Schlag auf Schlag – WikiLeaks deckt aktive Rolle von Bundeskanzlerin Merkel in der NSA-Überwachung auf – Süddeutsche Zeitung, NDR und MDR überführen sie der Lüge

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Da belügt die Kanzlerin das Parlament wie einst Adenauer, und kaum einen bewegt das.
Der originale Wikileaks-Artikel auf Englisch wurde hier dankenswerterweise von RTDeutsch zusammengefasst. Die Kommentare dort sind interessant. Wer Zweifel hat und gut englisch kann, kann ihn wie u.a. im Original lesen.
http://www.rtdeutsch.com/19594/headline/schlag-auf-schlag-wikileaks-deckt-aktive-rolle-von-bundeskanzlerin-merkel-in-der-nsa-ueberwachung-auf/

Auszüge:

WikiLeaks hat am Dienstag neue Dokumente veröffentlicht, darunter einen persönlichen Brief Merkel an den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutsche Telekom AG, Kai-Uwe Ricke, aus denen hervorgeht, dass die deutsche Regierung aktiv die amerikanische Sicherheitsbehörde NSA unterstützt hat, massenhaft deutsche Unternehmen und Bürger zu überwachen.
Dies war bisher vehement von der Merkel-Regierung bestritten worden.

05 12 wikileaks doggy usa germanyQuelle: WikiLeaks

WikiLeaks hat heute Dokumente veröffentlicht, unter anderem einen Brief von Kanzlerin Merkel direkt an Kai-Uwe Ricke, dem ehemaligen und einer der Zeugen im NSA-Untersuchungsausschuss (UA). In diesem Brief ersucht die Kanzlerin den damaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutsche Telekom AG (2002 bis 2006), die Massenüberwachung des deutschen und internationalen Internets und der Telekommunikationsdaten am Knotenpunkt in Frankfurt zu erleichtern. Im Zuge dieser Operation unter dem Codenamen “Eikonal” sind die abgefangenen Daten direkt an den NSA weitergeleitet worden.
Der Brief war an Ricke adressiert und als “persönlich” ausgewiesen.
Im Untersuchungsausschuss behauptete Ricke, einen solchen Brief nie gesehen zu haben. Tatsache ist jedoch, dass kurz nachdem der Brief abgesandt worden war, die Telekom dem BND unverzüglich Zugang gewährte zum Knotenpunkt gewährte.

WikiLeaks hat nun sämtliche Protokolle des ersten NSA-Untersuchungsausschusses (NSA-UA) des Bundestags von Mai 2014 bis Februar 2015 veröffentlicht. Es wurde jeweils eine Zusammenfassung für jede Sitzung auf Deutsch und Englisch erstellt.

“WikiLeaks veröffentlicht 1380 Seiten Transkriptionen nicht eingestufter (öffentlicher) Sitzungen. Zu Wort kommen 34 Zeugen – einschließlich 13 namentlich geheimgehaltener Zeugen des Bundesnachrichtendienstes (BND).”

Julian Assange, WikiLeaks-Gründer, sagte diesbezüglich:

“In dieser wichtigen Untersuchung des Bundestages sind die deutsche und internationale Öffentlichkeit die Leidtragenden. Der Zweck dieser Untersuchung ist es aufzudecken wer verantwortlich dafür ist, dass die Rechte einer Großzahl von Menschen verletzt wurden sowie wie diese Verstöße begangen wurden. Als Leidtragende hat die Öffentlichkeit das Recht die Arbeit des Untersuchungsausschusses einzusehen. Nur durch effektive öffentliche Aufsicht können die dem Untersuchungsausschuss gesetzten Ziele – Transparenz und Gerechtigkeit – erreicht werden.”

Hier sind die Wikileaks-Dokumente:
https://wikileaks.org/bnd-nsa/press/index.de.html

Und hier eine Zusammenfassung eines email-Verkehrs, den Süddeutsche Zeitung, NDR und MDR offengelegt haben, auch auf RTDeutsch:
http://www.rtdeutsch.com/19538/inland/die-no-spy-luege-wie-angela-merkel-die-oeffentlichkeit-hinters-licht-fuehrte-und-faktisch-wahlbetrug-beging/
Auszüge:

Die No-Spy-Lüge: Wie Angela Merkel die Öffentlichkeit hinters Licht führte und faktisch Wahlbetrug beging

Der Bundesregierung steht das Wasser bis zum Hals. Das Rechercheteam der Süddeutschen Zeitung, des NDR und des MDR veröffentlichte am Wochenende vertrauliche E-Mails aus den Jahren 2013/14 zwischen Christoph Heusgen, Merkels Chef-Unterhändler für außenpolitische Grundlinien und Karen Donfried, Beraterin von US-Präsident Barack Obama und Ansprechpartnerin jenseits des Atlantiks.

