V-Mann-Band »Westsachsengesocks«: „Kanaken müssen sterben“, während der Verfassungsschutz linke Fotografin bespitzelt.

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Erst mal Dank an die Aktiven für die Weiterleitung und Unterzeichnung des Aufrufs

Restart Europe Now!

Aber heute entlarvende Beiträge in der jungen Welt und dem Neuen Deutschland:
http://www.jungewelt.de/2016/06-29/012.php

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1016942.verfassungsschutz-beobachtet-linke-fotografin.html

NSU-Ausschuss: V-Mann »Primus« galt als geschäftsuntüchtig, dealte womöglich mit Kokain und ließ abgetauchten Neonazi Mundlos für seine Baufirma arbeiten

westsachsengesocksAuszüge:

»Kanaken müssen sterben«, heißt es in einem Song der Band »Westsachsengesocks«, in der um die Jahrtausendwende Ralf Marschner sang.
Der langjährige V-Mann des Bundesamtes für Verfassungsschutz ist zur Zeit Thema im Untersuchungsausschuss des Bundestags zur Terrorgruppe »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU).
Zu der genannten Textzeile sagt die Zeugin Katrin B.: »Der meint das nicht so. Er ist ein ganz lieber Kerl gewesen und hätte nie jemanden geschlagen.« Katrin B. ist stämmig, stark blondiert, sichtlich nervös – und echauffiert sich über den Hinweis auf ihre Wahrheitspflicht in dem Ausschuss so sehr, dass der Vorsitzende Clemens Binninger (CDU) ihr Mikrophon ausschalten muss.

Der Grund für ihre Vernehmung am Donnerstag letzter Woche: Katrin B. war acht Jahre lang Mitarbeiterin in verschiedenen Läden und Firmen des V-Mannes Marschner.
Für den Szeneshop »Heaven and Hell« im sächsischen Zwickau hatte sie eine Kontovollmacht. Politisch gehöre sie nirgendwohin, sagt sie.
Als ihr die Abgeordnete Petra Pau (Linke) ein Facebook-Posting vorlegt, das der Tagesspiegel am selben Tag abgedruckt hat, verliert die Zeugin die Nerven und droht mit einer Anzeige gegen die Zeitung. Das Bild zeigt Katrin B. mit einem Security-Kollegen, der die Nummer 88, ein Szenecode für »Heil Hitler«, auf seiner Weste trägt und über ein »Flüchtlingsendlager« schwadroniert. Die 88 sei reiner Zufall, faucht die Zeugin. Auf Katrin B.’s eigenem Facebook-Profil findet sich ein Scherz über ein Hakenkreuzfachgeschäft.

»Ich war die Mutti«, sagt sie über sich selbst und berichtet von Marschners Geschäftsuntüchtigkeit. »Er hat nur Konzepte gehabt. Nach außen hin war er der Chef, aber gemacht haben andere.«

Marschner war mindestens von 1992 bis 2002 als V-Mann »Primus« für das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) tätig. Er betrieb mehrere Firmen und Szeneläden in Zwickau. Über Marschners Baufirma waren zum Zeitpunkt der NSU-Morde an Habil Kilic in München und an Abdurrahim Özüdogru in Nürnberg im Sommer 2001 Fahrzeuge angemietet, die einen entsprechenden Kilometerstand aufweisen.

Zum engen Umkreis von V-Mann »Primus« gehörten Mirko Hesse, ebenfalls V-Mann des BfV, Thomas Starke, Informant des LKA Berlin, sowie Jan Werner, der über Carsten Szczepanski alias »Piatto«, V-Mann des Brandenburger Verfassungsschutzes, versucht haben soll, Waffen für das NSU-Kerntrio zu besorgen.

Gemeinsam mit Marschner waren die Genannten am Vertrieb der CD »Ran an den Feind« der Neonaziband »Landser« beteiligt, die 2005 als kriminelle Vereinigung verurteilt wurde.

