AFTER THE FACT – Ausstellung und Kulturprogramm 30. MAi–17. September 2017 im Kunstbau

Lenbachhaus

Der Friedensaktivist und Künstler Franz Wanner hat einen Beitrag in der kommenden Ausstellung zu Propagandamechanismen    und lädt herzlich dazu ins Münchner Lenbachhaus ein. Auch der Ostermarsch draußen zum Tölzer Unternehmen SITEC war ein Tipp von Franz Wanner:

https://www.merkur.de/lokales/bad-toelz/bad-toelz-ort28297/ostermarsch-zu-toelzer-firma-friedensbewegung-nimmt-sitec-ins-visier-8135853.html

Luegen_DramaIm Vorlauf findet schon am 21.4.2017 eine Uraufführumg des Dramas „LÜGEN“ an den Münchner Kammerspielen statt, s.u: http://www.muenchner-kammerspiele.de/inszenierung/luegen

Auch mein Thema, deshalb hier ein Aufruf, diese Veranstaltungen zu besuchen:

http://www.lenbachhaus.de/ausstellungen/vorschau-2017/propaganda/

Die beste Propaganda erscheint im Gewand der Entertainments. (N.J. O’Shaughnessy)

Mit dem 21. Jahrhundert beginnt eine neue Ära politischer Propaganda. Geopolitische Ereignisse wie der 11. September, der von George W. Bush erklärte War on Terror, die Einführung der Gemeinschaftswährung der Europäischen Union und die Kriege im Nahen Osten haben über die Jahre zu verhärteten Fronten geführt: Okzident und Orient, Freiheitskämpfer und Terroristen, Wutbürger und Lügenpresse, die Europäische Union als Wunschziel (für Migranten aus kriegsversehrten und ärmeren Ländern) und Fluchtgrund zugleich (Brexit) – diese und andere polarisierende Kategorien prägen seitdem die politische Diskussion.

Propaganda als strategische Praxis der Kommunikation und Einflussnahme ist in aktuellen gesellschaftlichen Prozessen allgegenwärtig. Dennoch wird der Propagandabegriff heute zumeist gebraucht, um historische Phänome oder Missstände ‚anderswo‘ zu bezeichnen. Euphemismen wie »strategische Kommunikation«, »politisches Management« oder schlicht »Marketing« werden in westlichen Demokratien anstelle des negativ besetzten Ausdrucks verwendet, um Methoden unterschiedlich gearteter Meinungsmache zu umschreiben.

Künstler*innen finden verschiedene Wege des Umgangs mit Propaganda. Sie adaptieren ihre historische Formensprache, karikieren oder fiktionalisieren politische Täuschungsmanöver und sehen sich zugleich mit neuen Tendenzen konfrontiert, die ihre Kunst zu instrumentalisieren suchen. Anhand von künstlerischen Positionen sowie tagespolitischer Berichterstattung beabsichtigt After the Fact, Propaganda in ihren Verfahren und Zielen im Hier und Jetzt zu lokalisieren und als Konzept neu zu beleuchten.

Begleitend zur Ausstellung findet in Kooperation mit den Münchner Kammerspielen ein Veranstaltungsprogramm statt.

Mit Bradley Davies, Carmen Dobre-Hametner, Beate Engl, Harun Farocki, Hans-Peter Feldmann, Samuel Fosso, Coco Fusco, Cindy Hinant, Alfredo Jaar, Wolfram Kastner, John Miller, Marge Monko, Carlos Motta, Khalil Rabah, Aura Rosenberg, Zoë Sheehan Saldaña, John Smith, Sean Snyder, Nancy Spero, Jonas Staal, Franz Wanner, u.a.
Kuratiert von Stephanie Weber

und dazu:

LUEGEN

Ein Projekt von Verena Regensburger und Ensemble, mit Übersetzung für gehörlose Zuschauer*innen

Inszenierung: Verena Regensburger

Schauspiel

Zwischen zwei und 200 Mal am Tag lügen wir – abhängig davon, was man unter einer Lüge versteht: Unwahrheiten, Postfakten, Übertreibungen, Auslassungen, Höflichkeiten, Redefloskeln. Aber wie kann man eine Lüge erkennen? Unterlaufen Gestik und Mimik das gesprochene Wort? Um der Konstruktion von Wahrheit auf die Spur zu kommen, treffen in „Luegen“ eine hörende und eine gehörlose Schauspielerin aufeinander. Die Bühne wird zu einem Versuchsraum für bewusst und unbewusst Kommuniziertes, einem Authentizitätslabor, das einlädt zu dechiffrieren, genauer hinzusehen und zu beobachten.

Gefördert durch das Kulturreferat der Landeshauptstadt München

Uraufführung am 21. April 2017

Die „Lügenpresse“ im Realitätscheck

U_Krueger-MainstramVielen Dank, liebe Bloggerkollegin. Ich arbeite an einer Vortragsserie, die die Kritik an der „Schwarzen Pädagogik“ von Alice Miller, die Schulkritik von Freerk Huisken und die Kritik an der Gedankenlenkung von Rainer Mausfeld in eine Reihe stellt.

Für deutsche Gewerkschaften gilt: Französisch lernen!

Dazu unten auch ein beitrag aus den NachDenkSeiten. Was die Rieser Nachrichten bzw. die Augsburger Allgemeine dazu schrieben, folgt dem Tenor: die sollen sich mal nicht so anstellen. Aber hier zunächst auszugsweise das Neue Deutschland:

Über die 
Solidarität mit den kämpfenden Nachbarn

Demo_Marseille2016

Marseille, März2016: Nationaler Demonstrationstag gegen das Arbeitsgesetz; Foto:dpa/Guillaume Horcajuelo

Dass im westlichen Nachbarland Frankreich seit Monaten ein Abwehrkampf gegen einen Generalangriff auf die Arbeiterbewegung läuft, scheint für deutschen Gewerkschaften kein großes Thema zu sein.

Von offiziellen Solidaritätserklärungen an die französischen Brudergewerkschaften und anderen Formen der Unterstützung ist an den Gewerkschaftsspitzen kaum die Rede. Dabei kann eigentlich jeder Betriebsrat und jeder Gewerkschafter hierzulande ein Lied davon singen, was mit der Agenda 2010 angerichtet wurde. Zudem geht es nicht nur um ein Nachholen der Hartz-Gesetze, sondern um schwerwiegende Angriffe auf die Rechte von Kernbelegschaften, die sich europaweit auswirken würden; und um den Versuch, mit Notstandsvollmachten die Gewerkschaften zu zähmen und die Demokratie außer Kraft zu setzen.

 An mangelnden Sprachkenntnissen dürfte es kaum liegen, dass sich viele Gewerkschafter schwer tun, direkte Kontakte zu protestierenden und streikenden Kollegen westlich von Rhein und Saar zu knüpfen. Dabei sind viele Streikzentren etwa bei der Staatsbahn SNCF von Stuttgart, Saarbrücken, Frankfurt oder Köln nur wenige Autostunden entfernt. Ein Besuch stärkt nicht nur den Streikenden den Rücken, die in diesen Tagen ganz ohne gewerkschaftliche Streikgelder große Opfer bringen. Er zeigt auch, wie sonst gegeneinander konkurrierende Richtungsgewerkschaften an einem Strang ziehen können. Und er wirft erneut die Frage auf, warum die deutschen Gewerkschaftsvorstände seinerzeit so sang- und klanglos hinnahmen, was mit den Namen Riester und Hartz bezeichnet wird, den Namen zweier namhafter IG Metall- und SPD-Mitglieder, die durch das deutsche Mitbestimmungsmodell Karriere machten.

Den Versuch einer ideologischen Rechtfertigung anhaltender Passivität lieferte im Herbst 2010 der damalige IG Metall-Chef Berthold Huber: Er distanzierte sich von »französischen Verhältnissen«, gab die Parole »nachhaltig statt französisch« aus und verkündete einen »langen Atem und das Bohren dicker Bretter«. Nachhaltig sind seither die zunehmende Prekarisierung, Hungerlöhne und Altersarmut in einem der reichsten Länder der Erde.

Doch während viele auf ein Aushungern der französischen Streikbewegung und die beginnende Fußball-EM als Ablenkung setzen, haben etliche gewerkschaftliche Untergliederungen Kontakte geknüpft, Infoveranstaltungen anberaumt, praktische Hilfe in die Wege geleitet. Die GEW Nordhessen ruft zur Spendensammlung für die Streikenden in Frankreich auf. In Hamburg wird am 20. Juni ein französischer Eisenbahner der Gewerkschaft SUD Rail bei ver.di über die aktuelle Lage berichten. In Dortmund trat am 1. Mai ein Vertreter der CGT als Hauptredner auf und berichtete über die Hintergründe der Protestbewegung.

Solche Ansätze sind wichtig und richtig und verdienen massenhafte Nachahmung.

Dazu heute die NachDenkSeiten auch zu einem der abgefeimtesten Beiträge, der im Kulturmagazin ttt der ARD gesendet wurde:

Die stille Nacht deutscher Qualitätsmedien und nuit debout in Frankreich – kurz vor Eröffnung der Fußball-EM.

Sicherlich wissen fast alle, dass nun die Fußball-Europameisterschaft in Frankreich beginnt und heute Abend das Eröffnungsspiel in Paris stattfinden wird. Das wissen Sie, weil Sie Fußball mögen oder gar nicht an der fast täglichen Berichterstattung in öffentlich-rechtlichen und privaten Anstalten herumkommen. Wissen Sie auch, dass seit Ende März Zehntausende in Frankreich in über 200 Städten öffentliche Plätze besetzt hatten und besetzt halten, um gegen den anhaltenden Ausnahmezustand (état d’urgence) und die „Arbeitsmarktreform“ der französischen Regierung, die sich als sozialistisch ausgibt, zu demonstrieren?

Wissen Sie, dass diese Bewegungen mit massiven Protesten der Gewerkschaften einhergehen, mit Streiks und Blockaden der Lkw-Fahrer, der Angestellten beim staatlichen Bahnkonzern SNCF, mit einem Streik der Piloten der Fluggesellschaft Air France? Von Wolf Wetzel [*]

Und haben Sie die deutschen Qualitätsmedien darüber informiert, dass kurz nach dem Eröffnungsspiel, am 14. Juni eine internationale Demonstration in Paris stattfinden wird, zu der Gewerkschaften und die Bewegung ‚nuit debout’ (wache Nacht) aufrufen, unter dem gemeinsamen Motto: Rücknahme des Ausnahmezustandes und der Arbeitsmarktreform?
Eine Demonstration, die sehr wahrscheinlich mindestens so viele Menschen auf die Straße bringen wird, wie nach dem Anschlag in Paris 2015.

Als die Fußballweltmeisterschaft in Brasilien 2014 stattfand, gab es zumindest in einigen Medien kritische Berichte über das Land, über die Regierung, über Korruption in Politik und Wirtschaft, über die ‚Säuberungen’ von ganzen Stadtteilen, über die Millionen von Menschen im Land, die sich das WM-Spektakel nicht leisten können. Wo bleibt diese kritische Vorberichterstattung zu Frankreich?

Auf der Suche nach einer solchen stieß ich am 6.6.2016 auf einen verheißungsvollen Bericht in 3sat: „Frankreich – Wild und schön“. Doch dieser führte nicht auf die besetzten Plätze in ganz Frankreich, zu den fast täglichen Demonstrationen, sondern in die Natur, in die Berge. „Ein Landschaftsbild“, so die Ankündigung des Senders. Man kann sich orwellscher Gedanken nicht erwehren.

Nuit debout – Das (Wieder-)Erwachen einer Bewegung

Am 12. Mai dieses Jahres hat die französische Regierung unter Hollande die Arbeitsmarktreform verabschiedet, deren Affinität zur deutschen Wirtschaftspolitik nicht zu übersehen ist. Denn was französische Regierungen zum wiederholten Mal durchzusetzen versuchen (zuletzt mit einer ‚Rentenreform’ unter Nicolas Sarkozy), ist hier sang- und klanglos über die Bühne gegangen: Die Agenda 2010 unter der damaligen rot-grünen Regierung: Ein großes Festival des Kapitals – eine einzige Niederlage der Gewerkschaften und der (außerparlamentarischen) Linken.

Doch nicht alles ist ein verspäteter, nacheilender Kniefall vor den Interessen des Kapitals. In Deutschland fand die ‚Agenda 2010’ eine ausreichende, satte parlamentarische Mehrheit. In Frankreich reicht es nicht einmal dazu. Selbst Mitglieder der Regierungspartei drohten mit einem ‚Nein’. Daraufhin entschied sich die Regierung dazu, das Parlament einfach zu entmachten, indem sie das Gesetz per Dekret in Kraft setzte.

Mit diesem Schritt macht sich die Regierung nicht nur zum Diener französischer Unternehmer. Sie liefert der neofaschistischen Partei Front National genau das, was diese für ihren Wahlkampf braucht: einen Beweis mehr, dass der Parlamentarismus eine teure und überflüssige Schaubühne darstellt.

