Mietmäuler und Sprachrohre der Kriegstreiber gehören in keine deutsche Redaktion !

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D. zum 1.9.2015
CIAlogoSie bezieht sich auf Stefan Cornelius von der „Süddeutschen“*), der ein bekanntes CIA-Mietmaul ist.

Der Versuch des Ressortleiters Außenpolitik in der Süddeutsche Zeitung, Stefan Kornelius, die Ursache der Flüchtlingswelle anzupacken, wirkt nutzlos, denn er bleibt hohl bei seiner Desinformation, Unkenntnis oder Verschweigen aktueller Tatsachen.

Es sind unbestrittene Fakten, die Stefan Kornelius Behauptungen widersprechen, Fakten, die die USA und EU anklagen.
Die westliche Welt, nämlich die USA und EU-Staaten haben im letzten Jahrzehnt Kriege angezettelt und finanziert.

Trotz aller Krisen und Katastrophen, die sie dadurch verursacht haben, kennt die Öffentlichkeit bisher keine Kurskorrektur dieses kriminellen Vorgehens. Weder aus Washington, noch aus Brüssel, auch nicht aus Berlin oder Paris erhebt sich ein Verantwortungsträger gegen den verheerenden westlichen Interventionismus mit Gewalt und Terror.

Justizminister und Staatsanwälte sind gefordert

Krieg und Gewalt im Ausland zu schüren, sollte genauso strafverfolgt werden wie Mord und Totschlag im eigenen Land.
Jeder Justiz-Minister und jeder Staatsanwalt ist herausgefordert, das Rechtsverfahren gegen EU-Verantwortungsträger einzuleiten.

Die Ursache des Flucht-Phänomens, nämlich die EU-USA-Interventionspolitik im Nahen und Mittleren Osten, die Chaos, Tod und Verwüstung mit sich gebracht hat und weiter erzeugt, ist eindeutig zu tadeln, damit die EU-Verantwortungsträger ihre falsche Außenpolitik korrigieren, und zwar grundsätzlich.
«Syrien ist das Epizentrum der globalen Gewalt» erkennt Kornelius richtig, aber er scheint nicht zu wissen, wie dieser verhängnisvollen Kriegskurs zu stoppen ist. Und er ist zu stoppen.

Höchste Zeit, Syriens Präsident Bashar Al-Assad von der deutschen Kanzlerin und anderen europäischen Regierungen anzuerkennen

Der mit überwältigender Mehrheit der syrischen Bevölkerung am 3. Juni 2014 wiedergewählte Präsident in Syrien, Baschar Al-Assad ist nicht weiter mit US-amerikanischem Wahn zu dämonisieren, sondern er ist von Berlin anzuerkennen und von allen anderen europäischen Hauptstädten.

Diesbezüglich sollte die deutsche Kanzlerin einen EU-Gipfel einberufen, um die erforderliche Wende zu schaffen:
Die europäischen Regierungen sollten einsehen, dass ihre Interventionspolitik mit Gewalt, durch Bewaffnung und Finanzierung des Terrors gegen die Regierung Syriens eine falsche unzulässige und gescheiterte Außenpolitik ist.

Hierzu hätte sich Kornelius in seinem Leitartikel überzeugend und konstruktiv äußern können, aber er tat es nicht.
Wird er das bei nächster Gelegenheit nachholen, würde er damit gegen die Tendenz der Süddeutschen Zeitung verstoßen, die ja nicht umsonst den Ruf besitzt, das Zentralorgan des Pentagon in Deutschland zu sein.

Stefan Kornelius ist aber ein deutscher, ein europäischer Journalist, der Verantwortung für sein Land und den Kontinent trägt. Aber vor allem ist er ein Mensch, der Mitgefühl, Sensibilität und Bewusstsein mit dem Schicksal seiner Mitmenschen haben sollte, insbesondere, wenn dieses menschliche Schicksal von der abscheulichen westlichen Politik gestempelt ist.

Kornelius Kollegin Sonja Zekri markiert einen Anfang der Wende zum Realismus und zur normalen Vernunft mit ihren zutreffenden kritischen Überlegungen:

«Islamistische Fundamentalisten zerstören eine der schönsten historischen Stätten des Nahen Ostens, Weltkulturerbe, Schatz der Menschheit…. Saudi-Arabien, Riad bombardiert die jemenitische Hauptstadt Sana, deren Altstadt einer der herrlichsten Orte der Welt ist….
Der Westen sagt bislang nichts. Die Saudis sind Verbündete …
Schon jetzt folgt ein eigener, bedrückend effektvoller Rhythmus der Vernichtung. Besonders wirkungsvoll ließen sich die Terroristen wohl bekämpfen, wenn man sich mit Syriens Diktator Baschar Al-Assad verbündete…»

(„Naher Osten – Das Leben der Steine“ von Sonja Zekri, SZ, 1.9.)

Kennzeichnend ist, dass diese Barbarei gegen das Weltkulturerbe schon 1991 begann und 2003 mit den Bombardierungen der USA gegen den Irak weiter ging. US-Amerikaner wurden zu recht mit den wilden Tartaren verglichen.
UNESCO erhob damals energische Protest gegen die barbarische Zerstörung irakischer Stätten.

Die Gefährlichkeit des „Bündnisfalls“ wird von Ulla Jelpke treffend benannt

Ein fürchterliches Kriegsszenarium baut sich an Europas Toren auf. Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag erfasst diese gefährliche Lage:
Nein_zur_Nato_DDR1957«Mit der geplanten Flugverbotszone in Nordsyrien riskieren Türkei und USA mutwillig die Auslösung des NATO-Bündnisfalls. Es droht so die Verwicklung Deutschlands, das „Patriot“-Raketen in der Südosttürkei stationiert hat, in einen Krieg gegen Syrien. Die Bundesregierung sollte diese Raketen sofort abziehen, anstatt Kriegsbrandstifter Erdogan damit Rückendeckung zu geben…. eine breite und wirkungsvolle Friedensbewegung ist aufzubauen – in der Türkei, in Kurdistan und in Deutschland… Schluss mit der Kumpanei der Bundesregierung mit den Kriegstreibern in Ankara und Washington!»

(„Erdogans Amoklauf – Der türkische Staatspräsident betätigt sich als Kriegsbrandstifter. Der Westen, Berlin eingeschlossen, unterstützt ihn dabei“ von Ulla Jelpke, Junge Welt, 7.8.)

Nicht zu vergessen, dass während des Kalten Krieges gerade das Aufstellen von US-Raketen in Incirlik (Türkei), damals sogar mit Atomwaffen, zur Kuba-Krise 1962 führte, die lediglich durch die Vereinbarung gelöst wurde, solche Atomwaffen in Incirlik innerhalb von sechs Monaten abzuziehen.

Das vereinbarten damals der Bruder des US-Präsidenten John F. Kennedy, Robert Kennedy, und der sowjetische Botschafter Anatoli Dobrynin in Washington, bevor die sowjetischen Atomwaffen in Kuba zurückgezogen wurden, Waffen, die Moskau dort in der Nähe der USA installiert hatte als Reaktion auf die US-amerikanischen in Incirlik.

Absolut irrational besteht Washington auf demselben damaligen Irrsinn und wiederholt ihn rücksichtslos, ohne mit der Wimper zu zucken.

Syrien ist ständig Attacken von Extremisten ausgesetzt, die in der Türkei trainiert und bewaffnet wurden. Dieses NATO-Land verfolgt offensichtlich seine eigene Agenda gegen Syrien. Absolut unberechenbar hat die Türkei den Bündnisfall riskiert und mehrmals versucht, ihn zu provozieren.

Deutschland ist in Europa Hauptlieferant an Rüstungsgütern in die Türkei und Unterstützer von Erdogans Terrorpolitik

Sevim Dagdelen MdB:

«Der BND stellte fest: Erdogan liefert Waffen an Terrorbanden… Das brachte die Täuschungsstrategie Berlins ins Wanken… Die Bundesregierung ist wegen ihrer andauernden Unterstützung für Erdogans Terrorpolitik zur Rede zu stellen und die Adoption islamistischer Terrorgruppen durch NATO-Verbündete und Golfdiktaturen ist ans Licht der Öffentlichkeit zu zerren.
Erst wenn Berlin die massiven Lieferungen deutscher Waffen beendet, kann davon die Rede sein, dass die Unterstützung der Gotteskriegerfans ein Ende hat. Deutschland ist in Europa der Hauptlieferant von Rüstungsgütern in die Türkei. Es ist höchste Zeit, den Angriffskrieg Erdogans, den er auch mit ihnen führt, zu stoppen.»

(„Berlin und Ankaras Terrorpolitik – Frontbegradigung“, Sevim Dagdelen, Junge Welt,17.8.)

Mitverantwortung und Mitschuld der deutschen Regierung am Flüchtlingsproblem

Der Kriegskurs Erdogans und seiner AKP-Regierung macht die Türkei ein unberechenbares NATO-Mitglied, das Deutschland und ganz Europa gefährdet. Das Bündnis sollte ein derart ungezügeltes Land ausschließen, um nicht zu riskieren, in dessen Kriegskurs zu tappen. Gerade die Obama-Regierung hat Extremisten aus solchen Ländern mit dem anmaßenden Zweck bewaffnet, finanziert und gefördert, einen völkerrechtwidrigen Regime-Change in Syrien zu erreichen.

Der perfide Hintergrund der bisherigen Kollaboration der deutschen Regierung mit den USA, die die Mitverantwortung und Mitschuld der Regierung Deutschlands am Flüchtlingsproblem bloßstellt, wird von Stefan Kornelius nicht angeprangert.

Den flüchtenden Menschen ihre Heimat zurückgeben und das Chaos beenden

Auch nicht die Massaker im Inneren Europas, und zwar in der Ukraine, ein Ziehkind des US-Interventionismus. Ein „Sicherheitsabstand mit ihren Kriegen und Krisen“ hat Washington sowieso aufgrund seiner geografischen Entfernung. Um so perfider der US-Gewalt-Interventionismus in Europa (Ukraine) und im Nahen Osten mit Konsequenzen, die nicht auf die USA, sondern auf Europa zukommen.

Kornelius darf über dieses anormale Vorgehen der Obama-Regierung nicht schweigen.
Die Flüchtlingsproblematik ist an ihren Wurzeln, an ihrem Ursprung zu packen, um den Menschen ihre Heimat zurückzugeben und das Chaos zu beenden. Mit vereinten Kräften ist eine abgestimmte politische Offensive zu starten.

