Tonkin-Zwischenfall 1964 als Mustervorlage der Vorbereitung des Überfalls der USA auf das souveräne Syrien

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Aus der deutschen Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Vietnamkrieg#Kriegseintritt_der_USA:
Am 31. Juli 1964 griff ein südvietnamesisches Sabotagekommando im Rahmen von „OPLAN34“ zwei nordvietnamesische Inseln an.
Am 1. August lief das US-Kriegsschiff USS Maddox in den Golf von Tonkin ein, um die Vietnamesische Volksarmee (PAVN) elektronisch auszuforschen.
Aus ungeklärten Gründen entsandte Nordvietnams Küstenwache am 2. August drei Schnellboote zur Maddox. Diese fürchtete einen Torpedoangriff, eröffnete das Feuer, versenkte eins der Boote, beschädigte die übrigen und meldete diesenTonkin-Zwischenfall der US-Regierung.
Am 4. August meldete die USS Turner Joy (DD-951) während eines Gewitters irrtümlich weitere Torpedoangriffe, zog die Meldung aber zurück. Die NSA legte Johnson nur jene 10 % des für den Zwischenfall relevanten Funkverkehrs vor, die einen Angriff nahelegten.[64]
Johnson (US-Präsident) ordnete noch am selben Abend erste Luftschläge auf Hanoi an und begründete diese im US-Fernsehen als Vergeltung für „wiederholte unprovozierte Gewaltakte“. Die Beteiligung der US-Kriegsschiffe an Sabotageaktionen wurde dem Kongress verheimlicht.
Staatssekretär George Ball gab später zu, dass sie in den Golf von Tonkin entsandt worden waren, um einen Kriegsgrund zu provozieren. Die sofortigen Vergeltungsschläge waren seit Monaten vorbereitet gewesen.[65]

Der Angriff der USA auf das souveräne Syrien ohne jede Absprache im Sicherheitsrat oder den vereinten Nationen ist medial von langer Hand vorbereitet worden. Seit Wochen wird aus den von der Atlantik-Brücke kontrollierten deutschen Leitmedien zur Eskalation gedrängt, das Assad-Regime als das einzig Böse dargestellt, von den Massakern, die die NATO im Irak anrichet, abgelenkt. Nur so ist diese schnelle und skrupellose Aktion möglich gewesen.
Kurzfristig soll die Schweizer Syrien-Friedenskonferenz torpediert werden; langfristig geht es darum, dem letzten Stützpunkt der russischen Armee in Syrien die Legitimation und den Boden zu entziehen.
Nebenbei will die US-Regierung auch dem Staatsbesuch aus China demonstrieren, dass sie sich weiterhin wie ds Imperium aufführen kann.
Die Reaktion des Außenministers Gabriel zeigt, dass wir von dieser SPD keine friedfertige Politik zu erwarten haben; ähnlich wie 1914 muss diese sich vaterländisch aufführen.
Es ist zu vermuten, dass in den USA auch wieder private Werbeagenturen mit vorgegebenen Kampagnen eingespannt waren wie im 2. Golfkrieg mit der Brutkastenlüge und 2003 mit der Massenvernichtungsmittel-Lüge, einschließlich eindrucksvoller großer Fotos von Kinderleichen.

k leukefeld

Karin Leukefeld nimmt in der jungen Welt dazu ausführlich Stellung https://www.jungewelt.de/artikel/308552.was-geschah-in-idlib.html:

Was geschah in Idlib?

Syrien-Konferenz in Brüssel von vermeintlichem Giftgasangriff überschattet. Westen verurteilt Regierung – ohne Beweise

Eigentlich sollte es am Dienstag und Mittwoch in Brüssel darum gehen, wie Syrien und seine Nachbarländer in Zukunft unterstützt werden können. Eingeladen hatte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, »Kovorsitzende« waren Deutschland, Norwegen, Großbritannien, Katar und Kuwait sowie die Vereinten Nationen, die von dem Syrien-Beauftragten Staffan De Mistura vertreten wurde.
Vertreter von insgesamt 70 Staaten und internationalen Hilfsorganisationen waren in die belgische Hauptstadt gereist, um darüber zu beraten, wieviel Geld für welche Gebiete in Syrien und in den Nachbarländern aufgebracht werden soll – und unter welchen Bedingungen.