All das zusammen hat das Fass zum Überlaufen gebracht und die Bewegung ‚nuit debout’ hervorgebracht – das Gegenteil von Stiller Nacht(duce nuit). Innerhalb weniger Tage und Wochen verbreitete sie sich wie Flugsand über die ganze Grande Nation. Man verbringt die Nacht nicht im Bett oder vor dem Fernseher, sondern auf der Straße. Man „kommuniziert“ nicht über Facebook, sondern direkt, hautnah. Man findet sich nicht ab, sondern unterbricht den Lauf der Dinge. Man wirft das diversifizierte und vereinzelte Private in den öffentlichen Raum, schafft also Raum für ein kollektives Miteinander. Dieses Wagnis findet seit Wochen statt, in großen und kleinen Städten Frankreichs, mit dem Ziel, auf unterschiedlichen Wegen die politischen und sozialen „gated communities“ zu verlassen: Ob SchülerInnen oder StudentInnen, ob Junge oder Alte, GewerkschaftlerInnen oder RentnerInnnen, AnarchistInnen oder KommunistInnen.

Die Stille Nacht der deutschen Qualitätsmedien

Als im Januar 2015 ein Trauermarsch mit fast einer Million TeilnehmerInnen auf die Terroranschläge vom 7. Januar 2015 reagierte, berichteten die deutschen Medien stündlich und stundenlang, direkt vor Ort, mit zig Reportern und Kameraeinstellungen. Man berichtete selbst über Ereignisse, die gar nicht stattfanden, die aber genau so stattfinden sollten, um sich auf diese Weise ins Gedächtnis einzubrennen. Als am 11. Januar 2015 in Paris Hunderttausende, unter dem Motto: On n’a pas peur! (Wir haben keine Angst!) auf die Straße gingen, konnte man in allen deutschen Medien live miterleben, wie sich der Zug in Bewegung setzte. An der Spitze, untergehakt und vereint, das versammelte politische Establishment: von Premier David Cameron bis zur Kanzlerin Angela Merkel, vom ukrainischen Oligarchen und Regierungschef Petro Poroschenko bis zum türkischen Regierungschef Ahmet Davutoglu. Ganz vorne, in der Mitte: François Hollande.

Ein bewegendes Bild … eine Fälschung erster Klasse. Noch in derselben Nacht hatten Anwohner einer Seitenstraße Bilder ins Netz gestellt, die zeigen, wie sich die „Staatsoberhäupter“ samt Sicherheitspersonal in einer abgeriegelten Nebenstraße versammelt hatten, um dort eine Demonstration zu simulieren, ungefähr eine halbe Stunde vor Beginn der eigentlichen Großdemonstration. Zu diesem „Dreh“ waren ausgewählte Journalisten und Fernsehanstalten eingeladen. Sie drehten die Szene ab, schossen ihre Fotos und achteten vor allem auf die Perspektive, um zu verhindern, dass man sehen konnte, was eigentlich nicht zu übersehen war: Diese ca. 50 ‚Staatsoberhäupter’ waren ganz alleine – niemand folgte ihnen. In fast allen Berichten wurde dieser Dreh mit den Staatsoberhäuptern der wenig später beginnenden Demonstration vorangestellt. Es sollte, es musste der Eindruck entstehen, unsere Staatenlenker stünden in der ersten Reihe, wenn es darum geht, keine Angst zu haben, die Demokratie zu verteidigen.
Als diese Fälschung öffentlich wurde und nicht mehr zu unterdrücken war, erlaubte sich die Süddeutsche Zeitung, die in diese Inszenierung eingebettet war, eine äußerst interessante Begründung:

„Stimmen die Bilder? Standen die Politiker wirklich an der Spitze des Protestzuges in Paris? Über das Bild von den untergehakten Politikern ist jedenfalls eine heftige Zankerei im Internet entbrannt, so wie über vieles im Netz gern gezankt wird.(…) Also alles gefälscht und inszeniert? Nein. Schon die Vorstellung, dass ein einziger Staatschef wenige Tage nach dem schlimmsten Terroranschlag der vergangenen Jahre in Europa durch Paris schlendert, würde jedem Personenwächter schlaflose Nächste bereiten. Die Gefahr ist hoch. (…) So stehen die Politiker vor einem unauflösbaren Dilemma: Sie stehen an der Spitze – aber eben nicht an der Spitze einer Massendemonstration. Wer das als Inszenierung abtut, der hat das Problem nicht verstanden.« (SZ vom 14.1.2015)

All das handelte dem embedded Journalismus den Vorwurf der Manipulation ein, worauf die meisten daran Beteiligten mit Schweigen antworteten, während die Süddeutsche Zeitung ihren Beitrag zur Manipulation der Öffentlichkeit dem Staatswohl andiente.
Derselbe Journalismus empört sich seit Wochen darüber, dass man ihn als „Systempresse“ oder „Lügenpresse“ bezeichnet.

Zumindest den Vorwurf der Lüge oder Manipulation kann man den deutschen Medien mit Blick auf die angesprochenen Ereignisse in Frankreich nicht machen. Denn Lügen sind sicherlich die ungeschickteste Form der Desinformation. Sie hinterlassen Spuren. Das Schweigen hingegen nicht! Also konzentriert man sich in den Medien vor allem aufs Schweigen.

Dennoch möchten gerade die sich als kritisch verstehenden Medien nicht ganz verstummen. Ohne die Protagonisten vor Ort zu Wort kommen zu lassen, wissen diese Medienmacher, was man über die Ereignisse in Frankreich wissen und sagen muss. Das, was man immer weiß. So kamen im Kulturmagazin ttt am 29.5.2016 um 23.22 Uhr zwei „Experten“ zu Wort. Der eine heißt Franz-Olivier Giesbert, ist französischer Publizist und lässt uns wissen:

„Auch wenn es anders aussieht: Wir haben es hier nicht wie 1968 mit einer allgemeinen Bewegung zu tun. Wir haben es mit etwas marginalen, aber sehr gewalttätigen, sehr extremistischen zu tun – denn es handelt sich um Extremisten, die beschlossen haben, eine Machtprobe mit der sozialdemokratischen Regierung abzuhalten.“)

Wer die Bilder sieht, die man im deutschen Fernsehen nicht sieht, wird hoffentlich stolz auf diese gewalttätigen Extremisten sein und sich fragen dürfen, wer in diesem Konflikt „marginal“ ist!

Der andere „Experte“ ist der Schriftsteller Guillaume Paoli. Er ist in seiner Einschätzung vorsichtiger:

„Das ist eine allgemeine Situation, die sich für Europa stellt, wo man das Gefühl hat, dass ein ancien Regime untergeht, aber was die neuen Kräfte sind, ist schwer zu bestimmen. Aber 1788 war es auch schwer zu bestimmen.“

Doch dann beruhigt uns der Sprecher dieses sechsminütigen Beitrags sogleich mit diesem Schlusswort:

„Das ist Frankreich. Die Revolution steht hier immer gleich vor der Tür. Manchmal auch nur die Revolutionsromantik. Bei den Nuit Debouts, den Aufrechten der Nacht.“

Wer dennoch aus der Ruhe gebracht werden will, dem seien diese beiden Videoberichte über die Ereignisse in Frankreich ans Herz gelegt:

Loi Travail. Manifestation et violences / Paris – France 19 mai 2016:

Loi Travail. Très violente manifestation / Paris – France 26 mai 2016:

Das mediale Schweigen ist so laut, dass selbst Lügen verstummen.

Die Fairness gebietet es, doch noch einen Bericht über Frankreich, jenseits der wilden und schönen Landschaften, zu erwähnen. Er erschien zwei Tage vor dem Eröffnungsspiel, in der Süddeutschen Zeitung. Kein eigener Bericht, eine einspaltige Wiedergabe der Reuters-Agentur:

„In Frankreich schwindet wenige Tage vor Beginn der Fußballeuropameisterschaft die Zustimmung der Bevölkerung zu den landesweiten Streiks. 54 Prozent der Franzosen lehnen die Proteste gegen die Arbeitsmarktreformen der Regierung inzwischen ab (…) Die neue Umfrage bedeutet den Forschern zufolge aber nicht, dass die Reformpläne nun auf breite Zustimmung in der Bevölkerung stießen. Nur 29 Prozent der Befragten stünden auf Seite der Regierung.“ (SZ vom 7.6.2016)

Es wird also in den nächsten Tagen und Wochen spannend werden – nicht nur auf dem Rasen.

Das AfD-Programm entschlüsselt von David Schraven, aktualisiert von n-tv

In Ergänzung meines vorherigen Beitrages eine sehr empfehlenswerte Analyse hier:

https://correctiv.org/blog/2016/03/14/das-afd-programm-entschluesselt/.

David_SchravenHubertus Volmer  von n-tv.de hat das aktualisierte Programm bewertet, s.u.

Nur zum Thema Genitalverstümmelung von kleinen Jungen und Mädchen im Namen einer auch wie auch immer gearteten Religion habe ich als Arzt eine klare Meinung, die zufällig mit der der AfD übereinstimmt.

Auszüge:

Was die AfD wirklich will:

1. Sozialversicherungen zerschlagen

Die AfD schreibt in ihrem Programmentwurf unter Punkt VI. „Soziale Sicherheit“ auf Seite 34, wie sie sich den Aufbau der Sozialversicherungen vorstellt. Unter einer „Rückbesinnung auf bewährte Tugenden“ soll die Arbeitslosenversicherung privatisiert werden. Die Familie soll den Staat als Sicherungsträger in weiten Teilen ersetzen. Staatliche Unfallversicherungen sollen abgeschafft werden, so wie wir sie bis jetzt kannten. Wörtlich heißt es in dem Entwurf des Grundsatzprogramms: „Die AfD hält die gesetzliche Unfallversicherung für Arbeitnehmer nicht mehr für zeitgemäß.“ Stattdessen sollen sich die Arbeitnehmer freiwillig für eine Teilnahme an der Unfallversicherung entscheiden.

Das bedeutet, die bisherige Arbeitslosen- und Unfallversicherung sollen als Solidarsystem nach dem Willen der AfD zerschlagen werden. Gerade Geringverdiener würden darunter leiden, weil sie sich die privaten Versicherungen nicht leisten können.

Die AfD versucht den Angriff auf das Sozialwesen zu vertuschen. Es wird im Programmentwurf viel davon geredet, dass Familien besser geschützt werden sollen. Und es wird häufig von der Freiheit gesprochen, nach der jeder das Recht hat, für sich selbst zu sorgen. Die AfD schreibt:

„Wir erkennen dabei, dass das Umlagesystem Halt in schwierigen Zeiten geben kann, gleichzeitig aber auch die Selbständigkeit des Bürgers untergräbt und bewährte familiäre Strukturen unterlaufen kann. Wir  wollen daher eine Reform der sozialen Sicherungssysteme.“

In der Realität verbirgt sich hinter der „Reform” aber nur die Freiheit der Wohlhabenden und Reichen. Für alle anderen bedeutet die Reform nicht weniger als die Zerschlagung von zwei wichtigen Sozialversicherungen. Ihnen würde ein höheres Risiko als bisher drohen, in Armut zu fallen.

2. Alkoholiker und psychisch Kranke in Lager stecken

In ihrem Programmentwurf schreibt die AfD unter dem Punkt „Opferschutz statt Täterschutz“ auf Seite 46 wörtlich:

„Nicht therapierbare Alkohol- und drogenabhängige sowie psychisch kranke Täter, von denen erhebliche Gefahren für die Allgemeinheit ausgehen, sind nicht in psychiatrischen Krankenhäusern, sondern in der Sicherungsverwahrung unterzubringen.“

Diesen Satz muss man übersetzen, um ihn zu verstehen.

Bisher werden Menschen, die jemanden angreifen oder verletzen, weil sie geistig krank sind, nicht in Strafverfahren zu Haftstrafen verurteilt. Sie werden stattdessen in Kliniken eingewiesen, wo versucht wird, sie zu behandeln. Das passiert auch bei schweren Gewalttaten. Die Idee dahinter ist es, nicht mehr wie im Mittelalter Kranke in Kerker zu werfen, in denen sie vor sich hin vegetieren, sondern ihnen zu helfen, damit von ihnen keine Gefahr mehr ausgeht.

Geistig kranke Menschen gelten in unserer Welt deshalb nicht als Straftäter, solange sie nicht verurteilt sind. Sie sind nach dem Strafgesetzbuch „schuldunfähig“, wenn sie das Unrecht ihrer Tat wegen ihrer Krankheit nicht verstehen oder einsehen können.

Die AfD will dieses System zerschlagen. Kranke, egal ob sie alkohol- oder drogenabhängig oder psychisch krank sind, sollen weggeschlossen werden, wenn sie jemanden verletzt oder angegriffen haben. Die AfD sieht in ihnen nur „Täter“ – auch wenn sie das vor dem Gesetz heute nicht sind.

Die AfD sagt, die Kranken sollen in „Sicherungsverwahrung“.

Was verbirgt sich hinter dem Wort Sicherheitsverwahrung? Was für Einrichtungen sind damit gemeint? Bisher werden Menschen in Sicherungsverwahrung in regulären Justizvollzugsanstalten untergebracht, in Gefängnissen. Kranke werden dort nicht eingeschlossen, weil es für sie dort keine Betreuung gibt. In den Gefängnissen sind nur verurteilte Straftäter.

In geschlossene Psychiatrien sollen die Kranken aber nach dem Willen der AfD auch nicht kommen. Wohin dann? Folgt man der Logik der rechtspopulistischen Partei, müssen neue Einrichtungen geschaffen werden.

Wie sollen wir diese Verwahranstalten nennen? Was ist ein passender Begriff? In meinen Augen ist das Wort „Lager“ bezeichnend.

Die Nationalsozialisten hatten gerade in der Anfangsphase ihrer Herrschaft neben den Gefängnissen und anderen staatlichen Haftanstalten weitere Einrichtungen geschaffen, in denen sie unter anderem „Asoziale“ und Andersdenkende inhaftierten.