Das verlangt Zusammenarbeit mit Russland und die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen mit Syrien und seinem Präsidenten.
Ist es rational und kongruent, diplomatische Beziehungen mit den reaktionärsten und menschenverachtenden Diktatoren wie in Saudi Arabien, Katar und den Golfstaaten zu unterhalten, aber nicht mit einem wiedergewählten Präsidenten Syriens, der einzige, der mit den syrischen Streitkräften den IS-Terror auf dem Boden bekämpft?

US-Sabotage der Friedensbemühungen mit Syrien durch Hillary Clinton und John Kerry

Alldie chaos kc3b6nigine Versuche seit 2012, das Chaos in Syrien durch Friedenskonferenzen zu beenden – erst mit dem damaligen ersten UN-Vermittler Kofi Annan in Genf und dann mit dem zweiten UN-Vermittler, Lakhdar Brahimi – sind gescheitert. Kornelius kennt die Ursache dieses Scheiterns. Seine Redaktion selbst stand hinter diesem Scheitern. Auf Anordnung von obersten Stellen der NATO-USA?

Verantwortlich dafür war der Saboteur Nr. 1, nämlich die damalige US-Außenministerin Hillary Clinton und danach ihr Nachfolger John Kerry. Beide sabotierten die Friedensanstrengungen von Kofi Annan und Brahimi, indem sie obsessiv auf dem Rücktritt des syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad bestanden, eine dumm-dreiste, ja unverschämte Idee, die in keinem Friedensplan festgelegt worden war.

Eigentlich war dieser Friedensplan in der Abschlusserklärung der ersten Friedenskonferenz zu Syrien in Genf am 30.6.2012 einstimmig von allen UN-Sicherheitsratsmitgliedern unterschrieben. Auch Hillary Clinton unterschrieb ihn, um nicht vor der internationalen Presse als Kriegstreiberin bloßgestellt zu werden.
Ihre Wühlarbeit gegen Syrien und seinen Staatschef ging jedoch weiter. Das US-Außenministerium maßt sich bis heute an, Kampagnen gegen den Frieden in Syrien medial weiter anzuzetteln.

Und so kommt die Öffentlichkeit an einen Punkt, wo die plumpe Zumutung des State Department nicht weiter zu dulden ist. Stefan Kornelius ist gefordert, Anstand und Normalität walten zu lassen.

Mit US-ergebenen Medien und EU-Regierungen, die der Irrationalität Washingtons folgen, gibt es keine Chance für einen Frieden in Syrien und keine Chance für Frieden in Europa.
Die Massenflucht von Menschen sind nur Symptome, tragische Folgen einer einkalkulierten perversen US-Politik, die für Menschen nichts übrig hat.

Der damalige UN-Vermittler Kofi Annan sah sich durch den Boykott der USA und ihrer EU-Komparsen in der Falle. Deswegen reiste er im Dezember 2012 nach Berlin, um den deutschen Außenminister Guido Westerwelle persönlich zu sprechen. Sicherlich wollte Kofi Annan die Unterstützung der Bundesrepublik Deutschland bekommen, um die US-Sabotage für den Frieden in Syrien zu brechen.

Reisediplomatie des deutschen Außenministers nach Damaskus und Teheran in Gang zu setzen ist dringender denn je

Ein konstruktiver unentbehrlicher Schritt, um die Diplomatie wieder gerade zu richten und wirken zu lassen, wäre eine Reise des deutschen Außenministers Walter Steinmeier nach Damaskus und Teheran, um diplomatische Beziehungen mit beiden Ländern wiederherzustellen, zu allererst mit Damaskus.

Diesen notwendigen Schritt darf das deutsche Außenministerium nicht weiter verschieben. Iran ist eine regionale Macht, die zur Stabilität der Region längst beiträgt. Zahllose Appelle und Friedensinitiativen kommen aus Teheran.
Sowohl Kofi Annan als auch Lakhdar Brahimi wollten Iran zu beiden Genfer Friedenskonferenzen einladen, aber die USA haben es jedes Mal zu verhindern gewusst.

Wie seriös arbeitet ein Redakteur, der die Einkreisung Russlands und die mögliche Eskalation eines Krieges mitten in Europa durch neue NATO-Stützpunkte nicht realistisch thematisiert? Solche Sprachrohre der Kriegstreiber gehören in keine deutsche Redaktion.

Reinhard Lauterbach entblößt die gefährliche Perfidie der USA-NATO-Intervention in Europa:

«Die frontnahen NATO-Objekte haben ein eingebautes Eskalationsmoment: Sollte es zu einem militärischen Konflikt kommen, und eine Granate schlägt auf dem georgischen NATO-Übungsplatz ein – sie muss ja nicht aus Russland kommen, es soll ja auch Provokationen geben -, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass auch gerade anwesende NATO-Soldaten getroffen werden…. Die NATO bereitet sich den Casus Belli selbst vor…. (Zur Erinnerung): Der „Tonkin-Zwischenfall“ von 1964, der Auftakt zum Vietnamkrieg, war eine solche Provokation der USA.

… Die USA erwägen, Kampfflugzeuge vom Typ F-22 in Osteuropa zu stationieren…. Indem der Gegner sie auf seinem Radar nicht sieht, sind sie klassische Angriffswaffen. Die NATO schafft sich durch ihre Stationierung in Europa das Potential für einen Überraschungsangriff. … Der amerikanische Thinktank Stratfor schrieb kürzlich, mittelfristig schwinde der heutige Vorsprung der USA beim Ausbildungsstand des Militärs. Russland und China hätten ihre militärische Leistungskraft zuletzt deutlich erhöht.
Ähnliche Vorstellungen über die schwindende eigene Überlegenheit haben vor 1914 bei den deutschen Militärs den Gedanken an einen Präventivschlag populär gemacht.»

(Leitartikel „Neue NATO-Stützpunkte – Einkreisung und Eskalation“ von Reinhard Lauterbach, Junge Welt, 29.8.)

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Stefan Kornelius sollte endlich Realist werden und seine Illusionen über die NATO-US-Politik und Schwärmerei**) für die USA fallen lassen. Die Lage ist zu gefährlich und riskant für uns alle in Europa wegen einer irregeführten deutschen Außenpolitik gekoppelt an Washington.

Das Weiße Haus kümmert sich einen Dreck um Europas Sicherheit. Nur seine eigenen Interessen zählen. Kaltblütig.
Die NATO eröffnete am Donnerstag 27.8. ein militärisches Trainingszentrum in Georgien. Aufgehetzt von Washington will Georgien Mitglied des Militärbündnisses werden und strebt auch eine Mitgliedschaft in der EU ein. Noch eine NATO-Provokation.

Die Bundesregierung hat sich schon einmal gegen Georgiens NATO-Mitgliedschaft gestellt und muss jetzt weiter dieses US-NATO-Wagnis bremsen, das Russlands und Europas Sicherheitsinteressen verletzt.

Festigung der deutsch-russischen Allianz, Austritt aus der NATO und Kündigung der US-Militärbasen sind Ziele der Zukunft zum Wohle Europas

Die Stabilität und Sicherheit des Kontinents verlangt, sich dafür einzusetzen, dass die Bundesrepublik Deutschland umgehend aus dem NATO-Vertrag ausscheidet und den Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland umgehend kündigt.

Seit mehr als hundert Jahren ist es unverhohlenes Ziel der USA, ein Bündnis Deutschlands mit Russland zu verhindern. Das darf nicht weiter Maßstab deutscher Politik sein. Das Leit-Motiv der gemeinsamen europäischen Sicherheit verlangt die deutsch-russische Allianz anzustreben und zu festigen.

Die aufgrund eines US-Diktats gegen Russland verhängten Sanktionen sind unverzüglich aufzuheben. Berlin muss dauerhaft auf deutsch-russische Beziehungen im Geiste von Zusammenarbeit und Partnerschaft hinwirken.

Keine Sanktionen gegen Russland, sondern Verständigung und Zusammenarbeit zum Nutzen aller Völker Europas sollten deutsche Außenpolitik bestimmen. Keine Unterstützung einer Regierung in Kiew, die durch einen Putsch mit Hilfe und Hebeln der USA an die Macht gekommen, von Neo-Nazis durchsetzt ist und antidemokratische Tendenzen und Russenhass fördert.

Nicht nur mit Blick auf den Osten Europas ist Realismus und Wahrnehmung europäischer Interessen angesagt, sondern auch, was die Lage im Mittleren und Nahen Osten betrifft:

Inzwischen ist bekannt geworden, Obama habe den „willentlichen Beschluss“ gefasst, den Aufstieg der IS zu unterstützen (Steven MacMillan, New Eastern Outlook, 13.8.)
Redaktionen und Politiker müssen sich mit der Tatsache befassen, dass es sich bei den USA um ein anormales, ja irrationales Land handelt, das absolut irregeführt agiert.

Der ehemalige US-Generalleutnant Michael T. Flynn, früherer Chef des US-Geheimdienstes „Defense Intelligence Agency“ hat die verbreitete Desinformation und Lüge der führenden Massenmedien entlarvt. Der IS ist nicht aus dem Nichts aufgetaucht und die Regierungen der westlichen Welt sind durch den Aufstieg dieser Terrorgruppe nicht überrascht worden, wie sie es heuchlerisch vorgeben.

Die Wahrheit ist: Der IS, eine der wichtigsten Oppositionsgruppen, die Bashar al-Assads syrische Regierung bekämpfen, wurde von NATO-Staaten in geheimer Absprache mit Saudi-Arabien, Katar, Israel und anderen finanziert, trainiert und unterstützt.
Diese Tatsache wird von den Medien hierzulande einfach unterschlagen, und das belegt wieder einmal, wie einseitig und irreführend sie berichten.

Die US-Regierung hat eine willentliche Entscheidung getroffen, nämlich die Islamisten gewähren zu lassen. All das sollte Stefan Kornelius bekannt sein.

Die US-Infiltration in Redaktionen, sogar bei der Redaktion der Bundestagszeitung „Das Parlament“ ist zu entlarven, damit solche Kreise ihre Wühlarbeit gegen Europa nicht ungehindert weiter treiben können.

Nach Angriffskriegen gegen Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Libyen und Syrien wird Krieg gegen Russland vorbereitet! Die Umzingelung Russlands mit Militärbasen, das Vordringen der NATO nach Osten, der Aufbau eines US-Raketenabwehrschildes und „westliche“ Operationen in der Ukraine sind Teil dieser Konfrontation.

