Abgesang auf einen Militärpfarrer: Ein eiskalter Untertan

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

In der jungen Welt schöne Zusammenfassung von Gaucks Amtszeit, erfrischend polemisch: https://www.jungewelt.de/2017/02-11/069.php
GauckiMan hat nichts zu erwarten gehabt und auch jetzt hat man nichts zu erwarten. Zu Gauck stand hier schon 2016 das Passende: https://josopon.wordpress.com/2016/06/06/uniformfetischismus-geschichtsklitterung-fehlende-intellektuelle-tiefe-danke-joachim-gauck/
Nebenbei: Glückwunsch an Herrn Butterwegge, der wenigstens mal öffentlichkeitswirksam zu Wort kam.
Er konnte nicht nur die linken Delegierten überzeugen.
Auszüge:

Joachim Gauck war ein Kasperle des Kapitals.

Die Bundesversammlung wählte am Sonntag einen neuen Bundespräsidenten, der alte tritt ab

Von Jürgen Roth

Deutschland hat mehr Arbeit als je zuvor, es ist im Ausland beliebt wie nie, und Fußballwelt­meister sind wir auch.

Joachim Gauck, Weihnachtsansprache 2014

Es wird einem schlecht, sobald er den Mund aufmacht. Und er hat ihn in den vergangenen fünf Jahren oft, allzuoft, ja geradezu unermüdlich auf- und vermutlich nicht mal im präsidialen Schlafe zugesperrt.

Sogar eine gekürzte Hörbuchfassung seiner behämmerten Memoiren »Winter im Sommer – Frühling im Herbst« musste er partiell partout höchstselbst einlesen.
Nichts und niemand, kein prächtiges öffentliches Amt und kein Lektor, vermochte ihn davon abzuhalten, solche Formulierungsgranaten und Satzböller abzufeuern (ich habe nur eineinhalb Kapitel durchgestanden): »Erinnerungsbilder, die meine Seele aufbewahrt«, »das Haus, der Baum, der Himmel – hell«, »Ich spüre, ich bin einer, der dazugehört. Tante Marianne hat mich geborgen.«

Wenn je ein Schleimer war, dann kam er 1940 in Rostock zur Welt, und die Meinung, die der nachmalige Feldkurat vom Bodden von sich zu haben pflegt, dürfte von früh an »die beste« (Thomas Bernhard) gewesen sein;
eine Meinung zudem, in der die Lüge seit mindestens 1988, als er sich auf irgendeinem kreuzdummen Kirchentag zum erstenmal vorsichtig zum Deviationisten stilisierte, eine behagliche Heimstatt findet: »Das Schicksal unseres Vaters«, der, gleich der Mutter, ein strammer Nazi und in den Gulag verschleppt worden war, »wurde zur Erziehungskeule. Die Pflicht zur unbedingten Loyalität gegenüber der Familie schloss auch die kleinste Form der Fraternisierung mit dem System aus.«

Verachtung der Benachteiligten

Sauber geschummelt, zumindest, was seinen späteren Werdegang als Pfaffe anbelangt; allein, er kommt mit dergleichen Klitterungen in der betäubten Öffentlichkeit bis heute durch – genauso wie mit der Behauptung, ein Bürgerrechtler gewesen zu sein.
»Gauck war in Wahrheit gar nicht präsent. Er war einfach nicht da, auch in Rostock nicht. Die Arbeit machten andere«, erzählte der Pfarrer Heiko Lietz, ein Jugendfreund und Wegbegleiter Gaucks, vor zweieinhalb Jahren in einem grandiosen Porträt von Stefan Willeke über den Bundesgrüßaugust (Die Zeit 32/2014).

Ebenda läßt sich »König Jochen« gegenüber Willeke zu dem Statement herab: »Ich bin ein Bürgerpräsident, weil ich von unten komme. Das ist für mich auch heute noch ein höchst erstaunlicher Vorgang.«
Nicht wenige, die sich dazumal in der Friedensbewegung engagierten, nennen den GröBaZ, den »Größten Bürgerrechtler aller Zeiten«, einen Merkel-affinen Opportunisten, ja einen heimtückischen Heuchler und einen erstaunlichen Egomanen. In den lebensgeschichtlichen Details mögen ersteres die Befugten erläutern, letzteres belegt etwa die jüngst ausgestrahlte ARD-Dokumentation »Gauck. Der Präsident« (übrigens mit Jogi Löw und der Totschießlasserin Ursel von der L.) dankenswerterweise Bild für Bild; und beispielsweise durch diesen Satz aus dem Munde des über alle Maßen enervierenden Brummgockels: »Ich bin immer mit mir gegangen als ständiger Begleiter und habe mit mir geredet.«

Herrgott noch mal, wäre es doch bei der ständigen Begleitung seiner selbst und beim Selbstgespräch geblieben! Indes, fünf Jahre und länger haben wir es anhören müssen: das vor Eitelkeit triefende Geraune, diesen hochspeziellen rhetorischen Schmalz und Senf, diese aspirierte Bedeutungsreinpresserei voller Begeisterung für die Exorbitanz und Exklusivität der eigenen Person.

Das Pikanteste allerdings, sofern es um die Kratzfußansprachen vor Bankern und Waffenherstellern und die obszönen Versöhnungsreden in Sant’Anna di Stazzema, in Lidice oder in Oradour-sur-Glane geht, in denen Gauck die Deutschen, deren Waffen-SS, deren Polizisten und deren Wehrmachtssoldaten ganze Dörfer ausgelöscht und ihre Bewohner abgeschlachtet hatten, exkulpierte und »von der routinierten Verlogenheit zur dreistesten, plattesten Lüge« (Hermann L. Gremliza) voranschritt: Gauck »kann nicht schreiben. Es reicht nur für Textbausteine, die seine Mitarbeiter verwerten müssen«. (Willeke)

»Der Mann spricht wie ein Schriftsteller – ist aber keiner«, merkte der Paul-Celan-Spezialist Gernot Wolfram bereits am 5. März 2012 in der taz an und machte sich ein paar weitere Gedanken über die »vielgerühmte Redekunst« des hypokritischen Emotionsduslers. Es sind zum einen »Gaucks lange Pausen, das gefühlvolle Langstrecken von Sätzen, die im politischen Raum nur selten zum Zuge kommenden Vokabeln ›geheimnisvoll‹, ›Qual‹, ›Engel‹, ›schweigen‹, ›lieben‹« sowie die Marotte, »den Atem leicht anzuhalten, bevor er einen Satz beginnt«, die seinen hinterhältigen pathetischen Gestus mästen; zum anderen ist es die perverse privilegierte »Betroffenheit«, mit der sich Gauck unablässig als »Unterdrückter« in »Leidenszeiten«, als herzergreifende Schicksalsfigur inszeniert.

»Er ist sanft und empfindlich, wenn es um seine Wertvorstellungen geht, aber bisweilen auch hämisch und zynisch, wenn andere ihren Schmerz, ihre Wünsche oder Hoffnungen an ihn herantragen«, fuhr Wolfram fort, und Jutta Ditfurth attestiert Gauck, beinahe zu nachsichtig, »eine Form von verschleierter Verächtlichkeit gegenüber sozial Benachteiligten«.

Diener herrschender Interessen

Nein, nein, die sozial Benachteiligten, die gibt es ja gar nicht, genauso wenig wie diese angebliche Sache namens Kapitalismus. »Wissen Sie, dieses System kann man nicht einfach so unter Kapitalismus fassen. Das ist der semantische Trick der Linken gewesen«, sagte das Kasperle des Kapitals mal gegenüber einem Fernsehhansel.
Ein andermal bezeichnete Gauck die Occupy-Bewegung als »unsäglich albern«, um auf dem Bankentag 2014 schließlich bestens gelaunt zum allerbesten zu geben: »Henry Ford, dem amerikanischen Industriellen, wird folgende Feststellung zugeschrieben: ›Es ist gut, dass die Menschen das Bank- und Geldsystem nicht verstehen, sonst hätten wir eine Revolution noch morgen früh.‹«

Man muss sich das auf Youtube ansehen, dann hört man das Giggeln der Auftraggeber des Nestors der Monopole; dann lasse man sich überdies vorhalten, dass man – als systematisch Beschissener – keine Ahnung von Ökonomie habe, und man vernehme: »Zugleich habe ich den Eindruck, dass auch die Kritik an diesen Zuständen manchmal das Kind mit dem Bade ausschüttet. Sie schlägt bisweilen um in eine ganz allgemeine Skepsis gegenüber der Marktwirtschaft. Da werden Wettbewerb und Freiheit für das Problem gehalten.« Och nö.

Es ist schon ein ausgemacht infam-verfickter Salat mit diesem idealen Vertreter des ideellen Gesamtkapitalisten. Respektive hat sich kein Bundespräsident zuvor derart unverhohlen als »freundlich lächelnder Diener herrschender Interessen« (Ditfurth) geriert, aus voller und ja vollster Überzeugung, denn: »Dies ist ein gutes Deutschland, das beste, das wir jemals hatten.«

Im Gegenzug ließ Gauck – der Mentor der Blödel, die dem Salbadern von der Freiheit, sich schikanieren zu lassen, im grenzenlos ruinösen und an sich irre gewordenen Kapitalismus mit kindlicher Freude lauschten – kaum eine Gelegenheit aus, die Gedemütigten und Überrollten als »hysterisch« zu diskreditieren, ihre »Zukunftsangst« als »Leitkultur der Deutschen« (beziehungsweise »Kultur des Verdrusses«) lächerlich zu machen, die Proteste gegen die Planierung des Sozialstaats als »töricht und geschichtsvergessen« zu verspotten und die »Frage« in den Raum zu stemmen, »ob Solidarität und Fürsorglichkeit nicht auch dazu beitragen, uns erschlaffen zu lassen«.
Das hart schuftende, kruppstählerne »Ekel von Bellevue« (Gremliza) a. D. wird die Antwort gewiss demnächst zu uns hereinreichen.

Unmittelbar vor dem Referendum zum Brexit, am 19. Juni 2016, sabberte Gauck, besoffen vor Gravität und Arroganz, in öffentlich-rechtliche Hauptstadtstudiokameras hinein: »Ich werde mir mal Zügel anlegen und die Briten frei entscheiden lassen.«
Kurz danach: »Die Eliten sind gar nicht das Problem, die Bevölkerungen sind im Moment das Problem.«

So redet ein granitener Demokrat, der sich in seiner Rücktrittsankündigung nicht entblödete zu berichten: »Ich begegne fast täglich Menschen, die durch ihr beharrliches, oft selbstloses Engagement dafür sorgen, dass unser Land täglich stärker und schöner wird, sei es nun in der Politik oder in der Gesellschaft insgesamt.«
Man kommt, mit Verlaub, aus dem Brechen nicht mehr raus.

