Lakaien des Kapitals – Journalisten und Politiker: Weltanschaulich eng miteinander verbunden

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Krasse Übersicht auf Telepolis von Marcus Klöckner
https://www.heise.de/tp/features/Journalisten-und-Politiker-Weltanschaulich-eng-miteinander-verbunden-4564192.html
Auszüge:

Die Wächter der Demokratie erblinden zunehmend und werden immer unfähiger, zentrale politische Weichenstellungen zu kritisieren

henry nannen preis2019

Dieses Foto muss man auf sich wirken lassen: Da steht der SPD-Politiker Olaf Scholz (Teilnehmer an der Bilderberg-Konferenz) im edlen Zwirn auf einem roten Teppich, rechts neben ihm direkt an der Seite Caren Miosga, Journalistin und Moderatorin der Tagesthemen, und links neben ihm Julia Jäkel, die mächtige Verlagsfrau von Gruner + Jahr (Teilnehmerin an der Bilderberg-Konferenz). Die drei präsentieren sich vor versammelten Fotografen.

Es ist der 28. April 2017. Jener Tag, an dem in Hamburg der Henry-Nannen-Preis an herausragende Journalisten verliehen wird. Miosga hat an diesem Abend die Moderation übernommen. Zu sehen sind Bilder von Spitzen aus Medien, Kultur, Wirtschaft und Politik. Bilder wie diese, auf denen sich Journalisten bei unterschiedlichen Anlässen ablichten lassen, ganz so, als seien sie Teil der Celebrities, als seien sie Stars, Hollywoodschauspielern gleich, finden sich viele im Netz. Da spielt die Frage, ob sich ein Journalist gemeinsam lächelnd mit einem Politiker auf einem „Laufsteg“ präsentieren und fotografieren lassen sollte, längst keine Rolle mehr. Die zu sehenden Journalisten haben die Frage offensichtlich für sich beantwortet.

Teile der journalistischen Elite in Deutschland scheinen kein Problem damit zu haben, gemeinsam am Abend mit Politikern zu feiern – ganz so, als ob hier jene roten Warnlampen, die die Grenzen zwischen Journalisten und Politikern markieren, nicht existierten. So lässt sich auch erklären, dass der Spiegel seine „Hauptstadtparty“ gemeinsam mit Politikern feierte. Unter dem Link finden sich Bilder, die der Spiegel selbst publiziert hat.
Sie zeigen etwa, wie Spiegel-Redakteur Ralf Neukirch mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer um die Wette strahlt, sich der Leiter des Spiegel-Hauptstadtbüros, René Pfister, unter anderem mit Bundesjustizministerin Katarina Barley oder der Bundesfamilienministerin Franziska Giffey charmant lächelnd unterhält, oder der FDP-Parteivorsitzende Christian Lindner die Hände von führenden Spiegelredakteuren schüttelt.

Die Unbekümmertheit im Umgang der Medienelite mit hochrangigen Politikern lässt auch verstehen, wie etwa beim 70-jährigen Jubiläum der Welt am Sonntag die beiden Gruppen gemeinsam miteinander feiern konnten. Nicht nur, dass das Medienunternehmen den Teppich ausgerollt und die Fotowand zum Ablichten der Gäste aufgestellt hat, nein, die Eröffnungsrede durfte gar ein Politiker halten.

Das Blatt selbst hatte auch nicht zu verschweigen, dass es gemeinsam mit Politikern feierte – im Luxushotel The Fontenay, direkt an der Alster (Zimmerpreise zwischen mehreren hundert und mehreren tausend Euro die Nacht). Im Gegenteil. Die Zeitung berichtete transparenter, wie es kaum sein konnte.
Im Vorspann eines Artikels über die Feier heißt es: „Gut 200 Gäste kamen, darunter viele prominente Vertreter aus Politik, Kultur und Medien: Die Axel Springer SE ließ die vor 70 Jahren in Hamburg gegründete WELT AM SONNTAG im ‚The Fontenay‘ hochleben.“

Nochmal in Zeitlupe: Journalisten, Politiker und andere Eliten lassen in einem Luxushotel gemeinsam eine Zeitung „hochleben“. An dieser Stelle könnte man annehmen, dass der Grad an Absurdität nicht weiter gesteigert werden kann. Doch es ist tatsächlich noch Luft nach oben.
In seiner Rede zu Ehrung des Blattes sagte der Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) unter anderem:

Wenn die Meinungsbildung im Netz am etablierten öffentlichen Diskurs vorbeiläuft, dann können Sie Ihrer Aufgabe als Journalistinnen und Journalisten kaum mehr nachkommen, nämlich Dinge einzuordnen, zu analysieren, Fakten zusammenzutragen, zu diskutieren, zu bewerten. Dabei scheint das gerade angesichts der nahezu unüberschaubaren Vielfalt an Informationen und Meinungen unserer heutigen Medienwelt wichtiger denn je. Wie wollen, wie können wir darauf reagieren? Journalismus und Politik tragen ohne Zweifel eine große Verantwortung dafür, dass die demokratische Meinungsbildung lebendig bleibt.

Olaf Scholz

Diese Zeilen, aber auch die gesamte Rede, lassen sehr schön erkennen, wie die Verbundenheit zwischen Eliten aus Politik und Journalismus aussieht. Sie gewähren einen Einblick in die Sphären der sozialen Kohäsion zwischen Journalisten und Eliten, die in der öffentlichen Diskussion in der Regel kaum Beachtung findet.
Neben der oberflächlichen räumlichen Nähe zwischen Politikern und Journalisten kann auch eine ideologische Nähe zwischen den beiden Gruppen beobachtet werden.

So groß die Differenzen zwischen Journalisten und Politikern – die sich hauptsächlich im Bereich von Nebensächlichkeiten finden lassen – bisweilen auch sind: So sehr funktionieren viele Berichterstatter und Parlamentarier in nahezu identischer Taktung, wenn es um die Grundsätzlichkeit der Politikausrichtung geht.
Wenn Spitzenjournalisten und Spitzenpolitiker miteinander diskutieren, dann ist man sich, beispielsweise, zu oft einig darüber, dass

  • die Agenda 2010 im Prinzip richtig war;
  • Hartz IV sicher nicht viel Geld bedeutet, man aber damit durchaus leben kann (Gürtel enger schnallen);
  • es „uns“ im Grunde genommen doch gut geht;
  • Merkel gar keine so schlechte Arbeit geleistet hat;
  • die Bürger nicht immer meckern sollten;
  • Verschwörungstheorien etwas ganz Schlimmes sind;
  • wir in einer Zeit von Filterblasen, Echokammern und Fake News leben;
  • der Feind im Osten sitzt;
  • „wir“ mehr „Verantwortung“ *) in der Welt übernehmen müssen und einiges mehr.

Anders gesagt: Die politische und weltanschauliche Verbundenheit von zumindest einem Teil der Politiker und Journalisten führt dazu, dass beide Gruppen kaum noch jene grundsätzlich gesunde kritische (mentale) Distanz haben sollten, die im Sinne der Demokratie notwendig ist.
Stattdessen erblinden die Wächter der Demokratie zunehmend und werden immer unfähiger, zentrale politische Weichenstellungen mit dem notwendigen Druck und auch mit der notwendigen Schärfe zu kritisieren.
Wie sollen Journalisten auch grundsätzliche politische Fehlentscheidungen kritisieren können, wenn sie diese publizistisch durch ihre Arbeit aus voller Überzeugung flankieren?

Mit diesen Gedanken im Hinterkopf ist man nicht im Geringsten verwundert, wenn Scholz in seiner Rede sagt: „Dabei scheint das gerade angesichts der nahezu unüberschaubaren Vielfalt an Informationen und Meinungen unserer heutigen Medienwelt wichtiger denn je. Wie wollen, wie können wir darauf reagieren?“

Der SPD-Politiker gebraucht in seiner rhetorischen Frage tatsächlich das Wörtchen „Wir“. Der Politiker dürfte an dieser Stelle gewusst haben, dass er nicht auf den geringsten Widerstand stoßen wird, wenn er Journalisten an dieser Stelle durch das „Wir“ vereinnahmen würde.
Es besteht nun einmal Einigkeit zwischen vielen führenden Politikern und Journalisten darin, dass „die Meinungsbildung im Netz“, die am „etablierten öffentlichen Diskurs vorbeiläuft“, ein Problem darstellt.

Lassen Sie uns an dieser Stelle diesen Abschnitt der Rede genauer betrachten, denn hier wird sehr schön deutlich, wie die ideologische Verbundenheit zwischen Politikern und Journalisten aussieht:

Zunächst fällt auf, dass die Wenn-dann-Satzverbindung inhaltlich unpräzise ist. Frage: „Wenn die Meinungsbildung im Netz am etablierten öffentlichen Diskurs vorbeiläuft“, warum sollten dann Journalisten ihren Aufgaben, wie „Dinge einzuordnen, zu analysieren, Fakten zusammenzutragen, zu diskutieren“, nicht mehr nachkommen können?
Die Meinungsbildung im Netz hält sie schließlich nicht von ihrer Aufgabe ab.
Was Scholz vermutlich sagen wollte: Wenn sich Bürger ihre Meinung auch mit Hilfe des Internets bilden und dabei Ansichten entwickeln, die am „etablierten öffentlichen Diskurs“, wie ihn unter anderem Politik und Mainstreammedien erzeugen, entgegenstehen, dann bildet sich ein Gegengewicht zum Diskurs der Mainstreammedien.
Für Journalisten, die mit ihren Medien diesen „Mainstreamdiskurs“ am Leben halten wollen, ist die Meinungsbildung im Netz insofern natürlich ein Problem, weil Teile der Bürger ihren Analysen und Ansichten nicht (mehr) akzeptieren.

Mit einer gehörigen Portion Naivität könnte man an dieser Stelle fragen, warum Scholz als Politiker sich um den „etablierten öffentlichen Diskurs“ und die Arbeit der diskurserzeugenden Journalisten Sorgen macht. Offensichtlich scheint er – als Politiker – mit dem „etablierten öffentlichen Diskurs“ keine sonderlich großen Probleme zu haben und eher die Meinungsbildung im Netz als Gefahr zu betrachten.
Für Journalisten sollten Scholz‘ Aussagen Anlass geben, die eigene Arbeit radikal zu überdenken, schließlich kommt hier in aller Deutlichkeit zum Vorschein, dass ein Politiker im Großen und Ganzen mit dem Diskurs, wie ihn die großen Medien erzeugen, einverstanden zu sein scheint – was kein Wunder ist, schließlich zeichnet sich dieser Diskurs eben nicht durch einen hohen Grad an Herrschaftskritik aus, wie es eigentlich der Fall sein sollte (seine Teilnahme an der Bilderberg-Konferenz war und ist für die großen Medien weitestgehend kein Thema).

Aber das Problem geht tiefer. Worüber redet Scholz wirklich? Ist Scholz tatsächlich über die Arbeit der Journalisten besorgt, die mit den alternativen Diskursen im Internet konkurrieren müssen?
Möglich ist das. Mit einer gehörigen Portion Naivität gedacht ließe sich sagen, dass Scholz als demokratischer Politiker natürlich ein großes Interesse daran hat, dass die sogenannten Qualitätsmedien, die vorgeben, mit ihrer Arbeit für einen Journalismus zu stehen, den höchsten Standards gerecht wird, nicht angezählt werden.
Nur: An dieser Stelle ist Naivität fehl am Platz. Mit einem herrschaftskritischen Blick lässt sich sagen:
Politiker, denen es nun mal oft um Macht geht, haben ein sehr eigenes Interesse daran, dass Bürger jene Grenzen des Diskurses nicht überschreiten, die genau festlegen, wie weit die Kritik an der Macht, die im politischen Feld verwurzelt ist, gehen darf – und im etablierten öffentlichen Diskurs werden diese Grenzen nahezu perfekt eingehalten.