Doch noch bevor die ersten Gespräche beginnen konnten, bestimmte ein Luftangriff in dem syrischen Ort Khan Scheikhun (Provinz Idlib) die Tagesordnung.
Mehr als 70 Menschen waren dabei am Dienstag getötet worden, Hunderte wurden verletzt. Ein Krankenhaus, das die Verletzten versorgte, wurde mit einer Rakete beschossen.

Die Nachrichten über einen angeblichen Giftgasangriff war von der bewaffneten Opposition in Khan Scheikhun verbreitet worden. Verantwortlich seien entweder »russische oder syrische Kampfjets«. Die »Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte« in Großbritannien sorgte für die weltweite Verbreitung der Nachricht, die »Nationale Koalition« (Etilaf) in Istanbul forderte eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates.
Unmittelbar darauf verurteilte Mogherini den Angriff und machte den syrischen Präsidenten verantwortlich. Frankreich, Großbritannien und die USA legten in Windeseile einen Resolutionsentwurf für den UN-Sicherheitsrat vor. US-Außenminister Rex Tillerson forderte Russland auf, den syrischen Präsidenten »zu stoppen«.
Der UN-Beauftragte De Mistura forderte eine internationale Untersuchung und warnte vor vorschnellen Schuldzuweisungen.

Zu diesem Zeitpunkt hatte das russische Verteidigungsministerium bereits mitgeteilt, zu dem besagten Zeitpunkt keine Angriffe im betroffenen Gebiet geflogen zu haben.
Die syrische Luftwaffe habe dort ein Waffenlager bombardiert, in dem vermutlich Giftgas produziert oder gelagert worden sei. Die russische Luftüberwachung habe ergeben, dass »die syrische Luftwaffe zwischen 11.30 und 12.30 Uhr am östlichen Rand von Khan Scheikhun einen Luftangriff auf ein zentrales Munitions­lager und militärisches Material« durchgeführt habe, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Generalmajor Igor Konaschenko. »Auf diesem Gebiet waren auch Werkstätten, in denen Geschosse mit giftigem Material gefüllt wurden.«
Die Symptome, die auf dem aus Khan Scheikhun verbreiteten Videomaterial zu sehen gewesen seien, entsprächen denen, die man auch in Aleppo nach Angriffen mit chemischen Waffen beobachtet habe, so der Sprecher weiter.
Russland habe seine Untersuchungen der UN-Organisation zum Schutz vor chemischen Waffen (OPCW) übergeben, die das Material prüfe.

Die syrische Armeeführung verurteilte ebenso wie das syrische Außenministerium das mit Giftgas verübte »Verbrechen an der Bevölkerung« von Khan Scheikhun und machte die bewaffneten Gruppen verantwortlich. Die Armee habe »nie chemische Waffen gegen die Bevölkerung eingesetzt und werde es nie tun«, so ein Armeesprecher.
Die Angriffe bei Khan Scheikhun seien mit Suchoi Su-22-Kampfjets durchgeführt worden, die keine Chemiewaffen transportieren könnten.
Syrien habe die Chemiewaffenkonvention 2013 unterzeichnet und alle Bestände seien von der UNO abtransportiert und vernichtet worden, sagte der stellvertretende syrische Außenminister Feisal Mekdad im Interview mit dem Sender Al Mayadeen.

Ein Grund mehr, sich bei den Ostermärschen für den Frieden und gegen jede Form von „Schutzverantwortungsbombardierungen“ einzusetzen, zum Beispiel:

Unsere nächsten Veranstaltungen

Sa, 15.04.2017, 11:30 Uhr Moritzplatz, Augsburg

Ostermarsch 2017

mit Demo, Infoständen, Reden und der Regensburger Rockband RUAM

Das Flugblatt kann hier herunter geladen werden:
http://s573815085.online.de/pdfs/Ostermarsch%202017_A4.pdf

Jochen

Europas bittere Medizin – Kannibalisierend aus der Krise

Featured Image -- 3933Guter Überblick, der einige Motive erklärt. Um von inneren Spannungen abzulenken, hat es schon immer gepasst, nach außen Krieg zu führen. Auch die Wirtschaft des deutschen Nationalsozialismus war ohne ständige Eroberungen und Raubzüge gegen die Industrie, die Banken und die wohlhabenden Bevölkerungsschichten der überfallenen Länder nicht denkbar.
Soll die EU dieses Prinzip wieder aufleben lassen, nachdem in den neuen Ländern Osteuropas nichts mehr zu holen ist ?