Sein Demokratieverständnis hat der Kanzelkämpfer und Freiheitsfighter J. Gauck vor Jahren folgendermaßen veranschaulicht: »Mit der Stimme des Volkes is’ es manchmal wunderbar, wenn sie solche schönen Sätze formuliert wie: Wir sind das Volk, ja. Konnte kein Professor besser erfinden. Und, äh, manchmal wissen wir nicht genau, ob die Stimme des Volkes das is’, was uns wirklich weiterbringt. Nicht jeder im Volk hat einen ganzen Stab von Mitarbeitern hinter sich wie ein Abgeordneter in einem unserer Parlamente.«

Was, daran anknüpfend, den ichsüchtigen ­ultraneokonservativen Missionar der Herren der Welt tatsächlich umtreibt, ist die Festigung der narzisstisch-gebieterischen Volksgemeinschaft. Stefan Willeke hat es auf den Punkt gebracht: »Sein zentrales Thema ist die Besinnung der Deutschen auf ihre Stärken – ihre gefestigte Demokratie, ihre Wirtschaftskraft und die daraus folgende Fähigkeit, sich mehr in die Probleme der Welt einzumischen. Das Land soll lernen, sich zu mögen. Es soll so selbstverliebt werden wie Gauck…«

Direkte Demokratie »abscheulich«

Nun mag man die Reihe seiner Vorgänger auch nicht unbedingt en détail betrachten: vom Antisemiten Theodor Heuss über den mutmaßlichen KZ-Baumeister Heinrich Lübke und die NSDAP-Mitglieder Walter Scheel und Karl CarsteNS bis zum alles andere als untadeligen Richard von Weizsäcker zum Beispiel, der am 8. Mai 1985 im Rahmen seiner Rede zum vierzigsten Jahrestag der Befreiung coram publico Rudolf Heß begnadigt hätte, hätte ihm das sein Pressesprecher Friedbert Pflüger nicht ausgeredet.

Einer überragt sie alle, ohne jemals ein Aufhebens von sich gemacht zu haben: der Sozialdemokrat und Pazifist Gustav Heinemann. Er überragt sie ob seiner spröden Dignität, seiner antiwilhelminisch-antiautoritären Gesinnung, seiner Liberalität und seines Sinns für die Wirklichkeit und die realen Grundlagen der Geschichte.

»Ich liebe nicht den Staat, sondern ich liebe meine Frau«, war Heinemanns Credo, und in seiner Antrittsrede vom 1. Juli 1969 unterstrich er: »Ich sehe als erstes die Verpflichtung, dem Frieden zu dienen. Nicht der Krieg ist der Ernstfall, in dem der Mann sich zu bewähren habe, wie meine Generation in der kaiserlichen Zeit auf den Schulbänken lernte, sondern der Frieden ist der Ernstfall, in dem wir alle uns zu bewähren haben. Hinter dem Frieden gibt es keine Existenz mehr.«

Heinemann hegte erhebliche Sympathien für die 68er (»Ich habe es immer wieder betont, und ich wiederhole es auch hier, dass ich für die Unruhe der jungen Generation großes Verständnis habe und diese Unruhe für heilsam erachte« – »Wir müssen viel ändern, gründlich ändern, schnell ändern, die Zeichen unserer Zeit stehen auf Reform. Viele sagen, sie stehen unter dem Zeichen einer Revolutionsnotwendigkeit«), während Gauck sowohl den Widerstand gegen wahnsinnige Großprojekte als auch die direkte Demokratie als »abscheulich« abkanzelte.

Schon am 6. Juli 1954 hatte sich Heinemann auf dem Evangelischen Kirchentag in Leipzig zur Klassenjustiz geäußert: »Wie das Recht, das der Staat setzt, gestaltet sein soll, ist zu aller Zeit ein Gegenstand des Streites gewesen. Darum dreht sich immer wieder der politische Kampf der Klassen und Gruppen innerhalb eines jeden Volkes. Wer die Macht im Staate hat, wer die Klinke der Gesetzgebung zu fassen vermochte, der gestaltet die Rechtsordnung, und er tut es nur zu oft im Interesse des ökonomischen Vorteils seiner politischen Gruppe oder seiner Klasse oder zur Durchführung seiner Weltverbesserungsideen.«
Und als Bundespräsident diktierte er den Bildungspolitikern 1971 ins Stammbuch: »Einer demokratischen Gesellschaft, meine Herren, so meine ich, steht es schlecht zu Gesicht, wenn sie auch heute noch in aufständischen Bauern nichts anderes als meuternde Rotten sieht, die von der Obrigkeit schnell gezähmt und in die Schranken verwiesen wurden. So haben ja die Sieger die Geschichte geschrieben. Und immer schreiben die Sieger die Geschichte so, dass der Unterlegene überhaupt nicht zur rechten Darstellung kommt. Es ist Zeit, meine ich, dass ein freiheitlich-demokratisches Deutschland unsere Geschichte bis in die Schulbücher hinein anders schreibt.«

Ausgeprägte Fähigkeit zu weinen

Und was fiel dem Pastor Joachim Gauck anläss­lich der bevorstehenden Verherrlichungsfeiern für Luther ein, für den Speichellecker der Obrigkeit, den rasenden Antisemiten (Karl Jaspers: »Was Hitler getan hat, hat Luther geraten, mit Ausnahme der direkten Tötung in den Gaskammern«) und den fanatischen Bauernhasser (»Der Esel will Schläge haben, und der Pöbel will mit Gewalt regiert sein. Das wusste Gott wohl«)?
Ein frommer Berliner Schlossgeist hatte ihm den obligaten sprachlichen Schamott und verlogen-devoten Krempel von wegen »Bindung ans Gewissen« eingeflüstert, auf dass der gesegnete Truppenbetreuer mahnen konnte, es seien heute dringend »Agenten der Entängstigung« vonnöten. Um noch entschlossen-entängstigter in die von Gott gebilligten Kriege zu ziehen.

Nach deren Ende darf der gepuderte Bellizist dann gemäß jeweiliger Gefühlslage neuerlich weinen. Denn wenn Joachim Gauck in den fabelhaften fünf Jahren seiner geliebten Bundespräsidentschaft etwas eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat, so ist es seine ausgeprägte Fähigkeit zu weinen.

»Das gab es noch nie: ein Bundespräsident, der weint«, hauchte es in der kürzlich servierten schmonzettenartigen ZDF-Hagiographie »Mensch Gauck!«. »Bei einem Liederabend in der Villa Hammerschmidt in Bonn singen die angegrauten Musiker von Die Höhner, Karat und Die Prinzen ›Über sieben Brücken musst du geh’n‹ – und bei Gauck fließen ungehindert die Tränen.« (Focus; diese Passage aus besagter »Dokumentation« bitte zu Gemüte führen!)
Gauck heult, sobald die US-amerikanische Hymne erklingt. Gernot Wolfram registrierte an Gaucks Auftritten eine permanente angespannte »Stille eines Fast-Weinens« und schilderte anschließend folgende Szene: »Irgendwann auf der Bühne hielt Gauck inne, pustete mehrmals heftig ins Mikrofon, fast ein Spucken, um sein plötzlich aufsteigendes Weinen zu unterdrücken. Stille im Saal. Dann die Erklärung: ›Sie sehen, wie nahe mir so etwas kommt‹«.

Wolfram sprach angesichts dieses Gebarens, dieser strategischen Attitüde vom »zärtlichen Weihrauch der Demagogen« und von einem »Sprachmissbrauch«, der die schiere Verachtung der Opfer staatlicher und imperialistischer Politik übertüncht und vergessen macht: »Er hat ja auch einen pragmatischen Zugang zum Afghanistankrieg. Über die Opfer dort würde er wahrscheinlich nicht öffentlich weinen, erst recht nicht in der Nähe der Kanzlerin.«

Weinen musste Gauck allerdings am 7. März 2014 in Lingiades. Am 3. Oktober 1943 hatten Wehrmachtssoldaten das Dorf im Nordwesten Griechenlands überfallen, dreiundachtzig Frauen, Alte und Kinder massakriert und nahezu sämtliche Gebäude niedergebrannt. »Lingiades war ja kein Einzelfall, sondern die Normalität der deutschen Besatzung. In Griechenland sind Hunderte solcher Orte im öffentlichen Bewusstsein präsent – in Deutschland kein einziger«, schrieb Jens König an jenem 7. März auf stern.de. Im näheren: Gauck »spricht tonnenschwere, deutsche Sätze. ›Mit Scham und Schmerz bitte ich im Namen Deutschlands die Familien der Ermordeten um Verzeihung‹, sagt er. ›Ich verneige mich vor den Opfern der ungeheuren Verbrechen, die hier und an vielen anderen Orten Griechenlands zu beklagen sind.‹«

Neben ihm steht der ehemalige Partisan und damalige griechische Präsident Karolos Papoulias. »Gauck nimmt ihn fest in die Arme, er drückt ihn, ihm selbst laufen dabei ein paar Tränen über die Wangen.« Hinterher bescheidet er die von griechischer Seite seit bald sechzig Jahren vorgebrachte Forderung nach Reparationszahlungen abschlägig, durch und durch ungerührt: »Der Rechtsweg in dieser Frage ist abgeschlossen.«
König: »Übersetzt heißt es: Sorry, Griechen, für die deutschen Kriegsverbrechen gibt’s als Entschädigung keinen einzigen Cent.«

Eine Art Militärseelsorger

Ein anderer Weg ist seit des Geistlichen Amtsantritt, äh, wie sagt man im Duktus des Pestschwarzrocks? Begonnen worden? Endgültig aufgeschlossen worden?
Am 22. Mai 2010 hatte Gaucks täppischer Vorvorgänger Horst Köhler in einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk einer mörderischen Tatsache Ausdruck verliehen, nämlich »dass insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen, negativ, durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen.«

Drei Jahre später, im Juni 2013, schwätzte der Phraseur Gauck ebenso Tacheles. Während der Rückreise von einem Staatsbesuch in Norwegen »erklärte [er] auf die Frage eines Radioreporters, dass man im Kampf um Menschenrechte notfalls ›zu den Waffen greifen‹ müsse.
Im Amt lästerten daraufhin einige seiner Mitarbeiter, die sonst respektvoll über Gauck reden: ›Opi will wieder schießen.‹« (Willeke)

Dass er das will – obgleich nicht persönlich, er wird während der künftigen Gemetzel selbstgefällig grinsend vor seinem doofen Bodden herumschippern –, legte Gauck am 31. Januar 2014 auf der Münchner Sicherheitskonferenz dar, einer lupenreinen Propagandaveranstaltung des militärisch-industriellen Komplexes.
»Von der Verteidigung des Westens hin zur Ordnungspolitik und von der Wehrkunde zu einem umfassenden Sicherheitsbegriff – was für ein Bogen!« hob er, vor Inflammiertheit zerfließend, an. Alsdann durfte man folgende Argumentationskette bestaunen: »Deutschland tritt ein für einen Sicherheitsbegriff, der wertebasiert ist und die Achtung der Menschenrechte umfasst. […] Deutschland ist überdurchschnittlich globalisiert, und es profitiert deshalb überdurchschnittlich von einer offenen Weltordnung, einer Weltordnung, die Deutschland erlaubt, Interessen mit grundlegenden Werten zu verbinden.«

Zack. Von der Ordnungspolitik schließe auf den Sicherheitsbegriff, vom Sicherheitsbegriff auf die Wertebasierung, und weil die Wertebasierung, die sich aus dem ordnungspolitischen Sicherheitsbegriff zwingend erschließt und mit den deutschen Interessen zusammenfällt, global gilt, entscheidet Deutschland (mit), wie diese Weltordnung in seinem Sinne (im Sinne »der Werte«, gemeint: deutscher Interessen) gestaltet wird.