Von Marschners Drogengeschäften und seiner Spielsucht will Katrin B. erst im nachhinein erfahren haben. Ein ehemaliger Geschäftspartner des V-Mannes hatte zuvor vom Fund einer Tüte mit weißem Pulver in einem von Marschner genutzten Auto berichtet. Im Umfeld Marschners heißt es, er sei nicht nur kokainabhängig gewesen, er solle auch gedealt haben.

Durch einen Vorhalt der Abgeordneten Irene Mihalic (Grüne) wurde im Ausschuss zudem bekannt, dass Susann Eminger 25 Einzahlungen auf das Konto des hochverschuldeten Marschner getätigt hat. Susann Eminger, deren Ehemann André im Münchner NSU-Prozess auf der Anklagebank sitzt, war noch 2011 mit der Hauptangeklagten Beate Zschäpe befreundet und stellte ihr im Untergrund ihre Identität zur Verfügung.

Im Gegensatz zu anderen Zeugen will Katrin B. aber Beate Zschäpe nie in Marschners Laden gesehen habe. Zschäpe habe ja dort auch nicht hineingepasst, weil sie nicht so deutsch aussehe, so Katrin B.

Der Bauleiter Arne Andreas E., der am Donnerstag nach Katrin B. aussagte, kann sich dagegen sehr wohl an eine Frau in Marschners Laden erinnern, die Beate Zschäpe ähnlich sah. Auch bestätigte er vor dem Ausschuss erneut, dass der untergetauchte Uwe Mundlos auf den Baustellen in Zwickau und Plauen gearbeitet habe, die er zwischen 2000 und 2002 gemeinsam mit Marschners Baufirma betreut habe.

Der Bauleiter beschreibt Marschner als politisch klar rechts. »Er war ein Selbstdarsteller. Weinerlich hat er mich aber auch mal um Geld gebeten. Seine Intelligenz war übersichtlich. Ich als Verfassungsschutz hätte ihn nicht genommen.« Marschners Firma habe mit Dumpingpreisen gelockt, die Arbeiter seien allesamt Rechte gewesen.
Uwe Mundlos soll unter der Tarnidentität Max Florian Burkhardt bei Marschner gearbeitet haben. E. gab ihm hin und wieder Anweisungen, denn »er war der einzig Intelligente dort«, so der Zeuge.

Marschner selbst sagte in seiner Vernehmung, dass auch Max Florian Burkhardts Bruder bei ihm gearbeitet habe. Nach dem Untertauchen des Trios hatte Beate Zschäpe Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt stets als Brüder vorgestellt.

An Marschners Verschwinden kann sich die Zeugin Katrin B. noch vage erinnern. »Er war am Wochenende zuvor auf der Tattoo-Convention gewesen.« Diese fand 2007 vom 20. bis zum 22. April in Frankfurt statt.
Am 25. April wurde die Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn ermordet. Dass Marschner ausgerechnet in dieser Woche in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach Irland verschwand und von dort aus über Österreich in die Schweiz verzog, wo er bis heute lebt, mag purer Zufall sein. Sein V-Mann-Führer Richard Kaldrack stand bis mindestens 2013 mit ihm in Kontakt. Zur Nachsorge, wie es heißt.

Hamburger Geheimdienst nimmt seit mehr als 25 Jahren die Journalistin Ma­ri­ly Stroux ins Visier

Seit über 30 Jahren arbeitet die Hamburgerin Ma­ri­ly Stroux als Fotografin. Ihre Themen: Linke Bewegungen, Gentrifizierung, Migration, Flüchtlingspolitik. Dass sie sich über die Jahre wichtige Kontakte zu Ansprechpartnern aufbaute, würde jeder Kollege als völlig normal bezeichnen. Ihr Auftraggeber: Linke Zeitungen wie die Hamburger Ausgabe der »taz«, aber auch internationale Blätter, darunter die »New York Times«. Verdächtig klingt anders.

Für den Inlandsgeheimdienst muss von Stroux allerdings offenbar eine Gefahr ausgehen. Seit mehr als 25 Jahren beobachtet er nun schon die Fotografin, wie die taz berichtet.