Neue Debatte

Die Europäische Union als Entwurf der führenden Nationalstaaten und deren wichtigsten Kapitalfraktionen ist an ihre Grenzen gestoßen.

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Europäische Militarisierungsoffensive: Autonom Krieg führen

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Im Windschatten der Fußball-EM wird weiter Militarisierung betrieben. Dazu auch die heutige Regierungserklärung durch Angela Merkel. Man beachte das neoliberale Neusprech mit vielen neu eingeführten Begriffen!:
https://www.jungewelt.de/2016/07-06/060.php
Auszüge:

Die neue »EU-Globalstrategie« proklamiert verschärfte Aufrüstung und die ­weltweite Durchsetzung neoliberaler Wirtschaftspolitik

Von Sabine Lösing und Jürgen Wagner

Überschattet von der Brexit-Abstimmung verabschiedeten die europäischen Staats- und Regierungschefs beim Gipfeltreffen in Brüssel am 28. und 29. Juni nahezu unbemerkt eine neue EU-Globalstrategie (EUGS). Das seit über einem Jahr unter der Ägide der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini ausgearbeitete Papier namens »Gemeinsame Vision, gemeinsame Aktion – ein stärkeres Europa«1 ersetzt die bisher gültige »Europäische Sicherheitsstrategie« (ESS) aus dem Jahr 2003.
Die EUGS steckt als Grundlagendokument die allgemeinen Ziele ab, die die Europäische Union mit ihrer Außen- und Sicherheitspolitik verfolgen möchte. Sie liefert damit die Grundlage, um nun – wahrscheinlich in einem späteren Weißbuch – eine konkrete Militarisierungsagenda zur Umsetzung dieser Absichten auszuarbeiten.
Und ausgerechnet der Brexit könnte sich als regelrechter Segen für die Propagandisten einer »Militärmacht Europa« erweisen, da Großbritannien bislang Initiativen in diese Richtung stets ablehnend gegenüberstand. Jedenfalls gingen die Außenminister Deutschlands und Frankreichs unmittelbar nach dem britischen Referendum mit einem gemeinsamen Papier in die Offensive, in dem sie eine Reihe von Vorschlägen unterbreiten, um die EUGS mit militärischer Substanz anzureichern.

»Ein stärkeres Europa«

Eines fällt gleich beim ersten Blick in das Mo­gherini-Papier auf: Der triumphal-optimistische Ton, der sich noch wie ein roter Faden durch den Vorgänger zog, wurde von einer deutlich düstereren Lageeinschätzung verdrängt. Die ESS 2003 war beispielsweise noch mit folgendem Satz eingeleitet worden: »Nie zuvor ist Europa so wohlhabend, so sicher und so frei gewesen. Die Gewalt der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist einer in der europäischen Geschichte beispiellosen Periode des Friedens und der Stabilität gewichen.«2

Ganz offensichtlich hat sich diese nach Eigeneinschätzung überaus komfortable Lage seitdem grundlegend verändert. So wurde bereits in einem vom EU-Parlament im April 2016 verabschiedeten Entschließungsantrag zur Globalstrategie gefordert, »dass sich die Europäische Union des gesamten Ausmaßes der Verschlechterung ihres unmittelbaren strategischen Umfelds und der sich daraus ergebenden langfristigen Folgen bewusst werden muss«.3
In der EUGS werden nicht minder pessimistische Töne angeschlagen: »Wir erleben gegenwärtig eine existentielle Krise, innerhalb und außerhalb der Europäischen Union. Unsere Union ist bedroht. Unser europäisches Projekt, das uns in beispielloser Weise Frieden, Wohlstand und Demokratie gebracht hat, ist in Frage gestellt.«