Als „Asoziale“ galten damals unter anderem nicht therapierbare alkohol- und drogenabhängige sowie psychisch kranke Menschen.

Diese Einrichtungen nannten die Nationalsozialisten „Lager“.

3. Alleinerziehende ausgrenzen

Die AfD schreibt in ihrem Programmentwurf über Alleinerziehende auf Seite 41:

„Wer unverschuldet in diese Situation geraten ist, verdient selbstverständlich unser Mitgefühl und die Unterstützung der Solidargemeinschaft. Eine staatliche Finanzierung des selbstgewählten Lebensmodells ,Alleinerziehend’ lehnen wir jedoch ab. Wir wenden uns entschieden gegen Versuche von Organisationen, Medien und Politik, Alleinerziehende als normalen, fortschrittlichen oder gar erstrebenswerten Lebensentwurf zu propagieren. Der Staat sollte stattdessen das Zusammenleben von Vater, Mutter und Kindern durch finanzielle Hilfen und Beratung in Krisensituationen stärken“

Auch diesen Absatz muss man erläutern. Wer wird „unverschuldet alleinerziehend”? Das können nur Frauen und Männer sein, deren Partner gestorben ist. Alle anderen wählen das Lebensmodell „Alleinerziehend“ mehr oder weniger freiwillig. Frauen kriegen Kinder, ohne zu heiraten. Frauen entscheiden sich gegen eine Abtreibung und für das Kind, auch wenn sie den Vater nicht mögen. Frauen und Männer trennen sich von ihrem Partner – oder werden von ihm verlassen.

All diese Alleinerziehenden sollen nach dem Willen der AfD nicht mehr als „normal“ dargestellt werden. Weder von der Kirche, von Vereinen, noch von Medien oder der Politik. Für mich heißt das: Sie sollen gesellschaftlich ausgegrenzt werden.

Und: Die AfD lehnt staatliche Förderungen für diese Frauen und Männer ab. Sie sollen im Vergleich zu heute benachteiligt werden gegenüber klassischen Familien. Das bedeutet: Sie sollen finanziell ausgegrenzt werden.

4. Kinder ab 12 Jahren in Haft bringen

Die AfD setzt sich für härtere Strafen ein. Sie schreibt auf Seite 12 ihres Programmentwurfes:

„Auf volljährige Täter ist das Erwachsenenstrafrecht anzuwenden, das Strafmündigkeitsalter auf zwölf Jahre zu senken. Wir sind dafür, das Anordnen der Untersuchungshaft schon dann möglich zu machen, wenn der dringende Tatverdacht eines Verbrechens im Sinne des § 12 Abs. 1 StGB besteht.“

Auch das ist erklärungsbedürftig. Bisher sind Kinder in Deutschland erst von 14 Jahren an strafmündig. Bei Jüngeren geht der Gesetzgeber davon aus, dass sie nicht vollständig überblicken können, was sie tun. Wenn sie zum Beispiel ein Auto zerkratzen, kann man sie ausschimpfen, aber nicht in Haft nehmen. Wenn Eltern ihre Aufsichtspflicht grob fahrlässig verletzen, kann man diese haftbar machen.

Für die Übergangszeit vom Kind zum Erwachsenen gibt es in Deutschland ein spezielles Jugendstrafrecht. Es gilt für Kinder und Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren. Dieses Strafrecht kennt eigene Strafen, die meist milder sind. Den Jugendlichen soll nicht das ganze Leben für Blödsinn, den sie mit 16 Jahren machen, ruiniert werden. Ihnen soll stattdessen mit einem Denkzettel klargemacht werden, dass sie sich an die Normen der Gesellschaft halten müssen. Je nach Entwicklungsstand der Jugendlichen kann das Jugendstrafrecht bis zum Alter von 21Jahren angewendet werden.

Wenn die AfD nun das Jugend-Strafrecht auf Jugendliche bis 18 reduzieren will, dann heißt dass: Heranwachsende im Alter von 18, 19 und 20 Jahren werden direkt nach dem allgemeinen Strafrecht zu härteren Strafen verurteilt, egal, wie ihr Entwicklungsstand ist.

Aber die AfD geht noch weiter, sie will in Zukunft Untersuchungshaft – also die Haft vor dem Urteil – schon bei einem dringenden Tatverdacht ermöglichen.

Bisher kann ein Mensch in Deutschland nur in Haft geschickt werden, wenn er als Straftäter verurteilt ist. Untersuchungshaft kann nur bei Flucht- oder Verdunkelungsgefahr oder bei dem dringenden Verdacht auf besonders schweren Straftaten verhängt werden.

Die AfD will das Prinzip der Unschuldsvermutung aufweichen. Untersuchungshaft soll nach ihrem Willen bei allen Straftaten möglich sein, bei denen in Deutschland eine Mindeststrafe von einem Jahr droht. Das kann räuberischer Diebstahl, sexuelle Nötigung, Geldfälschung – aber auch Landesverrat sein.

Zusammengefasst kann man sagen: Die AfD will viel mehr und auch jüngere Menschen in Haft bringen.  

5. Arbeitslosen-Versicherung privatisieren

In ihrem Programm unter Punkt VI. „Soziale Sicherheit“ Absatz 1.  „ALG maßgeschneidert“ schreibt die AfD auf Seite 35:

„Wir wollen das Arbeitslosengeld I privatisieren.“ Jeder soll für sich selbst sorgen oder dessen Familie. Die Arbeiter sollen aber auch ganz auf Arbeitslosenversicherung verzichten können, „zugunsten des schnelleren Aufbaus von Ersparnissen.“

Die Konsequenz aus der Abschaffung der bisherigen Arbeitslosenversicherung, ist die grundsätzliche Abkehr vom Solidarprinzip. Denn die Versicherungen wollen Risiken kalkulieren. Das heißt, ein gut verdienender Ingenieur mit Hochschulabschluss, der ein geringeres Risiko hat, arbeitslos zu werden, zahlt wenig. Dagegen müsste eine geringbeschäftigte Verkäuferin bei Karstadt in einem privatisierten System im Verhältnis zu ihrem Gehalt einen sehr hohen Beitrag bezahlen. Sie hat ein höheres Risiko, arbeitslos zu werden. Da die Versicherung freiwillig wäre, würden sich gerade viele Geringverdiener die Absicherung sparen, um mehr zum Leben zu haben. Die sofortige Not von Menschen, die aus welchem Grund auch immer arbeitslos geworden sind, wäre die Folge. Sie würden direkt in Sozialhilfe fallen, die von der AfD „aktivierende Grundsicherung“ genannt wird. Hier würde nur ein Mindestbetrag vom Staat gedeckt, der einen großen Abstand zum untersten Einkommen haben soll.

6. Hunderttausende Soldaten einziehen

Die AfD schreibt auf Seite 26 ihres Programmentwurfes, dass sie den Wehrdienst wieder einführen, also jeden Mann wieder zur Grundausbildung in die Bundeswehr einziehen will – bis auf wenige Ausnahmen aus Gewissensgründen.

Alle „männlichen deutschen Staatsbürger im Alter zwischen 18 und 28 Jahren“ sollen demnach „wieder einen Grundwehrdienst“ leisten. Frauen sollen gleichfalls eingezogen werden. Sie sollen aber nur eine „allgemeine Dienstpflicht“ haben. „Frauen sollen die Möglichkeit haben, freiwillig in den Streitkräften zu dienen.“ Ansonsten sollen sie zu anderen Arbeitsdiensten herangezogen werden.

Als die Wehrpflicht noch durchgesetzt wurde, waren in West-Deutschland zeitweise über 400.000 Soldaten ständig in ihren Kasernen und Standorten unter Waffen.

Die AfD schreibt weiter auf Seite 26: „Im Ergebnis benötigt Deutschland Streitkräfte, deren Führung, Stärke und Ausrüstung an den Herausforderungen künftiger Konflikte orientiert ist.

Übersetzt heißt das, die Bundeswehr soll zusammen mit der NATO an der Peripherie eingesetzt werden können. Weltweit soll sie unter UN-Mandat kämpfen können – aber nur, wenn das deutschen Sicherheitsinteressen dient. Das kann man auf Seite 25 nachlesen.

7. Für mehr CO2-Ausstoß sorgen

Dem Klimawandel gibt die AfD in ihrem Programmentwurf ab Seite 14 Platz. Sie leugnet die menschengemachte globale Erwärmung und schreibt: „Das Klima wandelt sich, solange die Erde existiert. Die Klimaschutzpolitik beruht auf untauglichen Computer-Modellen des IPCC („Weltklimarat“). Kohlendioxid (CO2) ist kein Schadstoff, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil allen Lebens.

Weiter heißt es: „Wir leben heute in einer Warmzeit mit Temperaturen ähnlich der mittelalterlichen und der römischen Warmzeit. Die IPCC-Computermodelle können diese Klimaänderungen nicht erklären.“

Deshalb scheint die AfD nichts gegen einen höheren CO2-Ausstoß zu haben: „IPCC und deutsche Regierung unterschlagen jedoch die positive Wirkung des CO2 auf das Pflanzenwachstum und damit auf die Welternährung. Je mehr es davon in der Atmosphäre gibt, umso kräftiger fällt das Pflanzenwachstum aus.“

Folgerichtig will die AfD „Das Stigmatisieren des CO2 als Schadstoff (…) beenden.“

Klimaschutzprogramme sollen beendet, das Erneuerbare Energie Gesetz (EEG) abgeschafft und Windräder möglichst verboten werden: „Windkraftanlagen zerstören das Bild unserer Kulturlandschaften und sind für Vögel eine tödliche Gefahr.

Die AfD sagt, sie will Schluss machen mit „Plänen zur Dekarbonisierung“ und „CO2-Emissionen wollen wir finanziell nicht belasten“. Das bedeutet: Kohlekraftwerke sollen weiter laufen, die bereits beschlossenen Reduzierungen aufgegeben werden. Es würde damit in den nächsten 20 Jahren mehr CO2 ausgestoßen, als bislang geplant, wenn es nach dem Willen der AfD gehen würde.

8. Reiche geringer besteuern

Die AfD schreibt auf Seite 30 ihres Programmentwurfes: „Analog zur Schuldenbremse wollen wir eine verbindliche Steuer- und Abgabenbremse im Grundgesetz, um die maximale Summe der Belastung auf einen bestimmten Prozentsatz im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt festzuschreiben.“ Zudem will die AfD Steuern abschaffen, die besonders Reiche und besonders Wohlhabende belasten. Auf Seite 30 steht in Zeile 32: „Die Alternative für Deutschland will die Erbschaftsteuer ersatzlos abschaffen.“ Außerdem soll die Gewerbesteuer, die vor allem Betriebe und Unternehmer zahlen müssen, abgeschafft werden.

9. Staatlich kontrolliertes Fernsehen

Eines der Hauptthemen der AfD sind die als „Lügenpresse” geschmähten Medien, die angeblich gesteuert seien und Merkel-Propaganda betreiben. Vor allem der öffentlich-rechtliche Rundfunk, wie ARD und ZDF, ist für AfD eine Zielscheibe. Dieser wird nicht von der Regierung beaufsichtigt, sondern von Rundfunkräten, die von gesellschaftlichen Gruppen dominiert werden: von Kirchen bis zu Sportverbänden. Zwar haben viele der Mitglieder im Rundfunkrat eine politische Bindung, der Regierung direkt untergeordnet sind sie jedoch nicht.

Umso kurioser sind die Positionen der AfD im geplanten Grundsatzprogramm dazu. Die Rechtspopulisten wollen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen (sie nennen es verharmlosend „privatisieren”). Über die nicht sonderlich beliebte Gebühreneinzugszentrale (GEZ) schreibt die AfD in ihrem Entwurf: „Der Beitragsservice wird ersatzlos abgeschafft.

An die Stelle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sollen dann zwei steuerfinanzierte und damit zu 100 Prozent vom Staat abhängige TV- und Radiosender ersetzen. Die AfD will den Einfluss der Politik auf das Fernsehen und die Nachrichten also stärken, statt schwächen.

Die Partei schreibt dazu scheinbar neutral auf Seite 55: „Die staatliche Informationsversorgung wird durch einen steuerfinanzierten Rundfunk mit zwei Rundfunksendern und zwei Fernsehsendern geleistet.

10. Gegen Muslime und Juden hetzen

Die AfD will traditionelle Rituale von Juden und Muslimen verbieten lassen: Das Schächten und das Beschneiden.

Die AfD begründet die angestrebten Verbote der religiösen Rituale mit Tierschutz.

Doch wenn es der AfD wirklich beim Schächtungsverbot um den Tierschutz ginge, würde sie sich gegen die Methoden der industriellen Massentierhaltung und Massentierschlachtungen wenden und nicht gegen Ausnahmen aus dem Tierschutzgesetz, die speziell für religiöse Zwecke gelten, damit Fleisch „halal“ (Islam) oder „koscher“ (Judentum) wird.

Die AfD schreibt auf Seite 54 des Programmentwurfes: „Die AfD lehnt das betäubungslose Schächten von Tieren ab als unvereinbar mit dem Staatsziel Tierschutz. Sie befürwortet hingegen das auch von Muslimen und Juden akzeptierte Schächten mit vorheriger Elektrokurzzeitbetäubung und fordert, die Ausnahmeregelung für Religionsgemeinschaften in § 4a (2) Abs. 2 TierSchG zu streichen.