Heraus kam die Observation nur, da Stroux vor drei Jahren beim Ham­bur­ger Ver­fas­sungs­schutz eine Auskunft beantragte, ob über sie Informationen gespeichert seien. Die Anfrage war nötig geworden, da die Griechin mit dem Gedanken spielte, sich nach drei Jahrzehnten des Lebens in der Hansestadt einbürgern zu lassen. Voraussetzung dafür ist seit 2002 unter anderem besagte Anfrage beim Inlandsgeheimdienst. Einbürgerungswillige dürfen keine Bestrebungen unterstützen, die »gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet sind.«

Dieser ließ sich mit seiner Antwort viel Zeit und verblüffte nun laut »taz« mit der Auskunft: Über Stroux lägen »Er­kennt­nis­se vor, die tat­säch­li­che An­halts­punk­te für den Ver­dacht be­grün­den«, die Fotografin habe sich »zu­min­dest seit 1988 an Ak­ti­vi­tä­ten links­ex­tre­mis­ti­scher Be­stre­bun­gen be­tei­ligt«.

Zur Beweisführung verweist der Verfassungsschutz unter anderem auf Stroux Arbeit im Zusammenhang mit dem »In­itia­tiv­kreis für den Er­halt der Ha­fen­stra­ße«. Das Bündnis hatte sich Mitte der 80er Jahre gegen die Räumung mehrerer besetzter Häuser eingesetzt, was immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Polizei führte. An vorderster Front als Fotografin mit dabei: Ma­ri­ly Stroux. Die Jahre im Hamburg waren so chaotisch, wie das Bündnis bunt war. Neben linksradikalen Gruppen wie der Autonomen Linken engagierte sich auch der Hamburger Mieterverein.

(Aus der taz:) Spä­ter soll­te sie für ihre Fo­to­do­ku­men­ta­ti­on „Das Leben in der Ha­fen­stra­ße“ Aus­zeich­nun­gen der Hoch­schu­le für bil­den­de Küns­te und der Pa­trio­ti­schen Ge­sell­schaft in Ham­burg be­kom­men.

In dieser Gemengelage wurde der Inlandsgeheimdienst auf Stroux aufmerksam, berichtet die »taz«. Weil sich ihre Arbeit zum Teil kaum von ihrem Privatleben unterscheiden ließ, machte sie dies in den Augen des Verfassungsschützer auffällig. Eine Ausstellung über »Woh­nen auf den Flücht­lings­schif­fen«? Für den Geheimdienst sehr verdächtig. Ingesamt gehe es um 31 Vorkommnisse, die in der Summe laut Verfassungsschutz dazu führten, dass Stroux als »be­deu­ten­de Per­son in­ner­halb der links­ex­tre­mis­ti­schen Szene ge­wer­tet« werde. Allerdings sei die Liste fehlerhaft, behauptet die Fotografin gegenüber der taz. Es würden Ereignisse aufgeführt, an denen sie überhaupt nicht beteiligt gewesen sein. Doch alle Informationen zur Akte Stroux gibt die Hamburger Behörde ohnehin nicht heraus. Es bestehe dadurch die Gefahr, nachrichtendienstliche Quellen offen zu legen.

Als gesichert gilt, dass die enttarnte Ermittlerin »Maria Block« auch auf Stroux angesetzt war und diese aushorchte.

Insgesamt wurden in den letzten Jahren insgesamt drei verdeckte arbeitende Beamte enttarnt, die in Hamburgs linker Szene eingesetzt waren. Nach der Antwort auf Strouxs Anfrage bleibt die Frage, wie viele es womöglich noch gibt.

(Aus der taz:) Stroux hält die Über­wa­chung ei­ner­seits für lä­cher­lich: „Vor was haben die ei­gent­lich Angst?“, fragt sie.