Jetzt noch ein paar Schlenker, und fertig ist der dreckige Lack, garniert mit einer perfiden Wendung:
»Die Kernfrage lautet doch: Hat Deutschland die neuen Gefahren und die Veränderungen im Gefüge der internationalen Ordnung schon angemessen wahrgenommen? Reagiert es seinem Gewicht entsprechend? Ergreift die Bundesrepublik genügend Initiative, um jenes Geflecht aus Normen, Freunden und Allianzen zukunftsfähig zu machen, das uns doch Frieden in Freiheit und Wohlstand in Demokratie gebracht hat? (…) Und wenn wir überzeugende Gründe dafür gefunden haben, uns zusammen mit unseren Verbündeten auch militärisch zu engagieren, sind war dann bereit, die Risiken fair mit ihnen zu teilen?«

Ein Glücksfall für Deutschland

Die Antwort auf seine rhetorischen Fragen hätte Gauck nicht zu geben brauchen: »Die Bundesrepublik sollte sich als guter Partner früher, entschiedener und substantieller einbringen.« Heißt: rascher bombardieren, auch, um den Drückebergern zu zeigen, wo es fürderhin langgeht: »Ich muss wohl sehen, dass es bei uns neben aufrichtigen Pazifisten jene gibt, die Deutschlands historische Schuld benutzen, um dahinter Weltabgewandtheit oder Bequemlichkeit zu verstecken.«

»Ich war nie Pazifist. Es gibt immer wieder Situationen, in denen man ernsthaft prüfen muss, ob ein militärisches Engagement ethisch vertretbar, vielleicht sogar geboten ist.« Und solcher Situationen sind etliche, die man sich, so geschehen im September 2014 in Polen, zur Not halt zurechtbiegt, etwa wenn der Russ’ frech wird und mit »Bedrohungen an der östlichen Flanke« daherkommt, an jener Flanke, die die wortbrüchige NATO geschaffen hat.

Allein, in Jogi Gaucks Welt(-ordnung) »hat die NATO reagiert«, und »wir werden Politik, Wirtschaft und Verteidigungsbereitschaft den neuen Umständen anpassen«.

Zweifelsohne, der bigott-aggressive praeceptor magnae germaniae, nachweislich ein Verächter der Brandtschen Ostpolitik, »ist ein Glücksfall für unser Land« (W. Schäuble). Anders geflötet: »Gauck ist ein Glücksfall für Deutschland.« (S. Gabriel)

O ja, bereits zu München hatte der Siggi jubiliert: »Der Bundespräsident macht einen, wie ich finde, exzellenten Job«, und der Steinmeier Frank hatte ihm assistiert: »Deutschland ist eigentlich zu groß, um Weltpolitik nur von der Außenlinie zu kommentieren« – jener Haus- und Außenmeier, der als Intimus des staatlichen Oberhaupts Gaucks brandgefährliches Geschwafel in enger Kooperation mit vorbereitet und regelrecht »befeuert« (Willeke) hatte. Frank-Walter Steinmeier. Wir sind beruhigt. Für Kontinuität ist gesorgt.

Jürgen Roth lebt als freier Schriftsteller in Frankfurt am Main.

Jochen

Noam Chomsky: Sozialismus in Zeiten der Reaktion

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Im Original hier:
https://diefreiheitsliebe.de/politik/sozialismus-in-zeiten-der-reaktion-im-gespraech-mit-noam-chomsky/
Auszüge:

chomsky american dreamObwohl er auf die 90 zugeht, wächst Noam Chomskys Werk immer noch. Und er gibt, zum Glück für die internationale Linke, noch immer Interviews. Wenige Tage vor seinem 88. Geburtstag gab Chomsky ein Interview in seinem Büro in Cambridge, Massachusetts. Das Gespräch führte Vaios Triantafyllou, ein Student an der Universität von Pennsylvania.
Chomsky sprach über alles von Sozialismus, die menschliche Natur und Adam Smith, bis zu Donald Trump. (Das Transkript wurde aus Gründen der Lesbarkeit verdichtet und redigiert.)

Mit Trump im Amt sieht Chomsky eine Zukunft in Bigotterie und Kleinkrämerei. Aber wir haben noch immer die Wahl: „Ob sie gelingen“, sagt Chomsky über die „teile und herrsche“-Taktiken, „hängt von der Art des Widerstands ab, die Menschen wie du dem entgegensetzen.“

Jacobin Mag: Wie sollten Sozialisten über die Beziehung von Reformen zur Humanisierung des bestehenden Produktionssystems (wie es Bernie Sanders vorschlägt) und dem langfristigen Ziel einer gänzlichen Abschaffung des Kapitalismus denken?

Noam Chomsky: Zunächst muss man sich vergegenwärtigen, dass der Begriff „Sozialismus“, wie alle Begriffe des politischen Diskurses, mehr oder weniger seine Bedeutung eingebüßt hat. „Sozialismus“ hat mal etwas bedeutet. Wenn wir weit genug zurückblicken, war damit die Kontrolle über die Produktion durch die Produzenten gemeint, die Abschaffung der Lohnarbeit, die Demokratisierung aller Lebenssphären: Produktion, Handel, Bildung, Medien, Arbeiterkontrolle über die Betriebe, gesellschaftliche Kontrolle der Gesellschaft usw. Das hieß „Sozialismus“ früher.

Aber diese Bedeutung hat er keine hundert Jahre beibehalten. Tatsächlich waren die sogenannten sozialistischen Länder die anti-sozialistischten Länder der Welt.
Arbeiter hatten mehr Rechte in den Vereinigten Staaten und in England als in Russland, und dennoch wurde es Sozialismus genannt.

Was Bernie Sanders betrifft, ist er ein anständiger und ehrbarer Mensch, den ich unterstütze. Doch was er als „Sozialismus“ bezeichnet, ist Liberalismus im Stile des New Deal. Wahrscheinlich wären seine aktuellen Forderungen keine große Überraschung für General Eisenhower.
Dass sie als politische Revolution bezeichnet werden, zeigt, wie sehr das politische Spektrum nach rechts gerückt ist – vor allem in den letzten 30 Jahren, seit die neoliberalen Programme institutionalisiert wurden. Was Sanders fordert, ist eine Restauration des New Deal-Liberalismus, was eine sehr gute Sache ist.

Zurück zu deiner Frage, sollten wir uns fragen: Sollten Leute, die sich um andere Menschen, um deren Leben und ihre Bedürfnisse kümmern, versuchen, das bestehende Produktionssystem zu humanisieren, so wie du es sagst? Die Antwort ist: Auf jeden Fall – es ist besser für die Menschen.

Sollten sie sich gleichzeitig weiter für das langfristige Ziel einsetzen, die kapitalistische Organisationsweise der Produktion abzuschaffen? Selbstverständlich. Sie hatte ihre Erfolge. Aber sie basiert auf sehr brutalen Annahmen, unmenschlichen Annahmen.
Die Grundannahme ist, dass eine Klasse von Menschen, kraft ihres Besitzes und ihres Reichtums einer anderen, gewaltigen Klasse befehlen kann.
Und dass diese andere diesen Befehlen zu folgen hat, weil ihnen der Zugang zu Wohlstand und Macht fehlt. Das ist inakzeptabel.

Also, ja, der Kapitalismus sollte abgeschafft werden. Aber es handelt sich hier nicht um Alternativen. Es sind Vorgänge, die zusammengehen.

Jacobin Mag: Eines der Hauptargumente, das gegen Sozialismus vorgebracht wird, ist, die menschliche Natur selbst wäre von Egoismus und Konkurrenzdenken geprägt. Wie würdest du antworten?

Noam Chomsky: Man darf nicht vergessen, dass der Kapitalismus bisher nur eine kurze Periode der menschlichen Gesellschaft darstellt. Es gab nie einen reinen Kapitalismus, sondern immer nur die eine oder andere Variante. Der Grund dafür: Reiner Kapitalismus würde sich sofort selbst vernichten.
Also haben die geschäftstüchtigen Klassen immer massive staatliche Interventionen gefordert, um die Gesellschaft vor den zerstörerischen Effekten der Marktkräfte zu schützen. Es sind oft Geschäftsleute, die hier die Führung übernehmen, weil sie nicht wollen, dass alles zerstört wird.

Es gab also die eine oder andere Form von Staatskapitalismus während einer extrem kurzen Spanne der Menschheitsgeschichte, aber das sagt uns sehr wenig über die menschliche Natur. Bei der Betrachtung menschlicher Gesellschaften und Beziehungen kann man alles finden: Egoismus, Altruismus, Mitgefühl.

Nehmen wir Adam Smith, den Schutzheiligen des Kapitalismus. Was dachte er darüber? Er hielt Mitgefühl für den menschlichen Hauptinstinkt. Man muss sich ansehen, wie er den Begriff der „unsichtbaren Hand“ verwendete. Auf welche Art er diesen Begriff verwendete. Es ist nicht schwer, das heraus zu finden, weil er es maßgeblich zwei mal getan hat: jeweils in seinen beiden Hauptwerken.

Einmal erscheint der Begriff in Wohlstand der Nationen und läuft auf eine Kritik neoliberaler Globalisierung hinaus. Was er sagt, ist, dass wenn England, wenn die Fabrikanten und Kaufleute im Ausland investierten und von dort importierten, Gewinne machen könnten. Doch das wäre schädlich für England. Aber ihr Pflichtgefühl gegenüber ihrem Heimatland reiche aus, so dass es unwahrscheinlich sei, dass sie das täten – geschützt durch eine „unsichtbare Hand“ bliebe England von dem verschont, was wir neoliberale Globalisierung nennen. Das ist das eine Mal.

Das andere Mal benutzt er den Begriff in Theorie der ethischen Gefühle (das nicht oft gelesen wird, doch Smith selbst hielt es für sein Hauptwerk). Er ist ein Egalitarier.
Er glaubte an Gleichheit als Resultat, nicht Gegensätzlichkeit. Adam Smith ist eine Figur der Aufklärung, eine vor-kapitalistische.

Er sagt, wenn, vermutlich in England, ein Landeigner das meiste des Landes besäße und andere Menschen hätten nichts mehr, wo sie leben könnten, so wäre das nicht schlimm – der reiche Landeigner, kraft seines Mitgefühls für andere, würde die Ressourcen unter ihnen verteilen. Mit einer „unsichtbaren Hand“ landeten wir in einer ziemlich egalitären Gesellschaft. Das ist sein Konzept der menschlichen Natur.

Das ist nicht die Art, in welcher „die unsichtbare Hand“ von Leuten gebraucht wird, mit denen man Kurse besucht oder deren Bücher man liest. Das zeigt einen Unterschied in der Doktrin – aber nicht in der menschlichen Natur. Was wir über die menschliche Natur wissen, ist, dass sie all diese Facetten hat.

Jacobin Mag: Denkst du, es ist notwendig, konkrete Vorschläge für eine zukünftige sozialistische Ordnung zu entwerfen, eine solide Alternative, die bei den meisten Menschen Anklang findet?

Noam Chomsky: Ich glaube, viele Menschen haben Interesse an authentischen sozialistischen Langzeitzielen (die nicht das sind, was für gewöhnlich „Sozialismus“ genannt wird). Sie sollten sorgfältig darüber nachdenken, wie so ein Projekt funktionieren sollte – ohne zu sehr ins Detail zu gehen, denn vieles kann nur im Experiment erlernt werden. Und wir wissen auf keinen Fall genug darüber, wie Gesellschaften im Detail geplant werden könnten.
Der große Rahmen aber könnte ausgearbeitet werden und viele der spezifischen Probleme können diskutiert werden.

Und das sollte Teil des allgemeinen Bewusstseins sein. So könnte der Übergang zum Sozialismus stattfinden. Wenn er ein Teil der Erkenntnis, des Bewusstseins und des Strebens einer großen Mehrheit der Bevölkerung wird.

Sehen wir uns als Beispiel eine der großen Leistungen in diese Richtung an, vielleicht die größte: Die anarchistische Revolution in Spanien 1936.
Sie wurde jahrzehntelang vorbereitet: in der der Bildung, im Aktivismus und in den Bemühungen, erlitt manchmal Rückschläge, doch als der Faschismus angriff, hatten die Menschen eine Vorstellung davon, welche Gesellschaftsorganisation sie wollten.