Für Politiker – wir haben es bereits weiter vorne angesprochen – ist es sehr wichtig, dass sie in der Lage sind, bestimmte Wahrnehmungskategorien innerhalb der Bevölkerung, durchzusetzen.
Politiker müssen darauf achten, dass ihre Politikausrichtung (Agenda 2010, Umgang mit Russland und so weiter) von Medien unterstützend widergegeben wird. Würden sich Medien dauerhaft gegen bestimmte politischen Weichenstellungen erheben, hätten Politiker gewaltige Probleme damit, das Denken der Bürger in eine Richtung zu lenken, das zur Durchsetzung ihrer Politik notwendig ist.
Bilder wie etwas das vom „faulen Arbeitslosen“, vom „Aggressor Russland“ und so weiter können als Wahrnehmungskategorien identifiziert werden, die dazu dienen, dass die jeweilige Politikausrichtung Akzeptanz durch die Bürger erfährt.

Gelingt es Politikern andererseits nicht, solche zentralen Wahrnehmungs- und Denkkategorien zu etablieren, droht nicht nur ihre jeweilige Politik zu scheitern, sondern auch ein Machtverlust, spätestens bei den nächsten Wahlen. Wer sich mit den Diskursen, wie sie in den Mainstreammedien, auf der Straße und im Internet zu finden sind, auseinandersetzt, sieht schnell, dass es gewaltige Unterschiede gibt.

Der politische Diskurs im medialen Mainstream ist geprägt von einer Berichterstattung, die im Grundsatz oft zentrale politische Weichenstellungen unterstützt (Stichwort: Indexing), aber vor allem auch die getarnten Mechanismen von Macht und Herrschaft (machtelitäre Strukturen, Stichwort: Elitezirkel, Thinktanks et cetera) kaum beleuchtet.
Im Internet hingegen finden sich Diskurse, die zentrale politische Weichenstellungen im Grundsatz massiv kritisieren und kein Problem damit haben, Macht und Herrschaft als Macht und Herrschaft zu bezeichnen.
So betrachtet erscheinen die Worte von Scholz in einem ganz anderen Licht.
So betrachtet liegt es sehr nah, dass Politiker, die einem „etablierten öffentlichen Diskurs“ und Mainstreammedien Zuspruch leisten, eigene Interessen an der Vorherrschaft dieses Diskurses haben.

Die Worte von Scholz offenbaren den Kitt, der politisches und journalistisches Feld zusammenhält. Während der (für Politiker gefällige) „etablierte öffentliche Diskurs“ Politikern zum Forcieren ihrer Politik und zum Machterhalt dienlich ist, haben die diskurserzeugenden Medien sowohl ein eigenes Machtinteresse (schließlich können anziehende Außenseiter-Diskurse der alternativen Medien die Deutungshoheit der Mainstreammedien untergraben – siehe etwa die Berichterstattung über Russland -, was dann zu einem Glaubwürdigkeitsverlust, damit zu einem Verlust an Lesern und schließlich zu einem ökonomischen Verlust durch geringe Einnahmen führen kann), als auch ein ideologisches Interesse an der Aufrechterhaltung des etablierten Diskurses.
Das heißt: Viele Medien, das lässt sich immer wieder beobachten, „tragen Politik mit“ – was sie nicht tun, weil sie bestochen wurden, sondern weil sie von der Politik (mehr oder weniger) auch überzeugt sind.

Mit diesen Gedanken rücken jene Vorwürfe frei sichtbar in den Vordergrund, die Medienkritiker Journalisten immer wieder machen, nämlich: dass sie Sprachrohre der Mächtigen seien und sich Politikern mehr verpflichtet fühlten als dem durchschnittlichen Bürger und der Aufklärung von Missständen. (Marcus Klöckner)

Hier die teils lesenswerten Kommentare:
https://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Journalisten-und-Politiker-Weltanschaulich-eng-miteinander-verbunden/forum-436370/comment/

*: „Verantwortung“ -> Joschka Fischers „Schutzverantwortung“ -> Bruch des VölkerrechtsKrieg

Dazu das fälschlich George Orwell zugeschriebene Zitat:
Journalismus ist zu drucken, was andere nicht gedruckt sehen wollen. Alles andere ist Public Relations.“
https://quoteinvestigator.com/2013/01/20/news-suppress/amp/

Dazu auch das interview mit Udo Ulfkotte   über gekaufte Journalisten: https://josopon.wordpress.com/2014/11/10/interview-mit-udo-ulfkotte-ex-faz-uber-gekaufte-journalisten-in-grosen-zeitungen/

und zur aktuellen Kriegstreiberei:

https://josopon.wordpress.com/2016/09/27/salven-aus-den-verlagshausern-der-anteil-der-medien-an-den-kriegen-des-westens/

sowie über CIA-Mietmäuler und Sprachrohre der Kriegstreiber in deutschen Redaktionen hier:

https://josopon.wordpress.com/2015/09/02/mietmauler-und-sprachrohre-der-kriegstreiber-gehoren-in-keine-deutsche-redaktion/

und aktuell 2020:

https://josopon.wordpress.com/2020/01/08/mit-allen-mitteln-und-unterstutzung-aus-der-linkspartei-fur-das-grose-inferno-in-nahost/

Ein Lehrstück dazu auf den NachDenkSeiten: https://www.nachdenkseiten.de/?p=57576

Jochen

Von der Großmutter bis zum Enkel: epigenetische Übertragung von Gewalterfahrungen nachgewiesen !

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Ein bedenkenswertes Resultat, das erklären kann, warum vielen meiner Pat. noch die Angst der Großeltern vor Krieg und Vertreibung buchstäblich in den Knochen steckt:
https://idw-online.de/de/news686009

Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Thomas Elbert bestätigt epigenetische Übertragung von Gewalterfahrungen

Gewalterfahrung der Großmutter während der Schwangerschaft noch in der DNA der Enkelgeneration nachweisbar

DNA-Methylierung als zugrundeliegender molekularer Mechanismus
Ergebnisse im Wissenschaftsjournal Translational Psychiatry veröffentlicht

In den Kriegsjahren 1944 bis 1945 erlebten die Niederlande einen Hungerwinter. Untersuchungen ergaben, dass Kinder der Mütter, die während dieser Zeit schwanger waren, Tendenzen zu Übergewicht und Zivilisationskrankheiten aufwiesen. Die Kinder der Frauen, die während der Belagerung von Leningrad im Zweiten Weltkrieg schwanger waren, zeigten keine dieser Neigungen.
Der Unterschied: Im Gegensatz zur Sowjetunion entwickelte sich in Holland nach 1945 eine Wohlstandgesellschaft, in der es im Überfluss Nahrung gab. Die niederländischen Kinder waren jedoch auf eine ressourcenarme Hungerwelt programmiert.

Solche Codierungen ändern sich nicht innerhalb einer Generation. Tierexperimente belegen die Übertragung auf mehrere Generationen von Nachfahren. Auch bei den Menschen ist nach bisherigen Untersuchungen davon auszugehen, dass in der Enkelgeneration noch epigenetische Spuren in der DNA zu finden sind, die auf die Erlebnisse der Großmütter zurückgehen.
Der Konstanzer Klinische Psychologe Prof. Dr. Thomas Elbert und sein Team liefern nun eine weitere Bestätigung für die Hypothese. Das Wissenschaftsjournal Translational Psychiatry veröffentlichte dazu Ergebnisse einer Datenerhebung von Dr. Fernanda Serpeloni in einer Region des brasilianischen Bundesstaates Rio de Janeiro, wo häusliche Gewalt und Gewalt in der Gemeinde verbreitet sind. Fernanda Serpeloni ist Mitarbeiterin des Arbeitsbereichs Klinische Psychologie und Neuropsychologie von Thomas Elbert.
Die Studie konzentriert sich auf den Nachweis, dass massive Gewalterfahrung während der Schwangerschaft die Lesbarkeit der Gene auch noch bei den Enkelkindern beeinflusst.

Im Rahmen ihrer Dissertation entnahm Fernanda Serpeloni gemeinsam mit eigens geschulten Kolleginnen 386 Personen Speichelproben – Großmüttern, deren Töchtern und Enkelkindern. Die Großmütter und Töchter wurden zusätzlich nach ihren Gewalterfahrungen in der Partnerschaft und in der Gemeinde vor, während und nach der Schwangerschaft befragt.

Ein Fünftel der Großmütter berichtete von Gewalt durch den Partner während der Schwangerschaft, ein weiteres Fünftel hat Gewalt in der weiteren Familie und in der Gemeinde erfahren, sieben Prozent gaben an, während ihrer Schwangerschaft beiden Formen von Stress ausgesetzt gewesen zu sein.
Aufgrund der Speichelproben ließ sich an fünf Orten der DNA das Erbgut der Enkel vorhersagen – anhand der Gewalterfahrungen der Großmutter, während sie mit der Mutter der Enkel schwanger war. „Unsere Untersuchungen ergaben, dass insbesondere Gewalterfahrungen während der Schwangerschaft zu unterschiedlichen Methylierungen bei den Kindern führen. Das ist sowohl bei Gewalt durch den Partner als auch in der Gemeinde der Fall“, fasst Thomas Elbert zusammen.

Die sogenannte DNA-Methylierung beschreibt den biologischen Mechanismus, dass bestimmten DNA-Bausteinen eine Methylgruppe angehängt wird. Sie stellt eine Reaktion des Erbguts auf die Umwelt dar, durch die Gene an- beziehungsweise abgeschaltet werden.
Der Mechanismus funktioniert epigenetisch, da nicht die Gensequenz, sondern lediglich die Umsetzung der Erbinformation – ihre Lesbarkeit – verändert wird.

Die Studie bestätigt auch die Rolle der DNA-Methylierung bei der Übertragung von Stress zwischen den Generationen.
„Methylierungsmuster sollten eigentlich Anpassungen an die Umwelt erleichtern“, sagt Thomas Elbert. Es besteht die Möglichkeit, dass die Kinder mit dem veränderten DNS-Methylierungsmuster entweder ängstlicher werden, bis hin zur Depressionsneigung, oder dass sie nach außen aggressiv und wenig sensitiv anderen gegenüber werden. „Es steht mittlerweile außer Frage, dass pränataler Stress die Entwicklung des Nervensystems, die psychische Gesundheit und das Risiko für psychiatrische Störungen beeinflussen“, so Thomas Elbert.
Pränatale DNA-Methylierungsmuster könnten künftig als Biomarker eingesetzt werden.

Originalveröffentlichung:
Serpeloni, F., Radtke K., de Assis, S., Henning, F., Nätt, D., Elbert, T. (2017): Grandmaternal stress during pregnancy and DNA methylation of the third generation: an epigenome-wide association study. Tanslational Psychiatry, 7 :e1202.
http://dx.doi.org/10.1038/tp.2017.153

Faktenübersicht:
• Untersuchung zur epigenetischen Übertragung von Gewalterfahrungen in São Gonçalo, Brasilien, durch den Arbeitsbereich Klinische Psychologie und Neuropsychologie von Prof. Dr. Thomas Elbert
• Teilnahmen von insgesamt 386 Personen aus drei Generationen
• Unterstützt durch den ERC Advanced Grant MEMO TV (Memories of trauma and violence).