„Wäh­rend die Nazis un­ge­stört Flücht­lings­un­ter­künf­te an­grei­fen und Men­schen er­mor­den, wer­den Men­schen, die an­ti­ras­sis­ti­sche Ar­beit leis­ten, ver­folgt, ob­ser­viert und kri­mi­na­li­siert.“

Die Prak­ti­ken des In­lands­ge­heim­diens­tes hält sie aber für ge­fähr­lich: „Wenn ich eine junge Kran­ken­schwes­ter auf Job­su­che wäre, dann wäre so ein Pa­pier töd­lich.“

Jochen

Besinnt Euch – oder tretet zurück! Es reicht! Offener Brief von SPD-Mitgliedern an den Parteivorstand

Offener Brief von SPD-Mitgliedern an den Bundesvorstand der SPD

Herrn Vorsitzenden Sigmar Gabriel

Es gibt noch Sozialdemokraten in der SPD:
http://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/150713_offener-brief.pdf
Auszüge:

„Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein und werden, nach Innen und nach Außen.“
Unter diesem Motto Willy Brandts aus seiner Regierungserklärung vom 28.10.1969 war die SPD einst angetreten und erfolgreich.

Nun sehen wir, wie ihr Euch von einer Entscheidung zur Anderen von diesem Ziel weiter entfernt. Als Beispiele mögen genügen: Vorratsdatenspeicherung gegen eigene Bürger, Fracking als neue Umweltsünde, KFZ-Maut und privatisierte Infrastruktur, Frisieren der Arbeitslosenstatistik, Aushöhlung des Arbeitsrechts, unwürdiges Hartz-IV-Regime, Streikrechts-Schranken und, TTIP – CETA – TISA, NSA-Treiben und BND-Mitwirkung, NSU-Morde und deren verschleppte Aufklärung, Rüstung als Exportschlager, Außenhandelsbilanz in andauernder Schieflage, Drohnenmorde via deutschem Boden, Flüchtlingssterben an Europas Grenzen, Asylrechtsverschärfung statt Zuwanderungspolitik, Russlandsanktionen statt Dialog, Spaltung der Ukraine und Europas und nun als neuer Tiefpunkt, die fortgesetzte Gängelung Griechenlands.

Das klare Nein der Griechen beim Referendum vom vergangenen Sonntag ist – gleich wie die Geschichte weiter gestaltet wird – eine beeindruckende Antwort und ein demokratischer Aufruf an ganz Europa. Denn das griechische Volk hat ein unüberhörbares „NEIN!“ zurückgerufen gerufen, obwohl die Euro-Gruppe und insbesondere Deutschland für den Fall der Ablehnung unverhohlen drohte, ihr Land in noch umfassendere existenzielle Nöte zu stürzen.
Wir sagen Euch, uns erinnernd an einen großen Sozialdemokraten: Geld, Gesundheit und Leben könnt ihr ihnen nehmen, Stolz und Würde nicht!

Wann endlich nehmt Ihr zur Kenntnis, dass die sogenannten Rettungspakete der letzten Jahre, wie schon zur ersten Bankenkrise, zwar Banken gerettet, aber den Völkern nicht geholfen haben. Die neoliberalen Kürzungsprogramme haben auch die griechische Wirtschaft in Depression und eine dabei steigende Verschuldensquote des Staates getrieben. Lebensnotwendige Einrichtungen z.B. des Gesundheitswesens wurden zerstört und die Menschen ganz individuell mit Arbeits- und Perspektivlosigkeit, dramatischen Einkommensverlusten und teils blanker Not attackiert.

Diese Kürzungspolitik Europas hat ihre eigenen Ziele verfehlt. Was führende Wirtschaftswissenschaftler schon lange kritisierten, und in Deutschland nur zögerlich eingestanden wird, Austerität führt zu extremer Ungerechtigkeit, Zerstörung von Gemeinwesen und zunehmendem Chauvinismus! Und sie ist vor allem völlig ungeeignet, Volkswirtschaften im Interesse der Menschen zu gesunden.

Und damit die Einsicht in dieses Versagen deutscher und europäischer Politik-Elite sich nicht verbreitet, haben nach dem provokanten 48-Stunden-Ultimatum der Euro-Gruppe und dem Abbruch der Verhandlungen, neben anderen auch Sigmar Gabriel und Martin Schulz mit „vielen Unwahrheiten“ (Gesine Schwan) und „Legendenbildungen“ (Gustav Horn) die deutsche und europäische Öffentlichkeit über angeblich weitreichendes Entgegenkommen der Gläubiger zu täuschen versucht.