Wir haben auch andere Beispiele. Sagen wir, der Wiederaufbau Europas nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Auswirkung des Zweiten Weltkriegs waren für den größten Teil Europas verheerend.

Doch es brauchte nicht lange, die staatskapitalistischen Demokratien wieder aufzubauen, denn sie waren in den Köpfen der Leute vorhanden.

In anderen Teilen der Welt, die verwüstet wurden, war das nicht möglich. Die Leute hatten kein Konzept im Kopf. Menschliches Bewusstsein macht eine Menge aus.

Jacobin Mag: Syriza kam mit dem Versprechen von Sozialismus an die Macht. Doch schlussendlich kooperieren sie mit der EU und sind auch nicht zurückgetreten, nachdem sie gezwungen wurden, die Austeritätspolitik zu übernehmen. Wie können wir einen ähnlichen Ausgang in Zukunft vermeiden?

Noam Chomsky: Ich denke, die wahre Tragödie Griechenlands – abseits der Brutalität der europäischen Bürokratie, der Brüsseler Bürokratie, und die der nordischen Banken, die wahrlich bestial waren – dass die Griechenland-Krise gar nicht hätte ausbrechen müssen. Man hätte sie verhältnismäßig leicht ganz zu Anfang bewältigen können.

Aber es ist soweit gekommen, und Syriza mit dem erklärten Versprechen ins Amt eingezogen, die Krise zu bekämpfen. Tatsächlich haben sie ein Referendum abgehalten, das Europa entsetzt hat: Der Gedanke, dass es Menschen erlaubt sein sollte, über ihr eigenes Schicksal zu entscheiden, ist schlicht ein Anathema für die europäischen Eliten – wie kann Demokratie nur wirklich gestattet werden (selbst in dem Land, in dem sie erfunden wurde)?

Als Ergebnis dieses kriminellen Akts, Menschen zu fragen, was sie wollen, wurde Griechenland noch mehr bestraft. Die Forderungen der Troika wurden wegen dem Referendum viel harscher. Sie befürchteten einen Dominoeffekt – wenn wir Rücksicht auf die Nöte der Menschen nehmen, könnten andere auf denselben Gedanken kommen und sich die Plage der Demokratie verbreiten. Also müssen wir sie an der Wurzel ausrotten.

Danach hat Syriza kapituliert und seitdem Dinge getan, die ich für inakzeptabel halte.

Du fragst, wie die Menschen darauf antworten sollen? Sie sollten etwas besseres schaffen. Das ist nicht einfach, besonders, wenn sie isoliert sind. Griechenland allein ist in einer sehr verletzlichen Lage. Wenn die Griechen die Unterstützung progressiver linker und populärer Kräfte woanders in Europa gehabt hätten, hätten sie den Forderungen der Troika vielleicht Widerstand leisten können.

Jacobin Mag: Was denkst du über das System, das Castro nach der Revolution in Kuba geschaffen hat?

Noam Chomsky: Ja, was Castros tatsächliche Ziele waren, das wissen wir nicht. Vom ersten Moment an wurde er massiv eingeschränkt durch die raue und grausame Attacke der herrschenden Supermacht.

Wir müssen uns erinnern, dass buchstäblich innerhalb von Monaten, nachdem Castro ins Amt kam, Flugzeuge von Florida aus anfingen, Kuba zu bombardieren.
Innerhalb eines Jahres beschloss die Eisenhower-Administration im Geheimen, aber mit Nachdruck, die Regierung [auf Kuba] zu stürzen.
Danach kam die Invasion in der Schweinebucht. Die Kennedy-Administration war rasend über das Scheitern der Invasion und begann augenblicklich einen großen Terrorkrieg, einen Wirtschaftskrieg, der über die Jahre immer schärfer wurde.

Unter diesen Bedingungen ist es erstaunlich, dass Kuba überlebt hat. Es ist eine kleine Insel direkt vor der Küste einer großen Supermacht, die sie zu zerstören versucht, und war offensichtlich zum Überleben ihre ganze vorherige Geschichte von den USA abhängig. Aber irgendwie haben sie überlebt. Es ist war, dass es eine Diktatur war: viel Grausamkeit, viele politische Gefangene, viele wurden getötet.

Man muss sich vorstellen, dass der US-Angriff auf Kuba ideologisch als absolut notwendig dargestellt wurde, um uns vor den Russen zu verteidigen. Aber sobald die Russen verschwunden waren, wurde der Angriff noch schärfer. Es gab dazu kaum Erklärungen, aber es bestätigt dir, dass die vorherigen Behauptungen Lügen waren, die sie mit Sicherheit waren.

Wenn man sich interne US-Dokumente ansieht, dann wird klar, welche Bedrohung von Kuba ausging. Damals in den 60ern betrachtete das Außenministerium die von Kuba ausgehende Gefahr als Castros erfolgreiche Missachtung der US-Politik, welche auf die Monroe-Doktrin zurück ging.
Die Monroe-Doktrin begründete den Anspruch – sie hatten es damals noch nicht durchsetzen können, aber es war der Anspruch – die westliche Hemisphäre zu beherrschen. Und Castro hatte das erfolgreich infrage gestellt.

Das kann nicht toleriert werden. Es ist, wie wenn jemand sagt, „lasst uns in Griechenland Demokratie einführen“, und wir können das einfach nicht tolerieren, also müssen wir die Bedrohung mit ihren Wurzel ausreißen. Niemand darf erfolgreich den Meister der Hemisphere, eigentlich der Welt, herausfordern – darum diese Rage.

Aber die Reaktionen blieben gemischt. Es gab Errungenschaften, wie das Gesundheitssystem, die Alphabetisierung und so weiter. Der Internationalismus war unglaublich.
Es gibt einen Grund, warum Nelson Mandela nach Kuba reiste, um Castro zu loben und dem kubanischen Volk zu danken, kaum war er aus dem Gefängnis entlassen.
Das ist eine Dritte-Welt-Reaktion, und das verstehen sie.

Kuba spielte eine enorme Rolle bei der Befreiung Afrikas und der Überwindung der Apartheid. Es hat Ärzte und Lehrer in die ärmsten Gegenden der Welt geschickt: nach Haiti, nach Pakistan nach dem Erdbeben, beinahe überall hin. Der Internationalismus ist einfach erstaunlich. Ich denke, so etwas hat es in der Geschichte noch nicht gegeben.

Die Errungenschaften im Gesundheitssystem waren erstaunlich. Die Gesundheitsstatistiken in Kuba waren ähnlich denen in den Vereinigten Staaten – bei diesem Unterschied an Reichtum und Macht.

Auf der anderen Seite gab es eine scharfe Diktatur. Also gab es beides.

Ein Übergang zum Sozialismus? Darüber können wir nicht einmal sprechen. Die Bedingungen machten es unmöglich, und wir wissen nicht einmal, ob das gewollt war.

Jacobin Mag: In den vergangen Jahren sind in den USA zahlreiche Bewegungen entstanden, die die derzeitige soziale und wirtschaftliche Organisationsform kritisieren. Wie dem auch sei: Die meisten haben sich gegen einen gemeinsamen Feind vereint, anstatt sich um eine gemeinsame Vision zu sammeln. Wie sollten wir über die Lage sozialer Bewegungen und deren Fähigkeit, sich zu einen, denken?

Noam Chomsky: Nehmen wir die Occupy-Bewegung. Occupy war keine Bewegung, es war eine Taktik. Man kann nicht für immer in einem Park nahe der Wall Street sitzen. Nicht länger als ein paar Monate.

Es war eine Taktik, die ich nicht voraus gesehen hatte. Wenn mich jemand gefragt hätte, ich hätte davon abgeraten.

Aber es war ein großer Erfolg, ein enormer Erfolg, mit einer großen Auswirkung auf das Denken und Handeln der Menschen. Das ganze Konzept, wie Reichtum konzentriert wird (1 Prozent und 99 Prozent) – das Wissen war sicherlich da, irgendwo im Hintergrund, aber so wurde es nach vorn gekehrt.
Es wurde sogar in den Massenmedien herausgestellt (z.B. im Wall Street Journal) – und es führte zu vielen Formen von Aktivismus, es stärkte Menschen und so weiter. Aber es war keine Bewegung.

Die Linke, in einem übergreifenden Sinne, ist sehr atomisiert. Wir leben in hoch atomisierten Gesellschaften. Die Leute sind ziemlich oft allein: Nur du und dein iPad.

Die großen Organisationszentren, wie etwa die Arbeiterbewegung, wurden ernstlich geschwächt, in den Vereinigten Staaten sehr ernstlich, von der Politik.
Das passierte nicht wie ein Hurrikan. Die Politik wurde so gestaltet, um die Organisationen der Arbeiterklasse zu untergraben.
Der Grund dafür ist nicht nur, dass Gewerkschaften für die Rechte von Arbeitern kämpfen, sondern auch, dass sie einen demokratisierenden Effekt haben.
Es sind Institutionen, in denen Menschen ohne Macht zusammenkommen können, sich gegenseitig unterstützen, etwas über die Welt lernen, ihre Ideen ausprobieren, Programme initiieren können – das ist gefährlich. Das ist wie ein Referendum in Griechenland. Es ist zu gefährlich, um es zu erlauben.

Wir sollten uns vergegenwärtigen, dass es während des Zweiten Weltkrieges und der Großen Depression einen Aufschwung breiter, radikaler Demokratie gab, überall auf der Welt. Er nahm verschiedene Formen an, aber er war da, überall.

In Griechenland war es die Griechische Revolution. Und sie musste niedergeschlagen werden. In Ländern wie Griechenland wurde sie mit Gewalt nieder gerungen.
In Ländern wie Italien, wo amerikanische und britische Truppen 1943 einmarschierten, wurde er nieder gerungen durch Angriffe auf und die Zerschlagung anti-deutscher Partisanen und die Wiederherstellung der traditionellen Ordnung.
In Ländern wie den Vereinigten Staaten wurde dieser Aufschwung nicht mit Gewalt niedergeschlagen – der Kapitalismus hat diese Macht hier nicht – aber es wurden, beginnend in den späten 1940ern, große Anstrengungen unternommen, um die Arbeiterbewegung zu unterminieren und zu zerstören. Und es ging weiter.

Das wurde wieder fortgeführt unter Reagan, es wurde fortgeführt unter Clinton, und heute ist die Arbeiterbewegung extrem schwach (in anderen Ländern hat es andere Formen angenommen). Aber das war eine dieser Institutionen, in welcher Menschen zusammen kamen, um gemeinsam zu handeln und mit gegenseitiger Unterstützung, und auch andere solche Institutionen wurden stark dezimiert.

Jacobin Mag: Was können wir von Donald Trump erwarten? Bereitet sein Aufstieg den Boden für eine Neudefinierung und Vereinigung einer sozialistischen Bewegung um eine gemeinsame Vision in den Vereinigten Staaten?

Noam Chomsky: Die Antwort darauf liegt grundsätzlich bei dir und deinen Freunden. Es hängt wirklich davon ab wie Menschen, besonders junge Menschen, reagieren.
Es gibt eine Menge Möglichkeiten, die ergriffen werden könnten. Aber das ist auf keinen Fall zwangsläufig.

Nehmen wir an, was wahrscheinlich geschehen wird. Trump ist extrem unvorhersehbar. Er weiß selbst nicht, was er plant. Aber was passieren könnte, ein Beispiel für ein mögliches Szenario: Viele Menschen, die für Trump gestimmt haben, Menschen aus der Arbeiterklasse, haben 2008 für Obama gestimmt. Sie wurden verführt von Slogans wie „Hope“ und „Change“. Sie haben weder Hoffnung noch Veränderung bekommen, sie wurden desillusioniert.

