.
Wir sollten unsere Kolleginnen und Kollegen in Russland nicht alleine lassen und uns einsetzen, dass russische Wissenschaftler:innen auch weiterhin in internationalen Fachorganisationen mitarbeiten und dort weiterhin Führungspositionen ausüben können. Wir haben Albert Einstein nicht vergessen!

In diesen Diskussionen wurde immer wieder deutlich: Der zukünftige Blick Russlands geht nach Osten, nach Asien. Europa wird auch in der Zukunft nicht mehr der Bezugspunkt für Russland sein! Dies ist sicher nicht der Wunsch, aber die Notwendigkeit.

Als Letztes zu den Gesprächen mit der „Politik“ und zur Frustration meinerseits. Hier konnte ich außer der Wiedergabe bekannter Positionen nichts erfahren, keine Nachdenklichkeit, keine Zukunftsorientierung – enttäuschend. Frieden ist für die Herren weit weg.

Ein Wort zu den Medien und ein vielleicht zugespitzter Vergleich. Sie ähneln sich mehr, als sie sich unterscheiden. Die mediale Kriegspropaganda oder anders die Diskussionsfreiheit zwischen unterschiedlichen militaristischen Strategien ähneln sich doch stark. Trotz aller einseitiger Medienpropaganda auf allen Sendern ist der Krieg unpopulär.

Zusammenfassung einiger, oft geäußerter Gedanken:

Enttäuschung über die Bundesregierung und die deutsche Politik, dass sie so den USA nachläuft und sich unterordnet. Viele hätten in der Tradition von Brandt und Bahr eine eigenständige, verständnisvollere Rolle erwartet.
Salopp gesagt haben viele von der NATO und den USA nichts anderes erwartet (die NATO-Euphorie der 90er Jahre ist tot), aber von Deutschland, das der Sowjetunion/Russland so viel zu verdanken hat (Wiedervereinigung, Abzug aller Soldaten, etc.). Diese Enttäuschung wird auch zu einem veränderten „Deutschlandbild“ führen.

Das Regime Putin ist nicht länger gestaltungs-, entwicklungs- und lebensfähig. Ohne mich an den Spekulationen über Putin zu beteiligen (2024 stehen Präsidentenwahlen auf der Agenda), zeigt sich doch, dass die Lebensfähigkeit dieser auf einer Präsidialverwaltung und einem fast allmächtigen Präsidenten zentristisch ausgerichteten Führung zu einem Ende kommt, angesichts von Korruption, Schwächen und Desastern der aktuellen Politik und der militärischen Kriegsführung. Was danach kommt, steht noch in den Sternen.

Von einer Revolution träumen können nur die, die die Realität als Bezugspunkt aufgegeben haben. Ein „Eliten-Change“ oder eine „Palastrevolution“ ist viel wahrscheinlicher. Ein Weg zu mehr Demokratie und Freiheit ist dieses wohl kaum.
Es gibt aber kein Zurück zum „alten Gesellschaftsvertrag“ der politischen Herrschaft um Putin, in ökonomischer Verbundenheit mit den Oligarchen und der gelenkten Demokratie. Es bleiben viele offene Fragen! Mehr Repression löst dabei kein Problem.

Ein Zurück zu einer internationalen Politik der gemeinsamen Sicherheit und der Kooperation ist kaum sichtbar, weder in Russland noch bei uns, sie ist zurzeit sicher nicht gestaltungs- und mehrheitsfähig. Hier bleibt besonders für uns – Friedens- und Entspannungsfreund:innen – viel zu tun.
Es bleibt auf beiden Seiten ein – wenn auch beschränktes – Interesse an Rüstungskontrolle.

Ausblick

Es gibt sicher nichts Wichtigeres, als alles zu tun, in der Ukraine einen Waffenstillstand und Verhandlungen zu erreichen. Wenn es noch nicht zu Weihnachten gelungen ist, bleibt dieses die zentrale Herausforderung. Uns dafür mit aller Kraft einzusetzen, ist die Aufgabe aller friedensliebenden Kräfte.
Für den Frieden in der Ukraine sind Nato-Freiheit und Neutralität der Ukraine eine unabwendbare Voraussetzung, über vieles werden Männer und Frauen aus Russland und der Ukraine lange mit klugen Moderatorinnen aus dem globalen Süden verhandeln.
Die Vereinbarungen von Istanbul (vom Westen gekillt), das Minsker Abkommen (von Angela Merkel mit dem Zeit-Interview endgültig versenkt) werden leider nicht mehr als brauchbare Grundlage akzeptiert werden, aber mit den Vorschlägen des Vatikans, der mexikanischen und italienischen Regierungen, den Anregungen des UN-Generalsekretärs und anderen liegen umfassende Vorschläge vor.

Frieden ist möglich, bei vorhandenem politischem Willen! Die Ukraine blockiert aus Systemüberlebensinteressen, aber auch in Russland muss für einen aktiven, kompromissbereiten Verhandlungsprozess noch mehr gewirkt werden.

Der Friedensprozess in der Ukraine muss sicher verbunden sein mit dem Beginn eines Dialoges und einer Diskussion um eine neue Friedensarchitektur in Europa, was heißt, Politik der gemeinsamen Sicherheit in Europa und der Welt. Dieser Herausforderung müssen wir uns stellen, gibt es doch zu der Politik der gemeinsamen Sicherheit keine friedenspolitische Alternative.

Frieden in Europa ist nur möglich mit Russland! Diesen Gedanken wieder in Deutschland hegemoniefähig zu machen, ist und muss unser Friedensbeitrag sein, soll Europa überleben und eine eigene friedenspolitische Rolle spielen.

Zu mehr Frieden in Europa gehört auch die Wiederaufnahme der Rüstungskontrolle und Abrüstungsverhandlungen, um zu neuen Übereinkünften zu kommen. Wenn nicht durch die freiwerdenden Gelder aus der Rüstung, woraus sollen die globalen Herausforderungen der Menschheit finanziert werden?
Auch Deutschland und Russland brauchen diese Milliarden zur Finanzierung der eigenen sozial-ökologischen Transformation.

Frieden gibt es nur mit und durch das Engagement von Menschen. Deshalb ist Diplomatie von unten, eine Friedenspolitik der Menschen gerade jetzt so wichtig.

Alle meine Gesprächspartnerinnen und -partner teilten einen Gedanken: Lasst uns die Kontakte, die Zusammenarbeit, die Gespräche zwischen Deutschen und Russen niemals wieder abreißen, lasst uns miteinander in Kontakt treten und bleiben: von Sportverein zu Verein, von Singegruppen zur Oper, von Friedensinitiativen zu Aktivistinnen, in der Wissenschaft, der Wirtschaft, von Gewerkschaften, Sport, Kirchen, Umweltverbänden, von Stadt zu Stadt, Dorf zu Dorf, aber auch von Projekt zu Projekt und vielem mehr.
Wir brauchen ein enges Netzwerk der Zusammenarbeit von unten, das auch „unsere Politik“ wieder zur Kooperation zwingt. Schaffen wir Frieden von unten, von und mit und zwischen den Menschen.

Es bleibt die Grundlage unseres Engagements und unserer Überzeugung, was Willy Brandt bei der Verleihung des Friedensnobelpreises ausgeführt hat:

Frieden ist nicht alles, aber alles ist nichts ohne Frieden.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

77 Jahre UNO – kritische Gedanken von Hans von Sponeck auf dem Kassler Friedensratschlag

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Im Oktober 1947 trat die Charta der Vereinten Nationen in Kraft. Das ist Grund zum Feiern, aber auch Anlass für Kritik, wird die UNO doch mehr und mehr für nationale und imperiale Eigeninteressen instrumentalisiert.

hans v sponeck

Dazu hat der ehemalige deutsche UN-Diplomat Hans von Sponeck beim Kassler Friedensratschlag eine bemerkenswerte Rede gehalten.
Das Thema: „UNO befreien, Missbrauch internationaler Organisationen verhindern“.
Die NachDenkSeiten sind stolz, ihren Lesern zum Jahresbeginn das Manuskript dieser Rede zur Lektüre vorzustellen, und ich finde es so wichtig, dss ich es hier weiter verbreite.

Kassler Friedensratschlag – 2022

„UNO befreien, Missbrauch internationaler Organisationen verhindern“

  • 77 Jahre UNO – was braucht es, um die UNO vom Joch der Unterdrückung zu befreien?
  • Wie kann der Missbrauch internationaler Organisationen, nicht nur der UNO, verhindert werden?

Zwei Themen, ein Problem!

Hierzu Gedanken eines Menschen, der die UNO erlebt und gelebt hat und meint, dass unsere Welt ohne Multilateralismus keine lebenswürdige Zukunft hat.

Es geht hier nicht nur um ‚Reformen‘, sowieso ein schwaches Wort im Hinblick auf das katastrophale geopolitische Chaos, dem die Bürger heute weltweit ausgesetzt sind. Es geht um weit mehr, um sehr viel mehr.

Mensch und Natur sind von Krankheit befallen. Wir besitzen die ‘Medikamente’, die Globalen Gemeinschaftsgüter, für eine Heilung, aber benutzen diese nicht. In den Jahren ist viel wichtiges Menschenrecht geschaffen worden. Die Verpflichtung für die Anwendung dieser Rechte existiert daher, um Frieden, menschliche Sicherheit und nachhaltige Entwicklung für alle zu ermöglichen. Anwendung würde bedeuten, dass unsere Welt genesen könnte.

Ohne einen Multilateralismus, wie er in der UNO-Charta vorgegeben ist, wird dies nicht gehen. Stalin, Roosevelt und Churchill, ein Kommunist aus dem Osten und zwei Kapitalisten aus dem Westen, hatten sich 1945 auf der Krim über die Schaffung der UNO geeinigt und der Welt eine Gemeinschaft versprochen.
Das konnte nicht gutgehen. Zu groß waren die ideologische Kluft und die unterschiedlichen nationalen geopolitischen Erwartungen. Es folgte der Kalte Krieg, der heute noch kälter geworden ist.

Viel gäbe es hier zu erläutern. Die kurze Zeit, die ich habe, muss ich aber nutzen für eine Bestandsaufnahme der multilateralen Realität im 21. Jahrhundert und natürlich für entsprechende Hinweise auf Erneuerung.


Aus 51 UNO-Gründungsstaaten 1945 sind heute 193 UNO-Mitgliedstaaten geworden
. Die UNO ist aber weiterhin macht-politisch eine west-zentrische Organisation geblieben, so wie die zwei Kapitalisten Churchill und Roosevelt es vor 77 Jahren haben wollten:

Von den fünf permanenten Mitgliedern des Sicherheitsrates kommen drei (!) aus dem Westen; Afrika und Lateinamerika haben keine Sitze, Asien mit China nur einen.
Das politische Hauptquartier der UNO befindet sich in New York; die UNO-Sonderorganisationen, -Fonds und -Programme haben ihre Zentralen, ohne Ausnahme, im Westen; die Weltbank und der Internationale Währungsfonds, zwei UNO-Einrichtungen mit Sitz in Washington, unterliegen deutlich westlichen Interessen.

Sie werden die Gewichtung einer solchen Darstellung in Frage stellen. So ging es mir auch, bis ich über viele Monate hinweg die jährlichen Abstimmungsergebnisse der UNO Generalversammlung untersucht hatte. Was ich herausfand ergab ein erschütterndes Zeugnis der Machtlosigkeit der Mehrheit der Staaten.
Hauptsächlich westliche Länder, vor allem die Vereinigten Staaten mit ihrem erzwungenen neo-liberalen Unilateralismus, haben Jahr für Jahr systematisch jeglichen Versuch, Menschenrechte und die menschliche Sicherheit für alle, wo immer sie leben, zu unterdrücken.

Vom Kernwaffenstopp Vertrag und Atomfreien Zonen bis hin zu Entkolonialisierung von Territorien in Asien, Afrika und Lateinamerika und der Einführung einer neuen Weltwirtschaftordnung mit gleichen Wettbewerbsbedingungen für Industrie- und Entwicklungsländer wurden weitgehend vom Westen oder korrekter, von den USA, verhindert. Boykotiert! Die USA und Somalia sind übrigens die einzigen Länder, die bis heute die UNO-Kinderrechtskonvention von 1989 nicht ratifiziert haben; ähnliches gilt für die UNO-Frauenrechtskonvention von 1979, die ebenfalls bis heute von den USA abgelehnt wird.

Alle (!) rechtlichen Verpflichtungen der UNO Charta mit ihren 111 Artikeln werden immer wieder von den Ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats skruppelos und straflos ignoriert oder gebrochen. Also genau von den fünf Staaten, denen die UNO Generalversammlung die Hauptverantwortung für Weltfrieden und Weltwohlergehen anvertraut hat. Internationales Recht gilt also nur für die ‚Anderen‘!
An Beweisen der UNO Machtlosigkeit fehlt es nicht. Die Kriege in Jugoslawien, im Irak, Syrien, Afghanistan, Libyen und natürlich in der Ukraine sind die entsetzlichen Zeugen dieses Doppelstandards. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag ist bisher nur für diese ‚Anderen‘ 188 UNO Mitgliedsstaaten, zuständig gewesen!
Saddam Hussein wurde mit Recht verurteilt, George Bush und Tony Blair bleiben mit Unrecht straflos!*)

Es siegt weiterhin das Recht der Macht und nicht die Macht des Rechts! Es überrascht daher nicht, dass das 1990ger Versprechen von Paris für ein europäisches Friedensprojekt – wahrlich eine Sternstunde internationaler Beziehungen – schnell zu einem menschenverachtenden andauernden Kriegsprojekt verkümmerte.
Die gegenwärtigen Versuche der NATO, die Öffentlichkeit für westliche Ukraine-Politik zu beeinflussen, übersieht vollkommen, dass sie damit hilft, die Zivilgesellschaft aufzurütteln und die Macht unsere Widerstands zu stärken.
Aber: Die Voraussetzung für wirklichen dauerhaften Erfolg der Friedensbewegungen, in Deutschland und überall, bleibt: wir müssen zusammenrücken, müssen uns bündeln und dies mit Mut, innerer Überzeugung und ehrlicher Menschlichkeit.

Der fatale und unangemessene westliche Führungsanspruch (Westen: 8% der Weltbevölkerung!) in der Weltorganisation und das damit verbundene schwerwiegende Joch für die Friedensarbeit der UNO ist die Hauptursache für den jämmerlichen Zustand des UNO Sicherheitsrats und bleibt die Hauptherausforderung für gefährlich überfällige Reformen der UNO. Meine 32 Jahre der Mitarbeit in den politisch so unvereinten Nationen und die Zeit des Nachdenkens danach, geben mir das Selbstvertrauen für diese schwerwiegende und anklagende Aussage.

Der Traum des Möglichen für eine friedlichere und gerechtere Welt ist in den 77 Jahren der UNO zu einem tragischen Alptraum des scheinbar Unmöglichen geworden.

Was muss geschehen, um das fatale Joch von der UNO zu entfernen?

Darüber Konkretes, sobald ich das zweite Thema, den stattfindenden Missbrauch internationaler Organisationen, durch ein akutes Beispiel kurz angeschnitten habe.

Die Welt hat nicht vergessen, wie im Frühjahr 2003 die USA im UNO Sicherheitsrat ihr gefährliches Spiel mit der Unwahrheit über angebliche Massenvernichtungswaffen im Irak (die es schon lange gar nicht mehr gab!) zur Schau getragen haben, als Vorbereitung auf den völkerrechtswidrigen anglo-amerikanischen Krieg gegen das Land.

