Bundesregierung: Von den Taliban zerlegt

Von mir wurde Ulrich Horn bisher selten zitiert, aber hier sehr passend auf alle:
http://post-von-horn.de/2021/08/19/bundesregierung-von-den-taliban-zerlegt/

Auszüge:

Die Taliban waren tüchtig. Ruck zuck scheuchten sie den afghanischen Regierungschef ins Exil, führten die NATO vor und legten die Schwäche der westlichen Demokratien offen. Nebenbei sorgten sie auch dafür, dass sich die Bundesregierung zerlegte. Vor aller Welt wurde deutlich:

Deutschland, die viertgrößte Wirtschaftsnation der Welt, wird nicht von tatkräftigen Politikern regiert, sondern lediglich von engstirnigen Bürokraten verwaltet.

Alles für die Katz

Das Tempo der Taliban brachte das Bundeskabinett ins Schleuderns. Wie sollten seine Mitglieder sich auch vorstellen, dass die Taliban keine Rücksicht auf die deutschen Sommerferien nehmen, auf die hiesige Kultur der politischen Gemütlichkeit und auf jene Prozeduren, mit denen Deutschland sein Zuwanderungsrecht realitätsfern und bedarfsfremd verziert hat?
Zwei Jahrzehnte lang taten deutsche Minister und Abgeordnete beim Thema Afghanistan das, was sie viel zu oft tun: Sie pfuschten herum. Es reisten in dieser Zeit zwar viele Politiker mit Medienbegleitung nach Afghanistan. Doch wer Gesetze schafft, die hierzulande Innovationen und Investitionen behindern, Modernisierung erschweren und Stagnation begünstigen: Wie sollte der auf die Idee kommen, in regelmäßigen Abständen sorgsam zu prüfen, ob der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan seinen Zweck erfüllt?
Es überrascht also nicht, dass sich von heute auf morgen zeigte: Menschenleben und Milliarden – alles war für die Katz. Wenn Minister derzeit von einer Fehleinschätzung sprechen, reden sie in Wirklichkeit von ihrer Naivität und Dummheit. Dass sie afghanische Helfer und ihre Familien zu retten versäumten und sie den Taliban auslieferten, vor denen die Bundeswehr floh, ist moralisch verwerflich und politisch töricht.

Zum Dilettanten erklärt

Wäre die Bundestagswahl nicht nahe und stünden danach nicht Koalitionsgespräche an, wären die Rufe nach Rücktritt lauter. Schlafmützen haben im Bundestag und im Kabinett nichts zu suchen. Den Kandidaten, die den Bundestag demnächst womöglich um ein Drittel vergrößern, sollte klar sein, dass sie nicht gewählt werden, um ihre Altersversorgung zu sichern. Die Bürger erwarten von jedem einzelnen Abgeordneten Leistung und Erfolge.
Wer aus dem Kreis der Afghanistan-Versager des Kabinetts erneut ein Mandat anstrebt, sollte seine Kandidatur überdenken. Was bisher über die Vorgänge im Fall Afghanistan bekannt ist, rückt vor allem Außenminister Maas in schlechtes Licht. Die Botschaft in Kabul warnte ihn schon vor Wochen vor Gefahren. Der Minister reagierte nicht. Maas bezeichnet sein Versagen als „Fehleinschätzung“, der alle am Afghanistan-Einsatz Beteiligten erlegen seien.
Er verteilt die Verantwortung weit, um seinen Anteil an ihr zu minimieren. Im nächsten Kabinett sollte er keinen Platz mehr finden. Man mag auf den türkischen Präsidenten Erdogan nicht viel geben. Doch sein Urteil über Maas bestätigt sich derzeit. Erdogan hält Maas für einen Dilettanten und sprach dieses Urteil 2019 öffentlich aus: „Wenn du etwas von Politik verstehen würdest, würdest du nicht so sprechen.“ Erdogan sagte, was damals manche dachten und heute viele meinen.

Auf die Füße treten

Als die Bundeswehr vor Wochen ihre Zelte am Hindukusch abbrach und sich Richtung Deutschland verdrückte, hätte sie die vielen afghanischen Helfer und deren Familien mitnehmen müssen. Es wäre vergleichsweise leicht gewesen, sie im ganzen Land einzusammeln, sie nach Kabul zu bringen und von dort auszufliegen. Dass Maas ein solches Angebot ausschlug, zeigt: Dem Mann fehlen Weitsicht, Tatkraft und Entscheidungswillen.
Mit diesen Defiziten steht er im Kabinett nicht allein. Innenminister Seehofer und Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer hätten ihm und der Kanzlerin auf die Füße treten müssen. Auch Merkel steht dumm da. Hat ihr Kanzleramt die Probleme nicht kommen sehen? Hätte es die Probleme nicht kommen sehen müssen? Hätte es den Ministern nicht Beine machen müssen?
Mit der Pandemie wuchs die Distanz zu den Politikern. Sie sollen ihr Tun und Lassen begründen, verlangen die Bürger. Politikern fällt es zunehmend schwer, ihre Fehler zu beschönigen. Journalisten, die sich als Parteigänger verstehen und ihnen helfen, bringen sich und ihre Medien in Verruf.

Politisch irrelevant geworden

Seit jeher versuchen Politiker, die Medien zu manipulieren, um sich ins Licht zu setzen, dank willfähriger Journalisten oft mit beachtlichem Erfolg. Ein solches Vorgehen wird inzwischen allerdings selbst zum Thema von Berichterstattung. Sie beschädigt das Ansehen, wie Gesundheitsminister Spahn mehrfach zu spüren bekam.
Maas ist nicht der einzige Politiker, der einer Fehleinschätzung zum Opfer fiel. Spahn verharmloste im Frühjahr 2020 die Pandemie. Scheuer hielt seine Mautpläne für rechtmäßig. Seehofer glaubte, er könne der AfD das Wasser abgraben, wenn er sie kopiere. Söder wollte Merkel stürzen, um die CSU zu stärken. Schäuble glaubte, Merz ließe sich als CDU-Chef und Kanzlerkandidat etablieren. Merz glaubte, er wäre in der CDU mehrheitsfähig.
Sie alle lagen falsch. Sie wurden von der Realität überrollt. Spahn, Seehofer, Söder, Schäuble und Merz korrigierten sich klug. Besonders flexibel zeigte sich Schäuble. Er setzte gegen Söder Laschet als Kanzlerkandidaten durch, obwohl er ihn als CDU-Vorsitzenden hatte verhindern wollen. Das Gegenbild zu Schäuble bietet Scheuer. Er beharrt darauf, aus Fehlern nicht zu lernen. Die Folge: Er ist politisch irrelevant geworden.

Eine neue Erfahrung für die Wähler

Zu reden ist auch über Politiker, die sich dumm stellen, ein Indiz dafür, dass sie die Bürger für dumm verkaufen wollen. Finanzminister Scholz prahlt mit seiner Regierungserfahrung und will mit ihr im Wahlkampf punkten. Dabei hat er bei der Aufsicht über die Finanzaufsichtsbehörde Bafin versagt, die den Wirecard-Betrugsskandal geschehen ließ, bei dem auch viele Kleinaktionäre Geld verloren.
Scholz weigerte sich auch, die verfassungswidrig hohen Zinsen auf Steuernachforderungen zu senken. Die Justiz musste ihn zwingen, sich an die Verfassung zu halten. Als seine Verwicklung in den Cum-Ex-Betrugsskandal untersucht wurde, berief er sich oft auf Erinnerungslücken. Dass jemand Bundeskanzler werden will, der für sich politische Demenz reklamiert, ist eine neue Erfahrung für die Wähler in Deutschland.
Auf dem Höhepunkt der Pandemie reklamierte SPD-Finanzminister Scholz für sich, er habe für genügend Impfstoff gesorgt. Zuvor hatte er CDU-Gesundheitsminister Spahn mit einem Fragenkatalog traktiert, der Auskunft darüber verlangte, warum es beim Start der Impfkampagne Probleme gab. Heute stellt sich die Frage, was Scholz unternahm, um seinen Parteifreund Maas zu bewegen, sich um rechtzeitig um die afghanischen Helfer und ihre Familien zu kümmern, die in der Gefahr stehen, am Hindukusch nicht nur ihre Sicherheit, sondern auch ihr Leben zu verlieren.

Zum Nadelöhr verkümmert

Die Pandemie schärfte den Blick dafür, dass solide Arbeit nicht zu den Stärken aller Politiker zählt. Das Verhalten des Kabinetts in der Afghanistan-Frage und das der Ministerpräsidenten in der Pandemie sind nur die jüngsten Belege politischen Unvermögens. Wohin die Bürger auch schauen, können sie Defizite entdecken, die durch politische Entscheidungen und Versäumnisse entstanden sind und das Leben der Bürger unnötig erschweren.
Der Ausbau der digitalen Infrastruktur hinkt weit hinter dem der Nachbarstaaten her. Auf diesem Gebiet erinnert Deutschland eher an ein Schwellenland als an eine führende Industrienation. Nach wie vor können viele kleine Leistungen der Verwaltung nicht über das Internet erledigen werden, wie das in Nachbarländern schon lange der Fall ist.
Politiker haben als Anlaufstelle zur Bürokratie Bürgerbüros geschaffen. Sie sollen den Zugang der Bürger zur Verwaltung erleichtern. Diesen Zweck haben sie weitgehend verfehlt. Sie sind zum Nadelöhr verkümmert, vor dem sich die Bürger in langen Schlangen stauen, nur um einen Gesprächstermin in ferner Zukunft zu ergattern, wie die Rheinische Post berichtet.

Technisch schlecht ausgestattet

Seit Jahrzehnten erweist sich der Flickenteppich des deutschen Schulsystems als kinder-, eltern- und familienfeindlich. Die Differenzen zwischen den Bundesländern belasten Kinder und Eltern immer noch. Mehrfacher Wohnortwechsel mit Kindern kann für Familien in Deutschland zum Alptraum werden. Alleinerziehende haben es immer noch schwer, berufstätig zu sein, weil Betreuungsplätze fehlen.
Spätestens seit der Pandemie ist den meisten Eltern schulpflichtiger Kinder klar, dass viele Schulen sanierungsbedürftig, technisch schlecht ausgestattet und auch auf den Klimawandel nicht hinreichend ausgerichtet sind.
Bei der Zuwanderung 2015/16 stellte sich heraus, dass Behörden technisch nicht in der Lage waren, die Zuwanderer sachgerecht zu registrieren. Bei der Pandemie zeigte sich, dass viele Gesundheitsämter nicht kooperationsfähig sind, ein Defizit, das den Kampf gegen die Pandemie behindert.

Die Bürger auf Distanz halten

Ist den Politikern klar, dass sich die Bürger fragen, was in Politikerköpfen wohl vor sich geht? Wer versteht schon, dass sich Abgeordnete über Jahre Zeit lassen, um unübersehbare Defizite zu beheben? Es scheint, als legten es Politiker darauf an, die Bürger auf Distanz zu halten. Oft genug sehen sie sich als Störfaktoren behandelt.
Politiker reden wie Ministerialbeamte im Bürokraten- und Juristenjargon, dessen Botschaften sich vielen Bürgern nicht erschließt. Die Politik der Republik leidet an bürokratischer Sklerose. Sie zeigt sich bei jedem Bauprojekt, vom Windrad in Bayern bis zum Berliner Flughafen.
Viele Gesetze und Verordnungen entsprechen eher den Bedürfnissen der öffentlich Bediensteten als denen der Bürger, die außerhalb der Amtsstuben ihr Dasein fristen. Abgeordnete geben in ihren Wahlkreisbüros Audienzen, statt die Bürger aufzusuchen.

Geschäftsgespräche über Menschenleben

Ändern lässt sich dieses Gebaren, wenn die Bürger den Abgeordneten auf die Pelle rücken. Manches Defizit in den Schulen wären sicher rasch behoben, wenn Eltern, Großeltern, Schüler und Lehrer vor die Wahlkreisbüros und die Landtage gezogen wären. Dass Musk beim Bau der Tesla-Fabrik in Grünheide aufs Tempo drückt, lässt die ganze Republik erbeben.
Nicht alles Unstimmige lässt sich auf diese Weise regeln. Außenminister Maas spricht davon, es würden nun Verhandlungen mit den Taliban geführt, um zurückgelassene Helfer zu retten. Maas beschönigt den Vorgang.
Sein Versäumnis zwingt Deutschland, mit den Taliban Geschäftsgespräche führen. Es wird darum gehen, den Taliban möglichst viele Menschenleben, die Maas leichtfertig aufs Spiel setzte, gegen harte Euro abzukaufen. – Ulrich Horn

Horn bestätigt voll und ganz meine letzte Einschätzung hier:

https://josopon.wordpress.com/2021/08/18/versager-auf-der-ganzen-linie-unsere-regierung-beim-problem-afghanistan-a-muller/

Kreuzritter und Heuchler im virtuellen Kampf gegen das „Regime Putin“ – und ein Online-Spendenaufruf für die Verteidigung des internationalen Oppositionellen Julian Assange

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

In den NachDenkSeiten ein Standpunkt gegen die seit Jahrzehnten eingeträufelte Atlantiker-Propaganda:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=64090
Meine Bemerkungen zum Fall Navalny: Dieser „große Oppositionelle“ hat zur Klärung politischer Vorgänge bei weitem weniger beigetragen als Julian Assange. Siehe auch „Große Gefühle für Nawalny – eisige Kälte für Assange“ https://www.nachdenkseiten.de/?p=64036
Wo bleibt der Dauerprotest gegen die britische und die US-Regierung, nachdem dieser seit JAhren der Bespitzelunbg, öffentlichen Verleumdung und Isolationsfolter ausgesetzt wird ? Siehe die Online-Petition weiter unten.

Noch ein Wort zum Fall Navalny: Eine Intoxikation mit Cholinesterasehemmern mag ja von den Sysmptomen her nahe liegen. Problem ist, die werden im Körper schnell abgebaut und sind im Blut nicht mehr nachzuweisen.
Aber auch die heute gegen Alzheimerdemenz verordneten Medikamente gehören zu dieser Stoffgruppe und sind als solche in Apotheken erhältlich.
Und das Wichtigste: Es gibt Leute, die versuchen, genau diese Medikamente zur Leistungssteigerung des Gehirns („Gehirn-Doping“) einzusetzen. Vielleicht hat auch Navalny nal davon probiert.

Recherchen aus der persönlichen Umgebung von Navalny fehlen bisher. Dazu https://www.heise.de/tp/features/Nawalny-Russische-Aerzte-widersprechen-der-Charite-4877851.html

Hier zunächst auszugsweise Ulrich Heyden aus Moskau für die NachDenkSeiten:

Der Spiegel Online veröffentlichte gestern ein großes Video-Interview mit dem Grünen-Politiker Jürgen Trittin.
Der behauptete, Putin habe „die Kontrolle über Russland“ verloren. Er habe sein „Versprechen gebrochen, Russland Stabilität zu bringen“.

Der Beweis: Der Oppositionsführer Aleksej Navalny sei vergiftet worden. Spuren für eine Vergiftung konnten die Ärzte im sibirischen Omsk zwar nicht finden. Und auch die Ärzte der Berliner Charité vermuten bisher nur eine Vergiftung und können keine exakten Angaben machen, geschweige denn, den Tatablauf erklären.
Doch eine Vermutung deutscher Ärzte reicht deutschen Politikern allemal, um scharfe Maßnahmen gegen das „Regime Putin“ zu fordern.

„Linke“ als Kronzeugen

Wenn Linke, oder solche, die mal Linke waren, für „deutsche Interessen“ im Ausland eintreten, bekommen sie bei den deutschen Medien eine große Bühne.
Warum: Linke gelten im pazifistischen Teil der deutschen Bevölkerung als glaubwürdig, glaubwürdiger zumindest als CDU-Politiker.
Man erinnert sich, wie Joseph Fischer 1999 den Einsatz der Bundeswehr in Jugoslawien mit „Auschwitz“ rechtfertigte.