Dieses Mal haben sie für einen anderen Kandidaten gestimmt, der Hoffnung, Veränderung und eine ganze Reihe toller Sachen versprochen hat. Aber er wird sie nicht liefern. Also, was wird in ein paar Jahren geschehen, wenn er nicht geliefert hat und dieselbe Wählerschaft wieder desillusioniert ist?

Wahrscheinlich macht das herrschende System das, was es unter solchen Umständen für gewöhnlich macht. Unter den noch Verwundbaren einen Sündenbock suchen, um sagen zu können: „Ja, ihr habt nicht bekommen, was wir versprochen haben – und der Grund sind diese wertlosen Menschen, die Mexikaner, die Schwarzen, die syrischen Immigranten, die Sozialschmarotzer. Das sind diejenigen, die alles zerstören. Wir müssen sie verfolgen! Die Schwulen, das sind die Schuldigen!“

Das könnte passieren. Das ist in der Geschichte wieder und wieder passiert mit allen hässlichen Konsequenzen.

Ob sie Erfolg haben werden, liegt an der Art des Widerstands, den Menschen wie du dem entgegensetzen. Die Antwort auf die Frage liegt bei dir, nicht mir.

Veröffentlicht im Jacobin Mag und übersetzt von David Dannys.

 

Jochen

Das Versagen der JUNGEN WELT – Aufforderung zu einem offenen Gespräch

Da ich die junge Welt regelmäßig lese und auch hier gelegentlich Artikel daraus wiedergebe, gestatte ich mir, auch die folgenden kritischen Anmerkungen wiederzugeben. Ich werde die junge Welt allerdings auch weiterhin regelmäßig lesen und mein Abo nicht kündigen, denn es gibt wenig Alternativen zu ihr.

Eine Diskussion um Mahnwachen und Friedenswinter führen wir in der hiesigen Friedensbewegung, der neu gegründeten Gruppe Nordschwaben der DFG-VK, auch. Ich bin froh über jedes neue Gesicht, das sich hier blicken lässt, und stelle nicht sofort unter Antisemitismus-Verdacht, wenn jemand das militärische Vorgehen des Staates Israel kritisiert oder auf Verflechtungen des US-Finanzkapitals mit Rüstungsindustrien in aller Welt hinweist. Von Mitgliedern der klassischen und emanzipatorischen Linken habe ich allerdings bei diesen Themen auch schon sehr blasierte und entwertende Umgangsformen erlebt, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Jutta Dithfurth, die ich früher sehr verehrt habe, gerät aus meiner Sicht da schon in die gefährliche Nähe der Bildzeitungsfeministin A.Schwarzer. Ich fordere auch zur Unterschrift unter den Friedensaufruf der Arbeiterfotografie und des Freidenkerverbandes auf, auch wenn bei den Erstunterzeichnern Organisationen sind, mit denen ich mich ansonsten nicht gerne sehen lassen würde.

In der Diskussion gibt es einen Beitrag eines Genossenschaftsmitgliedes, der auf ein ernsthaftes Problem hinweist, das die junge Welt wie alle anderen Zeitungen im Kapitalismus hat: Wer zahlt, bestimmt, und es wäre an den Genossenschaftsmitgliedern, da transparente Strukturen zu schaffen. Das schöne an einer Genossenschaft ist nämlich, dass die Stimme eines jedes Mitgliedes, unabhängig vom eingesetzten Kapital, gleich viel zählt.

Die komplette Diskussion ist im Originalbeitrag lohnenswerterweise  hier zu lesen, wobei man die einzelnen Beiträge dem Zeitstrahl entsprechend von unten angefangen lesen sollte:

http://www.rationalgalerie.de/schmock/das-versagen-der-jungen-welt.html

Und hier auszugsweise der Text:

Autor: U. Gellermann
Datum: 03. September 2015

Die JUNGE WELT ist eine wichtige linke Zeitung. Nicht wenige ihrer Autoren sind für die linke Öffentlichkeit unverzichtbar. Bei anderen wiederum muss die Frage gestellt werden, was denn für sie links ist. Die Autorin Christel Buchinger* hat diese und andere Fragen in einem Essay fomuliert, der über den JUNGE WELT-Komplex hinausgeht. Leider gab es auf ihren Text von der JUNGEN WELT keine Resonanz. Wie die Zeitung auch einer ganzen Reihe anderer Leser keine Möglichkeit zur Diskussion gab und gibt.

Die RATIONALGALERIE will der notwendigen Debatte Raum verschaffen. Wenn das in der Rubrik SCHMOCK geschieht, dann zum einen, weil die Site technisch nicht sonderlich gelenk ist und keinen anderen Platz bietet. Zum anderen, weil manche Artikel der JW in den letzten Monaten tatsächlich ziemlich verschmockt waren.

Über eine Beteiligung an der Debatte würde ich mich sehr freuen. Und natürlich auch, wenn Kolleginnen und Kollegen der JUNGEN WELT ihre Meinung äußern wollten. 

Uli Gellermann

DER TEXT VON CHRISTEL BUCHINGER

Ich habe die Junge Welt gekündigt, weil sie ausgerechnet an Brennpunkten der politischen Entwicklung versagt, wo es gerade heute bedeutsam ist, genau hinzuschauen, in die Tiefe zu gehen, zu recherchieren, zu diskutieren, zu fragen. Ich spreche damit neben der Berichterstattung zu Griechenland, das völlige Versagen beim Thema Geschlechterverhältnisse an, vor allem aber den „Friedenswinter“. Ich will den Umgang mit dem Friedenswinter, respektive mit den Montagsmahnwachen, kritisch beleuchten, wissend, dass die Junge Welt auch diese Meinungsäußerung dazu nicht ernst nehmen wird. Wer Rainer Rupp dermaßen abblitzen lässt (1), schert sich um die Meinung einer ehemaligen Leserin nicht.

Bei Friedenswinter und Montagsmahnwachen deutete sich eine neue Entwicklung an, Bewegung und Aufruhr entstanden, ohne dass, wie es traditionell der Fall ist, die Linke ihre Finger im Spiel hatte. Im Gegenteil: die Bewegungen entstanden gerade auf diese Art und Weise, weil die Linke sich vor entscheidenden Auseinandersetzungen und Zuspitzungen drückt, den Kampf um Gegenhegemonie zum Neoliberalismus und zur Kriegstreiberei geradezu verweigert. Das betrifft die ganze Linke, nicht nur die gleichnamige Partei. An dem Eindruck, dass der Kampf um Gegenhegemonie verweigert wird, ändern auch die aufgeblasenen Backen von Monty Schädel und anderen Helden nichts. Weil ein Vorwurf und eine Begründung, warum man sich von den Veranstaltungen fernhalten muss, der auch von der Jungen Welt wiedergegeben wird, jener ist, unter den Demonstranten und Aktivisten des Friedenswinters und der Montagsmahnwachen befänden sich Verschwörungstheoretiker, beginne ich mit einer Verschwörungstheorie.

1. Verschwörungstheorie im Selbstversuch

Größeren Katastrophen gehen oft Vorwarnungen voraus. Kleine Erdbeben kündigen große an, der Vulkan spuckt und raucht, bevor er ausbricht. Und so waren die Herrschenden gewarnt. Der erste Warnschuss hieß Stuttgart 21.
Viele Menschen aus Stuttgart und Umgebung engagierten sich gegen dieses Bahnprojekt, gingen auf die Straße, zogen nach Berlin, dachten sich phantasievolle Aktionen aus, gingen so weit, neue Aktionen des zivilen Ungehorsams zu erproben, zum Beispiel Bäume zu besetzen. Der Protest strahlte in das ganze Land aus. Er traf tief und breit in die Gesellschaft, erfasste viele Menschen, auch weit über die Region hinaus. Die Kritik war fundiert, sie berührte in Einzelfällen gar das Gesellschaftssystem als ganzes. Und der Prostest ist immer noch nicht zu Ende, kann jederzeit wieder ausbrechen, die Aktivisten sind noch nicht geschlagen. (2)

Dann kamen die Montagsmahnwachen. Der Protest entzündete sich an der Ukraine-Krise. Hier ging es nicht nur um einen Bahnhof.
Die Herrschenden sahen sich einer neuen Gegnerin gegenüber. Aus dem Nichts war eine Bewegung aufgetaucht, die üblichen Verdächtigen, Linke, Friedensgruppen waren nicht beteiligt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren ähnlich empört wie die in Stuttgart, der Initiator politisch ein unbeschriebenes Blatt. Und es kam noch schlimmer: ohne organisatorischen Rückhalt durch gewachsene Strukturen, Parteien, Gewerkschaften breitete sich die Bewegung über das ganze Land aus. Es kamen einfach Leute aus allen Löchern, versammelten sich und protestierten. Zum Höhepunkt waren jeden Montag mehrere tausend Demonstranten auf den Beinen. Ähnlich wie bei den Occupy-Protesten durfte jede reden, die wollte. Und sie redeten. Gutes und Krauses. Unbekannte und Promis waren da. Auffallend viele Frauen gingen einfach ans offene Mikro und redeten los, was sie dachten und was sie erlebt hatten.
Man kann sich den Unmut vorstellen, den diese Friedensinitiative bei den Mächtigen, den Kriegstreibern, den Oligarchen, den Rüstungsgewinnlern und ihren Bütteln in Politik und Medien hervorrief. Die schöne Farbenrevolution, der Menschenrechtsaufstand wurden desavouiert. Der gut und von langer Hand vorbereitete Regimechange, das Herausbrechen der Ukraine aus dem Einfluss Moskaus war öffentliches Thema und wurde ungestüm kritisiert. Offen wurde gemacht, dass es um Krieg und Frieden ging, und das bunte Völkchen, das, wie sagt man doch gleich, aus der Mitte der Gesellschaft kam, verweigerte offen die Gefolgschaft. Dabei war alles so schön vorbereitet. Nicht dass die Herrschenden fürchten müssten, wirklich einen Fight zu verlieren, aber der Angriff ging auf den Kernbereich der Macht, aufs Ganze.

Die Herrschaft der staatsmonopolistischen Oligarchie ist selbstverständlich noch nicht angefochten, alle Herrschaftsinstrumente sind fest in ihrer Hand, sie sind waffenstarrend, sie bauen ihre Geheimdienste aus, die Polizei wird paramilitärisch aufgerüstet. Aber sie spüren, dass ihre Hegemonie, ihre Herrschaft über das Bewusstsein der Menschen, in Frage gestellt wird. Die logische Reaktion war, die Medienwalze in Bewegung zu setzen. Da kam Jutta Ditfurths Aufschlag gerade recht: da versammeln sich Antisemiten, glühende sogar, Verschwörungstheoretiker und Querfront-Anhänger und tarnen sich als Friedensbewegung! Damit gab sie die Stichworte für die Medien. Alle (fast alle) plapperten nach, kaum jemand bemühte sich hin und befragte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer oder die Organisatoren, recherchierte und bewertete aufgrund von Kenntnis. Das Foto eines Nazis, der ohne Fahne oder Umhängeschild in der Menge stand, reichte. Ein Shitstorm der Medien brach los.
Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wiederum führte das zu neuer Erkenntnis der Manipulationsmacht der Medien. Viele Linke aber verjagte er gänzlich in die Mauselöcher. Um Gottes Willen nicht wieder Anlass für den Vorwurf des Anitsemitismus geben!
Ob Ditfurth wusste, wessen Geschäft sie da betrieb?