Dieser Krieg kann total werden, erklärte der französische Staatspräsident Hollande im Februar 2015

«Und jetzt gegen Russland? Sind es die russische Bodenschätze, die man so unter Kontrolle nehmen will …oder weil es so gegen die blutigen Träume von der einzigartigen Nation steht?»

Das schreibt der ehemalige Staatssekretär im Verteidigungsministerium Willy Wimmer in seinem Aufsatz „Warum Russland“ zum Antikriegstag am 1. September 2015. (http://www.seniora.org/der-wunsch-nach-frieden/705-warum-russland).

Alle Kräfte des Friedens sind zu einigen. Deutschland muss aussteigen aus den imperialen Strukturen des Krieges. Deutschlands Ausstieg aus der NATO ist die zentrale Devise.

Bundestag und Bundesregierung sind gefordert, den NATO-Vertrag zu kündigen. Das kann der Bundestag gemäß dem Artikel 13 im Nordatlantikvertrag beschließen.

Deutschland darf nicht länger Mitglied in einer Organisation bleiben, die zur Hauptgefahr für den Weltfrieden geworden ist, seitdem sie von der aggressiven, gegenüber Europa vollkommen rücksichtslosen Politik der USA dominiert wird.

Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war jüngstes Mitglied im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für

  1. den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit,
  2. die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen,
  3. einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland,
  4. für die deutsche Friedensbewegung,
  5. für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen.

Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.

* Leitartikel in Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 31.8.15: „Syrien und Flüchtlinge – Im Epizentrum“ von Stefan Kornelius

Wer das Buch von Ulfkotte gelesen hat, weiss, wie deutsche Journalisten von der CIA zum Schwärmen gebracht werden ! Siehe hier: 

https://josopon.wordpress.com/2014/11/10/interview-mit-udo-ulfkotte-ex-faz-uber-gekaufte-journalisten-in-grosen-zeitungen/

In diesem Zusammenhang gestatte ich mir erneut, auf den Aufruf von Arbeiterfotografie und Freidenkerverband hinzuweisen:

„Deutschland raus aus der NATO – NATO raus aus Deutschland“

http://www.neinzurnato.de/?page_id=173

Der Aufruf kann hier als pdf-Datei runtergeladen werden:http://www.neinzurnato.de/wp-content/uploads/2015/08/aufruf-freidenker-arbeiterfotografie-sagt-nein-v7-mit-rueckseite.pdf

Geniert Euch nicht, ihn zu unterschreiben !

Jochen

Terrorismus der westlichen Welt Teil 1: Kriege, Kriegsverbrechen und Propaganda

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Dieser erste Teil eines dreitiligen Artikels von Sascha Pommrenke ist so gut, dass ich ihn hier unbedingt fast komplett wiedergeben muss.
Er fasst alles, was zu sagen wäre, schön zusammen und ist trotzdem recht lang. Eine ausführliche Diskussion dazu findet sich hier:
http://www.heise.de/tp/artikel/43/43771/1.html

Der Terrorismus der westlichen Welt – Teil 1

„Unsere Kultur, unsere Demokratie steht gegen Unfrieden, Hass und todbringende Gewalt“, frömmelte[1] der Bundespräsident in seiner Weihnachtsansprache.
Währenddessen beglückwünschte[2] sich die NATO für die besonders erfolgreiche ISAF-Mission in Afghanistan selbst.
Todbringende Gewalt, auch das weiß[3] Gauck, muss man bekämpfen: „Und in diesem Kampf für Menschenrechte oder für das Überleben unschuldiger Menschen ist es manchmal erforderlich, auch zu den Waffen zu greifen.“ Und zu den Waffen greift die westliche Wertgemeinschaft schnell und gerne. Millionen Tote und unzählige Verstümmelte hinterlässt der „Kampf für Menschenrechte“.

Die Artikelserie zum Terrorismus der westlichen Welt wirft einen Blick auf die Realitäten der Kriege und „Interventionen“, die meist hinter einem medialen Schleier des Anscheins des sauberen und gerechten Krieges verschwinden.

Amerikaner und Europäer einen[4] die „gemeinsamen humanistisch-universalistischen, normativen Orientierungen und Ziele“. Die transatlantische Wertegemeinschaft steht für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und vor allem für die Einhaltung der Menschenrechte.
Diese höheren Werte werden bei jedem neuen Konflikt, als das zu verteidigende Banner vor sich her getragen. Und während Politik und Medien genau dieses Bild aufrechterhalten, vernichtete und vernichtet die westliche Wertegemeinschaft, jenseits der medialen Aufmerksamkeit, Millionen Menschenleben. „Freiheit“ und Wohlstand der westlichen Welt werden mit dem Tod von „Unpersonen“ erkauft.

MQ-1 Predator. Bild: U.S. Airforce

Noam Chomskys und Andre Vltchecks Gespräch „Der Terrorismus der westlichen Welt. Von Hiroshima zu den Drohnenkriegen“[5] aus dem Jahr 2012 steht Namenspate für die neue Artikelserie bei Telepolis.
Die Weltgeschehnisse, vor allem seit dem Zweiten Weltkrieg, werden dabei aus einer anderen Perspektive als der gewohnten erzählt. Einer Perspektive, die nicht der offiziellen westlichen Geschichtsschreibung folgt, in der der Westen für Humanismus, Demokratie und Wohlstand steht.
Der emeritierte Linguistikprofessor Chomsky und der Publizist und Filmemacher Vltcheck beschreiben eine Welt, in der „hunderte Millionen Menschen direkt oder indirekt infolge westlicher Kriege und Interventionen ermordet wurden“.
Eine Welt, in der sich hinter den meisten Kriegen und Konflikten, „wirtschaftliche und geopolitische Interessen des Westens“ verbergen. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die Politik des Westens „jeden Terrorismus weit in den Schatten“ stellt.
Möglich wird dies unter anderem auch, weil die westlichen Medien Zensur üben, „indem sie Informationen unterschlagen oder falsche und abwegige Darstellungen liefern – oft genug, ohne sich dessen bewusst zu sein“.1

Die aktuellen Forderungen nach einer Debatte über „Deutschlands neue Macht“ und damit „Deutschlands neuer Verantwortung“, bedürfen eines realistischen Kontextes. Es ist wichtig sich zu vergegenwärtigen, was „neue Verantwortung“ bedeuten kann. Es ist ein Einfaches, in Redaktionsstuben zu sitzen und einer interventionistischen Bundeswehr publizistisch den Weg zu bereiten. Die Forderung, es müsse eine Debatte geführt werden, ist solange propagandistisch, wie die wirklichen Folgen von Kriegen aus den Medien und somit aus den Debatten fern gehalten werden.

Vom massenhaften Töten und Unpersonen

Die Geschichte des Westens ist eine Geschichte des massenhaften Tötens. Vltcheck geht von etwa 50 bis 55 Millionen getöteten Menschen als direkter Folge des Kolonialismus aus; nach dem Zweiten Weltkrieg. Hinzu kämen mehrere hundert Millionen „indirekt durch prowestliche Militärputsche und anderweitige Auseinandersetzungen“ vernichtete Menschenleben.2
Bedrückend daran sei zudem, dass die westlichen Medien nicht darüber berichten würden.

Chomsky verweist in diesem Zusammenhang auf George Orwell, der den Begriff „Unperson“ verwendete. „Die Welt teilt sich in Leute wie wir, und in Unpersonen – die bedeutungslosen anderen. […] Das Schicksal von Unpersonen kümmert uns nicht.“3
Hier wirkt der gleiche sozialpsychologische Mechanismus, der auch bei den direkten Tätern des massenhaften Tötens greift.

Entscheidend für die Herabsetzung der dem Menschen eingebauten Tötungshemmung ist die Aberkennung des Menschseins der zu Tötenden.

Elçin Kürşat-Ahlers4

Oder wie es Dave Grossmann[6] formuliert, sei ein entscheidender Mechanismus die Herstellung von kultureller Distanz, um Menschen zum Töten zu bewegen.
Kulturelle Distanz zielt darauf ab, den „Feind“ als minderwertiges Leben zu betrachten. Seine Lebensgewohnheiten, seine Kultur, seine Religion und seine „gesellschaftlichen Autoritäten“ werden dabei als „albern“ vorgeführt.5
Dem Töten geht immer die Abwertung bis hin zur Entmenschlichung des Opfers bzw. der Opfergruppe voraus. Dies ist kein individuelles Vorgehen seitens der Täter, sondern ein gesellschaftlicher Prozess. So, wie die Täter die Knöpfe bedienen, die Abzüge drücken, mit Messern, Beilen und Macheten Menschen abschlachten, so wird die „Heimatfront“ propagandistisch darauf eingestellt, dass das so auch in Ordnung, gar notwendig, sei.
Zu den „physischen Tätern“ gesellen sich „psychische Täter“. Politiker und Medien knüpfen an den Ängsten und Ressentiments der Bevölkerung an, sie erschaffen, schüren und befeuern die emotionalen Reaktionen auf den „Feind“.
Ohne eine mediale Hetze der symbiotischen Beziehung von Politik, Wirtschaft und Medien wären Kriege kaum möglich.
Das ist allerdings eine menschliche Universalie und keine Besonderheit des Westens.

So, wie die Täter zum Vollführen ihres massenhaften Tötens vom Menschsein der Opfer absehen, so sehen große Teile der Medien die Opfer ebenfalls nicht als gleichwertige Menschen. Das ist der Grund, warum in den meisten Nachrichten nichts über die zerstörerische Rolle des Westens in den vergangenen wie gegenwärtigen Krisen und Konflikten zu lesen ist.
Die Medienberichterstattung wird also nicht zentral gesteuert oder gar zensiert, auch wenn das selbstverständlich vorkommt. Der Mechanismus ist jedoch wesentlich fundamentaler. Ohne einige erkenntnistheoretische wie soziologische Überlegungen wird man das Grundproblem nicht ergründen können.

Alle Menschen einer Gruppe teilen bestimmte psychische Merkmale. Sie teilen gemeinsame Erfahrungen, Traditionen, Werte, Sitten und Normen.
In der Soziologie spricht man in diesen Zusammenhang auch von der sogenannten zweiten Natur. Denn die im Sozialisationsprozess verinnerlichten Empfindens- und Verhaltensweisen werden zum Teil der Persönlichkeitsstruktur, die genauso zwingend ist wie die erste Natur.
Der biologische Zwang zum Essen, Trinken, Schlafen usw. ist demnach genauso zwingend wie die psychosozialen Zwänge, die sich in Gruppen bzw. Gesellschaften herausbilden, z.B. die Bewertung, wer Freund ist und wer Feind.
Bei Norbert Elias und Pierre Bourdieu wird in diesem Zusammenhang auch vom (sozialen) Habitus gesprochen.