Weniger bekannt, aber ähnlich gefährlich, sind Falschmeldungen der OVCW, der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen in Den Haag über den angeblichen Einsatz von chemischen Waffen am 7. April 2018 im syrischen Duma. Ein daraufhin von der OVCW entsandtes Expertenteam kam zu dem Schluss, dass die 43 Menschen, die bei diesem Angriff ums Leben kamen, ihren Tod nicht durch chemische Waffen gefunden hatten.

Anstelle ihrer wissenschaftlichen Erkenntnisse wurde von dem OVCW Management ein Bericht veröffentlicht, der das Gegenteil beweisen wollte, nämlich dass chemische Waffen doch benutzt worden waren. Damit sollte der am 18. April 2018 stattgefundene Angriff in Syrien durch amerikanische, englische und französische Luftwaffen legitimiert werden.

Seither sind zwei OVCW Wissenschaftler, die für die Untersuchung vor Ort mitverantwortlich waren, aus Protest zurückgetreten, 28 international bekannte Personen, unter ihnen vier weitere OVCW Wissenschaftler und der erste General-Direktor der OVCW, José Bustani, haben in einer öffentlichen Erklärung ihre Besorgnis zu diesem sicherheitspolitisch so ernsten Zwischenfall und dem offensichtlichen Missbrauch einer internationalen Organisation zum Ausdruck gebracht. Dieser so ernste Vorfall ist von den Medien bei uns und im westlichen Ausland mehr oder weniger ignoriert worden.
2021 hatte sich eine kleine Gruppe von vier Personen, zu der ich gehöre, gebildet (https://berlingroup21.org) , die mit Hilfe von Experten und Parlamentariern eine 130 seitige Expertise erstellt hat, die Beweise liefert, dass nicht nur die Frage des Einsatzes von chemischen Waffen, sondern auch der Toxikologie und der Ballistik, von der OVCW in Duma politisiert und fälschlich dargestellt worden sind. Dieser Bericht wird in Kürze mit Unterstützung einer Gruppe von Abgeordneten einem Parlament in Europa und der Öffentlichkeit vorgelegt werden mit der Forderung, dass alle OVCW Wissenschaftler, die an der OVCW Duma Untersuchung mitgearbeitet haben eine neue Untersuchung vornehmen und Falschdarsteller zur Rechenschaft gezogen werden.
Es geht hier nicht um Ideologie oder die Verteidigung der syrischen Regierung, die anderswo im Land in der Tat chemische Waffen eingesetzt hat.
Es geht darum Wahrheit, Sicherheit und die Integrität der OVCW, einer wichtigen internationalen Einrichtung, zu verteidigen.

Hierzu noch zwei weitere Bemerkungen:

  • Die UNO hat sowohl auf der politischen als auch auf der operationalen Ebene trotz wiederholter Anfragen bezüglich Stellungnahmen zu Duma nicht reagiert – eine äusserst ernste Veruntreuung ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung. Schlimmer noch, als Partnerorganisation im Verbund mit der OVCW haben sowohl die monatlichen Aussprachen im UNO Sicherheitsrat über Chemie Waffen in Syrien, als auch die Aussagen des UNO Generalsekretärs und seiner höheren Mitarbeiter gezeigt, dass es keine Bereitschaft in der UNO gibt, dem Anliegen der Zivilgesellschaft zu folgen, das Thema OVCW, Duma und Chemiewaffen neu zu untersuchen. Den Sicherheitsrat ist zu einem geopolitischen Theater geworden und dies auf Kosten der Menschen in Syrien
  • Jeder Versuch unsererseits dieses wichtige Thema verantwortlich zu diskutieren hat bisher meist zu Schweigen, Häme oder vulgärer Abweisung geführt. Dies entmutigt nicht – im Gegenteil, es fordert heraus, weil diese Auseinandersetzung stellvertretend stattfindet für das globale Ringen zwischen einer geopolitisierten und kriegslüsternden Welt des ungeheureren Reichtums bei gleichzeitiger Benachteiligung und Armut, auf der einen Seite, und einer multipolaren Welt auf der anderen, in der Recht, Freiheit und Sicherheit unser Leben bestimmen und die UNO den benötigten Katalysator liefern kann.

Die Liste der rechtlichen, strukturellen und inhaltlichen Anpassungen der UNO an die überlebenswichtigen Belange unserer Welt im 21. Jahrhundert ist eine lange.

Ich möchte erinnern an die in der UNO Charta vorgeschlagenen Konferenz aller Mitgliedsstaaten der UNO (Art.109), die bereits 1955 hätte stattfinden sollen, um über notwendige Reformen zu entscheiden. Gefordert ist hier politischer Wille der Generalversammlung, nach vielen Jahren der Nachlässigkeit, eine solch wichtige Zusammenkunft zu beschliessen.

Die UNO-Klimakonferenzen geben einen Vorgeschmack, wie schwierig es sein wird, sich auf wirkungsvolle Reformen zu einigen. Anstehen so wichtige Themen wie die Integration von Nicht-staatlichen Organisationen und Jugentlichen in die Arbeit der UNO; oder die Einführung der Rechenschaftsverpflichtung von Personen und Einrichtungen; die Gewährleistung des internationalen Charakters und die Unabhängigkeit der UNO; die zukünftige Rolle des UNO Generalsekretärs und die Auswahl von Bediensteten für den UNO Dienst und vieles mehr.

Was folgt ist eine enge Auswahl von Erneuerungen, die mir besonders akut erscheinen:

  1. Das Hauptgremium der UNO, die Generalversammlung, hat keine Durchführungsautorität. Nur der Sicherheitsrat kann entscheiden, mit einer Ausnahme: wenn internationale Spannungen von bedrohlichem Ausmaß bestehen und es an Einstimmigkeit der ständigen Mitglieder im Sicherheitsrat mangelt, dann, aber nur dann, kann die Generalversammlung den Sicherheitsrat überstimmen (A/Res 377, 3 November 1950).
    Dieses Recht der Generalversammlung muss erheblich erweitert werden!
  2. Die fünf Ständigen Mitglieder des UNO Sicherheitsrats bestehen weiterhin auf dem Primat der Geopolitik, des Großmacht-Nationalismus und der unzeitgemäßenen Zusammensetzung dieser Gruppe. Die Zusammensetzung der Ständigen Mitglieder im Sicherheitsrats hat sich in 77 Jahren nicht verändert und muss dringend angepasst werden, damit Afrika, Lateinamerika und Asien angemessen vertreten sind.
    Das bestehende Vetorecht hat immer wieder friedensbildende Maßnahmen verhindert und verlangt eine grundlegende Reform, um Mehrheitsbeschlüsse zu ermöglichen um damit Alleingänge aus geopolitischen Interessen einzelner Mitglieder entgültig zu verhindern. An konstruktiven Vorschlägen mangelt es nicht.
  3. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat, ebenso wie die Generalversammlung, keine Durchführungsautorität, sondern nur beratende Funktionen und ist damit weitgehend real-politisch unbedeutend.
    Dieser UNO-Gerichtshof kann nur dann wirksam werden, wenn er das Mandat für verpflichtende Rechtssprechung bekommt und damit vollstreckbare Entscheidungen treffen kann.
  4. Die Diskrepanz zwischen dem Verlangten und den Geldern, die dem UNO Generalsekretär zur Verfügung stehen wird immer grösser. In diesem Jahr ist das sowieso schon erbärmliche Budget von $3.2 Billionen für seine weltweite Initiativen weit geringer als das Budget der Polizei in New York. Der kleine Himalaya Staat Bhutan zahlt ProKopf mehr für das UNO Budget als die USA und unser Land. Katars jährlicher UNO Beitrag beträgt $7.8 Millionen. Für die Infrastruktur der Fussball WM zahlt die Regierung in Doha angeblich (Reuters) $500 Millionen pro Woche!
    Das alte Thema: Die Welt hat mehr als genug Geld. Die Neu-Verteilung dieses Geldes sollte als eine nicht verhandelbare Voraussetzung für menschliche Sicherheit, nachhaltige Entwicklung und eine UNO als globale Durchführungsorganisation vorgenommen werden.

Abschliessend möchte ich Ihnen versichern, dass ich mir voll bewusst bin, dass in gegenwäertigenr Welt des Staatszentrismus und des geopolitischen ‚Rechts der Ausnahme‘, weder der politische Wille geschweige denn, der ethische Ehrgeiz existieren, um die Umsetzung der hier gemachten UNO Reform Vorschläge zu ermöglichen.

Defaitismus? Dies wäre wahrlich eine unverantwortliche Reaktion.

Ich glaube an das Potential der Kraft der aktiven Zivilgesellschaft bei uns und weltweit. Die Dringlichkeit, Mega-Krisen wie der Klimawandel oder die Ungleichheit der Lebenschancen und die Angst vor dem möglichen Einsatz von Nuklearwaffen in Krisensituationen werden uns, die Zivilgesellschaft, und viele Regierungen zusammenführen, um im besten Kant’schen Sinne den Mut für die eigene Vernunft zu entfalten um damit u.a., eine UNO aufzubauen, die mit politischer Ehrlichkeit und Rechenschaftsverpflichtung eine Gemeinschaft werden kann, der alle angehören.

Hans-C. von Sponeck, Kassel,  11. Dezember 2022

*: Siehe dazu
https://josopon.wordpress.com/2014/03/24/kriegsverbrecher-schroder-fischer-scharping-clinton-albright-blair-chirac-u-a/
Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Bernhard hat hier nachgetragen:
Dazu gibt es ein gutes Buch mit vielen Informationen:
Andreas Zumach
Reform oder Blockade – Welche Zukunft hat die UNO?
Rotpunktverlag ISBN 978-3-85869-911-4
Gruß B

Jochen

Beweis auf Eis. Wie gefrorenes Blut zur Aufklärung von COVID-Impfschäden beitragen kann

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Der von der KBV dokumentierte massive Anstieg unerwarteter und unerklärlicher Todesfälle just zum Zeitpunkt, als die massiven Impfkampagnen einsetzten, bestätigt meine schlimmsten Befürchtungen. *)

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Die Regierung und die angeschlossenen Leim-Medien, „Faktenchecker“ u.s.w. haben ohne besseres Wissen gelogen, verharmlost und so zum Tod von Hunderten Geimpfter beigetragen. Zuvor hat sie aktiv dafür gesorgt, dass Zusammenhänge verschleiert, ansonsten selbstverständliche Ursachen- und Begleitforschung unterdrückt und Kritiker aktiv diffamiert wurden, siehe https://josopon.wordpress.com/2022/05/10/charite-studie-lasst-auf-massive-untererfassung-von-impfschaden-durch-corona-vakzine-schliesen-von-leim-medien-als-schwurbelei-abqualifiziert/.
Im Zusammenhang mit den Korruptionsaffähren innerhalb der EU, die auf höchst intransparente Weise „Impf“-Stoffe bei Schmuddelfirmen (vgl. https://josopon.wordpress.com/2021/11/04/bei-zulassung-von-biontech-pfizer-wurde-geschlampt-bei-zulassung-von-biontech-pfizer-wurde-geschlampt/ wie Pfizer bestellt hat, ist der Gedanke an eine Aufarbeitung in Form großer Prozesse naheliegend – solchen Leuten sollte ein- für alle Mal das handwerk gelegt werden.

Zum Glück kommt Wahrheit scheibchenweise ans Licht, und es ist nicht gelungen, sämtliche Beweise zu vernichten, so wie bei Pfizer sämtliche Versuchstiere nach erfolgreicher Notzulasung entsorgt worden sind, um Forschungen zur Langzeitverträglichkeit zu unterbinden.
Dazu die folgende Veröffentlichung auf den NachDenkSeiten:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=91462
Ein Artikel von Ralf Wurzbacher
Auszüge:

Schwere bis todbringende Nebenwirkungen nach der Behandlung mit den Covid-19-Vakzinen werden inzwischen zwar nicht länger verleugnet. Zur Zahl der Fälle, zu möglichen Zusammenhängen zu Übersterblichkeit und Geburtenrückgang schweigen sich Politik, Behörden und Leitmedien allerdings weiterhin aus. Und wer Entschädigung für eigenes Leid oder den Verlust eines Angehörigen durchsetzen will, steht in aller Regel auf verlorenem Posten.
Aber die Lage könnte sich demnächst bessern. Elke Austenat, Spezialistin im Bereich Diabetologie, beleuchtet im Interview mit den NachDenkSeiten neue Verfahren zum Nachweis von Impfschäden – bei Verstorbenen und Lebenden. Betroffene ermuntert sie, Blut konservieren zu lassen, mit dem sich vielleicht schon in naher Zukunft belegen lässt, dass sie Opfer der Spritze geworden sind. Mit ihr sprach Ralf Wurzbacher.

Frau Austenat, dass die Behandlung mit den sogenannten Corona-Impfstoffen auf Basis der mRNA- und der Vektortechnologie mit vielfältigen Nebenwirkungen und zum Teil schwerwiegenden körperlichen Schäden mit bis hin tödlichem Ausgang einhergehen kann, gilt mittlerweile als unstrittig.
Zum Beispiel beziffert die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) die Zahl derer, die im Jahr 2021 infolge einer Impfung einen Arzt aufgesucht haben, mit 2,5 Millionen. In welchen Größenordnungen denken Sie?

Wir wissen, dass weltweit Milliarden Menschen und in Deutschland rund 65 Millionen Menschen geimpft wurden. Geht man davon aus, dass etwa sieben Prozent der bisher produzierten Impfstoffchargen im Zusammenhang mit schweren Komplikationen stehen, dann könnte die Zahl der KBV die reale Lage erheblich unterschätzen.

Warum Chargen und warum sieben Prozent?

In den USA lässt sich anhand der VAERS-Daten der Gesundheitsbehörde CDC – also des offiziellen Meldesystems für Verdachtsfälle unerwünschter Nebenwirkungen von Impfstoffen – und durch Abgleich mit den veröffentlichten Chargennummern ermitteln, dass rund 90 Prozent der Meldungen auf 7,5 Prozent belegter Chargennummern zurückgehen. Ganz offensichtlich wirkt ein kleiner Teil der Chargen sehr viel toxischer als der große Rest, weshalb ich das amerikanisches Roulette nenne.
Das deckt sich auch hierzulande mit Beobachtungen etwa in Pflegeheimen. Es gab Fälle, in denen nach der Durchimpfung schlagartig sehr viele Bewohner verstorben sind, und andere, wo nichts dergleichen passierte.

Haben Sie selbst die VAERS-Daten analysiert?

Die Befunde stammen vom Physiker Professor Doktor Werner Bergholz, der dem Corona-Sachverständigenausschuss der Bundesregierung angehört. Er hat sich in seinem Berufsleben intensiv mit Qualitätsmanagement und Risikoanalysen beschäftigt und weiß daher sehr gut, wie man Zahlen erhebt und auswertet.
Er hat schon sehr früh auf die Gefahren der Impfungen hingewiesen und angesichts ihres begrenzten Nutzens den Stopp der Impfkampagne gefordert.
Er sieht auch eine starke Korrelation zwischen der Impfrate und der seit vielen Monaten gemessenen Übersterblichkeit und dem Geburtenrückgang in Deutschland.
Aber solche Hinweise, dazu aus höchst berufenem Munde, werden von den Regierenden und den Medien bis heute ignoriert oder abgestritten.

Eigentlich sollte man annehmen, dass jede Impfdosis den identischen Inhalt hat. Warum ist das offenbar nicht so?

