Von Syrien bis zur Ukraine: Dieselben 10 Regeln der Kriegspropaganda von Lord Posonby

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Karin LeukefeldWichtige Beobachtung von Karin Leukefeld in den NachDenkSeiten:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=85647
Bei der Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine werden in deutschen Medien altbekannte Regeln der Kriegspropaganda aus dem Syrienkrieg angewendet.
Die gegnerische Seite (Russland) sei verantwortlich, der russische Präsident wird dämonisiert. Man sei „nicht Kriegspartei“, die gelieferten Waffen dienten nur der Selbstverteidigung der Angegriffenen. Diese kämpften heldenhaft während die gegnerische Armee verbotene Waffen einsetze und Grausamkeiten verübe.
Unbelegte Behauptungen reichen, um den Gegner (Russland, Putin) als Schuldigen anzuprangern.

Wie die syrische Stadt Aleppo und ihre Bewohner für Propaganda gegen Russland missbraucht werden

  • Im Donbas entfesselt der „Schlächter von Aleppo“ seine brutale Strategie“. Die Welt, 09.05.2022.
  • „Ukraine-Krieg: Grosny, Aleppo, Butscha: Immer die gleichen Vorwürfe an die russische Kriegsführung“. Stern, 05.04.2022.
  • „Von Aleppo nach Kiew: Das ist der Putin den wir kennen“. Tagesspiegel, 09.03.2022.
  • „Von Aleppo nach Mariupol“. Die Zeit, 04.03.2022. Und weiter: „Wir werden wohl bald Aleppo-ähnliche Bilder aus Mariupol sehen.“

Medien im Krieg

Die Botschaft lautet, dass die russische Armee blutrünstig, brutal und menschenverachtend vorgehe und mit ihrer „barbarischen Kriegsführung“ – wie in Aleppo – keinen Stein auf dem anderen lasse.
Frauen würden in Massen vergewaltigt, Delphine im Schwarzen Meer siechten dahin, Kunst- und Kulturgüter würden zerstört.
Als „Schlächter von Aleppo“ bezeichnen deutsche Medien heute den russischen Präsidenten Wladimir Putin, wie sie zuvor den syrischen Präsidenten Bashar al Assad den „Schlächter von Syrien“ nannten, Muammar al Ghadafi den „Schlächter von Libyen“ und Saddam Hussein den „Schlächter von Bagdad“.

Die Regeln der Propaganda

Die Regeln der Propaganda wurden 1928, vor knapp 100 Jahren, von dem britischen Baron und Politiker Arthur Ponsonby (1871-1946) in dem Buch „Lüge in Kriegszeiten“ analysiert.

Ponsonby, der seine Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg verarbeitete, wird das Zitat zugeschrieben: „Das erste Opfer im Krieg ist die Wahrheit“. Heute ist bekannt, dass die Wahrheit schon vor dem Beginn eines Krieges erlegt wird. Politische Unwahrheiten, Lügen und Täuschungen bilden den Hintergrund, vor dem Kriege entstehen.
Transportiert werden sie von Denkfabriken, Politik und Medien mit Hilfe einer globalisierten westlich dominierten Kommunikationsstruktur.

Meist sind die Lügen bekannt, weil es vor einem Krieg immer mindestens zwei Perspektiven gibt, die eine angespannte politische Situation beschreiben.
Bis zum Irak-Krieg 2003 wurden die verschiedenen Perspektiven zumeist von Journalisten und Korrespondenten noch berichtet, wobei schon damals eine deutliche Differenz zwischen Berichten der westlichen Medien (EU, GB, USA) und arabischen, lateinamerikanischen oder asiatischen Medien (Asia Times, Al Jazeera, Prensa Latina) zu beobachten war.

Lüge in Kriegszeiten

Der Krieg von USA, Großbritannien und einer Koalition der Willigen (auch 4000 Soldaten aus der Ukraine waren dabei) gegen Irak 2003 wurde u.a. mit der vom britischen Geheimdienst MI6 verbreiteten Lüge vorbereitet, Irak verfüge über Massenvernichtungswaffen, die innerhalb von 45 Minuten einsatzbereit seien.

Der damalige US-Außenminister Colin Powell präsentierte im UN-Sicherheitsrat am 5. Februar 2003 angebliche Beweise dafür, dass der Irak fahrbare Chemiewaffenlabore im Einsatz habe.

Nichts wurde gefunden. Der Irak, geschwächt durch mehr als 10 Jahren UN-Sanktionen, wurde politisch, wirtschaftlich und sozial zerstört.
2016 wurde in London der Bericht der Chilcot Untersuchungskommission veröffentlicht, in dem die meisten Lügen der britischen Politik aufgedeckt wurden.

Dem Irak half das nicht. Niemand wurde rehabilitiert, niemand entschädigt. Weder die USA noch Großbritannien entschuldigten sich bei dem Land, das sie völlig destabilisiert hatten.
Stattdessen wurden und werden weitere Kriege und Krisen mit Unwahrheiten, Lügen und Täuschungen vorbereitet und begründet.
Perspektiven, Informationen und Berichte von Medien, die nicht das weltumspannende westliche „Narrativ“ bedienen, sondern es hinterfragen, Hintergründe recherchieren und debattieren und andere Perspektiven einbringen, werden diffamiert, verfolgt und verboten. Die Regeln der Kriegspropaganda funktionieren immer wieder aufs Neue.

Warum Aleppo?

Zur Vorgeschichte gehört, dass in Deutschland über den Krieg in Syrien, Ursachen und Hintergründe, über das Geschehen in Aleppo und über die Akteure einseitig berichtet wurde.
Die Darstellung unterlag übergeordneten Vereinbarungen, die von den USA, Großbritannien, Frankreich, einigen ausgewählten arabischen Golfstaaten, Türkei, Jordanien und Israel – das nie genannt wird – und den so genannten „Freunden Syriens“ bestimmt wurden. Denkfabriken, Medien und Hilfsorganisationen wurden in dieses „Narrativ“ eingebunden. Die UNO und ihre Organisationen agierten unter enormem Druck der westlich geführten „Freunde Syriens“. Friedens- und fortschrittliche Organisationen in Deutschland, Parteien, Gewerkschaften und Kirchen und auch die meisten Journalisten hinterfragten die Darstellung kaum.

Das führte dazu, dass die Interessen der Bundesregierung gegenüber der breiten Öffentlichkeit in Deutschland nicht offengelegt wurden. Die Bundesregierung war – und ist – eingebunden in die Interessen von EU und NATO, die wiederum von den USA bestimmt wurden und werden. Die damals wichtigsten Verbündeten in der Region waren die arabischen Golfstaaten, Israel und die Türkei.

„Der Westen, Golfstaaten und die Türkei“ wollten in Syrien einen gewaltsamen „Regierungswechsel“ (Stichwort: Regime Change) durchsetzen, stellte der US-Militärgeheimdienst DIA im August 2012 in einem internen Bericht fest. Zu dem Zeitpunkt wurden bereits Waffen und Kämpfer aus Libyen über das Mittelmeer in die Türkei transportiert und dort – unter Aufsicht der CIA – an bewaffnete aufständische Gruppen im Norden Syriens verteilt. Je mehr und je besser Waffen, desto mehr Kämpfer meldeten sich .
DIA stellte dazu fest: „A. Im Land nehmen die Ereignisse eine deutliche konfessionelle Richtung. B. Die Salafisten, die Muslim Bruderschaft und Al Qaida im Irak (AQI) sind die führenden Kräfte die den Aufstand in Syrien vorantreiben. C. Der Westen, die Golfstaaten und die Türkei unterstützen die Opposition, während Russland, China und der Iran das Regime unterstützen.“

judicialwatch.org/wp-content/uploads/2015/05/Pg.-291-Pgs.-287-293-JW-v-DOD-and-State-14-812-DOD-Release-2015-04-10-final-version11.pdf

Aleppo – Die Wirtschaftsmetropole

Aleppo kam aufgrund seiner strategischen Lage – der Nähe zur türkischen Grenze bei Azaz – in den Umsturzplänen eine besondere Rolle zu.

Die Stadt galt als Wirtschaftshauptstadt Syriens, hier wurde der Reichtum des Landes erwirtschaftet, die Basis seiner Unabhängigkeit. Gelegen im ehemaligen „Fruchtbaren Halbmond“ und an wichtigen Handelsrouten, die Ost mit West (Seidenstraße) und Nord mit Süd (Gewürzstraße) verbanden, ist Aleppo seit dem 3. Jahrtausend vorchristlicher Zeitrechnung einer der berühmtesten Handelsplätze in der Region.

Im 12. Jahrhundert wurde Aleppo von den Kreuzrittern belagert, im 13. Jahrhundert wurde die Stadt von den Mongolen zerstört und im 15. Jahrhundert von den Osmanen erobert.
Mit dem Fall des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg (1914-1918) wurden die ehemaligen arabischen Provinzen des gefallenen Reiches mit dem britisch-französischen Sykes-Picot-Plan gevierteilt. Syrien und die Stadt Aleppo fielen unter französisches Mandat. Aleppo wurde von seinem arabischen und asiatischen Hinterland abgeschnitten, es mussten neue Handelswege gefunden werden.
Erst 1946 zogen sich die Franzosen zurück, Syrien erlangte die Unabhängigkeit und wurde Mitglied der UNO.

Nach der gewaltsamen Gründung des Staates Israel und der Vertreibung der Palästinenser (1948) folgten Kriege, die Besetzung der Golanhöhen (1967), die traditionellen Handelswege Syriens zum Mittelmeer (Haifa, Beirut und Tripoli) waren ganz oder teilweise versperrt. Doch trotz der schwierigen politischen Entwicklung Syriens und der Region war Aleppo vor dem Krieg 2011 wieder die wichtigste Wirtschaftsmetropole in der Region. Die Weltbank bezeichnete Syrien als die am schnellsten wachsende Wirtschaftsmacht unter den arabischen Staaten und prognostizierte, dass das Land bald auf Rang 5 der arabischen Ökonomien (…) geklettert sein werde.

Gelungen war das durch den Plan, aus Syrien, Türkei, Libanon, Jordanien und Irak eine gemeinsame Wirtschaftszone zu machen. ***) Gemeinsame Infrastrukturprojekte waren geplant, der regionale Handel boomte. Zwischen Syrien und der Türkei wurden neue Grenzübergänge geöffnet, die Visumspflicht wurde aufgehoben. Die Händler von Aleppo hatten Beziehungen in alle Welt, neue Industriebezirke waren in und um die Stadt entstanden. In der Industriestadt Scheich Najjar – etwa zehn Kilometer vom Zentrum der Stadt entfernt – hatten sich mehr als 1900 Firmen angesiedelt, die Tausenden Menschen Arbeit gaben. Aleppo war die wirtschaftliche Hauptstadt Syriens.

Aleppo bleibt ruhig

Während in anderen Landesteilen die Konflikte 2011/ 2012 eskalierten, blieb es in Aleppo ruhig. Die religiöse und ethnische Vielfalt der Stadt, der ausgeprägte Geschäftssinn, die Ablehnung einer „Revolution“ spiegelten sich in der politischen Zurückhaltung der Aleppiner.

Doch in den nordöstlichen Randgebieten der Stadt, die durch Landflucht und Bevölkerungswachstum unübersichtlich geworden waren, fassten bewaffnete Kämpfer – die aus der Türkei gekommen waren – Fuß und sagten der säkularen Gesellschaft im Zentrum von Aleppo den Kampf an. Im August 2012 erreichten sie den Ostteil der Altstadt im Herzen von Aleppo. Die Bewohner der alten Viertel flohen.
Ein Augenzeuge ist der Fotograf und Filmemacher Issa Toumeh, der im Viertel Al Jdeideh lebt. Er beobachtete und filmte den Beginn des Krieges von seinem Fenster neun Tage lang.
In seinem Kurzfilm „Neun Tage – Von meinem Fenster in Aleppo“ (9 Days – From My Window in Aleppo) zeigt er, wie Bewaffnete in der Straße vor seinem Haus Position beziehen.

Aleppo – Die Zerstörung

Geschäftsleute, die sich den Kämpfern entgegenstellten, um ihre Geschäfte in der Altstadt zu schützen, wurden bedroht und zogen sich vor der Waffengewalt zurück. Andere versuchten die Kämpfer mit Geld zu besänftigen und dazu zu bringen, ihre Fabriken, Lager oder Häuser nicht anzugreifen.
Die Kämpfer nahmen das Geld und griffen weiter an. Sie plünderten Fabriken und die Fuhrparks von Industrieunternehmen, dem syrischen Roten Halbmond und von ICARDA (International Center for Agricultural Research in the Dry Areas), dem Internationalen Zentrum für Agrarforschung in Trockengebieten.

Die Industriestadt Sheikh Najjar und nahezu alle Industriezentren in den Randbezirken von Aleppo wurden im September, Oktober 2012 gestürmt, geplündert und besetzt oder zerstört.
Aus den Fabriken in Sheikh Najjar wurden Maschinen, Computer, Fuhrparks gestohlen und vor aller Augen über die nahegelegene Grenze in die Türkei abtransportiert.

Im Dezember 2012 folgte die Belagerung des Al Kindi Hospitals, der größten und modernsten Klinik für Krebserkrankungen in der Region mit 700 Betten. Auf einem Hügel gelegen, war es für den militärischen Sturm auf Aleppo ein wichtiger Stützpunkt, den die Kämpfer einnehmen wollten.
Patienten und Personal konnten evakuiert werden, die syrische Armee versuchte die Klinik zu verteidigen. Im Dezember 2013 lenkten zwei Selbstmordattentäter je einen Lastwagen, beladen mit jeweils 40 Tonnen Sprengstoff, in den Eingangsbereich der Klinik und sprengten sich in die Luft. Das Gebäude brach in einer riesigen Staubwolke zusammen.

Aleppo – Das syrische Benghasi

Unterstützt wurden die Kämpfer bei ihrem Sturm auf Aleppo von den „Freunden Syriens“. Der Plan war, aus Aleppo ein „syrisches Benghasi“ zu machen.
Das Vorbild war Libyen, wo die Hafenstadt Benghasi die Basis für die bewaffnete Opposition geworden war. Eine Flugverbotszone sollte angeblich Luftangriffe der libyschen Armee verhindern.
Tatsächlich schützte sie die Anlieferung von Waffen, die mit Schiffen zu den Kämpfern in Benghasi gebracht wurden.

In Syrien sollte Aleppo die Basis für die syrische bewaffnete Opposition werden. Eine Exilregierung sollte etabliert werden. Im Umland von Aleppo sollten „Schutzzonen“ errichtet werden, in denen die Kämpfer sich sammeln und zu einer „Freien / Neuen Syrischen Armee“ ausgebildet werden sollten.
Dann sollten sie in Richtung Damaskus marschieren, das vom Süden (Deraa, Yarmouk), vom Westen (Zabadani, Maraya) und vom Osten (Deir Ez-Zor, Palmyra, Ghouta, Douma) umzingelt werden sollte.
Ziel war der Sturz der Regierung, „Regime Change“.

Aleppo eignete sich als Basis für den Plan, weil aus der nahegelegenen Türkei Kämpfer und Waffen leicht über die Grenze gebracht werden konnten. Die Waffen waren seit 2011 aus Katar und Saudi-Arabien auf dem Luftweg nach Amman und Ankara und von dort jeweils zur syrischen Grenze transportiert worden, wie der damalige Ministerpräsident Katars, Scheich Hamad bin Jassim bin Jabar al Thani in einem Interview mit dem Katarischen Fernsehen 2017 erklärte.
Das Vorgehen sei mit den USA und der Türkei abgesprochen gewesen. Für die militärische Koordination der Angriffe in Syrien habe es zwei international besetzte „Operationsräume“ gegeben, einen in Jordanien und einen in der Türkei.

Aleppo – Die Belagerung

Es folgten vier schreckliche Jahre (2012 -2016) für die Bewohner von Aleppo. Die Front verlief durch die Altstadt und um die Stadt herum. West-Aleppo – wohin viele Menschen aus dem Osten der Stadt und dem Umland geflohen waren – war teilweise komplett von den bewaffneten Gruppen eingeschlossen. An deren Spitze stand die Nusra Front (Al Qaida).
Allein im Sommer 2015 blockierten bewaffnete Gruppen nach Angaben von UNICEF mehr als 40 Mal die Wasserversorgung für Aleppo Stadt, wo damals rund 1,5 Millionen Menschen lebten.
Die Wasseraufbereitungsanlage Al Khafseh am Euphrat, wurde von Kämpfern des Islamischen Staates besetzt und geschlossen, wodurch 2 Millionen Menschen in Aleppo und Umland ohne Wasserversorgung waren. Ein Luftangriff auf Al Khafseh – für den Syrien die US-Streitkräfte und die Opposition russische Kampfjets verantwortlich machten – richtete ebenfalls Zerstörung an.*)

Die Belagerung endete erst im Juli 2016, als die syrische Armee mit Unterstützung des Irans, der Hisbollah und der russischen Luftwaffe, die letzte Versorgungslinie für die Kampfgruppen in Aleppo unterbrach.
Es folgte eine massive Angriffswelle der „Armee der Eroberung“, die von der Nusra Front geführt von Idlib herkommend einen Sturm auf Ramousseh, im Süden von Aleppo startete und dabei Selbstmordkommandos mit Sprengstoffbeladenen Panzerwagen gegen Stellungen der syrischen Armee einsetzte. Doch der Angriff scheiterte, die Zahl der Opfer auf beiden Seiten war hoch.

Im Dezember 2016 war Aleppo wieder unter syrischer Kontrolle. Die bewaffneten Kämpfer und „Oppositionellen“ wurden unter internationaler Kontrolle nach Idlib evakuiert. Unter ihnen waren mindestens 14 ausländische Militärs und Geheimdienstoffiziere, wie ein syrischer Parlamentsabgeordneter mitteilte. Sie kamen aus der Türkei (1), USA (1), Israel (1), Katar (1), Saudi-Arabien (8), Jordanien (1) und Marokko (1).

Andere Geheimdienstquellen sprechen von weit mehr ausländischen Offizieren, die von syrischen Spezialkräften identifiziert worden seien: 22 Amerikaner, 16 Briten, 21 Franzosen, 7 Israelis, 62 Türken.

Im UN-Sicherheitsrat wurde hinter verschlossenen Türen heftig darüber verhandelt, wie mit diesen ausländischen Militärs – darunter Bürger der drei westlichen Veto-Mächte USA, Großbritannien und Frankreich – umgegangen werden sollte. Sie wurden schließlich im Rahmen der großen Evakuierung von 25.000 bewaffneten Kämpfern und deren Angehörigen unbehelligt in Bussen abtransportiert.

Nach Einschätzung von US-Geheimdienstveteranen (Veterans Today) sei der Abzug der mehr als 100 ausländischen Militärs und Geheimdienstoffiziere Teil des Waffenstillstands- und Evakuierungsplans gewesen. Russland und Syrien hätten weitere Kämpfe, Tote und Zerstörungen verhindern wollen und waren vor allem daran interessiert, die Kämpfer aus Aleppo zu entfernen.
Russland habe auf einen sofortigen umfassenden Waffenstillstand gedrängt und wollte – in Absprache mit der Türkei und Iran – die politischen Gespräche aller Parteien in Astana beginnen.
Die westlichen Veto-Mächte wiederum wollten „ihre Leute“ sichern und stimmten dem Abzug der Kampfverbände nur zu, wenn auch „ihre Leute“ abziehen könnten. Alle Seiten schwiegen über den Deal.

Was hat Aleppo mit dem Krieg in der Ukraine zu tun?

Warum also ziehen Politik und Medien im Westen eine Parallele zwischen dem Syrienkrieg und der Ukraine? Was hat Aleppo mit Kiew oder Mariupol zu tun?

Das Sprichwort „Haltet den Dieb“ eignet sich vielleicht am ehesten als Erklärung. Wie ein ertappter Dieb versucht der Westen mit großem Geschrei auf allen Kanälen und rund um die Uhr, Russland zu beschuldigen, um von der eigenen Verantwortung für die Zerstörung von Aleppo abzulenken.

Die Botschaft lautet, dass die russische Armee blutrünstig, brutal und menschenverachtend vorgehe und mit ihrer „barbarischen Kriegsführung“ – wie in Aleppo – keinen Stein auf dem anderen lasse.
Doch wie beschrieben war das Geschehen in Aleppo anders. Die lauten Anschuldigungen sollen davon ablenken.

Die große Zerstörung von Aleppo fand zwischen 2012 und 2016 statt. Es war ein erbitterter Straßenkampf. Die Akteure waren auf der einen Seite die von den „Freunden Syriens“ ausgerüsteten Kampfverbände, die das syrische „Regime stürzen“ sollten und in westlichen Meiden als „Opposition“ dargestellt wurden. Sie hatten den Krieg nach Aleppo gebracht.
Die Akteure auf der anderen Seite waren die syrische Armee, die versuchte mehr als 1,5 Millionen Menschen zu schützen und die Stadt zu verteidigen. Unterstützt wurde die syrische Armee in dieser Zeit von der libanesischen Hisbollah und von iranischen Milizen und Beratern.

Russland war militärisch in der Zeit gar nicht in Aleppo aktiv. Die einzige militärische Aktivität Russlands geschah sehr effizient, professionell und abseits von Schlagzeilen in den Jahren 2013 und 2014, als die russische Militärpolizei die Chemiewaffenbestände Syriens mitten im Krieg sicherte und nach Latakia transportierte. Dort wurden sie von westlichen Spezialschiffen, auch aus den USA, an Bord genommen und vernichtet.

Erst Ende September 2015 griff Russland auf Bitten Syriens und auf Bitten des iranischen Generals Qasim Sulimani ein. Ziel war, die bewaffneten Kampfverbände von Dschihadisten und Al Qaida, die von der Türkei zu Tausenden nach Syrien strömten und sich auf den Sturm auf Aleppo vorbereiteten, zurückschlagen zu können.
Russland bildete eine militärische Koordinationsstelle mit Syrien, Hisbollah, Iran und Irak. Den USA bot Russland an, zur Vermeidung direkter Konfrontation eine „militärische Hotline“ einzurichten, um sich jeweils bei Luftangriffen zu informieren. Die USA stimmten zu.

Russlands Luftwaffe und Langstreckenraketen zerstörten in wenigen Wochen die Versorgungswege der Dschihadisten, Waffenlager, Routen und Konvois, über die das geplünderte syrische Öl von den Ölfeldern im Osten des Landes (Hasakeh und Deir Ez-Zor) nach Idlib und in die Türkei abtransportiert wurde.

Der ehemalige US-Marine (Vietnamkrieg) und spätere Senator Colonel Richard Black (78) war in Aleppo und hat die Folgen des Straßenkampfes dort und die enorme Zerstörung gesehen.
Der Straßenkampf in Aleppo sei von 2012 – 2016 „eine ziemlich syrische Angelegenheit“ gewesen, so Black. Sehr brutal, mit großen Verlusten.
„Sie kämpften vier Jahre lang, bevor Russland überhaupt in den Kampf eingriff.“ Dabei sei Russland „extrem zurückhaltend“ gewesen, „sich in den Kampf in Syrien einzumischen“, so Black in einem Interview im April 2022.