Der E-Mail-Verkehr legt offen: Ein No-Spy-Abkommen wurde den Deutschen von den US-Amerikanern zu keinem Zeitpunkt angeboten.
Dennoch machte Bundeskanzlerin Merkel mit diesem Versprechen Wahlkampf und lies das Vorhaben in den Koalitionsvertrag schreiben.
Die aufgedeckte Kommunikation zwischen Kanzleramt und Weißem Haus lassen keinen anderen Schluss als den der Lüge und damit auch des Wahlbetruges zu.
RT Deutsch dokumentiert den Schriftverkehr und zeigt auf wie sich die Regierung parallel zu dieser Kommunikation in der Öffentlichkeit äußerte.

Im Sommer 2013 beginnt der Schriftverkehr zwischen Christoph Heusgen und Karen Donfried in Sachen No-Spy-Wünsche des Kanzleramtes:

18. Juli 2013

“Liebe Karen,

Ich komme gerade von einer Diskussion mit der Kanzlerin. Sie hat morgen ihre jährliche Pressekonferenz mit den Hauptstadtjournalisten. Hauptthema wird “Prism” sein. Sie bat mich, Ihnen (und dem Präsidenten) zu übermitteln, dass sie vorhat, die folgende Formulierung zu verwenden: Sie wird – auch wenn sie die Kooperation mit den USA loben wird und all die Vorteile, die wir daraus ziehen – dennoch darauf bestehen, dass sie als deutsche Bundeskanzlerin sicherstellen muss, dass deutsches Recht auf deutschem Boden respektiert wird. Sie wird betonen, dass die deutsche Regierung in dieser Sache eng mit den USA zusammenarbeitet. In diesem Zusammenhang streben wir eine offizielle Zusicherung von unseren amerikanischen Freunden an, wonach diese tatsächlich deutsches Recht auf deutschem Boden beachten.

Nochmals, lassen Sie mich Ihnen die Botschaft übermitteln, dass diese Sache entscheidend bleibt in turbulenten innenpolitischen Zeiten zu einem kritischen Zeitpunkt.

All the best,

Christoph”

Bei der anschließenden Bundespressekonferenz sagte Angela Merkel in der Tat fast wörtlich diesen Text auf. Karen Donfried antwortet einen Tag später:

19. Juli 2013

“Lieber Christoph,

Ich möchte Ihnen versichern, dass jeder hier die äußerst schwierige Lage der Kanzlerin versteht und sein Allerbestes tun will, um in dieser Lage hilfreich zu sein. Ich habe daran einen Großteil dieses Tages gearbeitet. Die Frage, ob deutsches Recht auf deutschem Boden respektiert wird, müsste durch eine sehr sorgfältige Prüfung und Interpretation der deutschen Gesetze unter Einschaltung von Experten geklärt werden. Bei uns liegt der Fokus natürlich darauf, ob wir das US-Recht einhalten. Unsere Experten fühlen sich nicht dafür gerüstet, die Einhaltung des deutschen Rechts zu beurteilen.

Ich freue mich darauf, weiterhin eng über all dies in Kontakt zu bleiben.

All best,

Karen”

Heusgen sogleich:

19. Juli 2013

“Liebe Karen,

Vielen Dank für all Ihre Anstrengungen, um uns zu unterstützen. Wir wissen das sehr zu schätzen. Die Pressekonferenz war okay, aber das Thema wird uns noch weiter verfolgen.

Die Achtung der deutschen Gesetze auf deutschem Boden bleibt die Schlüsselfrage. Wir wissen natürlich, wie schwierig es ist sicherzustellen, dass sich alle Dienste dementsprechend verhalten; und auch, wie schwierig es ist, genau zu wissen, wie die deutsche Gesetzgebung ist. Ich habe der Kanzlerin von Ihrer Antwort erzählt und der Notwendigkeit zur Einschaltung von Experten. Sie bat uns, Sie mit aller Hilfe zu unterstützen, die Sie brauchen. Wir wären bereit, Experten aus unseren Ministerien zu schicken, die die deutsche Gesetzgebung erklären könnten. Lassen Sie es uns einfach wissen.