Leider sind diese Linken, oder solche, die mal links waren, zu eitel, um sich selbst zu sagen: Halt, bei diesem Spiel mache ich nicht mit!

Russland verschont Deutschland mit Kritik

Auffällig ist, dass Ausfälle gegen das „Regime Putin“ immer nur aus Deutschland kommen. Es ist in den letzten 30 Jahren kein einziger Fall bekannt, dass ein bekannter russischer Politiker über das „Regime Kohl“ oder das „Regime Merkel“ hergezogen ist, auch nicht, als Deutschland in Jugoslawien Krieg führte.
Moskau beschränkte sich in seiner Kritik immer auf Washington. Deutschland blieb verschont.

Man könnte sagen, deutsche Politiker sind undankbar. Fest steht zumindest, dass deutsche Politiker, was Russland betrifft, ziemlich eingebildet und selbstbezogen sind.
Den vorsichtigen Stil der russischen Politik gegenüber Deutschland deuten sie offenbar als Schwäche, um sich in der Position des Lehrmeisters zu gefallen, anstatt gemeinsam mit Russland das Fundament für eine friedliche Zukunft zu bauen und auf überzogene Kritiken zu verzichten.

„Angela Merkel hat die Kontrolle über Deutschland verloren“

Man stelle sich vor, ein bekannter russischer Politiker würde in einem großen russischen Medium erklären, Angela Merkel habe „die Kontrolle über Deutschland verloren“.
In der KSK und in der Bundeswehr gäbe es rechtsradikale Zellen und in der Stadt Hanau habe ein Rechtsradikaler ein Massaker an Migranten verübt.

Der russische Politiker könnte sich mit so einer Erklärung nicht auf Mutmaßungen stützen, sondern auf Fakten, die selbst von der deutschen Verteidigungsministerin und dem deutschen Innenminister eingestanden werden.

Undenkbar: Deutsche Politiker fordern Maßnahmen gegen korrupte Ukrainer

Jürgen Trittin fordert, die Konten von „korrupten Politikern“, wie dem ehemaligen russischen Präsidenten, „in Deutschland einzufrieren“. Das wäre eine „würdige Unterstützung“.
Gut gebrüllt, Löwe. Aber warum brüllst du nicht, wenn es um die Ukraine geht?

Man stelle sich vor, deutsche Politiker würden die Beschlagnahmung der in Offshore-Zonen versteckten Gelder des ehemaligen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko fordern.
2016 wurde bekannt, dass der ukrainische Präsident geheime Konten in Offshore-Firmen unterhält, um sein Einkommen vor der ukrainischen Steuerbehörde zu verstecken.

Gründe für Maßnahmen gegen Poroschenko gäbe es allemal. Unter dem ehemalige Präsidenten der Ukraine wurden kritische Journalisten als „von Russland gesteuert“ verfolgt und zur Flucht ins Ausland gezwungen .Poroschenko ist mitschuldig am Tod von 13.000 Menschen. Denn während seiner Amtszeit führten die ukrainische Armee und rechtsradikale Freiwilligen-Bataillone einen grausamen Krieg gegen den abtrünnigen Donbass. *)

Man stelle sich vor, Jürgen Trittin, Norbert Röttgen, der Spiegel und die taz würden Aufklärung über die zahlreichen Fälle der Verfolgung von Andersdenkenden in der Ukraine fordern, sie würden sich öffentlich mit dem ukrainischen Journalisten Ruslan Kotsaba solidarisieren, der wegen einem Aufruf zur Kriegsdienstverweigerung vom Februar 2015 bis zum Juni 2016 sechzehn Monate in einem ukrainischen Gefängnis saß und in Kiew von ukrainischen Nationalisten schon mehrmals tätlich angegriffen wurde.

Man stelle sich vor, die großen deutschen Medien hätten darüber berichtet, als ukrainische Nationalisten den ukrainischen Fernsehkanal „112“ im Juni 2019 mit Granaten beschossen, weil der Fernseh-Kanal einen kritischen Film des US-Regisseurs Oliver Stone über den Staatsstreich in der Ukraine ausstrahlen wollte.

Man stelle sich vor, deutsche Politiker hätten protestiert, als ukrainische Nationalisten 2016 den ukrainischen Fernsehkanal „Inter“ wegen angeblicher „prorussischer Positionen“ in Brand steckten.

Die Ukraine ist so etwas wie ein „befreites Gebiet“

Auf Solidarität deutscher Politiker mit den Andersdenkenden und den eingesperrten Journalisten in der Ukraine kann man lange warten. Die Ukraine gilt deutschen Politikern als „befreites Gebiet“.
In der Ukraine hat Russland nichts mehr zu sagen. Ein großer Erfolg der westlichen Politik!
Von daher wird man einen Teufel tun, Kiew zu kritisieren oder von Kiew etwas zu fordern, selbst wenn dort schon ein westlich orientierter liberaler Journalist wie Pawel Scheremet mutmaßlich von ukrainischen Nationalisten mit einer Autobombe ermordet wurde.

Schwarz-grüne Kreuzritter bereiten Regierungs-Koalition vor

Zwischen der CDU und den Grünen gibt es in der Außenpolitik keine Unterschiede. Trittin und Röttgen schlagen in Bezug auf das „Regime Putin“ den gleich scharfen Zungenschlag an.

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CDU und Grüne könnten eine Regierungskoalition der neuen deutschen Kreuzritter und Heuchler bilden. Sie bilden im virtuellen Kampf gegen autoritäre Herrscher in Minsk und Moskau eine Front.
Der Unterschied zu den Kreuzrittern im 11. Jahrhundert ist nur, dass auf den Schildern der neuen Ritter kein Kreuz sondern das Euro-Zeichen prangt.
Diese Währung steht für deutsche Wertarbeit, aber auch für Niedriglöhne, Verarmung und deutsche Großmannssucht.

World Socialist Web SiteErfolgreiche Spendenaktion für Assanges juristische Verteidigung

https://www.wsws.org/de/articles/2020/08/26/assa-a26.html

Julian Assange u Stella Morris

Ein Online-Spendenaufruf zur Finanzierung der juristischen Verteidigung von Julian Assange hat schon in den ersten Tagen große Unterstützung erhalten.
Hunderte Menschen aus der ganzen Welt zeigen mit Spenden, dass sie eine Strafverfolgung des WikiLeaks-Gründers durch die USA wegen seiner Aufdeckung amerikanischer Kriegsverbrechen entschieden ablehnen.

Die Spendenaktion wurde am 20. August von Stella Morris, der Partnerin von Assange und Mutter seiner beiden kleinen Kinder, ins Leben gerufen.
Das ursprüngliche Ziel von 25.000 Pfund wurde innerhalb von etwa 48 Stunden übertroffen, und die Spendenaktion scheint auch ihr revidiertes Ziel von 50.000 Pfund in Kürze zu übertreffen.

Diese spontane Reaktion ist ein weiterer Beweis für die breite internationale Unterstützung für Assange unter Arbeitern, Studenten, Jugendlichen und Intellektuellen. Sie findet weder in den offiziellen politischen Parteien der USA, Großbritanniens und Australiens, noch in den bürgerlichen Medien irgendwelchen Widerhall.

Die britischen und amerikanischen Behörden treten alle demokratischen Normen mit Füßen, um den WikiLeaks-Gründer zu vernichten.
So ist Assange durch die offene Missachtung seiner juristischen und demokratischen Rechte daran gehindert, sich an seiner eigenen Verteidigung zu beteiligen. Der Kampf gegen diese Bedingungen ist mit großen Kosten verbunden.

In dem erklärenden Text, der den Aufruf begleitet, fasst Stella Morris die Fragen von Recht und demokratischen Prinzipien, um die es bei der drohenden Auslieferung Assanges in die USA geht, zusammen. Sie ist selbst eine international angesehene Menschenrechtsanwältin.

Morris weist zunächst auf den politisch motivierten und unrechtmäßigen Charakter der 18 amerikanischen Anklagepunkte gegen Assange hin, von denen 17 Punkte auf Grund des amerikanischen Spionagegesetzes erhoben wurden.

Assanges „Verbrechen“, schreibt Morris, „besteht darin, über Dinge berichtet zu haben, die die USA lieber vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen gehalten hätten. Er half, Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen aufzudecken. Er enthüllte die Tötung unbewaffneter Zivilisten und Folter an unschuldigen Menschen.
Für diese schweren Verbrechen, die Julian aufgedeckt hat, ist niemand zur Rechenschaft gezogen worden. Wenn er, ein im Vereinigten Königreich lebender australischer Staatsbürger, tatsächlich verurteilt werden kann, dann kann jeder Journalist und Herausgeber auf der ganzen Welt verurteilt werden.“

Sie erläuterte die weiterreichenden Auswirkungen des Versuchs, Assange wegen rechtmäßiger Publikationstätigkeit strafrechtlich zu verfolgen.

Von 2010 bis 2017 verfolgte die US-Regierung von Präsident Barack Obama Assange rücksichtslos und setzte eine geheime Grand Jury ein, um Anklagen gegen ihn zu konstruieren.

Die Obama-Administration kam jedoch offenbar zum Schluss, dass eine strafrechtliche Verfolgung des WikiLeaks-Gründers politisch unzweckmäßig wäre und eine Verfassungskrise auslösen könnte, weil dies bedeuten würde, dass „jede Zeitung, die die gleichen Fakten veröffentlicht, ebenfalls strafrechtlich verfolgt werden könnte“.

Die Trump-Administration hatte Assange „von Anfang an“ ins Visier genommen und „klagte ihn nach US-Gesetzen an, die 100 Jahre zurückreichen und in der ganzen Zeit noch nie benutzt worden sind, um einen Verleger oder Journalisten strafrechtlich zu verfolgen“.

Morris schreibt, dies sei untrennbar mit der umfassenderen autoritären Agenda der Trump-Administration verbunden: „Die Absicht ist klar: die Anklagen wurden von einer Regierung erhoben, welche die Presse und alle Whistleblower als ‚Feinde’ betrachtet und wichtige Enthüllungen als ‚Fälschung‘ bezeichnet.“

Morris geht auf einige Angriffe auf die Rechte von Assange durch die britischen und amerikanischen Behörden ein. Schon während der gesamten Covid-19-Pandemie ist Assange mindestens 23 Stunden pro Tag in seiner Zelle eingesperrt, ohne die Möglichkeit zu haben, Besuche zu empfangen, nicht einmal von seiner Familie.

Wenige Wochen vor den letzten Auslieferungsanhörungen, die am 7. September beginnen sollen, haben die USA eine neue Anklageschrift erlassen.
Dabei hätten sie schon vor über einem Jahr ihre endgültige Anklageschrift einreichen müssen.

Wie die WSWS dokumentiert hat, enthält die neue Anklageschrift keine neuen Anklagen oder Beweise. Das zusätzliche Material basiert im Wesentlichen auf der Aussage von zwei Informanten des FBI, von denen einer bereits früher überführt wurde, dass er zehntausende Dollar von WikiLeaks gestohlen hatte.

Die neue Anklageschrift erweitert den Angriff auf die Pressefreiheit, indem sie die Unterstützung von WikiLeaks für den NSA-Whistleblower Edward Snowden als unrechtmäßig darstellt und die Aussicht auf einen breiteren Angriff der USA gegen andere Mitglieder von WikiLeaks eröffnet.

Wie die WSWS vor kurzem in einer Perspektive feststellte, hat die verspätete Einreichung der neuen Anklage Assanges Rechtsteam vor die unmögliche „Wahl“ gestellt, „entweder die fortgesetzte Sabotage des Falls ihres Mandanten hinzunehmen, oder die Lebensgefahr, der er im Gefängnis ausgesetzt ist, um Monate zu verlängern“.

Es ist ein eklatanter Rechtsbruch, dass der WikiLeaks-Gründer zwar im Belmarsh-Gefängnis festgehalten wird, aber aufgrund einer Anklageschrift, die bereits ungültig ist, während er aufgrund der neuen Anklage bisher nicht erneut verhaftet worden ist.

Morris skizziert die „gewaltige Aufgabe“, vor der Assanges Verteidigung steht: „Die Details zu untersuchen und zu verstehen, noch vor einer angedrohten neuen Anklage, das ist, als würde man den Himalaya besteigen, während die Person, die am besten dazu in der Lage ist, im Gefängnis eingesperrt ist – und geistig und körperlich daran gehindert wird, in dem Umfang beizutragen, wie er selbst will und muss“, schreibt sie.

Morris erklärt, dass Assanges Verteidiger zwar eine Mindestvergütung erhalten und teilweise unentgeltlich arbeiten, dass aber „das schiere Volumen und der Umfang der erforderlichen Arbeit bedeutet, dass wir weiterhin Mittel aufbringen müssen, um die steigenden Kosten zu decken“, die bereits 500.000 Pfund überschritten haben.

Sie appelliert an die Öffentlichkeit, sich dieser Herausforderung zu stellen, und schloss mit einem Appell: „Wir alle sind uns der Verantwortung bewusst, die uns auferlegt wurde, und sind uns bewusst, was auf dem Spiel steht. Wir sind allen dankbar, die sich in der Lage fühlen, einen Beitrag zu leisten.“

Bis jetzt haben sich weit über tausend Personen für über 48.000 Pfund verpflichtet. Ein beträchtlicher Teil scheint aus kleinen Spenden von weniger als 50 Pfund zu bestehen, was auf die Beteiligung der arbeitenden Bevölkerung hindeutet.

Die Kommentare einiger Spender lassen erkennen, mit welchen Gefühlen sie Assange unterstützen möchten.

Einer schreibt: „Julian Assange ist der ‚Kanarienvogel im Kohlebergwerk‘, der vor dem immer dystopischer werdenden Wesen des Regierens auf der ganzen Welt warnt. Wenn wir ihn retten können, haben wir vielleicht noch eine Chance, die Dinge zum Guten zu wenden. Investigativer Journalismus darf nicht zum Verbrechen werden!“

Ein anderer kommentiert: „Ich habe Angst vor einer Zukunft, in der dies einem Journalisten angetan werden kann. Ohne Zugang zu Informationen können wir uns nicht vor existenziellen Herausforderungen schützen, wie z.B. Verbrechen gegen die Umwelt, die Demokratie, den Verbraucherschutz, das Entstehen von Flüchtlingsschicksalen aufgrund von Kriegen und großen Wirtschafts- und Finanzverbrechen.“

Viele drücken ihre Wertschätzung für Assange aus. Ein Spender schreibt: „Julians Heldenmut ist inspirierend. Mehr als jeder andere Mensch in der Geschichte hat er die Wahrheit ans Licht gebracht. Seine Anklage ist ein Misserfolg, und seine Ankläger sind diejenigen, die man verurteilen wird.“

Unterstützer aus den USA schrieben, die Anklage gegen Assange sei ein Frontalangriff auf ihre eigenen Rechte nach dem Ersten Verfassungszusatz. Spender aus Australien verurteilten die Weigerung der Labour- und der liberal-nationalen Regierungen, den WikiLeaks-Gründer zu verteidigen, obwohl er australischer Staatsbürger und Journalist ist. Einige französische Spender schrieben einfach: „Je suis Julian Assange“.

Diese Äußerungen stellen an sich eine Anklage an die internationalen bürgerlichen Medien dar. Deren Berichterstattung folgt einem perversen Gesetz der Umkehrung: Je größer die Angriffe auf Assanges gesetzliche und demokratische Rechte, desto weniger berichten sie darüber.

Dies unterstreicht, wie sehr die offiziellen Medien es aufgegeben hat, die Pressefreiheit noch zu verteidigen. Sie erfreuen sich der engsten Verbindungen zu den politischen, militärischen und geheimdienstlichen Einrichtungen und sind größtenteils mit Karrieristen aus der oberen Mittelschicht besetzt.

Sie zeigen auch, in welchem Maße die latente öffentliche Unterstützung für Assange von mehreren politischen Kräften unterdrückt wird.
Dabei spielen die Pseudolinken eine Rolle, die den WikiLeaks-Gründer schon vor Jahren im Stich gelassen haben, ebenso wie die britische Labour-Partei, der Bernie-Sanders-Flügel der Demokratischen Partei der USA, die Gewerkschaften und alle offiziellen Parteien in Australien, von der Labor-Partei bis zu den Liberalen und den Grünen.