Russland habe nur sehr kleine Einheiten von Soldaten entsandt, wenig Artillerie, einige Sondereinsatzkräfte und Berater. „Andererseits waren sie eine bedeutende und sehr effektive Luftwaffe, die die syrische Luftwaffe ergänzt“ habe. Das sei jedoch nur im letzten Jahr des Krieges gewesen, als „die Syrer die terroristischen Kräfte schon ziemlich geschwächt“ hätten.
Die russische Unterstützung habe geholfen „das Gleichgewicht zu wahren“, so Black. Aleppo sei der „große Sieg“ im Syrienkrieg gewesen. „Die Russen für die massive Zerstörung in Aleppo verantwortlich zu machen ist unsinnig: weil sie gar nicht da waren“, so Black. „Sie waren nicht da, als es passierte.“

Fazit

Wer Aleppo kontrolliert, kontrolliert Syrien, heißt es. Der Krieg wurde nach Aleppo gebracht, weil man wollte Syrien kontrollieren wollte. Syrien hatte keine Wahl, als sich zu verteidigen.
Vier Jahre lang wurde in und um Aleppo gekämpft, dann hatten die „Freunde Syriens“ und ihre Kämpfer verloren. Der komplette Plan von Infiltration und Täuschung lag im Dezember 2016 offen auf dem Tisch.

Die russische Diplomatin Maria Khodynskaya-Golenishheva beschreibt in ihrem BuchAleppo – Krieg und Diplomatieden diplomatischen Kampf, der auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Formaten um die Stadt geführt wurde.

Als Vertreterin Russlands und Co-Vorsitzende nahm sie an der Seite des damaligen UN-Sonderbeauftragten Staffan de Mistura an allen Treffen teil. Sie berichtet über die Gespräche, die zu der Vereinbarung zwischen Russland und der Türkei führten. Sie beschreibt, warum die russisch-US-amerikanischen Beratungen immer wieder scheiterten. Sie hebt die Interessen der so genannten „kleinen Gruppe“ interessierter Staaten hervor – Russland, USA, Iran, Katar, Saudi Arabien und Türkei – über die die Öffentlichkeit in Deutschland kaum etwas erfuhr. **)
Und sie schreibt darüber, wie seitens der UNO in den letzten Wochen und Monaten des Jahres 2016 immer wieder Raum für die bewaffneten Gruppen in Ost-Aleppo und ihre Interessen geschaffen wurde, während die syrische Armee, Russland und ihre Verbündeten blockiert wurden im Kampf gegen die – nicht nur aus syrischer Sicht – terroristischen Gruppen.
Der immer wiederkehrende Vorwand war die Wahrung von Menschenrechten und die humanitäre Versorgung.

Die Befreiung von Aleppo, so ihr Fazit, sei ein Beispiel dafür, wie sich internationale und regionale Diplomatie und Außenpolitik im Zuge der Entstehung einer neuen, multipolaren Weltordnung verändere.
Neue Bündnisse und Interaktionen könnten entstehen.

Russland brachte Iran und die Türkei mit Syrien und den bewaffneten Gruppen im „Astana-Format“ an einen Tisch. Es wurden Waffenstillstandszonen vereinbart, die Kämpfer mussten die Waffen niederlegen.
Syrien erklärte im Gegenzug eine Amnestie, die Voraussetzungen für einen innersyrischen Versöhnungsprozess wurden geschaffen.

Aleppo konnte gerettet werden, im größten Teil Syriens schweigen heute die Waffen. Den etwa 2 Millionen Menschen in der Stadt und im Umland blieb die Zerstörung. Kein Strom, wenig Wasser, die Jugend ist geflohen, Fachkräfte sind abgewandert.
Der Wirtschaftskrieg von EU und USA gegen Syrien und seine Verbündeten, die Sanktionen und das US-Caesar-Gesetz, verhindern bis heute den Wiederaufbau im ganzen Land und kurbeln Inflation und Wirtschaftskrise an.

Der westliche Propagandakrieg, der den Konflikt um Aleppo und den Syrienkrieg von Anfang an begleitete, geht weiter. In Syrien konzentriert er sich auf die Provinz Idlib und humanitäre Hilfslieferungen, die politisch der Nusra Front – heute Hayat Tahrir al Scham – nutzen, die das Gebiet kontrolliert.
Heute ist die Propaganda eingebettet in hybride Kriegsführung und zielt auf die gegnerischen Staaten ebenso, wie auf die Köpfe der eigenen Bevölkerung.
Im Rahmen des Ukrainekonflikts ist Russland das aktuelle Ziel des US-geführten Blocks von NATO und EU.
Das nächste Ziel wurde schon ins Visier genommen: China.

*: In deutschen Leim-Medien wurde darüber fast nichts berichtet. dazu z.B.https://josopon.wordpress.com/2018/03/11/usa-planen-teilung-syriens-und-beeinflussung-des-russischen-wahlkampfs-interwiew-mit-karin-leukefeld/.
**:Siehe https://josopon.wordpress.com/2018/03/11/usa-planen-teilung-syriens-und-beeinflussung-des-russischen-wahlkampfs-interwiew-mit-karin-leukefeld/

Und:
https://josopon.wordpress.com/2022/04/25/wenn-aus-journalismus-propaganda-wird-von-karin-leukefeld-akkreditierte-korrespondentin-fur-syrien/
https://josopon.wordpress.com/2018/04/26/kleine-syriengruppe-russland-soll-assad-regime-so-ausliefern-wie-wir-es-erwarten-der-terror-des-us-imperiums-soll-durchgesetzt-werden/
https://josopon.wordpress.com/2017/01/18/waffen-fur-dschihadisten-aus-den-usa-in-aleppo-gefunden/

***: Dies zu verhinern war ein wesentlicher Grund für die NATO-Bestrebungen eines regime change.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Jochen

Defender Europe 21: Kräftemessen am Schwarzen Meer – dazu ein Kommentar von IMI online

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

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AKTUELL AUF GERMAN FOREIGN POLICY:
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8575/
Auszüge:

Defender Europe 21: Ex-Kommandeur der U.S. Army Europe publiziert Zwölf-Punkte-Plan zur Schwächung Russlands am Schwarzen Meer.

BERLIN/WASHINGTON (Eigener Bericht) – Pünktlich zum Beginn des Großmanövers Defender Europe 21 legt ein hochrangiger US-General a.D. einen Zwölf-Punkte-Plan zur Schwächung Russlands am Schwarzen Meer vor. Die Schwarzmeerregion ist Schwerpunkt der diesjährigen Defender Europe-Übung, an der auch die Bundeswehr teilnimmt.
Wie Generalleutnant Ben Hodges, Ex-Kommandeur der U.S. Army Europe, in einem aktuellen Strategiepapier schreibt, sei Russland im Schwarzen Meer zu stark, als dass die NATO die „Kontrolle“ gewinnen könne; sie solle es daher anstreben, die russische Schwarzmeerflotte „verwundbar“ zu machen. Zur Zeit proben rund 28.000 Soldaten aus 21 NATO-Staaten und aus fünf dem Bündnis nahestehenden Ländern im Rahmen von Defender Europe 21 die Verlegung großer Truppen in Richtung Schwarzes Meer.
Im vergangenen Jahr hatte der Schwerpunkt der Kriegsübung auf der Ostseeregion gelegen, der wegen der immer weiter steigenden Spannungen zwischen dem Westen und Russland erhöhte geostrategische Bedeutung zukommt. Das Manöver hatte die Spannungen zusätzlich verstärkt. Ähnliches steht nun der Schwarzmeerregion bevor.

Die neue Defender Europe-Routine

Die „Defender Europe“-Manöverserie, die im vergangenen Jahr mit dem größten US-geführten Manöver in Europa seit dem Ende des Kalten Kriegs begann, etabliert sich nun mit Defender Europe 21 als alljährliche Routine.
Dieses Jahr sind zwar mit rund 28.000 Militärs etwas weniger Soldaten an der Kriegsübung beteiligt als 2020; dafür nehmen jedoch mehr Staaten teil, und auch das Operationsgebiet ist größer als im vergangenen Jahr.
21 NATO-Mitgliedstaaten sind beteiligt, darunter auch die Bundesrepublik; darüber hinaus werden fünf Länder eingebunden, die dem Militärbündnis nicht angehören: Bosnien Herzegowina, das Kosovo, Moldawien, die Ukraine und Georgien.
Über die Beteiligung der ehemaligen Sowjetrepubliken Georgien, Ukraine und Moldawien an Defender Europe 21 integriert der Westen deren Streitkräfte auch ohne offizielle NATO-Mitgliedschaft schrittweise in seine Militärstrukturen.

Auf dem Weg nach Osten

Defender Europe 21 hatte im März begonnen, als die USA die Verlegung von Soldaten und Material per Schiff nach Europa starteten. Im laufenden Monat sollen nun die restlichen US-Streitkräfte eingeflogen werden, unter anderem auch über deutsche Flughäfen. Mitte April wurden in Grafenwöhr US-Soldaten mit Material ausgestattet, das zuvor aus einem US-Waffenlager (Army Prepositioned Stock, APS) in den Niederlanden dorthin transportiert worden war.[1]
Im Mai werden die Soldaten mit ihrem Gerät dann über Europa verteilt eine Vielzahl von Gefechtsübungen abhalten. Geografische Schwerpunkte sind dabei in diesem Jahr Südosteuropa und die Schwarzmeerregion. Voraussichtlich im Juni werden die US-Soldaten wieder über den Atlantik zurück in die USA verlegen.[2]

Von der Ostsee zum Schwarzen Meer

Mit dem Schwerpunkt Südosteuropa entwickelt die NATO ihre Aufmarschstrategien weiter. Im Jahr 2014 hatte sie auf dem Gipfel in Wales mit dem Readiness Action Plan zunächst den Startschuss für eine Militarisierung der Ostseeregion gegeben. Seitdem hat sie ihre militärische Präsenz dort systematisch ausgebaut. Vorläufiger Höhepunkt war 2020 der Beginn der Defender Europe-Manöverserie – damals mit dem Schwerpunkt Ostseeregion, wobei insbesondere die Infrastruktur für die Truppenverlegung getestet wurde.
Jetzt folgt ein vergleichbarer Prozess für die Schwarzmeerregion. Schon die gesteigerten Aktivitäten der NATO im Baltikum belasten die Beziehungen zu Russland schwer. Die Militarisierung des europäischen Südostens wird die Lage noch weiter verschlechtern, die ohnehin von starken Spannungen geprägt ist: Zum einen eskaliert die Lage in der Ostukraine aktuell erneut; zum anderen rivalisieren die Großmächte um das Schwarze Meer.

Doppelter Großmachtkonflikt

Den Hintergrund hat im Januar US-Generalleutnant Ben Hodges beschrieben, ein ehemaliger Kommandeur der U.S. Army Europe (2014 bis 2017). Hodges sieht am Schwarzen Meer die Interessen der Großmächte aufeinanderprallen: Der „wachsende Einfluss Russlands (und Chinas) in der Schwarzmeerregion“ habe „Auswirkungen auf breitere Interessen des Westens im Mittleren Osten, im Mittelmeerraum und in Südostasien“, urteilt der US-General in einem kürzlich publizierten Strategiepapier.[3]
Das Gebiet bilde die „Grenze zwischen liberaler Demokratie und Autokratie“; in es hinein erstreckten sich – nicht näher benannte – „russische militärische“ und „chinesische finanzielle Aggressionen“. Hodges sieht den Westen – auch in der Schwarzmeerregion – vor einer „doppelten Großmachtherausforderung durch China und Russland“.

„Die Initiative gewinnen“

Damit die NATO in der Schwarzmeerregion „die Initiative gewinnen“ könne, schlägt Hodges einen Zwölf-Punkte-Plan vor. Hodges urteilt, Russlands Einfluss im Schwarzen Meer sei größer als in der Ostsee; deshalb sei die „Kontrolle“ über das Gewässer für das westliche Militärbündnis kein erreichbares Ziel.[4]
Vielmehr müsse die NATO Fähigkeiten aufbauen, die es ihr erlaubten, Russland den uneingeschränkten Zugriff auf das Schwarze Meer zu „verweigern“. Dazu sei eine Vielzahl ideologischer, politischer, ökonomischer und militärischer Maßnahmen nötig.
Wie bereits zuvor in der Ostseeregion solle die NATO jetzt auch am Schwarzen Meer ihre militärische Präsenz durch eine erhöhte Manöverfrequenz stärken. Darüber hinaus müsse sie Führungsstrukturen in der Region aufbauen. Um ein „schnelleres Verlegen und Verstärken“ von NATO-Truppen zu ermöglichen, müsse die Infrastruktur der Region ausgebaut werden.

Die „Sicherheitslücke“ schließen

Hodges schlägt zusätzlich vor, das jährlich von den USA und der Ukraine ausgerichtete Manöver „Sea Breeze“ auf ein mit Defender Europe vergleichbares Ausmaß auszuweiten und unter anderem das „Verlegen von US- und Partnereinheiten aus Polen und Rumänien durch Moldawien in die Ukraine“ zu üben.[5]
Außerdem müsse die NATO die russische Schwarzmeerflotte „verwundbar“ machen und dabei Fähigkeiten der sogenannten hybriden Kriegsführung entwickeln. Georgien sei „sofort“ zur Mitgliedschaft in die NATO einzuladen; darüber hinaus müsse auch die Ukraine schnell zum offiziellen Bündnismitglied werden, und Serbien sowie die wenigen noch nicht förmlich aufgenommenen Teile Südosteuropas sollten ebenfalls kontinuierlich in die westlichen Einflussstrukturen integriert werden.
Ökonomisch müssten private Investoren aus dem Westen „graduell den Einfluss“ Russlands in der Region „verringern“ und ein „Bollwerk“ gegen chinesischen, aber auch iranischen Einfluss in der Region aufbauen. So könne es gelingen, die „Sicherheitslücke“ am Schwarzen Meer zu schließen.

[1] Cameron Porter: Fort Bragg signal unit receives APS vehicles, equipment for DEFENDER-Europe 21. army.mil 16.04.2021.

[2] DEFENDER-Europe 21 Fact Sheet. europeafrica.army.mil. S. auch Kein Lockdown für Militärs.

[3], [4], [5] Ben Hodges: The Black Sea… Or a Black Hole? Center for European Policy Analysis. Washington 2021.

dgap-policy_brief-2020-24-de

Dazu auf http://www.imi-online.de/2021/03/16/defender-europe-21/

Letztes Jahre hatte Defender Europe 2020 das größte Manöver in Europa nach dem vermeintlichen Ende des Kalten Krieges werden sollen, bis Corona einen Strich durch die Übung machte (siehe IMI-Analyse 2020/002).
Nachdem schon im Januar waren einige Details über die diesjährige – etwas abgespeckte – Variante bekannt geworden (siehe IMI-Aktuell 2021/038).
Gestern veröffentlichte die US-Armee eine Pressemitteilung mit weiteren Details, einschließlich Zeitplan und einzelnen Teilübungen:
https://www.europeafrica.army.mil/ArticleViewPressRelease/Article/2537359/press-release-defender-europe-21-activities-begin-this-month-include-two-dozen/
„More than 30,000 multinational forces from 27 nations will conduct nearly simultaneous operations across more than 30 training areas in a dozen countries. […] DEFENDER-Europe 21 will encompass several linked exercises, to include:

  • Swift Response (early to mid-May) – will include airborne operations in Estonia, Bulgaria and Romania involving more than 7,000 troops from 11 countries.
  • Immediate Response (mid-May through early-June) – more than 5,000 troops from 8 countries will spread out across 31 training areas in 12 different countries to conduct live fire training. A Joint Logistics Over-the-Shore operation will also occur.
  • Saber Guardian (mid-May through early-June) – more than 13,000 service members from 19 countries will conduct live fire and air and missile defense operations, plus a large scale medical evacuation.
  • Command Post Exercise (June) – approximately 2,000 personnel will exercise the headquarters’ ability to command multinational land forces in a joint and combined training environment while maintaining real-world operations across 104 countries on two continents.” (jw)

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Jochen

Faktencheck Venezuela: Was in deutschen Medien über das südamerikanische Land verbreitet wird – und wie es tatsächlich aussieht – Ein „Staatschef“ aus dem Regime-Change-Labor

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Nach einigen Gesprächen mit Patienten und im Familienkreis halte ich es für unbedingt nötig, den systematisch verbreiteten Falschinformationen der Leim-Medien etwas entgegen zu setzen.
Nachdem ich vorige Woche auf B5aktuell eine unerträgliche Lobhudelei auf den von einem CIA-Ableger ausgebildeten Putschisten Juan Guaidó hören musste, habe ich den aufklärenden und sehr ausführlichen Bericht von Dan Cohen und Max Blumenthal aus den NachDenkSeiten auch angehängt.
Bereits unmittelbar nach dem Putsch gab es Anzeichen, dass dort eine über die Atlantik-Connection über lange Zeit vorbereitete Medienkampagne im Sinn der integrierten Propagandakriegsführung der 4. Generation in Gang gesetzt wurde:
https://josopon.wordpress.com/2019/02/07/kaum-hatte-der-putschist-guaido-sich-zum-prasidenten-venezuelas-erklart-wurden-im-bayerischen-rundfunk-schon-sprachregelungen-vollzogen-tagesschau-betreibt-desinformation-um-den-usa-beim-sturz-vo/
Dort auch schon ein Beispiel für „Lügen mit Bildern“.

So etwas entsteht nicht in dieser Perfektion und Selbstbezüglichkeit zufällig oder durch Abschreiben, dem liegen Blaupausen zugrunde, die in den zahlreichen transatlantischen ThinkTanks ausgearbeitet wurden. Hier werden die Verdummungsprinzipien umgesetzt, wie sie Prof. Mausfeld genau beschrieben hat:
https://www.youtube.com/watch?v=1x8x9NokCZ0

Und hier auszugsweise der angekündigte Faktencheck. Wer die genannte Darstellung widerlegen kann, den bitte ich um Wortmeldung:
https://www.jungewelt.de/artikel/350058.fragen-und-antworten-faktencheck-venezuela.html

»Maduros Herrschaft ist diktatorisch, er hat keine demokratische Legitimation, und die Mehrheit der Bevölkerung steht nicht hinter ihm. Er kann sich nur noch auf das Militär stützen.«

Nicolás Maduro ist zweimal zum Präsidenten Venezuelas gewählt worden, 2013 und 2018. Die Wahl im vergangenen Jahr entsprach in ihren Regularien exakt der Parlamentswahl 2015, die von der Opposition gewonnen worden war und deren Legitimität allgemein anerkannt ist. Neben Maduro, der 67,84 Prozent der abgegeben Stimmen gewinnen konnten, gab es drei Kandidaten. Der Sozialdemokrat Henri Falcón kam auf 20,93 Prozent, der evangelikale Prediger Javier Bertucci auf 10,82 Prozent. Lediglich 0,39 Prozent der Voten entfielen auf den linken Basisaktivisten Reinaldo Quijada, der allerdings auf jeden echten Wahlkampf verzichtet hatte.
Die Wahlbeteiligung war mit 46,02 Prozent niedrig. Das lag auch daran, dass eine Reihe von Oppositionsparteien zum Boykott aufgerufen hatte. Wären diese Parteien mit einem gemeinsamen Kandidaten angetreten, hätten sie durchaus Chancen gehabt, Maduro zu schlagen.

Die Umstände der Wahl waren in einem Abkommen festgelegt worden, das Vertreter von Opposition und Regierung bis Anfang 2018 unter internationaler Vermittlung ausgehandelt hatten. Allerdings verweigerten die Oppositionellen im letzten Augenblick die Unterschrift unter das fertige Abkommen.
Der frühere spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero, der an den Verhandlungen als Vermittler beteiligt gewesen war, reagierte darauf Anfang Februar 2018 mit einem Brief, den die in Caracas erscheinende Tageszeitung Últimas Noticias veröffentlichte. Das ausgehandelte Abkommen habe die über Monate verhandelten Themen aufgegriffen, unter anderem »einen Wahlprozess mit Garantien und einen Konsens über das Datum der Wahlen«.

»Maduro hat das Parlament aufgelöst und entmachtet und regiert nun gänzlich unkontrolliert. Mit der Verfassung des Landes ist das unvereinbar.«

Venezuelas Parlament ist nicht aufgelöst worden, sondern arbeitet. Erst Anfang Januar wurde ein gewisser Juan Guaidó von den Abgeordneten der Oppositionsparteien zu dessen Präsident gewählt.

Richtig ist allerdings, dass die Beschlüsse der Nationalversammlung nach Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (TSJ) »null und nichtig« sind, weil sich das Parlament weigert, mehrere Urteile der Richter umzusetzen. Das begann bereits unmittelbar nach der Wahl 2015, als die Richter nach Einsprüchen die Bestätigung von vier gewählten Abgeordneten aus dem Bundesstaat Amazonas – drei der Opposition und einer der Regierungspartei PSUV – aussetzten.
Trotzdem wurden die drei Regierungsgegner vom Parlamentspräsidium vereidigt und nahmen an den Abstimmungen teil. Daraufhin stellten die Richter fest, dass die unter diesen Bedingungen gefassten Beschlüsse ungültig seien. Im Juli 2017 bekräftigten die Richter diese Entscheidung in einem weiteren Urteil, in dem sie die Ernennung neuer Richter durch das Parlament aufgrund der Nichteinhaltung des in der Verfassung dafür festgelegten Verfahrens für ungültig erklärten.

»Maduro hat sein Land mit Konzeptlosigkeit und Korruption in den Abgrund geführt. Mit Sozialismus hat das nichts zu tun.«

Venezuela ist nach wie vor ein kapitalistisches Land. Das hat auch Hugo Chávez in seinem letzten Wahlprogramm 2012 – das nach dessen Tod 2013 von Nicolás Maduro wortwörtlich übernommen wurde – betont: »Täuschen wir uns nicht, die sozioökonomische Ordnung, die in Venezuela noch vorherrscht, ist kapitalistischen und Rentencharakters.«

Seit seiner Amtsübernahme 2013 sieht sich Maduro einem eingebrochenen Ölpreis gegenüber. Da der Brennstoff jedoch nach wie vor das Hauptexportgut Venezuelas ist, sind die Staatseinnahmen dramatisch zurückgegangen. Verschärft wurde die Krise durch einen regelrechten Wirtschaftskrieg privater Handelskonzerne, die Waren zurückhielten. Supermärkte waren leer, viele Lebensmittel gab es nur noch auf dem Schwarzmarkt zu kaufen.
Das hat sich geändert, inzwischen sind die Geschäfte wieder voll – allerdings sind die Preise durch die Inflation so hoch, dass sie sich nur Wohlhabende leisten können. Hinzu kommen vor allem ab 2017 die immer weiter verschärften Sanktionen durch die USA und – in geringerem Ausmaß – durch die Europäische Union. Sie machen es Caracas nahezu unmöglich, Waren auf dem Weltmarkt regulär einzukaufen, weil der Zahlungsverkehr über die meist in den USA sitzenden Finanzinstitutionen blockiert ist.