Kontakt:
Universität Konstanz
Kommunikation und Marketing
Telefon: + 49 7531 88-3603
E-Mail: kum
– uni.kn

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

Ein Christ und Pazifist verlässt nach 41 jahren die SPD – Rücktrittsschreiben von Prof.Dr.Dehler

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Die SPD verkommt immer mehr zu einem Haufen korrupter, verlogener Pöstchenjäger.
Gabriel, Müntefering, Clement, Schröder, Nahles, Riester, Ulla Schmidt, Lauterbach, Sarrazin

reih Dich ein in die Pöstchenjägereinheitsfront…

Hier macht sich einer gerade und reiht sich wieder aus:
http://osthessen-news.de/n11518717/dehler-austritt-fortw%C3%A4hrend-steigerndes-kriegstreiben-der-herrschenden-politik.html

Prof_DehlerAuszüge:

Zum Austritt von Prof. Dr. Joseph Dehler aus der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands dokumentiert OSTHESSEN|NEWS die Begründung seiner Entscheidung mittels eines Briefes an den SPD-Bundesvorsitzenden Gabriel. +++

„Fortwährend steigerndes Kriegstreiben der herrschenden Politik“

Parteiaustritt

Herr Gabriel,

nach über 40 Jahren Mitgliedschaft in der SPD fällt es mir ausgesprochen schwer, aus der Partei auszutreten.
Nicht zuletzt wegen meiner Hochachtung gegenüber all jenen Parteifreundinnen und -freunden, die sich an der Basis mit Erfolg redlich mühen, sozialdemokratische Ziele in eine menschen- und umweltfreundliche Politik zu gießen.
Genau diesen Entschluss zum sofortigen Parteiaustritt muss ich Ihnen heute jedoch leider mitteilen.

Nachdem der Deutsche Bundestag dem „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS“ mit den Stimmen der SPD im Einklang mit der „Großen Koalition“ zugestimmt hat, kann und möchte ich Ihrer (vormals ´unserer`) Partei nicht mehr angehören. Am meisten entsetzt mich, dass nur 28 von 193 Bundestagsabgeordneten der SPD eindeutig gegen die Teilnahme am Krieg in Syrien gestimmt haben. Dies alleine deutet darauf hin, dass die meisten Entscheidungsträger in der SPD alle schrecklichen Erfahrungen aus deutschen, kontraproduktiven Kriegsbeteiligungen der jüngsten Zeit zu ignorieren scheinen. Wenngleich ich unterstelle, dass eine nichtmanipulierte Mitgliederbefragung zu einem völlig anderen Ergebnis geführt hätte.

Seit den Septemberanschlägen in New York 2001 haben die USA und ihre Verbündeten versucht, den Terror militärisch zu bekämpfen. Jedoch, wie wir hautnah verfolgen können, ist der islamische Terror stärker als je zuvor.
Vielmehr hat die westliche Welt damit zur weiteren Destabilisierung und Radikalisierung beigetragen; ja viele Menschen erst recht in den terroristischen Extremismus getrieben.

Anstatt dazu beizutragen, der Gewalt in Syrien und anderswo eine Absage zu erteilen, tritt nun auch Deutschland in den syrischen Bomben-Krieg ein. – Und zwar ohne ein klares Kriegsziel sowie auf sehr wackliger rechtlicher Grundlage. Schon gar nicht verbunden mit einer politischen Strategie für die Zukunft Syriens.
Dort starben in den vergangenen Jahren bereits 250.000 Menschen. Etwa 12 Mio. Menschen befinden sich inner- und außerhalb Syriens auf der Flucht.

Besser wird es auch nicht, wenn sich in diesem Zusammenhang und anderen kriegerischen Verflechtungen führende PolitikerInnen weigern, den Begriff „Krieg“ als offizielle Sprachreglung zuzulassen und damit den brutalen Krieg sogar verschleiern helfen. Krieg ist Krieg, auch wenn er als „Bundeswehreinsatz“ „bewaffneter Einsatz“, „militärische Intervention“, „Terrorismusbekämpfung“ oder gar als „robuster Stabilisierungseinsatz“ bezeichnet wird.

Solidarität mit Frankreich ist nach den furchtbaren Anschlägen von Paris wichtig, auch wenn die Attentäter belgische und französische, also europäische Bürger waren, und sich vermutlich als junge Muslime ausgegrenzt fühlten.
Im Umkehrschluss heißt dies, dass Terrorismus nur zu bekämpfen ist, wenn ihm der destabilisierende soziale Nährboden entzogen wird. Schon alleine deshalb ist der o.g. Beschluss ein falsches Zeichen der Solidarität mit Frankreich.

Hier genau fehlen mir seitens der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands sowohl die Analyse als auch zukunftsweisende Vorschläge. Dass in Wien kürzlich über politische Lösungen für Syrien gesprochen wurde, ist zu begrüßen. Noch aber ist keine politische Strategie erkennbar, wie dort ein Waffenstillstand mit Blick auf den Wiederaufbau des Landes erreicht werden kann. Schon insofern erscheint eine Kriegsbeteiligung Deutschlands als vollkommen überstürzt.

Es braucht keinerlei hellseherischen Fähigkeiten, um anzunehmen, dass die militärische Einmischung Deutschlands wie die kriegerischen Handlungen anderer Nationen in und um Syrien herum den Terrorismus nicht stoppen werden, sondern ein weiterer Nährboden für Terroristen sein wird. – Mit allen schrecklichen Folgen für Leib und Leben von Zivilisten wie für Soldaten. In der syrischen Region und in ganz Europa.
Das militärische Eingreifen Deutschlands wird damit zu einer weiteren Eskalation und Destabilisierung der Region führen und damit auch weitere Terroranschläge in Deutschland provozieren.

Der Westen sollte eher alles daran setzen, seine Verbündeten für eine Verhandlungslösung zu motivieren.
Der Beschluss des Deutschen Bundestages kann jedoch nicht als Signal in diese Richtung gehend verstanden werden.

Es bleibt auch unverständlich, weshalb nahezu keine Anstrengungen unternommen werden, dem IS die materiellen Wurzeln zu entziehen, indem
• der Ölschmuggel ausgetrocknet und damit Finanzströme gekappt werden,
• neue Waffenlieferungen an menschenverachtende Staaten wie Saudi Arabien unterbunden werden
• sowie der Nachschub an IS-Kämpfern gestoppt wird.

Ein Skandal ist es, dass beim 3. Mrd.-Euro Gipfel offensichtlich keine dahingehenden Bedingungen an die Türkei geknüpft worden sind, denn die entscheidenden Transfers werden ja bekanntlich über die syrisch-türkische Grenze vollzogen.

Die Folgen, das zeitliche Ausmaß und die Kosten für den beschlossenen Kriegseinsatz der Bundeswehr sind überdies nicht absehbar und werden unsere Kinder und Enkelkinder in jeder Hinsicht noch lange belasten.
Meine Sorge ist, dass mit dem Beschluss des Bundestages die Militarisierung der EU vorangetrieben und die Gefahr eines internationalen Krieges heranwächst.

In diesem Zusammenhang darf ich Sie auf den § 80 des Strafgesetzbuches, „Vorbereitung eines Angriffskrieges“, hinweisen. Dort heißt es:
„Wer einen Angriffskrieg (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.“

Das gilt aus meiner Sicht auch für Parteivorsitzende, Minister und Abgeordnete.

Herr Gabriel, als ein christlich und sozialdemokratisch geprägter Mensch möchte ich nicht weiter mit dem sich fortwährend steigernden Kriegstreiben der herrschenden Politik unter Beteiligung der deutschen Sozialdemokraten in Verbindung gebracht werden.
Ich bitte Sie daher, meinen Austritt aus der SPD entgegenzunehmen und zu bestätigen.

Joseph Dehler

P.S. Damit in der Öffentlichkeit keinerlei Irritationen über die Gründe meines Parteiaustritts entstehen, informiere ich gleichzeitig die Presse“.

Mein Kommentar: Mir wird immer deutlicher, dass dieser so verwunderlich schnelle Kriegseintritt über mindestens 18 Monate lang medienpolitisch und organisatorisch vorbereitet wurde und man die staatsbekannten islamistischen Wirrköpfe in Frankreich hat gewähren lassen, um einen Grund zur „staatstragenden Empörung“ zu haben. Diese vermutung wird durch Analyse der entsprechenden Pressekampagnen gestützt, z.B. die „Querfront“-Kampagne, hierzu vgl.Katrin McClean: http://www.nachdenkseiten.de/?p=28643.

Jochen

Dabeisein ist alles: Deutschland will Krieg führen, auch ohne Mandat der UNO

Ein aktueller, passender Kommentar aus der jungen Welt:

http://www.jungewelt.de/2015/11-27/002.php

Auszüge:

Luftwaffe und Bundesmarine nehmen Syrien ins Visier

Von Sebastian Carlens

Wird auf der Welt scharf geschossen, gilt in Deutschland das olympische Motto: Dabeisein ist alles. Auch im kriegszerrütteten Syrien mag sich die BRD nicht mehr aus dem direkten Kampfgeschehen heraushalten: Formal als »Unterstützung Frankreichs« deklariert, soll die Bundeswehr mit Tornado-Kampfflugzeugen den Krieg »gegen den Terror vorantreiben«, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Henning Otte (CDU), am Donnerstag. Auch die Bundesmarine soll beteiligt werden: Nach einem Bericht von Spiegel online soll eine Fregatte den französischen Flugzeugträger »Charles de Gaulle« absichern, der als Plattform für Luftangriffe dient. Auch Satellitenaufklärung und der Einsatz von Tankflugzeugen sei zugesagt worden.

Der Marschbefehl sei von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den zuständigen Ministern am Mittag bei einem Treffen in Berlin beschlossen worden, berichtete die Nachrichtenagentur dpa am Donnerstag. In Berlin beriet die Koalition am Donnerstag nachmittag und abend über den Kriegseinsatz in Syrien. Am Abend waren Sondersitzungen der Koalitionsfraktionen von Union und SPD zum Thema angesetzt.

Merkel hatte Frankreich bereits am Mittwoch bei einem Treffen mit Staatschef François Hollande in Paris auch militärischen Beistand versprochen. Deutschland wolle »an der Seite Frankreichs stehen« und »alles tun, damit sich solche Ereignisse wie die Anschläge vom 13. November in Paris nicht wiederholen.« Frankreich führt derzeit gemeinsam mit den USA Luftangriffe in Syrien aus, um die Miliz des »Islamischen Staates« (IS) zu treffen. Der IS hatte sich zu den drei Attentaten mit über hundert Toten in Paris bekannt.

 Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte zudem am Mittwoch angekündigt, deutlich mehr deutsche Soldaten nach Mali und in den Irak zu schicken. Nach Angaben der Ministerin dient dies ebenfalls dem Kampf gegen die IS-Milizen und der Entlastung Frankreichs.

Die von Otte und Merkel gewählten Formulierungen schließen weitergehende Einsätze, von Luftangriffen bis zur Stationierung von Bodentruppen, nicht aus. Auch ohne ein UN-Mandat, das der Zustimmung der Vetomächte China und Russland bedarf, sei ein Einsatz über Syrien möglich, sagte SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold. Zwar müssten völkerrechtliche Fragen geklärt werden, doch er halte dies für machbar, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion am Donnerstag im Saarländischen Rundfunk. »Ein UN-Mandat wäre besser, aber es gibt ja aus der letzten Woche eine Resolution der Vereinten Nationen und die Selbstverpflichtung der Europäer, den Partnern beizustehen. Beides zusammen ist tragfähig«, sagte Arnold. Er betonte, auch der Einsatz von Bundeswehr-Tornados zur Luftaufklärung wäre »ein Beitrag zum aktiven Kampf, da brauchen wir nicht herumreden«.

Einzig die Linke sprach sich gegen ein Engagement der Bundeswehr unter allen Umständen aus. Dieses »ist derzeit völkerrechtlich ausgeschlossen und wäre diplomatisch katastrophal«, so Wolfgang Gehrcke, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion Die Linke. Seine Partei lehne »ein solches Vorgehen strikt ab«, »auch dann, wenn die völkerrechtlichen Bedenken ausgeräumt werden könnten, was derzeit nicht der Fall ist«.

Gehrcke verwies auf die katastrophalen Erfahrungen aus 13 Jahren Krieg in Afghanistan. Dass die Bundesregierung daraus Lehren zieht, ist unwahrscheinlich. Noch niemals zuvor seit Ende der Systemkonfrontation war die BRD so nah dran am heißen Krieg der Großmächte.