Der Habitus als verstetigte Empfindens- und Verhaltensweise gruppenspezifischer Prozesse setzt den Gruppenmitgliedern Grenzen der Erfahrung. Dieser Bezugsrahmen der Erfahrung kann nicht ohne weiteres überschritten werden. Johann Wolfgang von Goethe hat dieses Phänomen treffend beschrieben:

„Man erblickt nur, was man schon weiß und versteht.“

Erkenntnistheoretisch formulieren es Lothar Schäfer und Thomas Schnelle in der Einleitung zu Ludwik Flecks Erfahrung und Tatsache6:

„Soziale Faktoren dreierlei Art wirken auf jede Erkenntnistätigkeit ein:

  1. „das Gewicht der Erziehung“: Kenntnisse bestehen zum überwiegenden Teil aus Erlerntem, nicht aus neu Erkanntem. Mit jeder Erkenntniswiedergabe im Lernprozeß aber verschiebt sich der Kenntnisgehalt gleichzeitig unmerklich.
  2. „die Last der Tradition“: Neues Erkennen ist immer schon durch das bisher Erkannte vorgeprägt.
  3. „die Wirkung der Reihenfolge des Erkennens“: Was einmal konzeptionell formuliert wurde, schränkt den Spielraum darauf aufbauender Konzeptionen immer schon ein.“

Unabhängig von bewusster Propaganda greifen gesamtgesellschaftliche wie gruppenspezifische, tradierte Bewertungsmuster.
Ein Großteil der Bevölkerung interessiert sich schlichtweg nicht für die Lebensbedingungen von Indern oder Indonesiern. Welches Schicksal erleiden die Menschen in Usbekistan oder Weißrussland? Wie viele Millionen Menschenleben wurden im Kongo vernichtet? Warum heißt Liberia Liberia?
Wo in Vietnam fanden die Bombardierungen der Amerikaner statt? Was ist in Falludscha geschehen?

Man macht es sich zu einfach, lediglich Journalisten vorzuwerfen, sie würden über die Verbrechen des Westens nicht berichten. Das ist zwar weitestgehend richtig. Aber Medienschaffende wie Rezipienten teilen in weiten Bereichen die Vorstellungen und Werturteile über Unpersonen.

Das mörderische Vermächtnis des Kolonialismus

Das ist der Grund, warum wir so wenig darüber wissen, was der Kolonialismus vor und nach dem Zweiten Weltkrieg angerichtet hat. Nachdem die Europäer die amerikanischen Kontinente eroberten, wurden zwischen 75 und 95 Millionen Menschenleben vernichtet.
Das antiamerikanische Ressentiment, dass doch die Amerikaner die „Indianer“ ausgerottet hätten, ist insofern absurd, da es sich um europäische Exilanten handelte, die die Massaker auf dem amerikanischen Kontinent verübten.
Von den 10 Millionen Native Americans, die zu Zeiten von Kolumbus auf dem heutigen Staatsgebiet der USA lebten, waren bei einer Volkszählung 1900 noch 200.000 übrig.7

Überall auf der Welt, in allen europäischen Kolonien, wurden die indigenen Bevölkerungen unterdrückt, ausgebeutet, gefoltert und massakriert.

Die ersten Konzentrationslager wurden nicht von den Nazis in Deutschland errichtet, sondern vom britischen Imperium in Kenia und in Südafrika. Und gewiss war der von den Deutschen an europäischen Juden und Roma verübte Holocaust nicht der erste deutsche Holocaust; die Deutschen waren bereits an schrecklichen Massakern an der Südspitze Südamerikas und in der Tat auf der ganzen Welt beteiligt gewesen. Die hatten schon den Großteil des Herero-Stammes in Namibia ausgelöscht, doch all das wird in Deutschland und im übrigen Europa kaum diskutiert.

Chomsky und Vltcheck8

1904 erließ General Lothar von Trotha einen sogenannten Vernichtungsbefehl9:

Die Herero sind nicht mehr Deutsche Untertanen. […] Innerhalb der Deutschen Grenze wird jeder Herero mit oder ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen, ich nehme keine Weiber und keine Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volke zurück oder lasse auch auf sie schießen.

Deutlicher kann man Menschen kaum zu Unpersonen deklarieren. Und noch 1907 rühmte man sich des Massenmordes an den Herero: „[…] wie ein halb zu Tode gehetztes Wild war er von Wasserstelle zu Wasserstelle gescheucht, bis er schließlich willenlos ein Opfer der Natur des eigenen Landes wurde. Die wasserlose Omaheke sollte vollenden, was die deutschen Waffen begonnen hatten: Die Vernichtung des Hererovolkes.“
Die vollständige Vernichtung von Unpersonen war schon immer Doktrin des militärischen Totalitarismus. So wurde von Trotha auch vom Chef des Generalstabs Alfred Graf von Schlieffen unterstützt: „Der entbrannte Rassenkampf ist nur durch die Vernichtung einer Partei abzuschließen.“

Überlebende Herero nach der Flucht. Bild: Public Domain

Der Genozid an den Herero gilt als der erste Völkermord des 20. Jahrhunderts und wurde als solcher auch von der Generalversammlung der Vereinten Nationen anerkannt. Nur Deutschland weigert[7] sich, den Völkermord anzuerkennen.
„Bundesregierung: Deutschland hat keinen Völkermord an Herero und Nama begangen“:

„Bewertungen historischer Ereignisse unter Anwendung völkerrechtlicher Bestimmungen, die im Zeitpunkt der Ereignisse weder für die Bundesrepublik Deutschland noch für irgendeinen anderen Staat in Kraft waren, werden von der Bundesregierung nicht vorgenommen.“
Was die historischen Fakten betreffe, so seien diese Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung.

Was kümmern uns Unpersonen? Mit der gleichen Logik gelänge es der Bundesregierung auch, die Nürnberger Prozesse als Siegerjustiz nicht anzuerkennen.
Bei der Beschreibung Chomskys zum Völkermord an den Herero kommt es nicht darauf an, ob man den Begriff Holocaust in diesem Zusammenhang für richtig hält. Oder ob man den Begriff Konzentrationslager exklusiv für die nationalsozialistischen Lager benutzen möchte. Entscheidend ist zu erkennen, dass Geschichte ein sozialer Prozess ist. Die Vernichtungslager sind nicht plötzlich da gewesen.
Das Land der Dichter und Denker ist nicht über Nacht brutalisiert worden. Die menschenfeindliche Logik der Ausbeutung, Unterwerfung und wenn kein Nutzen zu erwarten ist, dann Vernichtung, ist eine mächtige Traditionslinie in den westlichen Gesellschaften.
Sie hat weder mit Auschwitz begonnen, noch wurde sie mit Nagasaki beendet.

In der Demokratischen Republik Kongo wurden sechs bis zehn Millionen Menschen getötet, ungefähr genauso viele wie Anfang des 20. Jahrhunderts durch den belgischen König Leopold II. […] Obwohl in den meisten Fällen Ruanda, Uganda und deren Stellvertreter Millionen unschuldiger Menschen umbringen, verbergen sich stets die geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen des Westens dahinter.

Chomsky und Vltcheck10

Es ist nicht relevant, ob es vier, fünf oder sechs Millionen getötete Menschen sind. Entscheidend ist, dass wir über das Ausmaß und die Hintergründe nicht angemessen informiert werden.
Wer sucht, der findet[8] zwar auch, doch wäre es Aufgabe von Journalisten, zumal der öffentlich-rechtlichen Medien, über Krisen, Kriege und Völkermorde angemessen zu berichten.
So könnte man erfahren, dass der Ostkongo reich ist an Zinn, Wolfram, Tantal und Gold. Wichtige Rohstoffe für die Automobilindustrie und die Elektronik- und Computerindustrie. Millionen Tote sichern hohe Profite für neue Handys und Computer. Wir konsumieren Menschenleben.

Wenn sie tot sind, waren es Vietcong

Neben solch indirekter Kriege, bei denen sich die einheimische Bevölkerung gegenseitig abschlachtet, gibt es auch zahlreiche direkte Kriege mit Beteiligung des Westens. Der Vietnamkrieg ist ein Beispiel für die besondere Skrupellosigkeit des Westens bei der Vernichtung von Unpersonen.
Die Vereinigten Staaten setzten Napalm und chemische Kampfstoffe ein, trieben Menschen in „strategische Dörfer, … bei denen es sich in Wirklichkeit um Konzentrationslager oder städtische Slums handelte“.11

Der Einsatz von Agent Orange, den die USA nicht als chemische Kriegsführung anerkannt haben und deshalb den Opfern jedwede Entschädigung verweigern, führt noch heute zu starken Missbildungen bei Neugeborenen.
Etwa 100.000 Kinder mit Missbildungen sind auf die Vergiftung der Eltern mit Agent Orange zurückzuführen[9]: „Nach neuesten Forschungen versprühte die US-Armee während des Vietnamkrieges 80 Millionen Liter toxischer Chemikalien. Weil der vietnamesischen Regierung das Geld für großflächige Bodenversiegelungen fehlt, ist das Gift auch 30 Jahre nach Kriegsende noch im Nahrungskreislauf. Schätzungsweise zwei bis vier Millionen Menschen sind von den Spätfolgen betroffen.“

Die völlige Entgrenzung der Kriegsführung durch die USA hat etwa 4 Millionen Menschenleben in Vietnam, Kambodscha und Laos gekostet.
Der Spiegel weiß[10] bereits 1966 von etwa 35.000 Bombardierungen, erwähnt aber mit keinem einzigen Wort die Opfer. In den USA war es nicht anders.

In Media Control hat Chomsky auf eine Umfrage verwiesen12, die im Zuge des Golfkrieges durchgeführt wurde. Es wurde unter anderem nach der Anzahl der getöteten Vietnamesen gefragt. Im Durchschnitt gaben die Befragten 100.000 an. Was kümmern uns Unpersonen? Zehn Millionen Tonnen Bomben – mehr als alle Bomben im gesamten Zweiten Weltkrieg von allen Parteien abgeworfen – haben vier Millionen Menschen zerrissen. Napalm hat sich auf brutalste Weise durch die Körper gefressen, die chemische Kriegsführung, Landminen und nicht explodierte Splitter- und Brandbomben töten noch heute hunderte Menschen.
Und wir? Wir halten den Vietnamkrieg für eine Intervention gegen die Kommunisten. Denn die Kommunisten müssen mit allen Mitteln aufgehalten werden, weil die so grausam sind. Geradezu unmenschlich.