Was man dem Präsidenten vorwerfen kann, ist, dass es lange keine wirksamen Maßnahmen gegen die sich immer weiter verschärfenden Probleme gegeben hat. Regelmäßige Lohnerhöhungen wurden durch die Inflation aufgefressen, wirtschaftspolitische Maßnahmen blieben Stückwerk und widersprüchlich.
Erst in der jüngsten Zeit scheint man Wege gefunden zu haben, mit Hilfe befreundeter Länder die ausländische Blockade zu umgehen.
Tatsächlich sind Berichten zufolge in den vergangenen Tagen und Wochen die Preise für Lebensmittel und andere Waren teilweise gesunken.

»Mit Ausnahme von Russland und China fehlt Maduro auf internationaler Ebene jeglicher Rückhalt, sein Regime ist praktisch isoliert.«

In der vergangenen Woche bildete sich bei den Vereinten Nationen in New York eine Gruppe von rund 60 Staaten der Welt, die sich für die Verteidigung der UN-Charta einsetzen wollen – in klarer Unterstützung Venezuelas gegen die von den USA geführte Aggression.
Demgegenüber haben weltweit nur etwa 40 bis 50 Regierungen den Oppositionspolitiker Juan Guaidó als »Präsidenten« anerkannt.
Hinter Maduro gestellt haben sich dagegen nicht nur die linken Regierungen Lateinamerikas, sondern auch die Karibikgemeinschaft Caricom und der südafrikanische Staatenbund SADC. Wichtige Handelspartner sind und bleiben Indien, der Iran, die Türkei und andere.
Selbst in der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) haben die USA und die venezolanische Opposition keine Mehrheit für eine Anerkennung Guaidós finden können. Auch UN-Generalsekretär António Guterres betonte, dass der einzige rechtmäßige Präsident Venezuelas Nicolás Maduro ist.
Mexiko und Uruguay bemühen sich um eine Vermittlung ohne ausländische Einmischung.

»Kritische Medien haben unter Maduro keine Chance, sie werden geknebelt und unterdrückt.«

Kaum tritt in Venezuela ein Oppositionspolitiker öffentlich auf, ist er sofort von Dutzenden Mikrofonen umlagert. Es gibt in Venezuela 16 private Fernsehkanäle und mindestens 18 private Radio-Senderketten, die oft mehrere parallele Programme ausstrahlen. Hinzu kommen viele lokale Gemeindesender. Dem stehen drei landesweite Staatssender – VTV, TVes und Vive – gegenüber sowie weitere nur lokal oder über Kabel verbreitete Programme, darunter der internationale Nachrichtensender Telesur. Allerdings hat die Telekommunikationsbehörde Conatel die Verbreitung mehrerer ausländischer Sender in den Kabelnetzen unterbunden. Betroffen davon ist zum Beispiel der kolumbianische Kanal NTN 24, der sich zum Sprachrohr der militanten Regierungsgegner gemacht hat.
Problemlos zu empfangen sind nach einer aktuellen Aufstellung von Kabelnetzbetreibern nach wie vor Fox und Voice of America aus den USA; die britische BBC, die Deutsche Welle und andere.
Interessanterweise macht aber der private Anbieter »Super Cable« seinen Kunden Sender wie TV Bolivia, Cubavisión, das chinesische CCTV oder das iranische Hispan TV nicht zugänglich, im Gegensatz zum staatlichen Betreiber CANTV.

Massenhaft verbreitet sind auch in Venezuela Internetseiten und »soziale Netzwerke«. Immer wieder gibt es Zensurvorwürfe. So beklagte das Internetportal Aporrea.org zuletzt, dass es nicht mehr uneingeschränkt erreichbar sei. Allerdings fallen auch staatliche Seiten wie die Homepage der Tageszeitung Correo del Orinoco oder die Angebote von Radio Nacional de Venezuela häufig aus. Ob es sich also um administrative Eingriffe oder technische Probleme handelt, ist unklar.

Probleme haben in den vergangenen Jahren Zeitungen und Zeitschriften gehabt, denn infolge der Wirtschaftskrise und der vor allem von den USA verhängten Sanktionen ist es für die Verlage immer schwieriger geworden, an das notwendige Papier zu kommen. Deshalb haben Oppositionsblätter wie Tal Cual oder El Nacional ihre gedruckten Ausgaben eingestellt, andere – zum Beispiel El Universal – erscheinen ungehindert weiter.
Betroffen davon sind aber nicht nur die Organe der Opposition. Im vergangenen Jahr musste die Zeitung der Kommunistischen Partei Venezuelas, Tribuna Popular, ebenfalls ihre Druckausgabe aufgeben und erscheint seither nur noch digital. Mehrere staatliche Publikationen haben den Umfang ihrer Ausgaben eingeschränkt oder wurden ganz eingestellt.

»Das Regime hat an der Grenze zu Kolumbien mit Gewalt verhindert, dass humanitäre Hilfe ins Land gelangt. Sicherheitskräfte versuchen, jede Unruhe skrupellos im Keim zu ersticken.«

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat deutlich gemacht, dass es sich nicht um humanitäre Hilfe handelte, sondern um eine politische Aktion. Auch die Vereinten Nationen verweigerten eine Beteiligung an der Show.

Zwischen 20.000 und 50.000 Personen sollten nach Angaben der Opposition durch die Lieferungen für zehn Tage versorgt werden. Selbst wenn das stimmt ist das verschwindend wenig verglichen mit den sechs Millionen CLAP-Lebensmittelpaketen, die monatlich in Venezuela vertrieben werden.
Nach unabhängigen Angaben beziehen inzwischen rund 90 Prozent der Bevölkerung diese subventionierten Grundnahrungsmittel.

Hilfslieferungen erreichen Venezuela auf vielen Wegen, unter anderem geliefert aus Russland und China. Mit der EU hat Caracas Unterstützung im Wert von zwei Milliarden Euro vereinbart, die über die UNO ins Land kommen soll. Venezuela konnte aber nicht akzeptieren, dass eine politische Gruppe ohne Kontrolle einen Konvoi mit unbekannter Ladung über die Grenze bringt.

Die Fernsehbilder zeigen zudem, dass die Gewalt an der Grenze nicht von den venezolanischen Sicherheitskräften ausging. Kolumbianische Sender übertrugen live, wie Vermummte Molotowcocktails befüllten und Steine auf die Soldaten warfen. Von kolumbianischer Seite wurden sie daran nicht gehindert.

Dazu auch: https://josopon.wordpress.com/2017/09/10/warum-ging-venezuela-siegreich-aus-dem-jungsten-krieg-der-vierten-generation-hervor-pressefreiheit-hier-und-dort/

Juan Guaidó: Ein Staatschef aus dem Regime-Change-Labor

Juan Guaidó ist das Produkt von mehr als zehn Jahren Arbeit, koordiniert von den Regime-Change-Trainern der Washingtoner Elite. Während er vorgibt, ein Verfechter der Demokratie zu sein, steht er in Wirklichkeit an der Spitze einer brutalen Destabilisierungskampagne.
Von Dan Cohen und Max Blumenthal. Aus dem Englischen von Josefa Zimmermann.

Auszüge:

Vor dem schicksalhaften 22. Januar hatte nicht einmal jeder fünfte Venezolaner jemals von Juan Guaidó gehört. Noch vor wenigen Monaten war der 35-Jährige ein obskurer Charakter in einer rechtsextremen politischen Randgruppe, die eng mit grausamen Straßenkämpfen in Verbindung gebracht wurde.
Selbst in seiner eigenen Partei hatte Guaidó nur einen mittleren Status in der oppositionsdominierten Nationalversammlung, die nun nach der venezolanischen Verfassung verächtlich gemacht wird.

Doch nach einem einzigen Anruf von US-Vizepräsident Mike Pence erklärte Guaidó sich selbst zum Präsidenten von Venezuela.
Von Washington zum Führer seines Landes erkoren, wurde ein bislang unbekannter, zum politischen Bodenpersonal zählender Mann Präsident der Nation mit den größten Ölreserven der Welt und rückte ins internationale Rampenlicht.

Im Konsens mit Washington begrüßte die Redaktion der New York Times Guaidó als „glaubwürdigen Rivalen” von Maduro mit einem „erfrischenden Stil und der Vision, das Land voranzubringen”.
Die Redaktion der Bloomberg News applaudierte ihm für die „Wiederherstellung der Demokratie” und das Wall Street Journal erklärte ihn „zu einem neuen demokratischen Führer”. Inzwischen haben Kanada, zahlreiche europäische Staaten, Israel und der Block der rechtsgerichteten lateinamerikanischen Regierungen, bekannt als Lima-Gruppe, Guaidó als legitimen Führer Venezuelas anerkannt.

Während Guaidó sich aus dem Nichts materialisiert zu haben scheint, ist er in Wirklichkeit das Produkt von mehr als zehn Jahren eifriger Aufzucht durch die Regime-Change-Fabriken der Washingtoner Elite. In einem Kader rechtgerichteter studentischer Aktivisten wurde Guaidó aufgebaut, um die sozialistische Regierung Venezuelas zu unterminieren, das Land zu destabilisieren und eines Tages die Macht zu ergreifen.
Obwohl er in der venezolanischen Politik eine untergeordnete Rolle spielte, stellte er viele Jahre stillschweigend seinen Wert für die Machtzirkel in Washington unter Beweis.

„Juan Guaidó ist die Figur, die für diese Situation geschaffen wurde“, bemerkte Marco Teruggi, ein argentinischer Soziologe und Chronist der venezolanischen Politik, gegenüber The Grayzone. „Es ist wie in einem Labor – Guaidó ist wie eine Mischung aus verschiedenen Elementen, die verschmolzen wurden zu einem Charakter, der sich, ehrlich gesagt, zwischen lächerlich und Besorgnis erregend bewegt.”

Diego Sequera, ein venezolanischer Journalist und Autor bei dem investigativen Magazin Misión Verdad, stimmte zu: „Guaidó ist außerhalb Venezuelas beliebter als im Land selbst, besonders in den Elite-Zirkeln der Ivy-League-Universitäten und in Washington.” Sequera bemerkte gegenüber The Grayzone: „Dort ist er als Charakter bekannt, er ist berechenbar rechts und gilt als loyal gegenüber dem Programm.“

Während Guaidó heute als das Gesicht des demokratischen Wiederaufbaus verkauft wird, absolvierte er seine Karriere in der brutalsten Gruppierung von Venezuelas radikalster Oppositionspartei und stand an der Spitze mehrerer Destabilisierungskampagnen. Seine Partei war in Venezuela weithin diskreditiert und wird teilweise für die Fragmentierung der stark geschwächten Opposition verantwortlich gemacht.

„Diese radikalen Führer bleiben bei Umfragen unter 20 %“, schrieb Luis Vicente León, der führende Meinungsforscher Venezuelas. Laut Léon ist Guaidós Partei bei der Mehrheit der Bevölkerung isoliert, denn die Mehrheit der Bevölkerung „will keinen Krieg. Was sie will, sind Lösungen.”

Doch genau aus diesem Grund wurde Guaidó von Washington ausgewählt: Niemand erwartet von ihm, dass er Venezuela zur Demokratie führt, sondern dass er das Land destablilisiert, weil es zwei Jahrzehnte lang ein Bollwerk des Widerstands gegen die US-Hegemonie war.
Sein merkwürdiger Aufstieg bildet den Höhepunkt eines zwei Jahrzehnte dauernden Projekts zur Zerschlagung eines stabilen sozialistischen Experiments.

Die „Troika der Tyrannei“ im Visier

Seit der Wahl von Hugo Chávez 1998 kämpften die USA für die Wiedererlangung der Kontrolle über Venezuela und seine riesigen Ölreserven.
Durch Chávez’ sozialistische Programme wurde der Reichtum des Landes umverteilt und Millionen Menschen aus der Armut geholt, aber sie machten ihn auch zur Zielscheibe.

2002 setzte Venezuelas rechte Opposition Chavez mit Unterstützung der USA kurzerhand ab, bevor das Militär ihn nach einer Massenmobilisierung wieder in sein Amt einsetzte. Während der Amtszeiten der US-Präsidenten George W. Bush und Barack Obama überlebte Chávez zahllose Mordanschläge, bevor er 2013 an Krebs starb. Sein Nachfolger Nicolas Maduro überlebte drei Mordanschläge.

Die Trump-Administration erhob Venezuela sofort zum Top-Kandidaten auf der Regime-Change-Liste Washingtons und brandmarkte es als wichtigsten Staat in der „Troika der Tyranneien“. Im vergangenen Jahr versuchte Trumps nationales Sicherheitsteam Mitglieder des Militärs zur Installierung einer Militärjunta zu rekrutieren, aber der Versuch schlug fehl.

Laut venezolanischer Regierung waren die USA auch in eine Verschwörung mit dem Codenamen „Operation Constitution“ verwickelt, die zum Ziel hatte, Maduro im Präsidentenpalast Miraflores gefangen zu nehmen, und in eine zweite namens „Operation Armageddon“, bei der er im Juli 2017 bei einer Militärparade getötet werden sollte. Etwas mehr als ein Jahr später versuchten Oppositionsführer vom Ausland aus vergeblich, Maduro während einer Militärparade in Caracas mit Drohnenbomben zu töten.

Mehr als ein Jahrzehnt vor diesen Intrigen wurde eine Gruppe handverlesener rechtsgerichteter Studenten von einer US-finanzierten Akademie, in der Regime-Changes trainiert werden, ausgebildet, um die Regierung Venezuelas zu stürzen und eine neoliberale Ordnung einzuführen.

Die ‘Export-A-Revolution-Gruppe’ legt die Samen für eine ANZAHL von Farbenrevolutionen

Am 5. Oktober 2005, als Chávez auf dem Höhepunkt seiner Popularität war und seine Regierung sozialistische Reformen plante, landeten fünf „Studentenführer“ aus Venezuela in Belgrad, um für einen Umsturz zu trainieren.

Die Studenten waren mit freundlicher Unterstützung des Center for Applied Non-Violent Action and Strategies (CANVAS) aus Venezuela angereist. Diese Gruppe wird überwiegend vom National Endowment for Democracy, einem CIA-Ableger, finanziert, der der US-Regierung als Hauptinstrument zur Durchsetzung von Regime-Change-Aktivitäten dient, ebenso wie die Ableger International Republican Institute und National Democratic Institute for International Affairs.

Wie durch geleakte E-Mails von Stratfor bekannt wurde, einem Geheimdienst-Unternehmen, das auch „Schatten-CIA“ genannt wird, finanzierte und trainierte die CIA CANVAS wahrscheinlich während der Kämpfe gegen Milosevic 1999/2000.

CANVAS ist eine Ausgliederung von Otpor, einer serbischen Protestorganisation, die 1998 von Srdja Popoviv an der Universität von Belgrad gegründet wurde.
Otpor, das serbische Wort für Widerstand, war eine studentische Gruppe, die international berühmt – und hollywoodmäßig promoted – wurde durch das Organisieren von Protesten, die schließlich zum Sturz von Slobodan Milosevic führten.

Diese kleine Zelle von Regime-Change-Spezialisten operierte nach Methoden des kürzlich verstorbenen Gene Sharp mit dem so genannten „gewaltfreien Kampf nach Clausewitz”, den Sharp gemeinsam mit einem ehemaligen Geheimdienstanalysten der DEA, Oberst Robert Helvey, entwickelt hatte, um einen strategischen Plan zu konzipieren, der bewaffneten Protest als eine Form hybrider Kriegsführung einsetzte und sich gegen Staaten richtete, die sich der unipolaren Dominanz Washingtons widersetzten.

Otpor wurde unterstützt vom National Endowment for Democracy (USAID) und von Sharps Albert Einstein Institute. Sinisa Sikman, einer der Chef-Ausbilder von Otpor, behauptete einmal, dass die Organisation direkt von der CIA finanziert würde.

Laut einer geleakten E-Mail von einem hochrangigen Stratfor-Mitarbeiter nach dem Sturz von Milosewic „wurden die Otpor-Kinder erwachsen, trugen Anzüge und kreierten CANVAS… oder mit anderen Worten, eine ‘Export-A-Revolution-Gruppe’, die die Samen legte für einen ANZAHL von Farbenrevolutionen. **)
Sie sind immer noch von der US-Finanzierung abhängig und ziehen durch die ganze Welt, um Diktatoren und autokratische Regime zu stürzen (alle, die von den USA nicht gemocht werden).

Stratfor enthüllte, dass CANVAS im Jahr 2005 „seine Aufmerksamkeit Venezuela zuwandte”, nachdem es bis dahin Oppositionsgruppen ausgebildet hatte, die NATO-freundliche Regime-Change-Operationen in Ost-Europa durchführten.

Während der Überwachung des CANVAS-Ausbildungsprogramms umriss Stratfor seine Aufstands-Agenda in erstaunlich deutlicher Formulierung: „Erfolg ist keineswegs garantiert. Und studentische Proteste sind nur der Anfang eines möglichen jahrelangen Kampfes, um in Venezuela eine Revolution zu entfachen, aber die Ausbilder haben beim „Schlächter des Balkans“ Erfahrungen gesammelt. Sie besitzen immense Fähigkeiten. Wenn Sie feststellen, dass Studenten an fünf Universitäten in Venezuela gleichzeitig demonstrieren, dann wissen Sie, dass die Ausbildung abgeschlossen ist und die wirkliche Arbeit beginnt.“

Die Geburt der Regime-Change-Kadergruppe „Generation 2007”

Die wirkliche Arbeit begann zwei Jahre später, 2007, als Guaidó sein Studium an der Katholischen Universität Andrés Bello in Caracas abgeschlossen hatte. Er zog nach Washington DC, um sich an der George-Washington-University für ein Studium in „Governance and Political Management“ einzuschreiben, bei dem venezolanischen Ökonomen Luis Enrique Berrizbeitia, einem lateinamerikanischen Spitzenökonomen neoliberaler Ausrichtung. Berrizbeitia war früher Chef des International Monetary Fund (IMF) und verbrachte unter der alten oligarchischen Herrschaft, die durch Chavez beendet wurde, mehr als ein Jahrzehnt in Venezuela, wo er im Energiesektor tätig war.

In diesem Jahr half Guaidó bei der Organisation regierungsfeindlicher Demonstrationen, nachdem die venezolanische Regierung sich geweigert hatte, die Lizenz von Radio Caracas Televisión (RCTV) zu erneuern.

Dieser Privatsender hatte eine führende Rolle beim Putsch gegen Chavez 2002 gespielt. RCTV half bei der Mobilisierung für regierungsfeindliche Demonstranten, gab gefälschte Informationen heraus, legte den Unterstützern der Regierung Gewalttaten zur Last, die Oppositionelle begangen hatten, und unterbrach während des Staatsstreiches jede regierungsfreundliche Berichterstattung. Die Rolle von RCTV und anderer Sender, die sich im Besitz von Oligarchen befanden, wurde in der gefeierten Dokumentation „The Revolution will not be televised“ aufgezeigt.

In demselben Jahr behaupteten die Studenten, das Verfassungsreferendum für einen „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ verhindert zu haben, der versprach, „den rechtlichen Rahmen für die politische und soziale Reorganisation des Landes zu etablieren, in dem organisierte Gemeinwesen unmittelbare Macht erhalten, ein neues Wirtschaftssystem zu entwickeln.“

Mit den Protesten um RCTV und um das Referendum war eine neue Klasse von US-unterstützten Spezialkadern und Regime-Change-Aktivisten geboren. Sie nannten sich „Generation 2007.

Die Ausbilder dieser Zelle von Stratfor und CANVAS identifizierten Guaidós Mitkämpfer – einen libertären Organisator politischer Aktionen namens Yon Goicoechea – als eine „Schlüsselfigur” bei der Niederschlagung des Verfassungsreferendums. Im folgenden Jahr wurde Goicochea für seine Bemühungen mit dem „Prize for Advancing Liberty“ des Cato-Institutes von Milton Friedmann ausgezeichnet. Die damit verbundenen 500 000 Dollar investierte er sofort in den Aufbau eines politischen Netzwerks.

Friedmann war bekanntlich der Ziehvater der notorischen neoliberalen Chicago Boys, die vom Präsidenten der Junta, Augusto Pinochet, nach Chile eingeflogen wurden, um die radikale fiskale Austeriätspolitik im Sinne der Schock-Doktrin zu implementieren. Und das Cato-Institut ist der libertäre Think-Tank, in Washington DC von den Koch-Brüdern gegründet, den größten Sponsoren der Republikanischen Partei, die zu aggressiven Unterstützern der rechten Politik in Lateinamerika wurden.

WikiLeaks veröffentlichte 2007 eine E-Mail des amerikanischen Botschafters in Venezuela, William Brownfield, an das Außenministerium, den Nationalen Sicherheitsrat und das Department of Defense Southern Command. Er lobte „Generation of ’07”, weil sie „den venezolanischen Präsidenten, der es gewohnt ist, die politische Agenda festzulegen, gezwungen hat (über)zureagieren.“
Zu den „aufstrebenden Führern”, die Brownfield identifizierte, gehörten Freddy Guevara und Yon Goicoechea. Er applaudierte dem Letzteren als „einem der klarsten Verteidiger bürgerlicher Freiheiten”.

Ausgestattet mit dem Geld libertärer Oligarchen und den Soft-Power-Waffen der US-Regierung trugen die radikalen venezolanischen Kaderorganisationen die Otpor-Taktik auf die Straße, zusammen mit dem Logo der Gruppe:

„Öffentliche Unruhen instrumentalisieren… um Vorteile aus der Situation zu ziehen und sie gegen Chavez wenden.“

2009 veranstalteten die jungen Aktivisten der Generation 2007 ihre bislang provokativste Demonstration. Sie ließen auf der Straße ihre Hosen fallen, entblößten ihr Gesäß und wandten die Guerilla-Theater-Taktik aus Gene Sharps Regime-Change-Handbüchern an.
Die Demonstranten hatten gegen die Festnahme eines Verbündeten aus einer anderen Gruppe junger Aktivisten namens JAVU mobilisiert. Diese rechtsextreme Gruppe „sammelte Gelder aus einer Vielzahl von US-Regierungsquellen, das es ihr ermöglichte, schnell als die Hardliner im Straßenkampf der Opposition bekannt zu werden“, so George Ciccariello-Maher in seinem Buch „Building the Commune“.

Obwohl keine Videos der Proteste verfügbar sind, identifizierten viele Venezolaner Guaidó als einen der wichtigsten Teilnehmer der Demonstration. Der Vorwurf ist zwar unbestätigt, aber durchaus plausibel. Die Protestierenden, die ihre nackten Hinterteile zeigten, waren Mitglieder des inneren Kerns der Generation 2007, zu dem Guaidó gehörte, und sie trugen T-Shirts mit ihrem Logo Resistencia! Venezuela!, wie auf dem Foto zu sehen ist.

In dem Jahr exponierte sich Guaidó auf andere Weise in der Öffentlichkeit und gründete eine politische Partei, um die Anti-Chavez-Energie zu nutzen, die seine Generation 2007 aufgebaut hatte. Partei des Volkswillens (Partido de la Voluntad Popular) war ihr Name, angeführt wurde sie von Leopoldo López, einem in Princeton ausgebildeten rechten Hitzkopf, der stark verwickelt war in die Programme von National Endowment for Democracy und zum Bürgermeister eines Bezirks in Caracas gewählt wurde, einem der reichsten Bezirke des Landes.
Lopez war ein Abbild der venezolanischen Aristokratie, ein direkter Abkömmling des ersten Präsidenten seines Landes. Er war auch ein Cousin ersten Grades von Thor Halvorssen, dem Gründer der in den USA ansässigen Human Rights Foundation, die als De-facto-Propagandainstrument für die US-unterstützten Aktivisten gegen die Regierungen der Ländern fungiert, die von Washington für einen Regime-Change vorgesehen sind.