Die Spendensammlung ist eine weitere Bestätigung dafür, dass die Kampagne zur Verteidigung von Assange und aller grundlegenden demokratischen Rechte sich an der Arbeiterklasse, der Wählerschaft für demokratische Rechte und der Opposition gegen imperialistischen Krieg orientieren muss.

Die bevorstehenden Kämpfe der Arbeiter auf der ganzen Welt richten sich gegen genau die Kräfte, die den WikiLeaks-Gründer verfolgen und ihn zum Präzedenzfall für die Unterdrückung des gesamten Widerstands machen wollen.

Hier der Link, der zum Spendenfonds für die Verteidigung von Assange führt (auf englisch):
https://www.crowdjustice.com/case/julianassange/
Ich habe 20 GBP gespendet.

*:Vgl. dazu https://josopon.wordpress.com/2014/09/03/in-der-ukraine-rassenkrieg-fur-europas-werte/
sowie
https://josopon.wordpress.com/2016/08/16/was-ist-los-auf-der-krim-ein-beitrag-von-prof-dr-gabriele-krone-schmalz/
sowie https://josopon.wordpress.com/2019/09/20/2-artikel-zur-aufrustung-der-eu-unter-v-d-leyen-die-lust-an-der-macht-und-krisenpravention/

Über Kommentare hier auf meinem Blog würde ich mich freuen.
Jochen

Die Stützen der AfD – Militär, Polizei, Mittelstands- und Rüstungskonzerne

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

german foreign policy

Erhellender Artikel auf German Foreign Policy:
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8030/
Schlimm ist es, wenn man sich ausmalt, wie AfD-Anhänger in Bundeswehr, Polizei und Geheimdiensten über Rechtsterroristen wie Combat18 die Hand halten und Geld herabregnen lassen. NSU-2 lässt grüßen.
Auszüge:

Die Stützen der AfD

02.09.2019 DRESDEN/POTSDAM (Eigener Bericht) – Die Alternative für Deutschland (AfD) hat bei den Landtagswahlen am gestrigen Sonntag ihre Position als erfolgreichste Rechtsaußenpartei in der Geschichte der Bundesrepublik konsolidiert und profitiert dabei von ihrer soliden Verankerung in etablierten sozialen Milieus.
So kann sie seit ihrer Gründung auf Unterstützung aus dem deutschen Mittelstand bauen, der in Teilen von der europäischen Integration weniger profitiert als große Konzerne und zugleich jegliche finanzielle Belastung im Kampf gegen die Eurokrise klar ablehnt.
Breite Zustimmung erfährt die Partei aus der Bundeswehr, in der ihre Forderungen nach rascher Aufrüstung und umfassender Militarisierung honoriert werden – nicht nur von Militärs, die dem Milieu der offenen extremen Rechten zugeordnet werden, sondern auch von Offizieren.
Beliebt ist die AfD zudem in der Polizei, in der ihre Law-and-Order-Politik gut ankommt. Mit der Berliner Regierungspolitik sind die Forderungen der AfD nicht prinzipiell unvereinbar – mit Ausnahme der Kritik an der stets zunehmenden europäischen Integration. Letzteres könnte sich ändern.

Erfolgreichste Rechtsaußenpartei

Mit 27,5 Prozent hat die Alternative für Deutschland (AfD) bei der Landtagswahl in Sachsen am gestrigen Sonntag ihr bislang höchstes Ergebnis auf Länderebene erzielt und zugleich mit 23,5 Prozent in Brandenburg ihr drittbestes Resultat eingefahren. Lediglich bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt am 13. März 2016 hatte sie zuvor mit 24,3 Prozent einen Erfolg in ähnlicher Größenordnung verzeichnen können.
Die Partei ist damit in beiden Bundesländern zweitstärkste Kraft; in Brandenburg wird sie laut dem vorläufigen Endergebnis mit 23 (von insgesamt 88) Abgeordneten in das Parlament einziehen, in Sachsen mit 37 (von insgesamt 118) Abgeordneten.
Mit ihren gestrigen Erfolgen hat die AfD ihre Stellung als bisher erfolgreichste Rechtsaußenpartei in der Geschichte der Bundesrepublik konsolidiert. Sie kann sich dabei auf ihre feste Verankerung in etablierten sozialen Milieus stützen – insbesondere in mittelständischen Unternehmen sowie in Bundeswehr und Polizei. Frühere Parteien der extremen Rechten hatten jeweils Beziehungen in diese Milieus, die jedoch nie die Breite und Stärke der AfD-Verankerung erlangten.

Eine Wechselbeziehung

Ein Standbein im deutschen Mittelstand hat die AfD bereits seit ihrer Gründung. Nach außen erkennbar war es von Beginn an unter anderem an einer – nicht zuletzt auch personellen – Nähe der Partei zum Verband „Die Familienunternehmer“ und zur „Stiftung Familienunternehmen“ (german-foreign-policy.com berichtete [1]).
Erst am Wochenende hieß es diesbezüglich – völlig zutreffend – in der Wirtschaftspresse: „Die AfD und der Mittelstand, das ist eine Beziehung, die mehr als eine Richtung hat.“[2]
Insidern zufolge konnte die AfD beim Aufbau ihrer Parteistrukturen nicht zuletzt auf Spenden mittelständischer Unternehmer zurückgreifen.[3]
Inhaltlich basierte die dichte Verbindung zunächst vor allem darauf, dass die Euro-Rettungspolitik der Bundesregierung vor allem bei kleineren sowie mittleren Unternehmen klaren Unmut hervorrief: Sie profitieren von der europäischen Integration weniger umfassend als die Großkonzerne mit ihren weitgespannten kontinentalen Lieferketten, sind zugleich aber massiv an der Vermeidung finanzieller Belastungen, so etwa denjenigen zur Rettung des Euro, interessiert. Erst kürzlich hat der Politologe Heinrich Oberreuter, der an der Universität Passau lehrt, erklärt: „Die AfD bietet einen Resonanzboden für diejenigen, denen hohe Steuern, Bürokratie und der Mindestlohn ein Dorn im Auge sind“.[4]

Umfassendere Militarisierung

Neben dem Mittelstand ist die AfD in der Bundeswehr fest verankert. Seit Jahresbeginn kursieren unter Berufung auf Angaben aus der Parteizentrale Schätzungen, denen zufolge mindestens 2.100 der insgesamt knapp 35.000 AfD-Mitglieder Berufssoldaten sind oder waren. Der 91 Personen umfassenden AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag gehören elf frühere Berufssoldaten an, mehr als jeder anderen Fraktion.
In der Partei betätigen sich dabei einerseits Offiziere a.D. wie der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Rüdiger Lucassen, der zuletzt als Oberst im Generalstabsdienst tätig war, oder Generalleutnant a.D. Joachim Wundrak, der für die Partei am 27. Oktober bei der Oberbürgermeisterwahl in Hannover kandidiert.
Sie orientieren auf die NATO – und machen sich für eine raschere Aufrüstung der Bundeswehr, eine umfassendere Militarisierung und einen ungehemmten Bezug auch auf Wehrmachtstraditionen stark (german-foreign-policy.com berichtete [5]).
Dies stößt bei wachsenden Teilen der Truppe auf Zustimmung, nicht zuletzt auch in deren stets vorhandenen ultrarechten Milieus, die von der AfD eingebunden werden.
So beschäftigt der AfD-Abgeordnete Jan Nolte, der die Partei im Verteidigungsausschuss des Bundestags vertritt, einen Mitarbeiter, der dem Umfeld eines unter Terrorverdacht geratenen Bundeswehrsoldaten zugerechnet wird.[6]

Law and Order

Breite Zustimmung genießt die AfD darüber hinaus in der Polizei. Wundrak etwa urteilt: „Die Unterstützung der AfD dürfte in Polizeikreisen … noch größer sein als unter den Soldaten.“[7]
Der AfD-Bundestagsfraktion gehören insgesamt sechs Polizisten, eine Polizistin und ein ehemaliger Polizeiausbilder an.[8]
Auch auf Landes- und kommunaler Ebene sind Polizeibeamte für die AfD aktiv. So ist der Polizeikommissar Sebastian Wippel, der bei der Oberbürgermeisterwahl in Görlitz Mitte Juni für die Partei kandidiert hatte, dabei aber mit 44,8 Prozent unterlegen war, gestern auf Platz fünf der AfD-Landesliste in Sachsen in den dortigen Landtag eingezogen, während bei der Landtagswahl in Brandenburg der Bundespolizist Wilko Möller aus Frankfurt an der Oder ein Direktmandat errang.
Zu den AfD-Forderungen, die auf Sympathien bei Polizisten stoßen, zählen insbesondere ein drastisches Vorgehen gegen Flüchtlinge und ein hartes Einschreiten gegen linke Opposition. Dabei ist in letzter Zeit, wie der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek, urteilt, „bei vielen Beamten etwas in Schieflage geraten“: Dies drücke sich „in Sympathien für das rechtsnationale Parteienspektrum aus“.[9]

Zentrifugale Tendenzen

Weder eine harte Law-and-Order-Politik im Innern noch Bemühungen um eine rasche und scharfe Militarisierung sind mit der Berliner Regierungspolitik grundsätzlich unvereinbar; insofern haben sich CDU-Politiker insbesondere von der „Werteunion“, in der der rechte Flügel der Union sich zusammengeschlossen hat, immer wieder dafür ausgesprochen, eine Koalition mit der AfD zumindest nicht prinzipiell auszuschließen.[10] Ein hartes Hindernis stellen freilich gegenwärtig – noch – die Positionen der AfD zur EU und zum Euro dar, die zwar den Interessen von Teilen des Mittelstandes entsprechen, aber unter den aktuellen Umständen nicht denjenigen großer deutscher Konzerne, die massiv von der europäischen Integration inklusive der Einheitswährung profitieren.
Ob dies so bleibt, hängt allerdings stark von der künftigen Entwicklung der EU ab, die vor allem seit dem britischen Austrittsreferendum andere Optionen denkbar erscheinen lässt als eine stets weiter voranschreitende Integration. Nehmen die zentrifugalen Tendenzen weiter zu, könnte sich das Interesse deutscher Unternehmen zunehmend den Konzepten der AfD annähern.

[1] S. dazu Brüche im Establishment und Europas Achsen.

[2] Alexander Demling, Julian Olk: Wie Unternehmer auf die AfD reagieren. handelsblatt.com 31.08.2019.

[3] Anonyme Spenden waren schon 2013 bei AfD Thema. zeit.de 30.11.2018.

[4] Alexander Demling, Julian Olk: Wie Unternehmer auf die AfD reagieren. handelsblatt.com 31.08.2019.

[5] S. dazu Deutsche Wehrhaftigkeit.

[6] Umstrittener AfD-Mitarbeiter darf plötzlich doch in den Bundestag. welt.de 28.11.2018.

[7] Benedict Neff: „Ich war entsetzt, dass die deutsche Politik der offenen Grenzen so stumpf weiter betrieben wurde“. nzz.ch 07.08.2019.

[8] Tilman Steffen: Wie nah stehen sich AfD und Polizisten? zeit.de 25.06.2019.

[9] Frank Jansen, Maria Fiedler, Alexander Fröhlich: „Da ist bei vielen Beamten etwas in Schieflage geraten“. tagesspiegel.de 24.06.2019.

[10] Werteunion spricht sich gegen Kooperationsverbot mit AfD aus. welt.de 26.07.2019.

Jochen

Kampfgemeinschaften – extrem rechtes Netzwerk in der Bundeswehr – Ausläufer des „Tiefen Staates“ – Werden neue Todesschwadronen aufgebaut ?

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Eine schlimme Vermutung: Der enttarnte Oberleutnant bereitete ein Attentat unter falscher Flagge vor.
Nachdem der NSU so aus dem Ruder gelaufen ist, dass er zu diesem heimlichen Zweck nicht mehr taugte, musste offensichtlich ein neues Netzwerk aufgebaut werden.
Dazu vorgestern auf den NachDenkSeiten Paul Schreyer (s.u.) und heute auf German Foreign Policy:
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59586
Auszüge:

Kampfgemeinschaften

03.05.2017 BERLIN (Eigener Bericht) –
In der Bundeswehr ist nach Angaben des Verteidigungsministeriums ein extrem rechtes Netzwerk aktiv. Dies wird unter Berufung auf Unterlagen des Ministeriums berichtet. Demnach hätte Oberleutnant Franco A., der vergangene Woche unter Terrorverdacht festgenommen wurde, mehrere Mittäter. A. soll Mordattentate auf eine Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, auf eine antirassistische Organisation sowie womöglich auch auf Ex-Bundespräsident Joachim Gauck und auf Bundesjustizminister Heiko Maas erwogen haben.
Eine der zentralen Fragen im Fall Franco A. ist nach wie vor, wieso der Mann nach der Erstellung einer Masterarbeit, die laut Experten an NS-Propaganda erinnerte, von den zuständigen Stellen der Bundeswehr von jedem „Zweifel an der erforderlichen Einstellung zur Werteordnung“ freigesprochen wurde.

Die Frage stellt sich umso dringlicher, als rechtsgerichtete Kräfte in den Streitkräften aktiv sind – auch an einflussreicher Stelle, etwa an der Münchner Universität der Bundeswehr. In „Denkzirkeln“ junger Offiziere und Offiziersanwärter wird beispielsweise eine „umfassende mentale Revolution“ gefordert, die eine „Reinigung des Offiziersstandes“ von „falsch verstandene(r) Toleranz und liberale(n) Auffassunge(n)“ bewirken soll.

Rassistischer Appell

Zu den zentralen Fragen im Fall Franco A. gehört nach wie vor, weshalb der Oberleutnant nach der Abgabe seiner Masterarbeit an der französischen Militärhochschule St. Cyr weder entlassen noch vom Militärgeheimdienst MAD überprüft wurde. Ein Gutachter vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam kam Berichten zufolge zu dem Schluss, bei der Arbeit handle es sich um „einen radikalnationalistischen, rassistischen Appell“, dessen „biologistische Metaphorik“ an NS-Propaganda erinnere.[1]
Der Kommandeur von St. Cyr, Général de Division Antoine Windeck, hat laut den Berichten gegenüber A.s deutschem Vorgesetzten an der Universität erklärt: „Wenn es ein französischer Lehrgangsteilnehmer wäre, würden wir ihn ablösen“. Zu diametral entgegengesetzten Urteilen kamen hingegen A.s deutscher Vorgesetzter, ein Oberstleutnant der Bundeswehr, sowie der zuständige deutsche Wehrdisziplinaranwalt. Er könne „keinen Anhaltspunkt“ entdecken, dass A.s Einstellung mit seiner soldatischen Pflicht unvereinbar sei, schrieb der Vorgesetzte, während der Wehrdisziplinaranwalt in einem Aktenvermerk notierte, „Zweifel an der erforderlichen Einstellung zur Werteordnung“ seien bei A. „auszuschließen“.[2]

Konservative Revolutionäre

Ultrarechte Einstellungen, wie sie bei A. in extrem zugespitzter Form zutage treten, werden Teilen der Bundeswehr regelmäßig attestiert. Dabei finden sich rechte Kräfte auch in einflussreicher Stellung in den Streitkräften, beispielsweise an der Münchner Bundeswehr-Universität sowie in deren Umfeld.
Exemplarisch zeigte dies ein Vorfall im Jahr 2011. Damals hatte sich heftiger Streit um die offizielle Studierendenzeitschrift der Hochschule („Campus“) entzündet, nachdem das Blatt provozierende rechte Thesen verbreitet hatte: „Frauen als Kämpfer einzusetzen“ bedeute „einen strukturellen Kampfwertverlust“, hieß es etwa; zudem sei die Rede vom „Staatsbürger in Uniform“ eine „inhaltsleere Hülle“.[3]
Recherchen ergaben, dass der damalige „Campus“-Chefredakteur sowie zwei weitere Redakteure publizistisch einem Milieu entstammten, das sich positiv auf die Konservative Revolution bezieht und als dessen führender Kopf der bekannte Rechtsintellektuelle Götz Kubitschek gilt.[4]
Bei der Konservativen Revolution handelt es sich um eine ultrarechte Strömung der 1920er und frühen 1930er Jahre, die Experten zufolge „zu den geistigen Wegbereitern des Nationalsozialismus“ zählt.[5]
Kubitschek wiederum, Gründer des in dieser Tradition stehenden „Instituts für Staatspolitik“, wird als geistiger Mentor des ultrarechten AfD-Flügels um den AfD-Fraktionsvorsitzenden im Thüringer Landtag, Björn Höcke, eingestuft.