Das angestrebte Verbot bezieht sich allein auf streng religiöse jüdische und muslimische Riten.

Zur Beschneidung schreibt die AfD auf Seite 54: „Sie verstößt gegen die Menschenwürde, missachtet die Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung und widerspricht dem ärztlichen Prinzip ‚primum non nocere’. Sie verletzt das Kindeswohl, dem das Elternrecht untergeordnet ist, und verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz der Geschlechter, denn die weibliche Genitalbeschneidung ist verboten.

Seit Jahrhunderten greifen Antisemiten die Beschneidung als religiöses Symbol an. An einer ernsthaften Debatte über Vor- und Nachteile der Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen liegt ihnen nicht.*)

Zusammengefasst:

Die AfD ist eine radikale Partei, die versucht, mit Hetze gegen Ausländer, Flüchtlinge, Muslime und Juden Wählerstimmen zu fangen, um eine Politik in Deutschland durchzusetzen, die unser Land radikal verändern soll.  

Sie ist gegen die Rechte von Frauen.

Sie ist gegen die gesetzliche soziale Absicherung von einfachen Beschäftigten.

Sie stigmatisiert Alleinerziehende.

Sie steht mit ihrer Klimapolitik für die Zerstörung der Natur.

Jeder, der nicht männlich, weiß und wohlhabend ist, bekommt wahrscheinlich ein Problem, wenn die AfD an die Macht kommen sollte.

* Soweit, so gut, Nur noch mein Kommentar zur Beschneidung:

Ich kenne auch keine jüdische oder muslimische Religionsgemeinschaft, die die Genitalverstümmelung von Jungen ernsthaft debattieren will. Es gibt nämlich aus medizinischer und wissenschaftlicher Sicht KEIN EINZIGES ARGUMENT DAFÜR !

Siehe meinen Beitrag hier: https://josopon.wordpress.com/2015/06/13/es-gibt-noch-hoffnung-erfolgreiche-penistransplantation-nach-trauma-durch-beschneidungsritual/

AfD macht Programmentwurf öffentlich

Von Hubertus Volmer

Wer den aktuellen Programmentwurf der AfD liest, fühlt sich an den Konservatismus der US-Republikaner erinnert. Der Staat ist darin Problem und Lösung zugleich.

Auf ihrem Parteitag am 30. April in Stuttgart will die AfD sich ein Grundsatzprogramm geben – das erste in der Geschichte der Partei. Nachdem in den vergangenen Tagen bereits Versionen des Programms lanciert oder geleakt wurden, hat die AfD nun einen Entwurf veröffentlicht – mit dem Hinweis, dass dies noch nicht das endgültige Programm ist.

Auf knapp 80 Seiten entwirft die AfD eine Politik, die konservativ ist mit Blick auf Familie und Nation, skeptisch mit Blick auf die Rolle des Staates, abweisend gegenüber Muslimen. Insgesamt ist dem Text anzumerken, dass die AfD mit dem heutigen Deutschland unzufrieden ist – besser gefällt ihr Deutschland, wie es (zumindest in der Erinnerung der AfD) früher war.

„Wir sind Liberale und Konservative“, lautet der erste Satz der Präambel. Die AfD zeichnet sich darin als Partei, die die „selbstherrliche Willkür“ der „politischen Führung“ nicht länger hinnehmen will. Dieser Anspruch wird mit viel Pathos unterlegt: „Entschlossen stellen wir uns den Kräften des alten und neuen Totalitarismus entgegen und verweigern uns dem Weg in die Knechtschaft.“

Gegen das „politische Kartell“

Im Kapitel über Demokratie und Grundwerte schreibt die AfD, die Machtverteilung in Deutschland entspreche nicht mehr den Grundsätzen der Gewaltenteilung. Als Bedrohung der „unantastbaren Volkssouveränität“ werden die EU-Verträge und die anderen Parteien dargestellt. „Heimlicher Souverän ist eine kleine, machtvolle politische Führungsgruppe innerhalb der Parteien.“ Das klingt leicht verschwörungstheoretisch: „Es handelt sich um ein politisches Kartell, das die Schalthebel der staatlichen Macht, soweit diese nicht an die EU übertragen worden ist, die gesamte politische Bildung und große Teile der Versorgung der Bevölkerung mit politischen Informationen in Händen hat.“

Konkret fordert die AfD Volksabstimmungen nach dem Vorbild der Schweiz, eine Trennung von Amt und Mandat, eine Reform der Parteienfinanzierung und ein Verbot von Firmenspenden an Parteien. Die Amtszeit des Bundeskanzlers soll auf zwei Legislaturperioden beschränkt werden, Abgeordnete sollen maximal vier Legislaturperioden im Parlament sitzen.

Austritt aus dem Euro

Die EU soll aus Sicht der AfD in eine „Wirtschafts- und Interessengemeinschaft souveräner, lose verbundener Einzelstaaten“ umgewandelt werden. Die Türkei soll dieser Gemeinschaft nicht beitreten, eine gemeinsame Außenpolitik soll es nicht geben.

Die AfD fordert ein Ende der Eurorettungspolitik und „bei mangelnder Einsicht der Partnerstaaten“ einen Austritt aus dem Euro. Etwas später heißt es deutlicher: „Ein Austritt Deutschlands aus der Währungsunion ist aus nationalem und europäischem Interesse unausweichlich.“

Strafmündig schon ab zwölf

Das Kapitel über die innere Sicherheit und die Justiz steht im Spannungsfeld eines starken Staats, der die Bürger schützt, und eines schwachen Staats, der sie in Ruhe lässt. Die Strafmündigkeit soll auf zwölf Jahre gesenkt werden. Psychisch kranke Täter sollen nicht in psychiatrischen Krankenhäusern, sondern in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden.

In einem Nebensatz fordert die AfD, dass im Staatsangehörigkeitsrecht wieder ausschließlich das Abstammungsprinzip gilt. Das Waffenrecht soll „nicht verschärft“ werden. Auch dahinter steht eine skeptische Distanz zum Staat: „Ein strengeres Waffenrecht wäre ein weiterer Schritt in die Kriminalisierung unbescholtener Bürger und in den umfassenden Überwachungs- und Bevormundungsstaat.“ Die von dem nordrhein-westfälischen AfD-Vorsitzenden Marcus Pretzell geforderte Liberalisierung des Waffenrechts schimmert durch den Konjunktiv dieses Satzes durch.

Kein Nato-Austritt

Aus Sicht der AfD „ist Deutschland zunehmend auf den Schutz und die Unterstützung von Bündnispartnern, besonders der USA, angewiesen“. Ziel der Partei ist es, „zu allen Staaten gute Beziehungen zu entwickeln und zu pflegen“. Russland wird nur kurz erwähnt: „Das Verhältnis zu Russland ist für Deutschland, Europa und die Nato von maßgeblicher Bedeutung, denn Sicherheit in und für Europa kann ohne Russlands Einbindung nicht gelingen.“

Einen Nato-Austritt fordert die AfD nicht, aber die Organisation soll sich auf ihre „Aufgabe als Verteidigungsbündnis“ beschränken. Die Wehrpflicht soll wieder eingesetzt werden, damit sich „die Bevölkerung mit ‚ihren Soldaten‘ und ‚ihrer Bundeswehr‘ identifiziert“.

Arbeitslosengeld I wird doch nicht privatisiert

Der Staat soll sich nach dem Willen der AfD auf vier Bereiche konzentrieren: innere und äußere Sicherheit, Justiz, auswärtige Beziehungen und Finanzverwaltung. Dass die Sozialpolitik hier fehlt, ist kein Zufall. „Wir wollen prüfen, inwieweit vorhandene staatliche Einrichtungen durch private oder andere Organisationsformen ersetzt werden können“, heißt es in dem Programmentwurf.

Die Bundesagentur für Arbeit soll aufgelöst werden, ihre Aufgaben sollen den kommunalen Jobcentern übertragen werden. Der Mindestlohn soll erhalten bleiben; er schütze Niedriglohnempfänger „vor dem durch die derzeitige Massenmigration zu erwartenden Lohndruck“. Das Thema ist in der AfD nicht unumstritten: AfD-Vizechef Jörg Meuthen etwa ist gegen den Mindestlohn. Er wolle „für eine Sozialpolitik kämpfen, die sich darauf konzentriert, die wirklich Bedürftigen zu fördern“, sagte Meuthen kürzlich. Mit einem anderen Punkt dürfte er zufriedener sein: Das Arbeitslosengeld II will die AfD zugunsten einer „aktivierenden Grundsicherung“ abschaffen, die an die Idee eines Grundeinkommens angelehnt ist: Wer nichts oder wenig verdient, erhält die volle Grundsicherung, wer viel verdient, muss stattdessen Einkommensteuer zahlen. Das Arbeitslosengeld I, das in einem früheren Entwurf noch „privatisiert“ werden sollte, wird in der aktuellen Programmversion nicht mehr erwähnt.

Mehr Geld für mehr Kinder

Ebenfalls gestrichen wurde die Forderung, zu der schuldhaften Ehescheidung zurückzukehren, die es seit den siebziger Jahren nicht mehr gibt; angesichts der privaten Verhältnisse von AfD-Chefin Frauke Petry hätte eine solche Forderung auch ein wenig albern gewirkt.

Auch ohne schuldhafte Scheidung besteht das Programm der AfD im Kapitel über Familie und Kinder in Kritik am Zeitgeist und in der Forderung nach Rückkehr in die Vergangenheit. Abgelehnt werden Krippen, Ganztagsschulen, Jugendämter und Familiengerichte, „Gender Mainstreaming und die generelle Betonung der Individualität“.

Zu der Zwischenüberschrift „Kinder statt Inder“, die die CDU an ihre Vergangenheit erinnert hätte, konnte sich die AfD nicht durchringen – stattdessen steht dort „Mehr Kinder statt Masseneinwanderung“. Vor allem Mehrkindfamilien sollen mit Förderprogrammen vom Staat unterstützt werden. Beklagt wird, dass die Geburtenrate unter Migranten höher ist als in Deutschland insgesamt (1,8 zu 1,4). Eine „Willkommenskultur für Neu- und Ungeborene“ soll die Zahl der Abtreibungen senken.

Islam gehört nicht zu Deutschland, Muslime auch nicht so richtig

„Der Islam gehört nicht zu Deutschland“, schreibt die AfD. Der dann folgende Satz klingt so, als gehörten auch die Muslime nicht so richtig zu Deutschland: „In seiner Ausbreitung und in der Präsenz einer ständig wachsenden Zahl von Muslimen sieht die AfD eine große Herausforderung für unseren Staat.“ Der Hinweis, dass viele Muslime „akzeptierte Mitglieder unserer Gesellschaft“ sind, fehlt allerdings nicht.

Den Bau von Minaretten lehnt die AfD ab, Vollverschleierung soll verboten werden, Kopftücher sollen im öffentlichen Dienst verboten werden. Einen bekenntnisorientierten Islamunterricht soll es an deutschen Schulen nicht geben.

Angst um unsere Kinder

In der Bildungspolitik will die AfD die „Gender-Forschung“ abschaffen, die alten Abschlüsse Diplom und Magister wieder einführen, das gegliederte Schulsystem beibehalten und „Leistungsbereitschaft und Disziplin“ stärken. Häufig werde an deutschen Schulen „nicht die Bildung einer eigenen Meinung gefördert“, beklagt die AfD, „sondern die unkritische Übernahme ideologischer Vorgaben“. Natürlich denkt die AfD dabei vor allem an „die einseitige Hervorhebung der Homo- und Transsexualität im Unterricht“. Das gipfelt in dem Satz: „Unsere Kinder dürfen in der Schule nicht zum Spielball der sexuellen Neigungen einer lauten Minderheit werden.“

Das wird man doch noch sagen dürfen

Für Differenzierungen ist im Kapitel zu Einwanderung, Integration und Asyl kein Platz: Mit Sprachverboten solle „vom völligen Versagen der Asyl- und Einwanderungspolitik der vergangenen Jahre durch die herrschenden Parteien“ abgelenkt werden, behauptet die Partei. „Die AfD fordert daher das selbstverständliche Recht auf freie Rede für freie Bürger wieder ein.“

„Echte Flüchtlinge will auch die AfD schützen, solange die Fluchtursache im Heimatland andauert“, heißt es. Alle anderen, „irreguläre Migranten“ in der Sprache der AfD, „können keinen Flüchtlingsschutz beanspruchen“. Wer Flüchtling und wer irregulär ist, soll in Aufnahmeeinrichtungen in „sicheren Drittstaaten“ entschieden werden.

Einwanderung lehnt die AfD nicht kategorisch ab. Aufgrund der demografischen Entwicklung werde „auch in Zukunft voraussichtlich eine Lücke bleiben, die durch eine vorausschauende Einwanderungspolitik zumindest teilweise geschlossen werden sollte“. Eine Minderheit der Programmkommission hat allerdings einen Alternativvorschlag: „Deutschland ist kein Einwanderungsland.“ Nur „Spitzenkräfte“ sollen nach Deutschland kommen dürfen. Für welche Variante sich die AfD entscheidet, muss die Partei in Stuttgart klären.