Es gibt inzwischen etliche Untersuchungen, die belegen, dass zwischen den Chargen Unterschiede bestehen. Handelt es sich um Verunreinigungen durch Fehler im Produktionsprozess oder wird hier vorsätzlich gepanscht? Darüber lässt sich spekulieren, das soll aber hier nicht das Thema sein, sondern vielmehr, was daraus folgt.
Nimmt man die Erkenntnisse von Professor Bergholz und überträgt sie auf Deutschland, könnten bei bislang fast 190 Millionen verabreichten Impfdosen im Nachgang von circa 14 Millionen Injektionen stärkere Nebenwirkungen aufgetreten sein.
Aber auch das ist spekulativ, weil die Hersteller sich nicht in die Karten blicken lassen. Laut dem US-Konzern Pfizer, der das BioNTech-Vakzin Comirnaty vertreibt, kann eine Charge 7,5 Millionen Impfungen liefern. Das ist jedoch nicht gleichzusetzen mit der Chargennummer.
Herr Bergholz sagt, dass bis zu 1,4 Millionen Impfdosen eine identische Chargennummer enthalten. Es können aber auch weniger oder mehr sein. Nichts davon wird offengelegt.

Welche sind die nach Ihrer Kenntnis gravierendsten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nach Impfung mit den Covid-19-Präparaten?

Ich will vorausschicken, dass das Thema Impfschäden inzwischen sogar in den Leitmedien verhandelt wird und selbst Gesundheitsminister Karl Lauterbach, der die Impfung lange Zeit als nebenwirkungsfrei bezeichnet hatte, vom sogenannten Post-Vac-Syndrom spricht.
Aber auch das ist nur eine Nebelkerze, mit der die Verantwortlichen die ganze Tragweite der Schäden herunterspielen wollen. Was sehen wir seit Beginn der Impfkampagne? Menschen, die davor gesund waren oder unter keinen schweren Erkrankungen litten, sind nach der Spritze schwer erkrankt.
Zum Beispiel sind da die Fälle von Herzmuskel- und Herzbeutelentzündungen vor allem bei jüngeren Menschen, dazu Thrombosen in allen Winkeln des Körpers.
Ärzte berichten von gehäuften Karzinom-Entwicklungen, haben dafür sogar das Wort Turbokrebs kreiert, von allen möglichen Autoimmunerkrankungen und vielen anderen Leiden.
Und dann gibt es zunehmende Berichte über Menschen, die eben noch kerngesund waren und urplötzlich tot umfallen. Das kann man nicht vom Tisch wischen.

Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), in Deutschland zuständig für die Arzneimittelüberwachung, verkündet weiterhin, die Impfung gehe nur in Ausnahmefällen mit ernsteren Nebenwirkungen einher, sei aber alles in allem gut verträglich und sicher.

Hier wird vertuscht und gelogen, dass sich die Balken biegen. Ein Beispiel aus meinem Fachgebiet, der Diabetologie: Viele Menschen entwickeln nach Impfung wie aus dem Nichts eine Typ-1-Diabetes, bei dem der Körper kein Insulin mehr produziert.
Beobachtet werden schwere Stoffwechselentgleisungen mit Bewusstseinseinschränkungen bis hin zur Bewusstlosigkeit, bekannt als Coma diabeticum.
Was sagt das PEI? Das zählen wir nicht, weil sich die Fallzahlen angeblich im Rahmen des Erwartbaren bewegen.
Dieselbe Masche bei Gehirnentzündungen bei Jugendlichen, es zeige sich kein einheitliches Krankheitsbild, deshalb: Zählen wir nicht.
Oder bei Todesfällen in zeitlicher Nähe zur Impfung wird mitgeteilt, der Betroffene habe eine Neigung zu schweren Allergien gehabt.
Das PEI wertet die Verdachtsmeldungen nicht im richtigen Kontext und dies ganz systematisch.

Was es für Betroffene extrem schwer bis unmöglich macht, den Nachweis eines Impfschadens zu erbringen. Es werden so gut wie keine Obduktionen durchgeführt und wer sich die Mühe macht, wie etwa der Pathologe Arne Burkhardt, der seit längerem Impfschäden ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen versucht, wird als Verschwörungstheoretiker verunglimpft. Was kann man also tun?

Die Wissenschaft ist jetzt einen Schritt weiter. Die Covid-19-Impfstoffe sind bekanntlich so konzipiert, dass sie einer Zelle quasi den Auftrag erteilen, Spike-Proteine zu kreieren, auf die der Körper dann mit den nötigen Abwehrmaßnahmen reagieren soll. Der Körper kommt nicht mit dem ganzen SARS-Cov2-Virus in Kontakt, sondern einzig mit den Spikes, die eigentlich nur dazu da sind, dass der Erreger an die Zellen andocken kann.
Erkrankt man dagegen natürlich, sind im Körper alle Bestandteile des Virus nachweisbar: die Spikes und das im Kern befindliche Nukleokapsid-Protein, also der genetische Code. Und jetzt kommt der Punkt: Findet man in geschädigtem Gewebe nur das Spike-Protein, ist das der Beleg für einen Impfschaden.
Es ist dem Dresdner Pathologen Michael Mörz zu verdanken, diese Entdeckung gemacht zu haben.

Zum besseren Verständnis: Mörz wurde im Auftrag der Angehörigen eines nach Impfung verstorbenen 76-jährigen Mannes aktiv, worüber jüngst der Mitteldeutsche Rundfunk im TV-Beitrag „Hirnschädigung nach Impfung – Wie Hinterbliebene um Aufklärung kämpfen“ berichtete.
Mörz stellte bei dem Toten eine Reihe von Entzündungserkrankungen fest, darunter des Gehirns, des Herzens sowie der Blutgefäße, und führte dies auf das jeweilige Vorhandensein des Spike-Proteins zurück. Für Sie ist das so etwas wie ein wissenschaftlicher Dammbruch?

In der Tat. Seine Erkenntnisse hat Herr Mörz in einer Studie veröffentlicht, die im Oktober im renommierten Journal Vaccine erschienen ist. Die Ergebnisse, heißt es darin, „bestätigen eine ursächliche Rolle der genbasierten Covid-19-Impfstoffe und dieser diagnostische Ansatz ist auch für potenziell impfstoffinduzierte Schäden an anderen Organen relevant“.
Bemerkenswert ist außerdem, dass das Robert Koch-Institut diese Schlüsse in einer eigenen Untersuchung selbst gezogen hat.

Wie das?

Das RKI wollte herausfinden, wie viele Menschen in der Bevölkerung schon mit dem Corona-Virus Kontakt hatten und hat dafür in der SeBluCo-Studie über 135.000 Blutspenden auf die Existenz von Antikörpern untersucht. Darin steht, dass „Antikörper gegen das Nukleokapsid als Hinweis auf eine natürliche Infektion“ zu werten und „ungefähr die Hälfte der im Mai 2022 nachgewiesenen Antikörper (…) nur auf Impfungen zurückzuführen“ seien.
Das Verdienst von Herrn Mörz ist der direkte Nachweis des Spike-Proteins im geschädigten Gewebe, ohne dass ein Nukleokapsid vorhanden ist – womit der Übeltäter quasi zweifelsfrei gefasst ist: die mRNA-Impfung.

Um es auf den Punkt zu bringen: Sofern sich in krankem Gewebe nur Spikes und nichts sonst vom SARS-Cov-2-Virus nachweisen lassen, liegt ein Impfschaden vor.
Gilt das dann ebenso für das lebende Objekt?

Natürlich. Professor Arne Burkhardt ist schon mit entsprechenden Fällen befasst. Wenn man also bei sich eine Biopsie vornehmen lassen wollte, könnte man die Proben von ihm untersuchen lassen.

Sie selbst werben aktuell für einen noch weitergehenden Schritt: Die Kryokonservierung von Blut. Was hat es damit auf sich?

Die Konservierung von Stammzellen als Vorsorgemaßnahme ist ja schon heute ein gängiges Verfahren. Diese Stickstoff-Konservierung lässt sich machen, um damit den Nachweis für einen Impfschaden erbringen zu können.
Hintergrund sind neue wissenschaftliche Beweise der Grundlagenforschung. Danach lässt sich im Blut erkennen, ob ein körperliches Leid durch eine natürliche Infektion entstanden ist, ausschließlich durch die Impfung mit einem Covid-19-Impfstoff oder durch eine Kombination aus beidem.
Das Prinzip ist dasselbe wie bei der Bestimmung von Organschäden: Spike-Proteine lassen sich auf bestimmten Blutzellen feststellen und sofern nur sie und kein Nukleokapsid vorhanden ist, liegt ein Impfschaden vor.

Wann könnte das Verfahren routinemäßig im Labor durchgeführt werden?

Wie mir Frau Professor Brigitte König, Leiterin des Labor Magdeburg Molecular Detections, mitteilte, arbeitet die Forschung mit Hochdruck auf dieses Ziel hin. Möglicherweise dauert es nur noch wenige Monate, bis es so weit sein wird.

Und es wäre das Labor von Frau König, das bis dahin das Blut von potenziellen Impfopfern einfrieren würde?

Frau König ist so etwas wie der Zünder. Meine Hoffnung ist ja, dass sehr viele Menschen diesen Weg gehen und sagen, ich werde zum „stummen Zeugen“, indem ich mein Blut einfrieren und untersuchen lasse, sobald dies möglich ist. Kryokonservierung können auch andere Labore machen und wenn sich das herumspricht und die Bürger das Angebot nachfragen, wird es sicher auch von vielen Laboren offeriert.
Wir von der Bürgerbewegung „Evidenz der Vernunft“ haben die erforderlichen Abläufe, und was jeder Einzelne tun sollte, in einem Flyer zusammengetragen.

Und die Idee ist die, dass so eines Tages ein Impfschaden nachweisbar wird und die Betroffenen auf dieser Grundlage Schadensersatz geltend machen können?

Das ist eine Möglichkeit, wobei ich dabei nicht nur an den deutschen Staat denke. Bekanntermaßen haben sich die Hersteller vertraglich von einer Haftung befreien lassen.
Sofern aber ein Gesetz oder eine Verbindlichkeit auf falschen Annahmen beruht, ändert sich die Ausgangslage.
Die große falsche Annahme besteht ja darin, dass diese Pandemie einzig und allein durch die Impfung der ganzen Menschheit zu besiegen wäre.
Tatsächlich wird eine Weitergabe des Virus ja gerade nicht durch die Impfung verhindert und die Hersteller wussten das auch, wie sich jüngst herausgestellt hat. Sie haben es aber nicht kommuniziert, so wenig wie die zuständigen Behörden.
Dazu gibt es seit mindestens zwei Jahren starke Hinweise, dass diese als Impfung deklarierte mRNA-Injektion weder eine Reinfektion verhindert – der neu erfundene Name heißt Durchbruchsinfektion zusätzlich Menschen krank macht und sogar töten kann.
Wir haben es also mit einem System der Vertuschung, Täuschung, ja gezielten Betrugs zu tun.

An dem viele beteiligt waren, auch die Bundesregierung …

Sehr richtig. Es wird an Juristen sein, zu klären, ob deshalb nicht auch die politischen Entscheider und die Profiteure zur Verantwortung gezogen und in Regress genommen werden können und müssen.
Das wäre dann nicht der deutsche Staat – sonst müsste der Steuerzahler erneut bluten – sondern die Impfstoffindustrie und die politischen Akteure wie Angela Merkel, Olaf Scholz, Jens Spahn oder Karl Lauterbach müssten für die Schäden zur Rechenschaft gezogen werden, um nur die wichtigsten Promotoren der Impfnötigung zu benennen.

Glauben Sie nicht, dass die Politik alles unternehmen wird, diesen Gang der Dinge zu verunmöglichen?

Natürlich, aber das spornt mich an. Ich bin ja bereits als „Querdenker“ verrufen.
Aber der wohl größte Querdenker war Albert Einstein. Wissen Sie was: Mit dem geselle ich mich gerne.

Dr. med. Elke Austenat ist Fachärztin für Innere Medizin und war bis 1980 in der Diabetologie als Stations-, Ober- und stellvertretende Chefärztin tätig. Nach ihrer politischen Haft in der DDR bis 1982 war sie von 1984 bis 2007 als ärztliche Direktorin und Owner des Austenat Diabetes Institut in West-Berlin engagiert.
Seit 2007 arbeitet sie als internationale Beraterin im Bereich Diabetes mellitus und Publizistin. Sie erhielt den Johann-Gottlieb-Fichte-Preis der Humboldt-Universität Berlin, war Dozentin für die Kaiser-Friedrich-Stiftung Berlin, den Bund Deutscher Internisten, das Landesinstitut für Arbeitsmedizin Berlin und die Deutsche Diabetes-Gesellschaft.
Darüber hinaus entwarf und verantwortete Austenat Hunderte verschiedene medizinische Studien. Sie ist Gründerin und Betreiberin der Bürgerinitiative Evidenz der Vernunft (EdV)

*: Anmerkung: Nachdem diese Statistik ausgerechnet auf einer Konferenz der AfD präsentiert und interpretiert wurde, hat die KBV ganz schnell sich von den dort vorgelegten Erklärungsmodellen distanziert und statt dessen geäußert:
„Aus Sicht der KBV handelt es sich bei der dargestellten Zunahme der Todesfälle in den Quartalen I-IV 2021 und Quartal I 2022 größtenteils um eine pandemiebedingte Übersterblichkeit. Dies verdeutlicht nochmals die Bedeutung der COVID-19-Schutzimpfung als wirksame Maßnahme zur Verhinderung von schweren Verlaufsformen bis hin zu Todesfällen. Ohne die Impfung wäre die Übersterblichkeit wahrscheinlich weit höher gewesen.“

kuekenpiepsenDas ist lächerlich. Wenn dem so wäre, hätte es ja mit der Ausbreitung der Infektion langsam ansteigende und, insbesondere nach der Impfkampagne auch wieder abfallende Todesfallzahlen gegeben.
Damit stellt sich die KBV als Kükenpiepser und Staatsbüttel dar.
Na ja, die verantwortlichen Funktionäre lassen sich ja aus den Zwangsbeiträgen der Kassenärzte allesamt fürstlich bezahlen.
Aus diesem System bin ich folgerichtig 2019 ausgetreten.
Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Jochen

Anstiftung der Bundesregierung zur Volksverdummung – die gibt es inzwischen zu !

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Das hier ist ein umfangreiches Papier mit sozialem Sprengstoff, das in 2 Artikeln der NachDenkSeiten besprochen wurde, mit mehreren Bildschirmkopien des Originals, deshalb ein großes Dokument. Danke an Florian Warweg.
Es ist kaum vorstellbar, dass es in allen deutschen Medien, die junge Welt ausgenommen, verschwiegen wird.
Man kann nur hoffen, das die Linksfraktion im Bundestag einen Untersuchungsausschuss dazu fordert.
Vielleicht schließen sich auch noch Rest-Liberale aus der FDP an, denn das betrifft alles, wofür diese ehemalige Bürgerrechtspartei mal gekämpft hat, als ich von 1973-1983 deren Mitglied war …

Dokumenten-Leak: Wie die Bundesregierung an einer „Narrativ-Gleichschaltung“ zum Ukraine-Krieg arbeitet

Den NachDenkSeiten wurde exklusiv ein internes Dokument der Bundesregierung zugespielt. Wir konnten das Papier verifizieren und uns ist auch die Identität des Whistleblowers bekannt.
Das Dokument gibt einen erhellenden Einblick in das Ausmaß der horizontalen und vertikalen Strukturen der, man kann es nicht anders sagen, bundesdeutschen Staatspropaganda, insbesondere was die behördliche Einbindung von Medien (z.B. Spiegel und Stern), westlichen Social-Media-Konzernen, Bildungseinrichtungen und den sogenannten „Faktencheckern“ angeht. Selbst Grundschulkinder werden ins Visier genommen.
Aus all dem ergibt sich der konzertierte Versuch einer Informations-Gleichschaltung durch die Bundesregierung. Von Florian Warweg.