Obwohl Lopez’ Interessen praktisch mit denen Washingtons identisch waren, wies die von WikiLeaks veröffentlichte US-amerikanische diplomatische Korrespondenz auf seine fanatischen Tendenzen hin, die letztendlich zu einer Marginalisierung der Partei führen sollten. Ein Schreiben identifizierte Lopez als „eine spalterische Figur innerhalb der Opposition … die oft als arrogant, rachsüchtig und machthungrig beschrieben wird“. Andere Schreiben betonten seine Besessenheit von Straßenkämpfen und seine „kompromisslose Herangehensweise“ als Ursache von Spannungen mit anderen Oppositionsführern, deren vorrangige Ziele Einheit und Beteiligung an den demokratischen Institutionen des Landes waren.

Im Jahr 2010 nutzten die Partei des Volkswillens und ihre ausländischen Geldgeber die größte Dürre, die Venezuela seit Jahrzehnten heimgesucht hatte. Aufgrund des Mangels an Wasser, das für den Betrieb von Wasserkraftwerken benötigt wurde, kam es zu einer enormen Stromknappheit im Land. Eine weltweite wirtschaftliche Rezession und sinkende Ölpreise verstärkten die Krise und auch die Unzufriedenheit der Bevölkerung.

Stratfor und CANVAS – wichtige Berater von Guaidó und seiner regierungsfeindlichen Kadertruppe – hatten einen schockierend zynischen Plan entwickelt, um einen Dolch ins Herz der bolivarischen Revolution zu stoßen. Bereits im April 2010 waren 70 Prozent der Stromversorgung zusammengebrochen.

„Dies könnte ein Wendepunkt sein, da Chavez wenig tun kann, um die Armen vor dem Zusammenbruch des Systems zu schützen”, war in einem internen Memo von Stratfor zu lesen. „Die Folge könnte das Aufkommen öffentlicher Unruhen sein und keine Oppositionsgruppe könnte sie besser schüren. Das ist beste Zeitpunkt für eine Oppositionsgruppe, die Situation zu nutzen und sie gegen Chavez und zum eigenen Vorteil zu wenden.“

Zu diesem Zeitpunkt erhielt die venezolanische Opposition laut US-amerikanischen Behörden von US-Regierungsorganisationen wie USAID und dem National Endowment for Democracy die beeindruckende Summe von 40 bis 50 Millionen Dollar pro Jahr. Auch die eigenen Auslandskonten warfen hohe Renditen ab.

Während sich das von Stratfor anvisierte Szenario nicht verwirklichen ließ, distanzierten sich die Aktivisten der Partei des Volkswillens und ihre Verbündeten von jeglichem Anspruch auf Gewaltlosigkeit und bekannten sich zu einem radikalen Plan zur Destabilisierung des Landes.

Auf dem Weg zur gewaltsamen Destabilisierung

Laut E-Mails venezolanischer Geheimdienste, die im November 2010 vom ehemaligen Justizminister Miguel Rodríguez Torres veröffentlicht wurden, nahmen Guaidó, Goicoechea und mehrere andere studentische Aktivisten an einem geheimen fünftägigen Training in einem Hotel namens „Fiesta Mexicana“ in Mexiko teil.
Das Training wurde von Otpor durchgeführt, dem Regime-Change-Unternehmen aus Belgrad, das von der US-Regierung gesponsert wurde. Berichten zufolge war die Veranstaltung von Otto Reich, einem fanatischen Castro-Gegner im Exil, der im State Department von George W. Bush arbeitete, und dem rechtsgerichteten kolumbianischen Präsidenten Alvaro Uribe abgesegnet. Bei den Treffen, so heißt es in den E-Mails, brüteten Guaidó und seine Mitstreiter einen Plan aus, Präsident Hugo Chavez zu stürzen, indem sie chaotische Zustände durch immer wieder aufbrechende gewaltsame Straßenkämpfe herbeiführten.

Drei Galionsfiguren der Erdölindustrie – Gustavo Torrar, Eligio Cedeño und Pedro Burelli – hatten angeblich die Kosten von 52 000 Dollar für das Meeting übernommen. Torrar bezeichnet sich selbst als „Menschenrechtsaktivist“ und „Intellektuellen“, dessen jüngerer Bruder Reynaldo Tovar Arroyo der Repräsentant des privaten mexikanischen Öl- und Gas-Unternehmens Petroquimica del Golfo in Venezuela war, das vertragliche Verbindungen mit dem Staat Venezuela hat.

Cedeño ist seinerseits ein geflüchteter venezolanischer Geschäftsmann, der in den USA Asyl beantragt hat und Pedro Burelli ist ehemaliger JP-Morgan-Manager und ehemaliger Direktor des venezolanischen staatlichen Ölunternehmens Petroleum of Venezuela (PDVSA). Er trennte sich 1998 von der Firma, als Hugo Chavez an die Macht kam, und ist Mitglied des Beirats des Latin America Leadership Program der Georgetown Universität.

Burelli insistierte, dass die E-Mails, in denen er seine Teilnahme detailliert beschrieb, gefälscht seien. Er beauftragte sogar einen Privatdetektiv, um dies zu beweisen. Der Ermittler erklärte, die Google-Protokolle zeigten, dass die Mails angeblich nie abgeschickt worden seien. Heute macht Burelli kein Geheimnis aus seinem Wunsch, den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro abgesetzt zu sehen. Nach seinen Vorstellungen soll er sogar durch die Straßen geschleift und von einem Bajonett aufgespießt werden, genau wie es bei dem libyschen Führer Moammar Gaddafi durch die NATO-gestützten Milizen geschah.

Update: Burelli kontaktierte das Grayzone-Magazin nach der Veröffentlichung dieses Artikels, um seine Beteiligung an der Fiesta-Mexicana-Geschichte zu erläutern.

Burelli nannte das Meeting „eine legitime Aktion“, die in einem Hotel mit einem anderen Namen in Mexiko stattfand.

Auf die Frage, ob Otpor das Treffen koordinierte, stellte er lediglich fest, dass er die Arbeit von Otpor/CANVAS „schätzt“ und obwohl er sie nicht finanziell fördert, habe er bereits „Aktivisten aus verschiedenen Ländern empfohlen, ihre Arbeit zu verfolgen und an den von ihnen angebotenen Veranstaltungen in verschiedenen Ländern teilzunehmen.“

Burelli fügte hinzu: „Das Einstein-Institut trainierte Tausende [Aktivisten] öffentlich in Venezuela. Gene Sharpes Philosophie wurde weithin studiert und übernommen. Und vermutlich sorgte sie dafür, dass die Unruhen nicht in einen Bürgerkrieg ausarteten.”

Die angebliche Fiesta-Mexicana-Verschwörung floss ein in einen weiteren Destabilisierungsplan, der in einer Reihe von Dokumenten, die die venezolanische Regierung veröffentlichte, enthüllt wurde. Im Mai 2014 veröffentlichte Caracas Dokumente, in denen ein Attentat gegen Präsident Nicolás Maduro beschrieben wurde.
Die Veröffentlichung ließ erkennen, dass der Anti-Chavez-Hardliner Maria Corina Machado dahinter steckte – heute der wichtigste Handlanger von Senator Marco Rubio. Als Gründer der vom National Endowment for Democracy finanzierten Gruppe „Sumate“ fungierte Machado als internationaler Verbindungsmann der Opposition, der 2005 Präsident George W. Bush besuchte.

„Ich denke, es ist an der Zeit, die Anstrengungen zu verstärken. Erledigen Sie die notwendigen Anrufe und sorgen Sie für die Finanzmittel, um Maduro zu vernichten, und alles Andere wird sich lösen“, schrieb Machado 2014 an den ehemaligen venezolanischen Diplomaten Diego Arria.

In einer anderen E-Mail behauptete Machado, der gewaltsame Plan sei von dem US-Botschafter in Kolumbien, Kevin Whitaker, abgesegnet. „Ich habe mich bereits entschieden und dieser Kampf wird fortgesetzt, bis dieses Regime gestürzt ist und wir unseren Freunden in der Welt liefern können. Wenn ich nach San Cristobal ginge und mich vor die OAS stellte, ich hätte nichts zu befürchten. Kevin Whitaker hat seine Unterstützung bereits bestätigt und die nächsten Schritte beschrieben. Wir haben mehr Geld als das Regime, um den internationalen Sicherheitsring zu durchbrechen.”

Guaidó geht auf die Barrikaden

In Februar errichteten studentische Demonstranten, die als Stoßtrupp der im Exil lebenden Oligarchen fungierten, im ganzen Land gewaltsam Barrikaden und verwandelten die von der Opposition kontrollierten Quartiere in aggressive Festungen, die als Guarimbas bekannt wurden. Während internationale Medien den Aufruhr als spontanen Protest gegen Maduros eiserne Faust darstellten, gab es zahlreiche Beweise dafür, dass die Partei des Volkswillens die Show inszeniert hatte.
„Keiner der Demonstranten an den Universitäten trug ein Universitäts-T-Shirt, sie trugen alle T-Shirts mit dem Logo der Partei des Volkswillen oder von Gerechtigkeit Jetzt”, sagte ein Guarimba-Teilnehmer damals. “Es waren vielleicht Studentengruppen, aber die Studentenräte sind mit den Oppositionsparteien verbunden und sind ihnen Rechenschaft schuldig.”

Auf die Frage nach den Rädelsführen sagte der Guarimba-Teilnehmer: “Wenn ich ganz ehrlich bin, diese Leute sind jetzt Abgeordnete.”

Etwa 43 Menschen wurden 2014 bei den Guarimbas getötet. Drei Jahre später gab es neue Ausbrüche und es kam zu massenhafter Zerstörung der öffentlichen Infrastruktur, der Ermordung von Unterstützern der Regierung und 126 Toten, von denen die meisten Chavez-Anhänger waren. In einigen Fällen wurden die Regierungsanhänger von bewaffneten Gangs lebendig verbrannt.

2014 war Guaidó direkt an den Guarimbas beteiligt. Tatsächlich twitterte er ein Video, das ihn mit Helm und Gasmaske zeigte, umgeben von maskierten und bewaffneten Elementen, die eine Autobahn blockiert hatten und in einen gewaltsamen Zusammenstoß mit der Polizei verwickelt waren. Bezug nehmend auf seine Mitgliedschaft bei der Generation 2007 proklamierte er: „Ich erinnere mich an 2007. Damals proklamierten wir ‘Studenten!’ Jetzt rufen wir ‘Widerstand!Widerstand!’“

Guaido löschte den Tweet in offensichlicher Sorge um sein Image als Verteidiger der Demokratie.

Am 12. Februar 2014, in der heißen Phase der Guarimbas in diesem Jahr, ging Guaidó während des Wahlkampfs der Partei und von Gerechtigkeit Jetzt! zu Lopez auf die Bühne. Während einer sehr langen Hetzrede gegen die Regierung drängte Lopez die Menge zum Marsch auf das Gebäude der Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Diaz. Bald darauf wurde Diaz’ Büro von bewaffneten Banden angegriffen, die es in Brand zu setzen versuchten. Sie verurteilte die Aktion als „geplante und vorsätzliche Gewalt”.

Bei einem Fernsehauftritt im Jahr 2016 bezeichnete Guaidó die Todesfälle infolge von Guayas – einer Guarimba-Taktik, bei der Stahldraht über eine Fahrbahn gespannt wird, um Motorradfahrer zu verletzen oder zu töten – als „Mythos“. Seine Kommentare verharmlosten eine fatale Taktik, durch die Zivilisten wie Santiago Pedroza getötet und neben vielen Anderen ein Mann namens Elvis Durán enthauptet wurde.

Diese abscheuliche Missachtung des menschlichen Lebens sollte seine Partei des Volkswillens in den Augen eines Großteils der Öffentlichkeit einschließlich vieler Gegner von Maduro kennzeichnen.

Die Regierung zeigt Härte gegen die Partei des Volkswillens

Die Eskalation der Gewalt und die politische Polarisierung im ganzen Land veranlasste die Regierung, gegen die Parteiführer vorzugehen, die die Eskalation geschürt hatten. Freddy Guevara, Vizepräsident der Nationalversammlung und stellvertretender Vorsitzender der Partei des Volkswillens, war einer der Anführer bei den Straßenkrawallen 2017. Angesichts des drohenden Prozesses wegen seiner Rolle bei den Aufständen suchte er Zuflucht in der chilenischen Botschaft, wo er sich immer noch aufhält.

Ester Toledo, ein Abgeordneter der Partei aus dem Bundesstaat Zulia, wurde im September 2016 von der venezolanischen Regierung wegen Terrorfinanzierung und der Planung von Mordanschlägen gesucht. Er soll die Mordpläne gemeinsam mit dem ehemaligen kolumbianischen Präsidenten Álavaro Uribe entwickelt haben. Toledo floh aus Venezuela und hielt Vorträge bei Human Rights Watch, bei dem von der US-Regierung unterstützten Freedom House, dem spanischen Kongress und dem Europäischen Parlament.

Carlos Graffe, ein weiteres von Otpor ausgebildetes Mitglied der Generation 2007, das die Partei führte, wurde im Juli 2017 festgenommen. Laut Polizei war er im Besitz einer Tasche, in der sich Nägel, der Sprengstoff C4 und ein Zünder befand. Er wurde am 27. Dezember 2017 freigelassen.

Leopoldo Lopez, der langjährige Vorsitzende der Partei, steht heute unter Hausarrest wegen seiner Schlüsselrolle bei der Tötung von 13 Personen bei den Guarimbas 2014. Amnesty International lobte ihn als „Gefangenen mit gutem Gewissen“ und verurteilte seine Verlegung vom Gefängnis in sein Haus als „nicht ausreichend“. Mittlerweile initiierten Angehörige der Opfer eine Petition für eine höhere Strafe.

Yon Goicoechea, der Posterboy der Koch-Brüder, wurde 2016 von Sicherheitskräften festgenommen, weil sie angeblich ein Kilogramm Sprengstoff in seinem Wagen gefunden hatten. In einem Kommentar der New York Times protestierte Goicoechea, die Beschuldigungen seien „frei erfunden“, und behauptete, er sei nur wegen seines „Traumes von einer demokratischen Gesellschaft, frei von Kommunismus“ in Haft. Er wurde im November 2017 entlassen.

David Smolansky, ebenfalls Mitglied der ursprünglich von Otpor ausgebildeten Generation 2007, wurde der jüngste Bürgermeister von Venezuela, als er 2013 in dem wohlhabenden Vorort El Hatillo gewählt wurde. Er musste jedoch zurücktreten und wurde vom Obersten Gerichtshof zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt, nachdem er für schuldig befunden wurde, bei den Guarimbas Gewalt angestachelt zu haben.

Als die Gefängnisstrafe drohte, rasierte sich Smolansky den Bart ab, setzte eine Sonnenbrille auf und verschwand, als Priester verkleidet, nach Brasilien, mit einer Bibel in der Hand und einem Rosenkranz um den Hals. Heute lebt er in Washington, DC, wo er vom Sekretär der Organisation der Amerikanischen Staaten, Luis Almagro, auserkoren wurde, die Arbeitsgruppe über die venezolanische Migrations- und Flüchtlingskrise zu leiten.

Am 26. Juli vergangenen Jahres veranstaltete Smolansky ein von ihm so genanntes „freundschaftliches Wiedersehen“ mit Elliot Abrams, dem verurteilten Verbrecher aus der Iran-Contra-Affäre, der von Trump als Sondergesandter in Venezuela eingesetzt wurde. Abrams war für die Überwachung der geheimen US-Politik der Bewaffnung der rechten Todesschwadronen in Nicaragua, El Salvador und Guatemala zuständig.
Seine wichtige Rolle bei dem Putsch in Venezuela lässt befürchten, dass ein weiterer blutiger Stellvertreterkrieg bevorsteht.

Vier Tage davor hatte Machado Maduro ein weiteres Mal gedroht und ihm erklärt, wenn er „sein Leben retten will, sollte er verstehen, dass seine Zeit abgelaufen ist”.

Ein Bauer im Spiel

Der Zusammenbruch der Partei des Volkswillens unter dem Gewicht der von ihr inszenierten gewaltsamen Destabilisierungskampagne entfremdete große Teile der Öffentlichkeit von ihr und brachte ihr Führungspersonal ins Exil oder in Haft. Guaidó spielte dabei eine untergeordnete Rolle, da er die meiste Zeit seiner neunjährigen Karriere als Abgeordneter in der Nationalversammlung verbracht hatte.
Guaidó, der aus einem der dünn besiedelten Bundesstaaten Venezuelas stammt, erreichte bei den Parlamentswahlen 2015 den zweiten Platz und gewann nur 26 Prozent der abgegebenen Stimmen, um seinen Platz in der Nationalversammlung halten. In der Tat war sein Hintern vielleicht bekannter als sein Gesicht.

Guaidó ist bekannt als Präsident der von der Opposition dominierten Nationalversammlung, aber er wurde nie in diese Position gewählt. Die vier Oppositionsparteien, aus denen sich der Runde Tisch der Demokratischen Einheit zusammensetzte, hatten sich auf eine rotierende Präsidentschaft geeinigt. Die Partei des Volkswillens war an der Reihe, aber ihr Gründer Lopez stand unter Hausarrest. Unterdessen hatte sein Stellvertreter, Guevara, in der chilenischen Botschaft Zuflucht gesucht. Eine Figur namens Juan Andrés Mejía wäre als Nächster an der Reihe gewesen, aber aus Gründen, die erst jetzt klar sind, wurde Juan Guaidó ausgewählt.

“Der Aufstieg von Guaidó hat etwas mit der Klasse zu tun”, bemerkte der venezolanische Analyst Sequera. „Mejía ist erstklassig, hat an einer der teuersten Privatuniversitäten in Venezuela studiert, aber er konnte nicht so leicht der Öffentlichkeit verkauft werden wie Guaidó. Zum einen hat Guaidó Mestizo-Gesichtszüge, wie die meisten Venezolaner, und er erscheint eher wie ein Mann aus dem Volk. Zum Anderen stand er nicht so sehr im Mittelpunkt des Medieninteresses, so dass man aus ihm so ziemlich alles formen konnte.“
Im Dezember 2018 schlich sich Guaidó über die Grenze und machte Ausflüge nach Washington, Kolumbien und Brasilien, um die Pläne für Massendemonstrationen während der Amtseinführung von Präsident Maduro zu koordinieren. In der Nacht vor Maduros Vereidigung riefen der US-Vizepräsident Mike Pence und die kanadische Außenministerin Chrystia Freeland Guaidó an, um ihn ihrer Unterstützung zu versichern. Eine Woche später schlossen sich Senator Marco Rubio, Senator Rick Scott und der Abgeordnete Mario Diaz-Balart – alles Abgeordnete aus dem Stützpunkt der rechten kubanischen Exil-Lobby in Florida – Präsident Trump und Vizepräsident Pence im Weißen Haus an. Auf ihre Bitte hin stimmte Trump zu, Guaidó zu unterstützen, wenn er sich selbst zum Präsidenten erklärt.
US-Außenminister Mike Pompeo traf sich laut Wall Street Journal am 10. Januar persönlich mit Guaidó. Pompeo konnte den Namen von Guaidó jedoch nicht aussprechen, als er ihn am 25. Januar in einer Pressekonferenz erwähnte und ihn “Juan Guido” nannte.

Bis zum 11. Januar wurde Guaidós Wikipedia-Eintrag 37-mal verändert, in dem Bemühen, das Image der zuvor unbekannten Figur aufzupeppen, die nun ein Tableau für Washingtons Regime-Change-Ambitionen darstellte. Schließlich wurde die Redaktion für seinen Eintrag dem elitären Gremium der “Bibliothekare” von Wikipedia übergeben, das ihn zum “umstrittenen” Präsidenten von Venezuela erklärte.

Guaidó ist vielleicht eine obskure Figur, aber er kombiniert Radikalismus mit Opportunismus und erfüllt so die Bedürfnisse Washingtons.
“Dieses Puzzlestück fehlte”, sagte ein Vertreter der Trump-Administration über Guaidó. “Er war das Stück, das wir brauchten, damit unsere Strategie kohärent und vollständig wird.”

“Zum ersten Mal”, frohlockte Brownfield, der ehemalige amerikanische Botschafter in Venezuela, gegenüber der New York Times, “haben wir einen Oppositionsführer, der den Streitkräften und den Strafverfolgungsbehörden klar signalisiert, dass er sie auf der Seite der Engel und der Guten halten will. “

Aber Guaidós Partei des Volkswillens bildete die Stoßtruppen der Guarimbas, die den Tod von Polizeibeamten und einfachen Bürgern verursachten. Er rühmte sich sogar, selbst an den Straßenkämpfen beteiligt gewesen zu sein.
Und jetzt muss er diese blutige Geschichte auslöschen, um Herz und Verstand von Militär und Polizei zu gewinnen.

Am 21. Januar, einen Tag bevor es mit dem Putsch ernst wurde, hielt Guaidós Frau eine Video-Ansprache, in der sie das Militär aufforderte, sich gegen Maduro zu erheben. Ihr Auftritt war hölzern und und nicht gerade inspirierend, was auch die politischen Grenzen ihres Mannes unterstreicht.

Während Guaidó auf direkte Hilfe wartet, bleibt er das, was er schon immer war – ein Lieblingsprojekt von zynischen Kräften aus dem Ausland.
“Es spielt keine Rolle, ob er nach all diesen Missgeschicken abstürzt und verbrennt”, sagte Sequera im Staatsfernsehen. “Für die Amerikaner ist er entbehrlich.”

** Zu Farbrevolutionen siehe auch https://josopon.wordpress.com/2014/09/21/cia-in-der-ukraine-freedom-and-democracy/

 

Jochen

Der Terrorismus der westlichen Welt – Teil 3: Hybride Kriegsführung, verdeckte Operationen und geheime Kriege

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Passend zu dem, was in Syrien und in der Ukraine läuft, hier eine ausführliche Analyse von Sascha Pommrenke, mit beachtlichem Literaturteil. Ein Vorläufer der hier beschriebenen Spezialkräfte waren übrigens die „Einsatzgruppen“ von SS, Polizei und Wehrmacht, die hinter der osteuropäischen deutschen Kampffront Massenmorde an Juden, Sinti, Roma und Russen begingen und von ukrainischen Faschisten noch heute als Vorbild angesehen werden. Was hier beschrieben wird, ist entsetzlich, aber es ist wichtig, dass es nicht vergessen wird:

http://www.heise.de/tp/artikel/45/45422/

Auszüge:

Die NATO ist verunsichert angesichts einer neuartigen Bedrohung aus Russland. Diese neue Art des Krieges wird „hybride Kriegsführung„[1] genannt. „Propaganda, verdeckte Aktionen, schließlich bewaffnete Auseinandersetzungen, in denen so genannte Separatisten oder Soldaten ohne Hoheitsabzeichen angreifen – auf der Krim hat Russland damit erstmals zugeschlagen“, weiß der SWR[2] im Februar 2015 zu berichten.
Die Welt[3] kann davon erzählen, dass die NATO sogar „unzureichend auf solche Konflikte vorbereitet“ ist. Und Matthias Nass von der Zeit kann als mental vollständig embedded aus den „Gegenstrategien“ der NATO berichten[4]: „Fassungslos verfolgt die Nato das Geschehen“.
Fassungslos macht jedoch lediglich die Berichterstattung darüber.