„Kontroverse Themen“

Den damaligen Streit konnten die drei „Campus“-Redakteure, Oberleutnant Martin Böcker, Leutnant Felix Springer sowie Leutnant zur See Larsen Kempf, für sich entscheiden: Sie wurden von der offiziellen Studierendenvertretung mit großer Mehrheit in ihren Ämtern bestätigt. Er lege Wert darauf, auch „kontroverse Themen“ ausführlich zu diskutieren, erklärte der Vorsitzende der Studierendenvertretung dazu.[6]
Zu den Thesen, die „Campus“ gedruckt hatte und um die sich der Streit drehte, gehörte folgende Behauptung eines Wissenschaftlers vom „Institut für Theologie und Ethik“ an der Bundeswehr-Universität: „Anders als erhofft, entfaltet sich unter freiheitlich-demokratischen Bedingungen keine gemeinschaftlich-gute Lebensform.“[7]
Die Präsidentin der Bundeswehr-Universität, die sich verärgert darüber geäußert hatte, musste letzten Endes die Kritik einstellen, zumal auch Professoren der Hochschule den „Campus“-Redakteuren den Rücken gestärkt hatten. Zu ihnen zählte Carlo Masala, der weiter als Professor für Internationale Politik an der Universität tätig ist. Masala hatte sich zuvor in einem öffentlichen Beitrag selbst auf einen Protagonisten der Konservativen Revolution bezogen – auf den gelegentlich als „Kronjuristen“ des NS-Reichs bezeichneten Staatsrechtler Carl Schmitt.[8]

Eine „mentale Revolution“

Die drei ehemaligen „Campus“-Redakteure, in ultrarechten Kreisen gelegentlich „Campus-Drei“ genannt, sind in den vergangenen Jahren auch weiterhin publizistisch aktiv gewesen. Im Jahr 2013 haben sie den Sammelband „Soldatentum“ herausgegeben, der auf der Grundlage rechtsgerichteter Positionen Abschied vom Konzept des „Bürgers in Uniform“ nimmt. Der Münchner Bundeswehr-Professor Carlo Masala ist mit einem eigenen Beitrag darin vertreten; die Stiftung des Deutschen BundeswehrVerbandes („Karl-Theodor-Molinari-Stiftung“) hat den Druck kofinanziert.
General a.D. Klaus Naumann, einst Generalinspekteur der Bundeswehr und Vorsitzender des NATO-Militärausschusses, hat ein Geleitwort für das Buch verfasst, dem Beobachter zumindest teilweise eine Nähe zu Konzepten der Konservativen Revolution attestieren.[9]
Einer der Autoren, Marcel Bohnert, hat im Jahr darauf einen weiteren Band mit dem Titel „Armee im Aufbruch“ herausgegeben, der ebenfalls – teils unter Bezug auf bekannte NS-Militärs wie Erich von Manstein und Erwin Rommel – dem Konzept der Inneren Führung eine Abfuhr erteilt. Stattdessen werden in dem Buch „klassische preußische Tugenden“ gelobt; „aufgeklärte(r) Verfassungspatriotismus“, so heißt es, sei „für die brutale Praxis des Gefechts zu unbeständig“.[10]
Das Buch, das hochrangige Militärs sowie Mitarbeiter des Bundesverteidigungsministeriums in den höchsten Tönen lobten (german-foreign-policy.com berichtete [11]), ist aus „Denkzirkeln“ junger Offiziersanwärter und Offiziere an der Universität der Bundeswehr in Hamburg entstanden. Einer der Autoren fordert die gründliche „Reinigung des Offiziersstandes“ von „falsch verstandene(r) Toleranz und liberale(n) Auffassunge(n)“ – durch eine „umfassende mentale Revolution“.

„Grenzen der Diversität“

In diesen Kreisen, die allgemein der jüngeren „Generation Einsatz“ zugerechnet werden, ist Ende vergangener Woche ein Beitrag auf Zustimmung gestoßen, den „Armee im Aufbruch“-Herausgeber Bohnert am Samstag in der einflussreichen Frankfurter Allgemeinen Zeitung platzieren konnte. Anlass für die Publikation ist der jüngste Skandal um sadistische Praktiken und sexistische Übergriffe bei der Soldatenausbildung in der Bundeswehr gewesen; der zeitliche Zusammenhang zum Skandal um Franco A. ist wohl ein Zufall.
Im Zusammenhang mit den erwähnten sadistischen Praktiken, die lange Zeit geduldet und verschwiegen wurden, ist weithin ein „falscher Korpsgeist“ in der Truppe kritisiert worden. Bohnert stuft die Übergriffe als „martialisch“ und „fragwürdig“ ein, befürwortet aber dennoch „soldatische Härte“: „Kampfgemeinschaften können im Ernstfall nur dann effektiv funktionieren, wenn sie eine starke Bindung und Geschlossenheit entwickeln“. Wie die militärische Praxis zeige, gebe es „Grenzen der Diversität“; „die pauschale Verteufelung jeglicher Härte“ sei „ein Fehler, der sich in den wieder zunehmenden Auslandseinsätzen unserer Soldatinnen und Soldaten bitter rächen wird“.[12]
Bohnert, Major und Teilnehmer des Generalstabslehrgangs an der Bundeswehr-Führungsakademie in Hamburg, steht exemplarisch für die nennenswerte Zahl an Bundeswehrsoldaten, die sich der aktuellen Kritik an den sadistischen Exzessen wenigstens teilweise widersetzen – und gleichzeitig für rechtsgerichtete Positionen zumindest offen sind.

[1], [2] Christian Thiels: Viele Hinweise – kaum Konsequenzen. www.tagesschau.de 02.05.2017.
[3] S. dazu Eingeschränkte Demokratie.
[4] Chefredakteur von „Campus“ war Oberleutnant Martin Böcker; in der Redaktion waren außerdem Leutnant Felix Springer und Leutnant zur See Larsen Kempf tätig. Böcker und Springer waren Autoren der vom Institut für Staatspolitik herausgegebenen Zeitschrift Sezession, Kempf schrieb für die dem Institut für Staatspolitik nahestehende Publikation Blaue Narzisse.
[5] Konservative Revolution. www.dhm.de.
[6] S. dazu Weniger Demokratie wagen.
[7] Jochen Bohn: Deutsche Soldaten ohne Identität: Uns fehlt die Idee des „Guten“. Campus. Zeitung des studentischen Konvents 01/2011.
[8] Europa sollte ein Reich werden. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 10.10.2004.
[9] Cornelia Mannewitz: Wissenschaftlicher Militarismus von rechts. In: Der Rechte Rand Nr. 144, September/Oktober 2013. S. 26-27.
[10] S. dazu Rezension: Armee im Aufbruch.
[11] S. dazu Mentale Revolution.
[12] Marcel Bohnert: Über Korpsgeist und Kampftruppen. Frankfurter Allgemeine Zeitung 29.04.2017

Unter falscher Flagge? Der „syrische Terrorist“ vom Bundeswehr-Bataillon 291

Die in der letzten Woche erfolgte Festnahme eines Oberleutnants der Bundeswehr, der mit erheblichem Aufwand eine Scheinidentität als vermeintlich syrischer Asylbewerber aufgebaut und dann eine Pistole auf einem Flughafen versteckt hatte, wirft zahlreiche Fragen auf.

Was sonst gern als „Verschwörungstheorie“ abgetan wird, inszenierter Terrorismus für verdeckte politische Ziele, steht nun offen als Verdacht im Raum – und das auf der ganz großen Medienbühne von der Tagesschau bis zur Süddeutschen Zeitung. Selbst die BILD berichtete zwei Tage in Folge auf der Titelseite.
Von Paul Schreyer. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
http://www.nachdenkseiten.de/upload/podcast/170503_Der_syrische_Terrorist_vom_Bundeswehr_Bataillon_291_NDS.mp3

Zunächst eine kurze Zusammenstellung der bislang bekanntgewordenen Fakten zum Fall. Der aus Offenbach stammende Oberleutnant Franco A. lässt sich Ende 2015 in Bayern als syrischer Flüchtling registrieren. Ihm wird eine Unterkunft zugewiesen, die er auch sporadisch besucht, um die Post abzuholen und die neue Scheinidentität aufrechtzuerhalten. Tatsächlich arbeitet er ab 2016 im Jägerbataillon 291 der Bundeswehr, wo er auf einer Stabstelle „internationale Übungen und Manöver plant“, wie der Spiegel berichtet.

Im Dezember 2016 wird er offiziell als Flüchtling anerkannt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gewährt ihm „subsidiären Schutz“, was eine zunächst einjährige Aufenthaltserlaubnis und eine Arbeitserlaubnis beinhaltet. Einen Monat später, im Januar 2017, besucht Franco A. den „Ball der Offiziere“ in der Wiener Hofburg, ein großes gesellschaftliches Ereignis, das vom Österreichischen Bundesheer alljährlich organisiert wird. Der Ball ist laut Auskunft der Veranstalter „ein Treffpunkt nicht nur der Offiziere des Österreichischen Bundesheeres und der Wiener Gesellschaft, sondern auch europäischer Politik und Wirtschaft. (…) Aufgrund der immer stärker werdenden internationalen Zusammenarbeit mit ausländischen Armeen finden sich auch immer häufiger Offiziere aus diesen Ländern als Ballbesucher ein“.
Sponsoren des Balls sind unter anderem die großen internationalen Rüstungskonzerne Krauss-Maffei Wegmann, BAE Systems und General Dynamics.

Nach dem Besuch des Balls und unmittelbar vor seinem Rückflug nach Deutschland versteckt der Oberleutnant eine Pistole auf der Toilette des Wiener Flughafens. Diese Waffe wird einige Tage später von Wartungspersonal entdeckt. Die alarmierte österreichische Polizei stellt daraufhin eine Falle und nimmt Franco A. fest, als dieser am 3. Februar die Pistole wieder aus dem Versteck holen will. Die Fingerabdrücke auf der Waffe führen die Behörden dann zum registrierten „syrischen Flüchtling“, der Doppelidentität des Oberleutnants.
Der Offizier wird fortan verdeckt observiert, die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt ab Februar, am 26. April wird er schließlich festgenommen. So der Ablauf, soweit bisher bekannt.
Offenkundig ist, und so vermutet es auch die Staatsanwaltschaft, dass der Oberleutnant einen Terroranschlag plante und diesen dann dem fiktiven „syrischen Flüchtling“ in die Schuhe schieben wollte – die Vorbereitung eines klassischen „Anschlags unter falscher Flagge“ also. Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Clemens Binninger von der CDU, sprach in einer ersten Stellungnahme von einem „Fall in uns bisher unbekannter Dimension“.

Wie bekannt wurde, handelt es sich bei Franco A. offenbar um einen Rechtsradikalen, worauf die Bundeswehr auch schon frühzeitig Hinweise hatte. Der Offizier hatte an der französischen Elite-Militärhochschule Saint-Cyr studiert, wo ein Professor seine Masterarbeit (Titel: „Politischer Wandel und Subversionsstrategie“) 2014 als extremistisch und „nicht mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar“ einstufte.
Unter anderem folgende Fragen stellen sich nun zum Fall: Handelte der Offizier privat oder womöglich in Absprache mit Vorgesetzten? Und wie ist es möglich, dass er als „syrischer Flüchtling“ anerkannt wurde?

Zur letzten Frage gibt es zumindest einen Anhaltspunkt. Nachdem sich Franco A. Ende 2015 als Flüchtling registrieren ließ und im Mai 2016 einen regulären Asylantrag stellte, wurde er im November 2016 schließlich in einer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Nürnberg zu seinen Beweggründen persönlich befragt.
Wie nun bekannt wurde, handelte es sich bei seinem Befrager um einen „von der Bundeswehr ans Bamf ausgeliehenen Soldaten“. Der Flüchtling spielende Soldat wurde also seinerseits von einem als Bamf-Beamten agierenden Soldaten überprüft.

Einzeltäter oder Teil eines Netzwerks?

Zur Frage, ob Franco A. privat handelte oder in Absprache mit Vorgesetzten, lohnt ein genauerer Blick auf seinen Arbeitgeber, das Bundeswehr-Jägerbataillon 291. Dieses in Frankreich stationierte Bataillon ist keine gewöhnliche Einheit, sondern eine Art Pionierverband für besondere Aufgaben. Das Bataillon ist dort präsent, wo es geopolitisch brenzlig ist, etwa in Litauen oder in Mali.
Es ist außerdem eingebunden in politisch brisante Manöver, wie die Übung „Saber Strike“ 2015 in Polen, die nicht von der NATO, sondern direkt von der US-Armee befehligt wurde.
Kommandeur des Bataillons und damit Vorgesetzter von Oberleutnant Franco A. ist Oberstleutnant Marc-Ulrich Cropp, Jahrgang 1972. Dessen Karriere ist eng mit den Spezialkräften und auch mit den USA verknüpft. Nachdem er bereits Ende der 1990er Jahre Weiterbildungen in den Vereinigten Staaten besucht hatte, absolvierte er schließlich von 2008 bis 2010 eine Eliteausbildung beim U.S. Marine Corps, wo er die „School of Advanced Warfighting“ besuchte.
Zurück in Deutschland leitete er im Verteidigungsministerium die Planungsabteilung für Operationen der Bundeswehr-Spezialkräfte.

Unmittelbar vor seiner Ernennung zum Kommandeur des Bataillons 291 im März 2015 bekleidete er von 2012 an einen weiteren hohen Posten im Ministerium, als Stabsoffizier beim Chef des Planungsstabes, also bei einem der engsten Vertrauten des Ministers. Cropp arbeitete in dieser Funktion bis 2014 für den Chef des Planungsstabes Ulrich Schlie, ein Mitglied der Atlantikbrücke, der 2002 als Mitarbeiter von Wolfgang Schäuble und dann als außenpolitischer Berater von Roland Koch politisch gestartet war.
Unter der Ministerin Ursula von der Leyen war Cropp dann ab 2014 dem neuen Chef des Planungsstabes Géza Andreas von Geyr unterstellt, der ebenfalls aus dem Umfeld von Schäuble stammt und von 2010 bis 2014 als Vizepräsident des BND amtierte.

In diesem personellen Umfeld machte der heutige Vorgesetzte von Franco A. Karriere. Im Jägerbataillon 291, das laut Bundeswehrbeschreibung „eine besondere Befähigung zum Einsatz in urbanem und sonstigem schwierigem Gelände“ hat, unterstehen ihm derzeit etwa 600 Soldaten.