Ich fahre in ein paar Stunden in den Urlaub und bin am 12. August zurück. Mein Stellvertreter Michael Flügger wird die Stellung halten.

All the best,

Christoph”

Wie von Heusgen geschrieben, befindet dieser sich nun im Urlaub. Eine Antwort von Donfried erhält dessen Vertretung Michael Flügger rund eine halbe Woche später.
Donfried zeigt sich an Heusgens Angebot Fachleute zu entsenden wenig interessiert:

23. Juli 2013

“Lieber Michael,

ich wollte mich noch einmal bei Ihnen melden wegen Christophs Frage, ob wir deutsches Recht auf deutschem Boden respektieren. Wir schätzen selbstverständlich sein Angebot, uns Experten zu schicken, um uns über das deutsche Recht auszutauschen, und wir werden darüber nachdenken. Jedoch weisen wir darauf hin, dass unsere Geheimdienste im Fall von gemeinsamen Aktivitäten mit unseren Partnern davon ausgehen, dass diese Partner sicherstellen, dass alle gemeinsamen Aktivitäten den nationalen Gesetzen entsprechen.

Um die Sicherheit unserer Bürger, Verbündeten und Partner zu schützen, haben die USA wie alle Staaten Fähigkeiten entwickelt, darunter auch geheimdienstliche. Dies hat uns geholfen, nicht nur unser Land vor einer Reihe von Bedrohungen zu bewahren, sondern auch den Rest der Welt.

All best,

Karen”

Nun wird die Frequenz Kommunikation merklich geringer. Eine Woche danach schreibt Flügger:

31. Juli 2013

“Liebe Karen,

Entschuldigen Sie bitte die späte Antwort. Für uns ist absolut entscheidend, der Parlamentarischen Kontrollkommission erklären zu können, dass die US-Geheimdienste unter keinen Umständen deutsches Recht auf deutschem Boden infrage gestellt haben. Parlamentsmitglieder werden zweifellos die Frage aufwerfen, ob die deutsche Seite über US-Aktivitäten außerhalb von gemeinsamen Aktionen informiert war und ob solche Aktivitäten mit deutschem Recht vereinbar gewesen seien. Da wäre es gut, wenn die US-Seite erklären könnte, dass – falls unilaterale US-Aktivitäten stattgefunden haben – sich diese klar innerhalb des deutschen Gesetzesrahmens bewegten.

Mit den besten Wünschen,

Michael”

Eine Antwort bleibt aus. Am 5. August besuchen die Chefs von Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst, der zuständigen Abteilung im Bundeskanzleramt und ein Staatssekretär aus dem Innenministerium die NSA-Zentrale. NSA-Chef Keith Alexander und der “Director of National Intelligence” James Clapper bleiben in dem Gespräch bei vagen, unverbindlichen Andeutungen von möglichen einzurichtenden Arbeitsgruppen.
Am 12. August “beendet” Roland Pofalla schließlich die NSA-“Affäre”.

Rund einen Monat später ist Christoph Heusgen zurück aus dem Urlaub und schreibt wieder an Karen Donfried:

14. August 2013

“Liebe Karen,

Danke für Ihre Nachricht – und Glückwunsch zu Ihren drei freien Tagen . . . (Da Sie normalerweise samstags und sonntags arbeiten, bekommen Sie im Grunde ja fünf Tage frei . . .)

Zur Situation hier in Sachen NSA.

Nach seinem zweiten Treffen mit dem zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremium konnte Minister Pofalla – glauben wir – die verschiedenen Stürme beruhigen. Die Medien und die Opposition haben nachgelassen, aber man weiß nie, was als nächstes kommt.

Was die Vereinbarung, die zwischen der NSA und dem BND (glaube ich) geschlossen werden soll, angeht, wäre es großartig wenn Sie irgendwie öffentlich den Beginn solcher Gespräche/Verhandlungen loben könnten. Das wäre extrem hilfreich. Wir haben es von General Alexander gehört, aber wir (und er selbst wahrscheinlich genauso) brauchen Ihren Segen, um loszulegen. Die Vereinbarung wird ein wenig vereinfachend “no spy” genannt, sie wäre aber in der Substanz weit ausgeklügelter.

Da wir gerade in die kritische Phase des Wahlkampfes eintreten, müssen wir für den Fall vorausplanen, dass etwas Neues von Snowden kommt.