„…Bevor ich nach Saigon kam, hatte ich gehört und gelesen, daß Napalm das Fleisch schmilzt, und ich dachte, das ist Quatsch, weil ich einen Braten in den Ofen schieben kann und das Fett schmilzt, aber das Fleisch bleibt dran. Ich kam und sah diese von Napalm verbrannten Kinder, und es ist einfach wahr. Die chemische Reaktion des Napalms schmilzt ihr Fleisch einfach, das Gewebe läuft ihnen das Gesicht herunter und auf ihre Brust, und da bleibt es und wächst dort weiter. Diese Kinder konnten ihren Kopf kaum bewegen … Und wenn die Entzündung einsetzt, schneiden sie ihnen die Hände, Finger oder Füße ab. Das einzige, was sie nicht abschneiden können ist der Kopf.::Martha Gellhorn13

Es kümmert uns nicht, wenn unsere Verbündeten Verbrechen gegen die Menschlichkeit, korrekt sollte es heißen: Verbrechen gegen die Menschheit, begehen. Verstöße gegen oder Bruch des Völkerrechts oder der Menschenrechte begehen nur Verbrecherregime.
Wir jedoch haben die Errungenschaften des Rechtsstaates. Bei uns werden Verbrechen geahndet und deswegen kommen sie auch nicht vor bzw. sind Einzelfälle denen mit der Härte des Gesetzes begegnet wird.
Das ist der Anschein, der Phantasiepanzer, den sich das Bürgertum zugelegt hat, um sich nicht mit der schrecklichen Wahrheit auseinandersetzen zu müssen.

Die Logik des Krieges

Im Falle des Massenmords von My Lai, der am 16. März 1968 stattfand, ging die Tötungsbereitschaft der amerikanischen Soldaten so weit, dass nicht nur Menschen ermordet, sondern auch noch ihr Vieh abgeschlachtet und ihre Häuser niedergebrannt wurden – so, als sollte buchstäblich nichts, keine Spur von den Opfern und ihrem Leben, übrig bleiben. Viele der Frauen des Ortes wurden vergewaltigt, bevor sie ermordet wurden. Es handelte sich um einen Massenmord, der […] niemanden ausließ, also im Ergebnis einen Vernichtungswillen erkennen ließ, der keine Ausnahmen vorsah. Insgesamt fielen diesem Massenmord 504 Vietnamesinnen und Vietnamesen zum Opfer; ganze drei von ihnen erfüllten als junge Männer das Kriterium, möglicherweise gegnerische Kämpfer zu sein, ein Einziger war nachweislich bewaffnet.

Quelle14

My Lai war das Ergebnis des militärischen Totalitarismus. Diese Logik kennt nur die Vernichtung des Feindes. Und Feind ist, wer zum Feind deklariert wird. Ist er tot, war er ein Feind.
Diese perverse, menschenverachtende Logik ist selten deutlicher dokumentiert als im Bodycount, dem Leichenzählen. Dahinter steckt die einfache Wahrheit, dass, wenn genügend Feinde getötet werden, niemand mehr übrig bleibt, der sich widersetzen könnte.
Um dieses Ziel zu erreichen, wurden Free-Fire-Zones eingerichtet. Der Auftrag war so einfach, wie illegal: „Tötet alles, was sich bewegt“.

Beim Massaker von My Lai ermordete vietnamesische Zivilisten. Bild: U.S. Army

Der Journalist Seymour Hersh, der das Massaker von My Lai recherchierte, benötigte ein Jahr bis er einen Verlag gefunden hatte, der die Geschichte veröffentlichen wollte. Erst eineinhalb Jahre nach dem Massaker wurde die Geschichte publiziert, nachdem bei 50 Herausgebern und Verlegern persönlich vorgesprochen wurde.

In Zeiten des vaterländischen Krieges gegen die grausamen Kommunisten möchte niemand als Vaterlandsverräter dastehen und so zensieren sich die Medien lieber selbst.
Wenn Politik und Medien versagen, dann bleibt immer noch der Rechtsstaat auf den die westliche Wertegemeinschaft stolz ist.
Für das Massaker von My Lai wurden vier Soldaten angeklagt. Lediglich Leutnant William Calley wurde zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.

Einige Bundesstaaten setzten die Flaggen aus Solidarität mit dem Angeklagten auf Halbmast und die Gouverneure riefen zu Sympathiekundgebungen für Calley auf. Einer dieser Gouverneure war der spätere US-Präsident Jimmy Carter. Am 29. März 1971 wurde Calley, der auf Befehlsnotstand beharrte, der vorsätzlichen Tötung von 22 Zivilisten schuldig gesprochen und am 31. März 1971 zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.
Schon am darauffolgenden Tag, dem 1. April 1971, verfügte Präsident Nixon seine Haftentlassung. Calley bekam lediglich Hausarrest.
Am 20. August 1971 wurde seine nominelle Strafe durch die Army jedoch auf 20 Jahre verkürzt, danach von Heeresminister Callaway nochmals halbiert.
1974 wurde Calley durch Richard Nixon endgültig begnadigt.

Wikipedia[1]

Um es mit den Worten Calleys15 zu sagen:

What the hell else is war than killing people?

My Lai wäre nicht aufgeklärt worden, wäre es nach den US-amerikanischen Militärs gegangen. Denen galt das Massaker lange als militärischer Erfolg.
Es waren einfache Soldaten, Fotografen und ein investigativer Journalist, die das Verbrechen aufdeckten. Der Soldat, der die Aufklärung des Verbrechens überhaupt erst ermöglicht hatte, wurde von einem Teil der Medien als „Verräter, Dreckskerl, Agent von Hanoi, Kommunist, Jude und eine Schande für unsere Gesellschaft“ beschimpft[11].
Das Mitgefühl gilt den eigenen tapferen Soldaten. Was interessieren uns Unpersonen?

Beim Massaker von My Lai getötete Frau. Bild: U.S. federal government

My Lai war keine Ausnahme auch wenn der Versuch recht erfolgreich war, dies so im kollektiven Gedächtnis zu verankern.
Kriegsverbrechen des Westens finden entweder offiziell gar nicht statt oder werden als Einzelfall und absolute Ausnahme kommuniziert.
Doch die Wahrheit ist eine gänzlich andere. Der Krieg, den wir nicht sehen sollen, ist eine Aneinanderreihung von Verbrechen. Das wissen Militärs und Politiker, weshalb ein Großteil des Krieges im Geheimen stattfindet.
Der saubere Krieg rechtsstaatlich verpflichteter Soldaten, die für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte kämpfen, ist eine Lüge.

„Krieg ist Krieg“, begründete[12] der zuständige Richter die Freilassung Calleys, „und es ist keineswegs ungewöhnlich, daß unschuldige Zivilisten wie die Opfer von My Lai getötet werden. In der gesamten überlieferten Geschichte war es so. Es war so, als Josua Jericho einnahm.
Josua wurde allerdings nicht wegen Mordes an der Zivilbevölkerung Jerichos angeklagt. Aber schließlich, so sagt man uns, stand ja Gott auf Seiten Josuas.“ Und so ist es nur folgerichtig, Massenmörder straffrei zu belassen.
Krieg ist Krieg, ist die Logik der Menschenfeinde. Eine Logik, die bis heute wirkmächtig ist und als ultimatives (Schein-)Argument angeführt wird. Krieg ist Krieg, bedeutet nichts anderes als: Schweigt ihr Gutmenschen. Wer nur in Kategorien des Krieges denkt, der kennt keine Mörder in den eigenen Reihen. Der kennt nur pflichtbewusste Soldaten, die über die Stränge schlagen. Und das passiert nun mal leider ab und an.

Von US-Soldaten getötete Vietnamesen. Bild: U.S. federal government

Tatsächlich[13] aber werden ein „ums andere Mal, abertausendfach, […] Alte, Frauen, Kinder in einem entlegenen Dorf wahllos erschossen, in Bunkern mit Handgranaten getötet, erst vergewaltigt, dann ermordet […], in ihren Hütten verbrannt, verstümmelt, um aus ihren Ohren und Fingern Trophäen-Ketten zu fertigen“.
In der Logik des Totalitären existieren nur noch Feinde. Zivilisten gibt es nicht mehr. Insofern ist My Lai nicht ein Kriegsverbrechen des Vietnamkrieges, sondern der Vietnamkrieg ist das Kriegsverbrechen mit unzähligen My Lais.

Ich habe dieselben Grausamkeiten begangen wie Tausende andere Soldaten: Ich habe an Operationen in „Feuer-Frei-Zonen“ teilgenommen … Maschinengewehre auf Befehl in „Search and Destroy“-Aktionen gegen Menschen eingesetzt … Dörfer niedergebrannt … All das wider die Gesetze der Kriegsführung, wider die Genfer Konvention…als Teil der offiziellen Regierungspolitik.

John Kerry 1971

Kriegsverbrechen sind im Krieg die Regel und nicht die Ausnahme. Eine Erkenntnis, die der Westen immerfort zu verdecken versucht.

„Aus diesen Hinterhalten heraus haben wir wahllos getötet, und eine Menge Opfer waren keine Vietcong. Wir benutzten Claymores (Anti-Personenminen – B.G.) gegen jede Person und jedes Boot, das vorbeikam, und manchmal war es ein Kahn mit […] ein paar Frauen oder manchmal ein Bauer mit einer Hacke. Nix besonderes, sobald wir sie getötet hatten. Waren sie eben Vietcong.::Quelle16

„Nur ein toter Talib ist ein guter Talib“

An der Logik des Krieges und der Logik der Militärs hat sich bis heute nichts geändert.
Mit Drohnenanschlägen in Pakistan werden nie „Menschen“ getötet. Es sind immer „Militante“[14]. In Afghanistan ist es nicht anders.
Das NATO-Wording für jedweden Widerständigen ist Taliban. Auch wenn die Getöteten nichts mit den Taliban zu tun hatten.
Ein ehemaliger US-Offizier stellte 2009 resigniert fest, dass es in Afghanistan gar nicht gegen einen einheitlichen Feind ging, wie es immer kolportiert wird, sondern: „I thought it was more nationalistic. But it’s localism. I would call it valley-ism.“

Manche Gruppen würden nicht einmal Verbindungen zu Gruppierungen unterhalten, die nur wenige Kilometer entfernt seien. Von den „hunderten, vielleicht tausenden“ dieser Gruppen in ganz Afghanistan, gibt es seiner Anschauung nach nur wenige, die „ideologische Verbindungen“ zu den Taliban hätten.