Zwar erkennt Nass immerhin, dass „der Westen die einzelnen Elemente des ‚hybrid warfare‘ in seinem Repertoire“ hat, aber es wäre nicht die Zeit, wenn nicht sofort relativiert würde: „Was heute anders ist, was die hybride Kriegsführung so gefährlich macht, ist die Schnelligkeit, mit der ein Konflikt in der digitalisierten Welt eskalieren kann.“

Das Offensichtliche aber ist von Nass nicht zu vernehmen. Denn das, was den Unterschied „heute“ ausmacht, ist, dass nicht die NATO, eine Koalition von Willigen, oder nur die USA die Eskalationsdynamik bestimmen, sondern dass dieses Mal Russland interveniert.
Neu ist daran allerdings gar nichts, lediglich der Protagonist hat sich geändert. Und während es dem Westen vollkommen egal ist, wenn die eigenen oder zumindest „befreundete“ Truppen irgendwo einfallen, fallen Qualitätsjournalisten aus allen Wolken, wenn Russland das Vorgehen kopiert.
Ebenso wie es absurd ist anzunehmen, die USA bzw. die NATO würden nicht in der Ukraine agieren, ist es abwegig zu glauben, Russland würde dort nicht intervenieren.

Der Sinn verdeckter Operationen beruht schließlich auf der in den 1950er Jahren in den USA entwickelten politischen Doktrin der „Plausible Deniability“ (plausiblen Abstreitbarkeit). „Im Kern zielte diese darauf ab, Führungsstrukturen und Befehlsketten auf einer informellen Basis so zu strukturieren, dass diese für Außenstehende weder nachvollziehbar noch zu rekonstruieren waren und im Fall politischer Verwerfungen glaubhaft bestritten werden konnte, eine gegebene verdeckte Operation sei im Auftrag von bestimmten politisch verantwortlichen Führungspersonen durchgeführt worden.“1

Selbstverständlich wird Russland alle seine Machtchancen nutzen, um seine nationalen Interessen zu sichern. Das machen alle Nationen, die sich einen entsprechenden Militärapparat auf Kosten des Lebensstandards der Bevölkerung leisten. Und so wie die USA alle Länder der Welt als Gegenstand ihres nationalen Interesses ausgemacht hat, ist es unzweifelhaft, dass Russland in seinem Nahbereich agiert.
Das ist Teil der grundlegenden Dynamik konkurrierender Militärmächte. Das ist Teil der Dynamik eines internationalen Staatengefüges, das sich über Nationen oder „Kulturkreise“ identifiziert und damit eben auch gegenseitig ausgrenzt und befeindet.

Die Bevölkerungen glauben zu machen, dass nur der gerade als „Feind“ auserkorene, sich solcher Methoden bedient, ist Propaganda. Aktuell ist es Putin als personifiziertes Böses, dem sich die EU und die NATO nur entgegenstemmen können, indem aufgerüstet wird. Oder wie es die Stiftung Wissenschaft und Politik, der Regierungs-Think Tank für Sicherheitspolitik, nennt: Es muss die Widerstandsfähigkeit Deutschlands erhöht werden.[5]
Und zwar möglichst schnell und möglichst viel. Waren die Bedrohungsszenarien der letzten 15 Jahre irgendwelche Wüstenszenarien, sind es plötzlich wieder Panzerschlachten in der Heide, von denen Welt-Redakteure tatsächlich glauben[6], ein Mehr an Panzern und eine „bessere“ Munition seien eine Abschreckung gegen Russland.

Dabei ist die hybride Kriegsführung weder neu, noch auch nur ansatzweise eine Strategie, die auf Russland zurückgeht. Harry Truman, der US-Präsident, der den Massenmord durch Atombomben zu verantworten hat, genehmigte am 18. Juni 1948 die Direktive NSC-10/2[7], in der er Geheimdiensten und Militärs so ziemlich alles erlaubte:

Propaganda, Wirtschaftskrieg; vorbeugende direkte Aktion, einschließlich Sabotage, Anti-Sabotage, Zerstörungs- und Evakuierungsmaßnahmen; Subversion gegen feindliche Staaten, einschließlich Unterstützung von Widerstandsbewegungen im Untergrund, Guerilla- und Fluchthilfegruppen und Unterstützung einheimischer antikommunistischer Elemente in bedrohten Ländern der freien Welt.

Armin Wertz2

Operation PBSUCCESS

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war es vor allem der Antikommunismus, der das Handeln der USA bestimmte. Was auf politisch-ideologischer Seite die Angst vor dem Kommunismus ist, ist auf der verschwägerten Seite der Wirtschaftsideologie, die Furcht vor Verstaatlichung und vor der Minderung der Profitrate. Um dies zu verhindern, waren die Entscheider in den USA bereit, über Leichen zu gehen und das Selbstbestimmungsrecht anderer Nationen zu ignorieren. Und so nannten die USA alles „kommunistisch, jeden Ausdruck von Nationalismus oder wirtschaftlicher Unabhängigkeit, jeden Wunsch nach sozialem Fortschritt, jede intellektuelle Neugier und jedes Interesse für fortschrittliche liberale Reformen“, beklagte sich Guatemalas Außenminister 1954.3

In den frühen 50er Jahren des 20. Jahrhunderts führte Guatemala eine umfangreiche Landreform durch. Betroffen war neben Großgrundbesitzern vor allem die United Fruit Company, die über 40 Prozent der Agrarflächen des Landes besaß. Die erste demokratische Regierung Guatemalas war dementsprechend auch „eine zunehmende Bedrohung für die Stabilität von Honduras und El Salvador“, ließ das US-Außenministerium verlauten.

Die Stabilität à la Washington war bedroht, weil Guatemalas Agrarreform eine machtvolle Propagandawaffe ist; das umfassende Sozialprogramm, das die Arbeiter und Bauern in einem siegreichen Kampf gegen die Oberschichten und großen ausländischen Unternehmen unterstützen soll, übt auf die Bevölkerung der mittelamerikanischen Nachbarstaaten, in denen ähnliche Bedingungen herrschen, starke Anziehungskraft aus.

Noam Chomsky4

Demokratie und Menschenrechte waren noch nie die primären Beweggründe für militärisches Eingreifen, sondern manchmal lediglich ein Kollateralnutzen.
Sie sind der Anschein, den Interventionisten benötigen, um die eigene Bevölkerung über die wahren Beweggründe zu täuschen. Woodrow Wilson forderte bereits 1907 die Macht des Staates einzusetzen, um „die Welt zu einem Markt“ für Händler und Hersteller zu machen.
„Tore zu Ländern, die verschlossen sind“, so Noam Chomsky5, „müssen eingeschlagen werden …, selbst wenn die Souveränität unwilliger Nationen dabei mit Füßen getreten wird.

1952 autorisierte Truman den ersten Plan der CIA PBFORTUNE, um den rechtmäßig gewählten Präsidenten Guatemalas Jacobo Arbenz Guzmán zu stürzen. Der Geheimdienst erstellte umgehend eine Liste mit 58 vermeintlichen Kommunisten, die es zu exekutieren, zu vertreiben oder zu inhaftieren galt.
In den USA gibt es offensichtlich eine lange Tradition in der Erstellung von Todeslisten. PBFORTUNE wurde jedoch in letzter Sekunde durch ein Missgeschick in der Geheimhaltung gestoppt. Ein Jahr später unter Präsident Dwight D. Eisenhower wurde der nächste Versuch mit PBSUCCESS unternommen. Eleganterweise war nun der CIA-Direktor Allen Welsh Dulles als Rechtsanwalt und Lobbyist für die United Fruit Company tätig. Eine fruchtbare Verquickung.
Der neuen Operation standen 2,7 Millionen Dollar für einen „kleinen paramilitärischen Krieg“ zur Verfügung. Dazu sollten unter anderem „psychologische Kriegsführung“, „Subversion“ und „politische Aktionen“ gehören. Darüber hinaus wurde die Option erwogen, Arbenz einfach zu ermorden.

Im National Security Archive der George Washington Universität kann man zahlreiche Dokumente[8] zu den Attentatsvorhaben sowie der hybriden Kriegsführung der CIA in Guatemala finden. Darunter sind auch die bemerkenswerten Dokumente „A Study of Assassination“, quasi eine kurze Einführung für CIA-Attentäter, sowie die Todesliste mit mittlerweile 78 (gelöschten) Namen derjenigen „Kommunisten“, die während einer Militäroperation „entsorgt“ werden sollten. Des Weiteren existiert noch ein Geheimdokument, das die Eliminierung von 15-20 Personen der politischen wie wirtschaftlichen Führungskräfte Guatemalas vorsah.

Im Mittelpunkt der hybriden Kriegsführung der CIA stand jedoch die psychologische Kriegsführung. Ziel war es, einen Putsch des guatemaltekischen Militärs herbeizuführen. Für diesen Zweck organisierte die CIA eineBefreiungsarmee“ von lediglich ein paar hundert Mann von Exilanten, „nicaraguanischen Nationalgardisten und amerikanischen Söldnern“.6
Die anstehende Invasion der kleinen Armee wurde von einer massiven Propagandaoperation begleitet, so dass die wesentlich größere guatemaltekische Armee glaubte, keine Chance gegen die von den USA unterstützten Invasoren zu haben. Zumal beständig von einem Volksaufstand berichtet wurde, der sich den Invasoren anschließen würde. Nebeneffekt der psychologischen Kriegsführung war, dass Medien weltweit genau diese Propaganda als Tatsachen verbreitet hatten. Guatemala wurde als kommunistischer Aggressor dargestellt, vor dem sich die freie Welt verteidigen müsse.

Mitte Juni 1954 griff die Söldnertruppe der CIA Guatemala an. Zusätzlich zu der paramilitärischen Invasion ließ die CIA Häfen, Öltanks und andere Infrastrukturen, aber auch eine Schule und kleinere Ortschaften bombardieren.7
Obwohl das guatemaltekische Militär keine Schwierigkeiten hatte, die Invasion zu stoppen, und es zu keinen größeren Auseinandersetzungen kam, zeigte die massive Propaganda Wirkung und die Armeeführung fürchtete ein direktes Eingreifen des US-amerikanischen Militärs. Fünf Wochen später zwang die Armee Arbenz zum Rücktritt.

Der anschließend eingesetzte Diktator Carlos Castillo Armas machte zahlreiche Sozialreformen rückgängig, verhaftete 72.000 Menschen unter dem Vorwand des Kommunismus und stürzte das Land letztlich in einen fast 40 Jahre andauernden Bürgerkrieg, der etwa 200.000 Menschen das Leben kostete und über eine Millionen Menschen zu Flüchtlingen machte. In den Folgejahren unterstützten die verschiedenen US-Regierungen die jeweiligen Diktatoren mit „Waffenlieferungen, Napalm, Ausbildungsprogrammen, Bombardements von Maya-Dörfern“ und militärischen Spezialeinheiten zur Aufstandsbekämpfung.
Über das von den USA unterstütze Anti-Guerillaprogramm urteilte das State Departement später: „Um ein paar Guerilleros zu eliminieren, hat die Regierung ungefähr 10.000 guatemaltekische Bauern getötet.“8

Die Operation PBSUCCESS kann als erste militärische Operation nach 1945 gegen einen souveränen Staat gelten, die von einem Geheimdienst organisiert und durchgeführt wurde. Durch die Rekrutierung von Söldnern und die Abwesenheit regulärer militärischer Einheiten verwischte bereits 1954 die Grenze zwischen militärischen und geheimdienstlichen Operationen. Zusammen mit psychologischer Kriegsführung, Wirtschaftssanktionen und diplomatischem Druck ergibt sich ein Bild, das Journalisten als aktuelles Phänomen in Russland ausgemacht haben wollen. Denn erst wenn die nationalen Interessen westlicher Staaten gefährdet sind, interessieren uns plötzlich Demokratie und Menschenrechte. Ist kein Profit zu erwarten, interessieren uns auch keine Unpersonen. Was sind schon ein paar hunderttausend tote Guatemalteken?

Indochina – Der Krieg, den man nicht sieht

Die USA haben aus der Operation PBSUCCESS ihre Lektionen gelernt. Obwohl der paramilitärische Teil eher ein Desaster, denn ein Erfolg war, war das Zusammenspiel der verschiedenen Elemente des hybrid warfare ein voller Erfolg und sollte bis heute die Blaupause für verdeckte Operationen und geheime Kriege in souveränen Staaten sein.

Verdeckte Operationen gehörten jedoch prinzipiell schon immer zum Repertoire militärischer Aktionen. Die USA waren bereits seit 1953[9] mit geheimen Operationen in den Indochinakrieg in Vietnam verwickelt. Und sie ließen von Beginn an die Grenzen zwischen zivil und militärisch verschwimmen.
Ein zentrales Element der „modernen“ hybriden Kriegsführung. Mit der CIA-Tarnfirma Civil Air Transport „CAT“ (später Air America), einer ansonsten normalen zivilen Fluggesellschaft, flogen die USA Material und Waffen in klandestinen Operationen in französische Stellungen vor allem zu den eingeschlossenen Fremdenlegionären in Dien Bien Phu.

Die CIA unterstütze Frankreich bei der „Aufstandsbekämpfung“ im ersten Indochinakrieg mit der Tarnfirma „CAT“. Zwei CAT-Piloten starben im Mai 1954 in Dien Bien Phu. Es waren die ersten US-amerikanischen Kriegsopfer des „Vietnam-Krieges“ der USA. Bild: Warner Pathé News. Public Domain

Es gehört zu den Legenden um den Vietnamkrieg, dass die USA in einen Stellvertreterkrieg hineingezogen wurden. Ganz im Gegenteil haben die USA den Krieg über ein Jahrzehnt überhaupt erst zu einem solchen eskalieren lassen. Bereits 1955 entsandten die USA erste „Militärberater“. Diese Berater waren damals und sind auch heute nichts anderes als Geheimdienstagenten, die den aktuellen Freund mit Geheimdienstinformationen versorgen, Spezialeinheiten, die die befreundeten Kampftruppen trainieren und bei Einsätzen begleiten, sowie Killerkommandos, die die High Value Targets lieber gleich selbst exekutieren.
Im Laufe der Jahre verschärften die USA die Situation, indem sie bis 1962 12.000 „Militärberater“ nach Vietnam schickten. Zwei Jahre später, zum Zeitpunkt der Tonkin Resolution, befanden sich bereits 22.000 Special Forces, Marines-, Navy- und Air-Force-Einheiten sowie CIA-Agenten im Land.
Besonders hervorgetan hat sich dabei der beliebte „Friedenspräsident“ John F. Kennedy. Unter seiner Anweisung gründeten[10] die USA Guerilla- und Partisanenkriegsführungseinheiten. Ziel war die Vernichtung der „kommunistischen Bedrohung“ in einem unkonventionellen, geheimen Krieg.9

Die USA waren überzeugt, dass der Vietnamkrieg aufgrund ihrer technischen Überlegenheit und der damit einhergehenden „überwältigenden Feuerkraft“ ein kurzer Krieg sein würde. Und während es einen von Medien begleiteten öffentlichen Krieg in Vietnam gab, gab es auch verdeckte Operationen. Denn als bis 1967 die Erfolge ausbleiben sollten, schritten die USA weiter voran auf dem Weg in den totalen Krieg. Im April gründeten sie die Task Force Oregon, ein Kampfverband mit „maximaler operativer Unabhängigkeit„.10
Die Hauptaufgabe der Task Force bestand, laut dem Historiker Bernd Greiner, zunächst darin Angst und Schrecken zu verbreiten: „Wenn es schon nicht gelang, die Bauern von der amerikanischen Sache zu überzeugen, so sollten sie doch zu der Überzeugung kommen, dass sich die Solidarität mit dem Vietcong noch weniger auszahlte.“11
Und Greiner wird noch deutlicher: „William Westmoreland [Oberbefehlshaber der US-Truppen in Vietnam] hätte auch sagen können: Wir bomben die Bauern aus der Solidarität mit dem Vietcong heraus, suchen den ‚breaking point‘ der Bevölkerung und brechen ihren Eigensinn durch Terror.“12
Und genau das tat die Task Force dann auch. Nach der Vorgabe shock and awe ging es vor allem darum, die Bevölkerung aus den strategisch wichtigen Gebieten zu vertreiben. Neben dem willkürlichen Töten von Zivilisten waren Vergewaltigungen Hauptmethode des Terrors.

Die Zeremonie der Abschreckung wurde in Vietnam auf unterschiedliche Weise ins Werk gesetzt. Als wollten sie ihre Opfer für alle sichtbar zu Gefallenen deklarieren und Unbeteiligte an die Stelle des unsichtbaren Vietcong treten lassen, ritzten Soldaten mit dem Bajonett ein großes „C“ in die Haut ermordeter Frauen – ein Kürzel für den im soldatischen Slang „Charlie“ genannten männlichen Feind. Sie hinterließen die Abzeichen ihrer Kompanie auf den entstellten Leibern, verstümmelten die Geschlechtsorgane ihrer Opfer auf jede erdenkliche Weise – mit Tritten, Leuchtspurmunition und Gewehrkolben. „Frauen, die man für Unterstützer der Vietcong hielt, wurde die Vagina zugenäht oder die Brüste mit erhitzten Bajonetten gebrandmarkt.“ Und schließlich gehörte eine Vergewaltigung in aller Öffentlichkeit, oft in Anwesenheit von Verwandten – so ein Dschungelkämpfer -, zum Ritual, „weil sie einen bleibenden Eindruck bei dem Kerl hinterlässt, […] der beobachten muss, wie seine Tochter rangenommen wird. […] Was wir mit Frauen gemacht haben, war im Vergleich zu Männern noch einmal verdoppelt.“

Bernd Greiner13

Im Schatten der Task Force Oregon wurde die Tiger Force gegründet. Die „Elite der Elite“. 120 Freiwillige der Fallschirmjäger der 101. Airborne Division. Die Spezialeinheit war nirgends eingetragen und die Soldaten galten als Ghost Warriors[11].
Die Mitglieder trugen keine regulären Kampfanzüge, keine Hoheitsabzeichen und keinen Helm. Ihr Auftrag war „to outguerilla the guerillas“.14
Anfang der 60er Jahre vermeldete[12] die New York Times über die Special Forces noch: „Jeder Guerillasoldat“ besitze „mehr Bildung und Intelligenz, auch mehr charakterliche Reife als der normale Soldat.“ Die Tiger Force, die an die Task Force Oregon „ausgeliehen“ wurde, sollte hingegen ein Mahnmal gegen Geheimkommandos werden.

Special Forces der USA. Statt der grünen Standarduniform, wurde ein „Tigergestreifter“ Kampfanzug mit Dschungelhut getragen. Bild: U.S. Army

Sieben Monate lang zog die „Tiger Force« eine Blutspur durch Qang Tin und das Song Ve-Tal. Sie erschossen ohne jeden Anlass Bauern im Feld und mordeten Menschen, die ihnen zufällig über den Weg liefen, folterten Gefangene und führten sie einzeln oder in Gruppen zur Exekution, fielen spätabends oder am frühen Morgen in Dörfer ein und streckten mit Maschinengewehren alle nieder, deren sie habhaft werden konnten – Bauern, die sich zum Essen versammelt hatten oder schliefen, Kinder, die im Freien spielten, Alte beim Spaziergang. […]

Sie stahlen und brandschatzten, prügelten ihre Opfer zu Tode oder vergewaltigten sie bis zur Bewusstlosigkeit, sie erschossen Bewohner, die kurz zuvor abgeworfene Flugblätter in Händen hielten und der Aufforderung zur Evakuierung nachkommen wollten, sie veranstalteten „Zielschießen“ auf Personen, die sich zur falschen Zeit am falschen Ort aufhielten. Sie verschonten weder Verwundete noch Kranke, schossen aus der Distanz mit der M-16 wie aus nächster Nähe mit Handfeuerwaffen.

Bernd Greiner15

Die Tiger Force war eine geheime Todesschwadron[13]. Unterschiedslos wurde im Namen der „freien Welt“ dem Kommunismus Einhalt geboten.
Dazu wurde auch ein Baby enthauptet, Leichen wurden verstümmelt und einige der Soldaten schmückten sich mit Skalps oder Ketten aus Ohren.
Unwillkürlich fragt man sich, was für Menschen zu solchen Taten fähig sind? Und die Antwort ist erschreckend. Denn die Soldaten der Tiger Force waren wie die anderen Soldaten in Vietnam sehr jung. Insgesamt lag das Durchschnittsalter der US-Soldaten in Vietnam bei 20 Jahren.16
Es lohnt sich die Fotos auf den Webseiten[14] der Veteranen[15] der Tiger Force[16]anzuschauen. Der Spruch von Hannah Arendt, der auf Adolf Eichmann nicht wirklich zutraf, bekommt hier seine wahre Bedeutung: Die Banalität des Bösen. Teenager und Heranwachsende, „gute Jungs“, werden zu Menschenschlachtern.

Doch nicht alle Soldaten der Tiger Force waren mit dem Niedermetzeln Unschuldiger einverstanden. Einige Wenige meldeten die Kriegsverbrechen ihren Vorgesetzten, woraufhin ein Offizier antwortete: „Wir sind mitten in einem Krieg. Und Sie verlangen von mir, dass ich unsere beste Einheit deaktiviere, nur weil ein paar Jungs Gooks umbringen?“ 17
Bernd Greiner schließt mit der Feststellung:

Truppen wie die „Tiger Force“ wurden gebraucht, ihre Gräueltaten waren die Späne, die beim Hobeln anfielen. Ohne Einheiten, die zum Terror willens und fähig waren, wäre der Vorsatz, die Bauern von Quang Ngai bis Quang Tri in Angst und Schrecken zu versetzen, eine unglaubwürdige Drohung geblieben. Dass „Special Forces“ zur exzessiven Gewalt neigten und mitunter den Krieg selbst in die Hand nahmen, hatten einige Offiziere bei MACV [Military Assistance Command, Vietnam]18 bereits Mitte der 1960er Jahre zu bedenken gegeben. Doch die Kritiker wurden damals, nicht zuletzt von William Westmoreland, mit dem Hinweis auf die Besonderheiten eines Guerillakrieges in die Schranken gewiesen.

Bernd Greiner19

Und obwohl es aufgrund der Anzeigen beteiligter Soldaten zu einem fast fünfjährigen Ermittlungsverfahren kam, wurde kein einziger Soldat angeklagt, geschweige denn verurteilt. Es mangelte nicht im Geringsten an Beweisen, es mangelte an politischem Interesse. Und wer wollte schon die „beste Einheit“ anklagen?