Teil 1

https://www.nachdenkseiten.de/?p=88618

Das Dokument trägt den Titel „Laufende Aktivitäten der Ressorts und Behörden gegen Desinformation im Zusammenhang mit RUS Krieg gegen UKR“, umfasst insgesamt 10 Seiten und listet minutiös mit Stand 27.06.2022 die entsprechenden Aktivitäten der Bundesministerien und untergeordneten Behörden auf. Und diese Aktivitäten haben es in ihrer Gesamtheit in sich.
BMI_logoDie NachDenkSeiten werden sich in der Auswertung im ersten Teil auf die Ausführungen zur Rolle des BMI (Innenministeriums), des AA_logoAA (Auswärtigen Amtes), des BPA (Bundespresseamtes) und der BundespresseamtBuKuMe_logoBKM (Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien) konzentrieren.
Im zweiten Teil auf die Tätigkeiten des BMDV (Bundesministerium für Digitales und Verkehr) sowie des BMFSFJ (Bundesfamilienministerium) und des BMVg (Bundesverteidigungsministerium).

SPD-geführtes Innenministerium als zentrale Schaltstelle der staatlichen Propagandaaktivtäten

Den Anfang der Aufzählung macht das SPD-geführte Bundesinnenministerium (BMI) unter Nancy Faeser. So soll das BMI federführend und „ressortübergreifend“ die „Erkennung und Abwehr hybrider Bedrohungen“ koordinieren.
Geleitet wird dies von der „UAG RUS/UKR“ (UAG steht im ministeriellen Sprech für Unterarbeitsgruppen). In diesem Zusammenhang soll unter anderem alle zwei Wochen ein Lagebericht „Hybride Bedrohungen“ mit Schwerpunkt Russland-Ukraine verfasst werden. Besonders ins Auge fällt aber der im Dokument aufgeführte sogenannte „10-Punkte-Resilienz-Plan“.

Der erste Punkt in diesem „Plan“ ist die konzertierte „Verlinkung zu Faktencheckern auf den Webseiten der Bundesregierung“.
Private und hauptsächlich vom US-Milliardär und eBay-Gründer Pierre Omidyar finanzierte „Faktenchecker“ wie Correctiv oder beitragsfinanzierte wie der ARD-Faktenfinder sollen massiv durch die „Webseiten der Bundesregierung“ beworben werden. So viel zur postulierten „Staatsferne“ und „Unabhängigkeit“ der Faktenchecker.

Des Weiteren sollen Broschüren zu „Desinformation im Kontext des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine“ produziert und an Bundesministerien, Bundestagsabgeordnete, Länder und Kommunen verschickt werden.
Ergänzt wird die Aufzählung mit dem Verweis: „Verteilung an Multiplikatoren in der Zivilgesellschaft läuft.“

Besonders aufschlussreich ist auch der 5. Punkt im „Resilienz-Plan“, dieser widmet sich der Zusammenarbeit mit der Presse. Erwähnt wird beispielsweise ein „Spiegel-Hintergrundgespräch“ am 31.03. und die Vorbereitung von Namensartikeln und Interviews mit Innenministerin Faeser, explizit wird in diesem Zusammenhang auf STERN und Tagesspiegel verwiesen.
Ebenso wird erwähnt, dass es gelungen sei, den Begriff „Task Force gegen Desinformation“ in der Berichterstattung zu etablieren.

Unter (russischer) „Desinformation“ wird im Dokument pauschal alles verstanden, was einer Wiedergabe der offiziellen russischen Position entspricht. Und dies ausschließlich in Bezug auf die russische Seite.
Weder offizielle ukrainische oder US-amerikanische Sichtweisen auf den Krieg in der Ukraine werden von der Bundesregierung in gleicher Weise per se als „Desinformation“ bewertet.

Ein weiterer aufgeführter Aspekt des Plans ist der „Outreach in den parlamentarischen Raum“, also die Einflussnahme auf Abgeordnete in Bundestag und Landesparlamenten.

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Kein unproblematisches Vorhaben, eingedenk einer eigentlich existierenden Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Legislative.

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Ebenso wird als zentraler Punkt im „Resilienz-Plan“ die „anlassbezogene“ Intensivierung der Kontakte und Gespräche mit den Plattformbetreibern sozialer Netzwerke genannt, „um diese für staatlich gesteuerte Desinformation zu sensibilisieren“. Explizit ist in dem Dokument von Twitter, Meta, Google und Telegram die Rede. Geführt werden sollen die Gespräche auf „Staatssekretär-Ebene“.

Nicht minder problematisch erscheint der Plan, Einfluss auf die „Curricula in den Schulen sowie unter Einbindung der Volkshochschulen und ehrenamtlicher Strukturen“ zu nehmen.

Abschließend wird darauf verwiesen, dass die Arbeit an der Umsetzung des „Aktionsplans von Bund und Ländern gegen Desinformation und für eine wehrhafte Demokratie“ begonnen habe.

Auswärtiges Amt, Bundespresseamt und BKM als weitere Hauptakteure staatlicher Propaganda- und Zensurbemühungen

Neben dem Innenministerium tritt das Auswärtige Amt (AA) in dem Dokument als Protagonist im postulierten „Kampf gegen (russische) Desinformation“ auf.
Dabei fällt auf, dass bei dem gesamten Maßnahmenkatalog des AA ausschließlich von „russischer Desinformation“ die Rede ist und nachdrücklich der Eindruck erweckt wird, es käme „Desinformation“ und Narrativpflege weltweit nur aus einem einzigen Land.

So heißt es in dem Dokument zu „Maßnahmen im Rahmen des Kommunikationskonzeptes RUS/UKR“ des AA:

  • Beobachtung und Analyse aktueller russischer Narrative und Desinformation
  • Erstellung eines „living documents“, das „klassische und aktuelle russische Narrative zum Ukraine-Krieg dekonstruiert/entkräftet“
  • Förderung von Projekten zum Ausbau der Resilienz gegenüber (v.a. russischer) Desinformation (…).“

Laut dem vorliegenden Dokument vernetzt sich das AA in Fragen der Desinformation vor allem („intensiv und bilateral“) mit Vertretern der USA.
Explizit genannt werden in diesem Zusammenhang das International Partnership to Counter State-Sponsored Disinformation (IPCSD) sowie die Counter Foreign Interference Group (CFI).

Aufschlussreich ist auch der letzte in dem Dokument aufgeführte Punkt hinsichtlich der Aktivitäten des AA.
Dort ist von „(…) Förderung der von Deutsche Welle und DW Akademie eingebrachten Projektvorschläge zum Ausbau der Berichterstattung für UKR/RUS sowie Stärkung der Medienkompetenz (…)“ die Rede.

Wir halten fest, das Auswärtige Amt, ein Bundesministerium unter Führung der Grünen-Spitzenpolitikerin Annalena Baerbock, plant die Förderung von Projekten des deutschen Auslandssenders Deutsche Welle.
Wie sich das mit dem Deutsche-Welle-Gesetz (DWG) verträgt, welches zur Ermöglichung „einer unabhängigen Meinungsbildung“ verpflichtet, wäre nur eine von mehreren Fragen angesichts dieser im Dokument aufgedeckten Planungen des AA.

Das Bundespresseamt (BPA) leitet zusammen mit dem AA die sogenannte „EG Desinformation“ (auf telefonische Nachfrage der NDS am 27.9., wofür in diesem Zusammenhang EG steht, konnte die verantwortliche Chefin vom Dienst beim BPA keine Auskunft geben). Das BPA ist laut dem Dokument verantwortlich für die „regierungsinterne Sensibilisierung für das Thema und den Umgang mit Desinformation“.
Darüber hinaus bietet es ein „ressortübergreifendes Schulungsangebot“ zu Desinformation an.
Pikant hierbei: Die Schulungen macht nicht das BPA selbst, sondern private Drittanbieter wie das „Institute for Strategic Dialogue“ (ISD) und der „Business Council for Democracy“ der Hertie-Stiftung.

Das ISD, mit explizit transatlantischer Ausrichtung und Hauptsitz in London, hat im Vorstand so illustre Personen sitzen wie Karl-Theodor zu Guttenberg, den Unternehmensberater Roland Berger und den Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer SE, Matthias Döpfner.

„Ressortübergreifende Schulungen“ zu Desinformation für Mitarbeiter der Bundesministerien werden also von einer transatlantischen Lobbyorganisation, in deren „Board“ aufgeflogene Plagiatoren und der Chef der – apropos Desinformation – regelmäßig Fakenews verbreitenden Springer-Presse sitzen, sowie der privaten Stiftung eines Kaufhaus-Magnaten durchgeführt. Viel besser kann sich der Outsourcing-Ansatz in Bundesbehörden wohl nicht ad absurdum führen.

Abschließend wird in dem Dokument aufgeführt, dass die Vize-Regierungssprecher regelmäßig im „bilateralen Austausch mit Google/YouTube, Twitter, Meta, Tiktok und LinkedIn“ stehen, um die „jeweiligen Strategien der Plattformen zur Bekämpfung von Desinformation, insbesondere im Kontext des Krieges in der Ukraine“ zu besprechen.

Das heißt, laut dem Dokument haben sowohl das Innen- und Außenministerium als auch das Bundespresseamt jeweils regelmäßige bilaterale Treffen (auf Staatssekretär-Level) mit den großen Plattformbetreibern zu „russischer Desinformation“ im Kontext des Ukraine-Krieges. Den dadurch aufgebauten Konformitäts- und Zensurdruck kann man wohl als signifikant bewerten.

Ein weiterer bedeutender Akteur ist die direkt dem Kanzler unterstellte „Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien“ (BKM), Claudia Roth. Sie verfügt über ein Budget von über zwei Milliarden Euro, 400 Mitarbeiter und trägt die Verantwortung für die Medienpolitik der Bundesrepublik (und finanziert in diesem Rahmen unter anderem den deutschen Auslandssender Deutsche Welle).

In dem den NachDenkSeiten vorliegenden internen Dokument ist unter anderem vom „Aufbau einer russischen Exilredaktion in Riga sowie „wenn nötig, Aufbau einer Exilredaktion Ukrainisch in Krakau, Polen“ die Rede.
Beim „EU-Medienministerrat“ scheint das BKM dem Papier zufolge eine zentrale und proaktive Rolle beim „Vorgehen gegen russische Propagandamedien“ zu spielen.

Ebenso vertritt das BKM eine Vorreiterrolle bei den Verhandlungen zum orwellisch klingenden „European Media Freedom Act“ und versucht dort, den Fokus auf „Desinformation“ zu legen.

Das BKM plant zudem laut dem Dokument ein neues Förderprogramm „mit Schwerpunkt Nachrichtenkompetenzförderung der Gesamtbevölkerung zur Bekämpfung von Desinformation.“

Ein weiteres Projekt, welches Fragen aufwirft, ist der nicht weiter konkretisierte Einsatz von Kinderreportern ab 6 Jahren gegen „Desinformation“. Im Dokument heißt es dazu unter anderem:
Kinderreporter – Stärkung Nachrichtenkompetenz und damit Resilienz gegenüber Desinformation 6-14-Jähriger durch aktive Medienarbeit.“

(Kurze Anmerkung zur relativ schlechten Qualität der Screenshots. Der Whistleblower hat uns gebeten, um jede mögliche Rückverfolgung auszuschließen, nur Fotos von dem Dokument zu machen und diese dann als Screenshots bei den NachDenkSeiten zu veröffentlichen. Dieser Bitte sind wir selbstverständlich nachgekommen.)

Der Whistleblower hat uns gegenüber auch dargelegt, was ihn zu diesem Leak motiviert hat. Gegenüber den NachDenkSeiten erklärte er, dass er, als dieses Dokument auf seinem Arbeitsrechner eintraf, zutiefst erschrak.
Für ihn sei dies „der konzertierte Versuch einer Narrativ-Gleichschaltung“.
Weiter führte er aus: „In meinen Augen ist es ein Blick in den Abgrund der gebündelten Aktivitäten einer horizontalen (ressort-übergreifenden) und vertikalen Integration moderner Staatspropaganda. Von den Ministerien und ihren Partnerschaften mit transatlantischen Denkfabriken wie dem ISD bis hinab in die Presse, “Faktenchecker”, Social Media, “Multiplikatoren”, “kritische Zivilgesellschaft” und so weiter.
Selbst vor der Einbindung von Schulen und Kindern im Grundschulalter machen sie nicht halt.“

Des Weiteren führte er gegenüber den NachDenkSeiten aus, dass dieses Dokument nur „die Spitze des Eisberges“ sei und die aufgeführten Projekte nicht vollständig seien.
Alles was in diesem Dokument aufgelistet ist, wäre für die Bundesregierung ein noch verschmerzbares Leak, da es nur die im Zweifel kommunizierbaren Maßnahmen umfasse.
Die deutsche Öffentlichkeit hätte keine Vorstellung davon, was sonst noch im Hintergrund dazu ablaufe.

Abschließend noch etwas zum mutmaßlichen Verfasser dieses internen Dokumentes. Laut den Meta-Daten des Original-Word-Dokuments wurde diese Auflistung der Bundesregierung von einer Person erstellt, deren Namen wir aus Rücksicht auf ihr Privatleben nicht nennen wollen, deren Vita aber interessante Einblicke vermittelt, wer solche „ressortübergreifenden“ Papiere zu dieser Thematik aufsetzt.
Man findet über die Person fast nichts online, aber das Wenige, was man findet, spricht für sich.
Bei LinkedIn findet man einem Beitrag, in welchem dem Verfasser des Dokuments „Laufende Aktivitäten der Ressorts und Behörden gegen Desinformation im Zusammenhang mit RUS Krieg gegen UKR“, von der BwConsulting (BwConsulting ist das Inhouse-Bera­tungsunternehmen des Bundesministeriums der Verteidigung) für die Zusammenarbeit gedankt wird, zudem ist die Person Autor eines Fachbuchs über das Management von Militäroperationen der NATO und EU.

Teil 2

https://www.nachdenkseiten.de/?p=88771

Das Dokument, dessen zweiten Teil wir nun dokumentieren, gibt Einblick in das Ausmaß der horizontalen und vertikalen Strukturen der, man kann es nicht anders sagen, staatlichen Zensurversuche.
So binden die Bundesbehörden nicht nur die westlichen Social-Media-Konzerne, Internetzugangsanbieter und insbesondere eine Grünen-nahe Stiftung in ihre Aktivitäten ein, sondern planen im nicht näher definierten „Kampf gegen Desinformation“ auch den Einsatz von Jugendoffizieren an Schulen sowie die Instrumentalisierung der Bildungsstätte Anne Frank.
Auch aus Teil 2 des Dokumenten-Leaks ergibt sich der konzertierte Ansatz einer Narrativ-Gleichschaltung durch die Bundesregierung. Von Florian Warweg.

Hatten wir uns im ersten Teil der Auswertung des internen Dokuments der Bundesregierung unter dem Titel „Laufende Aktivitäten der Ressorts und Behörden gegen Desinformation im Zusammenhang mit RUS Krieg gegen UKR“ auf die Ausführungen zur Rolle des BMI (Innenministeriums), des AA (Auswärtigen Amtes), des BPA (Bundespresseamtes) und der BKM (Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien) konzentriert, widmen wir uns im zweiten Teil den Tätigkeiten des BMDV (Bundesministerium für Digitales und Verkehr) sowie des BMFSFJ (Bundesfamilienministerium) und des BMVg (Bundesverteidigungsministerium).