Weiter ging’s: Die Mahnwachen sind von der NPD initiiert, werden von ihr als Friedensbewegung 2.0 bezeichnet. Praktischerweise tauchte Elsässer als Redner auf, der Querfrontler, der mit Ultrarechten paktierte, dem die Nähe zu Nazis nichts ausmacht. Über Mährholz wurde enthüllt, dass er dereinst einer merkwürdigen Journalistenvereinigung angehörte, die von einem deutschnationalen Burschenschaftler gegründet worden war. Und Ken Jebsen wurde beim Rundfunk gefeuert, weil man ihm Antisemitismus vorwarf. Der Vorwerfende war damals Henryk Broder.
Antisemiten, Nähe zu Nazis, das ist normalerweise ein politisches Todesurteil. Aber die Bewegung gab nicht klein bei. Die Vorwürfe wurden zurückgewiesen, entkräftet, relativiert. Die Bewegung ging weiter, wurde größer. Die Hatz auch. Da blieben noch zwei scharfe Waffen für die Obrigkeit. Erstens die Spaltung und zweitens …
Zum ersten Punkt, der Spaltung wollen wir später kommen. Beginnen wir mit der zweiten Waffe: die Gründung einer neuen Bewegung, die geeignet ist, alle weiteren Bewegungen dieser Art zu diskreditieren und ganz nebenbei die vorhandene Wut der Menschen auf die Verhältnisse auf AusländerInnen und Muslime umzuleiten.
Man nehme: eine geklaute Idee (Mahnwachen) oder eine Idee, die im ersten Anlauf schief ging (Hogesa), ein paar V-Leute, Staatsknete, ein Thema (Angst vor Islamisten), lasse aber auch andere Themen zu, z.B. Kritik an den Medien.
Man suche sich einen Ort aus, am besten im Osten Deutschlands, dort ist die rechte Szene stark.
Über die sozialen Netzwerke wird der Aufruf lanciert. Erste Aufmärsche werden von der Presse hochgeschrieben, das ganze von Rundfunk und Fernsehen mit einer Mischung aus Grusel und Neugier übergossen. Immer mehr Demonstranten nahmen teil, tausende waren es schnell, die Zahl Zehntausend wurde überschritten. Es gibt genügend Unzufriedene. In anderen Städten ging´s weiter: wiederum ein paar V-Leute, Geld, Medienrummel. Die Vorwürfe von Medien und Politik waren die gleichen wie bei den Montagsmahnwachen: Rechtsradikale und Antisemiten, Rassisten und Fremdenhasser. Da die Nazis zu den Demos mobilisierten, war das stimmig. Was die Masse der Demonstrierenden wollte oder dachte, wer wusste das? Angereichert wurde noch durch Todesdrohungen durch Antideutsche gegen den sog. Initiator Bachmann.
Und dann der Knaller: Bachmann, einer der Strippenzieher erschien im Internet als Hitlerimitator und verbreitete auf seinem Facebook-Account bösartige, rassistische Sprüche gegen Flüchtlinge. Beweis erbracht. Beweis organisiert. Die Demonstranten wurden weniger, die Nazis übernahmen und bekräftigten damit den „Beweis“. Bachmann trat erst zurück, kam dann wieder.

Im Folgenden wurden Montagsmahnwachen mit Pegida und seinen Ablegern konsequent in einen Topf geworfen. Das war’s.
Das alles wäre leicht durchschaubar gewesen, wenn es nicht die Flankierung von links gegeben hätte. Sie verlieh dem Schmierentheater Glaubwürdigkeit. Wenn Bildzeitung, Welt, Zeit, Linke und Friedensaktivisten das gleiche sagen, muss es ja stimmen. Den Friedenswinter diskreditieren mittels Montagsmahnwachen, das kann nur die Linke selber leisten.

Deshalb kommen wir jetzt zur ersten oben genannten Waffe, der Spaltung.
Auch hier stand am Beginn Jutta Ditfurth. Sie gilt als Linke. Ihr Angriff galt vordergründig Jürgen Elsässer. Sie zielte auf Elsässer, aber sie meinte die Friedensdemonstrantinnen und -demonstranten. Jürgen Elsässer hat seine politische Karriere ganz links begonnen, beim Kommunistischen Bund, er publizierte bei der linken Tageszeitung Junge Welt. Inzwischen ist sein Markenzeichen die Vermischung von linken und rechten Positionen. Er ist ein Rechter, aber kein Nazi. Ihn als „glühenden Antisemiten“ zu bezeichnen, war völlig überzogen. Wer es dennoch tut, will nicht kritisieren, sondern eine Kampagne eröffnen. Und das war dann auch der Fall. An ihr beteiligten sich Antideutsche, die sich selber als links bezeichnen, aber kaum dieser politischen Seite zugerechnet werden können, es beteiligten sich aber auch Linke aus der Partei DIE LINKE und aus der Friedensbewegung; es beteiligten sich ebenso linke Presseorgane wie das Neue Deutschland, die Junge Welt oder die linksliberale Wochenzeitung Freitag sowie die Zeitschrift konkret. In Facebook und in Blogs waren der Shitstorm kaum noch zu überschauen. Ein Grundmuster war das „In einen Topf werfen“. Pegida und Montagsmahnwachen, Elsässer und Jebsen, Pegida und Friedenswinter. Ein anderes war der Angriff auf alle, die es wagten, die Vorwürfe zu relativieren oder gar sich an den Montagsmahnwachen zu beteiligen.

Die Jungle World schrieb: „Na, von wem ist hier die Rede? Vom Pegida-Mob oder vom Mahnwachen/Friedenswinter-Mob? Von beiden! So groß ist der Unterschied nicht. Der Friedenswinter ist Pegida für Linke und Pegida die Mahnwachenbewegung für Rechte.“

Die Partei DIE LINKE fasste schnellstens Unvereinbarkeitsbeschlüsse wie seinerzeit die alte Tante SPD: Wo Montagsmahnwachen drin sind, wird von der Partei nicht finanziell unterstützt. Einzelne Linke, die sich über den Bannfluch hinwegsetzten, waren Angriffen ausgesetzt. Es traf zum Beispiel Prinz Chaos II., Pedram Shahyar, Dieter Dehm und Heike Hänsel, die bei den Mahnwachen auftauchen, sowie Friedensaktivisten wie Reiner Braun, der das Gespräch und die Zusammenarbeit suchte. Wer sich den Montagsmahnwachen, und sei es auch nur interessiert, näherte, wurde sofort angegriffen. Viele zogen den Schwanz ein. Die Unvereinbarkeitsbeschlüsse von diversen Friedensinitiativen folgten.
Nun war es ein Leichtes den Friedenswinter in aller Gemütsruhe ebenfalls fertig zu machen. Das schafften Linke ganz allein. Da mussten die Medien gar nichts mehr tun. Die ersten Erklärungen zur Nichtteilnahme am Friedenswinter von VVN bis DKP verhallten medial, aber nach innen hatten sie Wirkung. Auch Tobias Pflügers Distanzierung war sicher wirksam. Im Ergebnis war die alte , linke Friedensszene gespalten, der Friedenswinter konnte nicht die notwendige Kraft entfalten. Das Spiel der Herrschenden war aufgegangen.

2. Verschwörungen

In Deutschland ist „Verschwörungstheoretiker“ ein Schimpfwort. Warum ist das so? Und warum greift sogar die Linke auf diese Bezeichnung zurück? Auch unter Linken ist doch bekannt, dass es Verschwörungen gab und gibt. Große Verschwörungen, wie diejenige, Hitler an die Macht zu bringen. Den Tonkin-Zwischenfall, den die USA-Regierung erfand, um den Vietnamkrieg zu beginnen.

Es waren Linke, die große Verschwörungen enthüllten. Die Enthüllungen um Gladio und die Stay Behind-Truppen der NATO haben Verschwörungen gegen die Nachkriegsdemokratien in schwindelerregendem Ausmaß gezeigt. Putsche und Putschversuche in Herzen Europas waren die Taten dieser Gladios. Hätten wir das in den Siebzigern behauptet, was wäre passiert?
Verschwörungstheorien gibt es, weil es Verschwörungen gibt. Viele Verschwörungstheorien wurden im Laufe der Zeit bestätigt. Dass Terror und Staat vom gemeinsamen Teller essen und gemeinsam Leichen im Keller haben, vermutete Hannes Wader in den Siebzigern. Wer hat darüber gelacht oder den Kopf geschüttelt? Spätestens seit 9/11 versuchen die Herrschenden und ihre Medien, jene Menschen zu verleumden, lächerlich zu machen, die der viel lächerlicheren offiziellen Erklärung zu den Anschlägen eigene Recherchen entgegenstellen. Sie nennen sie Verschwörungstheoretiker.

3. Zweiter Selbstversuch einer Verschwörungstheorie

Etwas, was in Demokratien oder aufgrund des Völkerrechts nicht durchsetzbar ist, aber gewollt von Mächtigen, wird heimlich durchgezogen. Das nennt man eine Verschwörung. Es wird dazu eine Geschichte fabriziert, das ist die dazugehörige Verschwörungstheorie der Herrschenden. Das Problem an Verschwörungen ist, dass sie früher oder später auffliegen. Dann wird die bisher in Umlauf gebrachte Story, die alle Medien nachgebetet haben, in Frage gestellt und investigative Journalisten zum Beispiel arbeiten an einer neuen Geschichte. Diese werden nun von den Medien, von interessierten Kreisen, von Geheimdiensten, die in die Verschwörung verwickelt waren, ironischerweise als Verschwörungstheoretiker beschimpft. Und damit das V-Wort auch ein Schimpfwort ist oder wird, beteiligen sich die „Dienste“ im Auftrag der Oberen an der Produktion von Verschwörungstheorien, verrückten und absurden oder glaubwürdigen.

Beide Sorten kann man gut brauchen. Die glaubwürdigen, damit viele kritische Menschen, die den Oberen nicht mehr alles glauben, sich damit beschäftigen und verwirrt werden, wenn die Unglaubwürdigkeit der Theorien nachgewiesen wird und die absurden, damit man dann die Verschwörungstheoretiker öffentlich und medienwirksam lächerlich machen kann.
Ich glaube also, dass die Geheimdienste des Westens und ihre Beauftragten das Internet mit Verschwörungstheorien überschwemmen, um die wirklichen Verschwörungen unsichtbar zu machen. Darauf fallen viele rein. Auch Linke. Auch die Junge Welt.

4. Noch einmal zu den Montagsmahnwachen

Es waren ganz normale Menschen, mehrheitlich Männer. Das zeigen die Videos, die es in großer Zahl im Internet über die Montagsdemonstrationen, die sich Mahnwachen nannten, gibt. Es war der Durchschnittsbürger, der da hinging. Auch ein paar alternativ aussehende, buntere, langhaarige, auffälligen Schmuck tragende. Was sie dachten und sagten, dachten und sagten viele. Sie hatten die Nase voll. Sie wollten von den arroganten Medienfuzzis und deren Brötchengebern, den Medienmogulinnen und -moguln nicht mehr belogen werden. Sie wussten folglich, dass sie belogen wurden. Sie wussten, dass die Lüge vor allem Urständ feiert, wenn es um Krieg geht.
Sie informierten sich im Internet und vieles durchschauten sie, wenn auch nicht alles. Aber das ist kein Wunder. Wer durchschaut schon alles. Sie sahen, dass aus Putin ein Monster gemacht wurde, obwohl er sich im Ukraine-Konflikt ganz rational verhält, rationaler verhält sich kaum ein westlicher Regierungschef. Sie sahen, dass da ein Putsch stattgefunden hatte, der aber vom Westen gutgeheißen wurde. Sie sahen, dass dieser Putsch weitgehend von außen gesteuert worden war, von den Regierungen, den Stiftungen, den Geheimdiensten, dem Establishment der USA und Europas.

