Aufgepasst – Industrieverbände wollen leichteren Zugang zu Daten der elektronischen Patientenakte

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

eCard-neindankeWieder einmal setzen Lobbyverbände das Gesundheitsministerium unter Druck.
Das bestätigt mir einmal mehr die Entscheidung, meine Kassenzulassung abgegeben zu haben.

https://www.aend.de/article/213234

GesundheitsindustrieverbaendeDass eine zentrale Sammlung von Gesundheitsdaten, wie sie durch die elektronische Patientenakte (ePA) geschehen soll, Begehrlichkeiten weckt, kommt wenig überraschend.
Am Dienstag 13.7.2021 forderten mehrere Industrieverbände gemeinsam einen leichteren Zugang zu den Daten – natürlich „nur zu Forschungszwecken“.

Die gegenwärtige Ausgestaltung der Telematikinfrastruktur behindere in Verbindung mit den rechtlichen Rahmenbedingungen eine praktikable Nutzung für die Forschung“, beklagten die Verbände, darunter unter anderem der Bundesverband der Deutschen Industrie, der Bundesverband Gesundheits-IT, der Pharmaverband vfa und der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie.
Potenziale blieben so ungenutzt, die geplante Forschungskompatibilität der ePA sei in Gefahr.

Das Problem aus Sicht der industriellen Gesundheitswirtschaft: Das Konzeptpapier der gematik sehe in der ersten Stufe ausschließlich eine Forschungsdatennutzung durch Ärztinnen und Ärzte vor, die über ihr IT-Primärsystem an die Telematikinfrastruktur angeschlossenen seien. Damit würden große Bereiche der medizinischen Forschung auf unbestimmte Zeit ausgeschlossen.

Zudem könnten Forschungsdaten „nur mit wiederholtem aktivem Zutun der Versicherten aus deren ePA-Client heraus übertragen werden“; zudem fehle die Möglichkeit, die Versicherten zum Öffnen ihrer ePA überhaupt aufzufordern.
„Darüber hinaus verhindert der von der Datenschutzaufsicht geforderte Nachweis für jedes Dokument, das für Forschungszwecke übermittelt wird, eine prospektive Freigabe dieser Daten.
Diese werden aber regelmäßig als Bestandteil von Verlaufsstudien und als zusätzliche Endpunkte in klinischen Studien herangezogen, um Forschungsfragen zu beantworten.“

Die Verbände fordern deshalb eine zentrale digitale Einwilligung in die Nutzung von Daten zu Forschungszwecken. So freigegebene Forschungsdatensätze sollten dann „regelmäßig und automatisiert aktualisiert werden können“.
Das, so führen die Verbände aus, erhöhe „die Autonomie der Patientinnen und Patienten bei voller Transparenz über laufende Forschungsvorhaben und der daraus resultierenden Ergebnisse“.

Die künftige Bundesregierung müsse zügig nachzubessern. „Dazu gehört auch, dass die forschende Gesundheitswirtschaft endlich ein Antragsrecht für die Arbeit mit Forschungsdaten beim geplanten Forschungsdatenzentrum erhält.“

Dazu einige Kommentare von KollegInnen:

Niemand will eine Mauer bauen
…keiner wird je die Daten des elektronischen Mautsystems zur Nachverfolgung nutzen wollen. Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten.

Existenz weckt Begehrlichkeit. Steter Tropfen höhlt den Stein. Wir wissen jetzt schon was kommt.
Haben wir oft genug gesehen – auch 1938 schon.

natürlich „nur zu Forschungszwecken“
hat für mich das Potential zum Unwort des Jahres und“zentrale digitale Einwilligung in die Nutzung von Daten“ hört sich doch genauso nach Erhöhung der Lebensqualität durch Erleichterung beim tagtäglichen Datenspenden an wie die „Komfortsignatur“ für die Ärzte beim Ausstellen von eRezepten.