Der Oberleutnant mit der Doppelidentität gehörte dem Bataillon seit 2016 an und war dort auf einer Stabstelle mit der Planung von internationalen Übungen und Manövern befasst.
Das Jägerbataillon ist Teil der Deutsch-Französischen Brigade, welche sich laut Bundeswehr „signifikant an NATO-Großübungen beteiligt“ und „ein Modell für militärische Zusammenarbeit insbesondere in operativer Hinsicht“ sei: „Die Deutsch-Französische Brigade ist ein Großverband, der sich in Teilen stets weltweit im Einsatz befindet.“
Das Jägerbataillon 291 ist dabei der erste Verband der Bundeswehr, der dauerhaft in Frankreich stationiert ist. Nachdem Cropp die Leitung übernommen hatte, nahm das Bataillon an dem direkt von der US-Armee geführten Manöver „Saber Strike“ 2015 in Polen teil. In der Presse hieß es dazu:

„Mark-Ulrich Cropp und seine Männer sind auf sich allein gestellt. Cropp ist Oberstleutnant und Kommandeur des Jägerbataillons 291 aus Illkirch bei Straßburg. (…) für Cropps Infanteristen ist nicht das Großgerät der Truppe maßgeblich, sondern die Fähigkeit, sich im Kriechgang über den Waldboden einem gegnerischen Schützengraben unerkannt zu nähern, um ihn einzunehmen. (…) ‚Die Bundeswehr‘, auch das ist sein Fazit aus dem Gefecht in Pommerns Wäldern, ‚muss sich vor niemand verstecken‘.“

Deutlich wird eine Struktur, welche die Bundeswehr als Reservoir für internationale Einsätze benutzt, teilweise außerhalb nationaler Befehlsgewalt.
Was die Anschlagspläne von Oberleutnant Franco A. angeht, sind bislang keine Indizien bekannt geworden, die auf eine Verwicklung staatlicher Stellen oder Vorgesetzter hindeuten. Es ist denkbar, dass der Offizier als Privatmann handelte. Ob das allerdings, im Kontext seiner Arbeit und der geschilderten Umstände, auch als plausibel gelten kann, ist bis auf weiteres unklar.

Auffällig ist der große Aufwand der Strafverfolgungsbehörden bei der Aufklärung. In Zusammenhang mit der Festnahme des Oberleutnants und eines weiteren Verdächtigen durchsuchten in der vergangenen Woche insgesamt 90 Polizeibeamte 16 Objekte in Deutschland, Österreich und Frankreich.

Mein Kommentar: Beim NSU und z.B. dem Mord an Michele Kiesewetter waren die Behörden nicht so fleißig. Aber hier ist eine zu große Nähe zum stinkenden Kopf des Ganzen spürbar.

Jochen

Der IPPNW-Body Count im Bundestag

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Body count – die Zahl der Opfer militärischer Operationen, inclusive der „Kollateralschäden“.
Da ich selbst Mitglied der IPPNW bin, kann ich den folgenden Artikel wärmstens empfehlen:

Am 26. Januar 2016 befasste sich der Bundestag in einer Plenardebatte mit der Großen Anfrage an die Bundesregierung zu den „Erfahrungen aus 14 Jahren Krieg gegen den Terror – eine Bilanz in Irak, Afghanistan, Pakistan“. Die Anfrage wurde durch die Fraktion der „Linken“ eingebracht.
Den Anstoß dazu gab die 2015 international publizierte IPPNW-Metaanalyse: „Body Count – Opferzahlen nach zehn Jahren „Krieg gegen den Terror“.

Die aktuelle Ausgabe des Body Count finden Sie hier zum Download:
http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/BodyCount_internationale_Auflage_deutsch_2015.pdf

IPPNW_Linksfraktion

Inge Höger und Mitglieder der IPPNW in Berlin

Auf Wunsch der Bundesregierung war die Plenardebatte umbenannt worden in „Terrorbekämpfung in Irak, Afghanistan, Pakistan – Beratung der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Linksfraktion.“
Nachdem vor über 15 Jahren die Schröder-Fischer-Regierung der Bush-Administration „uneingeschränkte Solidarität“ für den von letzterer ausgerufenen „War on Terror“ zugesichert hatte und nachdem erst vor etwas mehr als einem Jahr die französische Regierung nach den Anschlägen von Paris selbst eine explizite Kriegserklärung herausgebracht und die übrigen EU-Regierungen zur Beteiligung daran aufgefordert hatte (die Merkel-Regierung hatte daraufhin 1.200 SoldatInnen für den Syrienkrieg bereitgestellt), ist der Bundesregierung inzwischen offenbar nicht mehr ganz wohl dabei – zumindest was die Benutzung des Begriffes betrifft.

Tatsache und eine weitere Premiere ist: Eine internationale IPPNW-Publikation hat den Anstoß zu einer wichtigen Bundestagsdebatte gegeben. Und sie wurde von der Linksfraktion mehrfach zitiert und als Druckversion von der Abgeordneten Inge Höger, die den ausgezeichneten Eröffnungsbeitrag hielt, in die Kameras gehalten.

Trotz weitaus längerer Redezeit konnten die Beiträge aus der Regierungskoalition nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Frage nach den Opferzahlen durch westliche Kriegseinsätze keine Bedeutung beigemessen wird – und zwar deshalb, weil die Bundesregierung in keiner Weise Interesse zeigt, die Konsequenzen der Militärinterventionen im Krieg gegen den Terror aktiv zu untersuchen und damit auch die Politik der militärischen Terrorbekämpfung in Regierungsentscheidung in Frage zu stellen.
Das vielbekundete Interesse an syrischen Opfern durch die Beteiligung Russlands im Syrienkrieg verkommt so zur reinen Heuchelei. Es wird auch nicht erkennbar, ob die Bundesregierung die Publikation „Body Count“ der IPPNW überhaupt zur Kenntnis genommen hat.

In der voluminösen, aber inhaltlich dünnen schriftlichen Antwort der Bundesregierung heißt es: „Die Bundesregierung führt keine eigenen quantitativen Studien und Statistiken zu Opfern in Ländern, in denen die Bundeswehr militärisch beteiligt ist.“ In den Redebeiträgen gaben sich die Redner der Regierungskoalition zwar kritisch gegenüber Auslandseinsätzen der Bundeswehr – dies erscheint angesichts der konformen Entscheidungen der Regierungen seit dem Jugoslawienkrieg mit den tatsächlich wirksamen Kriegszielen unglaubwürdig.
Die Kriegsziele der NATO – und damit auch der Bundeswehrbeteiligungen: Eindämmung Russlands und Chinas, Sicherung von NATO-Marionettenregimen in rohstoff und opiumreichen Regionen, Sicherung des Dollar als Leitwährung und ungehinderter Zugriff für westliche Konzerne werden weiterhin verheimlicht.

Den Videomitschnitt der Bundestagsdebatte finden Sie hier:
https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=7064568#url=L21lZGlhdGhla292ZXJsYXk/dmlkZW9pZD03MDY0NTY4Jm1vZD1tb2Q0NDIzNTY=&mod=mediathek

Schon jetzt sollten wir aber nicht unterschätzen, was die politische Arbeit – nach dem Vorbild Rudolf Virchows – bereits bewirkt hat und noch bewirken kann. Etwa mit der Thematisierung des Krieges als Menschenrechtsproblem:
Genau vor einem Jahr war die IPPNW bereits zur Diskussion des Body Count in den Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages eingeladen – wiederum auf Initiative der Linksfraktion, auf Einladung von Michael Brandt, dem CDU-Vorsitzenden des Ausschusses. Dort wurden unsere Argumente der schwersten Menschenrechtsverletzung durch diesen Krieg von recht nachdenklich wirkenden Abgeordneten ausführlich angehört.
Ebenso waren auf der Pressekonferenz der Linksfraktion am 2. Dezember 2016 Body-Count-Autor Joachim Guilliard und Christoph Krämer von der IPPNW zu Wort gekommen.
Eine Initiative vor dem UN-Menschenrechtsausschuss unter Mitwirkung des ehemaligen Beigeordneten des UN-Generalsekretärs, Hans-Christof von Sponeck, ist geplant.

Dies reiht sich ein in die aktuelle Strategie der internationalen IPPNW, die „Humanitäre Initiative“ innerhalb der UN zur Ächtung von Atomwaffen mit ärztlichen Argumenten zu verstärken.

Ein ganz herzlicher Dank an alle, die dieses Projekt mit ihrem Arbeitseinsatz in Gang halten: Besonders an Christoph Krämer, der parlamentarische Kontakte hält und die politische Arbeit mit dem Body Count voranbringt, sowie Helmut Lohrer und Helmut Fischer von der IPPNW, Joachim Guilliard und Hans-Christof von Sponeck aus dem Body-Count-Autorenteam, die KollegInnen der IPPNW Kanada (PGS) und USA (PSR), die die internationale Herausgeberschaft der Studie ermöglicht haben.
Wir danken Claudia Haydt von der Informationsstelle Militarisierung Tübingen (IMI).

Jens Wagner ist IPPNW-Mitglied und einer der Autoren der IPPNW-Studie Body Count.

Weitere Informationen unter:
www.ippnw.de/frieden/konflikte-kriege/body-count.html
http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/18/18215.pdf (Tagesordnungspunkt 12)

Jochen

Friedenszerstörer Nr. 1: NATO eröffnet einen neuen kalten Krieg !

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Begleitet von einer medialen Dauerbeeinflussung, die auch vor der Olympiade keinen Halt macht, (s. heute Jens Berger auf den NachDenkSeiten) erscheinen die gezielten Provokationen der Ukraine auf der Krim in einem neuen Licht als Teil der Vorbereitung eines atomaren Erstschlags. Die Fähigkeit hierzu heisst jetzt verharmlosend »Anfangsoperationsfähigkeit«.

Russia_wants_War

Schau, wie nah sie ihr Land an unsere Militärbasen verlegen!

Ziel ist natürlich, dass die russische Regierung vorher einknickt und, wie schon von Naomi Klein als Schock-Strategie beschrieben, wie zu Jelzins Zeiten den Ausverkauf der Bodenschätze an globale Konzerne betreibt.
Begleitet von „Maßnahmen zur Sicherung der Rohstoffversorgung und des freien Handels“, wie sie im neuen Weissbuch der Bundeswehr beschrieben und gerechtfertigt werden. Ich habe schon 2015 darüber berichtet: https://josopon.wordpress.com/2015/02/08/ein-ring-um-russland-deutschland-ubernimmt-fuhende-rolle-bei-der-einkreisung/
Langsam sollte auch der Naivste eins, zwei, drei und vier zusammenzählen können: Gaucks Kriegsrechtfertigungsrede auf der Münchner Sicherheitskonferenz, die Regime-Change-Activities der USA in der Ukraine seit 10 Jahren, die Installation von Raketenabschussrampen rund um Russland, die Modernisierung der in Deutschland stationierten Atomwaffen zur Herstellung der Erstschlagsfähigkeit, der Ausbau der Startbahnen auf den deutschen US-Kriegsflughäfen, die Unterstützung von Terroristen der al-Nusra im mit Russland verbündeten Syrien

Dazu heute in der jungen Welt: http://www.jungewelt.de/2016/07-11/001.php

NATO-Gipfel in Warschau macht Russland offiziell zum Hauptfeind und beschließt Abschreckung, neue Atomwaffen und Raketenabwehr

Von Arnold Schölzel

Nein_zur_Nato_DDR1957Beim NATO-Gipfel in Warschau am Freitag und Sonnabend wurde ein historisches Ziel der Allianz erreicht. Die Staats- und Regierungschefs der 28 Mitgliedstaaten vollzogen offiziell die Rückkehr zur Strategie des Kalten Krieges. An die Stelle der Sowjetunion trat Russland als Hauptfeind.
Kernpunkte der Konfrontation sind Abschreckung durch eine Politik der militärischen Stärke an der russischen Westgrenze, eine fälschlich als Modernisierung bezeichnete Einführung neuer atomarer Waffensysteme sowie die Inbetriebnahme einer Raketen“abwehr“. Gearbeitet wird an den Punkten schon seit Jahren.

Die Beschlüsse im einzelnen:

  1. »Abschreckung«: Die Gipfelteilnehmer verständigten sich darauf, jeweils ein Bataillon mit etwa 1000 Soldaten in Polen, Lettland, Litauen und Estland zu stationieren. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtete allerdings, dass Militärfachleute »mit einer bis zu doppelt so hohen Zahl rechnen«.
    US-Präsident Barack Obama habe am Freitag in Warschau bekanntgegeben, dass »das Hauptquartier einer weiteren amerikanischen Kampfbrigade in Polen errichtet wird«. Washington hatte im März angekündigt, dass es eine dritte, gepanzerte Brigade nach Europa bringen werde. Über den Stationierungsort wird noch mit der polnischen Regierung verhandelt.
    Die Bundeswehr ist für den Aufmarsch fest eingeplant. Sie soll mit mehreren hundert Soldaten den Verband in Litauen anführen.
  2.  neue Atomwaffen: Das Abschlusskommuniqué hebt die Bedeutung nuklearer Waffen hervor, ohne Russland zu erwähnen und ohne konkret auf die NATO-Planungen einzugehen. Diese sehen u. a. vor, ab 2020 den neuen Atombombentyp B61-12 auch in Europa zu stationieren. Er kann von allen Trägerflugzeugen der Mitgliedsstaaten abgeworfen werden.
    In der Warschauer Erklärung heißt es, vor allem die Atomwaffen der USA stellten die »wichtigste Garantie für die Sicherheit der Verbündeten« dar. Das erfordere »planerische Leitung kombiniert mit den Anforderungen des 21. Jahrhunderts«.
  3. Raketenabwehr: Der Gipfel feiert das Erreichen der »Anfangsoperationsfähigkeit« auf diesem Gebiet als »Meilenstein«. Das im rumänischen Deveselu kürzlich installierte landgestützte »Aegis«-System, die geplanten in der Türkei und in Polen sowie die im US-Marinestützpunkt Rota in Spanien auf vier Schiffen montierten »Aegis«-Systeme stellten »operationell« einen »wichtigen Schritt« dar. Die Raketenabwehr richte sich »nicht direkt gegen Russland«.

Der Gipfel beschloss außerdem u. a. die Verlängerung der Truppenstationierung in Afghanistan, den Einsatz von AWACS-Aufklärungsflugzeugen zur Überwachung des Luftraumes über Syrien und dem Irak, die Teilnahme an der EU-Marineoperation vor Libyen.

Das russische Außenministerium erklärte dazu am Sonntag: »Die Allianz konzentriert ihre Kräfte darauf, eine nicht existierende ›Gefahr aus dem Osten einzudämmen‹«.
Mit einer »Dämonisierung« Russlands lenke die NATO von ihrer destruktiven Rolle in der Welt ab und halte Spannungen in verschiedenen Regionen der Welt aufrecht.
Die Teilnehmer eines Gegengipfels der internationalen Friedensbewegung kritisierten das NATO-Treffen ebenfalls scharf. An einer Protestdemonstration in Warschau beteiligten sich am Sonnabend mehrere hundert Menschen, darunter Bundestagsabgeordnete der Partei Die Linke.

Ein neuer Eintrag ins Wörterbuch des Neusprech: »Anfangsoperationsfähigkeit« = Erstschlagsfähigkeit

Jochen

Das neue „Weißbuch der Bundeswehr“- Vorbereitung für Eroberungskriege

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Seit mindestens 2012 wird versucht, die Bevölkerung zu „entpazifizieren“. Gauck, v.d.Leyen, de Misere, die gleichgeschalteten Medien ziehen da an einem Strang. Auch das Deutsche Rote Kreuz und die Militärseelsorge marschiert mit.
Kollwitz_KriegEiner der Kalten Krieger sprach schon von seinem Ärger darüber, dass die westdeutsche Bevölkerung von der Friedensbewegung in den 80er Jahren „durchpazifiziert“ wurde.
In Ostdeutschland hat der Militärdienst in der NVA offensichtlich fast allen Rekruten jede Lsut am Kriegspielen verdorben.
Aber wozu haben wir den Gauck, die Springerpresse, die überwiegend von der Rüstungsindustrie bespendete CDU/CSU, die Atlantik-Brücke, die Stiftung Wissenschaft und Politik u.s.w.?

Die Investitionen müssen sich doch lohnen !