„..aber warum und wozu?“[1]

Vltcheck schließt aus der krassen Diskrepanz zwischen tatsächlichem Geschehen, der Deutung der Geschehen aus westlicher Perspektive und der medialen (Nicht-)Berichterstattung:

Im Allgemeinen halte ich die Menschen im Westen, besonders Europäer, für extrem indoktriniert und von einem Gefühl ihrer Einzigartigkeit besessen.
Sie durchlaufen eine einseitige Erziehung und verlassen sich auf ihre Medien, und infolgedessen sehen sich viele als Auserwählte und suchen nicht nach alternativen Informationsquellen.

Chomsky und Vltcheck17

Ausgehend von dem Diktum Niklas Luhmanns – „Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien.“18 – lässt sich konstatieren, dass wir über die Kriege des Westens so gut wie nichts wissen. Oder besser: über aktuelle Kriege.
Die USA werden einen „Fehler“ wie in Vietnam nicht wiederholen. Die Kriegsberichterstattung findet nur noch „embedded“ statt. Bei der amerikanischen Armee ebenso wie bei der deutschen.
Am Beispiel Jonathan Schnitts „Foxtrott 4. Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan“[15] wird überdeutlich, dass es künftig gar keiner Journalisten mehr bedarf. Was Schnitt, sowohl physisch wie psychisch vollkommen „eingebettet“, als Journalist abliefert, unterscheidet sich nicht im Geringsten von den Beschreibungen der Pressestellen der Bundeswehr. Dazu ist Journalismus unnötig.
Was für ein Berufsverständnis muss ein Journalist haben, der Folgendes schreibt:

Die Strategie der ISAF in Afghanistan beruht letztlich auf einem ziemlich klugen Buch von General David H. Petraeus und Lt. General James F. Amos. 2006 gaben die beiden amerikanischen Generäle ein Handbuch für Aufstandsbekämpfung mit dem Titel „Counterinsurgency Field Manual“ heraus, das Anfang 2007 bei der Besetzung Iraks erfolgreich angewandt wurde.

Jonathan Schnitt

Besonders erfolgreich war vermutlich Phase 2 „Clear“ (Säuberung). Bei der die feindlichen Kräfte aus dem Zielgebiet „vertrieben“ werden.
Wer das Wording militärischer Propagandaabteilungen übernimmt, hat sich als Teil der sogenannten vierten Gewalt verabschiedet. Mit Kontrolle und Überwachung der Exekutive hat das nichts zu tun. Zu den Tätern der physischen Tat, gesellen sich Täter der psychischen Tat.
Selbst der Spiegel musste konstatieren[16], dass das „Field Manual 3-24“ problematisch sei.

Hinter verschlossenen Türen machten Petraeus und seine Leute deutlich, was mit „Säuberung“ gemeint war. Deutsche Politiker erinnern sich an einen Satz von Michael T. Flynn, damals Isaf-Geheimdienstchef in Afghanistan. „Nur ein toter Talib ist ein guter Talib“, erklärte der Offizier den Besuchern bei einem Briefing.

Aber der Spiegel wäre nicht der Spiegel, würde er jeglichen Ansatz von Kritik nicht sogleich relativieren: „Im Krieg gelten andere Regeln als bei der Verbrechensbekämpfung in Friedenszeiten.“ Krieg ist Krieg.
Und so zwängt der Spiegel das kritische Denken sofort in das Korsett militärischer Logik. Warum ein demokratischer Rechtsstaat, der für Menschenrechte einsteht, sich diesem Totalitarismus unterwerfen sollte, weiß man beim Spiegel sicherlich auch nicht.
Natürlich wollen Militärs ihrer eigenen Logik folgen: Sieg um jeden Preis. Koste es, was es wolle. Aber es gehört zur Demokratie, diesen Willen zur Macht gesellschaftlich zu diskutieren und gegebenenfalls zu begrenzen oder gar ganz zu verhindern.

Propaganda und Medien

Journalisten, die die Angaben von Militär und Geheimdiensten ungeprüft übernehmen, sind nichts anderes als PR-Agenten. Ramsey Clark, ehemaliger Justizminister der USA, hat in seinem überaus wichtigen Buch „Wüstensturm. US-Kriegsverbrechen am Golf.“ zahlreiche Medienmanipulationen, Selbstzensur, Desinformationen und Fälle von Propaganda beschrieben.

Von den 88.500 Tonnen Sprengmaterial, die auf den Irak herabregneten, waren nur 6.250 Tonnen von genauen Zielvorrichtungen gesteuert. Fast 93 Prozent der Bomben waren ungesteuert – sie fielen aus großer Höhe herab und waren nicht zielgenauer als die Bomben des Zweiten Weltkriegs. […] Eine der großen Mythen, die das Pentagon und die gesteuerten Medien verbreiten, war der von der chirurgischen Präzision der US-Waffen, die angeblich zum Schutz von Menschenleben beitrug. Mit diesem Argument hatten die USA schon früher Gewaltakte gegen ihre Feinde gerechtfertigt.

Ramsey Clark19

Es ist die identische Argumentation, mit der der Drohnenterror[17] gerechtfertigt wird. Entweder übernehmen Medien schlichtweg die Pressemeldungen des Militärs und verschleiern damit die Realität oder sie verschweigen die Wahrheit gleich ganz.

Die US-Divisionen, die Saddam Husseins Abwehrlinie durchbrach, setzte auf Panzern montierte Pflüge und für den Kampfeinsatz konstruierte Erdbewegungsfahrzeuge ein, um Tausende irakische Soldaten – manche noch lebend und aus ihren Waffen feuernd – in ihren mehr als 70 Meilen langen Gräben zu verschütten, so die US-Militärs. […] Dieses beispiellose Vorgehen wurde vor der Öffentlichkeit verborgen…

Ramsey Clark20

Einigen Journalisten wurde vom Pentagon ein Video von tatsächlichen Kampfeinsätzen gezeigt. Man wollte ermitteln, wie die Medienvertreter reagieren würden. AP-Reuters schrieb später über das Video, in dem unter anderem gezeigt wurde, wie Menschen durch eine 30mm Schnellfeuerkanone eines Hubschraubers in Stücke zerrissen werden:

Die Kriegsberichterstatter, die das Video sehen durften, erwähnten nicht, wo und wann das Gefecht stattgefunden hatte, und es wurden keine Gefallenenzahlen genannt … die Fernsehzuschauer bekamen die Aufnahmen nicht zu sehen: Nach Ansicht der Zensoren waren sie für das allgemeine Publikum zu brutal.

Ramsey Clark21

Politik, Militär, Rüstungsindustrie und Medienvertreter wissen ganz genau: würden die Kriege realistisch gezeigt werden, würde es nirgends Mehrheiten der Bevölkerung für Kampfeinsätze geben.
Wenn die Menschen sehen würden, was es bedeutet, wenn ein Körper durch eine Granate zerrissen wird, wenn die Eingeweide aus Schusswunden heraushängen, wenn Phosphor die Haut bis auf die Knochen verbrennt, würde sofort eine Beendigung jeglicher militärischer Gewalt gefordert werden.

Was sind das für Menschen, die Brandbomben zum Einsatz gegen Menschen erfinden? Wie entfremdet und menschenverachtend muss man sein, um das Phosphor mit Kautschuk zu vermischen, damit es zähflüssiger wird und sich besser auf dem gesamten Körper verteilt?

Da Phosphor in Brandbomben jedoch mit einer Kautschukgelatine versetzt wird, bleibt die zähflüssige Masse an der bis dahin noch nicht brennenden Hand haften und wird so weiter verteilt. Weißer Phosphor erzeugt in der Regel drittgradige Verbrennungen, zum Teil bis auf den Knochen. Da diese bei einem Angriff meist großflächig sind, sterben Betroffene langsam an ihren Verbrennungen, sofern sie nicht durch Inhalation der giftigen Dämpfe, Verbrennung der Atemwege oder Intoxikation zu Tode gekommen sind.

Wikipedia[1]

Die großen Medien packen die Bevölkerung des Westens in einen riesigen Wattebausch, der die Wirklichkeit verdrängt und ein wohliges Gefühl von Demokratie und Rechtstaatlichkeit erschafft. Solange alle Bürger weiter konsumieren, bleibt der Anschein der den Menschenrechten verpflichteten Demokratie aufrechterhalten.
Und während der Westen sich in seiner Parallelwelt über den Export seiner besten Ware „Demokratie“ selbst feiert, vernichtet der Militärapparat des Westens Unmengen an Menschenleben.

Aber wen kümmern schon Unpersonen?

Eine wahrhaftige, unzensierte, realitätsnahe Schilderung des Krieges zerstört unweigerlich die Moral der Heimatfront, dann jedenfalls, wenn der Krieg sich länger hinzieht.
Um erfolgreich Krieg zu führen, so hat schon Clausewitz erkannt, bedarf es einer engen Allianz von Armee und Volk. Diese Allianz zerbricht, wenn die Gesellschaft über einen längeren Zeitraum hinweg die grausame Wirklichkeit des Krieges täglich miterlebt und miterleidet.
Die Vereinigten Staaten haben den Vietnamkrieg ohne Sieg beenden müssen, nachdem ein wesentlicher Teil der Bevölkerung ihrer Armee die Unterstützung entzogen hatte. Mit einer freien und unzensierten Presse ist kein Krieg von Dauer zu gewinnen.

WinFried Scharlau22

Was sagt das über die deutschen Medien angesichts von 13 Jahren Afghanistankrieg aus? Während wir nicht annähernd realistisch über die Kriege der Gegenwart informiert werden, fordert[18] der Bundespräsident eine selbstbewusste Debatte über Deutschlands neue Rolle in der Welt. Manchmal müsse man eben auch zu den Waffen greifen. Schließlich stehe Deutschland nun für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit: „Es steht an der Seite der Unterdrückten. Es kämpft für Menschenrechte.“

Angesichts der Millionen Toten, die der Kampf für Menschenrechte und die Verbreitung der Demokratie, die doch nur die Verbreitung von Absatzmärkten und Sicherung von Ressourcen meint, fordert, fällt es schwer, auch nur ansatzweise echte Empathie mit den Opfern von Kriegen beim Bundespräsidenten herauszuhören. Die Freiheit, die Gauck permanent verteidigt und verbreitet sehen will, ist die Freiheit zu konsumieren. Es ist die Freiheit, auf der Autobahn schnell zu fahren, und es ist die Freiheit, bei Menschheitsverbrechen so lange wegzuschauen, bis irgendwann einmal „deutsche Interessen“, also wieder Profitinteressen, berührt werden.