Gleichzeitig wird betont, dass es durchaus möglich sei, sich aus dieser misslichen Lage zu befreien – und dafür dient die EUGS quasi als Anleitung.
Schon unmittelbar nachdem sie vom Europäischen Rat im Juni 2015 den Auftrag zur Ausarbeitung der Globalstrategie erhalten hatte, veröffentlichte Mogherini als eine erste Standortbestimmung einen »Strategischen Überprüfungsbericht« (»Strategic Review«), in dem Sinn, Zweck und Anspruch des Unterfangens folgendermaßen umrissen wurden: »Die EU verfügt über alle Mittel, um in der Zukunft ein einflussreicher globaler Akteur zu sein – wenn sie gemeinsam handelt. (…) In einer verflochtenen, umkämpften und komplexen Welt benötigen wir eine klare Vorstellung über die richtige Richtung. Wir müssen uns über unsere Prioritäten und Ziele und über die Mittel, wie wir sie erreichen wollen, verständigen. (…) Wir benötigen eine gemeinsame, umfassende und schlüssige EU-Globalstrategie.«4

Die Interessen der Mitgliedsländer ließen sich, so der Befund, nicht mehr nationalstaatlich durchsetzen. Nur im EU-Verbund könne die für notwendig erachtete machtpolitische Schlagkraft generiert werden, um auch in Zukunft weltweiten Einfluss ausüben zu können.
In der EUGS selbst wird diese Überlegung aufgegriffen: »Wir brauchen ein stärkeres Europa. (…) In einer komplexeren Welt der globalen Machtverschiebungen und breiteren Machtverteilung muss die EU zusammenhalten. (…) Gemeinsam können wir mehr erreichen, als wenn jeder Mitgliedsstaat allein und ohne Abstimmung mit den anderen handelt.«

Fragt man nach den Interessen, für die EU-Europa sein Gewicht in die Waagschale werfen soll, wird schnell klar, worum es geht: Die Regeln der neoliberalen Weltwirtschaftsordnung, von denen nicht zuletzt Deutschland als Spitzenexporteur profitiert, sollen mit Nachdruck durchgesetzt werden:
»Voraussetzung für eine prosperierende Union ist ein starker Binnenmarkt und ein offenes internationales Wirtschaftssystem. Wir haben ein Interesse an fairen und offenen Märkten, an der Festlegung globaler Wirtschafts- und Umweltregeln und an einem dauerhaften Zugang zu den globalen Gemeingütern über offene See-, Land-, Luft- und Weltraumwege.«

Auffällig ist in diesem Zusammenhang das flammende Bekenntnis zu TTIP, dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. Ungeachtet des massiven Widerstands innerhalb der Bevölkerung wird ihm eine zentrale Bedeutung zugeschrieben: »Die EU wird eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) mit den Vereinigten Staaten anstreben. Ebenso wie das umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) mit Kanada bezeugt TTIP das transatlantische Bekenntnis zu gemeinsamen Werten und zeigt unsere Bereitschaft, eine ehrgeizige und geregelte Handelsagenda zu verfolgen.«
Bei TTIP geht es in letzter Konsequenz vor allem darum, die Position des schwächelnden neoliberalen Westens gegenüber stärker staatskapitalistisch ausgerichteten Konkurrenten wie China und Russland zu stärken.

Welche entscheidende Rolle TTIP dabei spielt, weltweit »die Regeln zu setzen«, bringt der der Rüstungsindustrie nahestehende Informationsdienst Griphan Briefe mit beeindruckender Klarheit und in einer ebenso bemerkenswerten Kunstsprache auf den Punkt: »Wir haben auf diesen Seiten grundsätzlich Position bezogen. Im Telegrammstil: Das Projekt einer gemeinsamen Währung ist mehr als die Möglichkeit, in Amsterdam den Kaffee in gleicher Münze zahlen zu können. Der Euro ist strategischer Partner des Dollar beim amerikanischen Bestreben, den Aufstieg Chinas einzuhegen. Europa ist Partner beim Setzen international verbindlicher Standards in Form von Good governance, anti-corruption, and the rule of law (gute Regierungsführung, Bekämpfung der Korruption und der Herrschaft des Rechts, jW ) Darum geht es beim Transatlantischen Handels- und Investitionsabkommen (TTIP): Wer die Standards setzt, schafft Märkte! Und damit sind die Globalisierung und Geoeconomics das eigentliche Narrativ; und dieser Erzählfaden hat ein – nicht unwesentliches – militärisches Kapitel.«5