Bundesministerium für Digitales und Verkehr als zentrales Zensurinstrument gegen russische Medien

Das FDP-geführte BMDV (Ministerium wird derzeit vom ehemaligen FDP-Generalsekretär und Richter Dr. Volker Wissing geleitet) ist innerhalb der Bundesregierung zuständig für den „Rechtsrahmen für digitale Dienste“ und steht laut dem Dokument im besonders „regelmäßigen Austausch mit den Online-Plattformen zum Engagement bei der Bekämpfung von Desinformation“.
Das heißt, es gibt laut dem internen Papier derzeit vier Bundesbehörden (BMI, AA, BPA und BMVD), welche auf hochrangiger Ebene (zumeist die zuständigen Staatssekretäre) sich jeweils regelmäßig, und dem Anschein nach ohne Absprache untereinander, mit den großen Social-Media-Konzernen zum Thema „Engagement gegen Desinformation“ treffen.

Im Falle des BMVD wird in dem geleakten Dokument aber erstmals konkret aufgeführt, auf Grundlage welcher staatlichen und suprastaatlichen Vorgaben diese Gespräche verlaufen.

So wird unter anderem auf den „EU-Verhaltenskodex für Desinformation“, den „Digital Services Act“ (DSA) sowie eine „Verordnung über die Transparenz und das Targeting politischer Werbung“ verwiesen.
Vom DSA erhofft sich das Digitalministerium laut dem geleakten internen Papier „Anreize zu mehr Engagement bei der Bekämpfung von Desinformation“.
Des Weiteren werden Gespräche auf Ministerebene erwähnt, „welche die eingeleiteten Maßnahmen zur Bekämpfung von Desinformation zum Inhalt hatten“.

Zudem wird betont, dass das Ministerium plant, beim „G7 Safety Summit“ im November 2022 (im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft) das Thema „Desinformation“ einzubringen, unter anderem mit Fokus auf den Einsatz von „softwarebasierten Technologien zur Bekämpfung von Desinformation.“

Dem Dokument zufolge ist das BMVD innerhalb der Bundesregierung auch für die „Durchsetzung des Verbreitungsverbotes von RT und Sputnik“ zuständig und erhält dabei Unterstützung von der Bundesnetzagentur, welche zum Beispiel die Listen „der zu sperrenden Webseiten“ regelmäßig aktualisiert und an die „von der Sanktionsverordnung adressierten Internetzugangsanbieter aus dem Telekommunikationsbereich“ übermittelt.

Man muss sich dies nochmal bewusst vor Augen führen: Die Bundesregierung in Form des BMVD ordnet folglich höchstpersönlich an, welche nicht genehmen Nachrichten-Plattformen in Deutschland zu sperren sind.

Diese Darstellung des Ministeriums (angebliches Verbreitungsverbot und Verweis auf „zu sperrende Webseiten“) lässt aber noch aus einem anderen Grund aufhorchen. Denn tatsächlich gibt es kein allgemeines „Verbreitungsverbot von RT und Sputnik“. In der am 1. Mai 2022 verabschiedeten EU-Verordnung ist explizit und ausschließlich von „Einstellung der Sendetätigkeiten“ die Rede.
Dies ergibt sich auch aus der im EU-Amtsblatt veröffentlichten Änderung der entsprechenden Verordnung (EU) Nr. 833 von 2014. Dort ist ‚lediglich‘ davon die Rede, dass es den (nicht näher definierten) Betreibern verboten ist, „Sendungen zu ermöglichen, zu erleichtern oder auf andere Weise dazu beizutragen, auch durch die Übertragung oder Verbreitung über Kabel, Satellit, IP-TV …“.

Zudem handelt es sich bei dieser Verordnung um einen „Rechtsakt ohne Gesetzescharakter“.

Das Ministerium setzt also ein „Sendeverbot“ für audiovisuelle Inhalte (noch eindeutiger in der englischsprachigen Version „suspend the broadcasting activities of such media outlets in the Union“) mit einem angeblichen Verbreitungsverbot auch der Nachrichten-Webseiten von RT und Sputnik gleich.
Das gibt die EU-Verordnung aber nicht her. Es hat wohl auch einen Grund, wieso ausgerechnet das Justizministerium mit keinem Satz in der Aufstellung „Laufende Aktivitäten der Ressorts und Behörden gegen Desinformation im Zusammenhang mit RUS Krieg gegen UKR“ auftaucht.

Ebenfalls bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, dass die veröffentlichte Änderung in derartiger Eile beschlossen wurde, dass bis heute rechtlich völlig unklar ist, an wen sich die Verordnung richtet, denn der Begriff des “Betreibers” ist in der beschlossenen Änderung, ebenfalls im Gegensatz zur Darstellung des BMVD („von der Sanktionsverordnung adressierten Internetzugangsanbieter“), in keiner Weise definiert:

Weiter heißt es in der EU-Verordnung übrigens:
“Im Einklang mit den Grundrechten und Grundfreiheiten, die in der Charta der Grundrechte anerkannt sind, insbesondere dem Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, dem Recht auf Unternehmerische Freiheit und dem Recht auf Eigentum nach den Artikeln 11, 16 und 17 der Charta hindern diese Maßnahmen diese Medien und ihr Personal nicht daran, andere Tätigkeiten als Sendetätigkeiten in der Union auszuführen (…).“

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr verbreitet folglich in dem internen Regierungsdokument zu „laufende Aktivitäten der Behörden gegen Desinformation“ genau dies: Desinformation.

Bundesfamilienministerium erhebt Grünen-nahe Stiftung zu quasi-staatlichem Akteur gegen „systemkritische Medien“

Ein weiterer zentraler Akteur im angeblichen Kampf gegen „Desinformation“ ist das von den Grünen geführte Bundesfamilienministerium.
In der Auflistung fällt zunächst auf, dass in dem internen Papier als allererste Aktivität des Ministeriums auf die private Grünen-nahe Stiftung Zentrum Liberale Moderne (LibMod) und deren hochumstrittenes Projekt „Gegneranalyse“ verwiesen wird (NachDenkSeiten berichteten ausführlich über das Projekt hier und hier). *)
In dem Dokument heißt es dazu, dass das Ministerium im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie Leben!“ das Projekt von LibMod fördert (mit sechsstelligen Beträgen), welches „Inhalte systemkritischer Medien analysiert und speziell zu Narrativen im Ukrainekrieg veröffentlicht“.

Halten wir fest: Ein von den Grünen geführtes Ministerium promotet und finanziert das Projekt einer privaten Grünen-nahen Stiftung, welches sich zur Aufgabe gestellt hat, „systemkritische Medien“ zu analysieren und zu überwachen („Monitoring“). Alles natürlich im Namen des „Kampfes“ gegen eine behauptete (russische) „Desinformation“.

Ähnlich wie bereits beim Digitalministerium wird hier zudem etwas behauptet, was nachweislich so nicht stimmt. Schaut man sich die „Monitoring“-Seite des Projektes an, so fällt auf, dass die Darstellung des BMFSFJ, „Gegneranalyse“ würde „speziell zu Narrativen im Ukrainekrieg veröffentlichen“, nicht den Tatsachen entspricht.
Das letzte Monitoring (und was anderes veröffentlicht das Projekt nicht regelmäßig) mit Schwerpunkt auf „Narrativen im Ukrainekrieg“ datiert auf April 2022.
Also auch schon zum Zeitpunkt der Erstellung des internen Regierungsdokuments war diese Darstellung nicht korrekt:

Die Aussage wurde vermutlich getroffen, um gegenüber den anderen Ministerien die Finanzierung des umstrittenen Projektes zu rechtfertigen.
Allerdings reichen zwei Klicks, um diese Aussage zu falsifizieren. So viel zu „Desinformation“ (innerhalb bundesdeutscher Ministerien).

Als weitere Aktivitäten führt das Familienministerium ein „Toolkit für die Arbeit mit Jugendlichen zum Thema Verschwörungstheorien“ an, welches Jugendliche im Umgang mit Verschwörungstheorien „stärken“ solle.

Als letzter Punkt im Maßnahmen-Katalog gegen „russische Desinformation“ wird ausgerechnet auf die Bildungsstätte Anne Frank und das dort angesiedelte Projekt „The Game is not Over“ verwiesen.
Dazu heißt es weiter im geleakten Dokument, dass sich die Kinder („Gamerinnen und Gamer“) „mit den Erklärungsmustern, psychologischen Wirkungsweisen und der sozialen Dimension von Verschwörungsfantasien auseinandersetzen und lernen, diesen Prozessen in ihrer Peer Group zu begegnen.“

Die Bildungsstätte Anne Frank wurde nach Eigendarstellung gegründet, um Jugendliche mittels des Schicksals von Anne Frank im Nationalsozialismus für die Gegenwart zu Themen wie Antisemitismus und Rassismus zu sensibilisieren.
Es erscheint geradezu skandalös, dass das Familienministerium nicht davor zurückschreckt, die Bildungsstätte in dieser Form ausgerechnet gegen Russland zu instrumentalisieren, den (Nachfolge-)Staat des Landes, welches einen Großteil der Konzentrationslager, insbesondere Auschwitz, befreite und einen gigantischen Blutzoll in diesem Kampf zahlte.

Das Bundesverteidigungsministerium und der Einsatz von Jugendoffizieren an Schulen und weitere „Gegenmaßnahmen der Bundeswehr“

Der Einsatz der Bundeswehr gegen angebliche „Desinformation“ hat nochmal, alleine auf Grund seiner militärischen Ressourcen, eine ganz besondere Qualität und Implikation. So heißt es in dem internen Dokument der Bundesregierung unter anderem zu den Aktivitäten des Verteidigungsministeriums:
„Fortlaufende tägliche Analyse des Informationsumfeldes. (…) Detektion von Propaganda/Desinformation sowie Planung/Durchführung eigener Gegenmaßnahmen der Bundeswehr im Einsatz (…).“

Wie man sich ausgerechnet „Gegenmaßnahmen der Bundeswehr“ gegen angebliche (russische) „Desinformation“ konkret vorstellen soll, wird in dem Papier nicht weiter erläutert. Gewisse Hinweise gibt es aber doch.
So wird zumindest als ein weiterer Punkt der „Gegenmaßnahmen“ auf ein gemeinsam geplantes Projekt von Bundeswehr und der Bertelsmann-Stiftung zu „Gesellschaft und Resilienz“ verwiesen sowie auf den Einsatz von „Jugendoffizieren an Schulen“.

Fazit

Vor dem Hintergrund dieser dank des Leaks ans Licht der Öffentlichkeit gebrachten konzertierten Maßnahmen muss man sich nochmals vor Augen führen, dass der Whistleblower gegenüber den NachDenkSeiten erklärt hat, dass es sich bei dem geleakten Dokument nur um „die Spitze des Eisberges“ handle.
Alles, was in dem internen Dokument aufgelistet ist, sei für die Bundesregierung ein noch verschmerzbares Leak, da es nur die im Zweifel kommunizierbaren Aktivitäten umfasse.
Nach Durchsicht der 10 Seiten fragen sich wohl nicht nur die NachDenkSeiten-Redakteure, was dann wohl die „nicht kommunizierbaren“ diesbezüglichen Maßnahmen der Bundesregierung sein werden.

Neben dem Umfang der geplanten und bereits umgesetzten Maßnahmen erschreckt auch die (medial bisher kaum hinterfragte) Willkür, die dabei zum Tragen kommt.
Denn bei all den Aktivitäten muss man sich vergegenwärtigen, dass die Bundesregierung weder in diesem internen Papier zu „Laufenden Aktivitäten der Ressorts und Behörden gegen Desinformation im Zusammenhang mit Russlands Krieg gegen die Ukraine“ noch in offiziellen Veröffentlichungen je auch nur den Versuch unternommen hat, darzulegen, wie sie (russische) „Desinformation“ definiert oder auch nur eingrenzt.
Damit ist der Bundesregierung und ihren Ministerien die vollkommen willkürliche Anwendung dieses Begriffs mit all seinen mittlerweile auch rechtlichen Implikationen und Zensuroptionen möglich.
Und so packt die Bundesregierung tatsächlich unter anderem pauschal alles unter den Kampfbegriff „Desinformation“ – die es laut Bundesregierung mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt – was einer Wiedergabe offizieller russischer Positionen und Sichtweisen entspricht. Damit steuert sie, wohlgemerkt durch das Unterdrücken von Informationen, die Meinungs- und Willensbildung der Bundesbürger.
So sollte eigentlich keine Bundesregierung, egal welcher politischer Couleur, agieren, zumindest nicht, wenn sie sich einem demokratischen Gemeinwesen mit mündigen Bürgern verpflichtet sehen würde.

Nachtrag v. 14.10.2022

https://www.nachdenkseiten.de/?p=89213

Natürlich hatte die NachDenkSeiten-Redaktion das Dokument vor der Veröffentlichung verifiziert. Zahlreiche Vertreter aus Politik und Medien hinterfragten allerdings die Authentizität des Leaks.
Doch jetzt hat die Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage hin eingeräumt, dass das Dokument tatsächlich von ihr erstellt wurde. Von Florian Warweg

„Kann die Bundesregierung die Echtheit des durch einen Whistleblower in die Öffentlichkeit gelangten Dokuments mit dem Titel „Laufende Aktivitäten der Ressorts und Behörden gegen Desinformation im Zusammenhang mit RUS Krieg gegen UKR“ bestätigen oder dementieren?“

So die Anfrage des Bundestagsabgeordneten Dr. Götz Frömming (AfD) an die Bundesregierung. Die schriftliche Frage ist auf den 4. Oktober datiert.
Mit Datum 11. Oktober antwortete die Bundesregierung:

„Die Gesamtübersicht „Laufende Aktivitäten der Ressorts und Behörden gegen Desinformation im Zusammenhang mit RUS Krieg gegen UKR“ wurde von der Bundesregierung erstellt. Sie soll einen gemeinsamen Informationsstand über die Maßnahmen gewährleisten, die von den Ressorts und Behörden ergriffen wurden, um der gezielten Verbreitung von falschen oder irreführenden Informationen insbesondere im Kontext von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine entgegenzuwirken.“

Mit Datum 13. Oktober antwortete die Bundesregierung noch auf eine weitere ähnliche Anfrage mit einer interessanten Ergänzung:
Im Gegensatz zum im März 2020 durchgestochenen Strategiepapier der Bundesregierung „Wie wir COVID-19 unter Kontrolle bekommen“ (medial auch als „Panikpapier“ bezeichnet), welches später aus Transparenzgründen auf der Seite des Innenministeriums veröffentlicht wurde, plane man keine solche Veröffentlichung im Falle des aktuellen Leaks der NachDenkSeiten:

Mit dem unmissverständlichen Eingeständnis der Bundesregierung, dass das interne Dokument „Laufende Aktivitäten der Ressorts und Behörden gegen Desinformation im Zusammenhang mit RUS Krieg gegen UKR“ tatsächlich von ihr erstellt wurde, bestätigt diese sowohl die Existenz dieser „Gesamtübersicht“ als auch die Authentizität des NachDenkSeiten-Leaks.

Dieses interne Dokument, von der Bundesregierung euphemistisch „Gesamtübersicht“ genannt, hat es, wie in den von uns veröffentlichten Artikeln dargelegt, wirklich in sich. Es wurde auch bereits von britischen und US-amerikanischen Medien aufgegriffen.