Doppelstandards und der Wert menschlichen Lebens

Für die Menschenrechte bombardierte eine „Internationale Koalition“ 2011 Libyen. Obwohl es sich um einen Bürgerkriegskonflikt handelte, positionierten sich Frankreich, die USA, Großbritannien und Kanada auf Seiten der „Rebellen“.
Offizielles Ziel war der Schutz von Zivilisten. Dazu sollte eine Flugverbotszone militärisch durchgesetzt werden.

Faktisch griffen die Menschenrechtsverteidiger aber in den Bürgerkrieg ein, zerstörten weite Teile der Infrastruktur Libyens, bewaffneten die Opposition, die mehrheitlich aus Islamisten bestand und hinterließen einen vollkommen zusammengebrochenen Staat.
Im Februar 2012, über ein halbes Jahr nach dem „Sieg der Rebellen“, freute sich die ARD über den Sieg der Menschenrechte und dass nun eine Demokratie aufgebaut werden könne ohne den Diktator Gaddafi.
Aktuell wird konstatiert[19], dass es keinen libyschen Staat mehr gibt, der diesen Namen verdient hätte. Der Bürgerkrieg wütet wie zuvor und es interessiert den Westen nicht im Geringsten.
Deutlicher kann man die Menschenrechtsmythen nicht desavouieren. Es ging nie um den Schutz von Zivilisten. Das ist lediglich der Anschein, den es bedarf, um die Allianz von Bevölkerung und Militär aufrecht zu erhalten. Es ging ausschließlich darum, Gaddafi abzusetzen. Was danach kommt, ist vollkommen irrelevant für die intervenierenden Staaten gewesen. Was kümmern uns schon Unpersonen?

Jochen Bittner, der sich seit der legendären „Neues aus der Anstalt“-Sendung lauthals empört[20], man verorte ihn zu Unrecht in habitueller und tatsächlicher Nähe zu transatlantischen Netzwerken, beweist nicht erst seit der Ukraine-Krise, dass Doppeldenk und Doppelstandards sein Metier sind:

Was eigentlich muss noch geschehen, damit ein Krieg als gerechtfertigt gelten kann? Welche Kriterien müssen noch erfüllt sein. Sicher, die Rebellen waren und bleiben unberechenbar. Ich halte unberechenbare Rebellen, wenn sie gegen eine Diktatur kämpfen, aber bei Weitem für besser als tote Rebellen.

Jochen Bittner

Bittner schreibt wohlfeil vom Kampf gegen eine Diktatur, ohne sich selbst und dem Leser jedoch bewusst zu machen, dass eben diese „Rebellen“ genauso töten und massakrieren wie die Truppen Gaddafis.
Gibt es gute und weniger gute Tote? Diese unberechenbaren Rebellen waren entgegen Bittners Prämisse jedoch durchaus berechenbar und machen da weiter, wo sie aufgehört haben. Sie gründen als ISIS ein neues Kalifat.
Nun könnte sich Bittner natürlich darauf zurückziehen, dass das nicht absehbar war, dankenswerterweise hat er aber im gleichen Artikel[21] seine Einschätzung der Weltgeschichte dargetan. Wer die Guten und wer die Bösen sind, das definiert nämlich immer noch der Mächtigere.

Es scheint leider noch immer ein sehr deutscher Reflex zu sein, jede Einmischung in einen militärischen Konflikt als ‚Aggressionspolitik‘ zu verdammen. Merken solche Kommentatoren eigentlich nicht, wie moral- und geschichtsblind sie argumentieren? Das vergangene halbe Jahrhundert war voll von völkerrechtswidrigen Interventionen. Bloß: den allermeisten davon lagen keine westlichen Aggressionen zugrunde. Der sowjetische Einmarsch in Afghanistan. Der Chinas in Vietnam. Der Ägyptens in den Jemen. Der des Irak nach Kuwait. Der Einmarsch Ugandas in Ruanda. Der Ruandas in den Kongo. Russlands Krieg in Tschetschenien. Alles vergessen?

Jochen Bittner

Bei dieser Geschichtsklitterung bleiben nur zwei Möglichkeiten. Entweder ist Bittner ein Überzeugungstäter und Ideologe, der seine Leser absichtlich desinformieren will. Oder aber, er ist schlichtweg uninformiert und zwar so, wie es Vltcheck meinte, als er sagte23:

Nachdem ich auf allen Kontinenten der Erde gelebt habe, bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass die Menschen im Westen die indoktriniertesten, am schlechtesten informierten und am wenigsten kritischen auf der ganzen Welt sind, wobei es natürlich manche Ausnahmen, wie Saudi Arabien, gibt. Doch die Menschen im Westen sind vom Gegenteil überzeugt und bilden sich ein, das bestinformierte und „freieste“ Volk der Erde zu sein.

Die Auswahl von Interventionen, die Bittner vorlegt, ist zynisch. Es ist die schlichte Weltsicht, die den Totalitarismus des Freund-Feind-Denkens ausmacht. Es gibt gute Tote und es gibt schlechte Tote. Man muss Menschenleben qualitativ bewerten lernen, um sich solch einem Denkkollektiv zu nähern. So schreibt Bittner weiter:

In Ruanda sind schätzungsweise 800.000 Menschen ermordet worden. So, das sollte sich jeder vor Augen führen, der die vermeintliche Gewaltlust des Westens anprangert, kann eine Bilanz ohne Intervention aussehen.

Bittner geht es nicht um den tatsächlichen Konflikt, ihm geht es um die Propaganda zum militärischen Eingreifen. Es ist schon eine besondere Erwartungshaltung, dass ausgerechnet Militaristen von sich glauben machen wollen, es gehe ihnen um Menschenleben. Es ist die gleiche Logik, in der Soldaten zu Idealisten stilisiert werden, die zur Bundeswehr gehen, weil Ihnen der Frieden so am Herzen liegt.

Ist Bittners Beispiel Ruanda tatsächlich ein Argument für militärische Interventionen? Denn Völkermord zu verhindern, ist schließlich eine Option für militärische Einsätze, der sich jeder empathiefähige Mensch anschließen können wird. Am 7. April 1994 werden zehn belgische Soldaten getötet.

Die Extremisten nahmen sich bewusst die belgischen Soldaten vor, um Angst zu verbreiten. Sie wussten, dass westliche Nationen nicht den Mut und nicht den Willen aufbringen, bei Friedenseinsätzen Verluste hinzunehmen. Sobald Tote zu beklagen sind, wie bei den Amerikanern in Somalia oder den Belgiern in Ruanda, rennen sie davon, ganz gleich, welche Folgen das für die im Stich gelassene Bevölkerung hat.

SZ[1]

Am 3. Mai schlagen die USA im UN-Sicherheitsrat vor:

Der Rat solle eine Delegation nach Ruanda schicken. Mit einer solchen Aktion, die einen gewissen „Symbolcharakter“ habe, würde man Schlagzeilen wie „Die UN sollten sich schämen‘“verhindern.

SZ

Bittner nutzt das absichtliche Wegsehen des Westens also auch noch als argumentative Hilfe, um „humanitäre“ Interventionen zu rechtfertigen. Erst lässt es der Westen zu, dass etwa 800.000 Menschen mit Macheten in Stücke geschlachtet werden und dann soll das absichtliche Nichteingreifen als Rechtfertigung für künftiges Eingreifen dienen. Die Instrumentalisierung eines Völkermords ist an Perfidie kaum zu überbieten.

Die Nachrichtenagentur Reuters schickt den Reporter Aidan Hartley nach Ruanda. Hartley erinnert sich, dass man ihm sagte, dies sei eine „klassische Bongo-Story“. Niemand würde Interesse haben an dem, was in Ruanda geschehe, „solange sie nicht anfangen, weiße Nonnen zu vergewaltigen“. Seine Aufgabe sei es, „über die Weißen zu berichten, davon, dass die Nonnen evakuiert werden“.

SZ

„Jeder wusste“, so erinnert sich die britische Journalistin Linda Melvern, „dass die Presse nach dem, was in Somalia passiert war, kleinen Kriegen in Afrika noch weniger Aufmerksamkeit schenken würde als zuvor.“

Was kümmern uns Unpersonen? Bittner, stellvertretend für die publizistischen Wegbereiter „deutscher Großmannssucht“, jedenfalls recht wenig. Ansonsten hätte er zumindest im Ansatz die Rolle der USA und Frankreichs beim Völkermord in Ruanda[22] in Betracht gezogen.

„Wir wollen versuchen, die Leute zu treffen“

Der Glaube an die eigene Höherwertigkeit ist Kern des Problems. Wenn der Westen immer wieder behauptet, das überlegenere System zu haben, und dabei mit einer pars-pro-toto-Verzerrung ausschließlich auf die exklusivsten Vorteile abzielt, gleichzeitig aber die Verbrechen, die Ausbeutung, Unterdrückung, Demütigung bis hin zur physischen Vernichtung ausblendet, wird das massenhafte Töten weitergehen.

Eine Debatte über interventionistische Einsätze der Bundeswehr muss geführt werden. Das ist richtig. Doch erfordert eine Debatte, so sie denn ehrlich und ergebnisoffen geführt werden soll, dass sie auf Tatsachen und nicht auf Propaganda beruht.
Dazu wäre es auch notwendig zu erfahren, was das KSK (Kommando Spezialkräfte[23]) in den letzten Jahren gemacht hat?
Egon Ramms, Nato-General a.D., etwa vier Jahre lang Kommandeur des Allied Joint Force Command in Brunssum, zuständig für die Afghanistaneinsätze, erklärte[24] im Deutschlandradio:

Deutsche Soldaten, Spezialkräfte, sind auch schon im Jahr 2002, Ende 2001, Anfang 2002 unter dem Mandat für Operation Enduring Freedom nach Afghanistan gegangen – ich wiederhole: deutsche Spezialkräfte -, und die sind dort nicht gewesen, um Blümchen zu pflücken.