Aktuell: Auch der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin kritisiert die Bundesregierung: „Es liegt bisher keine überzeugende Rechtsgrundlage vor, und es fehlt ein tragfähiges politisches Konzept für die Befriedung Syriens“, sagte er dem SPIEGEL.

Seit Pariser Terroranschlag gezielte Pressehetze: Krieg als Generationenaufgabe

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Der 2. Artikel, eine Übersicht, im Original hier:
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59253
Schock-Strategie_Naomi_KleinGetreu den von Naomi Klein als Schock-Strategie beschriebenen Methoden, aus Zerstörung Kapital zu schlagen !
Auszüge:

Führende deutsche Medien sprechen nach den Pariser Terroranschlägen vom vergangenen Freitag von einem neuen Weltkrieg. „Dem ganzen Planeten“ werde gegenwärtig „ein dritter Weltkrieg“ aufgezwungen, heißt es exemplarisch in einer bekannten Tageszeitung. Das Blatt mahnt, der Krieg gegen den IS werde noch „nicht mit der Intensität geführt, die in einem Weltkrieg nötig wäre“.

Andere Blätter fordern ein entschlossenes Vorgehen ohne „Halbherzigkeit“ oder gar „Selbstvorwürfe“: Dass nach 14 Jahren „Anti-Terror-Krieg“ der Terror stärker sei als je zuvor und die arabisch-islamische Welt sich in einer katastrophalen Lage befinde, liege nicht an verfehlter Politik des Westens, sondern daran, dass „im muslimischen Krisengürtel von Pakistan bis Marokko“ ohne Schuld des Westens „Zerfalls- und Entzivilisierungsprozesse“ eingesetzt und zu einem „zivilisatorischen Zusammenbruch“ geführt hätten.

Ergänzend zu einer Fortsetzung oder sogar Ausweitung der militärischen Interventionspolitik fordern verschiedene Medien eine beträchtliche Ausweitung der inneren Repression; so solle bei „Terrorgefahr“ künftig die Bundeswehr den Schutz als gefährdet geltender Straßen übernehmen. Aus der umfassenden Formierung der öffentlichen Meinung und der Vorbereitung auf einen „Weltkrieg“ schert unter den großen überregionalen Medien der Bundesrepublik lediglich eine bekannte Wirtschaftszeitung aus. *) Deren Geschäftsführer Gabor Steingart warnt, mit militärischer Eskalation schaffe man „keinen Frieden“, sondern „züchtet Selbstmordattentäter“. Man müsse endlich nach Alternativen suchen.

„Ein dritter Weltkrieg“

Führende deutsche Medien sprechen nach den Pariser Terroranschlägen vom vergangenen Freitag von einem neuen Weltkrieg. Der Westen befinde sich „im Weltkrieg“ gegen den „Islamischen Staat“ (IS), schreibt ein Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, eines der einflussreichsten Blätter der Bundesrepublik.[1]
„Dem Westen, ja dem ganzen Planeten“ werde gegenwärtig „ein dritter Weltkrieg“ aufgezwungen, heißt es im Tagesspiegel, der vor allem in der deutschen Hauptstadt gelesen wird. Wie der Tagesspiegel erklärt, nehme der „dritte Weltkrieg“ sogar „eine Dimension an …, die noch über den globalen Charakter konventioneller Kriege hinausreicht“.[2]
Mehrere Regional- und Boulevardmedien nehmen den Begriff mittlerweile auf.[3] Er wird in appellativer Absicht verwendet: „Der Kampf gegen den ‚Islamischen Staat‘, gegen die Taliban und Boko Haram wird nicht mit der Intensität geführt, die in einem Weltkrieg nötig wäre“, heißt es.[4]

„Entzivilisierungsprozesse“

Die Ursache dafür, dass mehr als 14 Jahre nach der Ausrufung des sogenannten Anti-Terror-Kriegs durch den Westen der jihadistische Terror stärker ist denn je, liegt nach Auffassung einflussreicher Kommentatoren nicht in der gescheiterten westlichen Aggressionspolitik, sondern in inneren Entwicklungen der arabisch-islamischen Welt. Demnach hätten dort nicht näher erläuterte „Zerfalls- und Entzivilisierungsprozesse“ eingesetzt, heißt es etwa in der Frankfurter Allgemeinen.[5]
Die einst als liberal eingestufte Süddeutsche Zeitung sieht „die Ursachen für Terror“ gleichfalls in einem „zivilisatorischen Zusammenbruch“ im „muslimischen Krisengürtel von Pakistan bis Marokko“, dem „Europa“ übrigens auch „die gewaltige Fluchtbewegung“ verdanke. In dem „Krisengürtel“ herrsche „kein Recht und kein Staat mehr“, „die Willkür“ habe dort „organisatorische Macht gewonnen“: „Syrien und Co. sind Großexporteure des Unfriedens.“[6]
Dass der totale Zusammenbruch Afghanistans, des Irak, Libyens, Syriens und des Jemen jeweils militärischen Interventionen folgte, mit denen der Westen und die mit ihm verbündeten arabischen Golfdiktaturen einen Regime Change herbeiführen wollten, wird in den Leitkommentaren ebenso heruntergespielt oder gänzlich verschwiegen wie die taktisch motivierte Unterstützung des Westens und seiner arabischen Verbündeten für Jihadisten insbesondere in Afghanistan, Libyen und Syrien, die deren Erstarken erst ermöglichte (german-foreign-policy.com berichtete [7]).

„Keine Halbherzigkeit!“

Die Relativierung westlicher Schuld an der Zerstörung einer wachsenden Zahl islamischer Staaten wird dabei mit der Forderung verbunden, die westliche Aggressionspolitik weiterzuführen und sie sogar noch zu verstärken. Der Krieg gegen den Jihadismus sei „eine Generationenaufgabe und nicht in wenigen Jahren zu erledigen“, heißt es etwa: Man dürfe „nicht mit Selbstvorwürfen, mit Rückzug“ oder mit „Halbherzigkeit“ auf das bisherige Scheitern reagieren.[8]
Ein Kommentator erklärt, es sei „bekannt“, woran der Kampf gegen den Terror „scheitert: vor allem an Halbherzigkeit. Dem Westen fehlt es an Geschlossenheit und Ausdauer.“ Abgesehen davon müsse man sich stärker als bisher auf einheimische Verbündete stützen. Es habe sich gezeigt, „dass den Gesellschaften der islamischen Welt Stabilität alleine von außen nicht aufzuzwingen ist“, heißt es; in Zukunft müssten deshalb „die lokalen Volksgruppen die Befreiung von der Unterdrückung anführen“.[9]
Exemplarisch genannt werden nicht näher definierte „Moderate“ und „die Kurden“ in Syrien und im Irak.

„Ein hartes Gesicht“

nein zur nato ddr1957

Die Forderung nach einer Weiterführung der westlichen Aggressionspolitik in der islamischen Welt geht in konservativen wie in liberalen Medien mit der Forderung nach einer massiven Verschärfung der inneren Repression einher. Die europäischen Staaten müssten sich „mit Polizei und Geheimdiensten …, mit Überwachung und Prävention“ verteidigen, heißt es etwa.[10]
„Polizei und Nachrichtendienste“ sollten „in Deutschland und Europa weiter aufgerüstet und noch stärker vernetzt werden“; helfen könne „eine gemeinsame Antiterrorzentrale der EU, mit Polizei und Nachrichtendiensten in einem Komplex“. „Die für die Bundespolizei vorgesehenen, schwer bewaffneten und schnell zu verlegenden Einheiten“ würden „womöglich schneller gebraucht“ als gedacht. Auch sei „das Militär stärker in den Schutz der inneren Sicherheit“ einzubeziehen: „Bei größerer Terrorgefahr … sollte die Bundeswehr sofort verfügbar sein“ und zumindest für den „Schutz gefährdeter Gebäude und Straßenzüge“ genutzt werden. Auch gelte es „unbedingt“, das Internet stärker zu überwachen.[11]
Es werde zu „Einschränkungen der Freiheiten“ kommen, „die es zu verteidigen gilt“, äußert ein Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Die Deutschen“ hätten „nichts gegen ein freundliches Gesicht an der Spitze ihrer Regierung“; jetzt aber „wollen und müssen sie ein anderes sehen: ein hartes“.[12]

Alternativen zum Krieg

Die innere Formierung der öffentlichen Meinung und die publizistische Einstimmung auf einen „Weltkrieg“ wird im Spektrum der großen überregionalen Medien in der Bundesrepublik zur Zeit nur von einer bekannten Wirtschaftszeitung durchbrochen. Gabor Steingart, Geschäftsführer beim Handelsblatt, mahnt: „Für das feindliche Klima zwischen den Kulturkreisen trägt der Westen eine Mitschuld.“ „Von den 1,3 Millionen Menschenleben, die das Kriegsgeschehen von Afghanistan bis Syrien mittlerweile gekostet hat, bringt es allein der unter falschen Prämissen und damit völkerrechtswidrig geführte Irak-Feldzug auf 800.000 Tote“, konstatiert Steingart: „Die Mehrzahl der Opfer waren friedliebende Muslime, keine Terroristen.“
„Der Automatismus von Härte und Gnadenlosigkeit, das vorsätzliche Nicht-Verstehen des anderen, die feurigen Reden an das jeweils heimische Publikum, die schnell in Marsch gesetzten Bombergeschwader“ hätten „uns … dahin gebracht, wo wir heute stehen“: „So beendet man den Terror nicht, sondern facht ihn weiter an. So schafft man keinen Frieden, so züchtet man Selbstmordattentäter.“ Anstatt auf „Kampf oder Kapitulation“ zu setzen, müsse man künftig „Ordnung, Respekt und Moderation“ fördern: „Es gibt Alternativen zur militärischen Eskalation“.[13]
Steingart steht mit dieser Mahnung unter den führenden Köpfen der deutschen Leitmedien allein. *)

Mehr zum Thema: Die syrische Spur.

[1] Berthold Kohler: Im Weltkrieg. www.faz.net 15.11.2015.
[2] Frank Jansen: Ein dritter Weltkrieg wird uns aufgezwungen. www.tagesspiegel.de 14.11.2015.
[3] Jörg-Helge Wagner: Es ist ein neuer Weltkrieg. www.weser-kurier.de 15.11.2015. Sophie Albers Ben Chamo: „Wir befinden uns mitten im Dritten Weltkrieg“. www.stern.de 16.11.2015.
[4] Frank Jansen: Ein dritter Weltkrieg wird uns aufgezwungen. www.tagesspiegel.de 14.11.2015.
[5] Klaus-Dieter Frankenberger: Der neue Krieg. Frankfurter Allgemeine Zeitung 16.11.2015.
[6] Stefan Kornelius: Exporteure des Todes. www.sueddeutsche.de 14.11.2015.
[7] S. dazu Vom Westen befreit, Vom Westen befreit (II), Vom Westen befreit (III) und In Flammen.
[8] Klaus-Dieter Frankenberger: Der neue Krieg. Frankfurter Allgemeine Zeitung 16.11.2015.
[9] Stefan Kornelius: Exporteure des Todes. www.sueddeutsche.de 14.11.2015.
[10] Stefan Kornelius: An die Wurzeln. www.sueddeutsche.de 15.11.2015.
[11] Frank Jansen: Ein dritter Weltkrieg wird uns aufgezwungen. www.tagesspiegel.de 14.11.2015.
[12] Berthold Kohler: Im Weltkrieg. www.faz.net 15.11.2015.
[13] Gabor Steingart: Handelsblatt Morning Briefing 16.11.2015.