Sie merkten, dass die Kriegsgefahr, die in den letzten Jahrzehnten immer nur Asien und Afrika betraf, nun näherrückte. Sie wollten keinen Krieg, sie hielten Krieg für Irrsinn und sie hatten begriffen, dass die Medien und die Politik für die Propagierung dieses Irrsinns verantwortlich sind. Mehr noch: Sie erkannten, dass die Kriege nicht nur mit dem Rohstoffhunger des Westens zu tun haben, sondern mit seinem Wirtschaftssystem überhaupt, dem Kapitalismus.

Sie fingen an zu begreifen. Daran trägt die FED (3) die Schuld, sagten einige. Die FED steht für das Bankensystem. Occupy nannte das Kürzel für das Finanzkapital „Wallstreet“. Mit Lenin wissen wir, dass das Finanzkapital die Verschmelzung von Bank- und Industriekapital ist, unter der Hegemonie der Banken. Die Verquickung amerikanischen Kapitals mit Hitler und dem deutschen Faschismus ist mittlerweile gut dokumentiert, siehe z.B. „Kein Blitzkrieg ohne USA – Nicht nur die deutsche, auch die herrschende Klasse der Vereinigten Staaten liebte Hitler und verlängerte profitträchtig den Zweiten Weltkrieg“ von Werner Rügemer (4). Die Mahnwachler, die anfingen zu begreifen waren auf der richtigen Spur.

Was taten Linke? Gingen sie hin und diskutierten mit? Nein! Sie mäkelten herum, dass nur die FED genannt wurde, nannten das strukturellen Antisemitismus, angeblich, weil dort viele in den Chefetagen Juden seien. Das wisse man im Prinzip und würde Kritik an der FED nutzen, um die Juden zu treffen. Die meisten MahnwachlerInnen hatten bis dahin wahrscheinlich keinen Gedanken darauf verwandt, dass in der FED vielleicht Juden sitzen.
Es gab unter all den Rednerinnen und Rednern, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auch ganz absonderliches Gedankengut. Wie im Querschnitt der Gesellschaft auch. Allerlei Mythologisches, Spirituelles und Verschwörungstheoretisches. Wobei weder Mythologie noch Spiritualität oder Verschwörungstheorien per se absonderlich sind. Mythologien sind für das Begreifen der menschlichen Geschichte und der Ideengeschichte wichtig, Spiritualität ist für viele Menschen ein zentraler Lebensinhalt und Theorien zu Verschwörungen sind notwendig, weil es Verschwörungen gibt. Wie sich zuletzt in der Ukraine zeigte.
Warum wurden die Herrschenden nun so nervös? Ganz einfach: Als die Occupy-Bewegung über den Globus rollte, waren das viele, aber es waren die üblichen Verdächtigen. Es waren Jugendliche, junge Menschen, Linke und Alternative. Leicht marginalisierbare Leute, die man nur in ein paar gewalttätige Auseinandersetzungen verwickeln musste, und schon war der gute Ruf hin.
Occupy hatte eine eigene Kultur entwickelt. Jeder Anwesende durfte reden. Man wollte Basisdemokratie, keine Hierarchien und keine Gurus. Das Links-Rechts-Schema wurde zunehmend in Frage gestellt oder ganz abgelehnt. Herkömmliche Politik und Politiker hatten bei ihnen verspielt. Und genau diese Kultur übernahmen die Montagsmahnwachen. Occupy war bei den Normalen und Durchschnittlichen angekommen. Und nun wurde es für die dauerhafte Hegemonie der Herrschenden eng.
Und noch etwas war anders. Es waren keine Demos, die Forderungen an die Politik stellten. Es waren Versammlungen, die Leute zusammen brachten, die selber etwas ändern wollten und überlegten, wie das gehen kann.

Klaus-Peter Kurch, ein kluger Linker, der den Opablog betreibt, beschreibt, was ich nur aus der Ferne über youtube sehen konnte, sehr schön: „Ganz ähnlich erlebe ich die Situation wöchentlich auf den Montagsmahnwachen. Außerhalb gewohnter Bahnen bewegen sich Informationen zwischen den Menschen, und zugleich sind die Menschen begierig, sich mit Informationen, auch “unüblichen”, auseinanderzusetzen. Das ist ein breiter Fluss, der auch trübe Bestandteile mit sich führt. Vieles passiert doppelt und dreifach, Informationen behindern sich gegenseitig, manchmal macht sich Abstruses breit. Doch ich glaube, dass das Äußerlichkeiten sind. Das Beständige, Innere, das sich auszuprägen scheint, ist ein Prozess komplexer Informationsverarbeitung zu Kernfragen, Grundfragen, Lebensfragen der Menschen durch die eigene Initiative der Menschen. Sie sind spontan und Viele durchaus aufmüpfig in den direkten wechselseitigen Austausch gegangen. Für die modernen Götterorakel, “Massenmedien” genannt, diese “Medien” die statt Mittler zwischen den Menschen und der Welt zu sein, in Wahrheit eher Irrgartenspiegel sind, für die wird der Platz plötzlich knapp. Da geschieht, allem Anschein nach, etwas Enormes.“ Schön gesagt und gut gesagt!
Aber nur wenige Linke reagierten wie Klaus-Peter Kurch und sahen sich das ganze selber an. Zeitungs- und Blogseiten wurden vollgeschrieben von Linken, die nie persönlich bei einer Montagsmahnwache waren oder mit einem Teilnehmer oder einer Teilnehmerin gesprochen hatten.

5. Junge Welt drückt sich und entlarvt die Lüge nicht

Am 11. Oktober gelang überraschend der Schulterschluss, als Vertreterinnen und Vertreter der Montagsmahnwachen an der Aktionskonferenz der Kooperation für den Frieden in Hannover teilnahmen. Alte und neue Friedensbewegung redeten miteinander. Bis dahin war der Weg steinig. Einzelne Linke und ProtagonistInnen der traditionellen Friedensbewegung, die sich bei den Montagsdemonstrationen blicken ließen, dort gar redeten, wurden bezichtigt, Nazis auf den Leim zu gehen, Querfrontpolitik zu unterstützen, mindestens ernteten sie Kopfschütteln.

Die Wellen im linken Lager schlugen zeitweise hoch. In einer solchen Situation käme einer linken Tageszeitung wie der Jungen Welt die Rolle zu, analysierend, klärend, kommunizierend einzugreifen. Bezeichnet sich die Junge Welt doch selbst als eine Zeitung, die die Wahrheit sagt, wo andere lügen. Und diese Lügen dienen ja nicht selten der Hetze. Gegen Putin, gegen Russland, gegen die Armen, gegen Roma, gegen Muslime. Dienen auch der Kriegsvorbereitung. Der Feindbildproduktion. Und wenn die Junge Welt den Anspruch formuliert, dort die Wahrheit zu sagen, wo andere lügen, muss sie das dann nicht überall tun, wenn sie glaubwürdig sein will? Muss sie die Wahrheit nicht in allen Fragen suchen? Auch wenn es wehtut? Die TeilnehmerInnen der Montagsmahnwachen hatten im Übrigen einen ähnlichen Anspruch, nämlich die Mauer der Desinformation zu durchbrechen. Eigentlich also ein positiver Grund hin zu gehen.

Als allerdings die „Qualitätsmedien“ die Montagsmahnwachen eine Versammlung, von Spinnern, Neu-Rechten, Antisemiten und Verschwörungstheoretikern nannten, mischte die Junge Welt in diesem Chor mit. Die seltene Übereinstimmung, kam ihr nicht komisch vor. Was tat der zuständige Redakteur der Jungen Welt, Sebastian Carlens? Er gab die ganzen Vorwürfe von Ditfurth und den Mainstreammedien kritiklos und ohne den Aufwand von zusätzlicher Recherche weiter. Das war bequem vom Sessel in der Redaktion aus zu erledigen. Die Junge Welt, sonst Dokumentaristin noch des winzigsten Autonomenaufmarschs, ansässig in Berlin, große Reisekosten waren also kaum zu erwarten, hat noch nicht einmal verdeckte Aufklärer zu den Demos geschickt. Um die Ecke zum Brandenburger Tor zu gehen, war zu viel verlangt? Oder wollte man, da das Label des Antisemitismus schon angeheftet war, dort nicht gesehen werden? Ich halte das für einen möglichen Beweggrund für das Nichtdahinbewegen. Es ist natürlich feige.
Auch nachdem einige Linke neugierig geworden waren, aber auch besorgt und Kontakte aufnahmen, dort sprachen, auch in anderen Städten sprachen, änderte Sebastian Carlens seine Haltung nicht. Haben also die Leserinnen und Leser der Jungen Welt keinen Anspruch, diesbezüglich informiert zu werden?

Die Medien griffen sich einzelne Personen heraus. Die Junge Welt folgt ihnen.
Die Bundestagsabgeordnete der LINKEN, Ulla Jelpke, die ich ansonsten schätze, verging sich an Ken Jebsen. Mit einer hanebüchenen „Beweiskette“ will sie ihn des Antisemitismus überführen:
„Mit dabei ist auch der frühere RBB-Moderator Ken Jebsen (…) Jebsen musste den RBB nach bis heute nicht ganz aufgeklärten Antisemitismus-Vorwürfen verlassen. Ob diese zutreffen, kann dahingestellt bleiben – in jedem Fall vertritt der Mann Positionen, die eine antisemitische Interpretation nahelegen. So weist er bezüglich der Schuld am Zweiten Weltkrieg auf seiner Homepage darauf hin, dass »Firmen wie Shell, die damals zu 40 Prozent in jüdischem Besitz waren, 40 Millionen Reichsmark an die NSDAP spendeten«“.
Die Vorwürfe sind also nicht ganz aufgeklärt, ihre Klärung kann aber unterbleiben? Jelpke weiß natürlich um die Finanzierung der Nazis durch amerikanisches Monopolkapital und auch um deren Sympathien für den Faschismus. Sie weiß natürlich um den Aberwitz, dass mit dieser Finanzierung auch Juden den deutschen Faschismus unterstützten, weil Kapital keine nationalen, religiösen oder kulturellen Grenzen kennt, wenn es um Profit und Herrschaft geht. Auch kein eigenes Volk.
Weiter schrieb sie:
„Medienvertreter, die kritisch über ihn berichten, fordert er auf: »Würdet ihr klassisches Pay-TV anbieten, könnte man euch schon kommenden Monat keine Löhne mehr zahlen. Oder muss man sagen, fiele der Judaslohn weg.«“
Ist – Teufel nochmal – die Benutzung des Begriffs Judaslohn Beweis einer antisemitischen Gesinnung? Und dann kommt es ganz bizarr:
„Da Jebsen zudem unaufhörlich vom »Fed-Imperium« spricht, kann man das nur als Unterstellung lesen, die Medien seien jüdisch kontrolliert, um im Auftrag der (jüdischen) Federal Reserve die Welt unter Kontrolle (des Judentums) zu behalten.“
Kann man das? Ich meine nein. Auch nur wenig genaueres Hinsehen, hätte den Aberwitz dieser „Beweiskette“ gezeigt. Ginge sie noch einen Schritt weiter, sie landete bei den Antideutschen, für die Kapitalismuskritik und Kritik am US-Imperialismus „strukturell antisemitisch“ sind.