Best

Christoph”

Nun meldet sich ein gewisser “Jim” bei Heusgen. Es handelt sich um Jim Melville, stellvertretender US-Botschafter in Berlin. Dieser ist wenig angetan davon, dass der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CDU) verkündet hatte, noch vor der Wahl werde eine Vereinbarung unterschrieben, wonach die USA Deutschland nicht mehr ausspionieren.
Fast zeitgleich gibt der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Grosse-Brömer, im taz-Interview bekannt, die NSA habe Deutschland “zugesichert, dass sie Recht und Gesetz in Deutschland achtet.”

15. August 2013

“Guten Morgen Christoph,

ich habe mich über die Äußerungen von Friedrich in der “Rheinischen Post” gewundert. Das wird Washington noch mehr verwirren.

Christoph, wir beide wissen, dass es wirklich eine große Herausforderung (und vielleicht sogar unmöglich) sein wird, die öffentliche Debatte unter Kontrolle zu halten, aber wir sollten nichts sagen, was die Erklärung möglicher neuer Enthüllungen und den Umgang damit noch schwieriger macht. Richtig?

Best regards,

Jim”

Funkstille. Die heiße Wahlkampfphase beginnt. Ungeachtet der Tatsachen, dass sich die US-Amerikaner klar gegen ein No-Spy-Abkommen ausgesprochen haben, wirbt Merkels CDU mit der Ankündigung einer solchen Vereinbarung um Stimmen und gewinnt die Wahl.
Das Vorhaben, ein No-Spy-Abkommen abzuschließen, wird später auch in den Koalitionsvertrag geschrieben.

Am 9. September 2013 lügt Regierungssprecher Steffen Seibert auf der Bundespressekonferenz:

“Sowohl der britische als auch der amerikanische Geheimdienst haben uns schriftlich erklärt, dass sie in Deutschland Recht und Gesetz einhalten, und wir haben keinen Grund, an dieser Bestätigung zu zweifeln.”

Zwei Tage später lügt Angela Merkel in der Sendung Kanzlercheck des ARD-Jugendradios:

“Die Amerikaner sind auch bereit, mit uns ein so genanntes No-Spy-Abkommen zu verhandeln, wo wir auch weitere Dinge für die Zukunft festlegen können.”

Am 17. Oktober stellt sich heraus, dass die NSA auch das Handy der Kanzlerin abgehört hat. Nach einem Telefonat mit Barack Obama sichert dieser Merkel mündlich zu, dass ihr Handy künftig nicht mehr überwacht wird. Merkel hat ihr No-Spy-Abkommen, allerdings nur für sich persönlich und nur wenn Barack Obama Wort hält. Als Christoph Heusgens Obamas Sicherheitsberaterin und Karen Donfrieds Vorgesetzte Susan Rice fragt, ob auch andere deutsche Spitzenpolitiker abgehört werden, schweigt diese.

Anfang Dezember 2013 versucht Heusgen einen neuen Anlauf:

2. Dezember 2013

“Liebe Karen,

vielen Dank für den neuen Entwurf. Hinsichtlich des letzten Punktes würden wir gern einige Änderungen vorschlagen. Wir glauben, es ist ein wenig zu eng, die Verpflichtung, keine Überwachungsmaßnahmen durchzuführen, lediglich auf den Präsidenten und die Kanzlerin zu beziehen. Deswegen würden wir gern eine etwas weitere Formulierung vorschlagen, die auf unsere langwährende und enge bilaterale Beziehung Bezug nimmt. Für uns ist es wichtig, dass die Erklärung klar festlegt, dass wir den jeweils anderen nationalen Interessen nicht schaden. Diese Änderungen wären extrem hilfreich für uns und die weitere Debatte in Deutschland.

All the best,

Christoph”

Die Antwort ist auch hier wieder knapp und eindeutig:

4. Dezember 2013

“Morgen Christoph,

Grüße von Tag zwei in Brüssel!

Wie ich schon erwähnte, können wir die vorgeschlagenen Überarbeitungen des letzten Punktes nicht akzeptieren.

Vielen Dank und beste Grüße

Karen”

Heusgen versucht es ein letztes Mal am 4. und 7. Dezember 2013:

4. Dezember 2013

“Hi Karen,

danke für Ihre Nachricht. Ich weiß, wir sind noch nicht ganz da, was den Text zu unseren Geheimdiensten angeht. Brauchen noch immer ein wenig mehr Substanz von Ihren Leuten. Nachdem die öffentliche Aufmerksamkeit abgelenkt ist (jedenfalls im Augenblick), haben wir ein bisschen mehr Zeit. Wir müssen das mit unserem neuen Koalitionspartner besprechen. Die Regierung wird am 17. Dezember gebildet, wenn alles gut geht.