Russland: Vom Partner zum Gegner

Während China in der EUGS nur am Rande erwähnt wird, widmet sich das Dokument Russland sehr intensiv – und auch hier werden gänzlich neue Töne angeschlagen.
So hieß es in der »Europäischen Sicherheitsstrategie« aus dem Jahr 2003 noch: »Wir müssen uns weiter um engere Beziehungen zu Russland bemühen, das einen wichtigen Faktor für unsere Sicherheit und unseren Wohlstand bildet. Die Verfolgung gemeinsamer Werte wird die Fortschritte auf dem Weg zu einer strategischen Partnerschaft bestärken.«
In der EUGS wird hingegen erklärt: »Wesentliche Veränderungen in den Beziehungen zwischen der EU und Russland hängen ab von der uneingeschränkten Achtung des Völkerrechts und der Grundsätze, auf denen die europäische Sicherheitsordnung aufgebaut ist, einschließlich der Schlussakte von Helsinki und der Charta von Paris. Wir werden weder die illegale Annexion der Krim durch Russland anerkennen noch die Destabilisierung der östlichen Ukraine hinnehmen. Wir werden die EU stärken, die Widerstandsfähigkeit unserer östlichen Nachbarn erhöhen und ihr Recht, frei über ihre Haltung gegenüber der EU zu bestimmen, verteidigen.«

Mit diesen reichlich ignoranten Aussagen werden bewusst einige unbequeme Tatsachen ausgeklammert: So etwa, dass es die NATO unter Beteiligung zahlreicher EU-Staaten war, die beim Angriffskrieg gegen Jugoslawien 1999 das Völkerrecht eklatant verletzt hatte.
Auch mit der »freien Entscheidung« der Nachbarländer ist es nicht so weit her, wie die EU glauben machen möchte. Beispielsweise war man nicht gewillt, die Entscheidung des – in freien und fairen Wahlen an die Macht gekommenen – damaligen ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch zu akzeptieren, im November 2013 die Unterzeichnung des strategisch wichtigen Assoziierungsabkommens mit der EU auf Eis zu legen. Statt dessen wurden Proteste unterstützt, die schlussendlich zu einem Putsch und der Einsetzung einer prowestlichen Regierung führten und die Vorgeschichte dessen bilden, was hier als »illegale Annexion der Krim durch Russland« bezeichnet wird.

Statt »Freundschaft« Umzingelung

Auch die Situation im Nachbarschaftsraum der EU hat sich aus Sicht des Staatenbündnisses nicht eben positiv entwickelt. In der ESS wurde 2003 noch das Ziel ausgegeben, man wolle einen »Ring verantwortungsvoll regierter Staaten« um die EU herum schaffen. Hierfür wurde ein Jahr später die »Europäische Nachbarschaftspolitik« (ENP) ins Leben gerufen, die, in den Worten der damaligen EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner, »einen ›Ring von Freunden‹ entlang der Grenzen der erweiterten EU«, eine »Zone der Stabilität und des Wohlstandes« hervorbringen sollte, »von Osteuropa über den Kaukasus und den Nahen Osten quer durch den gesamten Mittelmeerraum.«6

Auch hiervon ist wenig übriggeblieben. Bereits in Mogherinis »Strategic Review« hieß es: »Seit der Sicherheitsstrategie 2003 hat sich das strategische Umfeld der EU radikal verändert. (…) Heute umgibt die EU ein Krisenbogen der Instabilität
Wiederum ganz ähnlich heißt es auch in der EUGS: »Im Osten wird gegen die europäische Sicherheitsordnung verstoßen, und Terrorismus und Gewalt suchen Nordafrika und den Nahen Osten und auch Europa selbst heim.« Hier wird ebenfalls auf jede Form von Selbstkritik verzichtet – waren es doch die im Rahmen der ENP vorangetriebenen neoliberalen Assoziierungsabkommen, die in vielen Ländern mit ihrer Freihandelsagenda wesentlich zur Verarmung und Destabilisierung beigetragen haben.
Dennoch propagiert die EUGS die Fortsetzung genau jener Politik: »Viele Menschen im Osten und im Süden würden im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) gerne engerer Beziehungen mit der Europäischen Union aufbauen. (…) Die ENP hat sich erneut zur Östlichen Partnerschaft und zu den Ländern des südlichen Mittelmeerraums bekannt, die engere Beziehungen zu uns aufbauen möchten. Wir werden diese Länder dabei unterstützen, Assoziierungsabkommen einschließlich vertiefter und umfassender Freihandelszonen (DCFTA) umzusetzen.«

