Ein funktionierendes, überzeugendes, linkes antifaschistisches Projekt gegen die Rechts-Entwicklung in Europa und in Deutschland

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

scheint mir ein erstrebenswertes, wenn auch weit ehntferntes Ziel.
In Nördlingen versuchen eine Handvoll Leute, dafür eine lokale Basis zu schaffen.
Wer dabei mitarbeiten will, kann am Dienstag, 16.2.2016 zur Mahnwache der DFG-VK in die Berger Str. anlässlich des ersten „Stammtisches der AfD“ im „Sixen“ um 18:30 kommen.

Und hier der passende, ausführliche Text aus der emanzipatorischer Linken:
http://www.neues-deutschland.de/artikel/1001546.das-unmoegliche-fordern-um-das-moegliche-zu-erreichen.html
Auszüge:

Das Unmögliche fordern, um das Mögliche zu erreichen

Rot-Rot-Grün ist keine Option für den Bund im kommenden Jahr. Für die Linke gibt es dennoch viel zu tun: Solidarisch an der Seite der Geflüchteten.
Ein Debattenbeitrag von Anne Helm, Oliver Höfinghoff und Peter Laskowski

«Das Unmögliche zu wollen, ist die Voraussetzung dafür,
das Mögliche zu schaffen.» (Karl Liebknecht)

Rot-Rot-Grün (=R2G) ist für 2017 im Bund gescheitert, weil es keinen gesellschaftliche Konsens für R2G gibt.
Ein solcher gesellschaftlicher Konsens zugunsten von R2G ist aber notwendig, um eine tragfähige Basis für eine parlamentarische Mehrheit von R2G zu schaffen.

Wenn nichts Unvorhergesehenes passiert, wird nach den Bundestagswahlen 2017 einzig die Frage gestellt werden, wer mit der CDU-Kanzlerin regieren darf. Die Möglichkeiten, die für die CDU zur Wahl stehen sind Union und SPD oder Union und Grüne. Die einzig spannende Frage am Wahlabend 2017 wird sein: Ist Schwarz-Grün stärker als SPD, «Die Linke» und AfD zusammen und gegenüber der CSU durchsetzbar?

Es gibt keine Aufbruchstimmung und keine laut artikulierte Unzufriedenheit mit den gesellschaftlichen Zuständen, die R2G zugute kommen würde.
Eher im Gegenteil: Die einzige sich laut artikulierende Unzufriedenheit mit den gesellschaftlichen Zuständen kommt von rechts und ist zutiefst rassistisch und rückwärtsgewandt. «Nichts erinnert an die […] – später enttäuschte – Aufbruchstimmung 1997/1998», beschreibt die Linken-Politikerin Halina Wawzyniak die Lage[1].

Keine Aufbruchstimmung wie 1998

Anders, als zu Beginn von Rot-Grün unter Schröder und Fischer gibt es keine Aufbruchstimmung, besteht, für die Masse der Bevölkerung, aktuell kein Bedarf an einer Veränderung und Modernisierung der Gesellschaft. Rot-Grün hat 1998 mit dem Versprechen, das Land zu modernisieren und umzugestalten, ein politisches Projekt angeboten, das bei den eigenen Anhängern Hoffnungen weckte und gesellschaftlich mobilisierend wirkte. Demgegenüber stand das «Weiter so» der Kohl-Regierung, das nicht einmal mehr auf die eigene Anhängerschaft überzeugend und damit mobilisierend wirkte.

Mit dem Versprechen einer nachholenden Modernisierung gelangten 1998 Politiker in die Regierung, die einen Wechsel symbolisierten und die Hoffnungen auf einen Wechsel an vielen Stellen auch erfüllten. Der Atomausstieg, die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, die Ausländerpolitik – dies alles erfüllte Hoffnungen[2] und ließ Deutschland als liberales, weltoffenes und modernes Land erscheinen. Das durch Helmut Kohl versinnbildlichte graue, altmodische und starre, oft rückwärts gewandt agierende Deutschland schien überwunden.

Rot-Grün wurde 1998 gesellschaftlich getragen, weil es innerhalb der Gesellschaft das Bedürfnis gab, mit einem anderen Politikstil eine umfassende und notwendige Reformierung der Gesellschaft einzuleiten. Obwohl sich rot-grün viele emanzipatorische Projekte vorgenommen hatte, blieben am Ende doch nur Sozialabbau (Hartz IV) und Kriegseinätze. Hieran zerbrach letztendlich die die Regierung tragende gesellschaftlichen Mehrheit.

R2G hat in Thüringen mobilisiert

R2G hat 2014 in Thüringen mit dem Versprechen, Thüringen umzugestalten, zu modernisieren und gleichzeitig Bewährtes zu erhalten, ein politisches Projekt angeboten, das bei den eigenen Anhängern Hoffnungen weckte und in Thüringen mobilisierend wirkte. Viele positive Projekte, die R2G in Thüringen angestoßen hat, werden von breiten Teilen der Bevölkerung getragen. Man denke nur an die allgemeine und Breite Zustimmung zum Winterabschiebestopp 2014, an die Begrüßung von Flüchtlingen durch Bodo Ramelow und an ähnliches.