Ich werde jetzt für einen Tag nach Pakistan reisen, bin Freitag zurück.

All the best,

Christoph”

7. Januar 2014

“Liebe Karen,

Am Donnerstag habe ich ein erstes Treffen mit unserem neuen Kanzleramtsminister Altmaier und dem neuen Koordinator der Geheimdienste, Staatssekretär Fritsche . . .

Mein erster Eindruck in den ersten Gesprächen mit den beiden ist folgender: Der Text erfüllt unsere Erwartungen nicht, weil er die Möglichkeit nicht ausschließt, dass die USA deutsche Bürger ohne unsere Zustimmung und ohne unser Wissen ausspäht (korrigieren Sie mich, wenn ich falsch liege). Wir müssen jetzt herausfinden, was besser ist: Eine Vereinbarung zu bekommen, die eine gute Basis liefert für unsere Zusammenarbeit, die aber von der Öffentlichkeit, dem Parlament, etc. kritisiert werden wird – oder eben gar keine Vereinbarung.

All the best,

Christoph”

Karen Donfried, sichtlich genervt, antwortet unmissverständlich:

8. Januar 2014

“Lieber Christoph,

was Ihre spezielle Frage angeht (“korrigieren Sie mich, wenn ich falsch liege”): Ich kann Sie nicht korrigieren, da Sie recht haben – dies wird kein No-Spy-Abkommen werden, und ich glaube, jeder hier auf unserer Seite hat das auch fortwährend die ganze Zeit über klar zum Ausdruck gebracht.

Bis morgen

Karen”

Heusgen kapituliert:

9. Januar 2014

“Liebe Karen,

Wie Sie wissen, haben wir den Versuch mit der Aussicht auf den Abschluss eines “No-Spy-Agreement” begonnen. Ich verspreche, diesen Ausdruck zukünftig nicht wieder zu verwenden. Wir haben realisiert, dass wir dieses Ziel nicht erreichen werden.

Best

Christoph”

Regierungssprecher Steffen Seibert reagierte auf der gestrigen Bundespressekonferenz zum Thema No-Spy-Abkommen wie folgt:

https://youtu.be/7ZcH0qrjkUgSteffen Seibert seibert

Auch Kanzlerin Merkel beteuerte, jeder habe “nach bestem Wissen und Gewissen” gehandelt und bezog diese Aussage auch ausdrücklich auf ihre früheren Kanzleramtsminister Thomas de Maizière und Ronald Pofalla.

Angela Merkels damalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) verkündete gestern in dem Artikel “Ex-Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger: ‘Das Kanzleramt hat die Menschen hinter die Fichte geführt’” auf Spiegel Online:

“Das Kanzleramt hat letztlich die Menschen hinter die Fichte geführt. Auch uns als Koalitionspartner. Es wurde ein Potemkinsches Dorf errichtet, um das Thema wegzudrücken und alle ruhigzustellen. Bundeskanzlerin Merkel hat wohl ausgereicht, dass sie aus dem Spionageprogramm rausgenommen wird. Aus heutiger Sicht enttäuscht mich das.”

Quelle des E-Mailverkehrs: Süddeutsche Zeitung

Jochen

Der NSU-Komplex: Wer ermittelt gegen den Verfassungsschutz? Geht mit Florian H. die Mordserie weiter ? Droht der „tiefe Staat“?

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Spinnenkampf_mZwei wichtige Veröffentlichungen zum Thema in den „Blättern“, die man sich anschauen sollte, so lange sie noch frei zugänglich sind:
https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2014/januar/der-nsu-komplex-wer-ermittelt-gegen-den-verfassungsschutz
Auszüge:

Zwei Jahre nach Aufdeckung des Terrortrios Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, Beate Zschäpe, zwei Jahre nach intensiver Beschäftigung durch Journalisten, Rechtsanwälte, Untersuchungsausschüsse sowie nach einem halben Jahr eines Prozesses in München mit bereits über 70 Verhandlungstagen muss man gestehen: Wir wissen noch immer nicht, was der NSU, der „Nationalsozialistische Untergrund“, tatsächlich war.
Im Gegenteil: Immer neue Fragen tauchen auf. Der Komplex erscheint wie eine Hydra: Eine Frage wird beantwortet, zwei neue wachsen nach.