In bundesdeutschen Mainstream-Medien wurde das Leak entweder ignoriert oder dessen Authentizität hinterfragt. Beispielhaft sei auf die Argumentation von Ralf Schuler (Leiter der Parlamentsredaktion von BILD) verwiesen.
In einem Gespräch mit Kontrafunk (ab Minute 25:43) erklärte dieser, angesprochen auf das NachDenkSeiten-Leak:
„Ich habe in letzter Zeit so viele vermeintliche Dokumente gelesen, die sich am Ende alle als zweckdienlich gefälscht herausgestellt haben. Ich bin da vorsichtig, weil es so eindeutige Narrative bedient, dass ich mich wundere, wer so etwas verfasst haben soll. Da werde ich sehr skeptisch, so funktioniert Deutschland nicht.“

Dann führt er auch noch ein Argument an, welches wirklich zeigt, in was für einer Bubble sich die Hauptstadtjournalisten teilweise bewegen. Er hinterfragt die Authentizität des Leaks unter anderem mit dem Verweis darauf, dass sich doch die Frage auftäte, wieso man so etwas an die NachDenkSeiten leake und nicht an den Spiegel.
Zudem hätten die NachDenkSeiten doch keinerlei Reichweite (Diese Sorge können wir Herrn Schuler nehmen. Alleine der erste Leak-Artikel hatte bis zum heutigen Tage 225.853 Direktzugriffe auf der NDS-Webseite, da ist Verbreitung in den Sozialen Medien und als Podcast noch nicht mit eingerechnet).

Die Frage, wieso dieses Leak nicht dem Spiegel zugespielt wurde, ist, hätte sich der BILD-Redak­teur wirklich mit dem geleakten Dokument auseinandergesetzt, recht leicht zu beantworten: So ist dort unter anderem von einem „10-Punkte-Resilienz-Plan“ die Rede, welcher unter anderem die konzertierte Bewerbung und Verlinkung von sogenannten Faktencheckern auf den Webseiten der Bundesregierung vorsieht. So viel zur postulierten „Staatsferne“ und „Unabhängigkeit“ der Faktenchecker à la ARD-Faktenfinder oder Correctiv.
Ebenso aufgeführt wird, und jetzt kommen wir auf die Absurdität in der Argumentation des Leiters der BILD-Parlamentsredaktion zurück, die Zusammenarbeit mit der Presse. Und dabei wird beispielsweise prominent ein „Spiegel-Hinter­grundgespräch“ und die Vorbereitung von Namensartikeln und Interviews mit Innenministerin Faeser erwähnt, hier werden zudem STERN und Tagesspiegel als Adressaten genannt.

Aufschlussreich ist auch die Rolle des Bundespresseamtes (BPA) welches sich laut dem, nun offiziell bestätigten internen Dokument, für die „regierungsinterne Sensibilisierung für das Thema und den Umgang mit Desinformation“ verantwortlich zeichnet und ein „ressortübergreifendes Schulungsangebot“ zu Desinformation anbietet.
Pikant hierbei: Die Schulungen macht nicht das BPA selbst, sondern private Drittanbieter wie das „Institute for Strategic Dialogue“ (ISD) und der „Business Council for Democracy“ der Hertie-Stiftung,
„Ressortübergreifende Schulungen“ zu Desinformation für Mitarbeiter der Bundesministerien werden also von einer transatlantischen Lobbyorganisation, in deren „Board“ aufgeflogene Plagiatoren und der Chef der – à propos Desinformation – regelmäßig Fakenews verbreitenden Springer-Presse sitzen, sowie der privaten Stiftung eines Kaufhaus-Magnaten durchgeführt.
Allein schon für das Aufdecken solcher Absurditäten sollten wir dem Whistleblower dankbar sein.

Der Whistleblower hatte gegenüber den NachDenkseiten auch dargelegt, was ihn zu diesem Leak motiviert hat. So erklärte er, dass er, als dieses Dokument auf seinem Arbeitsrechner eintraf, zutiefst erschrak.
Für ihn sei dies „der konzertierte Versuch einer Narrativ-Gleichschaltung“. Weiter führte er aus:

„In meinen Augen ist es ein Blick in den Abgrund der gebündelten Aktivitäten einer horizontalen (ressort-übergreifenden) und vertikalen Integration moderner Staatspropaganda. Von den Ministerien und ihren Partnerschaften mit transatlantischen Denkfabriken wie dem ISD bis hinab in die Presse, “Faktenchecker”, Social Media, “Multiplikatoren”, “kritische Zivilgesellschaft” und so weiter.
Selbst vor der Einbindung von Schulen und Kindern im Grundschulalter machen Sie nicht halt.“

Aus dem Dokument geht ebenso hervor, dass ein weiterer zentraler Akteur im angeblichen Kampf gegen „Desinformation“ das von den Grünen geführte Bundesfamilienministerium ist. In der Auflistung fällt zunächst auf, dass in dem internen Papier als allererste Aktivität des Ministeriums auf die private Grünen-nahe Stiftung Zentrum Liberale Moderne (LibMod) und deren hochumstrittenes ProjektGegneranalyseverwiesen wird (NachDenkSeiten berichteten ausführlich über das Projekt hier und hier).

In dem Dokument heißt es dazu, dass das Ministerium im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie Leben!“ das Projekt von LibMod fördert (mit sechsstelligen Beträgen), welches „Inhalte systemkritischer Medien analysiert und speziell zu Narrativen im Ukrainekrieg veröffentlicht“.

Ein von den Grünen geführtes Ministerium bewirbt und finanziert das Projekt einer privaten Grünen-nahen Stiftung, welches sich zur Aufgabe gestellt hat, „systemkritische Medien“ zu analysieren und zu überwachen (Monitoring“).
Alles natürlich im Namen des „Kampfes“ gegen eine behauptete (russische) „Desinformation“. Womit wir bei einem zentralen Punkt sind, den das, nun ja offiziell beglaubigte Leak, aufdeckt:

Neben dem Umfang der geplanten und bereits umgesetzten Maßnahmen erschreckt vor allem die bisher nicht hinterfragte Willkür, die dabei zum Tragen kommt. Denn bei all den Aktivitäten muss man sich vergegenwärtigen, dass die Bundesregierung weder in diesem internen Papier zu „Laufenden Aktivitäten der Ressorts und Behörden gegen Desinformation im Zusammenhang mit Russlands Krieg gegen die Ukraine“ noch in offiziellen Veröffentlichungen je auch nur den Versuch unternommen hat, darzulegen, wie sie (russische) „Desinformation“ definiert oder auch nur eingrenzt.
Damit ist der Bundesregierung und ihren Ministerien die vollkommen willkürliche Anwendung dieses Begriffs mit all seinen mittlerweile auch rechtlichen Implikationen und Zensuroptionen möglich.
Und so packt die Bundesregierung tatsächlich unter anderem pauschal alles unter den Kampfbegriff „Desinformation“ – die es laut Bundesregierung mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt – was einer Wiedergabe offizieller russischer Positionen und Sichtweisen (oder auch nur das Versuchen diese zu verstehen) entspricht.

Damit steuert sie, wohlgemerkt durch das Unterdrücken von Informationen, die Meinungs- und Willensbildung der Bundesbürger. So darf eigentlich keine Bundesregierung, egal welcher politischer Couleur, agieren, zumindest nicht, wenn sie sich einem demokratischen Gemeinwesen mit mündigen Bürgern verpflichtet sieht.

Der parlamentarische Betrieb verfügt über einige Instrumente, die spätestens jetzt, nach der erfolgten Bestätigung der Authentizität dieses Dokuments, Anwendung finden sollten:
Kleine Anfragen (KA), Fragestunde im Bundestag und angesichts des Ausmaßes der aufgedeckten Verquickungen von Exekutive, Legislative, Judikative sowie der sogenannten „Vierten Gewalt“ eigentlich auch die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

*: Siehe https://josopon.wordpress.com/2022/06/24/eine-neue-nebelfabrik-liberale-moderne-weder-liberal-noch-modern-dafur-vom-staat-und-den-banken-bezahlt/
Siehe zum Thema auch schon 2016: https://josopon.wordpress.com/2016/02/13/usa-predigen-den-gut-bezahlten-medialen-vernichtungskrieg-gegen-russland/
und, mit aussagekräftigen Diagrammen https://josopon.wordpress.com/2016/05/11/schlechter-journalismus-medienverlage-mit-lobbyverbanden/

Hoffen wir, dass auch z.B. die Humanistische Union und einige andere Bürgerrechtsorganisationen sich diesem Goebbels’schen Apparat widmen.

Für Diskussionsbeiträge auf diesem Blog bin ich dankbar !

Jochen

Nordstream 2 statt Gasumlage – Online-Petition der Kreishandwerkerschaft Anhalt Dessau – Roßlau

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Wer diesen „Text von unten“ nachvollziehbar findet, den bitte ich um seine Unterschrift:
https://www.openpetition.de/petition/online/nordstream-2-statt-gasumlage
Folgende Nachricht erreichte mich über den NDS-Verteiler:

Initiative "NICHT WEITER SO!Am 8.8. hat die Initiative „NICHT WEITER SO!“ in Zusammenarbeit mit der Kreishanderwerkerschaft Dessau eine Petition unter dem Titel „Nordstream 2 statt Gasumlagebei change.org, einer Plattform für solche Anliegen, eingestellt.
Nach 40 Unterschriften wurde die Petition vom Betreiber gestoppt mit Hinweis auf die Nutzungsbedingungen.
Mehrmals haben wir den Text geändert und Mails an den Betreiber geschickt mit der Bitte um Hinweise, welche Bedingungen noch unerfüllt seien. Am 11.8. wurde sie dann endlich wieder freigeschaltet.

Wir befüchten, dass die Wirkung der Petition jetzt nicht mehr sehr groß sein wird. Um trotzdem unsere Sicht der Dinge und unsere Forderung bekannt zu machen, veröffentlichen wir hiermit den ursprünglichen Text noch einmal.
Wir bitten darum, diesen Text mit den Mitteln zu verbreiten, die Euch zur Verfügung stehen.

Die Nachdenkseiten-Trier werden den Text noch einmal verschicken als Mail und als PDF, um den Protest der Kreishanderwerkerschaft Dessau und den zunehmenden Protest zu unterstützen.
Wir bitten dafür um Verständnis und Nachsicht bei etwaigen Doppelsendungen.

Rüdiger Rauls NDS-Trier

Und hier der vollständige Text:

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler

Die Versorgungslage mit Energieträgern verschärft sich immer mehr. Kaum hat Brüssel eine Einsparung von 15% der Gasmenge beschlossen, hat Klaus Müller von der Netzagentur fordert bereits eine Reduzierung um 20 Prozent gefordert.
Es ist zu vermuten, dass das ursprüngliche Einsparziel nicht ausreichen wird, um im Winter die Versorgung zu gewährleisten.
Darüber hinaus soll ab 1.Oktober dieses Jahres eine Gasumlage von den Verbrauchern erhoben werden.

Wir wissen alle, was das bedeutet. Nicht nur dass Gas knapper wird, vielleicht sogar rationiert werden muss, es wird zudem noch erheblich teurer. In der Folge werden auch die Preise für Strom steigen.
Viele Bürger und Betriebe werden das finanziell nicht durchstehen. Schon jetzt verlassen renommierte Unternehmen den Standort Deutschland, weil die Energiekosten zu hoch sind, um weiterhin rentabel zu produzieren.

Andererseits aber liegt mit Nordstream2 eine fertige Gaspipeline in der Ostsee, die aus ideologischen Gründen nicht genutzt wird.
Immer mehr Handwerkerverbände sowie Städte und ihre Stadtwerke fordern von der Regierung die Freigabe von Nordstream2.
Sie wissen nicht, wie ihre Unternehmen überleben sollen ohne das Gas, das diese Pipeline liefern könnte.

Offensichtlich scheinen Sie Herr Bundeskanzler, sich der drohenden Gefahren für den Standort Deutschland bewusst zu sein. Aus diesem Grunde haben Sie und Ihre Regierung, anstatt die Pipeline zur Nutzung freizugeben, diese Gasumlage für alle Verbraucher beschlossen. Damit sollen etwaige Insolvenzen systemrelevanter Energieversorger abgewendet werden, wie sie unlängst bei Uniper drohte.
Diese Umlage ermöglicht es den Energiekonzernen, die zusätzlichen Kosten der Gasbeschaffung auf Bürger und Unternehmen abwälzen.

Wie jene jedoch die Mehrbelastungen bewältigen sollen, scheint man sich in Ihrem Wirtschaftsministerium nicht zu fragen. Viele Menschen leben schon jetzt von der Hand in den Mund.
Der deutsche Mieterbund schätzt, dass ein Drittel der Haushalte sich die Preiserhöhungen nicht leisten können. Bei vielen Betrieben ist die Kapitaldecke dünn geworden.
Wollen Sie Tausenden von Haushalten und Betrieben das Gas abstellen, wenn diese unter der Last der Kosten zusammenbrechen? Werden Sie Millionen mit Mahnbescheiden traktieren?

Hat man den Mehraufwand für Verwaltungen und Justiz bedacht, wenn Rechnungen nicht bezahlt und Einzugsermächtigungen zurückgebucht werden, wenn Forderungen in Storno gehen und abgeschrieben werden müssen? Wie sollen Kunden die Versorger vor der Insolvenz retten, wenn sie selbst zahlungsunfähig sind?
Am Ende sind dann Kunden UND Versorger zahlungsunfähig? *)

Und wer soll nach etwaigen Strom- und Gasausfällen die Folgeschäden beheben, wenn ein Großteil der Handwerksbetriebe in den Ruin getrieben worden ist?
Nicht nur die großen Energieversorger sind systemrelevant. Sind wir Bürger nicht auch systemrelevant oder haben wir keine Bedeutung für das Funktonieren der Gesellschaft?

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

haben Sie und Ihre Regierung all das nicht bedacht oder ist es nicht mehr von Belang im erbitterten Kampf, den Sie glauben auf unserem Rücken gegen ein nach Ihrer Meinung autokratisches Russland führen zu müssen? Haben Sie sich überlegt, was den Menschen demokratische Freiheiten nützen, wenn die Lebensgrundlagen weggebrochen sind? Macht nicht gerade das anfällig für Populismus?
Es ist immer schwerer zu erkennen, geschweige denn zu vermitteln, was das Ziel Ihrer Regierung ist. Wofür kämpft Ihre Regierung noch? Wofür sollen wir Bürger all diese Nachteile ertragen?

Diese Regierung wurde von der Bevölkerung gewählt, um ein reibungsloses Funktionieren der Gesellschaft zu gewährleisten. Sie hatten einen Amtseid geleistet, der Sie und Ihr Kabinett verpflichtet, Schaden vom deutschen Volke abzuwenden und seinen Vorteil und Nutzen zu mehren.
Das ist Ihre Aufgabe, Herr Bundeskanzler. Es ist Ihre Pflicht, die Interessen der deutschen Bevölkerung zu wahren. Danach haben Sie Ihre Politik auszurichten.

Es ist nicht die Pflicht des Volkes, die ideologische Zielvorgaben von Regierungsparteien zu erfüllen. Die Regierung hat für das Volk da zu sein, nicht umgekehrt.

Es wird immer deutlicher, dass die Sanktionen, die Russland laut Außenministerin Baerbock vernichten sollten, eher unsere eigenen Existenzgrundlagen zerstören.
Also was will unsere Regierung dagegen machen? Das eigene Volk in die Armut treiben?
Die eigene Wirtschaft um Jahrzehnte zurückwerfen und ihre Konkurrenzfähigkeit auf dem Altar von Ideologien opfern? Deshalb fordern wir

Nordstream 2 statt Gasumlage

Begründung

Die Menschen in Deutschland haben mit ihrem Fleiß und ihrer Intelligenz den hohen Lebensstandard unserer Gesellschaft geschaffen.
Unsere Vorfahren haben in Jahrzehnte langer Arbeit dieses Land aus den Ruinen wieder aufgebaut und zu nie gekannten Blüte gebracht.
Dieses Lebenswerk von Generationen deutscher Arbeiter und Unternehmen darf nicht vernichtet werden durch eine verblendete Politik, deren Ziel nicht mehr zu erkennen ist.