Man höre dazu im Hintergrund https://www.youtube.com/watch?v=NTMCdnE5QEU
Hier eine ausführliche und gut dokumentierte Einschätzung von german-foreign-policy in zwei Teilen.
Das Weißbuch selber kann hier herunter geladen werden:
http://www.public-security.de/pdf/Weissbuch2016.pdf
Und hier die Dokumentation. In den Originalartikeln auch die Links:

Deutschlands globaler Horizont (I)

http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59411 

14.07.2016 BERLIN (Eigener Bericht) – Im neuen „Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr“ formuliert die Bundesregierung offiziell ihren Anspruch auf eine führende Rolle in der Weltpolitik. „Deutschlands sicherheitspolitischer Horizont ist global“, heißt es in dem gestern veröffentlichten Dokument, das als „das oberste sicherheitspolitische Grundlagendokument Deutschlands“ firmiert. Berlin sei bereit, „Führung zu übernehmen“, heißt es weiter; gefordert wird die ständige Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat. Insgesamt geht die Bundesregierung zwar von einem ökonomischen und infolgedessen auch politisch-militärischen Einflussverlust der westlichen Mächte aus; sie erklärt, „das internationale System“ entwickle sich hin zu einer „multipolaren Ordnung“. Doch blieben „auch in einer derart multipolaren Welt“ die Vereinigten Staaten eine prägende Macht; insofern werde man militärisch weiterhin „gemeinsam mit den USA“ die größte Schlagkraft entwickeln können. Freilich müssten „unsere amerikanischen Partner“ von nun an „den Weg gemeinsamer Entscheidungsfindung gehen“. Bezüglich Russlands spricht das Weißbuch explizit von „strategischer Rivalität“. Diese resultiere daraus, dass Moskau sich in der Weltpolitik „als eigenständiges Gravitationszentrum“ präsentiere.

Die globale Ordnung

Das neue Weißbuch formuliert offen den Anspruch Berlins, in Zukunft eine führende Rolle in der Weltpolitik zu spielen. Dieser Anspruch ist in den vergangenen Jahren immer wieder öffentlich vorgetragen worden. „Deutschland wird künftig öfter und entschiedener führen müssen“, hieß es etwa vor fast drei Jahren in einem Strategiepapier, das von rund 50 teils hochrangigen Personen aus dem außenpolitischen Establishment der Bundesrepublik erstellt und im Oktober 2013 von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) publiziert wurde.[1]
Im Weißbuch heißt es nun ähnlich, die Bundesrepublik sei „ein in hohem Maße global vernetztes Land“, das „aufgrund seiner wirtschaftlichen, politischen und militärischen Bedeutung“ daran gehen werde, „die globale Ordnung aktiv mitzugestalten“: „Deutschland ist bereit, sich früh, entschieden und substanziell als Impulsgeber in die internationale Debatte einzubringen … und Führung zu übernehmen“.
Die Bundesrepublik werde nicht nur „zunehmend als zentraler Akteur in Europa wahrgenommen“; sie „gestalte“ darüber hinaus die „internationale Ordnung mit“: „Deutschlands sicherheitspolitischer Horizont ist global. Dieser umfasst ausdrücklich auch den Cyber-, Informations- und Weltraum.“ Entsprechend erklärt die Bundesregierung im Weißbuch auch, man sei „bereit“, „ständiges Mitglied des VN-Sicherheitsrates“ zu werden.[2]

Rohstoffe und Handelswege

Auch die Beschreibung deutscher Interessen sowie tatsächlicher oder angeblicher Bedrohungen für die Bundesrepublik knüpft unmittelbar an die Debatte der vergangenen Jahre an. Die deutsche Wirtschaft sei „auf gesicherte Rohstoffzufuhr und sichere internationale Transportwege angewiesen“, heißt es im Weißbuch: „Die Sicherheit maritimer Versorgungswege und die Garantie der Freiheit der Hohen See sind für eine stark vom Seehandel abhängige Exportnation wie Deutschland von herausragender Bedeutung.“
Hinzu komme, dass inzwischen auch „funktionierende Informations- und Kommunikationswege“ unverzichtbar seien: „Deutschland muss sich daher für die ungehinderte Nutzung der Land-, Luft- und Seeverbindungen ebenso wie des Cyber-, Informations- und Weltraums einsetzen.“
Als zentrale Bedrohungen werden daher nicht nur „zwischenstaatliche Konflikte“, „transnationaler Terrorismus“ und „fragile Staatlichkeit“ genannt, sondern auch die „Gefährdung … der Rohstoff- und Energieversorgung“ sowie „Herausforderungen aus dem Cyber- und Informationsraum“.
Originell ist der Gedanke, „weltweite Aufrüstung“ im Weißbuch als Bedrohung aufzuführen: Die Bundesrepublik, drittgrößter Rüstungsexporteur der Welt [3], könnte die in der Tat brandgefährliche globale Hochrüstung mit dem Stopp ihrer Waffenausfuhren im Handumdrehen massiv verringern. Zu den Bedrohungen, denen Deutschland zur Zeit ausgesetzt sei, zählt das neue Weißbuch neben „Pandemien und Seuchen“ auch „unkontrollierte und irreguläre Migration„.

Machtverschiebungen

Bei der Durchsetzung seiner weltweiten Interessen ist Deutschland dem Weißbuch zufolge mit weitreichenden Verschiebungen in den globalen Machtverhältnissen konfrontiert. „Perspektivisch“ werde die Bundesrepublik ihre derzeitige „Stellung als weltweit viertgrößte Wirtschaftsmacht einbüßen“, heißt es: „Die Volkswirtschaften aufstrebender Mächte in Asien und Lateinamerika werden nach heutigem Ermessen in den kommenden Jahren das deutsche … Bruttoinlandsprodukt überholen.“
Der Aufstieg vor allem Chinas, aber auch Indiens und auf lange Sicht auch Brasiliens habe Folgen: „Resultat des wirtschaftlich, politisch und militärisch weiter wachsenden Einflusses von Schlüsselstaaten vor allem in Asien, Afrika und Lateinamerika“ seien „Multipolarität und geopolitische Machtverschiebungen“.
Resümierend heißt es im Weißbuch: „Das internationale System entwickelt sich zu einer politisch, wirtschaftlich und militärisch multipolaren Ordnung.“ Infolgedessen könnten sich „konkurrierende Ordnungsentwürfe für die Ausgestaltung internationaler Politik entwickeln“, heißt es weiter; das sei ein „Risiko“.
Über die globalen Machtverhältnisse der Zukunft sagt das Weißbuch voraus: „Die USA werden die internationale Sicherheitspolitik auch in einer derart multipolaren Welt weiterhin prägen.“

Bündnis auf Gegenseitigkeit

Entsprechend folgert das Weißbuch: „Nur gemeinsam mit den USA kann sich Europa wirkungsvoll gegen die Bedrohungen des 21. Jahrhunderts verteidigen“. „Bündnissolidarität“ sei deshalb „Teil deutscher Staatsräson“. „Wahrnehmung deutscher Interessen“ bedeute entsprechend „immer auch Berücksichtigung der Interessen unserer Verbündeten“; Berlin nehme „in Sicherheitsfragen bewusst gegenseitige Abhängigkeiten in Kauf“, nicht zuletzt die Abhängigkeit „von einer engen Sicherheitspartnerschaft mit den USA“.
Allerdings müssten derlei „Interdependenzen“ nun „im Interesse unserer Souveränität … grundsätzlich auf Gegenseitigkeit angelegt sein“. Vor allem Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat in jüngster Zeit mehrmals den gegenüber den Vereinigten Staaten gestiegenen Machtanspruch Berlins betont, zudem die Vorstellung von einer US-dominierten „unipolaren Welt“ zur „Illusion“ erklärt [4] und ausdrücklich dafür geworben, die EU zur „unabhängigen“ globalen Macht zu formen [5].
Das Weißbuch bestätigt nun, die deutschen Aktivitäten im transatlantischen Bündnis beruhten „auf einer klaren nationalen Positionsbestimmung„. Die „transatlantische Sicherheitspartnerschaft“ werde sich dabei „umso intensiver und fruchtbarer weiterentwickeln“, je stärker „unsere amerikanischen Partner den Weg gemeinsamer Entscheidungsfindung gehen“.

Strategische Rivalität

Erstmals seit 1990 erklärt das Weißbuch mit Russland einen Staat ausdrücklich zum „Rivalen“. Dabei räumt die Bundesregierung in dem Dokument ein, „die Krise in der und um die Ukraine“ sei „konkreter Niederschlag einer langfristigen innen- und außenpolitischen Entwicklung“.
Unerwähnt bleibt freilich – wie üblich – die treibende Rolle Berlins und Washingtons bei der Herbeiführung des Konflikts.[6]
Über die russische Reaktion auf die westliche Aggression heißt es: „Russland wendet sich … von einer engen Partnerschaft mit dem Westen ab und betont strategische Rivalität. International präsentiert sich Russland als eigenständiges Gravitationszentrum mit globalem Anspruch.“
Daraus folgert das Weißbuch: „Ohne eine grundlegende Kursänderung wird Russland … auf absehbare Zeit eine Herausforderung für die Sicherheit auf unserem Kontinent darstellen“. Die Absicht, kein „eigenständiges Gravitationszentrum“ zu dulden, erklärt die neuen Aggressionen der NATO und die deutsche Beteiligung daran.[7]
Dennoch heißt es weiter, die EU verbinde mit Russland „nach wie vor ein breites Spektrum gemeinsamer Interessen und Beziehungen“; es müsse deshalb in Zukunft wieder „eine belastbare Kooperation mit Russland“ geben. Das Weißbuch schreibt die in jüngster Zeit von Berlin geforderte „Doppelstrategie“ [8] gegenüber Moskau explizit fest: „Im Umgang mit Russland“ überaus „wichtig“ sei „die richtige Mischung aus kollektiver Verteidigung und Aufbau von Resilienz einerseits und Ansätzen kooperativer Sicherheit und sektoraler Zusammenarbeit andererseits“.

Innere Formierung

Weitreichende Aussagen enthält das neue Weißbuch auch zur inneren Formierung Deutschlands und der EU. german-foreign-policy.com berichtet am morgigen Freitag.

[1] Neue Macht – Neue Verantwortung. Elemente einer deutschen Außen- und Sicherheitspolitik für eine Welt im Umbruch. Ein Papier der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und des German Marshall Fund of the United States (GMF). Oktober 2013. S. dazu Die Neuvermessung der deutschen Weltpolitik.
[2] Zitate hier und im Folgenden aus: Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr. Berlin, Juni 2016.
[3] S. dazu Die Rüstungsoffensive des Westens.
[4] S. dazu Auf Weltmachtniveau.
[5] S. dazu Die Europäische Kriegsunion.
[6] S. dazu Expansiver Ehrgeiz und Koste es, was es wolle.
[7] S. dazu An der russischen Grenze.
[8] S. dazu Abschreckung und Dialog.

Deutschlands globaler Horizont (II)

 http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59412

15.07.2016 BERLIN (Eigener Bericht) – Das neue Bundeswehr-Weißbuch fordert Maßnahmen zur Vorbereitung der deutschen Gesellschaft auf erwartete Gegenschläge gegen deutsche Auslandsinterventionen. Um „Deutschlands Handlungsfreiheit zu erhalten“, müssten „Staat, Wirtschaft und Gesellschaft ihre Widerstands- und Resilienzfähigkeit erhöhen“ – mit dem Ziel, nicht näher erläuterte etwaige „Schadensereignisse“, die auf die „Handlungen“ Berlins folgten, „absorbieren zu können“, heißt es in dem Dokument.
Das Weißbuch, das in seinem Hauptteil die strategische Grundorientierung der Bundesrepublik vornimmt, fordert zudem eine Straffung der strategischen Entscheidungsfindung und eine stärkere Einbeziehung ziviler Kräfte in die Realisierung der staatlichen Strategien.
Auf EU-Ebene dringt es auf umfassende Maßnahmen zur Verflechtung der nationalen Streitkräfte der Mitgliedstaaten und zur Bündelung der nationalen Rüstungsindustrien; Deutschland allerdings müsse seine „Schlüsseltechnologien“ im Wehrbereich behalten.
Das oberste Strategiedokument der Bundesregierung sieht zudem die Auffrischung der deutschen Streitkräfte durch die Übernahme von Bürgern der EU-Verbündeten vor.

Die Europäische Kriegsunion

Zu den Forderungen, die sich aus dem neuen Weißbuch der Bundeswehr ergeben, gehört eine weitere Militarisierung der EU. „Als Fernziel strebt Deutschland eine gemeinsame Europäische Sicherheits- und Verteidigungsunion an“, heißt es in dem Papier. „Auf dem Weg zu dieser“ setze man „auf die Nutzung aller durch den Lissaboner Vertrag eröffneten Möglichkeiten“ zur intensiveren militärischen Kooperation; vor allem solle „das engmaschige und vielfältige bi- und multilaterale verteidigungs- und militärpolitische Beziehungsgeflecht der EU-Mitgliedstaaten untereinander“ ausgebaut werden.[1]
Als Beispiele für die erwünschte engere Zusammenarbeit der nationalen Streitkräfte innerhalb der EU führt das Weißbuch bestehende Formen der „Streitkräfteintegration“ auf, etwa die Deutsch-Französische Brigade, „dauerhafte wechselseitige Truppenunterstellungen wie zum Beispiel zwischen Deutschland und den Niederlanden sowie zwischen Deutschland und Polen“ [2] oder die „Bereitstellung multinationaler Kommandostrukturen“ wie im Fall des Multinationalen Kommandos Operative Führung in Ulm [3].
Genannt wird auch die „Streitkräfteverflechtung“ zum Beispiel in den EU Battle Groups und im Europäischen Lufttransportkommando (EATC) [4], aber auch innerhalb der NATO, etwa im Rahmen der NATO-„Speerspitze“ [5].
Die „Interoperabilität der Streitkräfte in Europa“ müsse erhöht werden, „um die Handlungsfähigkeit Europas weiter zu verbessern“, heißt es.[6]

Zivil-militärische Führung

Darüber hinaus verlangt das Weißbuch die „Europäisierung“ der Rüstungsindustrie. Es gelte, „militärische Fähigkeiten gemeinsam zu planen, zu entwickeln, zu beschaffen und bereitzustellen“, heißt es; dazu sei „eine weitergehende Restrukturierung und Konsolidierung der Verteidigungsindustrien in Europa erforderlich“. Allerdings legt Berlin Wert darauf, dass „nationale Schlüsseltechnologien“ in Deutschland verbleiben; es gehe darum, „die eigene technologische Souveränität … zu bewahren“, um so „die militärischen Fähigkeiten und die Versorgungssicherheit der Bundeswehr … technologisch und wirtschaftlich sicherzustellen“.
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass andere EU-Staaten im Zuge der Zusammenführung der Rüstungsindustrien auf ihre „technologische Souveränität“ zu verzichten haben. Schließlich dringt das Weißbuch darauf, auch auf EU-Ebene die Einbindung ziviler Organisationen und Institutionen in die militärischen Planungen voranzutreiben. Die „Integration ziviler und militärischer Fähigkeiten“ müsse intensiviert werden, heißt es: „Zur Stärkung der Reaktions- und Einsatzfähigkeit der EU im zivilen und militärischen Bereich“ strebe man „mittelfristig ein ständiges zivil-militärisches operatives Hauptquartier und damit eine zivil-militärische Planungs- und Führungsfähigkeit an“. Dies sei „in dieser Weise noch nicht in den EU-Mitgliedstaaten vorhanden“.

Europäer für Deutschland

Nicht zuletzt kündigt das Weißbuch an, Deutschland werde unmittelbar auf die Bürger der übrigen EU-Staaten zurückzugreifen, um den Personalbestand der Bundeswehr aufzustocken.
Den deutschen Streitkräften gelingt es bislang nur höchst unzureichend, neue Rekruten zu gewinnen – und dies, nachdem erst kürzlich die feste Obergrenze für die Zahl der Bundeswehrangehörigen aufgehoben wurde, um, wie es im Weißbuch heißt, „den Personalkörper bedarfsgerecht anzupassen, wenn sich die sicherheitspolitische Lage und damit die Anforderungen an die Bundeswehr ändern“. Zur Nachwuchsgewinnung will sich Berlin in Zukunft also auch bei seinen engsten Verbündeten bedienen. Die „Öffnung der Bundeswehr für Bürgerinnen und Bürger der EU“ biete „nicht nur ein weitreichendes Integrations- und Regenerationspotenzial für die personelle Robustheit der Bundeswehr“; sie sei darüber hinaus „ein starkes Signal für eine europäische Perspektive“, heißt es dazu im Weißbuch. Der deutsche Zugriff auf die Ressourcen anderer EU-Staaten weitet sich damit nun auch auf deren Bevölkerung aus.
Nach Lage der Dinge käme vor allem das personelle Ausweiden der verarmten Regionen im Süden und im Osten der EU in Betracht. Ein ähnliches Vorgehen ist in Europa bislang aus Spanien bekannt: Die spanischen Streitkräfte werben Rekruten in Spaniens ehemaligen Kolonien an. Die Bundesregierung verallgemeinert das kolonial geprägte Verhältnis nun auf Deutschland und seine „Partner“ in der EU.