Offenkundig galt von Anfang an die Parole, die Tsipras-Regierung dürfe auf keinen Fall erfolgreich sein und müsse baldmöglichst stürzen.
Dass auch SPD-Politiker dabei mitwirken, ist beschämend und blamabel zugleich. Denn „Die Argumentation der Griechen entsprach … sozialdemokratischen Argumenten, …: dass die Austeritätspolitik nicht aus der Krise führt, sondern tiefer in sie hinein.“ (Gesine Schwan, BZ vom 08.07.2015)

Genossinnen und Genossen, ob Griechenland und Europa oder unsere Innen- und Aussenpolitik. Wir sind weit davon entfernt ein Volk der Guten Nachbarn zu sein, weder nach Innen noch nach Aussen;
Ihr könnt so nicht weiter machen; Nicht in unserem Namen.

Erinnert Euch erfolgreicher Kämpfe gegen Unterdrückung und für Freiheit, gegen soziale Not und für Gerechtigkeit, gegen Egoismus und für Solidarität. Auf unserem Weg wollten wir nach Innen mehr Demokratie wagen und nach Aussen die Völker in ihrer Selbstbestimmung respektieren. Wir fühlen heute unsere Grundwerte mit Füßen getreten.
Es ist unglaubwürdig die SPD regelmäßig in Wahlkämpfen sozialdemokratisch zu positionieren, danach aber in den Parlamenten immer wieder eine neoliberale Agenda umzusetzen. Erinnert Euch an die Mahnung Willy Brandts „Es hat keinen Sinn, Einfluss für die SPD zu erringen wenn der Preis dafür ist, kein Sozialdemokrat mehr zu sein.“

Euer Weg ist nicht der unsere. Nicht dass er wegen notwendiger Kompromisse nur zu langsam wäre, die eingeschlagene Richtung stimmt nicht.

Besinnt Euch – oder tretet zurück! Es reicht!

Papa_GabrielMein Kommentar: Herr Gabriel entstammt vermutlich der gleichen Clique wie Peter Hartz und die damals korrupten VW-Betriebsräte. Vermutlich wartet für ihn und seine Steigbügelhalter schon ein fein bezahlter Job in der Industrie oder bei einem der neuen Schiedsgerichte. 

Jochen

Der NSU-Komplex: Wer ermittelt gegen den Verfassungsschutz? Geht mit Florian H. die Mordserie weiter ? Droht der „tiefe Staat“?

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Spinnenkampf_mZwei wichtige Veröffentlichungen zum Thema in den „Blättern“, die man sich anschauen sollte, so lange sie noch frei zugänglich sind:
https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2014/januar/der-nsu-komplex-wer-ermittelt-gegen-den-verfassungsschutz
Auszüge:

Zwei Jahre nach Aufdeckung des Terrortrios Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, Beate Zschäpe, zwei Jahre nach intensiver Beschäftigung durch Journalisten, Rechtsanwälte, Untersuchungsausschüsse sowie nach einem halben Jahr eines Prozesses in München mit bereits über 70 Verhandlungstagen muss man gestehen: Wir wissen noch immer nicht, was der NSU, der „Nationalsozialistische Untergrund“, tatsächlich war.
Im Gegenteil: Immer neue Fragen tauchen auf. Der Komplex erscheint wie eine Hydra: Eine Frage wird beantwortet, zwei neue wachsen nach.

„Wir wissen nicht, was der NSU war.“ Das können wir deshalb sagen, weil wir inzwischen eben sehr viel wissen. Weil wir Dutzende von handelnden Personen kennen, Tat- und Handlungsorte, weil es objektive Widersprüche gibt, weil wir wissen, wo wir suchen müssen.
Der NSU-Komplex wird immer größer – und er wird für die Demokratie gefährlicher.
Zur Aufklärung stehen mindestens zehn Morde, ein schwerer Bombenanschlag, zwei Sprengfallen, 15 Raubüberfälle auf Banken, Poststellen und einen Supermarkt.
Alles verübt innerhalb von 14 Jahren, durch drei Personen, aus dem Untergrund heraus – und nur von diesen drei.
So jedenfalls sieht es die Bundesanwaltschaft und so ist die Anklage formuliert. Doch, weil wir inzwischen viel wissen, wissen wir auch, was der NSU nicht war: Es war eben nicht ausschließlich dieses Trio Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe.