Ein Tötungskommando[25], das weitestgehend außerhalb demokratischer Kontrolle existiert, delegitimiert eine demokratische Armee.
Mehr noch. Während ein Großteil der Soldaten tatsächlich defensive Aufgaben wahrnimmt und damit durchaus auch schützende Funktionen erfüllen kann, existiert parallel eine Geheimarmee, die mit ihren Aufträgen den gesamten Verband zu gefährden vermag.
Deutsche Soldaten, die in Afghanistan waren, wissen, wie die Stimmung der Bevölkerung umschlagen kann, wenn plötzlich amerikanische Killerkommandos in der „deutschen Zone“ umherwüten, so dass die einheimische Bevölkerung davon ausgeht, es wären deutsche Soldaten gewesen.

In Deutschland weiß man hingegen nicht einmal, wie alle deutschen Soldaten im Einsatz umgekommen sind. Und wir wissen fast nichts über die Opfer der Bundeswehr.
Wie viele Menschen wurden von der Bundeswehr getötet? Wie soll eine kritische Debatte geführt werden, wenn über den Gegenstand der Debatte kaum etwas bekannt ist?

Aus der sozialpsychologischen Täterforschung ist bekannt, dass prinzipiell alle Menschen zu Mördern, gar Massenmördern, werden können.
Situative Zwänge können „ganz normale Menschen“ dazu bringen, grausamste Verbrechen zu begehen. Ganz normal meint hier, dass es sich nicht um psychopathologische Täter handelt. Und in der Selbstwahrnehmung jedes einzelnen, in seiner moralischen Integrität, hätte jeder von sich vorher behauptet, er wäre nie zu solchen Taten fähig. Gesellschaftliche Aufgabe muss es demnach sein, die Herstellung entsprechender Situationen zu verhindern.

Das Bedürfnis nach kollektivem Aufgehobensein und nach Verantwortungslosigkeit enthält, so scheint mir, das größte Potential zur Unmenschlichkeit; aus ihm resultiert die gefühlte Attraktivität einer klaren Aufteilung der Welt in Gut und Böse, Freund und Feind, zugehörig und nicht-zugehörig. Hier hat auf Seiten der Individuen die Eskalation der Vernichtungsgewalt ihren Anfang.

Harald Welzer24

Es ist fahrlässig zu glauben, Deutschland oder „dem Westen“ könne so etwas nicht mehr passieren. Die Geschichte bis heute beweist das Gegenteil. Beim Luftangriff bei Kunduz[26] hatten die deutschen Verantwortlichen die Möglichkeit, die Menschen bei den feststeckenden Tanklastwagen zu warnen bzw. zu verjagen. Dazu wollten die amerikanischen Piloten tief über die Personen hinwegfliegen, um zu zeigen, dass sie da seien (show of force). Die Deutschen lehnten dies ab und forderten die umgehende Bombardierung. Auf Nachfrage ob man denn die Tanklastwagen oder die Personen treffen wolle, gaben die deutschen Militärs an: „Wir wollen versuchen, die Leute zu treffen“. Das Vernichten von Menschenleben ist die grundlegende Logik des Militärs. Töten ist der Beruf. Der Versuch politisch wie publizistisch Deutschland eine neue Verantwortung herbeizuschreiben, die mit Waffengewalt zu vertreten sei, muss genau dies diskutieren. Wie viel Menschenleben ist Deutschland bereit zu vernichten?

Eugen Kogon hat 1948 rückblickend auf den Zweiten Weltkrieg in einem Vortrag zum „Terror als Herrschaftssystem“ gewarnt:

Man muß den Terror in seinen Anfängen, in seinen Erscheinungsformen, in seinen Praktiken und in seinen Folgen entlarven. Denn wir wurden Zeugen davon, und werden es noch immer, wie er sich inmitten heutiger Demokratien entwickelt, wie er zur Macht kommt und sich als Demokratie selbst ausgibt, geradezu als eine Regierungsform von Freiheiten.

Eugen Kogon25

Anhang

Fußnoten

1)Alle Zitate sind dem Klappentext entnommen.
2)Noam Chomsky und Andre Vltcheck. Der Terrorismus der westlichen Welt. Von Hiroshima zu den Drohnenkriegen. Münster 2014. S. 15
3)Ebda. S. 17
4)Elçin Kürşat-Ahlers. Über das Töten in Genoziden. Eine Bilanz historisch-soziologischer Deutungen. In: Peter Gleichmann und Thomas Kühne (Hg.): Massenhaftes Töten. Kriege und Genozide im 20. Jahrhundert. Essen 2004. S. 180-206.
5)Vgl. Dave Grossmann. Eine Anatomie des Tötens. In: Peter Gleichmann und Thomas Kühne (Hg.): Massenhaftes Töten. Kriege und Genozide im 20. Jahrhundert. Essen 2004. S. 55-104, hier S. 72.
6)Lothar Schäfer und Thomas Schnelle. Einleitung: Die Aktualität Ludwik Flecks in Wissenschaftssoziologie und Erkenntnistheorie. In: Ludwik Fleck. Erfahrung und Tatsache. Frankfurt/Main 1983. S. 9-34, hier S. 16.
7)Vgl. Chomsky und Vltcheck, S. 16.
8)Ebda., S. 18.
9)http://de.wikipedia.org/wiki/Aufstand_der_Herero_und_Nama
10)Ebda, S. 20.
11)Chomsky und Vltcheck, ebda, S. 20.
12)Vgl. Noam Chomsky: Media Control. Hamburg 2003. S. 39
13)Martha Gellhorn, Suffer the little children …, Ladies Home Journal, Januar 1967. Zitiert nach Annette Jander. Kriegsberichterstattende und die „Kultur des Todes“. In: Peter Gleichmann und Thomas Kühne (Hg.): Massenhaftes Töten. Kriege und Genozide im 20. Jahrhundert. Essen 2004. S. 394-410, hier S. 400.
14)Harald Welzer. Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden. Frankfurt am Main 2007. S. 220f.
15)Zitiert nach Harald Welzer. Täter. A.a.O. S. 245.
16)Bernd Greiner. Spurensuche – Akten über amerikanische Kriegsverbrechen in Vietnam. In Wolfram Wette und Gerd R. Ueberschär (Hg.). Kriegsverbrechen im 20. Jahrhundert. Darmstadt 2001. S. 461-473, hier S. 463f.
17)S. 30.
18)Niklas Luhmann. Die Realität der Massenmedien. Opladen 1996. S. 9
19)Ramsey Clark. Wüstensturm. US-Kriegsverbrechen am Golf. Göttingen 1995. S. 248.
20)Ebda. S. 88f.
21)Ebda. S. 194.
22)Winfried Scharlau. Wie realistisch schildern Medien den Krieg, die Täter und die Opfer? In: Peter Gleichmann und Thomas Kühne (Hg.): Massenhaftes Töten. Kriege und Genozide im 20. Jahrhundert. Essen 2004. S. 383-393, hier S. 391f.
23)Chomsky und Vltcheck S. 51f.
24)S. 268
25)Eugen Kogon. Gesammelte Schriften. Band 1. Ideologie und Praxis der Unmenschlichkeit. Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus. Berlin 1995. S. 86.

Links

[1] http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Joachim-Gauck/Reden/2014/12/141225-Weihnachtsansprache-2014.html;jsessionid=E4E626E3554460161BB3F9CA1F43D528.2_cid285
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/William_Calley#Gerichtsverhandlung
[1] http://www.heise.de/tp/news/aber-warum-und-wozu-2017256.html
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Phosphorbombe
[1] http://www.sueddeutsche.de/politik/voelkermord-in-ruanda-chronik-des-versagens-1.1929862
[2] http://www.heise.de/tp/artikel/43/43734/1.html
[3] http://www.deutschlandradiokultur.de/norwegen-reise-deutschland-steht-an-der-seite-der.1008.de.html?dram:article_id=289135
[4] http://www.bpb.de/apuz/31425/die-transatlantische-wertegemeinschaft-im-21-jahrhundert?p=all
[5] http://www.unrast-verlag.de/neuerscheinungen/der-terrorismus-der-westlichen-welt-detail
[6] http://www.killology.com/bio.htm
[7] http://webarchiv.bundestag.de/archive/2013/1212/presse/hib/2012_08/2012_367/05.html
[8] http://www.bsr.org/reports/BSR_Conflict_Minerals_and_the_DRC.pdf
[9] http://de.wikipedia.org/wiki/Agent_Orange
[10] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46413942.html
[11] http://www.vietnam-kompakt.de/das-massaker-von-my-lai.html
[12] http://www.zeit.de/1974/41/richterspruch-gegen-das-gewissen
[13] http://www.welt.de/politik/ausland/article114155231/Als-US-Soldaten-auf-fliehende-Kinder-schossen.html
[14] http://www.theatlantic.com/politics/archive/2014/11/how-newspapers-should-report-on-lethal-drone-strikes/382927/
[15] http://www.amazon.de/Foxtrott-Monate-deutschen-Soldaten-Afghanistan/dp/3570101304
[16] http://www.spiegel.de/politik/ausland/afghanistan-usa-geben-taliban-zum-abschuss-frei-a-1010629.html
[17] http://www.arte.tv/guide/de/048365-000/krieg-der-drohnen
[18] http://www.deutschlandfunk.de/aussenpolitik-gauck-auch-zu-waffen-greifen.694.de.html?dram:article_id=289120
[19] http://www.dw.de/andreas-dittmann-libyen-zerst%C3%B6rt-sich-selbst/a-18078929
[20] http://www.heise.de/tp/artikel/43/43771/http://www.heise.de/tp/news/Josef-Joffe-Jochen-Bittner-ZDF-Die-Anstalt-2404378.html
[21] http://www.zeit.de/politik/ausland/2011-11/libyen-krieg-gerechtigkeit-replik/seite-2
[22] http://www.fr-online.de/politik/voelkermord-afrikas-weltkrieg,1472596,4616164.html
[23] http://www.spezialeinheiten.net/index.php?action=ksk
[24] http://www.deutschlandradiokultur.de/bundeswehr-in-afghanistan-die-sind-nicht-dort-gewesen-um.1008.de.html?dram:article_id=307423
[25] http://www.heise.de/tp/artikel/43/43737/
[26] http://de.wikipedia.org/wiki/Luftangriff_bei_Kunduz#Verlauf

Man wende das hier Gehörte auf die Berichterstattung über die Ukraine und Syrien an.

Jochen