Laos, der geheime Krieg

Im selben Zeitraum wurde ein noch geheimerer Krieg in Laos geführt. Nachdem die Franzosen im Indochinakrieg in Vietnam unterlagen, gaben sie bei der Genfer Konferenz 1954 offiziell alle Ansprüche in Indochina auf und anerkannten die Unabhängigkeit Laos. In Laos rangen anschließend die kommunistischen Pathet Lao mit den königlichen Truppen um die Vorherrschaft. Jede Einigung wurde jedoch von den USA sabotiert.

Nach zweimaligen Übereinkommen zwischen Regierung und Pathet Lao unterstützten die USA rechtsradikale Militärs, die im Süden Laos eine Gegenregierung etablierten. Was folgte, war die größte Militäroperation in der Geschichte der CIA.
Da Laos offiziell neutral war, konnten die USA dort keine direkten Militäraktionen durchführen. Die Angst vor der Ausweitung des Einflusses der Pathet Lao und die Verlegung des Ho-Tschi-Minh-Pfades, der zentralen Versorgungsroute der Nordvietnamesen von Nord- nach Südvietnam durch Teile Laos, gab der CIA den nötigen Vorwand, eine Geheimarmee anzuheuern.

Einheiten von CIA und Special Forces Operational Detachment -Alpha (ODA oder auch A-Team) bilden die Hmong zu Guerilla-Einheiten aus. Bild: U.S. Air Force

Die CIA konnte dabei auf eine bereits bestehende Guerilla-Truppe zurückgreifen, die die Franzosen im Kampf gegen Befreiungsbewegungen aufgebaut hatten. Diese irregulären Kämpfer umfassten einige tausend Stammesmitglieder des Bergvolkes der Hmong (auch Meo genannt). Von 1960 bis Mitte der 60er Jahre bestand die Hauptaufgabe der CIA darin, aus den Hmong eine Armee zu machen, die verhindern sollte, dass die Kommunisten Laos übernehmen könnten.20

Gleichzeitig wurden zwei große Militärbasen errichtet. Die Hauptbasis Long Tieng wurde zur zweitgrößten „Stadt“ des Landes mit bis zu 40.000 Einwohnern und 400 Starts der CIA eigenen Fluglinie Air America, sowie später auch Kampfbombern. Damit war Long Tieng zeitweise der meistbeflogenste Flugplatz der Welt. Und das, obwohl der Ort auf keiner Karte verzeichnet war und die Weltöffentlichkeit nichts von den Kriegsvorbereitungen in einem neutralen, souveränen Land erfuhr.

Long Tien: Der „meistbeflogene Flugplatz der Welt“ konnte jahrelang vor der Weltöffentlichkeit geheim gehalten werden. Bild: Garry Jenkin. Lizenz: CC-BY-2.0[1]

Offiziell waren die Amerikaner unter dem Label der Entwicklungshilfe USAID in Laos. Für das Hilfsprogramm wurden Hunderte von Landebahnen in Laos gebaut. „Bis 1965 hatten die USA unter dem Vorwand der humanitären Hilfe eine perfekte Infrastruktur für den Krieg geschaffen“, wie es in der unbedingt sehenswerten Dokumentation „Amerikas geheimer Krieg in Laos“[17] von Marc Eberle heißt.
Die zweite Basis befand sich in Sam Thong. Hier betrieb USAID ein Flüchtlingslager.21 Wenn hybride Kriegsführung die Verwischung der Grenzen zwischen militärischen und zivilen Mitteln ist, dann haben die USA mit dem Verzahnen von Hilfsorganisationen mit Geheimdienst- und Militäroperationen die Messlatte für die Perversion der Kriegsführung recht hoch gelegt. Man sollte Meldungen über entführte Entwicklungshelfer auch immer in diesem Zusammenhang bedenken.

Die Geheimarmee der Hmong wuchs währenddessen an und bildete eigene Terrorspezialisten aus. Die Special Guerilla Unit (ASGU) verübte im Verbund mit den amerikanischen „Militärberatern“ „Anschläge und Hinterhalte“. Die Air America flog die SGU in Gebiete der Pathet Lao, was zu genau dem gewollten Ziel führte, dass diese ihr Einflussgebiet nicht ausweiten konnten.

Mit der Eskalation des Vietnamkrieges veränderte sich allerdings auch die Kriegsführung in Laos. Der Bombenterror, mit dem man schon den Zweiten Weltkrieg und den Koreakrieg gewonnen hatte, sollte nicht nur im Vietnamkrieg zum Sieg verhelfen, sondern auch den geheimen Krieg in Laos entscheiden. Die Ebene der Tonkrüge[18] eine bis zu 2000 Jahre alte Kulturstätte wurde dabei zum Schandmahl amerikanischer Kriegspolitik. Zwischen 1965 und 1973 warfen die US-Amerikaner über zwei Millionen Tonnen Bomben auf Laos. Das sind mehr Bomben als auf Deutschland und Japan während des Zweiten Weltkrieges zusammen abgeworfen wurde. Die Ebene der Tonkrüge gilt als der meistbombardierte Ort der Welt. Was man sich dabei immer wieder ins Bewusstsein rufen muss: Dies war ein geheimer Krieg. Der massivste Bombenterror in der Menschheitsgeschichte konnte fernab medialer Aufmerksamkeit geschehen.

B-52 Bomber, Symbol für unterschiedsloses Flächenbombardement und damit Bombenterror. Bild: U.S. Air Force

Es ging bei der Bombardierung Laos nie um die Nachschubwege des Ho-Tschi-Minh-Pfades. Dazu muss man nur einen Blick auf die Karten werfen, die die Bombardierungen der USA[19] markieren und sie mit Karten vergleichen, auf denen der etwaige Verlauf des Pfades ausgewiesen[20] wird.
Die Ausweitung des Krieges auf Laos und auch auf Kambodscha war nichts anderes als Terror, um die Bevölkerungen zu demoralisieren und die prokommunistischen nationalen Befreiungsbewegungen zu bekämpfen. Dazu warfen die USA 270 Millionen Streubomben über Laos ab. 80 Millionen sind nicht detoniert. Bis heute sind davon lediglich 1 Prozent geräumt worden. Mehr als die Hälfte aller Streubombenopfer[21] weltweit kommen aus Laos. Jedes Jahr gibt es etwa 100 neue Opfer dieser Anti-Personen-Minen. 40 Prozent der Opfer sind Kinder.

Aus Streubomben lösen sich hunderte kleinere Bomben, die auf einem großflächigen Gebiet gegen „weiche Ziele“ eingesetzt werden. Bild: U.S. Army

Der Historiker Alfred McCoy bilanziert in der oben erwähnten Dokumentation: „Wir zerstörten eine ganze Zivilisation. Wir zerstörten eine regionale mittelalterliche Kultur, die Lao-Phong-Kultur auf der Ebene der Tonkrüge. Wir wischten sie vom Antlitz des Planeten. Wir machten Zehntausende zu Flüchtlingen. Wir verschuldeten, ich weiß nicht wie viele Tote. Es gibt keine Zahlen. Wir verbrannten, wir atomisierten menschliche Überreste in diesem Luftkrieg.“

Während in Vietnam das Leichenzählen (Bodycount) zum Siegesmaßstab erhoben wurde, interessierten sich die USA nicht im Geringsten für die Toten in Laos. In den Augen der Verantwortlichen handelte es sich sowieso immer nur um feindliche Militärs. Tatsächlich wurden zehntausende Zivilisten getötet und hunderttausende vertrieben. Der Journalist Fred Branfman, der die Bombardierung der Zivilisten in Laos aufdeckte, kommt ebenfalls in der Dokumentation zu Wort:

Die US-Regierung war bereit, Hunderte von Millionen US Dollar auszugeben, um unschuldige Menschen zu bombardieren und hat fast nichts wieder gut gemacht. Schadensersatz für die Überlebenden, Reparationen wie nach dem Zweiten Weltkrieg, Mittel um die Blindgänger zu räumen, die sie zurückließen. All die tausenden von Bomben, die heute noch Leute töten und verletzen. Die USA scheren sich nicht darum, aber die Leute, die das erleiden mussten, zahlen dafür ihr Leben lang. … Die Ebene der Tonkrüge ist ein Symbol dafür, wie Menschen in der Dritten Welt, die wir nie sehen, nicht kennen und von denen wir nie hören, ausgelöscht und vom Antlitz der Erde weggefegt werden können, ohne dass wir hier je davon erfahren.

Fred Branfman

Was interessieren uns Unpersonen?

Der geheime Krieg in Laos war die Fortführung und Exzessivierung verdeckter Operationen, die mit PBSUCCESS begonnen hatten. Die Menschen im Westen wissen nichts über die Kriege, die in ihrem Namen geführt werden.
Ein Großteil dieser Kriege besteht aus verdeckten Operationen oder gleich ganzen geheimen Kriegen. Politiker und Militärs geben sich dabei die größte Mühe, die Öffentlichkeit zu belügen, zu hintergehen und zu desinformieren. Und der weitaus größte Teil der Medien macht dabei immer mit. Ob aus vorauseilendem Gehorsam und Untertanentum, ob aus Ungebildetheit und Naivität, ob aus ideologischer Überzeugung oder persönlichem Vorteil mag dahingestellt bleiben.
Fakt ist, die Propaganda funktioniert. Was man nicht sieht, existiert auch nicht. Nur muss man sich fragen, was hat das dann noch mit Demokratie zu tun, wenn sich die vier Gewalten des Staates alle Mühe geben, ihr tatsächliches Vorgehen vor dem Souverän zu verbergen?

Keine fünf Jahre nach Beendigung des Vietnamkrieges resümiert Nixon:

Seit unserem Scheitern in Vietnam sind die Amerikaner bei der Anwendung von Gewalt übertrieben ängstlich gewesen, eine Hemmung, welche die Sowjets und ihre Stellvertreter nicht geteilt haben. […] Wenn die Vereinigten Staaten die falschen Lehren von Vietnam nicht abschütteln und das Vietnam-Syndrom nicht hinter sich lassen, werden wir die Sicherheit unserer Verbündeten und schließlich unsere eigene Sicherheit verspielen. Das ist die wahre Lehre von Vietnam – nicht daß wir auf die Macht verzichten sollten, sondern daß, wenn wir nicht lernen, sie erfolgreich zur Verteidigung unserer Interessen einzusetzen, das Blatt der Geschichte sich gegen uns wenden wird und gegen alles, woran wir glauben.

Richard Nixon22

Und mit Vietnam-Syndrom ist die krankhafte Ablehnung militärischer Gewalt gemeint.

JSOC und Operation Cyclone

Bereits 1999 verkündet George W. Bush in einer Wahlkampfrede die neue Kriegsdoktrin.

Im kommenden Jahrhundert müssen unsere Streitkräfte wendig, todbringend und jederzeit einsatzbereit sein und mit einem Minimum an logistischer Unterstützung auszukommen verstehen. Wir müssen in der Lage sein, unsere Macht über weite Entfernung hinweg auszuüben, und eher innerhalb von Tagen und Wochen als von Monaten. An Land müssen unsere schweren Truppen leichter werden. Unsere leichten Truppen müssen schlagkräftiger werden. Alles muss einfacher zum Einsatz zu bringen sein.

George W. Bush23

Zwei Jahre vor dem 11. September 2001, der angeblich die Welt verändert hat, ist die alte Doktrin, die neue Doktrin: Spezialeinsatzkräfte des US-Militärs müssen jederzeit, weltweit „todbringend“ zuschlagen können. Was nicht gerade nach einem Projekt zur Stärkung von Demokratie und Menschenrechten klingt, ist tatsächlich auch nur das Vorhaben, „die amerikanische Dominanz über die natürlichen Ressourcen weltweit noch stärker auszubauen und dabei auch in direkte Konfrontation mit jenen Staaten zu gehen, die sich dem in den Weg stellen würden“, so Jeremy Scahill über die Ziele der Neokonservativen.24

Für den neuen weltweiten Dominanzkrieg, der unter dem gesellschaftlich wesentlich akzeptableren Label „War on Terror“ daher kommt, sind spezielle Kampftruppen vonnöten. Das Problem ist allerdings die Möglichkeit diese Kommandos auch einsetzen zu dürfen. enn ein Präsident eine verdeckte Operation am Kongress vorbei durchführen will, benötigt er besonders geheime Einheiten. Und seit den 1980er Jahren stehen ihm diese auch zur Verfügung.

Das Joint Special Operations Command (JSOC) wurde 1980 gegründet, nachdem die Operation Eagle Claw desaströs gescheitert war. Bei dieser Operation sollten Delta Force Truppen 1979 die amerikanischen Staatsbürger bei der Geiselnahme von Teheran in der US-Botschaft befreien. Nicht nur, dass zwei Helikopter auf dem Flug zum Einsatz im Sandsturm im Iran abstürzten, bei der Evakuierungsmission kollidierte auch noch ein weiterer Hubschrauber mit einem Transportflugzeug. Acht Soldaten starben und keine Geisel wurde befreit. ls Reaktion gründeten die USA JSOC. Es sollte die geheimste Zusammenführung von Spezialeinsatzkräften werden. Da das JSOC nirgends offiziell erwähnt wurde, sollte es direkt dem Präsidenten unterstehen und somit als seine „Privatarmee“ fungieren.25

Für besondere Aufgaben, braucht es besondere Kräfte. Und so setzt sich JSOC aus verschiedenen Einheiten zusammen: Delta Force, Navy SEALs, 75. Army Rangers. Ergänzt wird JSOC bei Bedarf durch die Paramilitärs der Special Activities Division der CIA.
JSOC, das „sind Kommandotruppen, sie töten Einheimische. Diese Leute haben wenig Ahnung vom Gesamtbild, von den Auswirkungen [ihrer Operationen] auf das Ansehen der USA in der Welt“, so Oberst Walter Patrick Lang, Spezialist für Geheimoperationen.26
Und weil diese Einheiten die Zusammenhänge nicht verstehen und auch nicht hinterfragen, weil Patriotismus und Korpsgeist das Gewissen ausschalten, sind diese Truppen auch überall und für alles einsetzbar. In den schmutzigen Kriegen in Lateinamerika spielten sie immer eine zentrale Rolle.
Ob bei der Operation „Urgent Fury“ in Grenada, ob in Honduras bei der Unterstützung für die Contras in Nicaragua, ob bei der Operation „Just Cause“ in Panama oder später in Afghanistan, Somalia, Mogadischu, Irak, Jemen und Pakistan. JSOC-Einheiten sind laut Scahill vor allem eines, Kampftruppen mit der besonderen Fertigkeit zur „Niederschlagung von Aufständen.“27

Eine bedeutende Rolle spielte JSOC bei der „Operation Cyclone“. Von Beginn an war eines der zentralen Einsatzgebiete Afrika und der so genannte Nahe Osten. Zusammen mit der CIA bestand der Auftrag in Aufbau und Unterstützung antikommunistischer Guerillas in Afghanistan. Von 1979 an bewaffneten US-Einheiten die Mujaheddin und bildeten sie an schweren Waffen und in Partisanentechniken aus. Von 1979 bis 1989 verausgabten die USA zwischen 328 und 6[22] Milliarden US-Dollar Militärhilfe für die Mudschaheddin. Saudi Arabien sicherte Militärhilfe in der gleichen Höhe zu. Es sollte jedoch nicht nur bei der Militärhilfe bleiben.

Moderne Stingerraketen brachten die Wende im antikommunistischem Kampf gegen die Sowjetunion. Lieferung und Ausbildung übernahmen u.a. JSOC Einheiten. Bild: Department of Defense

1980 übernahm Gustav Avrakotos den Posten des Task Force Chiefs. Spitzname Dr. Dirty. Dieser ließ Schubkarren und Fahrräder so präparieren, dass darin Bomben versteckt werden konnten. Anschließend wurden diese vor die Quartiere der Sowjets in Kabul abgestellt. Lange bevor ISAF-Soldaten von IEDs (improvised explosive device – unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtungen) der „Taliban“ zerrissen wurden, brachten US-Spezialeinheiten den Terror nach Afghanistan. Avrakatos wurde später zitiert: „Do I want to order bicycle bombs to park in front of an officer’s headquarter? – Yes. That’s what spread fear.“29

IEDs sind die größte Bedrohung für Soldaten der westlichen Wertegemeinschaft in Afghanistan. „That’s what spread fear.“ Bild: United States Marine Corps

War on Terror

Nach dem 11. September 2001 setzten die USA zunächst auf eine altbewährte Strategie. Während medienwirksam Cruise Missiles in die Wüste geschossen wurden und irgendwelche Kampfflugzeuge beim Starten und Landen auf Flugzeugträgern gefilmt wurden, rekrutierten CIA-Paramilitärs die gut bekannten ehemaligen Mudschaheddin der Nordallianz. Es ist das gleiche Vorgehen wie in Laos oder in Nicaragua und Kolumbien. Die ersten Special Forces, die unter dem Codenamen Jawbreaker Afghanistan infiltrierten, bildeten zusammen mit ODA-Teams die Milizen der ortsansässigen Warlords für den Kampf mit den Taliban aus.30
Dabei sind die Kommandosoldaten nicht als reguläre Soldaten gekennzeichnet. Nach US-Definition[23] wären es illegale Kombattanten, die nicht dem Kriegsrecht unterstehen.

US Special Forces Operational Detachment Alpha 574 zusammen mit Hamid Karzai im Oktober 2001. Bild: U.S. Army

Kaum acht Wochen nach den Anschlägen hatte die Nordallianz bereits die wichtigsten Städte unter ihre Kontrolle gebracht. Und während die Medien über Bombardierungen von Bergen und unglaublichen Bunkeranlagen berichteten[24], verübte die Nordallianz unter den Augen der Special Forces zahlreiche Kriegsverbrechen. Am 25. November 2001 kam es zu einem Aufstand in der zu einem Gefängnis umgebauten Festung Qala-i-Jangi. Etwa 500 vermeintliche Taliban konnten einige Bewacher töten und erhielten so Zugang zu einigen Schnellfeuerwaffen und Mörsern und Granaten.

Die Nordallianz begann daraufhin die Festung mit Panzern zu beschießen. Später kamen US-amerikanische Special Forces und britische Einheiten der Special Boat Service zur Unterstützung hinzu. Zur Vorbereitung eines Angriffes beschossenen zwei AC-130 die Festung. Ein Kampfflugzeug, das darauf ausgelegt ist, lange Zeit über dem Zielgebiet zu kreisen und das gesamte Gebiet mit den an Bord befindlichen zahlreichen Maschinenkanonen unter Dauerfeuer zu legen. Dabei geht es nicht im Geringsten um Präzision, sondern um flächendeckende Vernichtung.

Drei Tage lang wurden die Aufständischen von Panzern, Kampfflugzeugen und Bodentruppen beschossen. 100 Gefangene verschanzten sich daraufhin in den Kellergewölben der Anlage. Nachdem es trotz Einsatzes von Granaten und brennendem Öl nicht gelang, die Aufständischen zum Aufgeben zu bewegen, setzte die Nordallianz unter General Dostum das Gewölbe unter Wasser. Mehr als 60 Menschen ertranken. Lediglich 86 der 500 Gefangenen überlebten, viele erlagen später ihren schweren Verletzungen. Zahlreiche Tote hatten auf dem Rücken verbundene Hände, weshalb Amnesty International und die UNO eine Untersuchung forderten, die von den USA und Großbritannien abgelehnt wurde.

AC-130H Spectre: Fliegende Massenvernichtungswaffen. Bild: U.S. Air Force

Im Dezember 2001 verbrachte die Nordallianz wieder unter Aufsicht amerikanischer Spezialeinheiten tausende Gefangene in Frachtcontainern in ein neues Gefängnis. Zwischen 150 und 300 Gefangene wurden in einen Container gesperrt. Schon nach kurzer Zeit rangen die vermeintlichen Taliban nach Luft. Es wurde unerträglich heiß und die Gefangenen drohten während der langen Fahrt zu verdursten oder zu ersticken. Die „Taliban“ fingen an zu rufen und zu flehen, woraufhin die Sicherheitskräfte begannen, „Luftlöcher“ in die Container zu schießen. „Nach den Aussagen eines Taxifahrers rann aus dreien der Container Blut.“ In der Nähe des Ziel-Gefängnisses, in Dasht-i-Leili, hielten die LKW an. Hunderte Gefangene waren zu diesem Zeitpunkt entweder verblutet, verdurstet oder erstickt. Wer noch lebte, wurde nun „unter den Augen von 30 bis 40 US-Amerikanern“[25] zu einem Massengrab gebracht und dort hingerichtet.
Bis zu 3.000 Menschen sollen auf diese Weise exekutiert worden sein (Das Massaker, das nicht sein darf[26].

Die Kriegsverbrechen, die begangen wurden, wurden dennoch nicht in Zusammenhang mit den USA gebracht. Die verdeckten Kriege in Laos, Kambodscha aber auch Kolumbien und Nicaragua hatten gezeigt, dass die Delegation der Gewaltausübung an lokale Akteure, lediglich unterstützt von eigenen Special Forces und CIA-Paramilitärs, die eigene Beteiligung auf ein Minimum reduziert und die Öffentlichkeit, auch durch die Kumpanei von Medien, in die Irre führt.31

Menschenjagd – die weltweite Tötungsmaschine

In den Folgejahren wurde JSOC immer weiter ausgebaut. „Von 2003 bis 2007 war das US-Budget für Spezialeinsätze um 60 Prozent auf über 8 Milliarden Dollar jährlich gewachsen.“32 Das ist über ein Viertel des Wehretats Deutschlands. Und zwar ausschließlich für geheime Operationen!
Noch frappanter werden die Größenordnungen, wenn man sich vergegenwärtigt, dass darüber hinaus 85 Prozent des US-Gesamtbudgets für Geheimdienste dem Pentagon unterliegt. Die CIA hat lediglich 12 Prozent zur Verfügung.33 In einer Militärdiktatur würden die Zahlen wohl kaum anders aussehen.

Ausgestattet mit solchen Finanzmitteln „konnten nicht nur die Kampfeinheiten erheblich vergrößert werden, sondern es wurde auch massiv in Nachschub und Logistik investiert, was den Navy Seals und der Delta Force künftig erlauben würde, verdeckte Operationen über Tage oder Wochen hinweg durchzuführen. […] Jetzt konnte [JSOC] seine eigenen Kriege führen“.34

Doch die Kriege von JSOC sind keine konventionellen Kriege. Es sind Guerilla- und Partisanenkriege. Es sind Mordkommandos und Terroranschläge.
Der Hauptauftrag von JSOC besteht allerdings in der Menschenjagd. Jeremy Scahill hat zu seinem Standardwerk „Schmutzige Kriege. Amerikas geheime Kommandoaktionen“ auch eine äußerst empfehlenswerte Fernsehreportage gedreht. In dieser kommt Captain Andrew Exum von den Army Rangers zu Wort. Exum war im Irak unter dem Kommando von JSOC im Einsatz. „Du beginnst mit einer Liste von Zielen. Vielleicht sind da 50 Leute drauf oder 200. Jetzt arbeitest du dich durch diese Liste und plötzlich hast du eine neue Liste mit 3.000 Namen drauf. Wieso ist die so lang geworden?“

Die Einsätze der Sonderkommandos beruhen ausschließlich auf nachrichtendienstlichen Erkenntnissen und niemand außerhalb von JSOC überprüft diese. Auftrag ist Auftrag. Colonel Lawrence Wilkerson, der ehemalige Stabschef von Colin Powells warnte vor dem möglichen Machtmissbauch:

Man macht sich an die Arbeit und erhält Informationen, und in der Regel kommen auch deine Informationen über diesen Apparat, und also sagt man: „Ja, das sind wirklich brauchbare Erkenntnisse. Also los mit Operation Blue Thunder. Packen wir’s an.“ Und du packst es an und tötest 27, 30 oder 40 Leute, wie viele auch immer, und nimmst sieben oder acht gefangen. Dann aber stellst du fest, dass die Informationen falsch waren und du einen Haufen unschuldiger Menschen gefangen hast. Also schickst du sie nach Guantánamo, denn dann erfährt niemand etwas davon. Du musst niemandem beweisen, dass du richtig gehandelt hast. Du hast alles im Geheimen getan, also kannst du einfach die nächste Operation in Angriff nehmen.