*) Mittlerweile hat sich Bernd Ulrich von der Zeit dazu gesellt:
http://www.zeit.de/2015/47/muslime-islam-westen-umgang/komplettansicht

Jochen

Das Ende der Arroganz: Die „Realpolitik“ des Westens ist gescheitert

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Es folgen nun in den nächsten Tagen einige längere Beiträge zur aktuellen Vorbereitung eines völkerrechtswidrigen*) Angriffskrieges durch die Bundesregierung gegen das Land Syrien.
Ich möchte die Sachkundigen unter Euch auch dazu auffordern, darüber nachzudenken, ob das eine Strafanzeige gegen die Verantwortlichen Merkel, v.d.Leyen und Steinmeier sowie eine Anzeige beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag nach sich ziehen sollte.
Hier zunächst ein nachdenklicher, grundsätzlicher Artikel aus der „Zeit„, der für den Autor eine bisher ungewohnte Nachdenklichkeit ankündigt – bis auf den obligatorischen Tritt nach Putin am Ende des Artikels. So ein Kotau wirkt wie in der DDR das Marx-Zitat zur Überwindung der Zensur.
Dort auch lesenswerte Kommentare:
http://www.zeit.de/2015/47/muslime-islam-westen-umgang/komplettansicht
Auszüge:

Kolonialismus, Interventionen, Krieg gegen den Terror: Die „Realpolitik“ des Westens ist gescheitert. Wir müssen unser Verhältnis zu den Muslimen grundlegend ändern.

Von Bernd Ulrich
Der Westen ist traurig und verzweifelt über die Toten von Paris und zeigt es auch. Das ehrt ihn, das ehrt uns.
Der Westen ist auch traurig und verzweifelt darüber, dass er nicht weiß, was er nun tun soll. Das zeigt er nicht, sondern versteckt sich hinter martialischen Gesten.
Das ehrt ihn nicht, und es ist gefährlich.

Aus Angst Krieg?

Die Rede ist von Krieg. Aber führen Europäer und Amerikaner nicht schon seit vierzehn Jahren ununterbrochen Krieg im Mittleren Osten?
Hat die französische Luftwaffe nicht auch vor dem 13. November schon Bomben geworfen?

Nun soll es ein neues Bündnis mit Russland gegen den IS geben. Aber kämpfen die Russen nicht bereits in Syrien? Und wenn sie bisher nicht gegen den IS, sondern ausschließlich für Assad kämpfen, warum sollten sie das nun ändern?

Der französische Präsident will fortan „gnadenlos“ die Terroristen jagen, man kann das verstehen, er ist wütend, und er meint jetzt, Härte zeigen zu müssen. Aber hat Frankreich, hat der Westen irgendwann zu viel Gnade walten lassen in Nordafrika? Sind die Invasionen in Afghanistan und im Irak oder die Intervention in Libyen im Chaos geendet, weil der Westen zu rücksichtsvoll war?

Anders als der Westen hat der IS einen Plan: Er will Europäer, Amerikaner und neuerdings auch Russen zu möglichst massiven Gegenschlägen provozieren, sie alle so tief wie es irgend geht hineinziehen ins Chaos; der IS giert danach, aus der Luft attackiert zu werden, weil er um die Kollateralschäden weiß, die dann entstehen. Und er weiß, dass jeder Kollateralschaden sein Kollateralnutzen ist. Bomben töten Terroristen – und schaffen neue.
In dieser Woche berichtete der Guardian, dass amerikanische Drohnen in Pakistan oft mehr als zwanzig Mal so viele Menschen töten wie beabsichtigt.

Wenn aber der IS Luftschläge will, wieso sollen dann Luftschläge gegen den IS helfen?

Kurz nach den Attentaten von Paris saß der Westen beim G-20-Gipfel in Antalya zusammen mit dem islamistischen Regime aus Saudi-Arabien, um gemeinsam mit ihm den islamistischen Terror zu bekämpfen. Man kann so etwas Verqueres natürlich versuchen, Islamisten mit Islamisten zu bekämpfen. Allerdings, man probiert es jetzt schon seit Jahrzehnten. Herausgekommen ist erst Al-Kaida, mit dem Saudi Osama bin Laden an der Spitze. Und dann der aus saudischen Quellen mitgenährte „Islamische Staat“.
Die Brookings Institution hat in diesem Jahr die Zahl der twitternden Unterstützer des IS gezählt. Ergebnis: Die mit sehr weitem Abstand meisten Anhänger des IS kommen aus: Saudi-Arabien.

Wie oft will man noch probieren, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben?

Vierzehn Jahre Krieg gegen den Terror – und was ist herausgekommen? Mehr Krieg, mehr Chaos, mehr Terror.
Wo vorher Al-Kaida war, ist nun der noch mächtigere und brutalere IS. Wo vorher Staaten Terroristen beherbergten, zerstören Terroristen nun Staaten.
Außerdem gibt es jetzt etwas, das es vor Beginn dieses gloriosen Kampfes gegen den Terror so nicht gegeben hat: Abermillionen Flüchtlinge, die nach Europa wollen.

Und nun alles noch einmal? Wie von Sinnen versucht der Westen erneut, mit dem Vorschlaghammer ein Ei zu pellen.

Wäre es nicht vielmehr an der Zeit, die westliche Strategie im Mittleren Osten, ja unser ganzes Verhalten gegenüber der islamischen Welt einmal gründlich auf den Prüfstand zu stellen?
Und sich die tief beunruhigende Frage zu stellen, warum so viele Muslime sich vom Westen verletzt und gedemütigt fühlen und warum es für den Terrorismus infolgedessen ein offenbar unerschöpfliches Reservoir an Menschen gibt?

Ist eine westliche Realpolitik auch nur Ideologie?

Man sollte sich nämlich keinen Illusionen hingeben. Selbst wenn es gelingen sollte, die Lage in Syrien etwas zu beruhigen und den IS ein wenig zurückzudrängen – noch hat die arabisch-islamische Welt den Höhepunkt ihrer destruktiven Entwicklung nicht erreicht.
Algerien beispielsweise, das heute vom greisen Abdelaziz Bouteflika regiert wird, könnte jederzeit ins Chaos stürzen, wenn der Diktator stirbt.
Auch Saudi-Arabien ist alles andere als stabil, nicht nur, weil der Ölpreis im Keller ist. Der kostspielige Krieg, den die islamistische Diktatur im Jemen führt, hat in Riad schon jetzt schwere Machtkämpfe zur Folge. Wie lange hält dieses Regime noch? Zwei Jahre? Fünf?

Es kann also noch viel schlimmer kommen.

Ob es so kommt oder ob eine Wende in dieser Region möglich ist, hängt gewiss nicht allein von Amerikanern und Europäern ab. Jedoch tragen sie viel dazu bei, so oder so. Darum lohnt es sich, eine ehrliche Bilanz der westlichen Politik im Mittleren Osten zu ziehen. Und zu überlegen, wie ein ganz neuer Ansatz im Verhältnis zu den Muslimen aussehen könnte. Beginnen wir mit der Kritik.

„Too big to learn“ – Realpolitik als Ideologie

So fest stecken Amerikaner und Europäer in der Ideologie einer vermeintlichen „Realpolitik“, dass sie die Realität oft nicht mehr sehen. Generationen von Politikern und Journalisten wurden durch diese Denkschule geprägt; wird sie nun nicht überwunden, droht der Kampf gegen den Terror ebenso zu misslingen wie die viel beschworene Bekämpfung der Fluchtursachen.

Ist Realpolitik eine Ideologie? Es gibt natürlich echte, gute Realpolitik, die vom Ende her denkt, die zwar an den eigenen Werten orientiert ist, sich davon aber nicht wegtragen lässt, die genau hinschaut, die sorgsam ihre Mittel wägt, die das Gutgemeinte nicht schon für das Gutgemachte hält. Eine solche Realpolitik kam jedoch im Mittleren Osten so gut wie nie zur Anwendung. Stattdessen mutierte die „Realpolitik“ des Westens dort zu einer gefährlichen Ideologie.

Wichtigstes Kennzeichen einer Ideologie ist nach der Definition von Karl Popper, dass sie nicht falsifizierbar, also nicht widerlegbar ist.
Tatsächlich arbeitet die westliche „Realpolitik“ im Mittleren Osten mit Hypothesen und Methoden, die bei ihrer Anwendung auf die Araber und Perser niemals widerlegt werden konnten. Dafür waren die Kräfteverhältnisse immer zu ungleich. Fehler von Briten, Franzosen oder Amerikanern wurden nie wirklich bestraft, vielmehr konnten sie stets durch neue, noch größere Fehler, durch Ins-gegenteilige-Extrem-Umschlagen, durch noch imposantere Interventionen zum Verschwinden gebracht werden.

Beispiel Afghanistan: Mitte der achtziger Jahre haben die Amerikaner dort die sogenannten Mudschahedin aufgerüstet, auf dass sie gegen die sowjetische Besatzung kämpften. Dann, nach dem Untergang des Sowjetreiches, überließ man sie ihrem Schicksal. Die schwer bewaffneten Mudschahedin errichteten daraufhin eine Gangster-Herrschaft ohne jede politische oder religiöse Legitimation.
So lange, bis die Taliban große Teile Afghanistans eroberten und schließlich Al-Kaida die Chance gaben, von dort aus die Angriffe auf das World Trade Center vorzubereiten, weswegen der Westen mit einem gigantischen Militärbündnis einmarschierte.
Westliche Soldaten stehen heute noch da – aber die Taliban sind wieder auf dem Vormarsch. Lerneffekt: null.

Beispiel Irak: Anfang der achtziger Jahre rüsteten die Amerikaner Saddam Hussein auf, damit er gegen den Iran Krieg führen konnte, wo die bärtigen Ajatollahs die Macht übernommen hatten. Den Krieg hat er dann weder gewonnen noch verloren, aber er kostete ungeheuer viel Geld, weswegen er sich das kleine, ölreiche Kuwait einverleibte, woraufhin die USA in ihren ersten Irakkrieg zogen, Saddam aus Kuwait hinauswarfen, ihn aber an der Macht ließen. Später, im Jahre 2003, marschierten sie – aus Gründen, über die noch zu sprechen sein wird – erneut und mit noch größerer Militärmacht ein, um ihren in Ungnade gefallenen Verbündeten zu stürzen.

Fehler werden also nicht korrigiert, sie werden ins Quadrat gesetzt. Westliche „Realpolitik“ im Mittleren Osten funktioniert nach dem Motto: Warum falsifizieren, wo man auch eskalieren kann.

Nur die Geste zählt – Realitätsverlust der „Realpolitik“

Weil die „Realpolitik“ des Westens über so immense Mittel verfügt, muss sie sich um die Realität nicht wirklich kümmern, sie kann sie ja jederzeit auch zusammenschießen, wegputschen, aufkaufen oder ihr einfach den Rücken kehren. Das ist aber nur ein Grund für den häufigen Realitätsverlust der „Realpolitik“.
Der andere liegt in der wirkungsvollsten Pose. Denn in Wahrheit fühlt sie sich nicht da besonders stark, wo sie akribisch und geduldig die Gegebenheiten eines Landes und ihrer Menschen studiert hat, um hernach etwas zu tun, was zwar den westlichen Werten und Prinzipien ein klein wenig widerspricht, aber der Sache und den eigenen Interessen dient.

Ein mörderisches Pilotspiel des Westens

Oft ist es umgekehrt: Nicht die Nähe zur Realität gibt der „Realpolitik“ ihre Gewissheit, sondern die Entfernung von den eigenen Werten und Regeln. Je weiter weg von den Idealen, so der Fehlschluss, desto näher am Realen. Das wiederum liegt am männlichen Gestus der „Realpolitik“, die, wenn es ernst wird, immer signalisiert: Pfaffen und Weiber bitte mal weggucken, jetzt kommen die wirklich harten Jungs und regeln die Sache.
Das ist magisches Denken. Natürlich regeln sie meistens nichts.