Die Einbeziehung möglichst vieler Länder in eine großeuropäische Wirtschaftszoneohne ihnen eine Mitsprache bei deren Ausgestaltung einzuräumen – stellt seit Jahren ein wichtiges Ziel der Union dar. Sie werden dadurch Teil der europäischen Einflusszone, weshalb dann auch der (militärischen) »Stabilisierung« des Nachbarschaftsraums in der EUGS große Bedeutung zugemessen wird: »Um unserer Sicherheit im Inneren willen haben wir auch ein Interesse daran, dass in den Regionen in unserer Nachbarschaft und der weiteren Umgebung Frieden herrscht.«

Autonom Krieg führen

Ebenfalls verändert hat sich die Haltung der USA gegenüber Rüstungsanstrengungen der Europäischen Union, die auf eine eigenständige Fähigkeit zur Kriegsführung abzielen. Während Bemühungen in eine solche Richtung früher scharf abgelehnt wurden, wird dies heute von Washington als eine Möglichkeit begrüßt, Kosten auf die Verbündeten zu verlagern. Auch aus EU-Sicht hat dies seinen Reiz, vergrößert doch die Option, unabhängig von der NATO – und damit einem Veto der USA – militärisch einsatzfähig zu sein, die Möglichkeit, eigene machtpolitische Ziele durchzusetzen.
So verwundert es nicht weiter, dass der Anspruch auf eine »autonome militärische Handlungsfähigkeit« in der EUGS an zahlreichen Stellen auftaucht. So heißt es etwa: »Die europäischen Anstrengungen auf dem Gebiet der Sicherheit und der Verteidigung sollten die EU in die Lage versetzen, autonom zu handeln und gleichzeitig zu Maßnahmen der NATO beizutragen und gemeinsam mit ihr Maßnahmen durchzuführen. Eine glaubwürdigere europäische Verteidigung ist auch für eine gesunde transatlantische Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten von wesentlicher Bedeutung.«

Daraus wird die Forderung abgeleitet, sich die »notwendigen« Kapazitäten zur autonomen Kriegsführung auch zuzulegen: »Die Mitgliedsstaaten [benötigen] bei den militärischen Spitzenfähigkeiten alle wichtigen Ausrüstungen, um auf externe Krisen reagieren und die Sicherheit Europas aufrechterhalten zu können. Dies bedeutet, dass das gesamte Spektrum an land-, luft-, weltraum- und seeseitigen Fähigkeiten, einschließlich der strategischen Grundvoraussetzungen, zur Verfügung stehen muss. (…) Eine tragfähige, innovative und wettbewerbsfähige europäische Verteidigungsindustrie ist von wesentlicher Bedeutung für die strategische Autonomie Europas und eine glaubwürdige GSVP (Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik, jW).«

Das aktuelle militärische Planziel – die Fähigkeit, zwei Korps (60.000 Soldaten) mit entsprechender Bewaffnung ein Jahr lang stationieren zu können – soll hierfür angepasst werden: »Geeignete Zielvorgaben und strategische Autonomie sind wichtig, damit Europa fähig ist, innerhalb wie außerhalb der eigenen Grenzen den Frieden zu fördern und Sicherheit zu gewährleisten.«
Wenn nicht explizit gesagt wird, worum es geht – nämlich darum, das militärische Planziel nach oben zu korrigieren – dürfte dies wohl der parallel zur Abfassung der EUGS laufenden Brexit-Debatte geschuldet gewesen sein. Deutlicher wurde Mogherini in ihrem »Strategic Review«: »Die EU kann es sich nicht leisten, das ›V‹ aus ihrer Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu ignorieren. (…) Das aktuelle Anforderungslevel und die militärischen Kapazitätsziele sind nicht an das sich ändernde Umfeld angepasst.«