Partei der Klimaleugner

In der Wirtschaftspolitik setzt die AfD auf die Marktwirtschaft. Freihandelsabkommen wie TTIP werden allerdings abgelehnt, „wenn diese intransparent … sind und unzulässig in nationales Recht eingreifen“. Das Steuerrecht soll „drastisch“ reformiert, die Erbschaftsteuer abgeschafft werden, was Reiche bevorteilen würde. Den Austausch von Steuerdaten will die AfD beenden, das Steuergeheimnis wiederherstellen. „Der Bürger darf nicht zum gläsernen Untertanen werden.“ Wie die Steuerhinterziehung bekämpft werden soll, schreibt die AfD nicht. Bargeld will sie erhalten, das Gold der Bundesbank soll „ausschließlich im deutschen Inland“ gelagert werden.

Den menschengemachten Klimawandel gibt es laut AfD nicht. Kohlendioxid sei „kein Schadstoff, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil allen Lebens“, seit 18 Jahren habe es keinen Anstieg der globalen Mitteltemperatur gegeben. Mit diesem Programm wird die AfD zum politischen Arm der deutschen Klimaleugnerszene. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz lehnt die AfD ab, die Laufzeiten der Kernkraftwerke will sie verlängern, über „die wirtschaftlichen und politischen Vorteile des Fracking im Vergleich zu den realen Risiken“ soll die Bevölkerung informiert werden.

Fazit: Mit ihrem Programmentwurf präsentiert sich die AfD als Partei der Verlustängste und der Freiheit. Ihr Alleinstellungsmerkmal ist das Gefühl einer Bedrohung – durch den Islam, durch die Europäische Union, durch das Kartell der „Altparteien“ (ein Wort, das AfD-Politiker häufig benutzen, das sich aber im Programmentwurf nicht findet), durch „Gender Mainstreaming“, Klimawandel und vieles mehr. Ihr Programm ist konservativ und wirtschaftsliberal, es enthält zahlreiche Punkte, die man auch bei anderen Parteien findet. In der Sozialpolitik setzt die AfD auf einen schwachen, in der inneren Sicherheit auf einen starken Staat – der aber unbescholtene Bürger nicht kontrollieren soll. In diesem Widerspruch erinnert die AfD an die US-Republikaner, bei denen es Leute gibt, die den Geheimdiensten mehr Macht geben wollen, und andere, die das Gegenteil fordern.

Schon häufig ist bemerkt worden, dass die AfD an die Grünen in ihrer Frühzeit erinnern. Das Gefühl der Bedrohung ist sicherlich eine Parallele. Was für die Grünen in den achtziger Jahren Aufrüstung und Umweltzerstörung waren, ist für die AfD heute der Verlust dessen, was sie „deutsche kulturelle Identität“ nennen. Als die Grünen in den achtziger Jahren erstmals in den Bundestag einzogen, hielten die anderen Parteien sie für Spinner. Was sagt diese Parallele über die AfD aus? Nichts. Im Moment ist sie eine radikale Partei rechts der CDU, aber keine rechtsradikale Partei – trotz ihres völkischen Flügels um Björn Höcke. Wie die Partei sich entwickelt, wird entscheidend davon abhängen, wie viel Einfluss sie Leuten wie Höcke einräumt.

Quelle: n-tv.de

Die Diffamierung der NachDenkSeiten geht weiter – Jutta Ditfurth als Panoramaschlampe

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Die Entwicklung A) ist schon über längere Zeit zu verfolgen. Ich erinnere mich daran, dass zu Anfang der Aufdeckung des NSU-Skandals auf NDR-Panorama zu meiner Verwunderung ein Weißwasch-Beitrag über den VS-Agenten und stillschweigenden Mordzeugen Temme gesendet wurde. Vermutlich wurde hier vorauseilender gehorsam geleistet, um sich später mit Hilfe gesteuerter Kampagnen lästiger Enthüllungskonkurrenten zu entledigen.

alles nazis ausser jutta

Und B) Jutta, ach Jutta, wie habe ich Dich früher mal geschätzt – auch Du bist in deiner traurigen narzisstischen Isolation von allem Lebendigen tief in den Dreck gestiegen, bloß um Aufmerksamkeit zu buhlen.
Aber lest selbst, wie Albrecht Müller den Dreck mit Leichtigkeit abschüttelt:
http://www.nachdenkseiten.de/?p=28652#more-28652
Auszüge:

A. Die Diffamierung der NachDenkSeiten geht weiter. Da hilft wohl nur Aufklärung mit Ihrer Unterstützung. Darum bitten wir.

Verantwortlich: Albrecht Müller

Am 21. Oktober hat das Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung gegen den NDR verfügt, weil NDRaktuell mein Buch „Meinungsmache“ mit Hitlers „Mein Kampf“ und rechtsradikalen Texten verknüpft hatte. Jetzt versucht es ausgerechnet die ursprünglich einmal medienkritische Sendung ZAPP des NDR auf andere Weise. Schauen Sie hier auf die Sendung vom 11. November.
Hier werden die NachDenkSeiten in enge Verbindung mit compact von Elsässer und dem Kopp Verlag gebracht – siehe konkret bei Minute 2:20 bis 3:00. Die NachDenkSeiten werden in die Reihe „zweifelhafter“ „Alternativ-Medien“ eingeordnet.
Siehe hier: https://youtu.be/SE7KlLYTo20

Die Einstimmung erfolgt bei ZAPP auf wirklich üble manipulative Weise mit einem Stück über körperliche Gewalt gegen Journalisten durch Pegida und Legida. Mit beidem haben wir nichts zu tun. Die Kritik an der Gewalt gegen Journalisten teilen wir ohne Abstriche. Und wir arbeiten weder mit Kopp noch mit Elsässers Compactmagazin zusammen. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar:
http://www.nachdenkseiten.de/upload/podcast/151113_Diffamierung_geht_weiter_NDS.mp3

[ 7:12 ]

Es gibt von uns keinen Text oder Interview in jenen Medien. Im Gegenteil: So wurde das von Kopp verlegte Buch „Gekaufte Journalisten“ von Ulfkotte von mir kritisch besprochen, obwohl ich den Titel in Einzelfällen für berechtigt halte. Aber das zählt alles nicht.

Es geht dem etablierten Medium NDR wie einigen anderen Medien einzig allein darum, die NachDenkSeiten schlecht zu reden, ihr Ansehen und ihre Wirkung zu brechen.
Diesen Medien passt nicht, dass wir seit nunmehr bald zwölf Jahren nachweisen, wie einige unserer Medien manipulieren, wie sie Kampagnen der Meinungsbeeinflussung zugunsten von großen Interessen fahren, wie sie verschweigen und die Unwahrheit sagen.
Und da die Zahl unserer Leserinnen und Leser ungebrochen wächst und da unsere Leser/innen ihre berechtigte Kritik in die Foren etablierter Medien tragen, werden diese nervös und schlagen wie im konkreten Fall um sich.

Die NachDenkSeiten arbeiten mit vielen Medienschaffenden gut und vertrauensvoll zusammen.

Wir würdigen in unseren werktäglichen Hinweisen interessante und gute Produkte von Journalistinnen und Journalisten; kritikwürdige kritisieren wir. Sachlich orientierte Kolleginnen und Kollegen ertragen das. Viele Journalisten sind täglich auf unserer Seite, informieren sich, holen Anregungen.
Zwischen ihnen und uns gibt es eine freundliche, fast schon freundschaftliche Atmosphäre. Das habe ich jetzt bei verschiedenen Interviews anlässlich des Todes von Helmut Schmidt wieder einmal erlebt. Da gibt es schon deshalb keine Probleme, weil viele der Journalisten-Kolleginnen und –Kollegen die anti-demokratische Abhängigkeit ihrer Verleger und der Führungskräfte in den Sendern von großen Interessen genauso kritisch sehen wie wir.

Aber dann gibt es eben diejenigen, die unsere Kritik an ihren Kampagnen und sonstigen Machenschaften nicht ertragen.

Der Trick mit dem Begriff Lügenpresse und der Verknüpfung mit Pegida/ LEGIDA usw.

Sie nutzen die berechtigte Kritik an PEGIDA und der AfD als eine Art von Transportband dafür, auch kritische Medien wie die NachDenkSeiten zu diffamieren.

Das funktioniert so: „Lügenpresse“ sagen Menschen, denen man schon deshalb nicht trauen kann, weil sie Gewalt gegen Journalisten anwenden. Also sollte man auch allen anderen nicht trauen, die den Medien vorwerfen, sie würden manipulieren und die Unwahrheit sagen. Bei ZAPP lautet das dann so:
„Es gibt „besorgte Bürger“, die meiden die „Lügenpresse“ und informieren sich lieber bei zweifelhaften „Alternativ-Medien“ im Netz. Doch werden sie dort besser informiert?“

Die Macher des NDR sind wie mit kommunizierenden Röhren mit radikaler Agitation verbunden.

Dazu ein Beispiel, herauskopiert von Facebook:

Jutta Ditfurth auf facebook

Nachdenkseiten suchen den Dialog mit Pegida-Nazis

Während selbst einige bürgerliche Politikerinnen – wenn auch viel zu spät –, begreifen, dass man sich von den Pegida-Nazis abgrenzen muss, um die rechten Aufmärsche zu bekämpfen, suchen die NachDenkSeiten nun offen den Dialog mit den Pegida-Nazis. Denn die Deutschen sind ja alle nur arme Opfer, denen sich, um neue Kundschaft bemühte, angeschlagene Politikerinnen und Medienleute im sozialarbeiterischen Gewand mit fürsorglicher Heuchelei nähern, ihre eigenen Interessen an mehr Wählerstimmen und neuen Abonnent*innen nur mühsam verschleiernd.

Dies ist eine der vielen Lektionen aus der deutschen Geschichte: nur die scharfe, kenntnisreiche, wissenschaftlich fundierte und von kluger politischer Aktion gestützte KONFRONTATION mit den neuen Völkischen, mit Antisemitinnen, Rassistinnen und Nazis ist geeignet, wenn überhaupt irgendetwas nützt, das rechte Umfeld und dort auch nur die noch nicht auf ihre rechten Sekten, Ideologinnen und Gurus ideologisch festgelegten Anhängerinnen zu erreichen.

Die Anpassung und Unterwerfung an dieses Milieu, das sozialarbeiterische „Verständnis“ für ihre Bewussteinslage stärkt die Rechte. (War das nicht eine Lektion, die z.B. aus der Kritik der staatlichen „Glatzenpflege“ und der Entstehung des Thüringer Heimatschutzes sowie des NSU hätte gelernt werden müssen?)

Die NachDenkSeiten analysieren nicht mehr. Sie denken nicht mehr kritisch-aufklärerisch, sondern sie fühlen dem braunen Zeitgeist hinterher. Sie raunen und rennen. Je schneller sich die Rechten ausbreiten, umso schneller. Sie haben keinen Halt mehr und keine Haltung. …“

Nach Lektüre dieses Textes verstehen Sie vielleicht, warum wir Sie um Mithilfe bei der Aufklärung bitten. Gegen solch eine wahnsinnige Diffamierung kann man sich nämlich weder juristisch noch alleine wehren.

Vergleichen Sie also einfach die auf den NachDenkSeiten veröffentlichten Ergebnisse unserer Arbeit mit dem, was diese durchaus einmal ehrenwerte Frau Ditfurth heute schreibt.

Die beste Unterstützung für die NachDenkSeiten: Wenn Ihnen unsere tägliche Arbeit etwas nutzt, wenn Sie die Informationen und Anregungen schätzen, dann sagen Sie das bitte einfach weiter. Nutzen Sie Ihre E-Mail Verteiler für diese Art von elektronischem Mundfunk.

B. Nemeticos Politblog

Die sehr reale und faktische Querfront von Jutta von Ditfurth bis zu den Schlächtern von Odessa

https://nemetico.wordpress.com/2014/07/02/die-sehr-reale-und-faktische-querfront-von-jutta-von-ditfurth-bis-zu-den-schlachtern-von-odessa/
Dort auch interessante Kommentare ! Auszüge:

Schon eine ganze Weile hatte ich vor, einen Artikel unter dieser Überschrift zu verfassen. Was mich zögern ließ, das war der Name Jutta (von) Ditfurth. Nicht dass ich diese Person etwa für eine “linke Ikone” halten wurde, wie es naive Bewohner des pseudo-“linken” Ghettos (auch “linke Szene” genannt) gern tun.

Im Gegenteil. Bei diesem Namen fällt es mir einfach schwer, noch auch nur einen Hauch Objektivität zu bewahren. Sehr viel Wut und Zorn werden wach in mir bei diesem Namen.
Dies hat mit persönlichen Erfahrungen zu tun, die ich mit dieser hochwohlgeborenen Person und ihrer Klientel mal vor 20 Jahren gemacht habe. Das reichte für ein Leben, und wenn es Wiedergeburt gäbe, auch noch für zehn weitere. Das war die Zeit, als Euer Hochwohlgeboren Promotion für ihr Buch “Entspannt in die Barbarei” machte.
Damals gab es in der schrumpfenden “linken Szene” eine von ihr initiierte Hetzjagd auf diverse Abweichler. Und die gibt und gab es aus der Tunnelblick – Perspektive mehr als genug. Da wurden Tierschützer, Veganer und Vegetarier auf einmal zu “Menschenfeinden” deklariert (weil die Mensch und Tier gleich stellen), Seminarbesucher des ZEGG wurden zu Angehörigen einer “Kinderschänder-Sekte” ernannt und jegliche Anhänger irgendwelcher Regionalgelder (ob Gesellianer oder nicht) zu “Nazis”. Diffamierendes Mobbing war schon damals die Methode. Dass Sie sogar eigene Anhänger (die nach solchen Attacken keine mehr waren) brüskierte, schien sie schon damals nicht zu kümmern, klar, es ging auch damals nur um Promotion, denn sie will ja ihre Bücher verkaufen.