Wer jetzt noch an die Telematik angeschlossen ist, dem sind seine Patienten egal.
Wer war so doof und hat sich über primitive Bedürfnisse an die Telematik zwingen lassen?

Ja, so kommt es dann zum Ende des aalglatten Durchschlingerns durch die Paragraphen.
Die Menge der Ultraschlauen, die mit einmal VSDM doch ihren eigenen Frieden erkauft haben; das hat jetzt sein Ende.
Und es wurde so gesagt. Jeder hat es gewusst! Jeder Angeschlossene hat Mitschuld!

Das sehe ich anders, Herr Kollege!
Verantwortlich sind für ihre Daten in erster Linie die Patienten selber. Deren Interesse sich selbst dagegen zu positionieren ihre eigenen Daten jedem zur Verfügung zu stellen sind gelinde gesagt sehr überschaubar.
Ob im Internet oder bei der ePA, man hat keine Probleme sich den Datenkraken auszuliefern.
Die niedergelassene Ärzteschaft ist aus meiner Sicht nur in sofern verantwortlich, als sie es nicht vermag diesen Aspekt ihren Patienten zu verdeutlichen, und muss staatlich gezwungen die Daten weiter reichen und somit einen Teil ihrer Verpflichtung zur ärztlichen Schweigepflicht verwässern.
Legalisiert durch Parlament und Regierung, aber trotzdem moralisch verwerflich.

Eigentum der Daten
Für diese Daten haben Patienten gelitten und ihre Ärzte ihr Wissen und Können eingesetzt. Mitnichten gehören sie also der IT-Industrie oder der Pharma-Industrie. Was für eine abstruse Vorstellung.
Und wie großzügig, dass Patienten ihre Daten „spenden“ dürfen sollen. Spenden die Pharma-Unternehmen die Medikamente, die sie mit Hilfe dieser Daten entwickeln ?
Nein, es muss den Patienten selbst möglich sein, für ihre Daten etwas Entgelt zu bekommen, mit ihnen zu handeln.
Dass die meisten chronisch Kranken – die das Geld besonders gut gebrauchen können – bereit wären, ihre Daten zu verkaufen, zeigen einige wissenschaftliche Untersuchungen.
Es wird höchste Zeit, dass sich diese Sicht der Dinge verbreitet. Übrigens eine längst gut fundierte Idee: Stichwort „Humanistische Informationsökonomie“ (Jaron Lanier).

Ist doch schön, dass diese Daten so begehrt sind. Daraus kann ein echter sekundärer Krankheitsgewinn für die Patienten werden 🙂

Mein Kommentar: Selbstverständlich will keiner der Verbände seine Forschung so transparent machen, dass von außen jemand nachprüfen kann, wofür die Daten genau verwendet werden. So viele Leute hat das BA für Datenschutz sowieso nicht.
Im Endeffekt – solange die Gesundheitskonzerne nicht verstaatlicht oder in Gemeinwohl übergeführt sind, bleibt das primäre Ziel nicht Gesundheit, sondern Profitmaximierung auf allen Bereichen. Wie man an der schon jetzt bestehenden Verknappung von häufig gebrauchten Medikamenten sieht, die lang auf dem Markt und damit keine cash cows sind. DAzu kann man immer wieder darauf hinweisen, dass schon seit Jahrzehnten das vierfache des Forschungsetats in Marketing investiert wird.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Jochen

Online-Petition an den Bundesgesundheitsminister: Herr Spahn, treten Sie bitte zurück !

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

https://www.change.org/p/bürgerinnen-und-bürger-herr-spahn-tretten-sie-bitte-zurück

Initiiert von der IG Med/Deutsche Ärzte-Gewerkschaft
und dem Pflegebündnis Grafschaft/Emsland

Die Liste des Versagens ist inzwischen zu lang – Herr Spahn, treten Sie zurück!