Erklärtermaßen war es nicht die Aufgabe der EUGS zu definieren, welche militärischen Fähigkeiten zur Durchsetzung der formulierten Ziele erforderlich sind und wie diese erreicht werden sollen. Das dürfte die Aufgabe eines künftigen Weißbuches sein, für dessen Erstellung der ehemalige EU-Außenbeauftragte Javier Solana in einer Studie im Auftrag der »Generaldirektion Externe Politikbereiche« des Europäischen Parlaments schon im April 2016 einen detaillierten Fahrplan vorgelegt hat: »Die Union wird den Mitgliedsstaaten darlegen müssen, welche Fähigkeiten sie von ihnen insgesamt für die Umsetzung dieser Strategie benötigt, wo Bedarfslücken geschlossen werden müssen und wie die EU-Mitgliedsstaaten zu diesen gemeinsamen Prioritäten beitragen können. (…) Das Weißbuch gilt daher als notwendiger Baustein zur Ergänzung, Präzisierung und Umsetzung der Globalen Strategie für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP).«7
Auch wenn mit Blick auf die Brexit-Debatte der Begriff »Weißbuch« selbst vermieden wurde, wird diese Forderung – umschrieben als »sektorale Strategie« – auch in der EUGS faktisch unterstützt. So müssten, heißt es dort, »im Rahmen einer sektoralen Strategie, die vom Rat zu vereinbaren ist, die zivil-militärischen Zielvorgaben, Aufgaben, Anforderungen und vorrangigen Fähigkeiten, die sich aus dieser Strategie ergeben, näher festgelegt werden.«

Deutsch-französische Offensive

Wie bereits angedeutet, scheiterten bislang fast alle Schritte zur Stärkung der EU-Militärpolitik am Widerstand Großbritanniens. Mit dem – wahrscheinlichen – Austritt Großbritanniens werden die Karten nun neu gemischt, und der Weg für eine forcierte EU-Militarisierung wird frei: »Einige britische EU-Ausstiegsbefürworter hatten vor dem Referendum noch behauptet, Brüssel halte das Papier bewusst unter Verschluss, weil es einer künftigen EU-Armee den Weg bereite. Aber auch die Cameron-Regierung setzte, was das Militärische angeht, stets voll auf die NATO und hielt nie viel von den zaghaften EU-Versuchen, parallel dazu auch mit militärischen Strukturen zu experimentieren. Wenn sich das Königreich von der EU abnabelt, könnte sich die Ausgangslage hier ändern«. Mit diesen Worten wurde der Direktor des Programms »Europas Zukunft« bei der Bertelsmann-Stiftung, Joachim Fritz-Vannahme, kürzlich von der »Tagesschau« zitiert. »Ich glaube«, erklärte er, »dass dort Fortschritte ohne die Briten auf diesem Gebiet wahrscheinlich leichter möglich sind.«8

Wenige Tage nach Abschluss des britischen Referendums nutzten Frankreich und Deutschland die Gunst der Stunde und holten ein offensichtlich schon länger ausgearbeitetes Papier namens »Ein starkes Europa in einer unsicheren Welt« hervor.9 Darin kündigten der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier und sein französischer Amtskollege Jean-Marc Ayrault an, »weitere Schritte in Richtung einer politischen Union in Europa unternehmen« zu wollen.
Neben weitreichenden Ankündigungen zur Migrations- und Wirtschaftspolitik wird darin auch eine »europäische Sicherheitsagenda« vorgestellt. Sie enthält die Forderung, die EUGS als Sprungbrett für eine weitere Militarisierung der Union zu nutzen: »Deutschland und Frankreich [schlagen] eine europäische Sicherheitsagenda vor, die alle Sicherheits- und Verteidigungsaspekte umfasst, die auf europäischer Ebene eine Rolle spielen. (…) Die Globale Strategie der Europäischen Union, das neue außenpolitische Grundsatzdokument der EU, (…) ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Doch wir müssen noch weiter gehen: In einem stärker von divergierenden Machtinteressen geprägten internationalen Umfeld sollten Deutschland und Frankreich gemeinsam dafür eintreten, die EU Schritt für Schritt zu einem unabhängigen und globalen Akteur zu entwickeln.«