„Wir wissen nicht, was der NSU war.“ Das können wir deshalb sagen, weil wir inzwischen eben sehr viel wissen. Weil wir Dutzende von handelnden Personen kennen, Tat- und Handlungsorte, weil es objektive Widersprüche gibt, weil wir wissen, wo wir suchen müssen.
Der NSU-Komplex wird immer größer – und er wird für die Demokratie gefährlicher.
Zur Aufklärung stehen mindestens zehn Morde, ein schwerer Bombenanschlag, zwei Sprengfallen, 15 Raubüberfälle auf Banken, Poststellen und einen Supermarkt.
Alles verübt innerhalb von 14 Jahren, durch drei Personen, aus dem Untergrund heraus – und nur von diesen drei.
So jedenfalls sieht es die Bundesanwaltschaft und so ist die Anklage formuliert. Doch, weil wir inzwischen viel wissen, wissen wir auch, was der NSU nicht war: Es war eben nicht ausschließlich dieses Trio Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe.

Die Anklagekonstruktion der Bundesanwaltschaft ist, gelinde gesagt, diskussionswürdig.
Eine Konsequenz dieser Konstruktion ist zum Beispiel: Wenn es nur diese drei waren und die beiden Haupttäter obendrein tot sind, muss man nicht mehr weiterermitteln.
Gegen Tote wird nicht ermittelt. Tote haben auch keine Verteidigung. Toten muss die Tat nicht nachgewiesen werden.
Sie zu Alleintätern zu machen, ermöglicht zum Beispiel, nicht in Richtung Verfassungsschutz ermitteln zu müssen.
Allerdings zerbröselt die Anklagekonstruktion der Bundesanwaltschaft an immer mehr Tatorten. Doch noch revidiert die oberste Anklageinstanz der Bundesrepublik ihre Anklage nicht.
Fest steht: Der NSU-Komplex ist nicht Vergangenheit, sondern wir stecken mittendrin.

Was wir bis heute tun, ist, Puzzlestücke zusammenzutragen für die Beantwortung der einen, zentralen Frage: Wer war der NSU – oder besser: Wer „ist“ der NSU?
Denn der Komplex lebt. Wie sonst könnten 2012 und 2013 Akten verschwinden oder manipuliert werden?

Und es gibt einen neuen Todesfall. Am 16. September 2013 verbrannte der 21jährige Florian H. aus dem Kreis Heilbronn morgens um 9 Uhr in seinem Auto auf dem Cannstatter Wasen in Stuttgart. Er arbeitete eigentlich bei einer Baufirma im Remstal.
Am Nachmittag desselben Tages um 17 Uhr hatte er einen Termin mit der NSU-Ermittlungsgruppe „Umfeld“ des Landeskriminalamtes, das auch in Bad Cannstatt sitzt (übrigens auch der Verfassungsschutz).

Florian H., der sich in der rechten Szene bewegt hatte, war schon einmal, im Januar 2012, vom LKA im Zusammenhang mit dem NSU-Komplex vernommen worden.
Er soll Kolleginnen gesagt haben, er kenne die Polizistenmörder von Heilbronn. Laut den Akten bestritt Florian H. dies allerdings bei seiner Vernehmung. Aber er erwähnte ein gemeinsames Treffen von NSU und einer bisher unbekannten Gruppierung namens Neo-Schutz-Staffel, NSS, in Öhringen.
Laut der Auskunft der Ermittler habe das nicht belegt werden können. Doch der Sachverhalt wurde mit dem Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses in Berlin Ende August 2013 erstmals öffentlich.

Für die Stuttgarter Polizei war der Tod Florian H.s eine Selbsttötung. Die Ermittlungen wurden eingestellt.
Die Eltern und die vier Geschwister sehen es anders; sie schließen Selbstmord aus. Die Familie berichtet von mehreren seltsamen Defekten an ihren Autos in der Zeit davor.
Der Leichnam wurde ohne Zutun der Familie eingeäschert. Sie will unbedingt, dass weiter ermittelt wird.