Irgendwo habe ich in einem kritischen Artikel über Euer Hochwohlgeboren gelesen, dass sie Menschen, die von Konstantin Wecker und anderen linken Künstlern für eine linke Perspektive gewonnen worden wären, durch ihre Haßexzesse geradezu wieder entpolitisieren würde.

Das habe ich auch vor 20 Jahren genau so erlebt. Ich erinnere mich noch gut an das fassungslose Gesicht eines jungen “Autonomen”, als er erfuhr, dass hinter der Sprengung seines Briefkastens mittels Feuerwerksböller durch anonyme “Menschen aus (blabla)” die Klientel der von ihm geradezu vergötterten Jutta von Ditfurth steckte. Sein “Verbrechen”: er hatte mal ein Seminar im ZEGG besucht.

Ja, ich erlebte auch, wie eine komplette Wohngruppe, die als autonomer Teil an einem linken Wohnprojekt teilnehmen wollte, von einer anonymen “Anti”Fa-SA als “Kinderschändersekte” verleumdet wurde (ich verzichte auf die Darstellung der abenteuerlichen Konstruktion dieser Leute) und sich schleunigst aus allen diesen Zusammenhängen zurückzog. Die gängige Haltung war dann, “niemals wieder mit Extremisten etwas zu tun haben zu wollen”.

Schon damals dachte ich bei mir: eine bezahlte Einflußagentin des Klassenfeindes könnte keinen größeren politischen Schaden anrichten als diese Person. Womit ich nicht gesagt haben will, dass Jutta von Ditfurth keine wäre. Real weiß ich nicht, ob sie eine ist oder nicht. Oder: in welcher Hinsicht? Bewusst oder unbewusst, wäre z.B. so eine Frage, die sich mir stellt. Aber soll ich mir einen Kopf machen um eine Person, deren Passion in Diffamierung besteht? Vielleicht gar “psychologische Gründe” suchen? Etwa auf die Tatsache stoßen, dass sie aus einer durch und durch antisemitischen Sippe kommt, was sie ja selbst dokumentiert hat?

Geändert hat sie sich in 20 Jahren offenkundig nicht. Die gleiche Methode abenteuerlicher Abstraktionen, die unerwünschte Personengruppen ins faschistische Lager “hineindefiniert”. Damit auch ihre Bücher fleißig gekauft werden. Das ist wichtiger als sich über Kleinigkeiten aufzuregen, wie sie die Ereignisse in der Ukraine darstellen. Denn Pseudo-Marxisten interpretieren schließlich die Welt, und maßen sich nicht etwa an, sie verändern zu wollen. Die “linke Szene” Deutschlands wird geistig schließlich beherrscht und eingelullt durch den sogenannten “Poststrukturalismus”, dessen zentrales Axiom lautet: “Es gibt keine Realität außerhalb der Sprache”, vulgo “Geschwätz ist die ganze Wirklichkeit” (man muss nur dran glauben).

Lohnt es sich überhaupt, über diese Person Gedanken zu verschwenden, die immerhin – und das ist definitiv – eines von ihren hochwohlgeborenen Vorfahren ererbt hat, und das ist gruppenbezogener Menschenhaß? Nämlich beispielsweise auf Vegetarier, Veganer, Anhänger von Tauschbörsen und Regionalgeld, Menschen mit wie auch immer gearteter “spiritueller” Ausrichtung, ZEGG-Besucher, Teilnehmer an Montagsdemonstrationen usw. Dass es sich dabei nur um paranoiden Anti-Antisemitismus handelt wage ich ganz offen zu bezweifeln.

Sowohl in ihrem Fernsehinterview als auch in ihren wutschäumenden Internetäußerungen wiederholt sie nämlich ständig eines der typischsten antisemitischen Propagandamärchen, nämlich dass das Finanzkapital “jüdisch” sei. Es ist merkwürdig, dass das so wenigen Menschen aufgefallen ist, den Fans dieser Person ohnehin nicht. Denn von den bekannten Protagonisten der Friedensmahnwachen (Ken Jebsen, Jürgen Elsässer, Andreas Popp) hat keiner von “jüdischem Finanzkapital” gesprochen. Das wäre abgesehen davon auch absurd, denn Kapital hat keine Religion, keine Nationalität und keine “völkische” Zugehörigkeit. Aber Euer Hochwohlgeboren geht es anscheinend auch um was anderes. Daß das Finanzkapital “jüdisch” sei, davon spricht nur sie, und wie es scheint, aus gutem Grund.

Denn angenommen, das Finanzkapital wäre “jüdisch” – was in keinerlei Hinsicht so stimmt, es gehören schließlich auch “erweckte Christen” wie die Bush-Sippe oder gestandene rechtgläubige Muslims wie die bin Laden-Sippe dazu – dann wäre es ja “antisemitisch” (im Sinne von judenfeindlich), das Finanzkapital zu kritisieren. Also tabu.

(Ach ja, bitte lesen Sie beide Artikel, die ich verlinkt habe, aufmerksam durch, es lohnt sich).

Solche spaßigen Thesen, die aus meiner Sicht sicher in irgendwelchen transatlantischen Think Tanks ausgeheckt wurden, haben viele Hirne der real existierenden (Pseudo-)Linken in Deutschland mit der absurden Theorie des “subjektlosen Kapitalismus” verkleistert.

Nööö, Subjekte gibt es bei all den Financrashs, Schuldenkrisen, False-Flag-Aktionen von Al Qaida bis NSU, Kriegen, Massakern usw natürlich nicht. Das macht alles nur “das Wertgesetz”, was bei vielen Pseudo-Marxisten nur ein auf den Kopf gestelltes Synonym für die “unsichtbare Hand” des Neoliberalismus. Auch wenn sie es selbst nicht wissen.

Klar ist nur die Stoßrichtung dieser Argumentation: “Kritik” am Finanzkapital oder auch nur Aufdeckung gewisser Machenschaften ist “antisemitisch”, weil das Finanzkapital “jüdisch” sei. Sagt Jutta von Ditfurth. Die Frage ist natürlich: wem nützt das?

Ich weiß, eine solche Frage darf man in der “linken Szene” gar nicht stellen, sonst ist man ein “Verschwörungstheoretiker”. Seis drum.
Auf diese “linke Szene”, die diesen ersten massiven Bruch des Massenbewusstseins mit der imperialistischen Propagandamaschinerie als “neurechte Bewegung” verleumdet, kann die proletarische Klasse nicht setzen. Sie ist durchseucht von imperialistischen Einflußagenten (bewussten und unbewussten), das ist meine Sicht, selbst wenn ich die genauen Mechanismen dieser Durchseuchung nicht im Detail kenne und auch nicht nachweisen kann. Aber das muss ich auch nicht. Es riecht wie eine Katze, es bewegt sich wie eine Katze, es fühlt sich an wie eine Katze, es miaut wie eine Katze, nun, höchstwahrscheinlich wird es eine Katze sein.

Da sind also Leute auf die Straße gegangen, weil sie – durch eigene Recherchen – festgestellt haben, dass die NATO in der Ukraine eine faschistisch dominierte Regierung an die Macht geputscht hat. Klar müssen die Schaltzentralen der imperialistischen Propaganda alles tun, um diese Leute wieder von der Straße zu bekommen. “Man” hat schließlich noch “Großes” vor in Osteuropa. Doch wegen dieses dummen Internets läßt sich die Machtergreifung der Neo-Nazis in Kiew leider nicht vertuschen. Aber vielleicht kann man die kopfscheu gewordenen Menschen davon abschrecken, sich mit Dingen zu beschäftigen, die sie “nichts angehen”.

Wie kann man das machen?

Nun, eine klassische Methode, nämlich erklärte Faschisten gegen diese Bewegung einzusetzen, scheidet leider aus. Stellen Sie sich mal vor, die Angriffe gegen die Friedensmahnwachen wären durch die NPD durchgeführt worden. Das wäre die “klassische Methode”. Scheidet aus, nicht wahr? Es käme mit Sicherheit zu völlig unerwünschten Solidarisierungseffekten mit dieser Antikriegs-Bewegung, wenn etwa die NPD die Interessen ihrer Partner von Swoboda in der Ukraine mit militanten Aktionen unterstützen würde. Die von Apparaten gesteuerte NPD taugt nur als Buhmann (derzeit). Doch die CIA und andere Apparate dieser Art haben ihr Handwerk gut gelernt, und man ist auch ganz pragmatisch und “unideologisch”. Die Antikriegs-Bewegung wird besser von “links” zerschlagen. Entsprechende argumentative Konstrukte finden sich immer und willige “nützliche Idioten” sowieso.

Zurück zu Euer Hochwohlgeboren.

Wohlwollend betrachtet könnte ein Telefongespräch zwischen Euer Hochwohlgeboren und SAT3 folgendermaßen abgelaufen sein:

SAT3: Schönen guten Tag, Frau von Ditfurth, hier ist Kulturzeit. Wir erwägen, ein Interview mit Ihnen ins Programm aufzunehmen. Das Thema wären diese dubiosen Montagsdemonstrationen, die Sie ja, wie wir hörten, scharf kritisieren, weil sie antisemitisch ausgerichtet sind. Hätten Sie Interesse? Es gibt ein ordentliches Honorar und ausserdem können Sie natürlich auf Ihre neuen Veröffentlichungen hinweisen.

JvD: Freut mich sehr, das zu hören. Ja, sehr gerne. Wie hoch ist das Honorar?

SAT3: Nur um eines müssen wir Sie dringend bitten, Frau von Ditfurth. Unsere Sendungen sind stets ausgerichtet auf bestimmte Themen, die wir nicht sprengen wollen. Es handelt sich schließlich um ein Kulturmagazin. Bitte kein Wort zur aktuellen politischen Entwicklung in der Ukraine. Das würde den Rahmen der Sendung völlig sprengen. Und bitte auch das Wort Ukraine oder so möglichst nicht verwenden. Vergessen Sie nicht, dass wir ein Kulturmagazin sind. Ist das verständlich?

JvD: Ja, dafür habe ich volles Verständnis.

SAT3: Können wir uns also darauf verlassen? In der Vergangenheit haben Sie ja schon gelegentlich mal den thematischen Rahmen einer Talk-Show gesprengt und in gewissem Sinne sind Sie ja auch dafür berühmt.

JvD: Das waren doch ganz andere Themen!

SAT3: Trotzdem müssen wir sicherstellen, dass Sie sich an diese Vereinbarung halten, Frau von Ditfurth. Es wird Ihr Schaden nicht sein.

JvD: Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort! Kein Wort über die Ukraine. Versprochen.

SAT3: Dann steht ja nichts mehr im Wege…..

Das ist eine sehr wohlwollende Annahme, von der ich in diesem fiktiven und konstruierten Gespräch ausgehe. Sozusagen die harmloseste Annahme.

Trotzdem ist insgesamt beeindruckend, wie koordiniert diese Counter-Insurgency-Kampagne ablief. Zeitgleich mit diesem Interview begann die komplette proimperalistische Medienlandschaft aus vollen Rohren auf die neue Antikriegsdemonstrationen zu feuern, und zwar unisono im Jargon der “linken Ikone” (Euer Hochwohlgeboren). Die Demonstranten, die gegen eine faschistische Machtübernahme und deren Unterstützung durch NATO, EU, Bundesregierung, Mainstreammedien auf die Straße gingen und gehen, seien demnach “neurechts” oder gleich “faschistisch”. Eine “innere Logik” muss man da nicht suchen.Es geht bei solchen Taktiken nicht um “innere Logik”.

Es geht um Abschreckung. Die Menschen sollen Angst haben, stigmatisiert zu werden (mit welcher Argumentation auch immer), und gefälligst NICHT MEHR auf die Strasse gehen. Es gibt eine faktische und sehr pragmatische Logik: das ganze war offenkundig sehr gut orchestriert und demonstrierte, dass der Arm der imperialistischen Apparate bis weit in die “extreme Linke” hineinreicht. Die sogenannte “radikale Linke” wurde – zumindest in Teilen – für das aktuelle imperialistische Ziel (Antikriegsbewegung kleinhalten, isolieren, möglichst zerschlagen) instrumentalisiert, ließ sich wie ein Ochse am Nasenring durch die Manege ziehen und schnaubte.

In der Gründung “linker” Organisationen durch entsprechend spezialisierte Apparate gibt es einschlägige Erfahrungen, hier nur eines von vielen Beispielen davon: http://de.wikipedia.org/wiki/MLPN (es hat den Vorteil, gut dokumentiert zu sein).

Dazu ließe sich – auch anhand von historisch gut dokumentierten Fällen – vieles sagen. Später mehr.

Hier nur ein sehr empfehlenswerter Artikel aus der Neuen Rheinischen Zeitung: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=20523

Super! Eine Super-Querfront ist entstanden

Wenn es in diesem Artikel heißt:

Funktionäre des Imperialismus sind auf beiden Seiten im Einsatz. Sie spielen sich die Bälle zu.

so trifft das aus meiner Sicht voll und ganz die Sachlage. Und weiter (auch hier stimme ich zu):

Es ist ein grandioser Coup: “Linke” und Imperialisten sitzen vereint in einem Boot. Aufklärungsbestreben wird in diesem Boot zum Tabu gemacht wie selten zuvor. Wer tabuisierte Fragen stellt und sich Gedanken zu tabuisierten Themenkomplexen macht, muss damit rechnen, noch stärker als früher mit Begriffen wie Verschwörungstheorie, Esoterik, Truther etc. ausgeschaltet zu werden. Begriffe wie Antisemitismus und jüdische Weltverschwörung stehen als Schutzschilde gegen Einblick in zentrale Zusammenhänge bereit. FED, Zinssystem, Rothschild und die Frage, durch welche Kräfte – außerhalb Deutschlands – Hitler an die Macht kam, gehören zu den Themen, die mit solchen Schutzschilden geschützt werden.