Die Politik der ideologisch bedingten Verknappung von Energie verliert an Zustimmung in der Bevölkerung.
Dagegen protestieren Menschen am 28.8. in Dessau. Ihre Forderung lautet:

Nordstream 2 statt Gasumlage

Vielen Dank für Ihre Unterstützung, Kreishandwerkerschaft Anhalt Dessau – Roßlau. aus Trier

Bitte hier unterzeichnen:

https://www.openpetition.de/petition/online/nordstream-2-statt-gasumlage

Für Fragen an den Initiator :
https://www.openpetition.de/petition/kontakt/nordstream-2-statt-gasumlage

Wenn in Deutschland der Mittelstand wegbricht, fehlt auch dem Gemeinwohl und den Vertretern der Bürgerrechte das Rückgrat.

Eine Bevölkerung, die sich zusammensetzt aus einer kleinen Elite von Oligarchen und deren Speichelleckern,
einer Mehrheit abhängig Beschäftigter, deren Rechte immer weiter eingeschränkt und deren Ausbeutung verschärft werden
und den immer mehr verarmenden, aus Sicht des Kapitals überflüssigen Leuten, die schon jetzt 1/5 der Bevölkerung ausmachen und die auf ALG2-Minimalniveau gerade so überleben können –
ist das das Ziel, das auf den Versammlungen des Weltwirtschaftsforums, der WTO. der G7 seit 2014 geplant wurde ?
*: Schon jetzt sitzt ein großer Teil der Häftlinge „ersatzweise“ in den JVAs, weil sie ihren finanziellen Verpflichtumngen nicht nachkommen können !

aufstehen logo

Bitte beteiligt Euch an den Protesten, die in den nächsten Monaten von aufstehen mitgetragen werden !

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

Von Syrien bis zur Ukraine: Dieselben 10 Regeln der Kriegspropaganda von Lord Posonby

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Karin LeukefeldWichtige Beobachtung von Karin Leukefeld in den NachDenkSeiten:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=85647
Bei der Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine werden in deutschen Medien altbekannte Regeln der Kriegspropaganda aus dem Syrienkrieg angewendet.
Die gegnerische Seite (Russland) sei verantwortlich, der russische Präsident wird dämonisiert. Man sei „nicht Kriegspartei“, die gelieferten Waffen dienten nur der Selbstverteidigung der Angegriffenen. Diese kämpften heldenhaft während die gegnerische Armee verbotene Waffen einsetze und Grausamkeiten verübe.
Unbelegte Behauptungen reichen, um den Gegner (Russland, Putin) als Schuldigen anzuprangern.

Wie die syrische Stadt Aleppo und ihre Bewohner für Propaganda gegen Russland missbraucht werden

  • Im Donbas entfesselt der „Schlächter von Aleppo“ seine brutale Strategie“. Die Welt, 09.05.2022.
  • „Ukraine-Krieg: Grosny, Aleppo, Butscha: Immer die gleichen Vorwürfe an die russische Kriegsführung“. Stern, 05.04.2022.
  • „Von Aleppo nach Kiew: Das ist der Putin den wir kennen“. Tagesspiegel, 09.03.2022.
  • „Von Aleppo nach Mariupol“. Die Zeit, 04.03.2022. Und weiter: „Wir werden wohl bald Aleppo-ähnliche Bilder aus Mariupol sehen.“

Medien im Krieg

Die Botschaft lautet, dass die russische Armee blutrünstig, brutal und menschenverachtend vorgehe und mit ihrer „barbarischen Kriegsführung“ – wie in Aleppo – keinen Stein auf dem anderen lasse.
Frauen würden in Massen vergewaltigt, Delphine im Schwarzen Meer siechten dahin, Kunst- und Kulturgüter würden zerstört.
Als „Schlächter von Aleppo“ bezeichnen deutsche Medien heute den russischen Präsidenten Wladimir Putin, wie sie zuvor den syrischen Präsidenten Bashar al Assad den „Schlächter von Syrien“ nannten, Muammar al Ghadafi den „Schlächter von Libyen“ und Saddam Hussein den „Schlächter von Bagdad“.

Die Regeln der Propaganda

Die Regeln der Propaganda wurden 1928, vor knapp 100 Jahren, von dem britischen Baron und Politiker Arthur Ponsonby (1871-1946) in dem Buch „Lüge in Kriegszeiten“ analysiert.

Ponsonby, der seine Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg verarbeitete, wird das Zitat zugeschrieben: „Das erste Opfer im Krieg ist die Wahrheit“. Heute ist bekannt, dass die Wahrheit schon vor dem Beginn eines Krieges erlegt wird. Politische Unwahrheiten, Lügen und Täuschungen bilden den Hintergrund, vor dem Kriege entstehen.
Transportiert werden sie von Denkfabriken, Politik und Medien mit Hilfe einer globalisierten westlich dominierten Kommunikationsstruktur.

Meist sind die Lügen bekannt, weil es vor einem Krieg immer mindestens zwei Perspektiven gibt, die eine angespannte politische Situation beschreiben.
Bis zum Irak-Krieg 2003 wurden die verschiedenen Perspektiven zumeist von Journalisten und Korrespondenten noch berichtet, wobei schon damals eine deutliche Differenz zwischen Berichten der westlichen Medien (EU, GB, USA) und arabischen, lateinamerikanischen oder asiatischen Medien (Asia Times, Al Jazeera, Prensa Latina) zu beobachten war.

Lüge in Kriegszeiten

Der Krieg von USA, Großbritannien und einer Koalition der Willigen (auch 4000 Soldaten aus der Ukraine waren dabei) gegen Irak 2003 wurde u.a. mit der vom britischen Geheimdienst MI6 verbreiteten Lüge vorbereitet, Irak verfüge über Massenvernichtungswaffen, die innerhalb von 45 Minuten einsatzbereit seien.

Der damalige US-Außenminister Colin Powell präsentierte im UN-Sicherheitsrat am 5. Februar 2003 angebliche Beweise dafür, dass der Irak fahrbare Chemiewaffenlabore im Einsatz habe.

Nichts wurde gefunden. Der Irak, geschwächt durch mehr als 10 Jahren UN-Sanktionen, wurde politisch, wirtschaftlich und sozial zerstört.
2016 wurde in London der Bericht der Chilcot Untersuchungskommission veröffentlicht, in dem die meisten Lügen der britischen Politik aufgedeckt wurden.

Dem Irak half das nicht. Niemand wurde rehabilitiert, niemand entschädigt. Weder die USA noch Großbritannien entschuldigten sich bei dem Land, das sie völlig destabilisiert hatten.
Stattdessen wurden und werden weitere Kriege und Krisen mit Unwahrheiten, Lügen und Täuschungen vorbereitet und begründet.
Perspektiven, Informationen und Berichte von Medien, die nicht das weltumspannende westliche „Narrativ“ bedienen, sondern es hinterfragen, Hintergründe recherchieren und debattieren und andere Perspektiven einbringen, werden diffamiert, verfolgt und verboten. Die Regeln der Kriegspropaganda funktionieren immer wieder aufs Neue.

Warum Aleppo?

Zur Vorgeschichte gehört, dass in Deutschland über den Krieg in Syrien, Ursachen und Hintergründe, über das Geschehen in Aleppo und über die Akteure einseitig berichtet wurde.
Die Darstellung unterlag übergeordneten Vereinbarungen, die von den USA, Großbritannien, Frankreich, einigen ausgewählten arabischen Golfstaaten, Türkei, Jordanien und Israel – das nie genannt wird – und den so genannten „Freunden Syriens“ bestimmt wurden. Denkfabriken, Medien und Hilfsorganisationen wurden in dieses „Narrativ“ eingebunden. Die UNO und ihre Organisationen agierten unter enormem Druck der westlich geführten „Freunde Syriens“. Friedens- und fortschrittliche Organisationen in Deutschland, Parteien, Gewerkschaften und Kirchen und auch die meisten Journalisten hinterfragten die Darstellung kaum.

Das führte dazu, dass die Interessen der Bundesregierung gegenüber der breiten Öffentlichkeit in Deutschland nicht offengelegt wurden. Die Bundesregierung war – und ist – eingebunden in die Interessen von EU und NATO, die wiederum von den USA bestimmt wurden und werden. Die damals wichtigsten Verbündeten in der Region waren die arabischen Golfstaaten, Israel und die Türkei.

„Der Westen, Golfstaaten und die Türkei“ wollten in Syrien einen gewaltsamen „Regierungswechsel“ (Stichwort: Regime Change) durchsetzen, stellte der US-Militärgeheimdienst DIA im August 2012 in einem internen Bericht fest. Zu dem Zeitpunkt wurden bereits Waffen und Kämpfer aus Libyen über das Mittelmeer in die Türkei transportiert und dort – unter Aufsicht der CIA – an bewaffnete aufständische Gruppen im Norden Syriens verteilt. Je mehr und je besser Waffen, desto mehr Kämpfer meldeten sich .
DIA stellte dazu fest: „A. Im Land nehmen die Ereignisse eine deutliche konfessionelle Richtung. B. Die Salafisten, die Muslim Bruderschaft und Al Qaida im Irak (AQI) sind die führenden Kräfte die den Aufstand in Syrien vorantreiben. C. Der Westen, die Golfstaaten und die Türkei unterstützen die Opposition, während Russland, China und der Iran das Regime unterstützen.“

judicialwatch.org/wp-content/uploads/2015/05/Pg.-291-Pgs.-287-293-JW-v-DOD-and-State-14-812-DOD-Release-2015-04-10-final-version11.pdf

Aleppo – Die Wirtschaftsmetropole

Aleppo kam aufgrund seiner strategischen Lage – der Nähe zur türkischen Grenze bei Azaz – in den Umsturzplänen eine besondere Rolle zu.

Die Stadt galt als Wirtschaftshauptstadt Syriens, hier wurde der Reichtum des Landes erwirtschaftet, die Basis seiner Unabhängigkeit. Gelegen im ehemaligen „Fruchtbaren Halbmond“ und an wichtigen Handelsrouten, die Ost mit West (Seidenstraße) und Nord mit Süd (Gewürzstraße) verbanden, ist Aleppo seit dem 3. Jahrtausend vorchristlicher Zeitrechnung einer der berühmtesten Handelsplätze in der Region.

Im 12. Jahrhundert wurde Aleppo von den Kreuzrittern belagert, im 13. Jahrhundert wurde die Stadt von den Mongolen zerstört und im 15. Jahrhundert von den Osmanen erobert.
Mit dem Fall des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg (1914-1918) wurden die ehemaligen arabischen Provinzen des gefallenen Reiches mit dem britisch-französischen Sykes-Picot-Plan gevierteilt. Syrien und die Stadt Aleppo fielen unter französisches Mandat. Aleppo wurde von seinem arabischen und asiatischen Hinterland abgeschnitten, es mussten neue Handelswege gefunden werden.
Erst 1946 zogen sich die Franzosen zurück, Syrien erlangte die Unabhängigkeit und wurde Mitglied der UNO.

Nach der gewaltsamen Gründung des Staates Israel und der Vertreibung der Palästinenser (1948) folgten Kriege, die Besetzung der Golanhöhen (1967), die traditionellen Handelswege Syriens zum Mittelmeer (Haifa, Beirut und Tripoli) waren ganz oder teilweise versperrt. Doch trotz der schwierigen politischen Entwicklung Syriens und der Region war Aleppo vor dem Krieg 2011 wieder die wichtigste Wirtschaftsmetropole in der Region. Die Weltbank bezeichnete Syrien als die am schnellsten wachsende Wirtschaftsmacht unter den arabischen Staaten und prognostizierte, dass das Land bald auf Rang 5 der arabischen Ökonomien (…) geklettert sein werde.

Gelungen war das durch den Plan, aus Syrien, Türkei, Libanon, Jordanien und Irak eine gemeinsame Wirtschaftszone zu machen. ***) Gemeinsame Infrastrukturprojekte waren geplant, der regionale Handel boomte. Zwischen Syrien und der Türkei wurden neue Grenzübergänge geöffnet, die Visumspflicht wurde aufgehoben. Die Händler von Aleppo hatten Beziehungen in alle Welt, neue Industriebezirke waren in und um die Stadt entstanden. In der Industriestadt Scheich Najjar – etwa zehn Kilometer vom Zentrum der Stadt entfernt – hatten sich mehr als 1900 Firmen angesiedelt, die Tausenden Menschen Arbeit gaben. Aleppo war die wirtschaftliche Hauptstadt Syriens.

Aleppo bleibt ruhig

Während in anderen Landesteilen die Konflikte 2011/ 2012 eskalierten, blieb es in Aleppo ruhig. Die religiöse und ethnische Vielfalt der Stadt, der ausgeprägte Geschäftssinn, die Ablehnung einer „Revolution“ spiegelten sich in der politischen Zurückhaltung der Aleppiner.

Doch in den nordöstlichen Randgebieten der Stadt, die durch Landflucht und Bevölkerungswachstum unübersichtlich geworden waren, fassten bewaffnete Kämpfer – die aus der Türkei gekommen waren – Fuß und sagten der säkularen Gesellschaft im Zentrum von Aleppo den Kampf an. Im August 2012 erreichten sie den Ostteil der Altstadt im Herzen von Aleppo. Die Bewohner der alten Viertel flohen.
Ein Augenzeuge ist der Fotograf und Filmemacher Issa Toumeh, der im Viertel Al Jdeideh lebt. Er beobachtete und filmte den Beginn des Krieges von seinem Fenster neun Tage lang.
In seinem Kurzfilm „Neun Tage – Von meinem Fenster in Aleppo“ (9 Days – From My Window in Aleppo) zeigt er, wie Bewaffnete in der Straße vor seinem Haus Position beziehen.

Aleppo – Die Zerstörung

Geschäftsleute, die sich den Kämpfern entgegenstellten, um ihre Geschäfte in der Altstadt zu schützen, wurden bedroht und zogen sich vor der Waffengewalt zurück. Andere versuchten die Kämpfer mit Geld zu besänftigen und dazu zu bringen, ihre Fabriken, Lager oder Häuser nicht anzugreifen.
Die Kämpfer nahmen das Geld und griffen weiter an. Sie plünderten Fabriken und die Fuhrparks von Industrieunternehmen, dem syrischen Roten Halbmond und von ICARDA (International Center for Agricultural Research in the Dry Areas), dem Internationalen Zentrum für Agrarforschung in Trockengebieten.

Die Industriestadt Sheikh Najjar und nahezu alle Industriezentren in den Randbezirken von Aleppo wurden im September, Oktober 2012 gestürmt, geplündert und besetzt oder zerstört.
Aus den Fabriken in Sheikh Najjar wurden Maschinen, Computer, Fuhrparks gestohlen und vor aller Augen über die nahegelegene Grenze in die Türkei abtransportiert.

Im Dezember 2012 folgte die Belagerung des Al Kindi Hospitals, der größten und modernsten Klinik für Krebserkrankungen in der Region mit 700 Betten. Auf einem Hügel gelegen, war es für den militärischen Sturm auf Aleppo ein wichtiger Stützpunkt, den die Kämpfer einnehmen wollten.
Patienten und Personal konnten evakuiert werden, die syrische Armee versuchte die Klinik zu verteidigen. Im Dezember 2013 lenkten zwei Selbstmordattentäter je einen Lastwagen, beladen mit jeweils 40 Tonnen Sprengstoff, in den Eingangsbereich der Klinik und sprengten sich in die Luft. Das Gebäude brach in einer riesigen Staubwolke zusammen.