Die Anklagekonstruktion der Bundesanwaltschaft ist, gelinde gesagt, diskussionswürdig.
Eine Konsequenz dieser Konstruktion ist zum Beispiel: Wenn es nur diese drei waren und die beiden Haupttäter obendrein tot sind, muss man nicht mehr weiterermitteln.
Gegen Tote wird nicht ermittelt. Tote haben auch keine Verteidigung. Toten muss die Tat nicht nachgewiesen werden.
Sie zu Alleintätern zu machen, ermöglicht zum Beispiel, nicht in Richtung Verfassungsschutz ermitteln zu müssen.
Allerdings zerbröselt die Anklagekonstruktion der Bundesanwaltschaft an immer mehr Tatorten. Doch noch revidiert die oberste Anklageinstanz der Bundesrepublik ihre Anklage nicht.
Fest steht: Der NSU-Komplex ist nicht Vergangenheit, sondern wir stecken mittendrin.

Was wir bis heute tun, ist, Puzzlestücke zusammenzutragen für die Beantwortung der einen, zentralen Frage: Wer war der NSU – oder besser: Wer „ist“ der NSU?
Denn der Komplex lebt. Wie sonst könnten 2012 und 2013 Akten verschwinden oder manipuliert werden?

Und es gibt einen neuen Todesfall. Am 16. September 2013 verbrannte der 21jährige Florian H. aus dem Kreis Heilbronn morgens um 9 Uhr in seinem Auto auf dem Cannstatter Wasen in Stuttgart. Er arbeitete eigentlich bei einer Baufirma im Remstal.
Am Nachmittag desselben Tages um 17 Uhr hatte er einen Termin mit der NSU-Ermittlungsgruppe „Umfeld“ des Landeskriminalamtes, das auch in Bad Cannstatt sitzt (übrigens auch der Verfassungsschutz).

Florian H., der sich in der rechten Szene bewegt hatte, war schon einmal, im Januar 2012, vom LKA im Zusammenhang mit dem NSU-Komplex vernommen worden.
Er soll Kolleginnen gesagt haben, er kenne die Polizistenmörder von Heilbronn. Laut den Akten bestritt Florian H. dies allerdings bei seiner Vernehmung. Aber er erwähnte ein gemeinsames Treffen von NSU und einer bisher unbekannten Gruppierung namens Neo-Schutz-Staffel, NSS, in Öhringen.
Laut der Auskunft der Ermittler habe das nicht belegt werden können. Doch der Sachverhalt wurde mit dem Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses in Berlin Ende August 2013 erstmals öffentlich.

Für die Stuttgarter Polizei war der Tod Florian H.s eine Selbsttötung. Die Ermittlungen wurden eingestellt.
Die Eltern und die vier Geschwister sehen es anders; sie schließen Selbstmord aus. Die Familie berichtet von mehreren seltsamen Defekten an ihren Autos in der Zeit davor.
Der Leichnam wurde ohne Zutun der Familie eingeäschert. Sie will unbedingt, dass weiter ermittelt wird.

Bereits im August 2013 war in de n“Blättern“ folgendes zu lesen:
https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2013/august/auf-dem-weg-zum-%C2%BBtiefen-staat%C2%AB
Auszüge:

von Hajo Funke und Micha Brumlik

Dass die repräsentative, die wohlfahrtsstaatlich-parlamentarische Demokratie ihre besten Zeiten hinter sich hat und dank Globalisierung und Neoliberalismus auch in den Staaten des Westens zunehmend durch ein Regime der „Postdemokratie“ ersetzt wird, ist seit den Analysen von Colin Crouch und Wolfgang Streeck kaum noch bestreitbar.
Parallel dazu werden nun aber offenbar seit Jahren währende, bewusst betriebene Strategien bekannt, auch Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit auszuhöhlen.
Dabei geht es – ganz altmodisch – um die möglichst geheim gehaltene Institutionalisierung eines „Ausnahmezustandes“, der die Sicherheitsbehörden der Bundesrepublik zum Souverän jedenfalls über die Sicherheit macht – vorbei an Parlament und Regierung.
Speziell der rechtskonservative Bundesinnenminister, Hans-Peter Friedrich, möchte über den Weg einer neuen Sicherheitsarchitektur – und gegen das Parlament und seinen Aufklärungsanspruch – die Parallelwelt des Bundesamts und seiner Geheimstrukturen stärken.
Dabei wird die wesentliche Mitschuld gerade dieser Institutionen am Sicherheitsversagen im Fall des NSU derzeit immer klarer.
Offenbar will Friedrich damit einen autoritären Backlash in undemokratische Zeiten proben.
Zumindest in Ansätzen existiert auch in diesem Land also das, weswegen – unter anderem – der Türkei die Aufnahme in die EU verweigert wird:

ein „tiefer Staat“ der Geheimdienste.

All das haben der Bundestagsausschuss zur Ermittlung des Behördenversagens im Fall der NSU-Morde sowie eine Reihe couragierter und investigativer Journalisten und Medien inzwischen zu Tage gefördert.
Seit jüngstem ist – vor allem durch einen Beitrag des ARD-Magazins „Report Mainz“ vom 21. Mai 2013 – einer breiten Öffentlichkeit bekannt, dass die Verfassungsschützer, insbesondere das Bundesamt für Verfassungsschutz, spätestens seit dem Frühjahr 2000 über die Existenz der Terrorgruppe NSU und ihr Vorhaben, schwerste Straftaten zu begehen, umfangreich informiert waren.
Am 28. April 2000 wussten vier Landesämter und das Bundesamt, bei dem zentrale Informationen wie etwa Entscheidungen über Überwachungsmaßnahmen zusammenlaufen, von einem rechtsterroristischen Netzwerk – bestehend aus dem Trio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, Beate Zschäpe sowie ihren Mittätern und Unterstützern (aus dem Landser– sowie dem Blut-und-Ehre-Netzwerk). „Report Mainz“ zitiert einen Brief des Präsidenten des Landesamts für Verfassungsschutz Sachsen, Olaf Vahrenhold (der im Untersuchungsausschuss davon nichts verlauten ließ), in dem die Existenz einer Terrorgruppe von mehr als drei Personen klar und genau beschrieben ist.
In ihm beantragt Vahrenhold, für das Trio Beschränkungsmaßnahmen nach dem Gesetz zu Art. 10 Grundgesetz (G 10) anzuordnen. Das Schreiben richtet sich unter anderem an den Staatsminister des Inneren, Herrn Hardrath, und den Staatssekretär Ulbricht.
In dem Antrag heißt es unter Punkt drei: „Trotz der seit etwa zwei Jahren andauernden Flucht der Betroffenen 5-7 [dem Trio] bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Zweck der Vereinigung, schwere Straftaten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu begehen, auch in Zukunft unverändert fortbesteht und sich auf die Betroffenen 1-4 [das sind Andreas G., Thomas S., Mandy S. und Jan W.] erstreckt.“ Weiter heißt es: „Das Vorgehen der Gruppe ähnelt der Strategie terroristischer Gruppen, die durch Arbeitsteilung einen gemeinsamen Zweck verfolgen.“ Diese Kenntnisse wurden nicht ins Zentrum der Terrorabwehr gestellt, sondern verharmlost und teilweise geleugnet.
Doch mehr noch: Der Einsatz von aus der neonazistischen Szene gewonnenen Informanten war bereits vor dem Beginn der Mordserie von zentraler Bedeutung für die Terrorgruppe, nämlich im Prozess ihres Untertauchens.
All dies dürfte ein wichtiger Grund dafür sein, dass die Sicherheitsbehörden, und an deren Spitze Bundesinnenminister Friedrich und dessen Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche, dem Untersuchungsausschuss entweder nur zögerlich zugearbeitet haben oder aber weiterführende Auskünfte bis heute verweigern.
Nur unter höchstem Druck wird nach wie vor das Allernötigste an Akten und Informationen weitergegeben – und zwar vorselektiert.