Ja, wussten Sie, dass ein gewisser Prescott Bush verantwortlich war für das Management von gigantischen Krediten der us-amerikanischen Hochfinanz für die 1929 so gut wie bankrotte NSDAP? Und für Kredite für die Wiederaufrüstung der Wehrmacht? Und dass dieser Herr auch nach 1941 “gute Geschäfte” mit dem 3.Reich machte? http://de.wikipedia.org/wiki/Prescott_Bush#Enteignung_w.C3.A4hrend_des_Zweiten_Weltkrieges
Nein, wussten Sie nicht? Und wussten Sie, dass die General Motors – Tochterfirma Opel unangefochten in Nazi-Deutschland den gesamten Krieg hindurch für die Wehrmacht Kriegsgerät produzierte? Wie, Opel eine Tochterfirma von General Motors?

Die Adam Opel AG ist ein deutscher Automobilhersteller, der seit seiner Umwandlung in eine Aktiengesellschaft im Jahre 1929 zum US-amerikanischen Automobilkonzern General Motors(GM) gehört.

Das waren nur zwei Fakten, zwei von vielen, die einem zum Nachdenken bringen könnten. Will ich damit behaupten, die USA seien “schuld” am 3.Reich? Bestimmt kommt irgendein “antideutscher” Einfaltspinsel auf so eine Idee. Keineswegs behaupte ich das. Da waren schließlich auch Thyssen, IG Farben usw. Ich behaupte gar nichts, sondern habe auf einige relativ unbekannte Fakten verwiesen. Es gibt noch viel viel mehr. Warum aber bekam ich für solche Hinweise auf solche nachweisliche Fakten im Internet schon den Anwurf, “Antisemit” zu sein (von angeblichen “Autonomen”)? Wörtlich: “Antisemitische Scheiße, sofort löschen!” Was soll “antisemitisch” sein an der Feststellung, dass die Bush-Sippe ihren Aufstieg in die us-amerikanische Hochfinanz”elite” den Geschäften ihres Ahns mit dem 3. Reich verdankte? Wo ist da die Logik?

Ich werde Ihnen sagen, wo die Logik ist. Geht es nach den Spin-Doktoren, so soll ich mich mit solchen Dingen, die ganz simpel in wikipedia nachzulesen sind, gar nicht beschäftigen (es handelt sich ohnehin nur um die Spitzen von Eisbergen). Es geht darum, jede Beschäftigung mit solchen querliegenden Fakten zu tabuisieren, um sonst gar nichts. Da mag es im Zweifelsfall so sein, dass die Verleumdungen mit der formalen Logik völlig auf Kriegsfuss stehen. Aber das macht nichts.

Wichtig ist, dass bei jedem Dreck schmeissen auch Dreck kleben bleibt (so hofft “man” jedenfalls). Die Counter-Insurgency-Kampagne läuft, und Pseudo-Linke sind ihre Galionsfiguren.

Jochen

Ja, lügen die Medien denn nun oder nicht? Interview mit Medienkritiker Walter van Rossum, ehem.Autor für Zeit, FAZ, FR u.a.

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Im ganzen nachzulesen auf
http://www.nachdenkseiten.de/?p=24698#more-24698
Auszüge:

Dass den Medien in bürgerlichen Demokratien auch und vor allem die Aufgabe der „Gedankenkontrolle“ der Bürgerinnen und Bürger zukommt, hat Noam Chomsky, der meistzitierte Intellektuelle der Welt, in etlichen Publikationen herausgearbeitet und belegt.
Diese Funktion der Medien wird – vor allem wohl aufgrund der Zunahme an Kriegen und gesellschaftlicher Segregation – für immer größere Bevölkerungsteile aktuell evident. Sie betiteln die Medien daher als „Lügenpresse“, legen Programmbeschwerden ein und „basteln“ sich ihre Informationen mehr und mehr aus den wenigen unabhängigen Medien und im Netz zusammen.
Wie aber ist es nun um „unsere“ Medien bestellt? Welche Prozesse und Wirkungen zeichnen sich ab? Und ist das Wort „Lügenpresse“ dummrechte Kritik und also Tabu?
Zu diesen Fragen sprach Jens Wernicke mit dem Journalisten und Medienkritiker Walter van Rossum, der hierzu einen klaren Standpunkt vertritt.

Herr van Rossum, Sie sind sozusagen „Insider“ wie Medienkritiker zugleich: Sie haben für den WDR, den Deutschlandfunk, die Zeit, FAZ, FR, den Freitag und andere Freitag geschrieben und sind überdies seit Langem für Ihre scharfe Kritik an, ich sage es absichtsvoll salopp, der medialen Gehirnwäsche durch Formate wie jenes von Sabine Christiansen sowie der Tagesschau bekannt. Nun hat man diesbezüglich seit Längerem von Ihnen nichts gehört.
Interessant ist für daher zuerst einmal Ihre Einschätzung zur aktuellen „Medienentwicklung“ im Land. Was nehmen Sie wahr und wie beurteilen Sie das?

Mich fasziniert geradezu, wie der selbsternannte Qualitätsjournalismus aktuell schier unirritierbar im Rudel und mit großer Geschwindigkeit Richtung Abgrund prescht.
Dass den Kapitaleignern der großen Medienholdings immer nur qualitatives Downgraden einfällt, erstaunt mich hingegen wenig. Es zeigt nur, dass die bestehenden Besitzverhältnisse und mediale Qualität nicht zusammenpassen. Das ahnte man allerdings auch schon seit einiger Zeit.
Die Ironie bei der Sache besteht darin, dass dieser so genannte Qualitätsjournalismus sich ja fast durchgehend zum Sprachrohr des großen „Rucks“ gemacht, sich den Wonnen des Neoliberalismus also verschrieben und pausenlos jene Flexibilisierung gepredigt hat, der er in absehbar Zeit nun selbst zum weiteren Opfer werden wird.
Zu den Herausforderungen der neuen kommunikativen Verhältnisse durch das Netz ist den selbst ernannten Qualitätsjournalisten dabei exakt gar nichts eingefallen.
Und die einzigen, die wenigstens theoretisch die Möglichkeiten gehabt hätten, neue mediale Parameter zu schaffen – die Öffentlich-Rechtlichen – haben ihre Chance gewissermaßen aktiv verschlafen, indem sie alles Personal aus dem Weg geräumt haben, das anderes im Kopf hatte als gegen RTL in den Quotenkrieg zu ziehen.
Tom Buhrow als Intendant des WDR? Warum eigentlich nicht gleich Felix Magath?

Ich fürchte, die Zentralorgane jenes Journalismus haben ihre beste Zeit inzwischen lange hinter sich. Die eine oder andere Marke mag noch eine Weile bestehen bleiben, aber sie wird nichts mehr zu tun haben mit dem, wofür der Name einmal stand.
Insofern läuft auch meine Zeit als Mitarbeiter dieser Medien allmählich ab – ebenso wie die als Kritiker derselben.
Bei den Büchern, die Sie erwähnt haben, habe ich allen Ernstes noch geglaubt, daraus könnten interessante Debatten in den Medien, in den Redaktionen, über die ich geschrieben habe, entstehen. Das finde ich heute fast schon putzig.
Die Aufklärung funktioniert nicht mehr. Sie ist sozusagen mangels geeigneten Personals ausgeschlossen.

Ich bin ja durch und durch von diesen klassischen Medien geprägt. Aber wenn ich heute den Spiegel lese oder die Tagesthemen anschaue, dann bin ich kein Konsument erster Ordnung mehr, der einfach wissen will, was in der Welt geschieht und glaubt, das in diesen Medien finden zu können, sondern ein Beobachter zweiter Ordnung, den nur noch interessiert, was wollen die uns denn heute zu sehen geben, was sollen wir wie verstehen und was gar nicht erst wissen.
Kurzum, mich interessieren diese klassischen Organe einer wahrscheinlich immer schon fiktiven Öffentlichkeit nur noch als Produzenten und Vermittler des Weltbildes der bürgerlichen Mitte, die, wie man weiß, inzwischen etwa 95 Prozent der politischen Lufthoheit beansprucht während der verbleibende Rest bereits der freundlichen Beobachtung durch den Verfassungsschutz unterliegt.
Und aus dem qualligen Brei jener politischen Mitte so etwas wie Weltbilder in ständiger, irrer Neuformation zu destillieren und dabei noch den Schein einer lebendigen Demokratie zur Aufführung zu bringen, in der programmatische Differenzen ausgefochten werden, das gelingt den Qualitätsjournalisten tatsächlich mit einiger Präzision. Und das ist in meinen Augen auch der einzige Grund, warum diese Presse noch interessant ist: Sie gibt den verunsicherten Menschen die Illusion von Halt und ideologischer „Selbstgerechtigkeit“, wie es ist, ist es richtig, und die Medien erklären, warum.

Und was genau hat sich verändert seit der Zeit, in der Sie, wie Sie es beschreiben, über die Zustände im Land sozusagen noch Illusionen hegten?

Nun, neu ist, dass ein nicht genau bezifferbarer, aber meiner Einschätzung nach erheblicher Teil des Publikums inzwischen gegen „seine“ Medien rebelliert.
Diese Tatsache ist dabei ebenso überraschend wie der Anlass selbst: nämlich die Berichterstattung über die Ukraine.
Es ist ja nicht so, dass diese Kritiker alle Ukraine-Experten wären, und gewiss sind sie auch keine Putin-Fans. Aber jeder halbwegs aufmerksame Zuschauer oder Leser scheint unweigerlich zu verstehen, dass diese Berichterstattung bis ins Detail alle Merkmale der Propaganda erfüllt.
Tatsächlich haben wir es ja mit einer Orgie von Enten, Fehleinschätzungen und grotesken Einseitigkeiten zu tun, die selbst mich noch verblüfft hat. Aber ich habe auch das Gefühl, das Publikum oder wenigstens ein Teil desselben sucht jetzt den Bruch, versteht, dass diese Medien Teil des Problems und keineswegs Lösung sind.
Die einzigen, die in ihrer unvorstellbareren Grandezza von diesem Bruch komplett überrascht worden sind, das sind die Medienarbeitenden selbst. Was wiederum viel über deren Art, die Welt zu sehen, sagt.
Und das ist sozusagen neu: Dass auf der einen Seite das Ausmaß der Propaganda so immens zugenommen hat – und dass das inzwischen dem Volk auch nicht mehr entgeht und es sich hiergegen zu wehren begonnen hat.

Ich zitiere einfach mal, was Peter Scholl-Latour kurz vor seinem Tod in einem Interview gesagt hat: „Wenn Sie sich einmal anschauen, wie einseitig die hiesigen Medien, von TAZ bis Welt, über die Ereignisse in der Ukraine berichten, dann kann man wirklich von einer Desinformation im großen Stil berichten. Ähnliches fand und findet ja bezüglich Syrien und anderen Krisenherden statt.“
Und wenn Sie Scholl-Latours letztes Buch „Der Fluch der bösen Tat“ lesen, dann werden Sie Dutzende Stellen finden, wo der Mann seine eigene Branche der Propaganda und Hirnwäsche bezichtigt und überführt. Nur lässt er offen, ob die mediale Propaganda eigenen Überzeugungen entstammt oder ob die Journalisten selbst Opfer organisierter Gehirnwäsche geworden sind.
Das ist in der Tat die Frage. Und überdies eine, die ist gar nicht so leicht zu beantworten.

Wie fiele Ihre Antwort denn aus?

Also, ich wage einmal eine stark verkürzende Skizze. Und ich würde dabei gar nicht mit der Frage nach der Ideologie anfangen, sondern mit der Suche nach den journalistischen Standards.
Im Journalismus gibt es ja auch eine handwerkliche Seite, es gibt bestimmte Regeln, die ziemlich einfach sind. Um nur ein Beispiel zu nennen: Wenn am 7. Januar in Paris zwei vermummte Typen mit MP aus dem Auto springen, „Allah Akbar!“ oder Ähnliches brüllen und anschließend eine ganze Zeitungsredaktion niedermetzeln, dann müsste jeder Qualitätsjournalismus mit der Feststellung beginnen, dass die Täter ganz offenbar Islamisten darstellen wollten – was zugleich heißt, dass es auch Täter gewesen sein könnten, die genau diesen Eindruck erwecken wollten ohne deswegen zwingend auch Islamisten zu sein.
Denn selbst wenig reflektierte Kollegen sollten allmählich verstanden haben, dass gewisse Sachen nur geschehen, um einen bestimmten Anschein zu erwecken: Ob das verkleidete deutsche Soldaten am 1. September 1939 in Polen waren oder ob es sich um kuwaitische Babys handelt, die von der irakischen Soldateska angeblich aus den Brutkästen gerissenen und dann getötet worden sind. Oder ob es eine vietnamesische Dschunke betrifft, die eine amerikanische Fregatte im Golf von Tonkin angegriffen hat.
Dass journalistische Qualität die Instrumentalisierung der Öffentlichkeit verhindern und nicht erst ermöglichen sollte, das ist eigentlich so trivial, dass man es kaum auszusprechen wagt. Leider muss man es aber.