Strategiefähigkeit

In Vorbereitung auf künftige Kriege nimmt das Weißbuch schließlich auch Deutschlands innere Formierung in den Blick. Erkennbar ist ein Mix aus einer Straffung der tatsächlichen Entscheidungswege bei gleichzeitiger Ausweitung des strategisch nutzbaren Umfelds. So soll der Bundessicherheitsrat, ein exklusives Gremium, dem die Kanzlerin, der Kanzleramtschef und die mächtigsten Minister angehören, aufgewertet werden. Er werde sich in Zukunft „kontinuierlicher mit strategischen Fragen“ befassen, „um seine Rolle als strategischer Impulsgeber weiter zu stärken“, heißt es; damit werden entscheidende Fragen der deutschen Außenpolitik dem parlamentarischen Feld noch stärker als bisher entzogen und zur Domäne eines kleinen Zirkels in Berlin.
Außerdem sollen die „Kompetenzen“ der Regierung „in den Bereichen strategische Vorausschau, Steuerung und Evaluierung ausgebaut und miteinander verknüpft werden“, um die staatliche „Strategiefähigkeit“ zu verbessern.
Da einerseits Auslandsinterventionen häufig als Eingriffe zur Beilegung von Krisen legitimiert werden, andererseits aber Gegenschläge zu echten Krisen im Inland führen können, sieht das Weißbuch vor, dass „Prioritäten des Krisenmanagements … und gemeinsame Handlungsansätze für konkrete Krisenlagen in geeigneten … Gremien abgestimmt“ werden. „Angesichts der Bandbreite möglicher Herausforderungen“, heißt es summarisch, sei „unser sicherheitspolitisches Instrumentarium … agil und flexibel auszugestalten“.

Im Schadensfall

Dies bezieht ausdrücklich nichtstaatliche Milieus ein. So heißt es im Weißbuch, „zur Gewährleistung von Sicherheit und Stabilität“ müsse die „Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren“ intensiviert werden – etwa durch den „Aufbau eines Netzwerkes“, in das gesellschaftliche Kräfte unterschiedlichster Art integriert werden. „Im Schadensfall“, also wenn ein Gegenschlag gegen äußere Aggressionen des deutschen Staates erfolgt, müsse „gesellschaftlicher Selbstschutz und Selbsthilfe“ staatliche „Bewältigungsmaßnahmen“ ergänzen. Dabei gehe es nicht nur um materielle Schäden, sondern auch um die „öffentliche Meinung„, die „vielfach Versuchen externer Einflussnahme ausgesetzt“ sei. Der gesellschaftliche Zusammenschluss gegen einen äußeren Gegner, der entschlossenes Vorgehen im Konflikt- und Kriegsfall erst ermöglicht, wird im Weißbuch mit dem modischen Schlagwort „Resilienz“ bezeichnet. „Resilienz“ strebe, so heißt es, den Ausbau der Widerstandsfähigkeit „von Staat und Gesellschaft gegenüber Störungen“ an.

Deutschlands Handlungsfreiheit

Dabei werden in Berlin offenbar sogar schwerste „Schadensfälle“ nicht ausgeschlossen: Explizit konstatiert das Weißbuch, Ziel der „Resilienzbildung“ müsse es sein, „Schadensereignisse absorbieren zu können, ohne dass die Funktionsfähigkeit [!] von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig beeinträchtigt wird“.
Über den Anlass der Konflikte, aus denen sich die „Schadensfälle“ zu ergeben drohen, heißt es: „Staat, Wirtschaft und Gesellschaft müssen ihre Widerstands- und Resilienzfähigkeit erhöhen, um Deutschlands Handlungsfreiheit zu erhalten“.

Mehr zum Thema: Deutschlands globaler Horizont (I).

[1] Zitate hier und im Folgenden aus: Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr. Berlin, Juni 2016.
[2] S. dazu Der deutsche Weg zur EU-Armee (I) und Der deutsche Weg zur EU-Armee (V).
[3] S. dazu Botschaft an die Weltöffentlichkeit.
[4] S. dazu Der deutsche Weg zur EU-Armee (III).
[5] S. dazu Kriegsführung im 21. Jahrhundert (I) und Kriegsführung im 21. Jahrhundert (II).
[6] S. auch Die Europäische Kriegsunion.

Uniformfetischismus, Geschichtsklitterung, »fehlende intellektuelle Tiefe«: Danke, Joachim Gauck !

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Bereits zu Anfang seiner Amtszeit eine richtige EInschätzung von Albrecht Müller:

Gauck war auch als Präsidentschaftskandidat schon ein gesteuertes mediales Kunstprodukt

160608Worst_of_GauckUnd heute der Abspanntext in der jungen Welt: http://www.jungewelt.de/2016/06-07/003.php

Auszüge:

Für fünf Jahre mit klaren Feindbildern

Von Sebastian Carlens

Monatelang hat Joachim Gauck das Land auf die Folter gespannt. Tritt der Präsident zu einer zweiten Amtszeit an?
Festlegen wollte er sich lange nicht, aber gern darüber reden. Nun weiß die Welt Bescheid – nein, er werde nicht erneut kandidieren, so das Staatsoberhaupt am Montag in einer Erklärung – und die Diskussion verlagert sich: Wer wird Nachfolger? Darüber kann bis zum Frühjahr 2017 trefflich gestritten werden.

Das ist taktlos, denn noch sitzt Gauck im Schloss Bellevue, während das politische Berlin in einen unwürdigen Schacher um seinen Posten verfällt.
Dabei wäre dieser Zeitpunkt der richtige, um das Wirken des Mannes, der ein eigenes Verb geprägt hat, Revue passieren zu lassen.
Vor seiner Zeit als Präsident saß Gauck einem Amt vor, das zum Synonym für modernes Denunziantentum wurde – der »Stasi-Unterlagenbehörde«.
Wer zu DDR-Zeiten mit den Staatsorganen zu tun hatte, konnte nach 1990 oft seine Sachen packen. Zigtausende Ostdeutsche waren auf diese Art »gegauckt« worden.

Im Jahr 2000 gab der Chefinquisitor den Posten ab. Die folgenden Jahre verdingte er sich als Berufsredner, tingelte durch die Provinz und hielt verbissen antikommunistische, deutschtümelnde Reden – klassische Karriere als Rechtspopulist, würde man heute sagen. *)
Die Oder-Neiße-Grenze, für ihn ein sowjetisches Verbrechen: »Einheimischen wie Vertriebenen galt der Verlust der Heimat als grobes Unrecht, das die Kommunisten noch zementierten, als sie 1950 die Oder-Neiße-Grenze als neue deutsch-polnische Staatsgrenze anerkannten.«

Kein Wunder, dass die Erwartungen hoch flogen, als es Gauck, nach einer erfolglosen Kandidatur im Jahr 2010, nach zwei Jahre noch ins Amt schaffte.
Die Junge Freiheit jauchzte: »Die verbliebenen Rechten und Konservativen (…) erhoffen sich, dass Gauck den Staatsschlitten bei rasender Fahrt von der tödlichen Piste bugsiert.«

Diese Erwartung konnte er nicht erfüllen. »Fehlende intellektuelle Tiefe«, attestierte ihm Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU).
Die Zielgruppe, die der gelernte Pastor jahrelang als Politprediger unterhalten hatte, ist oft direkt zur AfD oder zu Pegida weitergezogen – Gauck aber saß in Amt und Würden fest.
So blieb ihm nur, die »Glückssucht« der Bevölkerung zu geißeln und klarzumachen, wessen Pfaffe er nun ist: der der Garnison.

Die Bundeswehr, sie sollte Gaucks späte, große Liebe werden.

Die Linke, die wohl vergessen hat, dass die Funktion des 2010 von Grünen und der SPD aufgestellten Gauck nur die eigene Demütigung war, schwelgt in Blütenträumen.
Die Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger haben am Montag die beiden Parteien aufgefordert, »einen gemeinsamen Kandidaten« zu benennen.
Dominic Heilig
, Sprecher des »Forums demokratischer Sozialismus« in Der Linken, hofft im Neuen Deutschland auf ein »Wunder«.

Wenn es mit der Regierung nicht mehr klappt, dann vielleicht wenigstens mit dem Grüßaugust.

Mein Kommentar: Es fragt sich, ob der Masochismus, die Selbstauflösung aus Angst vor der Wahlschlappe, auch weiterhin die Plage der Linken bleibt.
Schon Wilhelm Reich hatte bewiesen: „Masochismus ist heilbar“ !
*) Nicht ohne Häme wurde heute schon Beate Tschäpe als Nachfolgerin vorgeschlagen, nachdem sie die mit mildernden Umständen zu erwartenden 6 Monate Haft wegen Mitläufertum abgesessen hat und zur guten Sozialprognose entlassen wird.

Jochen

Der große Afghanistan-Schwindel – Bundeswehr befürchtet Machtgewinn der Taliban

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Nichts ist gut in Afghanistan!“ sagte vor einigen Jahren Frau Margot Käßmann, damals noch evangelische Oberbischöfin.
Sie sollte recht behalten, obwohl man ihr diese Offenheit nicht verziehen hat und eine Schmähkampagne gegen sie losgetreten wurde. Alles, was das schöne Bild des „Feldzuges für Menschenrechte“ stört, sollte zensiert werden.
Hier nun 2 Meldungen, wenige Tage auseinander, im Neuen Deutschland und im Spiegel, die das NATO-Lügengewebe von beiden Seiten beleuchten:

A.http://www.neues-deutschland.de/artikel/993123.der-grosse-afghanistan-schwindel.html

Kritik an Korruption, Armut und Frauenunterdrückung ist bis heute gefährlich für Aktivisten in Afghanistan

Afghanistans Bevölkerung leidet noch immer. Nichts sei besser geworden seit dem Sturz der Taliban, kritisieren linke Organisationen und arbeiten bewusst außerhalb des Parlaments »aus Verbrechern«.

Ihre Antwort ist blanke Ironie, dabei verzieht Mariam Rawi keine Miene: Auf die Frage, was der Sturz der Taliban gebracht hat, antwortet sie: »Früher kamen nur fünf Prozent der globalen Opiumproduktion aus Afghanistan, jetzt sind es über 90 Prozent. Von 30 Millionen Menschen im Land sind drei Millionen drogensüchtig und acht Millionen erwerbslos. Alle 30 Sekunden stirbt eine Frau wegen mangelnder medizinischer Versorgung. Laut einigen Studien ist Afghanistan für ein weibliches Kind der schlimmste Ort, geboren zu werden. In manchen Dingen, auch bei Korruption, sind wir also Weltspitze

RAWA_Einladung_abgelehntEinladung abgelehnt: Hafiz Rasikh, Mariam Rawi und Weeda Ahmad hätten im 
Bundestag gern über ihr Land berichtet. Foto: Ralf Hutter

Rawi arbeitet für die Revolutionäre Vereinigung der Frauen Afghanistans (RAWA). Vor Kurzem reiste sie mit zwei weiteren Mitgliedern der afghanischen Zivilgesellschaft durch Deutschland, um einen alternativen Blick auf die Lage im Land zu geben.
Nach dem, was sie erzählen, haben die Darstellungen der Bundesregierungen der letzten Jahre nur einen Titel verdient: der große Afghanistan-Schwindel.

Um das Bild eines Landes auf dem richtigen Weg aufrecht zu erhalten, werden die kritischen Stimmen ausgeblendet. So hatten die Regierungsfraktionen beispielsweise am 11. November die afghanische Präsidentengattin Rula Ghani in den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung eingeladen, es aber abgelehnt, Rawi und eine andere Frau zu empfangen, deren Organisation sich für die Familien Ermordeter und gegen Straflosigkeit engagiert.
»Rula Ghani repräsentiert die kleine Elite Afghanistans, die mit der Lebenssituation und den täglichen Gefahren und Bedrohungen der Mehrheit der Frauen wenig zu tun hat«, kritisierte die LINKE-Bundestagsabgeordnete Heike Hänsel. Ghani sei erst 2001 nach Afghanistan gekommen. Bis dahin hatte sie mit ihrem Mann in den USA gelebt.

Mariam Rawi bestätigt diese Kritik. »Sie hat keine Wurzeln in Afghanistan«, lebe »wie eine Gefangene« im Präsidentenpalast, den sie aus Sicherheitsgründen kaum verlassen kann.
Die meisten Afghanen würden nicht mal ihren Namen kennen, sagt die RAWA-Aktivistin, deren Organisation sich seit 1977 für die Rechte der Frauen im Land einsetzt.
Die Aktivistinnen der auch heute noch vor allem im Verborgenen arbeitenden Organisation dokumentierten schon zu Zeiten der Taliban-Herrschaft von 1996 bis 2001 unter großen Gefahren Verbrechen an Frauen. RAWA arbeitet nicht mit den großen ausländischen Hilfsorganisationen zusammen, ist ein Synonym für Fundamentalopposition und dementsprechend verhasst. Deshalb werden nicht einmal ihre Lesekurse für Frauen unter dem Namen RAWA angeboten, und deshalb möchte auch Mariam Rawi, die eigentlich anders heißt, unerkannt bleiben.

Wie gefährlich es für sie ist, verdeutlicht Hafiz Rasikh von der Solidaritätspartei Afghanistans: »Nach einem Interview, in dem ich mich auf RAWA berief, wurde ich tätlich angegriffen.« Regimegegner im Allgemeinen würden als »RAWA-Anhänger« gebrandmarkt.

Die Solidaritätspartei arbeitet ausschließlich außerparlamentarisch. Sie habe 30 000 Mitglieder in 24 Provinzen, sagt Rasikh, aber ins Parlament wollen sie nicht. Es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. »Wir haben gesehen, wie Malalai Joya, die jüngste Parlamentsabgeordnete, wegen ihrer Kritik an der Regierung rausgeworfen wurde. Zudem haben sich viele Abgeordnete die Sitze erkauft oder bekamen sie, weil sie Kriegsfürsten waren. Jeder weiß, dass die Wahlen gefälscht sind und dass überall Korruption ist.«

Die 2004 gegründete säkulare Partei setzt sich für Frauenrechte ein und erklärt sich solidarisch mit dem kurdischen Kobane. In Kurdistan wie in Afghanistan unterstütze die NATO Fundamentalisten, lautet ihre Kritik.
Auf Veranstaltungen erinnert die oppositionelle Organisation auch an die Regierungsübernahmen des sozialistischen Regimes (1978 bis 1992) und der folgenden Mudschaheddin-Clique (bis 1996), die beide für jeweils Tausende Tote verantwortlich sind.

Dieser Aufarbeitung ist die Arbeit von Weeda Ahmad gewidmet. Sie leitet die Vereinigung für afghanische Gerechtigkeitssuchende, die regelmäßig Demonstrationen und Gedenken für die im Laufe der Jahrzehnte unter verschiedenen Regimes ermordeten Menschen veranstaltet. »Im Amnestiegesetz von 2008 steht, über die Verbrechen der Vergangenheit zu sprechen, störe den Frieden«, sagt sie. In Wahrheit sei der Grund ein anderer: »Der Staat wird vor allem von Leuten geführt, die für solche Verbrechen verantwortlich sind.«
Deshalb mag Ahmad ihre Regierung nicht als demokratisch bezeichnen. Ihre allererste Maßnahme sei gewesen, »die Kriegsfürsten und Kriminellen« wieder an die Macht zu bringen, die da schon zwischen 1992 und 1996 waren. Mit ihnen an der Spitze seien die Missachtung von Frauen und die Armut größer geworden. Die Tötung von Zivilisten habe zugenommen – sei es durch Militär, Taliban oder staatsnahe Milizen, ein neues Phänomen, eingesetzt von der Regierung. Da sie nicht überall Polizei und Militär installieren konnte, habe sie lokale Milizen als Sicherheitskräfte verpflichtet, berichtet Ahmad.