Nicht erst seit der Corona-Pandemie ist klar: Die Leistungen des Jens Spahn als Gesundheitsminister sind desolat.
Bereits vor der Pandemie schwächte seine Gesetzesflut das Gesundheitswesen so massiv, dass die dort Tätigen weiter demotiviert, die Strukturen in ambulanter und stationärer Versorgung noch weiter ausgedünnt und unterfinanziert worden sind.
In Pandemiezeiten konzentriert sich Jens Spahn nicht auf die wesentlichen medizinischen Aufgaben eines effektiven Krisenmanagements: Statt Masken bekommen wir Bilder von Ministerbesuchen in Fabriken, statt Desinfektionsmittel bekommen wir Ausgangsbeschränkungen, statt versprochener Impfungen und Medikamente nur Worte.

Aus diesem Grund fordern wir Bundesgesundheitsminister Jens Spahn auf, die Konsequenzen aus seinen Fehlern zu ziehen und seinen Rücktritt zu erklären.

Unsere Forderung begründet sich durch folgende Tatsachen:

Die Arbeitsbedingungen unserer Pflegekräfte, Ärzte, Zahnärzte, MFAs und aller in Heilberufen Tätiger wurden bis zum Letzten ausgereizt, verschlechtert und gefährden die Gesundheit aller Bürgerinnen und Bürger und der Heilberufler selbst.
2018 forderte Herr Spahn, den Pflegenotstand dadurch zu beheben, dass Pflegekräfte einfach vier Stunden mehr arbeiten sollten. Dies ist eine unzumutbare Einstellung, denn sie zeugt von Ignoranz.
Wir Bürger müssen die Gesundheit unserer Pflegekräfte schützen
– so wie sie es auch für uns und unsere Liebsten tun – indem wir ihre ohnehin schon herausfordernden Arbeitsbedingungen nicht noch mehr ausreizen.

Kein Respekt vor Kassenärzten, die sich jeden Tag um unsere Gesundheit bemühen:
Frustrierte Ärzte konfrontierte er mit der Aussage, dass keiner gezwungen sei, Kassenarzt zu werden. Möchte Herr Spahn tatsächlich dem einfachen Bürger Ärzte nehmen, indem er diese dazu animiert, nur Privatpraxen zu unterhalten?

Gefährdung der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger:

eCard-neindankeIm Eilverfahren peitschte er das Intensiv- und Rehagesetz durch, Patienten empfahl er Arzt Apps und die elektronische Gesundheitskarte *) mit zweifelhaftem Nutzen.
Welchen Stellenwert hat für ihn die Sicherheit der Bürger, wenn seine Entscheidungen mehr Risiken als Nutzen beinhalten können ?

 

GlaesernerPatient4

Ebenso zwang er die Ärzteschaft, Patientendaten mittels 90´er Jahre Technik ins Netz zu stellen**), die jetzt ungeschützt im Internet kursieren.Die Schuld dafür wies er dann perfider weise der Ärzteschaft selbst zu.

Fatal: Schließung von 600 Notaufnahmen, die in Coronakrise fehlen:

Die schlimmste aller Fehlentscheidungen kam 2018: Damals sprach sich Herr Spahn für die Schließung von über 600 Notaufnahmen und damit das Ende von einem Drittel aller Kliniken in der Notfallversorgung aus – angesichts der Corona-Krise ein fataler Fehler, denn nun leidet die Versorgung der Bürger darunter und die Arbeitbedingungen haben sich weiter verschärft.

Gesundheitsfonds um fast 50% geleert:

Mit diesen und anderen Maßnahmen leerte Herr Spahn den Gesundheitsfond um fast die Hälfte – Geld, welches die Kranken, Bedürftigen und wirklichen Notfälle dringend brauchen.