Obwohl R2G in Thüringen nicht die erste Regierungsbeteiligung der Linken in Deutschland darstellt, ist diese Koalition doch die emotional aufgeladenste bisher. Selbst die 50 Prozent der PDS in Ost-Berlin und Gysi als Wirtschaftssenator hatte weniger Strahlkraft als R2G in Thüringen.

In der allgemeinen Euphorie über das Zustandekommen von R2G in Thüringen wurde eine einfache Wahrheit vergessen. Diese fasste die ehemalige Bundessprecherin der Grünen, Verena Krieger, mit den Worten zusammen[3]: «Der Staat ist kein Fahrrad, auf das man sich einfach setzen und in beliebiger Richtung losradeln kann.» Auch die Thüringer Genoss*Innen konnten nicht einfach auf das Rad Thüringen steigen und die Umgestaltung Thüringens hin zu einer besseren Gesellschaft beginnen.

«In Mitte-Links-Regierungen [wie R2G eine darstellt] repräsentiert ‘Die Linke’ mit der Gesamtheit ihrer politischen Positionen eine gesellschaftliche Minderheit, auch wenn einzelne ihrer Forderungen (wie zum Beispiel der Mindestlohn) gesellschaftlich mehrheitsfähig sein können. Damit dürfte klar sein, dass die Kompromissbildung in Koalitionsverhandlungen nur punktuell zugunsten linker Positionen ausfallen kann…», so etwa Harald Wolf[4].

Wie viel links geht in Kompromissen?

Weil die Kompromissbildung nur punktuell zugunsten linker Positionen ausfallen kann, auch wenn «Die Linke» innerhalb der Regierungskoalition die Stärkste der Parteien ist, ist die Kompromissbildung die Grundlage von Mitte-Links Regierungen. Um den Preis der Regierungsbeteiligung und der Hoffnung, etwas in dieser Gesellschaft verändern zu können, müssen die Mitglieder der Linken sich, immer wieder und wieder die Frage stellen: Ist der Weg, sich auf Kompromisse einzulassen, der richtige?

Diese Kompromissbildungen sind um so schwieriger für «Die Linke» zu akzeptieren, um so heftiger sie das Selbstverständnis unserer Partei tangieren.
Eines der besten und bittersten Beispiele ist hierfür die Durchführung von Abschiebungen durch R2G in Thüringen.

Auch für R2G in Thüringen gilt, «dass der Wert einer Regierungsbeteiligung […] sich an ihren Ergebnissen [bemisst]. Wobei der Maßstab nicht einfach das Wünschenswerte ist, sondern die Ausgangslage der ökonomischen, gesellschaftlichen und politischen Kräfteverhältnisse», wie es Carola Bluhm, Malte Krückels und Udo Wolf über «10 Jahre Rot-Rot in Berlin» schreiben[5].

Und das ist das Problem. Es gibt in Thüringen nun einmal keine wie auch immer geartete Mehrheit, weder in der Gesellschaft, noch in der Basis von R2G die den Schutz von Flüchtlingen über die Einhaltung von (leider existenten) Gesetzen stellt würde. Da mag der Genosse Ramelow sich selber, um Abschiebungen zu verhindern, in die vorderste Front der Blockierenden einreihen wollen, es ändert aber nichts daran das er als Ministerpräsident schlicht an die Einhaltung von Bundesgesetzen gebunden ist.

Hier kommt eine weitere Besonderheit der Partei «Die Linke» zum Tragen, denn sie «bildet in den Ländern und im Bund den linken parlamentarischen Rand – und auf absehbare Zeit wird sich daran wohl nichts ändern. Das heißt, jede Zusammenarbeit mit parlamentarischen Kräften, sei es in einer Regierung oder in einer gemeinsamen Oppositionsrolle – erfolgt stets nach rechts hin. Das ist einerseits schön: Weil wir und unserer Inhalte so mit dem Nimbus des Progressivsten und Emanzipatorischsten ausgestattet sind; andererseits ist es eine Herausforderung an unsere Wähler und unsere Partei, weil wir mit jedem Kompromiss und jeder Vereinbarung nach rechts gezogen werden

Da jeder Kompromiss innerhalb von R2G immer ein Kompromiss nach rechts hin ist, wird so mit jedem Kompromiss Widerstand an der eigenen Basis und im außerparlamentarischen Raum erzeugt. In Thüringen steht die Basis, aber auch der Großteil der sich außerparlamentarisch engagierenden Menschen noch zu R2G, weil diese Regierung nach wie vor eine Verbesserung gegenüber der Vergangenheit darstellt.