Bereits im August 2013 war in de n“Blättern“ folgendes zu lesen:
https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2013/august/auf-dem-weg-zum-%C2%BBtiefen-staat%C2%AB
Auszüge:

von Hajo Funke und Micha Brumlik

Dass die repräsentative, die wohlfahrtsstaatlich-parlamentarische Demokratie ihre besten Zeiten hinter sich hat und dank Globalisierung und Neoliberalismus auch in den Staaten des Westens zunehmend durch ein Regime der „Postdemokratie“ ersetzt wird, ist seit den Analysen von Colin Crouch und Wolfgang Streeck kaum noch bestreitbar.
Parallel dazu werden nun aber offenbar seit Jahren währende, bewusst betriebene Strategien bekannt, auch Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit auszuhöhlen.
Dabei geht es – ganz altmodisch – um die möglichst geheim gehaltene Institutionalisierung eines „Ausnahmezustandes“, der die Sicherheitsbehörden der Bundesrepublik zum Souverän jedenfalls über die Sicherheit macht – vorbei an Parlament und Regierung.
Speziell der rechtskonservative Bundesinnenminister, Hans-Peter Friedrich, möchte über den Weg einer neuen Sicherheitsarchitektur – und gegen das Parlament und seinen Aufklärungsanspruch – die Parallelwelt des Bundesamts und seiner Geheimstrukturen stärken.
Dabei wird die wesentliche Mitschuld gerade dieser Institutionen am Sicherheitsversagen im Fall des NSU derzeit immer klarer.
Offenbar will Friedrich damit einen autoritären Backlash in undemokratische Zeiten proben.
Zumindest in Ansätzen existiert auch in diesem Land also das, weswegen – unter anderem – der Türkei die Aufnahme in die EU verweigert wird:

ein „tiefer Staat“ der Geheimdienste.

All das haben der Bundestagsausschuss zur Ermittlung des Behördenversagens im Fall der NSU-Morde sowie eine Reihe couragierter und investigativer Journalisten und Medien inzwischen zu Tage gefördert.
Seit jüngstem ist – vor allem durch einen Beitrag des ARD-Magazins „Report Mainz“ vom 21. Mai 2013 – einer breiten Öffentlichkeit bekannt, dass die Verfassungsschützer, insbesondere das Bundesamt für Verfassungsschutz, spätestens seit dem Frühjahr 2000 über die Existenz der Terrorgruppe NSU und ihr Vorhaben, schwerste Straftaten zu begehen, umfangreich informiert waren.
Am 28. April 2000 wussten vier Landesämter und das Bundesamt, bei dem zentrale Informationen wie etwa Entscheidungen über Überwachungsmaßnahmen zusammenlaufen, von einem rechtsterroristischen Netzwerk – bestehend aus dem Trio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, Beate Zschäpe sowie ihren Mittätern und Unterstützern (aus dem Landser– sowie dem Blut-und-Ehre-Netzwerk). „Report Mainz“ zitiert einen Brief des Präsidenten des Landesamts für Verfassungsschutz Sachsen, Olaf Vahrenhold (der im Untersuchungsausschuss davon nichts verlauten ließ), in dem die Existenz einer Terrorgruppe von mehr als drei Personen klar und genau beschrieben ist.
In ihm beantragt Vahrenhold, für das Trio Beschränkungsmaßnahmen nach dem Gesetz zu Art. 10 Grundgesetz (G 10) anzuordnen. Das Schreiben richtet sich unter anderem an den Staatsminister des Inneren, Herrn Hardrath, und den Staatssekretär Ulbricht.
In dem Antrag heißt es unter Punkt drei: „Trotz der seit etwa zwei Jahren andauernden Flucht der Betroffenen 5-7 [dem Trio] bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Zweck der Vereinigung, schwere Straftaten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu begehen, auch in Zukunft unverändert fortbesteht und sich auf die Betroffenen 1-4 [das sind Andreas G., Thomas S., Mandy S. und Jan W.] erstreckt.“ Weiter heißt es: „Das Vorgehen der Gruppe ähnelt der Strategie terroristischer Gruppen, die durch Arbeitsteilung einen gemeinsamen Zweck verfolgen.“ Diese Kenntnisse wurden nicht ins Zentrum der Terrorabwehr gestellt, sondern verharmlost und teilweise geleugnet.
Doch mehr noch: Der Einsatz von aus der neonazistischen Szene gewonnenen Informanten war bereits vor dem Beginn der Mordserie von zentraler Bedeutung für die Terrorgruppe, nämlich im Prozess ihres Untertauchens.
All dies dürfte ein wichtiger Grund dafür sein, dass die Sicherheitsbehörden, und an deren Spitze Bundesinnenminister Friedrich und dessen Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche, dem Untersuchungsausschuss entweder nur zögerlich zugearbeitet haben oder aber weiterführende Auskünfte bis heute verweigern.
Nur unter höchstem Druck wird nach wie vor das Allernötigste an Akten und Informationen weitergegeben – und zwar vorselektiert.