Fehleinschätzung, Ignoranz gegenüber Expertenmeinung und Zeitverschwendung in der Coronakrise:

Im Januar 2020 schätzte Herr Spahn die Gefahr für die Gesundheit der Menschen in Deutschland durch Corona weiterhin gering ein. Ungewöhnlich heftig ging er deswegen im Fernsehen einen bekannten Virologen an und stellte dessen Professionalität in Frage, obwohl drei Tage zuvor die Weltgesundheitsorganisation die Gefahr einer weltweiten Verbreitung des SARS-CoV-2 bereits als hoch einstufte. Dieses Verhalten zeugt von Arroganz, denn die Meinungen der Profis und der Institutionen haben sich, wie die darauf folgenden Ereignisse zeigten, als richtig erwiesen. Somit ließ Herr Spahn wertvolle Zeit verstreichen, die wir dringend gebraucht hätten, um die Folgen der Krise einzudämmen. Grenzschließungen und ein Verbot des Karnevals schienen ihm nicht umsetzbar, um dann später doch die Grenzen zu schließen und die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger radikal zu reduzieren.

Das Maskendesaster:

„Wir haben gemahnt und keiner hat uns zugehört“: Bereits am 5.2.2020 wurde Herr Spahn vom einem führenden Produzenten von Hygiene- und Schutzartikeln darauf hingewiesen, dass 97 Prozent der Weltmarktproduktion von Hygiene- und Schutzartikeln von dort stamme, wo das Coronavirus im Dezember 2019 ausbrach. Nun würden diese Artikel dort dringend benötigt und deshalb in Deutschland von China wieder aufgekauft.
Das Ministerium habe sich nicht gekümmert, so dass der Hesteller die Krankenhäuser selbst anrufen musste – diese hätten ihm die Masken förmlich aus den Händen gerissen.

Fordert – liefert aber nicht:

Noch am 14.03.2020 stufte Herr Spahn die Meldung über massive Einschränkungen des öffentlichen Lebens als „fake news“ ein, um wenige Tage später in Anerkenntnis der Krise die Bestellung von 10.000 Beatmungsgeräten auszuschreiben, welche wohl nicht kurzfristig, sondern erst in den nächsten Monaten und Jahren geliefert werden können.

Was sagen die Medien:

„Pfleger(innen und Pfleger) und Ärztinnen (und Ärzte) werden mit ihrem Leben bezahlen“ – diesen vernichtenden Kommentar zum Krisenmanagement des Gesundheitsministers fällte ein ARD Kommentator der Tagesschau – und eröffnete damit erneut den Blick auf mangelnde Empathie und ein mangelndes Verständnis für das Gesundheitssystem, für das ein Berufspolitiker mit abgeschlossener Banklehre nicht ausreichend qualifiziert ist.

Bitte unterschreiben und teilen Sie unsere Petition!

https://www.change.org/p/bürgerinnen-und-bürger-herr-spahn-tretten-sie-bitte-zurück

Mit freundlichen Grüßen

IG Med/Deutsche Ärzte Gewerkschaft Pflegebündnis Grafschaft/Emsland

Wir nehmen gerne weitere Unterstützergruppen mit auf !

5.773 haben bis zu dieser Veröffentlichung unterschrieben. Nächstes Ziel: 7.500.

*: https://josopon.wordpress.com/2017/01/11/elektronische-gesundheitsuberwachung-alles-auf-eine-karte/

**: Auf dieses Thema habe ich hier ja schon seit jahren hingewiesen:

Wie viele andere Kollegen habe auch ich diese Telematik nicht mitgemacht, statt dessen auf meine Kassenzulassumng verzichtet Ich bestreikte auch schon von Anfang an die Gesundheitsüberwachungskarte.

https://josopon.wordpress.com/2018/12/23/abschaffung-der-arztllichen-schweigepflicht-wer-braucht-die-zentrale-patientendatei/

https://josopon.wordpress.com/2014/06/26/selbstversuch-bei-der-barmer-gek-so-wird-meine-krankenversicherung-gekapert/

und

https://josopon.wordpress.com/2019/01/29/wer-begreift-zentrale-telematik-infrastruktur-und-was-ist-die-arztgeheimnis-cloud-achtung-dateianhang-151kb/

Jochen