Die Linken im Abwehrkampf gegen Rechts

Wie eingangs dargestellt, ist R2G für 2017 im Bund gescheitert, weil es eindeutig keine «gesellschaftliche Mehrheit für Rot-Rot-Grün gibt».
Dies ist nicht zuletzt dem aktuellen Rechtsruck in Deutschland und Europa geschuldet, aber auch der Tatsache, dass viele Linke in Deutschland noch nicht begriffen haben, dass wir uns, ohne über ein linkes Gegenprojekt zu verfügen, in einem Abwehrkampf – unter anderem – gegen die organisierte Rechte befinden. Einen Abwehrkampf, bei dem es nicht darum geht, wer «am radikalsten den Kapitalismus kritisiert».
Um es mit Klaus Ernst zu sagen[6]: «Es geht um alles.»

«Die fehlende linke Diskursmehrheit hat sich in den letzten Jahren der großen Koalition deutlich bemerkbar gemacht. Die Seehofers […] dieser Republik stören sich nicht an dem etablierten braunen Mob, begründet er doch ihre ‘besorgte Bürger’-Rhetorik und entschuldigt das Versagen bei Aufklärung und Verhinderung von rechten Gewaltexzessen», so die Ex-Piraten in ihrem «Aufbruch in Fahrtrichtung links»[7].

Betrachten wir die Ausgangslage, vor der wir 2017 stehen werden. Wir müssen konstatieren, dass der kurze Sommer der Willkommenskultur in Deutschland vorbei ist. Übriggeblieben ist eine starke außerparlamentarische Bewegung. Hunderttausende, wahrscheinlich weit über eine Million Menschen in Deutschland engagieren sich in der Flüchtlingsarbeit.

Wenn heute gewählt würde, säße in Deutschland die AfD im Bundestag. «Kein Tag vergeht, an dem nicht Flüchtende in Deutschland angegriffen und diskriminiert werden – auf der Straße und durch Politik und Verwaltungen. Der laute Pöbel regiert die Straße und zieht nach und nach in die Parlamente ein. CDU und CSU packen alte Vorurteile in neue Gewänder und haben dieses Landes weit nach rechts verschoben.»

Europas politische Achse: nach rechts

Die politische Achse Europas hat sich nach rechts verschoben. «Ängste der Massen werden zu Teilen rechtspopulistischer Inszenierungen und nach der Machtergreifung durch Wahlen beginnt der autoritäre Umbau von Staat und Gesellschaft», so Dominic Heilig und Luise Neuhaus-Wartenberg in ihrem Beitrag zur Debatte um eine Linkswende[8].

Wir befinden uns in einen Abwehrkampf gegen den politischen Rechtsruck in Deutschland und in Europa. Hierbei kommt der Bundesrepublik aus zwei Gründen eine besondere Rolle zu: Zum einen ist Deutschland die zentrale europäische Hegemonialmacht. An Deutschland läuft in Europa, solange es um Geld und den Verbleib in der Union geht, nichts vorbei. Eindrucksvoll konnte dies am Umgang mit der SYRIZA-Regierung in Griechenland beobachtet werden. Um es mit den Worten des Genossen Giorgos Chondros von SYRIZA zu sagen: «Es wird für ganz Europa schwierig, wenn sich die Verhältnisse vor allem in Deutschland nicht ändern.»

An der Veränderung der Verhältnisse in Deutschland zu arbeiten ist die Aufgabe der Linken. Allerdings muss dies in Zusammenarbeit mit den anderen linken Parteien in Europa erfolgen. Für uns steht unzweideutig fest, dass der Rahmen, in dem wir uns bewegen, der Europäische Raum ist. Unser Streben nach gesellschaftlichen Veränderungen muss immer auch ein Streben nach Veränderungen in Europa beinhalten. Für uns gilt als Grundsatz, dass wir nicht gegen die EU und den Euro kämpfen, sondern gegen die neoliberale EU und eine neoliberale Währungspolitik. Mit uns wird es kein zurück zum Nationalstaat und einer nationalen Währungssouveränität geben. Für uns steht unumstößlich fest, was auch der SYRIZA-Mann Chondros sagt: «Die Rückkehr zum Nationalstaat ist keine Option und Nationalismus kein linkes Projekt.»

Für uns steht auch fest: Der Feind, der dem besseren Leben für alle entgegensteht und die Verhältnisse, in denen der Mensch ein Verächtliches und geknechtetes Wesen ist, aufrechterhalten will, steht rechts.

Überzeugende linke, antifaschistische Politik

Eine der Aufgaben der Linken in Deutschland ist es, die Präsenz der AfD und anderer Parteien rechts von der Mitte in den Parlamenten durch überzeugende linke, antifaschistische Politik zu verhindern bzw. zu beenden. In einem Papier haben Politiker der Linken formuliert[9]:
«Der Rassismus ist dort am größten, wo die hart erarbeitete kleine eigene Welt, wo Haus, Auto und Urlaub durch die Konfrontation mit Armut und Elend der geflüchteten Menschen als bedroht empfunden wird. Wo es am wenigsten Migrantinnen und Migranten gibt, dort werden sie am meisten gehasst, die Fremden – und die ‚Hartzer‘, die Langzeitarbeitslosen!»