Rawi, Rasikh und Ahmad sind gegen diese mächtigen Cliquen wie auch gegen ausländisches Militär im Land. Mit ihrer Kritik an der Regierung stehen sie nicht allein. Mitte November demonstrierten in Kabul mehr als 10 000 Menschen, um Druck auf die Regierung auszuüben, etwas gegen den Islamischen Staat zu unternehmen. Es war die größte Demonstration seit Jahrzehnten.
Anlass war eine grausame Bluttat einige Monate zuvor. Dabei waren sieben Reisende in einer unsicheren Gegend des Landes aus einem Bus geholt und geköpft worden.
»Es war das erste Mal, dass auch Frauen und ein Kind so entführt und getötet wurden«, sagt Rawi. »Das hat die Menschen sehr betroffenen gemacht.« Manche von ihnen versuchten, den Präsidentenpalast zu stürmen, einige wurden dabei angeschossen.

B. http://www.spiegel.de/politik/ausland/afghanistan-bundeswehr-fuerchtet-machtgewinn-der-taliban-a-1066371.html

Afghanistan: Bundeswehr befürchtet Machtgewinn der Taliban

Düstere Prognose für Afghanistan: Laut einem Zeitungsbericht fürchten Bundeswehrexperten 2016 eine steigende Bedrohungslage am Hindukusch. Afghanische Sicherheitskräfte könnten in einigen Regionen die Kontrolle verlieren.

In Afghanistan droht nach Meinung der Bundeswehr eine neue massive Offensive der radikal-islamischen Taliban. Wie die „Bild“-Zeitung unter Berufung auf den „Ausblick Sicherheitslage 2016“ berichtet, wird den Taliban eine „zunehmend erfolgreiche Kampfführung“ bescheinigt, die in Afghanistan „insgesamt zu einer Verschlechterung der Sicherheits- und Bedrohungslage“ führe.

Die Islamisten könnten ihre Aktionen „effektiver koordinieren“ und in größeren Gruppen auftreten, heißt es in dem Bundeswehrbericht weiter.
Parallel drohe ein Zusammenbruch der afghanischen Sicherheitskräfte, die jahrelang – auch von der Bundeswehr – aufgebaut worden waren.

Mit Blick auf das kommende Jahr prognostiziert die Bundeswehr: „Neben der zukünftig auch dauerhaften Kontrolle von einzelnen Distriktzentren in militanten Kernräumen sind 2016 auch verstärkte, umfangreiche, ausgeplante und gut koordinierte Angriffe auf Provinzzentren wahrscheinlich.
Dabei ist auch ein zeitlich befristeter Kontrollverlust der afghanischen Sicherheitskräfte möglich.“

Die Mehrzahl der Provinzhauptstädte in Afghanistan sei zwar noch „ausreichend kontrollierbar“, viele ländliche Gebiete hingegen seien überwiegend oder gar nicht mehr zu kontrollieren.

Von der Leyen in Nordafghanistan

Wegen der angespannten Sicherheitslage im Land hatte die Nato erst vor wenigen Tagen ihren geplanten Truppenabzug aus Afghanistan vorerst gestoppt.
Der Einsatz am Hindukusch soll nächstes Jahr mit fast unverändertem Aufwand fortgesetzt werden.

Die Truppe der deutschen Bundeswehr soll dabei sogar wieder von 850 auf bis zu 980 Soldaten aufgestockt werden. Ursprünglich war schon für das kommende Frühjahr der Rückzug der Nato-Truppen aus den Provinzen in die Hauptstadt Kabul geplant.

Kurz vor der geplanten Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes besucht Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die deutschen Soldaten am Hindukusch. Die CDU-Politikerin traf am Sonntagabend im Feldlager im nordafghanischen Masar-i-Scharif ein, wo Soldaten aus 21 Ländern zur Ausbildung und Beratung der afghanischen Streitkräfte stationiert sind.

Die Truppenbesuche der Verteidigungsminister kurz vor Weihnachten haben Tradition. Von der Leyen will am Montag mit deutschen und afghanischen Soldaten sprechen, um sich über den Stand der Ausbildung zu informieren.

ssu/dpa-AFX

Mein Kommentar zu UvdL: Die „Trippel-Königin vom Lazarett“ !

Jochen

Seit Pariser Terroranschlag gezielte Pressehetze: Krieg als Generationenaufgabe

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Der 2. Artikel, eine Übersicht, im Original hier:
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59253
Schock-Strategie_Naomi_KleinGetreu den von Naomi Klein als Schock-Strategie beschriebenen Methoden, aus Zerstörung Kapital zu schlagen !
Auszüge:

Führende deutsche Medien sprechen nach den Pariser Terroranschlägen vom vergangenen Freitag von einem neuen Weltkrieg. „Dem ganzen Planeten“ werde gegenwärtig „ein dritter Weltkrieg“ aufgezwungen, heißt es exemplarisch in einer bekannten Tageszeitung. Das Blatt mahnt, der Krieg gegen den IS werde noch „nicht mit der Intensität geführt, die in einem Weltkrieg nötig wäre“.

Andere Blätter fordern ein entschlossenes Vorgehen ohne „Halbherzigkeit“ oder gar „Selbstvorwürfe“: Dass nach 14 Jahren „Anti-Terror-Krieg“ der Terror stärker sei als je zuvor und die arabisch-islamische Welt sich in einer katastrophalen Lage befinde, liege nicht an verfehlter Politik des Westens, sondern daran, dass „im muslimischen Krisengürtel von Pakistan bis Marokko“ ohne Schuld des Westens „Zerfalls- und Entzivilisierungsprozesse“ eingesetzt und zu einem „zivilisatorischen Zusammenbruch“ geführt hätten.

Ergänzend zu einer Fortsetzung oder sogar Ausweitung der militärischen Interventionspolitik fordern verschiedene Medien eine beträchtliche Ausweitung der inneren Repression; so solle bei „Terrorgefahr“ künftig die Bundeswehr den Schutz als gefährdet geltender Straßen übernehmen. Aus der umfassenden Formierung der öffentlichen Meinung und der Vorbereitung auf einen „Weltkrieg“ schert unter den großen überregionalen Medien der Bundesrepublik lediglich eine bekannte Wirtschaftszeitung aus. *) Deren Geschäftsführer Gabor Steingart warnt, mit militärischer Eskalation schaffe man „keinen Frieden“, sondern „züchtet Selbstmordattentäter“. Man müsse endlich nach Alternativen suchen.

„Ein dritter Weltkrieg“

Führende deutsche Medien sprechen nach den Pariser Terroranschlägen vom vergangenen Freitag von einem neuen Weltkrieg. Der Westen befinde sich „im Weltkrieg“ gegen den „Islamischen Staat“ (IS), schreibt ein Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, eines der einflussreichsten Blätter der Bundesrepublik.[1]
„Dem Westen, ja dem ganzen Planeten“ werde gegenwärtig „ein dritter Weltkrieg“ aufgezwungen, heißt es im Tagesspiegel, der vor allem in der deutschen Hauptstadt gelesen wird. Wie der Tagesspiegel erklärt, nehme der „dritte Weltkrieg“ sogar „eine Dimension an …, die noch über den globalen Charakter konventioneller Kriege hinausreicht“.[2]
Mehrere Regional- und Boulevardmedien nehmen den Begriff mittlerweile auf.[3] Er wird in appellativer Absicht verwendet: „Der Kampf gegen den ‚Islamischen Staat‘, gegen die Taliban und Boko Haram wird nicht mit der Intensität geführt, die in einem Weltkrieg nötig wäre“, heißt es.[4]

„Entzivilisierungsprozesse“

Die Ursache dafür, dass mehr als 14 Jahre nach der Ausrufung des sogenannten Anti-Terror-Kriegs durch den Westen der jihadistische Terror stärker ist denn je, liegt nach Auffassung einflussreicher Kommentatoren nicht in der gescheiterten westlichen Aggressionspolitik, sondern in inneren Entwicklungen der arabisch-islamischen Welt. Demnach hätten dort nicht näher erläuterte „Zerfalls- und Entzivilisierungsprozesse“ eingesetzt, heißt es etwa in der Frankfurter Allgemeinen.[5]
Die einst als liberal eingestufte Süddeutsche Zeitung sieht „die Ursachen für Terror“ gleichfalls in einem „zivilisatorischen Zusammenbruch“ im „muslimischen Krisengürtel von Pakistan bis Marokko“, dem „Europa“ übrigens auch „die gewaltige Fluchtbewegung“ verdanke. In dem „Krisengürtel“ herrsche „kein Recht und kein Staat mehr“, „die Willkür“ habe dort „organisatorische Macht gewonnen“: „Syrien und Co. sind Großexporteure des Unfriedens.“[6]
Dass der totale Zusammenbruch Afghanistans, des Irak, Libyens, Syriens und des Jemen jeweils militärischen Interventionen folgte, mit denen der Westen und die mit ihm verbündeten arabischen Golfdiktaturen einen Regime Change herbeiführen wollten, wird in den Leitkommentaren ebenso heruntergespielt oder gänzlich verschwiegen wie die taktisch motivierte Unterstützung des Westens und seiner arabischen Verbündeten für Jihadisten insbesondere in Afghanistan, Libyen und Syrien, die deren Erstarken erst ermöglichte (german-foreign-policy.com berichtete [7]).

„Keine Halbherzigkeit!“

Die Relativierung westlicher Schuld an der Zerstörung einer wachsenden Zahl islamischer Staaten wird dabei mit der Forderung verbunden, die westliche Aggressionspolitik weiterzuführen und sie sogar noch zu verstärken. Der Krieg gegen den Jihadismus sei „eine Generationenaufgabe und nicht in wenigen Jahren zu erledigen“, heißt es etwa: Man dürfe „nicht mit Selbstvorwürfen, mit Rückzug“ oder mit „Halbherzigkeit“ auf das bisherige Scheitern reagieren.[8]
Ein Kommentator erklärt, es sei „bekannt“, woran der Kampf gegen den Terror „scheitert: vor allem an Halbherzigkeit. Dem Westen fehlt es an Geschlossenheit und Ausdauer.“ Abgesehen davon müsse man sich stärker als bisher auf einheimische Verbündete stützen. Es habe sich gezeigt, „dass den Gesellschaften der islamischen Welt Stabilität alleine von außen nicht aufzuzwingen ist“, heißt es; in Zukunft müssten deshalb „die lokalen Volksgruppen die Befreiung von der Unterdrückung anführen“.[9]
Exemplarisch genannt werden nicht näher definierte „Moderate“ und „die Kurden“ in Syrien und im Irak.

„Ein hartes Gesicht“

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Die Forderung nach einer Weiterführung der westlichen Aggressionspolitik in der islamischen Welt geht in konservativen wie in liberalen Medien mit der Forderung nach einer massiven Verschärfung der inneren Repression einher. Die europäischen Staaten müssten sich „mit Polizei und Geheimdiensten …, mit Überwachung und Prävention“ verteidigen, heißt es etwa.[10]
„Polizei und Nachrichtendienste“ sollten „in Deutschland und Europa weiter aufgerüstet und noch stärker vernetzt werden“; helfen könne „eine gemeinsame Antiterrorzentrale der EU, mit Polizei und Nachrichtendiensten in einem Komplex“. „Die für die Bundespolizei vorgesehenen, schwer bewaffneten und schnell zu verlegenden Einheiten“ würden „womöglich schneller gebraucht“ als gedacht. Auch sei „das Militär stärker in den Schutz der inneren Sicherheit“ einzubeziehen: „Bei größerer Terrorgefahr … sollte die Bundeswehr sofort verfügbar sein“ und zumindest für den „Schutz gefährdeter Gebäude und Straßenzüge“ genutzt werden. Auch gelte es „unbedingt“, das Internet stärker zu überwachen.[11]
Es werde zu „Einschränkungen der Freiheiten“ kommen, „die es zu verteidigen gilt“, äußert ein Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Die Deutschen“ hätten „nichts gegen ein freundliches Gesicht an der Spitze ihrer Regierung“; jetzt aber „wollen und müssen sie ein anderes sehen: ein hartes“.[12]

Alternativen zum Krieg

Die innere Formierung der öffentlichen Meinung und die publizistische Einstimmung auf einen „Weltkrieg“ wird im Spektrum der großen überregionalen Medien in der Bundesrepublik zur Zeit nur von einer bekannten Wirtschaftszeitung durchbrochen. Gabor Steingart, Geschäftsführer beim Handelsblatt, mahnt: „Für das feindliche Klima zwischen den Kulturkreisen trägt der Westen eine Mitschuld.“ „Von den 1,3 Millionen Menschenleben, die das Kriegsgeschehen von Afghanistan bis Syrien mittlerweile gekostet hat, bringt es allein der unter falschen Prämissen und damit völkerrechtswidrig geführte Irak-Feldzug auf 800.000 Tote“, konstatiert Steingart: „Die Mehrzahl der Opfer waren friedliebende Muslime, keine Terroristen.“
„Der Automatismus von Härte und Gnadenlosigkeit, das vorsätzliche Nicht-Verstehen des anderen, die feurigen Reden an das jeweils heimische Publikum, die schnell in Marsch gesetzten Bombergeschwader“ hätten „uns … dahin gebracht, wo wir heute stehen“: „So beendet man den Terror nicht, sondern facht ihn weiter an. So schafft man keinen Frieden, so züchtet man Selbstmordattentäter.“ Anstatt auf „Kampf oder Kapitulation“ zu setzen, müsse man künftig „Ordnung, Respekt und Moderation“ fördern: „Es gibt Alternativen zur militärischen Eskalation“.[13]
Steingart steht mit dieser Mahnung unter den führenden Köpfen der deutschen Leitmedien allein. *)

Mehr zum Thema: Die syrische Spur.

[1] Berthold Kohler: Im Weltkrieg. www.faz.net 15.11.2015.
[2] Frank Jansen: Ein dritter Weltkrieg wird uns aufgezwungen. www.tagesspiegel.de 14.11.2015.
[3] Jörg-Helge Wagner: Es ist ein neuer Weltkrieg. www.weser-kurier.de 15.11.2015. Sophie Albers Ben Chamo: „Wir befinden uns mitten im Dritten Weltkrieg“. www.stern.de 16.11.2015.
[4] Frank Jansen: Ein dritter Weltkrieg wird uns aufgezwungen. www.tagesspiegel.de 14.11.2015.
[5] Klaus-Dieter Frankenberger: Der neue Krieg. Frankfurter Allgemeine Zeitung 16.11.2015.
[6] Stefan Kornelius: Exporteure des Todes. www.sueddeutsche.de 14.11.2015.
[7] S. dazu Vom Westen befreit, Vom Westen befreit (II), Vom Westen befreit (III) und In Flammen.
[8] Klaus-Dieter Frankenberger: Der neue Krieg. Frankfurter Allgemeine Zeitung 16.11.2015.
[9] Stefan Kornelius: Exporteure des Todes. www.sueddeutsche.de 14.11.2015.
[10] Stefan Kornelius: An die Wurzeln. www.sueddeutsche.de 15.11.2015.
[11] Frank Jansen: Ein dritter Weltkrieg wird uns aufgezwungen. www.tagesspiegel.de 14.11.2015.
[12] Berthold Kohler: Im Weltkrieg. www.faz.net 15.11.2015.
[13] Gabor Steingart: Handelsblatt Morning Briefing 16.11.2015.

*) Mittlerweile hat sich Bernd Ulrich von der Zeit dazu gesellt:
http://www.zeit.de/2015/47/muslime-islam-westen-umgang/komplettansicht

Jochen