Darauf folgt eine Reihe von Vorschlägen, die zwar fast alle schon geraume Zeit durch die Brüsseler Korridore geistern, jedoch stets an der britischen Position, jede Stärkung der EU-Militärkomponente bedeute eine unerwünschte Schwächung der NATO, abprallten.
Mit dem bevorstehenden Brexit haben die von Steinmeier und Ayrault geforderten Schritte nun deutlich größere Realisierungschancen: »Die EU wird in Zukunft verstärkt beim Krisenmanagement aktiv werden, denn viele Krisen betreffen unsere Sicherheit direkt. (…) Die EU sollte in der Lage sein, zivile und militärische Operationen wirksamer zu planen und durchzuführen, auch mit Hilfe einer ständigen zivil-militärischen Planungs- und Führungsfähigkeit. Die EU sollte sich auf einsatzfähige Streitkräfte mit hohem Bereitschaftsgrad verlassen können und gemeinsame Finanzierungen ihrer Operationen erleichtern. Gruppen von Mitgliedsstaaten sollten so flexibel wie möglich eine dauerhafte strukturierte Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich einrichten können oder mit einzelnen Operationen vorangehen. Die EU-Mitgliedsstaaten sollten die Einrichtung ständiger maritimer Einsatzverbände in die Planungen aufnehmen sowie EU-eigene Fähigkeiten in anderen Schlüsselbereichen schaffen.«

Mit einem britischen Austritt aus der EU würde zudem die ohnehin schon dominierende Position Deutschlands weiter gestärkt.10
Nicht völlig zu Unrecht werden die deutsch-französischen Vorschläge deshalb mancherorts als beunruhigende Vorboten für das Bestreben gewertet, künftig – noch stärker als bislang schon – einfach »durchzuregieren«. In jedem Fall deutet der Steinmeier-Ayrault-Vorstoß darauf hin, dass als willkommener Kollateralnutzen des Brexit die Möglichkeit gesehen wird, die Militarisierung der Europäischen Union entschieden voranzutreiben.
Und ohne Großbritannien wird es kleinen und mittleren Mitgliedsländern, die dem – aus welchen Gründen auch immer – skeptisch gegenüberstehen, von nun ab erheblich schwerer fallen, diesbezügliche Initiativen zu blockieren.

Anmerkungen:

1 »Gemeinsame Vision, gemeinsames Handeln: Ein stärkeres Europa. Eine Globale Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union«, Brüssel, 28.6.2016

2 »Europäische Sicherheitsstrategie: Ein sicheres Europa in einer besseren Welt«, Brüssel, 12.12.2003

3 Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. April2016 über das Thema: »Die EU in einem sich wandelnden globalen Umfeld – eine stärker vernetzte, konfliktreichere und komplexere Welt«

4 Mogerhini, Federica: »The European Union in a changing global environment. A more connected, contested and complex world, Strategic Review«, Brüssel, Juni 2015

5 Griphan-Briefe, 27. Juni 2016, S. 1

6 Ferrero-Waldner, Benita: »Europa als globaler Akteur«: Rede in Berlin, 24.1.2005

7 Solana, Javier u. a.: »Auf dem Weg zu einer Europäischen Verteidigungsunion – ein Weißbuch als erster Schritt«, April 2016, S. 4 f

8 »EU will die gemeinsame Verteidigung stärken«, in: »Tagesschau online«, 28.6.2016

9 Ayrault, Jean-Marc/Steinmeier, Frank-Walter: »Ein starkes Europa in einer unsicheren Welt«, Stand: 27.6.2016

10 Berechnungen zufolge steigt der deutsche Stimmanteil im EU-Rat nach einem Brexit von aktuell 16 Prozent auf 18,3 Prozent und von Frankreich von 13,1 Prozent auf 15 Prozent. Siehe: Mitrenga, Daniel: »Statt Brexit: #EUpgrade«, Broschüre des Verbands Die jungen Unternehmer, Mai 2016, S. 36

Sabine Lösing ist Mitglied des Europaparlaments und dort für die Fraktion Vereinte Euro­päische Linke/Nordische Grüne Linke im Unterausschuss für Sicherheit und Verteidigung.
Jürgen Wagner ist geschäftsführender Vorstand der Informationsstelle Militarisierung in Tübingen. Beide schrieben in der jungen Welt am 15. März über Rüstungsforschung im Dienste der EU.

Jochen