Die seit Jahrzehnten erfolgende Aushöhlung des Sozialstaats, die, wie es Christoph Butterwegge nachgezeichnet hat[10], in der sozialliberalen Koalition der 1970er Jahre begann, in den Jahrzehnten der schwarze-gelben Kohl-Regierung brutal weitergeführt wurde und in der «Agenda 2010» ihren traurigen Höhepunkt fanden, hat den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft nachhaltig zerstört.
Die der neoliberalen Ideologie folgende Enteignung der Bevölkerung durch den (Aus-)Verkauf öffentlichen Eigentums, verniedlichend Privatisierung genannt, flankierte die zunehmende Verarmung von Teilen der Gesellschaft mit einer drastischen Einschränkung der öffentlichen Daseinsvorsorge.

Durch die «drastische Einschränkung der öffentlichen Daseinsvorsorge [wurden] auch die sozialen Grundlagen der Demokratie angegriffen […] und die damit verbundenen angeblichen Sachzwänge der neoliberalen Krisenbearbeitung zogen eine Krise der politischen Repräsentation nach sich».

Auf dieser Grundlage entwickelte sich ein Wählerpotential, das nach Alternativen zu den bestehenden, die Politik bestimmenden Parteien suchte.
Diese Wähler*Innen sind latent rassistisch, vorurteilsbeladen und autoritätsgläubig, halten sich jedoch für in der Wolle gewebte Demokraten. (Hierzu als Lektüre empfehlenswert: Theodor W. Adorno: «Studien zum autoritären Charakter».)
Kernpunkt ihres politischen Feindbildes sind die Europäische Union, der Euro und die Bankenrettung. Unter einer dünnen Firnis von Zivilisation und demokratischen Einstellungen tritt schnell eine zutiefst rassistische, militanten Antikommunismus und neofaschistischen Terror verharmlosende und entschuldigende Einstellung zutage.

Die AfD propagiert «die Verschärfung von Austeritätspolitik, Neoliberalismus, Ausgrenzung sowie anti-egalitären und rückwärtsgewandten Vorstellungen der Gesellschaft».
Damit trifft sie das Weltbild der vorgenannten Wähler*Innen-Gruppe im großen Maße und lässt dieser die Illusion, Demokraten zu sein und nicht über ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild zu verfügen.

Für eine linke Diskursmehrheit

Wichtig ist auch, dass wir analysieren, warum «Die Linke» Stimmen an die Rechtspartei verloren hat. Diese Analyse ist entscheidend für die Beantwortung der in einem Beschluss des Vorstands[11] von «DieLinke» formulierten Frage, «wie die AfD (bei anstehenden Wahlen) geschwächt werden kann».

Bei unserem Kampf gegen rechte und autoritäre Positionen geht es auch und zuallererst darum, eine linke Diskursmehrheit zu erringen. Um diese zu erreichen, müssen wir außerparlamentarisch aber auch parlamentarisch Teil eines Bündnisses gegen die AfD sowie rechte und autoritäre Einstellungen werden. Dieses Bündnis muss geprägt sein durch die auch von Gregor Gysi formulierte Erkenntnis[12], «dass wir alle verlieren werden, wenn es uns nicht gelingt, ein funktionierendes, überzeugendes, linkes [antifaschistisches] Projekt gegen die Rechts-Entwicklung in Europa und in Deutschland auf die Beine zu stellen».

Über dieses Bündnis muss es uns gelingen, eine gesellschaftliche Mehrheit mit der Mitte, die als Bollwerk gegen die Rechtsentwicklung wirken kann, zu erringen. Ob diese gesellschaftliche Mehrheit 2021 zu R2G im Bund führt ist dabei zweitrangig. «Das Wasser von rechts steigt, und wie existenzbedrohlich hoch es steigen kann, zeigt der Blick auf unsere Nachbarn», so Klaus Ernst[13].
Wir müssen alles daran setzen, eine linke Diskurshoheit in Deutschland zu erringen. «Die Zeichen stehen auf Sturm und die Linke muss das ihr Mögliche tun, um die Offensive im Kampf für eine wirklich linke Regierung in Deutschland einzuleiten», so das Institut Solidarische Moderne[14].

Auch wenn R2G mit dem Verhalten der SPD und Teilen der Grünen in der Flüchtlingsfrage als Parteienprojekt 2017 keine Perspektive hat, so müssen wir um das Zusammenführen von R2G als gesellschaftliche Mitte-Links Strömung ringen. Das Jahr 2016 nimmt dabei nicht nur für uns eine Schlüsselrolle ein.

Deutschland und die Geflüchteten

«Deutschland hat im Jahr 2015 mehr als 700.000 Geflüchtete aufgenommen und zunächst notdürftig versorgt. Wie sehr die europäische und die bundesrepublikanische Gesellschaft durch diesen Umstand erschüttert worden sind, ist noch nicht erforscht, die Implikationen können uns noch nicht klar werden. Sie beginnen und sie enden sicher nicht mit dem Aufstieg der Deutschen Rechten in Form der rechtsradikalen AfD.
Wie sich unsere Gesellschaft verändern muss und verändern wird mit den Menschen in der Not, denen wir die Hand reichen, lässt sich sicher auch nicht im Jahr 2016 beantworten. Das muss in den nächsten Jahrzehnten diskutiert werden. Wir sind überzeugt, dass es eine linke Diskurshoheit bei diesen und allen anderen umwälzenden Prozessen der globalisierten Gesellschaft und Ökonomie braucht, wenn nicht nur der gesellschaftliche Fortschritt der nächsten Jahre gerettet, sondern auch der Fortschritt der letzten Jahrzehnte geschützt werden soll», wie es die Ex-Piraten in ihrem «Aufbruch in Fahrtrichtung links» formuliert haben[15].