Hier liegt eine wichtige Weisheit: Wer sich von den eigenen Werten allzu weit entfernt – und zugleich an den Belangen der betroffenen Araber und Perser chronisch desinteressiert ist –, der verliert den Sinn für Wirklichkeit und Verhältnismäßigkeit.
Was eigentlich nicht verwundern sollte, weil unsere Werte und Ideale schließlich nicht auf einem Kindergeburtstag ersonnen wurden, sondern das Produkt jahrhundertelangen Kämpfens, Nachdenkens, Probierens und Verwerfens sind, sie stellen die Lehre dar, die wir aus Millionen Litern sinnlos vergossenen Blutes destilliert haben.

Wie viele Tote für wie viel Öl? – Die „Realpolitik“ als Pilotspiel**)

Fehlende Verhältnismäßigkeit sowie die Gewohnheit, Fehler unter noch größeren Fehlern zu begraben, haben aus der „Realpolitik“ im Mittleren Osten ein Pilotspiel gemacht. Nehmen wir hier nur einige Stränge heraus, die verdeutlichen, wie dieses Spiel funktioniert und wieso es in seine Schlussphase eingetreten ist.

Von Afghanistan war schon die Rede, wo in einer für das Agieren des Westens typischen Mischung aus Interventionismus und Gleichgültigkeit ein immer größerer Mitteleinsatz nötig wurde, um die Fehler aus der je letzten Runde zu beseitigen. Auch der Irak stellt, wie gesehen, ein solches Beispiel dar.

Besonders eklatant ist jedoch, was der Westen im Iran angerichtet hat. Im August 1953 wurde die demokratisch gesonnene Regierung unter dem Premier Mossadegh vom amerikanischen und britischen Geheimdienst gestürzt. Der Grund: Er wollte für die Iraner einen höheren Anteil am Gewinn aus den Ölfeldern erzielen.
Im Interesse westlicher Ölkonzerne wurde daraufhin Mohammed Reza Pahlevi an die Macht geputscht. Der wurde Schah genannt, war aber einfach ein säkularer Diktator, der die religiösen Gefühle seiner Landsleute buchstäblich mit Füßen trat und eine Verwestlichung des Irans durchsetzte – minus Demokratie und Menschenrechte, plus Folter und allmächtigem Geheimdienst.

1979 endete seine aggressiv-säkularistische Herrschaft folgerichtig mit einer islamistischen Revolution, angeführt von Ajatollah Chomeini.
Um dessen Einfluss wiederum einzudämmen, unterstützten die USA den Krieg von Saddam Hussein gegen den Iran. In diesem grauenvollen Stellungskrieg fielen auf seiten des Irans bis zu 800.000 Männer und Jungen. Ein ungeheurer Blutzoll, der die Mullahs stabilisierte und den Iran zu einem Todfeind der USA machte.
Als dann die USA zweimal in den Irak einmarschierten, um ihren ehemaligen Kameraden Saddam erst unter Kontrolle zu bringen und später zu stürzen, stärkte das wiederum den Iran, diesen Feind des Westens.
Infolgedessen fühlte sich das ebenfalls islamistische, aber sunnitische Saudi-Arabien herausgefordert dagegenzuhalten. Die Kooperation der Islamisten von Riad mit dem Westen wurde und wird vom dortigen Regime in einer Art Ablasshandel durch den massiven Export islamistischer Ideologie in die ganze Region kompensiert.
So wurde der religiöse Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten durch den Westen scharfgemacht, mit Waffen und Geld aufgeladen, um sich dann in die ganze Region auszubreiten. Der IS ist dabei nur eine von vielen indirekten Nebenwirkungen dieses westlichen Gebarens.

Das Grundmuster des mörderischen Pilotspiels wird am Beispiel Iran besonders deutlich: Was mit dem banalen Profitinteresse westlicher Ölkonzerne und einer Geheimdienstaktion begann, eskalierte zu einem verheerenden Krieg mit fast einer Million Toten, gebar sodann zwei weitere Kriege mit direkter Beteiligung des Westens und ist mit der beginnenden Destabilisierung Saudi-Arabiens und der Ausbreitung des IS womöglich noch nicht einmal an seiner Klimax angekommen.

Wenn man die anderen Stränge des Pilotspiels „Realpolitik“ dazunimmt, also die afghanische Eskalation, die syrische, die libysche und so weiter, wenn man sich vorstellt, wie all diese Konflikte sich gegenseitig durchdringen und befeuern, dann wird schließlich klar, an welcher Stelle wir uns befinden: da, wo auch der mächtige, reiche Westen den Mitteleinsatz nicht weiter erhöhen kann. Das Pilotspiel ist in seine letzte Phase eingetreten.

Die Schuld der USA und das Versagen der „checks and balances“

Viele fragen sich im Angesicht der Millionen Flüchtlinge aus Arabien und des dort um sich greifenden Chaos, warum sich die Amerikaner, die ja die westliche Politik im Mittleren Osten zuletzt dominiert haben, für ihr Versagen nicht schämen, warum sie nicht darum bitten, durch die Aufnahme der ein oder anderen Flüchtlingsmillion ein wenig Wiedergutmachung zu üben.

Wenn aus der „Realpolitik“ Kolonialismus wird

Der Grund ist verblüffend einfach: Es gibt in dieser Frage keine Amerikaner, sondern nur Republikaner und Demokraten. Und dann machen halt die Demokraten die Regierung von George W. Bush mit ihren Invasionskriegen für all das verantwortlich, während die Republikaner Präsident Obama wegen seiner Rückzüge und der verwischten roten Linien attackieren.
Nur dass irgendetwas grundlegend falsch sein könnte an der gesamten US-Politik im Mittleren Osten, dieser Gedanke kommt ernstlich nicht auf.

Besonders sinnfällig wird das an jenem Familienstreit, der zurzeit die Präsidentschaftskandidatur von Jeb Bush begleitet. War die zweite Invasion des Iraks durch George W. Bush gar keine Realpolitik, sondern nur wild gewordene Gesinnung? Das behauptet nun dessen Vater George Bush senior, der zwölf Jahre zuvor in seinem wegen Kuwait geführten Irak-Krieg auf den Sturz des Diktators verzichtet hatte.

Diese Kritik des Vaters am Sohn, der sonst wirklich alle Kritik verdient hat, ist ungerecht. Ein Ideologe und heißblütiger Idealist war George W. Bush von seiner Natur her sicher nicht. Dass er dennoch auf Ideologen wie Dick Cheney gehört hat, lag an der logischen Stelle, an der er sich im Pilotspiel Mittelost befand. Wenn eine Politik wie die seines Vaters – auf halbem Wege stehen bleiben – zu 9/11 führt, dann muss man danach eben etwas anderes machen: den ganzen Weg gehen. Wenn eine von der Geheimdienstaktion über den Stellvertreterkrieg bis zur Bodenoffensive sich steigernde, also immer höher gepokerte Stabilitätspolitik keine Sicherheit für das amerikanische Territorium bringt, dann vielleicht der totale Umsturz, so wird der Junior gedacht haben.
Den Zugzwang, unter dem er sich wähnte, hat er aber von seinem Vater nur geerbt. Folglich hat sich der Sohn keineswegs an den realpolitischen Vorgaben seines Vaters vergangen, er hat sie vielmehr ausgebadet.

Bush junior wollte das Pilotspiel beenden, indem er es gewinnt, doch hat er es nur auf eine noch gefährlichere Stufe gehoben.

Die USA sind zu einer grundlegenden Kritik ihrer eigenen Mittelostpolitik unfähig, während ihre europäischen Partner entweder zu ähnlich denken wie sie (Großbritannien) oder zu friedfertig sind (Deutschland), um eine echte Debatte anzuzetteln. Und so ging dem Westen der Zugang zu einer seiner wichtigsten Kulturtechniken verloren – zu den checks and balances.

Der Kolonialismus kehrt heim – Untergang der „Realpolitik“

Lassen wir alle moralischen Fragen einmal beiseite, so muss man gleichwohl konstatieren: Die westliche „Realpolitik“ ist am Ende ihrer Möglichkeiten angekommen.
In ihrem Werkzeugkasten wurden alle Instrumente in jeder beliebigen Kombination auf so gut wie jedes Land im Mittleren Osten angewendet: Geheimdienstaktionen, Drohnen, Invasionen, Stellvertreterkriege, Korruption, Waffenlieferungen, Bombardements, Sanktionen, Stabilisieren oder Stürzen von Diktatoren.

Skrupel spielten kaum je eine Rolle, doch stellt sich neuerdings heraus: Reine Interessenpolitik dient nicht mal mehr unseren Interessen.

Auch darum ist die „Realpolitik“ am Ende, denn sie braucht Entfernung, sie muss ihre Objekte in einem weitgehend abgeschlossenen Bestiarium halten.
Nähe verstört „Realpolitik“, weil sie dann mit den Konsequenzen am eigenen Leib konfrontiert wird. Auch darum war 9/11 so ein Schock und wurde mit einer weiteren, vielleicht letzten Explosion der herkömmlichen Politik beantwortet – allerdings mit dem Effekt, dass in der zweiten Runde die Flüchtlinge kamen. Der Kolonialismus kehrt nun heim, die Flüchtlinge bringen ihn dahin, wo er herkam.

Was machen wir jetzt? Aufgeben? Das läge uns nahe. Die Geschichte des Mittleren Ostens wird bei uns gern so erzählt, dass diesen verfluchten Arabern mit ihrer unseligen Religion einfach nicht zu helfen ist. Zentrales Argument für diese These ist heutzutage die Arabellion, die ja „auch nichts gebracht hat“. Ist das nicht etwas vorschnell und anmaßend? Schließlich handelte es sich bei den Aufständen lediglich um verzweifelte, erstmals auf breiter Fläche entflammende Befreiungsversuche in einer durch schlechtes Regieren völlig heruntergewirtschafteten, an Demokratie nicht gewöhnten Region. Besser hätten womöglich nicht mal wir Helden der Demokratie es so einfach hingekriegt.

Unsere Kriege überschatten die guten Taten

Man kann das Scheitern westlicher Politik aber auch als Chance betrachten. Denn ob den Muslimen tatsächlich nicht zu helfen ist, wie man jetzt gern stöhnt, das können wir nicht wissen, denn wir haben es noch nie ernstlich probiert.

Zweifellos braucht der Westen einen neuen, einen zweiten Werkzeugkasten. Und eine neue Hypothese: Muslime sind Menschen wie du und ich, Realpolitik muss sich damit anfreunden.

Die Schuld der Araber und der Beitrag des Westens

Ja, es stimmt, der Islam ist, wie jede andere Religion, mit Hass aufladbar, vielleicht sogar mehr als andere Religionen. Aber ob er sich so auflädt, dass er zu Islamismus wird und gar zu islamistischem Terror, das hängt doch sehr von den Umständen ab. Und damit auch von uns.

Ja, es stimmt, die Spaltung zwischen Sunniten und Schiiten birgt seit jeher kriegerisches Potenzial, aber es gab immer wieder auch Phasen, in denen die beiden großen islamischen Religionsgemeinschaften recht friedlich miteinander lebten.

Ja, es hat schon Stammeskriege in Arabien gegeben, bevor der Westen seine willkürlichen Linien in den Sand gezogen hat. Es ist daher keineswegs sicher, dass im leicht entzündlichen Mittleren Osten alles besser wird, sobald der Westen es besser macht.
Man kann auch lange darüber streiten, wie hoch der muslimische und wie hoch der westliche Anteil an der Misere ist, 60/40 oder 40/60? Aber was soll das bringen?

Fest steht zweierlei: Zum einen können wir eher unser Verhalten ändern als das der anderen.
Zum Zweiten: Wenn ohnehin schon so viel Gift in Arabien und Persien steckt, kann niemals etwas daraus werden, wenn wir unser Gift auch noch weiter mit hineinspritzen. Und das haben wir in den letzten 100, 50, 20 und zwei Jahren getan.