Das „Trio“ war den Sicherheitsbehörden also durchaus bekannt. Damit erledigt sich die lange Zeit immer wieder wie ein Mantra vorgetragene Schutzbehauptung der Sicherheitsbehörden, sie hätten sich die Existenz einer solchen rechtsterroristischen Gruppe nicht vorstellen können.
Dies war und ist eine strategische Lüge der Verfassungsschützer: Sie wussten von ihr. Das gilt sowohl für Olaf Vahrenhold, Verfasser des oben zitierten Dokuments, als auch für den langjährigen Leiter des Landesamts für Verfassungsschutz in Sachsen, Reinhard Boos. Beide haben bewusst und wiederholt vor Untersuchungsausschüssen gelogen.
Obwohl ihnen bekannt war, dass es sich um eine rechtsradikale Terrorgruppe handelt, die sich in der Tradition des weißen Rassismus und des historischen Nationalsozialismus sieht, haben sie und die ihnen unterstehenden Institutionen nichts Angemessenes unternommen, die späteren Morde zu verhindern: Bereits fünf Monate nach dem Wissensaustausch der Verfassungsschützer, nämlich am 9. September 2000, kam es zum ersten Mord, dem an Enver Simsek in Nürnberg.

Schon zwei Jahre zuvor, am 14. Februar 1998, hatte der Rechtsterrorexperte des BKA, Michael Brümmendorf, im Zuge der „Garagenfunde“ in Jena die Adressliste von Uwe Mundlos in den Händen – und damit ein Who‘s Who des Terrornetzwerks und seiner Unterstützer (darunter mindestens fünf V-Leute, unter anderen Kai D.). Doch nach Prüfung der Adressliste erklärte er diese für irrelevant (!).
Ebenso verhielt sich ein Teil des LKA in Thüringen, unter anderem der für die Auswertung der Garagenfunde zuständige Kriminalist Jürgen Dressler: Dieser hatte vor dem Untersuchungsausschuss zunächst bestritten, die Adressliste überhaupt zu kennen, und sich erst unter dem Druck einer Gegenüberstellung mit Brümmendorf wieder daran erinnert.
Ende 1997/Anfang 1998 wurden die Zielfahnder, eine Unterabteilung des LKA Thüringen, ihren glaubwürdigen Angaben zufolge von Verfassungsschützern offenkundig mutwillig an ihren Versuchen gehindert, die Untergetauchten zu stellen.
Und bereits im Herbst 1998 informierte der von dem damaligen Mitarbeiter des brandenburgischen Verfassungsschutzes, Gordian Meyer-Plath, im LfV Brandenburg geführte V-Mann „Piatto“ (Carsten Szczepanski) das Landesamt darüber, dass die Untergetauchten auf der Suche nach Waffen seien, „weitere Überfälle“ planten und hierbei der Kontakt zu Jan W. (ein Mitglied des rechtsextremen Netzwerks Blut und Ehre) von größter Bedeutung sei. Piatto selbst war an der Beschaffung der Waffen für das Terrortrio offenkundig beteiligt.

Diese Belege zeigen: Seit Herbst 1998 und erst recht seit dem Frühjahr 2000 wussten die Verfassungsschützer, insbesondere das Bundesamt für Verfassungsschutz, dass es sich bei dem Trio und seinem Umfeld um eine gewaltbereite rechtsterroristische Gruppe handelt. Vor allem im Jahr 2000 wurde dies mehrfach auch auf Bundesebene, zum Teil mit dem Bundeskriminalamt und dem Generalbundesanwalt, erörtert.
Doch all das blieb ohne Konsequenzen: Die Informationen über den Charakter einer Terrorgruppe wurden zum Teil ernst genommen, geeignete Maßnahmen zu ihrer Verfolgung wurden aber nicht getroffen.


Meine Frage: Sollte hier ein Kern einer Todesschwadron aufgebaut werden wie in den Diktaturen Südamerikas, um im rechten Moment in Zusammenarbeit mit „befreundeten“ Geheimdiensten jagd auf linke Politiker, Gewerkschaftler und Künstler zu machen ?

Jochen