Es muss uns gelingen, gesellschaftliche Kämpfe und kulturelle Veränderung zu nutzen, um den Weg hin zu einer emanzipatorischen Politik zu ermöglichen und linken Regierungen den Weg zu öffnen. Darum lautet die strategische Frage, vor der wir stehen: «Wie lässt sich die neoliberale Hegemonie durchbrechen?»

Wie lassen sich gesellschaftliche Mehrheiten für eine soziale, emanzipatorische, antirassistische, ökologische und kulturelle Veränderung der Gesellschaft gewinnen?

Immer mehr Menschen erleben «die Politik» als etwas, das nichts mit ihrem Leben zu tun hat. Sie wenden sich von der tradierten Politik ab, die in Strukturen und nach Formen arbeitet, die nicht die der Menschen sind. Sie gehen oft nicht mehr wählen, gehören weder Parteien noch Gewerkschaften an und entziehen sich so dem tradierten Politischen.

Eine Bewegung der Solidarität

Sie haben gleichzeitig spontan zu Hunderttausenden mit anderen eine starke außerparlamentarische Bewegung, die freiwillige Flüchtlingsarbeit, entstehen lassen. Tausende engagieren sich in außerparlamentarischen Organisationen wie dem Chaos Computer Club und bearbeiten dort Probleme wie die der Entwicklung der Arbeit oder der Bürgerrechte unter dem Eindruck der Digitalisierung. Wieder andere engagieren sich in der Arbeitslosenbewegung und den Initiativen für ein Bedingungsloses Grundeinkommen. Viele Menschen, die mit der etablierten Politik und den parlamentarischen Parteien nichts mehr anfangen können, arbeiten in antifaschistischen Initiativen.

Diese Menschen müssen nicht, wie gebetsmühlenartig auch in «Die Linke» behauptet wird, «für die Politik zurückgewonnen werden». Denn sie sind zutiefst politisch – wir müssen ihnen aber Möglichkeiten eröffnen, an einem Projekt zur sozialen, emanzipatorischen, antirassistischen, ökologischen und kulturellen Veränderung der Gesellschaft mitzuarbeiten und selbst mitzuentscheiden, wie dies aussehen soll.
Emanzipatorische Politik muss am Alltagsleben der Menschen ansetzen und auch dort stattfinden. Ein emanzipatorisches politisches Projekt muss die Interessen und Hoffnungen der Menschen aufgreifen, dort ansetzen und ihre Alltagserfahrungen im politischen Kampf berücksichtigen. Bei ihnen gibt es Bedarf an einer zukunftsorientierten und kulturoptimistischen, einer grenzenlosen und solidarischen Politik, die die Chancen der digitalen Revolution aufgreift, wie es an dieser Stelle[16] bereits einmal hieß.
Hierzu müssen wir antworten auf Fragen finden wie «die nach der Verfügung über all diese Daten, Algorithmen und Kommunikationsinfrastrukturen. Sie liegt zunehmend in der Hand privater Konzerne, die sie nicht zuletzt für staatliche Überwachungszwecke und digitale Kriegsführung bereitstellen.»

All diese Menschen müssen wir in ein gemeinsames emanzipatorisches Projekt einbinden. «Es geht um den Ausstieg aus alten Routinen, um ein freies Zusammenspiel und die produktive Austragung von Konflikten», so hat es das Institut Solidarische Moderne einmal formuliert[17]. Für uns ist die Vertiefung der Rolle von «Die Linke» als die Partei der Flüchtlingshelfer*Innen hierbei von fundamentaler Bedeutung.

Partei der Flüchtlingshelfer*Innen

Das eine ist die Vertiefung der Rolle von «Die Linke» als die Partei der Flüchtlingshelfer*Innen. Wir müssen Sprachrohr des Widerspruchs gegen eine Flüchtlingspolitik werden, die Geflüchtete zum Objekt von Politik macht und keine «unumwundene Solidarität mit Geflüchteten» übt.
Wir sehen «Die Linke» als Teil eines linken Projektes um die Gewinnung der Diskurshoheit:solidarisch, ohne Wenn und Aber, an der Seite der Geflüchteten.  