Keine Frage, es hat auch positive Ansätze gegeben. Da war die Entwicklungshilfe, da waren die Versuche, in Afghanistan Brunnen und Schulen zu bauen, da gab es eine humanitär gemeinte Intervention in Libyen sowie den Versuch, den Sudan durch Teilung zu heilen, und vieles mehr. Aber all das war zumeist halbherzig, ungenau, ungeduldig; insgeheim diente die gute Tat weniger den Arabern als uns und unserem flüchtigen Gewissen.

Nichts davon konnte das Bild, das die Menschen da unten vom Westen haben, wirklich aufhellen. Dafür sprachen die anderen, die massiveren Interventionen eine zu klare Sprache: dass uns das Leben eines Muslims nicht viel wert ist, dass ein Wort kein Wort ist und ein Vertrag kein Vertrag, eine Freundschaft keine Freundschaft.
Millionen Tote können nicht durch Brunnenbauen vergessen gemacht werden. Ganz offenbar trauen die Menschen in Arabien und im Iran dem Westen nicht, auch seine guten Worte und besten Taten subsumieren sie nur unter eine Geschichte von Rassismus und Imperialismus. Und was das Schlimmste ist: Sie haben nicht ganz Unrecht. Selbst der gelegentliche Export von Freiheit (wenn es grad passte) musste auf die Araber wirken wie ein Geschoss, nicht wie eine Einladung. Der Westen, der daheim die Demokratie lebt, tritt global zumeist als übler Autokrat auf.

Die große Frage ist darum kaum noch, ob der Westen eine grundlegend neue Politik gegenüber den Muslimen finden muss, sondern vielmehr: Wieso sollten sie uns glauben?

Die Willkommenskultur ist der effektivste Feind des Terrors

Bisher haben die Würde, Sicherheit und Menschlichkeit der Muslime den Westen kaum interessiert, bestenfalls waren sie eine Dreingabe, meistens nicht einmal das. Dies hat sich mit dem historischen Jahr 2015 geändert. Denn die Millionen von Flüchtlingen stellen uns vor die Alternative: Entweder wir helfen ihnen in bisher nie gekannter Weise bei der Verbesserung ihrer Lebensumstände in ihrer Heimat – oder sie kommen und bleiben. Das große Teilen hat begonnen, die Fließrichtung der Geschichte zwischen Europäern und Arabern hat sich umgekehrt.

Vielen in Europa macht das verständlicherweise Angst, sie träumen sich zurück in die Abschottung früherer Tage, wir hier oben, die da unten. Doch das wird es nicht wieder geben, weil das Pilotspiel zu Ende und die Geduld zu vieler Araber aufgebraucht ist.

Willkommenskultur ist eine Chance zur Versöhnung

Also muss man diese ungeheure Chance nutzen, um die Muslime und den Westen zu versöhnen.
Endlich werden Araber in großer Zahl von Europäern, von Christen besser behandelt als von ihresgleichen.
Darin liegt der politische Kern der Willkommenskultur: Was wir hier mit den Arabern machen, wird das Bild, das sie in der Region von uns haben, prägen. Das ist eine heikle Aufgabe und eine riesige Chance. Die braucht übrigens Zeit.
Dass drei Länder in Europa seit drei Monaten Flüchtlingen mit einem freundlichen Gesicht und warmen Kleidern begegnen, verändert noch nicht die Welt. Es ist ein Anfang, ein fragiler dazu.

Wegen dieser historischen Aussichten wäre es äußerst kurzsichtig, nun zu versuchen, das leidlich freundliche Willkommen wieder in eine Abschreckungskultur zu verwandeln. Sollte diese Chance zur Versöhnung verspielt werden, entsteht so viel neue Wut, dass wir sie militärisch und geheimdienstlich nicht wieder einfangen können.

Unsere Muslime und der Untergang der DDR

Eines der größten Dilemmata des Westens bestand zuletzt darin, dass sich die Diktatoren oft nicht mehr stabilisieren ließen, dass ihr Sturz jedoch auch nur Chaos erzeugt hat, die Lage sich also nicht wirklich verbesserte. Daraus kann man nur eine Lehre ziehen: Wir sollten von beidem die Finger lassen, vom Stürzen und vom Stabilisieren.

Wie man trotzdem Einfluss nehmen kann, das zeigt die deutsch-deutsche Geschichte. In den achtziger Jahren stieg die Zahl der Besuche von DDR-Bürgern in Westdeutschland auf bis zu sechs Millionen jährlich. Deren positive Erfahrungen im Westen trugen mehr und mehr zur Erosion des SED-Regimes bei, bis es dann 1989 in sich zusammenbrach.

Eine ähnliche Funktion dürften die Millionen Araber haben, die jetzt hierher kommen. Sie erzählen ihren Freunden und Verwandten daheim, wie das Leben auch sein kann, wie man ohne Bestechung eine Urkunde bekommt, was eine freie Presse ausmacht, wie gut die ärztliche Versorgung ist und wie wenig der Ungläubige dem Bild entspricht, das man sich gern von ihm macht. Auch wie ein toleranter Islam aussieht oder eine entgiftete Männlichkeit wird sich rumsprechen, auch wenn das zunächst nicht allen von ihnen gefallen wird. Zugleich werden die Daheimgebliebenen mit politischen Informationen versorgt, auch mit Geld, ganz dezentral und organisch.

Letztlich ist die Befürchtung fast obskur, dass die Flüchtlinge unsere Kultur islamisieren. Viel wahrscheinlicher ist doch, dass auf diese graswurzelhafte Art der arabische Raum humanisiert, entgiftet und auf lange Sicht politisch verändert wird.

Entschuldigung des Westens, Selbstermächtigung des Mittleren Ostens

Haben sich Franzosen, Deutsche, Briten, Italiener und Amerikaner eigentlich jemals offiziell entschuldigt bei den Menschen in Nordafrika? Für den Kolonialismus? Für den Rassismus? Nein? Und warum nicht?

Damit würde man einiges von dem Groll wegräumen, der jetzt unter Arabern gegen uns gehegt (und gepflegt) wird. Diese Wut machen sich die Herrschenden dort zunutze, die, nebenbei gesagt, oft selbst ein rassistisches Verhältnis zu ihrem eigenen Volk haben. Die westliche Arroganz aber schweißt Herrscher und Beherrschte zusammen. Auch dass der Westen immer wieder so massiv und zugleich ungenau interveniert, hält die arabische Ausredenkultur stabil. Entzieht der Westen sein Gift, dann kollabieren früher oder später jene Systeme, die immer wieder Terror und Flucht entstehen lassen. Um den islamistischen Terror zu bekämpfen, müssen wir uns mit den Muslimen versöhnen. Es wäre also Zeit für eine neue, eine echte Realpolitik.

Realpolitik, jetzt aber richtig – ein New Deal mit den Muslimen

Sobald die Wende in der westlichen Mittelostpolitik verstanden, verkündet und vollzogen sein wird, kann auch wieder über die unschönen Dinge geredet werden.
Wenn Abstriche an unseren Prinzipien, Dialoge mit regierenden Mördern, Geschäfte mit kriminellen Stammesfürsten nicht mehr als der wahre Kern westlicher Politik wahrgenommen werden müssen, sondern nur als gelegentliche und vorübergehende Abweichung von einem Kurs, der offenkundig den Menschen dienen soll, der von Respekt und Interesse getragen ist, dann geht das auch.

Zwar wird man mit dem uniformierten Diktator von Ägypten weiter reden müssen, ebenso wie mit den Islamisten in Riad und Teheran. Nur sollte das künftig mit einer egalitären Kühle geschehen. Man kann nicht die einen Islamisten wie den Teufel persönlich behandeln (Iraner) und die anderen (Saudis) als Brüder in die Arme nehmen. Auch Waffenlieferungen müssen drastisch zurückgefahren werden. Es gibt dort fast keine befreundeten und gutartigen Regime.

Gleichwohl darf der Westen auch bei einer neuen Strategie nicht gutgläubig erscheinen. Angesichts des Terrors brauchen die Europäer einen stärkeren Staat, auch das Militär muss effektiver werden, wahrscheinlich auch teurer.

Wenn allerdings eine neue Realpolitik näher an den eigenen Werten angesiedelt sein soll, dann muss man sich vor Wladimir Putin hüten, denn der versucht nun wieder, den Westen in eine klassische brutalisierte Machtpolitik einzuspinnen.

Vor allem aber braucht es eine positive Agenda: Entwicklungshilfe in einer neuen Dimension, konditioniert und möglichst unterhalb der Herrschercliquen verteilt. Vielleicht einen Marshallplan für die Region und die Öffnung des europäischen Marktes.

Das Ende der alten Realpolitik wird die Fantasie für neue Ideen wecken, dann wird ein neues Kapitel in der Geschichte zwischen Abendland und Morgenland aufgeschlagen. Und wir können alle sagen, wir sind dabei gewesen.

*Ein Angriff auf ein Territorium eines souveränen Landes, UN-Mitgliedes, das weder Deutschland noch Frankreich noch die NATO bedroht, ist eindeutig völkerrechtswidrig. Hierzu Wolfgang Gehrcke, MdB der Linken: 

„Das offensichtliche Angebot der Bundeskanzlerin, deutsche RECCE-Tornados über Syrien einzusetzen, erfolgt ohne Beschluss der Vereinten Nationen und ohne jede Rücksprache mit der syrischen Regierung. Der Bundestag soll im Nachhinein informiert werden. DIE LINKE lehnt ein solches Vorgehen strikt ab.“

** das Pilotspiel ist wohl eher als Schneeballsystem zu versehen, in dem die letzten, d.h. die ärmsten Länder, automatisch als Verlierer dastehen.

Jochen

Tod eines Flüchtlingskindes – Diese Sinnlosigkeit muss ein Ende haben, das darf und kann nicht sein!!!!!

Gestern erreichte mich ein bewegender Beitrag einer lebenserfahrenen Leserin, den ich Euch nicht vorenthalten möchte:

Aylan Aylan

Aylan wurde nur 3 Jahre alt. Er wusste nicht was Leben bedeutet und wie schön es sein kann. Das Grauen wurde ihm bereits in die Wiege gelegt von einer Welt, die aus Hass, Neid, Gier, Machtgelüsten und Missgunst besteht. Die zum Teil regiert wird von unfähigen und korrupten Machthabern. Die mit den Thesen von Religionen zugeschüttet wird, die angeblich alle nur Gutes verheißen. Gutes gebracht haben sie nicht.

Wenn Menschen in ihrem Land nicht mehr leben können weil sie von Krieg, Verfolgung, Folter,  Hunger und Tod bedroht sind, dann sollen und müssen sie gefahrlos  hinausziehen können in eine andere Welt. Denn eigentlich gehört die Welt allen Menschen, und nicht nur denen die meinen, dass sie ihnen gehört. Die Welt aber besteht nicht nur aus Deutschland und Europa. Und man kann und darf nicht nur alles auf eine Schulter abwälzen.  

Die Welt ist so groß und in vielen Teilen so reich, dass es ohne Probleme möglich ist, alle bedrohten Menschen aufzunehmen, sie an der Hand zu nehmen und in ein Leben zu führen, das ihnen Brot, Arbeit, Sicherheit, Geborgenheit und Liebe gibt. Kinder haben da keine Probleme. Wenn sie im Sandkasten spielen und ein fremdes Kind kommt dazu, so wird es schnell aufgenommen in den Kreis der Spielenden. Keiner fragt welche Sprache sprichst du und woher kommst du. Man zeigt ihnen, wie es geht, ohne große Probleme. Und lehrt uns nicht unser christlicher Glaube der da sagt: „ Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht das Reich Gottes schauen??!!“

Und was ist mit den 10 Geboten, die doch angeblich bei den Gläubigen so wichtig sind? Würde man sich danach richten, hätte man die ganze Miete. Allerdings müsste das jeder tun, sonst funktioniert es nicht. Die Erwachsenen sind leider keine Kinder mehr und Machthaber schon gar nicht. Sie haben sich zum Teil zu Bestien entwickelt, die mit sich nicht klar kommen, die ihre eigene Unfähigkeit auf andere schieben, die nur von anderen erwarten. Die nichts abgeben wollen, schon gar nicht einen Zipfel ihrer Macht. Sie meinen, nur sie sind das non plus ultra auf dieser Welt. Doch sie sind ein nichts. Sie sind nichts ohne jeden einzelnen Menschen. Weder die Wirtschaftsbosse, noch die Banker, weder die Politiker noch die Kirchen oder sonstige Reiche und Machthaber.