Das „Trio“ war den Sicherheitsbehörden also durchaus bekannt. Damit erledigt sich die lange Zeit immer wieder wie ein Mantra vorgetragene Schutzbehauptung der Sicherheitsbehörden, sie hätten sich die Existenz einer solchen rechtsterroristischen Gruppe nicht vorstellen können.
Dies war und ist eine strategische Lüge der Verfassungsschützer: Sie wussten von ihr. Das gilt sowohl für Olaf Vahrenhold, Verfasser des oben zitierten Dokuments, als auch für den langjährigen Leiter des Landesamts für Verfassungsschutz in Sachsen, Reinhard Boos. Beide haben bewusst und wiederholt vor Untersuchungsausschüssen gelogen.
Obwohl ihnen bekannt war, dass es sich um eine rechtsradikale Terrorgruppe handelt, die sich in der Tradition des weißen Rassismus und des historischen Nationalsozialismus sieht, haben sie und die ihnen unterstehenden Institutionen nichts Angemessenes unternommen, die späteren Morde zu verhindern: Bereits fünf Monate nach dem Wissensaustausch der Verfassungsschützer, nämlich am 9. September 2000, kam es zum ersten Mord, dem an Enver Simsek in Nürnberg.

Schon zwei Jahre zuvor, am 14. Februar 1998, hatte der Rechtsterrorexperte des BKA, Michael Brümmendorf, im Zuge der „Garagenfunde“ in Jena die Adressliste von Uwe Mundlos in den Händen – und damit ein Who‘s Who des Terrornetzwerks und seiner Unterstützer (darunter mindestens fünf V-Leute, unter anderen Kai D.). Doch nach Prüfung der Adressliste erklärte er diese für irrelevant (!).
Ebenso verhielt sich ein Teil des LKA in Thüringen, unter anderem der für die Auswertung der Garagenfunde zuständige Kriminalist Jürgen Dressler: Dieser hatte vor dem Untersuchungsausschuss zunächst bestritten, die Adressliste überhaupt zu kennen, und sich erst unter dem Druck einer Gegenüberstellung mit Brümmendorf wieder daran erinnert.
Ende 1997/Anfang 1998 wurden die Zielfahnder, eine Unterabteilung des LKA Thüringen, ihren glaubwürdigen Angaben zufolge von Verfassungsschützern offenkundig mutwillig an ihren Versuchen gehindert, die Untergetauchten zu stellen.
Und bereits im Herbst 1998 informierte der von dem damaligen Mitarbeiter des brandenburgischen Verfassungsschutzes, Gordian Meyer-Plath, im LfV Brandenburg geführte V-Mann „Piatto“ (Carsten Szczepanski) das Landesamt darüber, dass die Untergetauchten auf der Suche nach Waffen seien, „weitere Überfälle“ planten und hierbei der Kontakt zu Jan W. (ein Mitglied des rechtsextremen Netzwerks Blut und Ehre) von größter Bedeutung sei. Piatto selbst war an der Beschaffung der Waffen für das Terrortrio offenkundig beteiligt.

Diese Belege zeigen: Seit Herbst 1998 und erst recht seit dem Frühjahr 2000 wussten die Verfassungsschützer, insbesondere das Bundesamt für Verfassungsschutz, dass es sich bei dem Trio und seinem Umfeld um eine gewaltbereite rechtsterroristische Gruppe handelt. Vor allem im Jahr 2000 wurde dies mehrfach auch auf Bundesebene, zum Teil mit dem Bundeskriminalamt und dem Generalbundesanwalt, erörtert.
Doch all das blieb ohne Konsequenzen: Die Informationen über den Charakter einer Terrorgruppe wurden zum Teil ernst genommen, geeignete Maßnahmen zu ihrer Verfolgung wurden aber nicht getroffen.


Meine Frage: Sollte hier ein Kern einer Todesschwadron aufgebaut werden wie in den Diktaturen Südamerikas, um im rechten Moment in Zusammenarbeit mit „befreundeten“ Geheimdiensten jagd auf linke Politiker, Gewerkschaftler und Künstler zu machen ?

Jochen