«Die Linke» muss eine «unmissverständliche Solidarität mit den Geflüchteten und eine klare Absage an geschürte Ängste, seien es angebliche finanzielle Belastungen, Integrationsprobleme oder vermeintliche Verteilungssorgen» üben.
Was die Refugees brauchen, ist eine klare Fürsprecherin für ihre Interessen im Parlament und in der Öffentlichkeit. … Dabei gibt es viel zu gewinnen: Millionen, vor allem junge Menschen in Deutschland setzen sich für Geflüchtete ein, helfen bei Geflüchteten-Initiativen, tragen Spenden zusammen und gehen für die Rechte von Geflüchteten und für das Asylrecht auf die Straße. Viele dieser Menschen stehen der LINKEN nahe.
Wir wünschen uns, dass ‘Die Linke’ dieses Potential aufgreift, ihm eine Stimme gibt und ihre antirassistischen Grundsätze unumwunden und prominent in die Öffentlichkeit trägt, überall wo sich ihr die Möglichkeit bietet.
Das bedeutet ein klares Ja zu offenen Grenzen, die Zuversicht, dass Geflüchtete für die Gesellschaft keine Last bedeuten und die Klarstellung, dass die Krise Ausdruck des zunehmenden Rassismus in der Gesellschaft ist«, heißt es in diesem Aufruf der Linksjugend[18].

Natürlich muss »Die Linke« darüber hinaus natürlich weiter gegen die Zerstörung der Demokratie, gegen den Fiskalpakt, gegen TTIP, CETA und TISA in der vorliegenden Form, gegen jede Veränderung des Rechts auf Asyl, außer es handelt sich um eine Rückkehr zum ursprünglichen Artikel 16 des Grundgesetzes, und gegen die aktuellen Anti-Asylgesetz, die Vorratsdatenspeicherung, gegen die Rücknahme der Energiewende und gegen NATO-Kriege eintreten. Darin sehen wir zum Vorstehenden keinen Widerspruch.

Auf der Basis des von uns skizzierten Projekts kann es uns gelingen, gesellschaftliche Kämpfe und kulturelle Veränderung zu nutzen, um den Weg hin zu einer emanzipatorische Politik zu ermöglichen und R2G bis zum Jahr 2021 den Weg zu öffnen.
Einen Automatismus gibt es hierbei nicht, aber eine Hoffnung: Durch das Fordern des Unmöglichen das Mögliche zu erreichen.

Anne Helm, Oliver Höfinghoff und Peter Laskowski sind Mitglieder im Bundeskoordinierungskreises der Emanzipatorischen Linken[19].

Links:

  1. http://blog.wawzyniak.de/r2g/#sthash.txnBI2d4.dpuf
  2. http://www.faz.net/aktuell/politik/regierungsbilanz-die-schoenste-form-der-hausbesetzung-1252552.html
  3. http://www.zeitschrift-luxemburg.de/der-staat-ist-kein-fahrrad/
  4. http://www.zeitschrift-luxemburg.de/der-staat-ist-kein-fahrrad/
  5. http://www.die-linke-berlin.de/politik/positionen/partei/strategiedebatte/10_jahre_rot_rot_in_berlin/
  6. http://www.fr-online.de/gastbeitraege/gastbeitrag-runter-von-der-zuschauertribuene-,29976308,32653602.html
  7. http://www.neues-deutschland.de/artikel/998923.aufbruch-in-fahrtrichtung-links.html
  8. http://forum-ds.de/wp-content/uploads/2016/01/Die-Machtfrage-von-links-stellen.pdf
  9. http://www.neues-deutschland.de/artikel/996632.fuer-eine-linkswende-gegen-den-rechtstrend.html
  10. http://www.christophbutterwegge.de/texte/Ein neoliberales Drehbuch fuer den Sozialabbau.pdf
  11. http://www.die-linke.de/partei/organe/parteivorstand/parteivorstand-2014-2016/beschluesse/umgang-mit-der-afd/
  12. http://www.neues-deutschland.de/artikel/995969.rot-rot-gruen-als-historischer-kompromiss.html
  13. http://www.fr-online.de/gastbeitraege/gastbeitrag-runter-von-der-zuschauertribuene-,29976308,32653602.html
  14. https://www.solidarische-moderne.de/de/article/439.die-chance-nutzen-nach-der-griechischen-wahl.html
  15. http://www.neues-deutschland.de/artikel/998923.aufbruch-in-fahrtrichtung-links.html
  16. http://emaliberlin.files.wordpress.com/2015/06/linke-und-die-perspektiven-der-digitalen-revolution1.pdf
  17. http://www.solidarische-moderne.de/de/article/439.die-chance-nutzen-nach-der-griechischen-wahl.html
  18. http://www.linksjugend-solid.de/2015/12/11/aufruf-zu-unumwundener-solidaritaet-mit-gefluechteten
  19. https://emanzipatorischelinke.wordpress.com/

Jochen

„Stratfor“-Chef George Friedman: Putin fest im Sattel

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

In Ergänzung meines vorigen Beitrages hier eine aktuelle Einschätzung eines Experten, dem man nuin wirklich keine Linkslastigkeit vorwerfen kann:
https://www.jungewelt.de/2014/12-29/001.php
Ich muss schon sagen, wer auf eine echte Liberalisierung in Russland hoffte, muss sich auf einen kalten Winter einstellen.
Je mehr Putin von der NATO unter Druck gesetzt wird, desto weniger sind Spielräume für echte emanzipatorische Politik vorhanden – hüben wie drüben !
Und nun zu „Stratfor“-Chef George Friedman:

In der ersten Dezemberhälfte war der Chef des privaten US-amerikanischen Nachrichtendienstes »Stratfor«, George Friedman, zu Gesprächen in Moskau. Er traf sich mit US-, Westeuropa- und NATO-Experten russischer Thinktanks und des Außenministeriums sowie mit international operierenden russischen Geschäftsleuten und Studenten, um sich ein Bild von den wirtschaftlichen und politischen Erwartungen des Landes zu machen.
»Stratfor« verdient mit politischen, ökonomischen und militärischen Risikoeinschätzungen sein Geld. Was die Berichte von westlichen Medien und Regierungsstellen unterscheidet, ist, dass sie die Lage weitaus weniger ideologisch verzerrt und manipuliert wiedergeben, denn die Kunden sind hauptsächlich die Abteilungen in den Großkonzernen, die strategische Investitionsentscheidungen zu fällen haben und deshalb eine realistische Grundlage für ihre Planung brauchen und keine nach politischem Gutdünken gefärbte.junge Welt dokumentiert eine gekürzte Fassung des Friedman-Berichtes in einer Übersetzung von Rainer Rupp.

Wladimir Putins Popularität ist ungebrochen (Straßenszene in Mos
Wladimir Putins Popularität ist ungebrochen (Straßenszene in Moskau, 24.12.2014) -Foto: AP Photo/Dmitry Lovetsky

Als ich ankam, dachte ich, die wirtschaftlichen Probleme Russlands würden in den Köpfen der Menschen alles andere verdrängen. Der Absturz des Rubels, der Rückgang der Ölpreise, eine allgemeine Abschwächung der Konjunktur und die Auswirkungen der westlichen Sanktionen scheinen aus westlicher Perspektive die russische Wirtschaft niederzuhämmern. Doch darum drehten sich meine Gespräche nicht.

Für die relative Ruhe trotz der finanziellen Situation gab es einen anderen Grund, und der sollte sehr ernst genommen werden.
In den 1990er Jahren haben die Russen schrecklich unter Boris Jelzin gelitten. Allerdings auch unter früheren Regierungen.

Anmerkung: Siehe Naomi Klein, „Schock-Strategie“

Trotzdem, und das haben etliche Gesprächspartner unterstrichen, haben sie alle Kriege gewonnen, die sie gewinnen mussten, und zugleich haben sie es geschafft, ein lebenswertes Leben zu führen.

Jetzt herrscht in Russland die Meinung, dass das Goldene Zeitalter der vergangenen zehn Jahre zu Ende geht. Das sei zu erwarten gewesen und auch da würde man durchkommen. Die Regierungsbeamten sagten das als Warnung, und ich glaube nicht, dass es ein Bluff war.

Dreh- und Angelpunkt unserer Gespräche waren die Sanktionen, und die Absicht meiner Gesprächspartner war es, zu zeigen, dass Russland dadurch nicht zu einem Politikwechsel gegenüber der Ukraine genötigt werden wird.
Die Stärke der Russen liegt darin, dass sie Dinge ertragen, die andere Nationen brechen würden. Und wenn die Russen sich bedroht fühlen, neigen sie dazu, ihre Regierung vorbehaltlos zu unterstützen, egal wie kompetent sie ist.
Daher sollte niemand erwarten, dass Sanktionen, egal wie hart sie auch sind, zu einer Kapitulation Moskaus führen werden. Wenn dem so ist, dann geben sich Amerikaner und Europäer über die Auswirkungen ihrer Sanktionen Illusionen hin.

Mein Gefühl sagt mir, dass die Russen es ernst meinen. Das erklärt, warum die verschärften Sanktionen, der Absturz des Ölpreises, die Rezession und vieles mehr nicht zu der vom Westen erwarteten Erosion des Vertrauens in die russische Regierung geführt hat.
Zuverlässigen Umfragewerten zufolge ist Präsident Wladimir Putin immer noch enorm populär. Ob er populär bleibt, wenn der wirtschaftliche Niedergang stärker zu spüren ist und ob dann Eliten gleichermaßen zuversichtlich bleiben werden, ist eine andere Sache.
Aber für mich war die wichtigste Lektion, die ich in Russland vielleicht gelernt habe, dass die Russen auf wirtschaftlichen Druck nicht in gleicher Weise reagieren, wie das die Leute im Westen tun.