Nichts wären sie, wenn es den einzelnen, arbeitenden Menschen nicht gäbe. Der Mensch der für sie arbeitet, für sie in den Krieg zieht, ihre Waren kauft, Kinder zeugt und zur Welt bringt.

Jeder einzelne Mensch auf dieser Welt ist so wertvoll, dass er mit Geld und Gut nicht aufzuwiegen ist. Jeder hat das Recht sicher und satt auf der Welt zu leben und glücklich zu sein. Auch Aylan hatte das Recht. Seine Eltern haben sich deshalb auf den Weg gemacht, um ihm die Chance auf ein sicheres Leben zu geben. Jeder der Vater und Mutter ist wird wissen, wie die Eltern des kleinen Aylan gelitten und gekämpft haben, als sie auf dem Meer mit ihren Kindern in höchster Not waren.

Wir sagen wir haben Angst wenn wir nicht wissen was kommt. Was ist unsere Angst gegen die Angst, die diese Menschen hilflos im Meer ausgestanden haben. Das ist Todesangst, dagegen leben wir im Paradies. Der Vater, der zwar überlebt hat, wird ein Leben lang dieses Grauen mit sich tragen. Was aber tut die Welt? ( und ich sage jetzt bewusst die Welt, nicht nur Deutschland und Europa, denn dieser kleine Teil der Welt ist nicht alleine die Welt, und ich finde es unverschämt, wenn man alles nur Deutschland und einem Teil von Europa anlasten will. Das kann und darf nicht sein ).

Die Welt, sie tut nichts. Die Medien schreiben jetzt: „ Die Welt ist erschüttert!“ Doch das war es dann wohl! Die Welt ist jetzt so erschüttert, dass sie vor lauter Erschütterung wieder lange nicht in der Lage ist, sinnvoll zu reagieren und zu agieren.

Ich bin überzeugt davon, die Welt kann diese Lage und diese Situation stemmen. Ja ich bin sogar überzeugt davon, dass Deutschland und Europa alles in den Griff bekommen kann. Sie halten nur nicht zusammen, haben keine Linie. Begreifen nicht dass nur Einigkeit stark macht. Sie müssen endlich beginnen! Sie haben geschlafen. Das Problem war vorher zu sehen. Auf jeden Fall für den einfachen Bürger, denn dafür genügt der klare Menschenverstand. Die einzigen die jetzt tatsächlich intensiv anpacken sind die Menschen.

Ja, die einfachen kleinen Menschen sind es wieder, die sich einsetzen für die Ärmsten der Armen. Sie spenden, bieten immer mehr ihre Hilfe und Unterstützung an. Die Machthaber und Verantwortlichen, sie labern nur. Sie labern und labern Tag und Nacht und reden sich um Kopf und Kragen. In ihren Büros am Tag und nachts bei Talkshows. Aber es kommt nichts dabei raus. Nichts, gar nichts. Die Verantwortlichen brauchen für alles viel zu lange. Unsere Gesetze sind zu schwach, zu unflexibel. TUN ist das Zauberwort und heißt von vorne nach hinten und von hinten nach vorne buchstabiert „ TAG UND NACHT – NICHT UNNÖTIG TRÖDELN!!!! Jeder Einzelne ist jetzt gefordert. Es darf nicht sein, dass tote Kinder an Land geschwemmt werden, weil die Welt sie nicht haben wollte, weil die Regierung ihres Landes korrupt und unfähig ist, weil Deutschland und Europa schläft und weil die Menschen, denen es gut geht, die in Sicherheit leben, Angst haben.

Und warum haben die Menschen Angst? Weil die Verantwortlichen unglaubwürdig sind, dumm labern oder sich in Schweigen hüllen. Es fehlt die klare Linie, das starke Zugpferd, die richtigen Pläne, die Einigkeit. Sie nehmen dem Volk die Angst nicht, es fehlt das Vertrauen, und das hat die Regierung schon lange verspielt, egal welche Farbe sie sich auf ihre Fahne malen.

Was bedeutet das? Dass wir Menschen zusammen selbst das Zugpferd sein müssen und auch sein können. Also packen wir es an, überwinden wir die Angst vor den Fremden und vor dem fremden. Es wird uns deswegen nicht schlechter gehen, wenn wir diese schwere Herausforderung annehmen. Es ging uns schon viel schlechter und wir haben es geschafft. Wir können und werden dadurch nur gewinnen.

Wenn uns das bewusst wird, haben wir nicht nur unseren inneren Schweinehund besiegt, sondern Menschen eine Perspektive gegeben, die auf uns hoffen und bauen. Erst dann wird nie mehr ein Kind tot an den Strand einer durchgeknallten, hoffnungslosen Welt gespült werden. Erst dann war der Tod des kleinen Aylan nicht umsonst.

Alerheim, 3. September 2015 Petra Quaiser

Warum nur immer wieder Terror, Hass, Krieg und Gewalt – das muss und darf nicht sein!

Ein Beitrag einer engagierten, aber bisher unpolitischen  Erzählerin:

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Terror, Hass und Gewalt verbreiten Angst. Und Angst ist immer ein schlechter Begleiter. Angst, nicht wollen, Unwissenheit und Unsicherheit hat seit Jahrzehnten Muslime und Nichtmuslime daran gehindert, aufeinander zuzugehen. Und das war ein großer Fehler, der von beiden Seiten begangen wurde.

Die Angst vor dem Fremden, vor dem Neuen, vor dem, was ich nicht kenne. Die Unwissenheit ist es, die mich hemmt und Macht über mich gewinnt. Denn nur Wissen ist Macht. Doch Wissen erziele ich nur durch lernen, durch offen sein für Neues, durch aufeinander zugehen, durch Abbau von Vorurteilen und durch das Einsetzen meines gesunden Menschenverstandes. Von dem Anderen, von dem Fremden lernen. Den Menschen in jedem Einzelnen sehen. Den Menschen mit seiner Kultur, mit seinen Stärken und Schwächen. Denn hinter jedem einzelnen Menschen und hinter jeder Kultur steckt unwahrscheinlich viel und jeder kann von jedem nur profitieren, wenn er sich die Mühe macht, die Perle zu entdecken, die überall versteckt ist.

Doch keiner will das tun, denn das ist mit Schwerstarbeit verbunden. Muss man doch selbst erst einmal an seinem eigenen EGO kratzen. Ja man muss wollen, man muss sich überwinden, man muss den Verstand einsetzen, das Herz öffnen, die Hand reichen und etwas tun. Aber nicht nur eine Seite, NEIN, beide Seiten müssen an sich arbeiten. Müssen sich entdecken und den anderen erkennen und ihn achten. Achtung ist das höchste Gut, das ich einem anderen Menschen entgegenbringe. Doch wie soll das geschehen wenn man Angst hat? Wenn man mit Scheuklappen durch das Leben geht, wenn man nicht will, wenn man unwissend, dumm und verbohrt ist? Angst davor, man müsste von sich etwas aufgeben. Diese Sturheit, dieses egozentrische Verhalten nur ich, nur meines, nur so wie ich lebe, nur das was ich tue usw. usw., ist grauenvoll. Seine Wurzeln verleugnen, sie verlieren? Das muss doch keiner. Warum denn, das ist über Jahrhunderte gewachsenes Gut, das den einzelnen Menschen begleitet, das ihn prägt. Das ist er, das ist für ihn Heimat, Sicherheit, Liebe, Familie, angekommen sein. DAS IST ER!! Und das soll er auch sein.

Aber nicht erwarten, dass ein anderer genauso lebt, denkt, fühlt und handelt wie man das selbst tut. Keiner kann behaupten, das Eine ist alles schlecht und das Andere ist alles gut!! Die Vielfalt der Kulturen sind es doch, was die Welt bunt und schön macht. Auch hier in unserem Land. Und das sollte man sehen, damit sollte man sich auseinander setzen.

Also öffnet Eure Herzen, Eure Gotteshäuser, Eure Kulturräume. Ladet Euch gegenseitig ein, nehmt diese Einladungen an, lernt Euch endlich kennen. Es gibt nichts schöneres, denn ich habe es selbst erlebt und daraus viel gelernt. Für alle, die hier in unserem Land Zuflucht suchen, die hier leben wollen ist es ganz, ganz wichtig, lernt die Sprache des Landes, in dem ihr lebt, lernt die Gesetze und die Richtlinien des Landes kennen, lernt, sie zu verstehen und integriert es in Euer Leben, auch wenn es anfangs schwierig ist und vielleicht unverständlich.

Bleibt nicht nur unter Euch aus Angst, aus Unsicherheit. Lasst Euch nicht abschrecken von einer handvoll Menschen, die es vielleicht nicht gut mit Euch meinen. Viele sind da, die Euch auch unterstützen. Unsere Landsleute sind aufgefordert sich die Mühe zu machen, etwas über die Kultur anderer Menschen zu lernen und sie zu verstehen. Um dadurch besser auf das Fremde zugehen zu können. Wie immer sind beide Seiten gefragt.

In unserer globalen Welt lebt man einfach nicht mehr nur für sich. Da gibt es nur noch ein WIR! Und wir zusammen sind einmalig. Wir können gut zusammen leben, wir können zusammen beten, singen, tanzen, arbeiten, etwas bewegen, das Land und die Menschen stärken und uns freuen. Wir sind doch alle nur Menschen und alle in irgendeiner Form Kinder Gottes. Wir können aufeinander Rücksicht nehmen und füreinander da sein und voneinander lernen. Ob Schwarz oder Weiß, ob Muslime oder Nichtmuslime oder sonstige Glaubensrichtungen. Nur ein kleinwenig achten und Rücksicht nehmen. Das ist so wenig und bewirkt soviel. Wenn das jeder Einzelne erkennt, dann gibt es keinen Hass, keinen Krieg. Es ist genug für alle da.

Warum lassen wir uns von einer Handvoll Menschen, die gierig sind nach Terror, Hass und Macht in die Enge treiben? Das sind doch Menschen die dumm sind, engstirnig ohne Perspektive und Selbstbewusstsein. Die auf diese Weise versuchen sich zu profilieren, weil sie in Wirklichkeit ein NICHTS sind. Leider vielfach Marionetten von gefährlichen Köpfen. Das darf und sollte man auch nicht auf die leichte Schulter nehmen, denn das ist ein gefährlicher Schwelbrand und wenn der sich entzündet, dann brennt es lichterloh!

Aber Angst, Angst muss man nicht haben, denn wie schon gesagt, Angst ist immer ein schlechter Begleiter, Angst hemmt uns und wir wollen uns nicht hemmen lassen. Wir wollen Schulter an Schulter, Muslime und Nichtmuslime, alle Menschen, das ganze Volk, eine Mauer auf bauen gegen Gewalt und Terror, gegen Hass und Fremdenfeindlichkeit. Das Volk, die Menschen waren noch nie für Krieg, Hass und Gewalt und sind es auch heute nicht. Egal welcher Nation oder welchem Glauben die Menschen angehören. Wir haben es in der Hand dagegen zu wirken. Wir bestimmen über Freud und Leid, Einsamkeit oder Gemeinsamkeit.

Packen wir es an – Muslime und Nichtmuslime – gemeinsam sind wir stark!!

Gemeinsam erhalten wir uns den Frieden und die Freiheit!!!

Petra Quaiser, Alerheim, im Januar 2015