Aleppo – Das syrische Benghasi

Unterstützt wurden die Kämpfer bei ihrem Sturm auf Aleppo von den „Freunden Syriens“. Der Plan war, aus Aleppo ein „syrisches Benghasi“ zu machen.
Das Vorbild war Libyen, wo die Hafenstadt Benghasi die Basis für die bewaffnete Opposition geworden war. Eine Flugverbotszone sollte angeblich Luftangriffe der libyschen Armee verhindern.
Tatsächlich schützte sie die Anlieferung von Waffen, die mit Schiffen zu den Kämpfern in Benghasi gebracht wurden.

In Syrien sollte Aleppo die Basis für die syrische bewaffnete Opposition werden. Eine Exilregierung sollte etabliert werden. Im Umland von Aleppo sollten „Schutzzonen“ errichtet werden, in denen die Kämpfer sich sammeln und zu einer „Freien / Neuen Syrischen Armee“ ausgebildet werden sollten.
Dann sollten sie in Richtung Damaskus marschieren, das vom Süden (Deraa, Yarmouk), vom Westen (Zabadani, Maraya) und vom Osten (Deir Ez-Zor, Palmyra, Ghouta, Douma) umzingelt werden sollte.
Ziel war der Sturz der Regierung, „Regime Change“.

Aleppo eignete sich als Basis für den Plan, weil aus der nahegelegenen Türkei Kämpfer und Waffen leicht über die Grenze gebracht werden konnten. Die Waffen waren seit 2011 aus Katar und Saudi-Arabien auf dem Luftweg nach Amman und Ankara und von dort jeweils zur syrischen Grenze transportiert worden, wie der damalige Ministerpräsident Katars, Scheich Hamad bin Jassim bin Jabar al Thani in einem Interview mit dem Katarischen Fernsehen 2017 erklärte.
Das Vorgehen sei mit den USA und der Türkei abgesprochen gewesen. Für die militärische Koordination der Angriffe in Syrien habe es zwei international besetzte „Operationsräume“ gegeben, einen in Jordanien und einen in der Türkei.

Aleppo – Die Belagerung

Es folgten vier schreckliche Jahre (2012 -2016) für die Bewohner von Aleppo. Die Front verlief durch die Altstadt und um die Stadt herum. West-Aleppo – wohin viele Menschen aus dem Osten der Stadt und dem Umland geflohen waren – war teilweise komplett von den bewaffneten Gruppen eingeschlossen. An deren Spitze stand die Nusra Front (Al Qaida).
Allein im Sommer 2015 blockierten bewaffnete Gruppen nach Angaben von UNICEF mehr als 40 Mal die Wasserversorgung für Aleppo Stadt, wo damals rund 1,5 Millionen Menschen lebten.
Die Wasseraufbereitungsanlage Al Khafseh am Euphrat, wurde von Kämpfern des Islamischen Staates besetzt und geschlossen, wodurch 2 Millionen Menschen in Aleppo und Umland ohne Wasserversorgung waren. Ein Luftangriff auf Al Khafseh – für den Syrien die US-Streitkräfte und die Opposition russische Kampfjets verantwortlich machten – richtete ebenfalls Zerstörung an.*)

Die Belagerung endete erst im Juli 2016, als die syrische Armee mit Unterstützung des Irans, der Hisbollah und der russischen Luftwaffe, die letzte Versorgungslinie für die Kampfgruppen in Aleppo unterbrach.
Es folgte eine massive Angriffswelle der „Armee der Eroberung“, die von der Nusra Front geführt von Idlib herkommend einen Sturm auf Ramousseh, im Süden von Aleppo startete und dabei Selbstmordkommandos mit Sprengstoffbeladenen Panzerwagen gegen Stellungen der syrischen Armee einsetzte. Doch der Angriff scheiterte, die Zahl der Opfer auf beiden Seiten war hoch.

Im Dezember 2016 war Aleppo wieder unter syrischer Kontrolle. Die bewaffneten Kämpfer und „Oppositionellen“ wurden unter internationaler Kontrolle nach Idlib evakuiert. Unter ihnen waren mindestens 14 ausländische Militärs und Geheimdienstoffiziere, wie ein syrischer Parlamentsabgeordneter mitteilte. Sie kamen aus der Türkei (1), USA (1), Israel (1), Katar (1), Saudi-Arabien (8), Jordanien (1) und Marokko (1).

Andere Geheimdienstquellen sprechen von weit mehr ausländischen Offizieren, die von syrischen Spezialkräften identifiziert worden seien: 22 Amerikaner, 16 Briten, 21 Franzosen, 7 Israelis, 62 Türken.

Im UN-Sicherheitsrat wurde hinter verschlossenen Türen heftig darüber verhandelt, wie mit diesen ausländischen Militärs – darunter Bürger der drei westlichen Veto-Mächte USA, Großbritannien und Frankreich – umgegangen werden sollte. Sie wurden schließlich im Rahmen der großen Evakuierung von 25.000 bewaffneten Kämpfern und deren Angehörigen unbehelligt in Bussen abtransportiert.

Nach Einschätzung von US-Geheimdienstveteranen (Veterans Today) sei der Abzug der mehr als 100 ausländischen Militärs und Geheimdienstoffiziere Teil des Waffenstillstands- und Evakuierungsplans gewesen. Russland und Syrien hätten weitere Kämpfe, Tote und Zerstörungen verhindern wollen und waren vor allem daran interessiert, die Kämpfer aus Aleppo zu entfernen.
Russland habe auf einen sofortigen umfassenden Waffenstillstand gedrängt und wollte – in Absprache mit der Türkei und Iran – die politischen Gespräche aller Parteien in Astana beginnen.
Die westlichen Veto-Mächte wiederum wollten „ihre Leute“ sichern und stimmten dem Abzug der Kampfverbände nur zu, wenn auch „ihre Leute“ abziehen könnten. Alle Seiten schwiegen über den Deal.

Was hat Aleppo mit dem Krieg in der Ukraine zu tun?

Warum also ziehen Politik und Medien im Westen eine Parallele zwischen dem Syrienkrieg und der Ukraine? Was hat Aleppo mit Kiew oder Mariupol zu tun?

Das Sprichwort „Haltet den Dieb“ eignet sich vielleicht am ehesten als Erklärung. Wie ein ertappter Dieb versucht der Westen mit großem Geschrei auf allen Kanälen und rund um die Uhr, Russland zu beschuldigen, um von der eigenen Verantwortung für die Zerstörung von Aleppo abzulenken.

Die Botschaft lautet, dass die russische Armee blutrünstig, brutal und menschenverachtend vorgehe und mit ihrer „barbarischen Kriegsführung“ – wie in Aleppo – keinen Stein auf dem anderen lasse.
Doch wie beschrieben war das Geschehen in Aleppo anders. Die lauten Anschuldigungen sollen davon ablenken.

Die große Zerstörung von Aleppo fand zwischen 2012 und 2016 statt. Es war ein erbitterter Straßenkampf. Die Akteure waren auf der einen Seite die von den „Freunden Syriens“ ausgerüsteten Kampfverbände, die das syrische „Regime stürzen“ sollten und in westlichen Meiden als „Opposition“ dargestellt wurden. Sie hatten den Krieg nach Aleppo gebracht.
Die Akteure auf der anderen Seite waren die syrische Armee, die versuchte mehr als 1,5 Millionen Menschen zu schützen und die Stadt zu verteidigen. Unterstützt wurde die syrische Armee in dieser Zeit von der libanesischen Hisbollah und von iranischen Milizen und Beratern.

Russland war militärisch in der Zeit gar nicht in Aleppo aktiv. Die einzige militärische Aktivität Russlands geschah sehr effizient, professionell und abseits von Schlagzeilen in den Jahren 2013 und 2014, als die russische Militärpolizei die Chemiewaffenbestände Syriens mitten im Krieg sicherte und nach Latakia transportierte. Dort wurden sie von westlichen Spezialschiffen, auch aus den USA, an Bord genommen und vernichtet.

Erst Ende September 2015 griff Russland auf Bitten Syriens und auf Bitten des iranischen Generals Qasim Sulimani ein. Ziel war, die bewaffneten Kampfverbände von Dschihadisten und Al Qaida, die von der Türkei zu Tausenden nach Syrien strömten und sich auf den Sturm auf Aleppo vorbereiteten, zurückschlagen zu können.
Russland bildete eine militärische Koordinationsstelle mit Syrien, Hisbollah, Iran und Irak. Den USA bot Russland an, zur Vermeidung direkter Konfrontation eine „militärische Hotline“ einzurichten, um sich jeweils bei Luftangriffen zu informieren. Die USA stimmten zu.

Russlands Luftwaffe und Langstreckenraketen zerstörten in wenigen Wochen die Versorgungswege der Dschihadisten, Waffenlager, Routen und Konvois, über die das geplünderte syrische Öl von den Ölfeldern im Osten des Landes (Hasakeh und Deir Ez-Zor) nach Idlib und in die Türkei abtransportiert wurde.

Der ehemalige US-Marine (Vietnamkrieg) und spätere Senator Colonel Richard Black (78) war in Aleppo und hat die Folgen des Straßenkampfes dort und die enorme Zerstörung gesehen.
Der Straßenkampf in Aleppo sei von 2012 – 2016 „eine ziemlich syrische Angelegenheit“ gewesen, so Black. Sehr brutal, mit großen Verlusten.
„Sie kämpften vier Jahre lang, bevor Russland überhaupt in den Kampf eingriff.“ Dabei sei Russland „extrem zurückhaltend“ gewesen, „sich in den Kampf in Syrien einzumischen“, so Black in einem Interview im April 2022.

Russland habe nur sehr kleine Einheiten von Soldaten entsandt, wenig Artillerie, einige Sondereinsatzkräfte und Berater. „Andererseits waren sie eine bedeutende und sehr effektive Luftwaffe, die die syrische Luftwaffe ergänzt“ habe. Das sei jedoch nur im letzten Jahr des Krieges gewesen, als „die Syrer die terroristischen Kräfte schon ziemlich geschwächt“ hätten.
Die russische Unterstützung habe geholfen „das Gleichgewicht zu wahren“, so Black. Aleppo sei der „große Sieg“ im Syrienkrieg gewesen. „Die Russen für die massive Zerstörung in Aleppo verantwortlich zu machen ist unsinnig: weil sie gar nicht da waren“, so Black. „Sie waren nicht da, als es passierte.“

Fazit

Wer Aleppo kontrolliert, kontrolliert Syrien, heißt es. Der Krieg wurde nach Aleppo gebracht, weil man wollte Syrien kontrollieren wollte. Syrien hatte keine Wahl, als sich zu verteidigen.
Vier Jahre lang wurde in und um Aleppo gekämpft, dann hatten die „Freunde Syriens“ und ihre Kämpfer verloren. Der komplette Plan von Infiltration und Täuschung lag im Dezember 2016 offen auf dem Tisch.

Die russische Diplomatin Maria Khodynskaya-Golenishheva beschreibt in ihrem BuchAleppo – Krieg und Diplomatieden diplomatischen Kampf, der auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Formaten um die Stadt geführt wurde.

Als Vertreterin Russlands und Co-Vorsitzende nahm sie an der Seite des damaligen UN-Sonderbeauftragten Staffan de Mistura an allen Treffen teil. Sie berichtet über die Gespräche, die zu der Vereinbarung zwischen Russland und der Türkei führten. Sie beschreibt, warum die russisch-US-amerikanischen Beratungen immer wieder scheiterten. Sie hebt die Interessen der so genannten „kleinen Gruppe“ interessierter Staaten hervor – Russland, USA, Iran, Katar, Saudi Arabien und Türkei – über die die Öffentlichkeit in Deutschland kaum etwas erfuhr. **)
Und sie schreibt darüber, wie seitens der UNO in den letzten Wochen und Monaten des Jahres 2016 immer wieder Raum für die bewaffneten Gruppen in Ost-Aleppo und ihre Interessen geschaffen wurde, während die syrische Armee, Russland und ihre Verbündeten blockiert wurden im Kampf gegen die – nicht nur aus syrischer Sicht – terroristischen Gruppen.
Der immer wiederkehrende Vorwand war die Wahrung von Menschenrechten und die humanitäre Versorgung.

Die Befreiung von Aleppo, so ihr Fazit, sei ein Beispiel dafür, wie sich internationale und regionale Diplomatie und Außenpolitik im Zuge der Entstehung einer neuen, multipolaren Weltordnung verändere.
Neue Bündnisse und Interaktionen könnten entstehen.

Russland brachte Iran und die Türkei mit Syrien und den bewaffneten Gruppen im „Astana-Format“ an einen Tisch. Es wurden Waffenstillstandszonen vereinbart, die Kämpfer mussten die Waffen niederlegen.
Syrien erklärte im Gegenzug eine Amnestie, die Voraussetzungen für einen innersyrischen Versöhnungsprozess wurden geschaffen.

Aleppo konnte gerettet werden, im größten Teil Syriens schweigen heute die Waffen. Den etwa 2 Millionen Menschen in der Stadt und im Umland blieb die Zerstörung. Kein Strom, wenig Wasser, die Jugend ist geflohen, Fachkräfte sind abgewandert.
Der Wirtschaftskrieg von EU und USA gegen Syrien und seine Verbündeten, die Sanktionen und das US-Caesar-Gesetz, verhindern bis heute den Wiederaufbau im ganzen Land und kurbeln Inflation und Wirtschaftskrise an.

Der westliche Propagandakrieg, der den Konflikt um Aleppo und den Syrienkrieg von Anfang an begleitete, geht weiter. In Syrien konzentriert er sich auf die Provinz Idlib und humanitäre Hilfslieferungen, die politisch der Nusra Front – heute Hayat Tahrir al Scham – nutzen, die das Gebiet kontrolliert.
Heute ist die Propaganda eingebettet in hybride Kriegsführung und zielt auf die gegnerischen Staaten ebenso, wie auf die Köpfe der eigenen Bevölkerung.
Im Rahmen des Ukrainekonflikts ist Russland das aktuelle Ziel des US-geführten Blocks von NATO und EU.
Das nächste Ziel wurde schon ins Visier genommen: China.

*: In deutschen Leim-Medien wurde darüber fast nichts berichtet. dazu z.B.https://josopon.wordpress.com/2018/03/11/usa-planen-teilung-syriens-und-beeinflussung-des-russischen-wahlkampfs-interwiew-mit-karin-leukefeld/.
**:Siehe https://josopon.wordpress.com/2018/03/11/usa-planen-teilung-syriens-und-beeinflussung-des-russischen-wahlkampfs-interwiew-mit-karin-leukefeld/

Und:
https://josopon.wordpress.com/2022/04/25/wenn-aus-journalismus-propaganda-wird-von-karin-leukefeld-akkreditierte-korrespondentin-fur-syrien/
https://josopon.wordpress.com/2018/04/26/kleine-syriengruppe-russland-soll-assad-regime-so-ausliefern-wie-wir-es-erwarten-der-terror-des-us-imperiums-soll-durchgesetzt-werden/
https://josopon.wordpress.com/2017/01/18/waffen-fur-dschihadisten-aus-den-usa-in-aleppo-gefunden/

***: Dies zu verhinern war ein wesentlicher Grund für die NATO-Bestrebungen eines regime change.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Jochen