Und woran liegt es, dass derlei „handwerkliche Standards“ offenbar immer wieder vernachlässigt werden?

Also, ich will einmal so sagen: Es gibt einen ganz einfachen Grund, warum es heute besonders leicht ist, Enten in Umlauf zu bringen: Bis vor etwa 20 Jahren gab es in der medialen Öffentlichkeit nämlich noch einen bemerkenswerten Pluralismus. Der ist aber gemeinsamen mit dem parlamentarischen Pluralismus mehr und mehr verschwunden.
Und das führt uns zu der Kardinalsünde des real existierenden Journalismus: Seine Anlehnung an die herrschenden politischen Interessen und Programme.
Im Zuge dieser Entwicklung sollte man sich zunächst einmal von der Vorstellung verabschieden, dass die meisten Journalisten überhaupt noch über so etwas wie eine eigenständige Auffassung vom Lauf der Dinge verfügen – von eigensinnig mal ganz zu schweigen.
Ich wage jedenfalls die Behauptung, dass der journalistische Mainstream weder über spezielle Kenntnisse verfügt, noch vom Willen zu vertiefter Erkenntnis beseelt ist. Zum Beispiel können die meisten Russland-Korrespondenten nicht einmal Russisch und schreiben jeden Blödsinn von- und untereinander ab, wie ich das mal an ein paar Beispielen in einem Radio-Feature belegt habe. Und keiner brauchte sich dabei Sorgen zu machen, dass in einem anderen Blatt womöglich eine Gegendarstellung erschiene.
Der Grund zur Sorge kam jetzt aus einer Richtung, die keiner dieser selbstherrlichen Typen überhaupt auf dem Schirm gehabt hat. Nämlich vom eigenen Publikum, das festgestellt hat, dass da vor allem Behauptungen verbreitet werden, und zwar in aller Regel falsche und gefährliche.

Kurzum, in aller Regel sind Journalisten keine Menschen, die sich dem Tumult des Realen sowie Wagnis einer eigenen Analyse aussetzen.
Nach meiner Erfahrung sind Journalisten eher Menschen, die geradezu Angst vor der dunklen Unruhe des Realen haben und sich lieber an gerade irgendwie geltende Sprachregelungen, Normen und Konventionen halten und dabei geradezu verzweifelt in schlichten und binären Erklärungsmustern Rettung suchen, also einem Denken etwa in Gut vs. Böse, Freund vs. Feind usw. usf.

Die allseits beliebte Darstellung der Lage in der Ukraine als einem Land, in dem sich Demokraten und prorussische Separatisten gegenüberstünden, lässt sich also nicht nur durch pure Ahnungslosigkeit erklären, sondern auch mit der Sehnsucht nach einfachen Geschichten. Komplexere Geschichten taugen nämlich nicht als Aufreger und insofern Karriereturbo… So stoßen wir in der Berichterstattung über die Ukraine dann auch auf eine Rhetorik, die seit 200 Jahren die Russlandkorrespondenz beherrscht, kurz gesagt, die Paraphrase auf den slawischen Untermenschen.
Und Vladimir Putin gibt jetzt sozusagen den Superuntermensch – Diktator, Imperialist, Welteneroberer und -bedroher zugleich.

Ich will nur noch ein Beispiel nennen: Am 17. Dezember 2010 verbrennt sich ein kleiner Gemüsehändler namens Mohamed Bouazizi aus Protest gegen die Willkür der Polizei in einem tunesischen Städtchen auf offener Straße selbst. Binnen weniger Tage steht das gesamte Land in Flammen. Der arabische Sender Al Dschezira berichtet darüber umgehend mehrere Stunden täglich.
Und was denken Sie, wie lange es dauert, bevor deutsche Zentralmedien hierüber berichten? Mehr als drei Wochen dauerte es. Am 8. Januar 2011 – wenige Tage, bevor der Diktator Ben Ali das Land verlassen muss – bringt, wenn ich mich recht erinnere, Spiegel Online schließlich eine erste Meldung. Dann erst brechen die Dämme, dann ziehen alle nach. Wie kann man das erklären?
Wohlgemerkt: Einen Führerbefehl darf man getrost ausschließen – denn solcher Anstiftung bedürfen unsere Medien nicht mehr. Nein, derlei versteht man nur, wenn man kapiert, dass ein solcher Aufstand in unsrer journalistischen Weltwahrnehmung gar nicht vorgesehen ist – und von den ideologischen Kontexten – damit meine ich politische Setzungen, Interessen und „Frames“ – auch gar nicht erwünscht ist.
Man hat ja schließlich lange genug tapfer über die maghrebinischen Diktatoren geschwiegen. Und heute ist man heilfroh, den sogenannten Arabischen Frühling als gescheitert verbuchen zu dürfen. So muss man auch nicht mehr über die bestialischen Taten des neuen ägyptischen Regimes berichten.
Journalisten wie Politiker haben kein Problem mit der Teilbarkeit der Menschenrechte – es sind eben irgendwie doch nicht alles „Menschen“ gleicher Gattung und Art. Und so ergehen sich unsere gedankenschweren Leitartikler in einer außerordentlich rigiden Auslegung des Völkerrechts, wenn es um die russische Politik gegenüber der Ukraine geht, bei den amerikanischen Angriffskriegen mit ihren aberwitzigen Verheerungen verschwindet das Völkerrecht hingegen vollkommen in der Versenkung.

Mon Dieu, da produzieren Medien also tonnenweise und ziemlich präzise Ideologie und Sie entpolitisieren das jetzt als Werk eines trüben Konformismus…?

Ja, so ist es – allerdings ist dieser Konformismus alles andere als trübe, sondern geradezu pedantisch. Im Übrigen beruht auch das Betriebssystem unserer Gesellschaft auf einem nahezu geschlossenen Konformismus – die meisten Menschen tun den lieben langen Tag Dinge, die sie eigentlich gar nicht tun wollen, und „begründen“ und rechtfertigen sich und anderen das dann tagein, tagaus. Sie arbeiten in dämlichen Betrieben, drehen anderen Leuten irgendeinen Quatsch an, und alles fließt nur, wenn alle genau die Codes und Regeln befolgen, die man gerne als „Kultur“ oder „Konventionen“ beschreibt, die aber nichts andere als die Manifestationen von Herrschaft sind…
Und, ja, vielleicht ist auch das irgendwie „neu“: Dass der moderne Mensch inzwischen gelernt hat, dass man „ja“ sagen muss zu all diesen Zwängen, dass man sich an ihre Spitze setzen muss, um sie „mit Überzeugung“ ausführen zu können und so selbst weiterzukommen.
Im Gegensatz zu früheren Herrschaftssystemen ist der bürgerliche Mensch inzwischen mit seiner eigenen Unterdrückung regelrecht … identifiziert.
Und dass der Journalismus dabei die letzte Bastion unkontrollierter Freiheit sein soll, nur weil das im Gesetz steht, mutet doch einfach ein bisschen phantastisch an. Sie selbst haben derlei ja in einem Ihrer Bücher [PDF] zum Bildungsbereich analysiert und sind dabei zu ähnlichen Schlüssen gelangt wie ich…

Das stimmt. Dennoch – und zu unserem Kontext – die Frage an Sie, die sich analytisch hier einfach stellt: Wie kommt es, dass Journalisten dann derlei Blödsinn reden und tun, der eigentlich auch ihren eigenen Interesse widerspricht?

Viele Leute sprechen heute wieder von einer Gleichschaltung der Medien. Das kann ich in gewisser Weise verstehen – so sieht es ja auch aus. So einfach ist es aber leider nicht. Wie funktioniert diese Gleichschaltung denn? Und wer schaltet da?

Am konkreten Beispiel: Warum pfuschen Journalisten bei der Berichterstattung über die Ukraine so, dass der einfache Zuschauer aus dem Fernsehsessel kippt?
Zunächst haben wir die bereits erwähnte Tradition der Verachtung gegenüber russischen Interessen und Realitäten.
Dazu kommt: In den letzten 15 Jahren haben bestimmte Medien einen neuen Kalten Krieg geradezu herbeigeschrieben – da haben sich die Boys vom Spiegel und ein paar öffentlich-rechtliche Korrespondenten bleibende Verdienste erworben, und dann haben sie eben diese unwiderstehliche Erzählstruktur: Hier die purlautere demokratische Weltgemeinschaft und dort der asiatische Despot – können Sie alles genauestens im Spiegel nachlesen.
In Wahrheit sind die Verhältnisse in der Ukraine allerdings außerordentlich verwickelt und schwer vermittelbar. Ein bisschen so wie in Russland, da hat man kurzerhand eine oppositionelle Avantgarde namens Pussy Riot erfunden – sexy Mädchen und tolle Action, während die wirkliche Opposition gegen Putin vor allem aus sehr viel weniger telegenen Menschen und Programmen besteht. Und was spielt es da schon für eine Rolle, dass kein Russe Pussy Riot kennt und die große Mehrheit der russischen Opposition mit dieser Sorte Spektakel überhaupt nichts zu tun haben will?
Auf der anderen Seite hat sich aber auch gezeigt, dass es für eine gewisse Kritik an der westlichen Ukraine-Politik nicht nur ein ziemlich großes Publikum, sondern sogar prominente politische Deckung gibt. Ich glaube insofern nicht, dass man da irgendwo Leute wirklich rausgeschmissen hätte, die sich eine etwas andere Wahrnehmung und Darstellung der Dinge erlaubt hätten. Sehr wohl aber gibt es keine Strukturen, die derlei belohnt hätten.
Und es gibt kaum mehr Personal, das eine eigene Sicht und Zeit für eine solche hat. Der typische Medienmensch heute glaubt, den Auftrag der Objektivität erfüllt er dadurch am besten, wenn er sich an die Vorgaben der bürgerlichen Mitte hält.
Was wir hier konstatieren müssen, ist also mehr eine Selbst-Gleichschaltung und –Unterwerfung der Journalisten denn so etwas wie eine konstatierte Aktion.

Und wenn das Volk nun aufwacht und sich zu ärgern und zu wehren beginnt: Was meinen Sie, wäre die beste Strategie?

Es gibt schon deutlich Wirkung. Blätter von Bild bis FAZ haben teilweise über zehn Prozent Auflagenverluste. Aber ich glaube alles in allem nicht, dass das System der alten Öffentlichkeit rehabilitierbar ist, ich halte es nicht einmal für wünschenswert.

Irgendwie durchlebt die Gesellschaft gerade einen medienkritischen Crashkurs – was nach Jahren der medienkritischen Öde auch dringend nötig war. Dabei haben wir schon eines gelernt, was ich für großartig halte, nämlich das mediale Improvisieren. Wir basteln uns gerade – jeder auf seine Art – die Informationen zusammen, die wir brauchen. Und darin steckt in meinen Augen schon so etwas wie eine Skizze der medialen Zukunft.
Ich finde die Chancen aufregender als die Klage über die Verluste.

Eine letzte Frage noch, die mir unter den Nägeln brennt: Was halten Sie denn vom neuen „Unwort des Jahres“?
Sind auch Sie der Meinung, der Frieden im Land sei aktuell vor allem durch den kleinen Mann auf der Straße mit seiner so genannten undifferenzierten Medienkritik, die sich überdies vermeintlicher NS-Vokabeln bedient, bedroht?

Ehrlich gesagt, macht der kleine Mann mir erheblich Angst. Wir leben auf einem historischen Staatsgrundstück, auf dem vor ein paar Jahrzehnten etwa 500.000 Juden, die als solche meistens nur mühsam zu erkennen waren, zu gemeingefährlichen Subjekten erklärt werden konnten und in der Folge deshalb umgebracht wurden.
Hier leben heute über 7 Millionen leicht identifizierbare „Fremde“ – und mir wird angst und bange, wenn ich so manche Parole höre.
Mir wird allerdings auch schlecht, wenn ich lese, wie unsere Leitartikler, die seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, bei jeder Gelegenheit ihren dämlichen Antiislamismus als aufgeklärten Tiefsinn verkauft haben, jetzt so tun als hätten sie mit dem Rassismus der Straße nix zu tun. Das erbärmlich rassistische Buch des SPD-Politikers und Bankers Sarrazin war eines der erfolgreichsten Sachbücher dieser Republik.
Und so ein tief rassistischer Truppenentertainer wie Henryk i. M. Broder hatte eine eigene Fernsehsendung in der ARD.
Und wenn man in dieser Situation „Lügenpresse“ zum Unwort des Jahres erhebt, dann klärt man nichts, sondern trägt weiter zur Verunklärung der Lage bei.
Aber vielleicht ging es darum ja.

Ich bedanke mich für das Gespräch.

Walter van Rossum ist Autor, Medienkritiker und Investigativjournalist. Er studierte Romanistik, Philosophie und Geschichte in Köln und Paris. Mit einer Arbeit über Jean-Paul Sartre wurde er 1989 an der Kölner Universität promoviert. Seit 1981 arbeitet er als freier Autor für WDR, Deutschlandfunk, Zeit, Merkur, FAZ, FR und Freitag. Für den WDR moderierte er unter anderem die „Funkhausgespräche“.


Weiterlesen:

Buch: Walter van Rossum:Schwarzbuch Deutschland. Das Handbuch der vermissten Informationen