Präzedenzfall Kosovo

Bei der Ukraine-Frage stieß ich auf viel mehr Härte. Man gestand ein, dass die Entwicklungen dort einen Rückschlag für Russland darstellten und man nahm der Obama-Regierung übel, dass sie in ihrer Propagandakampagne Russland als den Aggressor darstellt.
Zwei Punkte wurden regelmäßig unterstrichen. Erstens, dass die Krim ein historischer Teil von Russland und bereits vor der Krise vertraglich von russischem Militär dominiert war und dass es somit keine Invasion gab, sondern lediglich die Durchsetzung der Wirklichkeit.
Zweitens gab es ein erhitztes Beharren darauf, dass die Ostukraine von Russen besiedelt ist und dass dort – ebenso wie in anderen Ländern – die Russen ein hohes Maß an Autonomie erhalten. Dabei wurde auch auf das kanadische Modell von Quebec verwiesen, das zeige, dass der Westen in der Regel keine Probleme mit regionaler Autonomie für ethnisch verschiedene Regionen hat, aber sich schockiert zeigt, wenn die Russen eine solche Form des Regionalismus ausüben wollen.

Der Fall des Kosovo ist für die Russen aus zwei Gründen extrem wichtig: Erstens, weil sie glauben, dass ihre Interessen dort missachtet wurden.
Und zweitens, weil damit ein Präzedenzfall geschaffen wurde. Jahre nach dem Sturz der serbischen Regierung, die die Albaner dort bedroht hatte, hat der Westen dem Kosovo die Unabhängigkeit verliehen.
Damit – so unterstrichen die Russen – wurden die Grenzen neu gezogen, obwohl es keine Gefahr mehr für das Kosovo gab. Russland wollte das verhindern, aber der Westen hat es trotzdem getan, weil er stark genug war, es zu tun.
Nachdem der Westen in Serbien die Landkarte neu gezeichnet hat, hat er aus russischer Sicht nun nicht das Recht, einer Neuzeichnung der ukrainischen Karte zu widersprechen.

Strategischer Puffer

Aus russischer Sicht ist die Ukraine ein notwendiger strategischer Puffer. Ohne die Ukraine fühlt sich Russland mit einer erheblichen Bedrohung konfrontiert, wenn nicht jetzt, dann später. Als Beispiel wurde auf Napoleon und Hitler verwiesen. Denn beide Feinde wurden mit (strategischer, jW) Tiefe besiegt.

Ich versuchte, die strategische Perspektive der Vereinigten Staaten zu erklären, die das vergangene Jahrhundert mit der Verfolgung eines einzigen Ziels verbracht haben: In Europa den Aufstieg eines Hegemons zu verhindern, der in der Lage gewesen wäre, westeuropäische Technologie und Kapital mit russischen Ressourcen und Arbeitskräften zu paaren.
Um eine entsprechende deutsche Hegemonie zu blockieren, intervenierten die USA 1917 im Ersten Weltkrieg und später wieder im Zweiten Weltkrieg.
Im Kalten Krieg war es das Ziel, eine russische Hegemonie in Europa zu verhindern.

Daher habe das wiedererstarkte Russland in Washington die Erinnerung an den Kalten Krieg geweckt, und im aktuellen Fall ist die Angst vor Russland in der Ukraine nicht ganz unberechtigt. Wenn es Russland gelingt, seine Macht in der Ukraine zu festigen, was kommt dann als nächstes?
Russland hat militärische und politische Macht, die beginnen könnte, nach Europa auszustrahlen und sich auszuwirken. Daher ist es für die USA und für einige europäische Länder nicht unvernünftig, ihrerseits in der Ukraine ihre Macht durchsetzen zu wollen.

Die Russen werden sich mit einem bestimmten Grad an Autonomie in Teilen der Ostukraine zufrieden geben. Wie viel Autonomie, weiß ich nicht.
Sie brauchen eine deutliche Geste, um ihre Interessen zu schützen und ihre Bedeutung zu unterstreichen. Ihr Argument, dass regionale Autonomie in vielen Ländern existiert, ist überzeugend. Aber in der Geschichte geht es um Macht, und der Westen nutzt seine Macht, Russland in die Enge zu drängen.
Doch jeder weiß, dass es nichts Gefährlicheres gibt, als einen Bären zu verwunden. Ihn zu töten, ist besser, aber Russland zu töten, hat sich in der Geschichte nicht als einfach erwiesen.

Ich kam mit zwei Erkenntnissen zurück. Eine war, dass Putin in seinem Amt sicherer ist, als ich dachte. Das hat nicht viel zu bedeuten. Präsidenten kommen und gehen.
Aber es ist eine Erinnerung daran, dass Entwicklungen, die einen westlichen Führer zu Fall bringen würden, einen russischen möglicherweise unberührt lassen.
Zweitens, die Russen planen keine Aggression.

Gleichzeitig hat sich meine allgemeine Analyse bestätigt. Was auch immer Russland an anderen Orten der Welt tun mag, für Russland ist die Ukraine von grundlegender strategischer Bedeutung. Selbst wenn der Osten einen Grad an Autonomie erhielte, würde Russland weiterhin zutiefst besorgt bleiben über die Beziehung der übrigen Ukraine zum Westen.
So schwierig dies für Westler zu ergründen ist, die russische Geschichte ist eine Geschichte von »Puffern«.
Pufferstaaten bewahren Russland vor westlichen Eindringlingen.
Russland will ein Arrangement, in dem die Ukraine zumindest neutral ist.

Jochen