Colin Powell35

US Army Rangers. „Durch die Liste arbeiten“. Bild: U.S. Army

Die Soldaten wissen nicht, wen sie dort jagen und töten. Ihnen wird lediglich ein Geheimdienstmemo vorgelegt, dass es sich um ein hochwertiges Ziel handelt, dass es auszuschalten gilt. Woher die Informationen kommen, ob es sich um Beweise oder Gerüchte handelt, wissen die Tötungsspezialisten nicht. Und sie können und wollen es auch gar nicht überprüfen. Zusammen mit der bis heute geheim gehaltenen National Security Presidential Directive-38 von 2004 ergibt sich ein erschütterndes Bild über den Zustand der westlichen Wertegemeinschaft. In dieser Direktive wird, laut Scahill, dem Special Operations Command der USA genehmigt, die weltweite Menschenjagd zu betreiben.
Der Anwalt Scott Horton warnte, dass in diesem Tötungsprogramm erwogen werde, „Leute in Hamburg, Deutschland, Norwegen oder Italien ebenso zu ermorden wie in Marokko, Jordanien, dem Senegal, der Türkei, dem Jemen, den Philippinen und Staaten am Horn von Afrika.“36

Der Historiker Gareth Porter konstatierte: „Phoenix war praktisch der Vorläufer dieser [JSOC-] Methode der Kriegsführung.“37
Was Porter noch nicht wissen konnte, hat die New York Times aktuell bestätigt[27]. Das Tötungsprogramm von JSOC heißt „Omega“ und ist tatsächlich dem Phoenix-Programm nachmodelliert. Und das Phoenix-Programm in Vietnam wird von Beteiligten mit den „Gräueltaten der Nazis“ verglichen (Staatsterrorismus, Tyrannei und Folter[28]).
Ein Programm bei dem zwischen 20.000 und 80.000 vornehmlich Zivilisten gefoltert und ermordet wurden, dient der „Führungsnation der freien Welt“ als Modell für neue Tötungsaufträge. Und was in Vietnam im Kampf gegen den Kommunismus „funktioniert“ hat, wird auch heute im Kampf gegen den Terror wieder angewendet: Terror.

„Wenn sie [JSOC-Einheiten] hinter einer Person her sind, und es befinden sich weitere 34 Personen in dem Gebäude, dann werden 35 Personen sterben.“38
Das Vorgehen der Einsatzgruppen von JSOC erinnert durchaus an das Vorgehen der Wehrmacht bei der Partisanenbekämpfung. Wenn die Wehrmacht mit ihren Massenexekutionen „völkerrechtlichem Gewohnheitsrecht“ unterlagen und Massaker an der Zivilbevölkerung später als rechtmäßige „Sühneaktionen und Vergeltungsmaßnahmen“ akzeptiert wurden, können aktuelle „Repressaltötungen“ kaum noch verwundern.

Auch in diesem Zusammenhang sind die immerwährenden Klagen zu verstehen, man könne ja so schwer zwischen „Taliban“ und Zivilisten unterscheiden. JSOCs Massenexekutionen sind lediglich in der Form verändert und den technischen Möglichkeiten angepasst, inhaltlich sind sie hingegen sehr ähnlich. Auch wenn sich die USA selbstverständlich mehrheitlich nicht in einem Weltanschauungs- und Rassenkrieg befinden.

Im Mittelpunkt steht immer JSOC. Das berüchtigte Team 6 der Navy SEALs, das zwischenzeitlich umbenannt wurde in DEVGRU (United States Naval Special Warfare Development Group) und mittlerweile unter einem geheimen Einsatznamen operiert, entwickelt sich dabei zu einem Nachfolger der Tiger Force.
So berichtet[29] ein Ex-Mitglied, dass die Soldaten „wild geworden“ und „Tötungsorgien“ Routine seien. „Die Zielpersonen seien immer weniger bedeutend geworden.“ Das Einsatzzeichen des Red Squadron von Team Six zeigt einen „Indianer“ mit gekreuzten Tomahawks. Und ganz getreu dem Motto der SEALs „Gott wird unsere Feinde richten. Wir arrangieren das Treffen“, schlachtete in mindestens einem Fall ein Soldat einen „Feind“ mit einem extra angefertigten Tomahawk ab. „Diese Gemetzel wurden irgendwann zur Routine. Es gab so viele Ziele, jedes Opfer war nur noch ein weiterer Name“, zitiert[30] die New York Times einen ehemaligen Offizier.

Navy SEALs, früher legendenumwobene Spezialeinheit, heute Todesschwadron. Bild: Department of Defense

Und genau wie bei der Tiger Force werden Verbrechen nicht verfolgt und geahndet, Bei der „Operation Pandera“ soll[31] das Blue Squadron von Team Six in einem Dorf zahlreiche Zivilisten getötet haben. Nach Angabe einiger Beteiligter soll es sogar den Befehl gegeben haben, „alle Männer“ zu exekutieren. Ein Vorgehen, das aus Vietnam vielfach dokumentiert ist.
Spezialeinheiten mit dem besonderen Charisma des Ausgewähltseins, mit der Gewissheit im höheren Auftrag unterwegs zu sein und nicht zur Verantwortung gezogen zu werden, führen regelmäßig Gewaltexzesse aus. Das ist bekannt und wird nicht verhindert.
Im Gegenteil, genau diese Dynamik wird von den Verantwortlichen gefördert. Trotz der Zeugenaussagen zu dem Gemetzel wurden die Ermittlungen bezüglich Operation Pandera eingestellt und das Blue Squadron von „jedem Fehlverhalten“ frei gesprochen.

Dabei sind sich die Soldaten von JSOC der Illegalität ihrer Einsätze voll bewusst, aber das stört sie nicht weiter, da sie sich von höchster Stelle gedeckt fühlen. Sie sind „wie ein Wolfsrudel an vorderster Front, und sie tun, was sie für das Werk Gottes, manche auch für die Aufgabe Amerikas halten“.39
Angesichts des JSOC Chefs (2003-2008) Stanley A. McChrystal mag das kaum verwundern. War dieser doch der Überzeugung die USA befänden sich im Krieg mit dem Islam. Und um diesen Krieg zu gewinnen, müsste man einen Kreuzzug gegen das Kalifat führen, weshalb man den Begriff Terrorist „sehr, sehr weit gefasst“ hat.40

Die amerikanischen Taliban

Am 12. Februar 2010 feierte Mohammed Daoud Sharabuddin den Namenstag seines vor sechs Tagen geborenen Sohnes. Daoud ist ein Paradebeispiel für die amerikanische Strategie, „Herz und Verstand“ der Menschen gewinnen zu wollen. Er ist ein weithin respektierter Polizeibeamter und vor kurzem sogar zum Geheimdienstchef der Provinz Paktia befördert worden. Jahrelang hatte er gegen die Taliban gekämpft, auf einigen Fotos kann man ihn zusammen mit US-amerikanischen Soldaten posieren sehen, denn Daoud hatte zahlreiche Ausbildungsprogramme der USA durchlaufen.

Knapp 30 Menschen feierten und tanzten, als plötzlich das Licht auf dem Anwesen abgeschaltet wurde. Ein Musiker im Hof bemerkte, wie Laserstrahlen das Gelände abtasteten. Aus Angst vor einem Angriff der Taliban informierte er die anderen Anwesenden. Daoud und sein 15-jähriger Sohn Sediqullah wollten nachsehen, was an der Geschichte dran sei. Kaum hatten sie den Hof betreten, durchschlugen mehrere Kugeln ihre Körper und die beiden sackten blutüberströmt zu Boden. Und während sich die Angreifer zum Sturm auf das Haus formierten, brach drinnen Panik aus.

Plötzlich bemerkte jemand, dass die Angreifer nicht nur Paschtu, sondern auch Englisch sprachen. Die Angreifer waren Amerikaner. Während Daoud auf dem Boden zu verbluten drohte, ergriff sein Bruder Zahir die Initiative. Als Staatsanwalt der von den USA unterstützen Regionalregierung sprach er ein wenig Englisch. „Wir arbeiten für die Regierung!“, schrie er den Angreifern entgegen. „Schauen Sie sich doch unsere Polizeiwagen an. Sie haben einen Polizeikommandanten verwundet!“41
Zaid wollte den Angreifern entgegen gehen, um sie auf ihren Fehler aufmerksam zu machen. Drei Frauen der Familie versuchten ihn davon abzuhalten und hielten ihn an der Kleidung fest. Doch in diesem Moment schlugen bereits die nächsten Kugeln der Scharfschützen ein. Zahir, Bibi Saleha, 37, und Bibi Shirin, 22, starben schnell. Daoud und die erst 18-jährige Gulalai verbluteten über Stunden.

Ein Spezialeinsatzkommando der USA hatte aus der Familienfeier in Sekunden ein Massaker veranstaltet. Insgesamt wurden sieben Personen hingerichtet, zwei der Frauen waren schwanger. Die vermummten Kommandosoldaten stürmten das Gebäude, fesselten alle Männer und durchsuchten die Räume. Der Vater von Gulalai bat um ärztliche Hilfe für seine verblutende Tochter, doch die Soldaten antworteten nur, dass bald ein Hubschrauber die Verletzten in ein Krankenhaus fliegen würde.
Aber es kam kein Hubschrauber. Ganz im Gegenteil begannen die Soldaten plötzlich mit Messern in den Wunden der Frauen herumzustochern. „Sie holten die Kugeln aus den Leichen, um den Beweis für ihr Verbrechen zu beseitigen“, sagte Mohammed Sabir, ein Bruder von Daoud.42

Alle Überlebenden wurden in den Hof gebracht. Frauen und Männer wurden getrennt. Den Männern wurden Kapuzen über den Kopf gezogen. Mindestens zehn Männer, darunter der 65-jährige Familienvorstand Hadschi Sharabuddin, wurden massiv geschlagen und getreten. Es scheint, dass Kommandosoldaten die westlichen Werte in die Köpfe der Feinde hineinschlagen wollen. Ein Untersuchungsbericht der UN bestätigte später, dass die Überlebenden eine „brutale, unmenschliche und entwürdigende Behandlung [erfahren hätten], indem sie von amerikanischen und afghanischen Einsatzkräften körperlich attackiert, festgehalten und gezwungen wurden, mit bloßen Füßen mehrere Stunden draußen in der Kälte zu stehen.“43

Sieben Männer wurden anschließend in ein Geheimgefängnis verbracht und tagelang verhört. „Die amerikanischen Vernehmer hatten Bärte und trugen keine amerikanische Uniform. Sie waren sehr muskulös“, berichtete Sabir von den Verhören. Später wird das Familienoberhaupt Hadschi gegenüber dem Investigativjournalisten Jeremy Scahill sagen:

Am Anfang dachten wir, die Amerikaner seien die Freunde der Afghanen, aber jetzt halten wir die Amerikaner selbst für Terroristen. Die Amerikaner sind unsere Feinde. Sie bringen Terror und Zerstörung. Die Amerikaner haben nicht nur mein Haus, sie haben meine Familie zerstört. Die Amerikaner haben uns die Spezialkräfte auf den Hals gehetzt. Diese Spezialkräfte mit ihren langen Bärten haben entsetzliche, kriminelle Sachen gemacht. Wir nennen sie die amerikanischen Taliban.

Hadschi44

Kommandosoldaten der Delta Force ohne Uniform und Hoheitsabzeichen. Hybride Kriegsführung und verdeckte Operationen haben in den USA eine lange Tradition. Bild: United States Government

Der entgrenzte Krieg

Die US-Regierung eskaliert den Staatsterror immer weiter. Zwischen 2006 und 2008, so die New York Times[32], sind pro Nacht bis zu 25 Menschen allein von Team 6 der Navy SEALs ermordet worden. „Gegen Ende 2009 führten JSOC-Kommandos monatlich nicht weniger als achtzig, neunzig solcher Mordaufträge aus“, erklärt Armin Wertz in seiner Zusammenschau „Die Weltbeherrscher. Militärische und geheimdienstliche Operationen der USA“.

Im September 2009 reichte der US-Diplomat Matthew Hoh, mehrfach ausgezeichneter US-Marine mit Einsätzen im Irak und anschließend höchster US-Vertreter in der afghanischen Provinz Zabul, sein Rücktrittsgesuch ein. Im Zentrum steht seine Anklage, dass die „Präsenz und die Operationen der USA und der NATO in den paschtunischen Tälern und Dörfern“ faktisch auf „eine Besatzungsmacht“ hinauslaufen, „gegen die ein Aufstand gerechtfertigt ist“.45
Die meisten Taliban würden die USA überhaupt nicht bedrohen, „sondern eigentlich nur gegen uns kämpfen, weil wir uns in ihren Tälern herumtreiben“. Nach Einschätzung Hohs gab es damals „fünfzig bis hundert al-Qaida-Kämpfer in Afghanistan“.46

Ein Krieg kann total sein in der Anwendung der Waffen. Er kann total sein in der Brutalisierung der Kriegsführung. Er kann total sein in der Gleichschaltung der Bevölkerung durch Desinformation und Propaganda. Und er kann total sein in der Ausweitung der Zielgebiete und Zielpersonen.
Zwischen 2011 und 2014 waren US-Special Forces in 150 von 196 Ländern der Erde aktiv[33].
Neben „Militärberatung“ und Ausbildung von Spezialeinheiten „befreundeter“ Länder gehören „capture or kill“-Aufträge zum Aufgabenspektrum.
Die USA führen einen geheimen, weltweiten Krieg und westliche Politiker wie Medien verschließen die Augen davor. Das Special Operations Command der US-Streitkräfte hat, ganz nach der oben erwähnten Bush-Doktrin, sein Personal von 2001 bis heute auf mehr als 70.000 Einsatzkräfte verdoppelt. Und immer wieder sind die Spezialkommandos bei Umstürzen oder Aufstandsbekämpfungen dabei. Je nachdem, wie es den USA nützt.

In Afghanistan werden die Truppenstärken reduziert und es sollen angeblich nur noch Objektsicherer, Unterstützer und Ausbilder im Land bleiben. Doch die Realität sieht anders aus. „Es liegt jetzt alles im Schatten“, erklärte[34] ein ehemaliger afghanischer Sicherheitsbeamter. „Der offizielle Krieg der Amerikaner – der Teil des Krieges den man sehen kann – ist beendet. Der geheime Krieg aber geht weiter. Und er geht hart weiter.“

Deutschlands neue Macht – das Kommando Spezialkräfte?

Auch die Bundeswehr verfügt seit 1996 über Kommandosoldaten, die schnell weltweit zum Einsatz kommen können. Offiziell sollen es etwa 1.100 Soldaten inklusive Unterstützungskräften und Stab sein. Genaues weiß man jedoch nicht, da alles, was mit dem Kommando Spezialkräfte (KSK) zu tun hat, der militärischen Geheimhaltung unterliegt[35]. Alle „Missionen sind geheim, nur ein sehr kleiner Kreis von Bundestagsabgeordneten wird im Nachhinein informiert“. Die westlichen Werte Demokratie und Rechtsstaat enden da, wo militärische Werte beginnen.
Und das ist der Kern des westlichen Wertebündnisses, welches vielmehr ein westliches Militär- und Ressourcensicherungsbündnis ist.

„Kurz nach den Terroranschlägen vom 11.9.2001 in den USA, die Trümmer rauchten noch, haben sich die Special Forces der Amis, also Navy Seals, Ranger und Delta Force, bei uns gemeldet und darum gebeten, dass wir ihnen bei der Fahndung nach den verantwortlichen Tätern in Afghanistan helfen.
Kanzler Gerhard Schröder und Verteidigungsminister Rudolf Scharping haben gleich grünes Licht gegeben. Wir sind also ohne Mandat des Parlaments in den Krieg gezogen. Und das unter einer rot-grünen Regierung …“, erinnert[36] sich ein Kommandosoldat.

Im März 2002 nimmt das KSK an der multinationalen „Operation Anaconda“ teil, bei der angeblich bis zu 1.000 Al Qaida- und Talibankämpfer aufgespürt und vernichtet werden sollen. „Und dann liegst du in getarnter Stellung. Warten, gucken, warten, gucken. Kommt so eine blöde Ziege näher. Wir werfen Steine – nutzt nix. Wenig später ist der Hirte da, ein Alter. Du zielst auf ihn. Deine Dipolantenne ragt aus der Stellung. Der bückt sich runter zu dir, sagt ,Salem Aleikum“ und geht ganz cool weiter. Du bist enttarnt, meldest das, verlegst die Stellung, und irgendwann holt dich der Helikopter da raus“, beschrieb[37] ein Kommandohauptfeldwebel die Situation.
Später werden die US-Amerikaner „hart nachfragen, weshalb der Oberfeldwebel den Ziegenhirten nicht ‚eliminiert‘ habe. Schallgedämpft abknallen, dann hätte er den Auftrag fortsetzen können.“

Ziegenhirten „abknallen“, denn die Freiheit der westlichen Welt wird am Hindukusch verteidigt. Bild: U.S. Navy

Ein ehemaliger KSK-Offizier weiß zu berichten, dass die „Amis“ tatsächlich solche „Bedrohungen“ einfach eliminieren. „Wir haben in Afghanistan gesehen, wie ekelhaft US-Soldaten mit Afghanen umgesprungen sind, Fußtritte und Kolbenstöße waren noch harmlos. Sie haben sie behandelt wie Untermenschen.“
Bei der „Operation Anaconda“ hätten die Spezialeinheiten der Amerikaner auch ganze Dörfer „platt gemacht“ und Häuser geplündert. Diese Zurückhaltung sollte das KSK jedoch später ablegen.

So erklärte[38] NATO General a.D. Egon Ramms gegenüber Deutschlandradio: „Deutsche Soldaten, Spezialkräfte, sind auch schon im Jahr 2002, Ende 2001, Anfang 2002 unter dem Mandat für Operation Enduring Freedom nach Afghanistan gegangen – ich wiederhole: deutsche Spezialkräfte -, und die sind dort nicht gewesen, um Blümchen zu pflücken.“
Auch Hans-Otto Budde, Generalleutnant a.D. und von 2004 bis 2010 Inspekteur der Heeres, verweist[39] auf die neuen Soldaten für die neuen Aufgaben:

Der „Staatsbürger in Uniform“, der mit seiner Familie in unserer Nachbarschaft wohnte und um siebzehn Uhr dreißig nach Hause kam, hat ausgedient. „Wir brauchen den archaischen Kämpfer und den, der den High-Tech-Krieg führen kann.“

Hans-Otto Budde

Archaische Kämpfer und der Mann an sich. Über die Einsätze deutscher Kommandosoldaten ist so gut wie nichts bekannt. Bild: U.S. Army

Und als archaische Kämpfer nehmen sich die Kommandosoldaten auch wahr. „Da geht es auch um den Mann an sich, den Krieger“, sagt[40] ein 32-jähriger Hauptmann. Und was die Aufgabe eines solchen Kriegers ist, erläutert[41] Brigadegeneral Hans-Christoph Ammon, Kommandeur des KSK von 2007-2010: „Die Einsätze haben sich verändert: Unsere Soldaten müssen regelmäßig töten.“
Da kommt ein Kommandosoldat schon mal auf „ein gutes Dutzend“ getöteter „Feinde“. Aber unzweifelhaft ist der Gegner selber schuld. „Der Feind war und ist grausam. Natürlich haben wir Namen von Zielpersonen und Handy-Nummern, die wir beschaffen konnten, an die Nato-Kommandozentrale weitergegeben. Wir haben die Taliban gejagt, ausgespäht, umzingelt, in blutigen Gefechten getötet.“
Wie die Zielpersonen auf die Listen kommen, das weiß ein Elitesoldat nicht, aber es kümmert ihn auch nicht weiter, schließlich sind das alles Terroristen.

Doch wird der Begriff Terrorismus meist nur propagandistisch benutzt. Und zwar, so Noam Chomsky47, „um terroristische Handlungen zu bezeichnen, die von Feinden gegen uns oder unsere Verbündeten begangen werden. Diese propagandistische Bedeutung ist nahezu universell. Dieser ‚Terrorismus‘ wird von allen verurteilt. Auch die Nationalsozialisten wandten sich gegen ihn und lancierten ‚gegen-terroristische‘ Angriffe, um die Partisanen abzuwehren.“

Das alles klingt nicht nach den offiziellen Verlautbarungen, dass es um die westlichen Werte von Demokratie und Menschenrechten gehen würde. Andererseits hatte der der Sprecher des deutschen Isaf-Kontingents, Fregattenkapitän Alexander von Heimann, bereits 2008 konstatiert[42]: „Menschenrechte sind nicht unser Mandat.“

Westliche Werte, geheime Kriege und parapolitische Strukturen

Der sicherheitspolitische Analyst Daniel Robert Kramer hat aufgezeigt, wie die Verantwortlichen für verdeckte Operationen und geheime Kriege parallele Strukturen zu den offiziellen Staatsstrukturen aufbauen. „Die Praxis verdeckter paramilitärischer Operationen wurde durch informelle Netzwerke bestimmt. In der Umsetzung der Kriege entwickelten sich Prozesse, die zur Verfestigung parapolitischer Strukturen führten.“48 So kann der Präsident der USA mittlerweile Kriege führen „ohne auf die Bestätigung durch demokratische Kontrollorgane angewiesen zu sein und Einschränkungen durch den Kongress Beachtung schenken zu müssen“49

Diese informellen und geheimen Strukturen werden durch einen engen Personenkreis gestützt. „Bei parapolitischen und paramilitärischen Netzwerken handelt es sich entsprechend um Akteursgruppen, die mit offiziellen politischen und militärischen Institutionen verbunden sind und zusammenarbeiten, um eigene, verdeckte, illegale Ziele zu verfolgen, die im Resultat dem Funktionieren offizieller staatlicher Institutionen entgegenstehen.“50

Ein Netzwerk aus Politikern, Militärs, Rüstungsindustriellen, Unternehmern, Geheimdienstlern, Wissenschaftlern und Medienvertretern ist prinzipiell nichts anderes als das, was unter anderem unter dem Begriff „Tiefer Staat“ firmiert. Zusammen mit Notstandsgesetzen und Ausnahmezustandsregelungen verfestigen sich antidemokratische, klandestine Strukturen, deren Machtpotenzial von keiner demokratisch legitimierten Institution kontrolliert oder gar wieder abgeschafft werden kann.

Dementsprechend ist es möglich, dass ein Großteil der politischen wie militärischen Entscheider nicht einmal weiß, welche Rolle ihnen im Gesamtgeschehen zukommt. Während große Kampfverbände im Irak und in Afghanistan zumindest in der Selbstwahrnehmung tatsächlich versuchen, defensiv und schützend zu agieren, hintergehen Spezialeinsatzkommandos diese Bemühungen in verdeckten Operationen. Aufgrund der Geheimhaltung wird dies auch nie jemand überprüfen können. Und wie es Oberst Lang zusammenfasste: „Diese Leute [Kommandosoldaten] haben wenig Ahnung vom Gesamtbild.“

Ähnliche Strukturen sind von Bereichen der organisierten Kriminalität oder von Terrororganisationen bekannt. Der Kern krimineller bzw. terroristischer Aktionen wird verdeckt durch einen dicken Mantel an zivilen, sozialen Bemühungen. Die Hamas betreibt Krankenhäuser, Kindergärten, eine Universität und unterstützt Opfer israelischer Militäreinsätze, mafiöse Organisationen finanzieren Schulen oder bauen Fußballstadien.
Ähnlich werden die illegalen Mordkommandos des Westens mit normalen Einheiten umgeben, die in Kriegsgebieten „Wiederaufbau“ betreiben und ebenfalls Schulen aufbauen und Frauenrechte schützen sollen. Der Kampf um Herz und Verstand ist nichts anderes als die propagandistische Desinformation der Bevölkerungen sowohl im Heimatland als auch im Kriegsgebiet, um geheime Ziele in verdeckten Operationen zu verfolgen.

„Wenn es aus den Militäroperationen der vergangenen zehn Jahre eine Lehre zu ziehen gibt, dann die, dass die USA hervorragend Aufstände anzetteln können. Sie verstehen sich darauf, eine Regierung zu stürzen“, so Daveed Gartenstein-Ross, Anti-Terror-Berater für verschiedene US-Regierungsbehörden und Senior Fellow des konservativen Think Tanks Foundation for Defense of Democracies.51
Die westliche Wertegemeinschaft besteht im Kern aus nur einem Wert. Bedauernswerterweise sind dies nicht die Menschenrechte, sondern der gemeinsame Wille, die Welt zu beherrschen und zu unterwerfen. Weltherrschaft um jeden Preis.

Anhang – Fußnoten

1) Daniel Robert Kramer. Verdeckte militärische Operationen der USA. Informelle Netzwerke, Paramilitärs und delegierte Kriegsführung in den Drogenökonomien Laos, Nicaragua, Kolumbien und Afghanistan. Berlin 2011. S. 11

2) Armin Wertz. Die Weltbeherrscher. Militärische und geheimdienstliche Operationen der USA. Frankfurt/Main 2015. S. 90

3) Armin Wertz. Die Weltbeherrscher. S. 92

4) Noam Chomsky: People without Rights. Kosovo, Ost-Timor und der Westen. Hamburg 2002. S. 38

5) Noam Chomsky. Die göttliche Lizenz zum Töten (1987). In: Noam Chomsky. Die Herren der Welt. Essays und Reden aus fünf Jahrzehnten. Wien 2014. S. 97

6) Armin Wertz. Die Weltbeherrscher. S. 132

7) Armin Wertz. Die Weltbeherrscher. S. 145

8) Armin Wertz. Die Weltbeherrscher. S. 151

9) Armin Wertz. Die Weltbeherrscher. S. 129ff

10) Bernd Greiner. Krieg ohne Fronten. Die USA in Vietnam. Hamburg 2009. S. 212

11) Bernd Greiner. Krieg ohne Fronten. S. 215

12) Bernd Greiner. Krieg ohne Fronten. S. 216

13) Krieg ohne Fronten. S. 225

14) Bernd Greiner. Krieg ohne Fronten. S. 231

15) Krieg ohne Fronten. S. 238

16) Erik Fischer. Die USA im Vietnamkrieg. Kriegsverbrechen amerikanischer Soldaten. Hamburg 2009. S. 101.

17) Bernd Greiner. Krieg ohne Fronten. S. 253f.

18) Eigentlich MACV-SOG: Military Assistance Command, Vietnam – Studies and Observation Group. Ein Spezialeinsatzkommando für „unkonventionelle Kriegführung“. Es war während des Vietnamkrieges bei streng geheimen Operationen in ganz Südostasien im Einsatz.

19) Krieg ohne Fronten. S. 254

20) Vgl. Daniel Robert Kramer. Verdeckte militärische Operationen der USA. S. 33ff

21) Vgl. Daniel Robert Kramer. Verdeckte militärische Operationen der USA. S. 34

22) Richard Nixon: So verlieren wir den Frieden. Der III. Weltkrieg hat schon begonnen. Hamburg 1980 S. 130

23) Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. Amerikas geheime Kommandoaktionen. München 2013. S. 25

24) Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. Amerikas geheime Kommandoaktionen. München 2013. S. 25

25) Vgl. Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. S. 75

26) Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. S. 76

27) Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. S. 78

28) Daniel Robert Kramer: Verdeckte militärische Operationen der USA. S. 182

29) Daniel Robert Kramer: Verdeckte militärische Operationen der USA. S. 186

30) Daniel Robert Kramer: Verdeckte militärische Operationen der USA. S. 202

31) Vgl. Daniel Robert Kramer: Verdeckte militärische Operationen der USA. S. 229

32) Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. S. 272

33) Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. S. 135

34) Mark Mazzetti. Killing Business. Der geheime Krieg der CIA. Berlin 2013. S 151

35) Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. S. 177

36) Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. S. 218

37) Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. S. 155

38) Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. S. 316

39) Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. S. 231

40) Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. S. 149

41) Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. S. 414

42) Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. S. 415

43) Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. S. 416

44) Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. S. 428

45) Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. S. 410

46) Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. S. 411

47) Noam Chomsky: The Attack. Hintergründe und Folgen. Hamburg 2001. S. 64

48) Daniel Robert Kramer: Verdeckte militärische Operationen der USA. S. S. 233

49) Daniel Robert Kramer: Verdeckte militärische Operationen der USA. S. S. 234

50) Daniel Robert Kramer: Verdeckte militärische Operationen der USA. S. S. 236

51) Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege. S. 263

Links

[1] http://www.heise.de/tp/artikel/42/42753/

[1] http:/ /creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.de

[1] http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.de

[2] http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/kontext/swr2-kontext-weder-krieg-noch-frieden-russlands-hybride-kriegsfuehrung/-/id=4352076/did=14792746/nid=4352076/3pykcc/index.html

[3] http://www.welt.de/politik/ausland/article137341869/Experten-warnen-vor-hybrider-Kriegsfuehrung.html

[4] http://www.zeit.de/2015/11/nato-ukraine-krieg-russland

[5] http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2015A27_tga.pdf

[6] https://twitter.com/spomke/status/592580747816542208

[7] https://history.state.gov/historicaldocuments/frus1945-50Intel/d292

[8] http://nsarchive.gwu.edu/NSAEBB/NSAEBB4/

[9] https://www.cia.gov/news-information/featured-story-archive/earthquake-mcgoons-final-flight.html

[10] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45139982.html

[11] http://www.war-stories.com/pointman-a-shau-valley-mcginley-1968.htm

[12] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45139982.html

[13] http://www.spiegel.de/panorama/kriegsverbrechen-in-vietnam-apocalypse-now-a-295224.html

[14] http://www.327infantry.org/photos/p_vietnam?q=photos/p_vietnam-8&phpMyAdmin=2a8cbab6008b35bc262dc17200499568

[15] http://www.327infantry.org/first/tiger_force_photos.htm

[16] http://www.tigerforcerecon.com/

[17] http://www.arte.tv/guide/de/030738-000/amerikas-geheimer-krieg-in-laos

[18] http://de.wikipedia.org/wiki/Ebene_der_Tonkr%C3%BCge

[19] http://legaciesofwar.org/about-laos/secret-war-laos/

[20] http://en.wikipedia.org/wiki/File:HoCMT.png

[21] http://legaciesofwar.org/about-laos/secret-war-laos/

[22] http://www.spiegel.de/einestages/30-jahre-afghanistan-invasion-a-948665.html

[23] http://de.wikipedia.org/wiki/Ungesetzlicher_Kombattant

[24] http://www.faz.net/aktuell/politik/terror-und-die-folgen-1-000-al-qaida-kaempfer-bei-tora-bora-eingekesselt-129238.html

[25] http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Afghanistan/massaker.html

[26] http://www.heise.de/tp/artikel/12/12758/

[27] http://www.nytimes.com/2015/06/07/world/asia/the-secret-history-of-seal-team-6.html

[28] http://www.heise.de/tp/artikel/44/44047/

[29] http://www.spiegel.de/politik/ausland/navy-seals-weiten-einsaetze-aus-und-toeten-oft-gezielt-a-1037638.html

[30] http://www.nytimes.com/2015/06/07/world/asia/the-secret-history-of-seal-team-6.html

[31] http://www.focus.de/politik/ausland/exzessives-toeten-eliteeinheit-auf-menschenjagd-die-geheimen-operationen-des-navy-seal-team-6_id_4733463.html

[32] http://www.nytimes.com/2015/06/07/world/asia/the-secret-history-of-seal-team-6.html

[33] http://www.tomdispatch.com/blog/175945/tomgram%253A_nick_turse%252C_a_shadow_war_in_150_countries/

[34] http://www.nytimes.com/2015/02/13/world/asia/data-from-seized-computer-fuels-a-surge-in-us-raids-on-al-qaeda.html

[35] http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/ehemaliger-ksk-soldat-in-geheimer-mission-verschlissen-12911510-p2.html

[36] http://www.focus.de/politik/ausland/afghanistan/reportage-enttarnt-vom-ziegenhirten_id_4473332.html

[37] http://www.stern.de/politik/deutschland/3-kommando-spezialkraefte-die-profis-531806.html

[38] http://www.deutschlandradiokultur.de/bundeswehr-in-afghanistan-die-sind-nicht-dort-gewesen-um.1008.de.html?dram:article_id=307423

[39] http://www.welt.de/print-wams/article107173/Bundeswehr-braucht-archaische-Kaempfer.html

[40] http://www.zeit.de/2010/31/KSK-Kommando-Spezialkraefte/seite-2

[41] http://www.focus.de/politik/ausland/afghanistan/reportage-enttarnt-vom-ziegenhirten_id_4473332.html

[42] http://www.taz.de/!5179711/

[43]  http://www.heise.de/tp/artikel/44/44047/

Jochen

Amerikanischer Chauvinismus und russischer Nationalismus – der Clash und die Ukraine

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Ausgewogener Übersichtsartikel in den NachDenkSeiten: http://www.nachdenkseiten.de/?p=25412

Auszüge: Die chauvinistische Rechte der USA glaubt an die Überlegenheit der Amerikaner und die nationalistische Rechte in Russland träumt von einem eurasischen Reich, das von Lissabon bis Wladiwostok reicht. „Gottes eigenes Land“ auf der einen Seite steht gegen einen nostalgischen Nationalismus der anderen Seite.

Beide wirkmächtigen Strömungen prägen nicht nur die Stimmungslage von großen Teilen der jeweiligen Bevölkerung, sondern sie hetzen auch ihre politischen Führer auf, gegeneinander anzutreten und um Weltgeltung auf der einen und Vormacht auf der anderen Seite mit allen, bis hin zu kriegerischen Mitteln zu kämpfen.

Nutznießer dieser Spannungspolitik sind vor allem eben diese radikalen politischen Strömungen selbst. Aber auch die Regierungen der USA und Russland profitieren zumindest in einem Punkt: Indem ein äußeres Feindbild an die Wand gemalt wird, können sie von ihren innenpolitischen Katastrophen ablenken. Von Wolfgang Lieb und Jens Berger.

Barack Obama ist ein Getriebener der politischen Rechten, die von der erzkonservativen Tea Party dominiert wird. Seit den letzten Midterm Elections haben die Republikaner sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus die Mehrheit und laufen sich schon für die Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr warm. Auch Wladimir Putin ist ein Getriebener der politischen Rechten. Seit Peter dem Großen herrscht in Russland ein Kampf zwischen den Modernisieren und den Traditionalisten. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, in der sowohl die größtenteils konservativ bis reaktionäre orthodoxe Kirche und der russische Nationalismus zwangsweise kleingehalten wurden, erlebte der religiöse und nationalistische Revisionismus eine wahre Renaissance: “Rechtgläubigkeit – Autokratie – Volkstümlichkeit” erlebte eine Neuauflage. Das Ideal, nach dem die Russen nicht nur über die verschiedenen Ethnien im Vielvölkerstaat, sondern auch über die slawischen Völker Osteuropas herrschen sollen, ist nicht nur in rechten Zirkeln durchaus populär.

Anders als in den USA hatte bis vor der Ukraine-Krise der nationalistische Rollback in Russland jedoch keine grundlegenden Auswirkung auf die Außen- und Sicherheitspolitik, dafür aber um so mehr auf die Innen- und Gesellschaftspolitik. Um die immer lautstärker werdende Opposition von rechts außen ruhig zu stellen, verschärfte die Duma unter wohlwollender Begleitung durch Wladimir Putin beispielsweise die Anti-Homosexuellen-Gesetze und der Präsident stilisierte sich zum Schutzherren russischer Minderheiten in den Nachbarstaaten.

In den USA lässt sich die Regierung vor allem in der Außen- und Sicherheitspolitik seit langer Zeit von der politischen Rechten treiben. Da wird eine Nato-Osterweiterung und sogar eine Raketenstationierung bis an die Grenzen Russlands vorangetrieben. Die EU betreibt eine systematische Osterweiterung ohne wenigstens gleichzeitig die Zusammenarbeit und die Annäherung mit Moskau zu intensivieren. Die Reaktionen auf russischer Seite ließen nicht auf sich warten. Es fand in den letzten Jahren eine seit dem Kalten Krieg nicht mehr dagewesene Eskalation von Drohungen und konfrontativen Aktivitäten bis hin zu einer „hybriden Kriegsführung“ statt. Nach dem vom Westen mitbetriebenen Sturz des Ukrainischen Präsidenten Janukowitsch sieht sich Putingezwungen, mit der Arbeit zu beginnen, die Krim wieder an Russland anzuschließen“. Gerüchte über Geheimpapiere, dass Russland die Übernahme der Krim schon zuvor geplant habe gestreut. Es folgen die gegenseitigen Schuldzuweisungen um den Abschuss der malaysischen Boeing 777 des Fluges MH17.

Obama verhöhnt Russland alsRegionalmachtund der US-Kongress verabschiedet mit einer überwältigenden Mehrheit die Resolution 758 und einen sog. „Ukraine Support Act“, Beschlüsse, die die verbale Aggression gegen Russland mit Einseitigkeiten bis hin zur glatten Lüge auf höchste verbale Eskalationsstufen treiben.

Hillary Clinton rückt Putin in die Nähe von Hitler.

Nicht nur der reaktionäre Hardliner John McCain, sondern auch „Fuck the EU“-Victoria Nuland, also die offizielle Europa-Beauftragte der amerikanischen Regierung, verlangen Waffenlieferungen an die Kiewer Regierung. Die US-Regierung unterstützt die Ukraine bereits mit nicht-tödlicher Ausrüstung, liefert unter anderem Nachtsicht- und Radargeräte, Helme und Schutzwesten, gleichzeitig hat die US-Regierung einseitig ihre Sanktionen gegen Russland ausgeweitet und will in den nächsten Wochen gepanzerte Fahrzeuge und Überwachungsdrohnen an die Ukraine liefern – Militärhilfen im Umfang von 75 Millionen Dollar. Als ob das nicht schon Provokation genug wäre, schicken die USA auch noch 3000 Soldaten zu Militärmanövern ins Baltikum unmittelbar an die russische Grenze, 750 Panzer und anderes schweres Gerät sollen den dortigen Militärs überlassen und 300 amerikanische Militärausbilder sollen in die Westukraine geschickt werden.

Ähnlich sieht es bei der von amerikanischen Militärstrategien dominierten Nato aus. Dort betreibt deren Oberbefehlshaber in Europa, General Philip Breedlove (Supreme Allied Commander Europe (SACEUR)) mit Lügen und Halbwahrheiten eine selbst in Berlin als „gefährlich“ eingestufte Propaganda. Mit dem Aufbau einer schnellen Eingreiftruppe setzt die Nato den größten Aufrüstungsplan seit dem Kalten Krieg um. Die Nato hält im Schwarzen Meer ein Manöver mit deutscher Beteiligungin Sichtweite russischer Militärs“ ab.

Auf der anderen Seite gibt es außergewöhnliche Luftmanöver russischer Kampfjets im internationalen Luftraum über Ostsee und Atlantik. Manöver an der ukrainischen Grenze, nicht genehmigte Hilfstransporte in die Ostukraine. Russische Staatsangehörige – viele von ihnen sind dem Vernehmen nach „beurlaubte“ Soldaten der russischen Streitkräfte – kämpfen auf der Seite der Abtrünnigen im Osten der Ukraine, die mit russischen Waffen ausgestattet sind (von wem auch immer geliefert bzw. erobert). Putin räumt mit der Teilnahme an den Minsker Gesprächen seinen (politischen) Einfluss auf die Rebellen ein. Russland will seinen Verteidigungshaushalt auf 76 Milliarden US-Dollar ausweiten.

Aktuell kündigt Russland den 1992 zwischen der Nato und dem ehemaligen Warschauer Pakt geschlossenen Vertrag über Konventionelle Streitkräfte (KSE), der schon seit 2007 als Reaktion auf die Nato-Osterweiterung ruhte, endgültig auf und testet eine atomar bestückbare Interkontinentalrakete.

Ein Ende dieser Eskalationsdynamik ist nicht absehbar. Im Gegenteil, in den USA geht es längst nicht mehr „nur“ um Russland. In der letzten Woche jagten die Republikaner ihren Präsidenten, indem 47 Senatoren in einem historisch geradezu einmaligen Vorgang einen offenen Brief ankündigen, dass sie ein noch gar nicht ausverhandelten Atomabkommen mit dem Iran, sollte es Barack Obama jemals unterzeichnen, widerrufen werden.

Der mehrheitlich von den Republikanern beherrschte US-Kongress lädt ohne das Weiße Haus zu informieren, Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu einer Hass-Rede gegen den Iran ein, wissend dass Obama sich für ein Abkommen über die ausschließlich zivile Verwendung der Atomenergie in diesem Land einsetzt. Die Neocons verlangen härtere Sanktionen gegen Teheran. Das lenkt Wasser auf die Mühlen der iranischen Hardliner.

In den USA und Russland beeinflussen mittlerweile chauvinistische und nationalistische Kreise außerhalb der Regierungen, die von dieser Spannungspolitik profitieren und Zulauf erhalten, massiv die Politik der Regierungen. Was momentan stattfindet, ist ein Clash zwischen amerikanischem Chauvinismus und russischem Nationalismus.

Der Ukraine-Konflikt macht diesen Clash wie in einem Brennglas sichtbar. Offenbar findet Putin mit seinem Kurs bei immer mehr russischen Bürgern Zustimmung, angeblich sind derzeit 86 Prozent mit ihrem Staatschef zufrieden. Die Zuspitzung der Konfrontation trifft in Russland offenbar auf einen fruchtbaren nationalistischen Nährboden. Von rechtsextremen und antisemitischen Gruppierungen und Kultfiguren wie Alexander Dugin wird eine Ideologie des „Neo-Eurasismus“, eine krude Mixtur aus Mystik, Stalin-Nostalgie, orthodoxer Gläubigkeit, Traditionalismus und Großmachtansprüchen verbreitet, eine Stimmungslage, die Putin, schon um der eigenen Machtstabilisierung willen bedienen muss und angesichts einer auch von außen gestützten inneren Opposition auch bedienen will.

Paradoxerweise stärken die Sanktionen des Westens gegenüber Russland den Mythos des durch seine Leidensfähigkeit verbundenen russischen Volkes. Putin gilt als der Retter der russischen Großmacht. Zarenherrlichkeit und christlich-orthodoxe Sowjetnostalgie, der verletzte Stolz einer Großmacht gehen eine Symbiose ein und stillen eine Sehnsucht der notleidenden Masse der Russen nach Weltgröße. Die westlichen Sanktionen gegen Russland, stacheln den Hass gegen den Westen an und stärken nationalistische Tendenzen.

Je stärker Putin den russischen Nationalismus bedient desto mehr Zustimmung findet er und desto stabiler wird seine Macht. Die Ukraine ist zur Projektionsfläche von Chauvinisten und Weltmachtideologen im Westen und der Nationalisten und Großmachtphantasten in Russland geworden. Und da in kriegerischen Auseinandersetzungen nur noch gut und böse oder schwarz und weiß gemalt wird, wird die Stimmung im Osten wie im Westen immer mehr angeheizt.

Keine Umkehr in Sicht

Das Problem ist: Es gibt zu wenig gesellschaftliche Kräfte und eine zu schwache öffentliche Meinung die sich den irrationalen Scharfmachern entgegenstellen. Es gibt zu wenig Stimmen, die die Eskalation der militärischen Provokationen kritisieren. Und die politisch wahrnehmbaren Kräfte, die sich diesem Teufelskreis entgegen stellen könnten, sind entweder zersplittert oder dringen nicht durch.

Noch wäre es jedoch nicht zu spät, diesen Teufelskreis zu unterbrechen. Da Russland sich momentan in einer defensiven Situation befindet und die Opposition im Lande schwach ist, bleibt nur die Hoffnung auf eine Umkehr von der Spannungs- zu einer Entspannungspolitik auf der Seite des Westens.

Von Präsident Obama ist eine solche politische Wende nicht zu erwarten. Er ist eingemauert von der republikanischen Mehrheit, die wiederum von der erzreaktionären und radikalen Tea Party getrieben werden. Und Obama ist bislang außenpolitische stets den Weg des geringsten Widerstandes gegangen.

Eine De-Eskalationspolitik könnte eher noch von Europa ausgehen. Weil Europa von einem Konflikt mit Russland in viel stärkerem Maße betroffen ist als die USA. Weil die europäischen Länder viel intensivere wirtschaftliche Beziehungen und größere Abhängigkeiten mit Russland hat. Weil die europäischen Länder geografisch mit Russland verbunden sind – weil wir Nachbarn sind.

Wenn Europa aber zur Entspannung beitragen wollte, dann setzt das voraus, dass die europäischen Länder sich zumindest intern deutlicher gegen die eskalierende amerikanische Politik gegenüber Russland positionieren und dass Europa sich auch innerhalb der NATO stärker gegenüber den USA durchsetzt. Von den osteuropäischen und baltischen Staaten ist das nicht zu erwarten, die Südeuropäer haben andere Probleme, es länge also vor allem an Deutschland und Frankreich, sich endlich wieder auf eine De-Eskalationspolitik und Entspannungspolitik zu besinnen. Das würde zuallererst bedeuten, dass man die Geister, die man rief, wieder los werden müsste.

Und das verlangte vor allem auch mehr Druck aus der Bevölkerung.

Hier noch eine kurze Zusammenstellung von Dokumenten über die Eskalation des Konflikts mit Russland von Christian Reimann

Über Kommentare auf meinem Blog unter https://josopon.wordpress.com/ würde ich mich freuen. Wenn Ihr den Nachrichtenbrief nicht mehr beziehen wollt, schickt mir bitte eine kurze Elektropost. Jochen