Nachdem Ulla Jelpke sich mit den Montagsmahnwachen auseinandergesetzt hatte, nicht ohne die Vorwürfe ihrerseits ungeprüft zu wiederholen, aber immerhin mit dem Ziel, jetzt eine linke Debatte zu beginnen, schob die Junge Welt einen Artikel aus der Feder von Peter Strutinsky nach, in dem dieser ohne einen einzigen Beleg behauptete, die neue Friedensbewegung sei von der NPD ins Leben gerufen. Auf welche Erkenntnisse stützte er sich dabei? Wer sind seine Zeugen? War er da? Hat er mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern gesprochen? Er führte keinerlei Belege an. Er ist Wissenschaftler. Er weiß, was er tut, wenn er etwas behauptet, ohne es zu belegen. Der Artikel strotzte von Unterstellungen und von verletzter Eitelkeit des Autors. Traute sich da eine Friedensinitiative auf die Straße, ohne die Erlaubnis der erlauchten etablierten Friedensbewegung zu erbitten!

Der Geschäftsführer der Genossenschaft Junge Welt, Dieter Koschmieder, konnte ebenso nicht an sich halten, diese neuen Friedensinitiative zu verteufeln.
Auch er arbeitete sich an Ken Jebsen ab und warf ihn mal schnell in einen Topf mit Jürgen Elsässer und Pegida. Ist das gut recherchiert? Ist das die Wahrheit? Jebsen wird mit den anderen o.g. Verdächtigen vorgeworfen, er rede dafür, das gute nationale Kapital gegen das böse ausländische verteidigen, mittels christlichem Glauben die islamische Verrohung zu bekämpfen, abendländische Werte zu vertreten und nicht links oder rechts und oben und unten zu sehen sondern nur das deutsche Volk, zu fragen, wer uns vor Fremden schütze usw. Das ist infam!
Wieder die Frage: Wo sind dafür die Belege, wo ist der Beleg für auch nur einen der Punkte? Gibt es Zitate? All das gibt es nicht. Es bleibt dabei: Jede einzelne Behauptung ist üble Verleumdung. Dass er auf das Feindbild der Mainstreammedien reinfällt, wäre noch die freundlichste Unterstellung. Es könnte auch sein, dass er einen alten, miesen, kleinen Meinungsmachertrick anwendet, nämlich einen Unliebsamen in den Sack mit anderen Wüstlingen stecken, Beschuldigungen zu nennen, die auf die anderen zutreffen und dann draufzuschlagen.

Danach war wieder Funkstille bei der JW. Dabei wäre eine Analyse der Bewegung notwendig und hilfreich gewesen und für die Junge Welt auch nicht so sehr aufwändig. Am anderen Ende der Republik sitzend war es mir zumindest möglich, über die von den Versammlungen eingestellten Videos einen guten Eindruck davon zu erlangen, was sich dort abspielte. Natürlich waren da seltsame Gestalten dabei. Aber war das in den Achtzigern bei der damaligen Friedensbewegung nicht auch so? Wenn wir das damals abgeblasen hätten wegen der Esoteriker, der Spinner, der Rechten, hätte es eine große Friedensbewegung nicht gegeben. Da waren Generäle dabei. Mechtersheimer war eine zentrale Person in der Bewegung. Hat er sich wirklich erst danach als einer vom rechten Rand erwiesen?
Zurück zu den Mahnwachen. Ein soziologischer Schnelltest erbrachte kurz darauf, dass das ganze Geunke von der Nazi-Friedensbewegung wohl Quatsch war. Die Mehrheit der TeilnehmerInnen verortete sich eher links. Das wurde von der Jungen Welt etwas pikiert zur Kenntnis genommen, aber Konsequenzen wurden keine gezogen.
Zweidrittel bis dreiviertel der Deutschen sind gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr und für eine friedliche Politik. Da sind die nicht deutschen Menschen, die bei uns leben, noch gar nicht gerechnet. Die Junge Welt und andere Linke räsonierten jahrelang darüber, dass diese Friedensfreunde sich leider, leider nicht mobilisieren ließen. Das war offenbar Quatsch. Der Linken und der linken Friedensbewegung gelang es nicht, diese Leute zu mobilisieren. Dass sie mobilisierbar waren, haben die Montagsmahnwachen gezeigt. Offenbar waren einige Leute darüber so beleidigt, dass sie lieber in den Chor der Medien einfielen, als sich freuen zu können, dass es Bewegung gibt und dass man reden kann. Nein. Selbst die Junge Welt sprach von „Wutbürgern“. Geht’s noch?

Wich die Skepsis, als TeilnehmerInnen der Montagsmahnwachen und Teile der Friedensbewegung zum Friedenswinter mobilisierten? Machte der verantwortliche Redakteur Sebastian Carlens sich kundig? Wieder nicht! In der Schmollecke in der Redaktionsstube saß er und produzierte ein „manipulatives Traktat“ (Rainer Rupp) und nannte es „Formierte Gegenaufklärung“. Rupps Bezeichnung „manipulativ“ trifft das Wesen des Artikels gut. Sein lang geratener Einstieg ins Thema suggeriert marxistische Analyse. Ohne dass er den Leuten der Mahnwachen etwas konkretes nachsagen kann, außer dass sie die Fed verantwortlich machen für die Kriegsgefahr, spannt er einen suggestiven Bogen vom Friedenswinter über Pegida und Afd zu angeblich „neuen Inflationsheiligen“. Da gehört Elsässer dazu, dessen rechtsradikale Gesinnung wird genutzt, um auch Jebsen zu entlarven, auch diesmal ohne einen konkreten Vorwurf.

Der Artikel erschien in der gleichen Ausgabe, wie ein Interview mit Monty Schädel, in dem dieser in der gleichen Art wie Carlens ohne Beweise die Montagsmahnwachenleute zum rechten Rand erklärt. Eine Breitseite der Jungen Welt gegen den Friedenswinter also. Schädel ist Vorsitzender der DFG/VK. Auf seiner Website steht geschrieben, er habe mit anderen Aktivisten zusammen die Proteste gegen den G8-Gipfel in, Heiligendamm organisiert. Hört sich etwas überheblich an. Dass Schädel im besten Falle ein Sempliciotto, im schlechteren Falle ein übler Provokateur ist, zeigt er, wenn er in dem Interview skandalisiert, der Journalist Ken Jebsen teile alle Meinungen seiner Interviewpartner von weit rechts bis weit links. Er findet, die Friedensbewegung solle sich wieder auf ihre bewährten Strukturen stützen und den „Friedenswinter“ beenden. Und das, obwohl er zugibt, in der Ukraine-Frage habe die Friedensbewegung versagt. Er sagt das so dahin, dabei handelt es sich um den für den Frieden in Europa gefährlichsten Konflikt gegenwärtig. Da hat die Friedensbewegung halt mal versagt. Und wenn die Montagsmahnwachen nicht stattgefunden hätten? Dann wäre es bei diesem Versagen geblieben, nicht wahr?
Der Friedenswinter habe mit der Friedensbewegung, wie er sie kenne, nichts zu tun, teilt der Ossi Schädel mit. Ja eben, die alte große, starke, breite Friedensbewegung, in der alle politischen Meinungen und Haltungen außer faschistischen willkommen waren, eine ohne Gesinnungsprüfung für die, die mitmachen wollten, eine die auch Militärs willkommen hieß und Kapitalisten, das kann sich Schädel nicht vorstellen. Weil er sich nicht vorstellen kann, was er nicht selber erlebt hat? Wahrscheinlich kann er nur eine Friedensbewegung gut finden, die ihm selber ein Podium ohne Konkurrenz für seine Selbstdarstellung bietet.
Reiner Rupp, der den Skandal dieser JW-Ausgabe benannte, wurde abgefertigt, seine Aufforderung, eine breite Debatte in der Jungen Welt zu führen, kaltschnäuzig abgelehnt. Dagegen darf ein Leander Sukov einen „Debattenbeitrag“ leisten – in welcher Debatte? And who the hell is Leander Sukov? Doch nicht der mit der angeblich „wuchtigen Sprache“? Und was hat nun ausgerechnet Leander Sukov befähigt, diese Zusammenfassung zu schreiben? Vielleicht eine Auftragsarbeit weil er Geld brauchte. Der Beitrag ist weniger als eine schmalbrüstige Zusammenfassung aller Vorurteile, die in der JW bereits serviert wurden.
Das alles Revue passieren lassend, könnte man auf eine neue Verschwörungstheorie kommen: Die Junge Welt ist vom Gegner gekapert.

6. Zum Schluss

In der Jungen Welt ist der Zustand von Teilen der Linken abgebildet, jener Linken, die sich radikal oder marxistisch oder kommunistisch oder alles gleichzeitig wähnen. Kennzeichnend für diese Linke ist, dass sie gesellschaftlich isoliert ist. Dies führt sie selber gerne auf den noch immer wirkenden Antikommunismus und die Linkenhatz zurück. Aber der Antikommunismus hat viel von seiner Wirkung verloren, nicht nur bei jungen Menschen. Die radikale Linke betreibt vielmehr eine sehr effiziente Selbstisolierung. Sie wirkt nach außen unattraktiv. Attraktivität ist aber Teil der Fähigkeit, eine Gegenhegemonie gegen die neoliberalen Machteliten aufzubauen. Die radikale Linke aber ist abgeschottet von der Gesellschaft, zerstritten, misstrauisch, gibt sich elitär und teilweise rückwärtsgewandt, ist voller Vorurteile und wahrscheinlich durchsetzt von Agenten. Sie bietet reichlich Platz für Selbstdarsteller, Wichtigtuer, Halbgebildete und Looser, die sich durch ihr Dabeisein Bedeutung zu geben versuchen. Die Linke hat kein Charisma und sie findet das noch nicht einmal traurig. Sie sind stattdessen gerne graue Mäuse, Hauptsache, sie haben Recht.

Die Selbstisolation hat Folgen. Von Veränderungen in der Gesellschaft, die sich unter der Oberfläche vollziehen, bekommen sie nichts mit. Sie bemerken nicht, dass die Hegemoniefähigkeit der herrschenden neoliberalen Machteliten schwindet. Dass der gesellschaftliche Konsens brüchig wird. Dass die Menschen anfangen, selber zu denken, dass diese überall spürbare Aufmüpfigkeit Ausdruck von sich ändernden Verhältnissen ist. Es gibt einen Trend zur Selbstermächtigung. Immer mehr Menschen nehmen wahr, dass ihre Interessen, die Interessen der Mehrheit, von den Herrschenden ignoriert werden, was sich auch in sinkenden Wahlbeteiligungen äußert. Die radikale Linke hingegen lässt sich von 70 Prozent Zustimmung für Schäuble und Merkel in Umfragen blenden, obwohl sie um den Schwindel mit Umfragen weiß und übt sich lieber in Publikumsbeschimpfungen, als dass sie ihre Wichtigtuerecke verließe.
Und so hält sie die Gesellschaft auch nicht für würdig, dass sie ihr Vorschläge macht. Sie macht keine Angebote an jene Menschen, deren Misstrauen in den Kapitalismus wächst. Sie formuliert keine Zukunftsinteressen und -forderungen. Wo in der ach so radikalen Linken diskutiert jemand über den Ausweg aus dem Kapitalismus und wie es in Richtung Sozialismus gehen könnte?

Ein weiteres Beispiel: Wo ist die linke Politik für die EU? Wieso wird nicht die Solidarität derer propagiert, die gezwungen sind, vom Verkauf ihrer Arbeitskraft zu leben? Wo wird von dem Gewinn berichtet, wenn man zusammenhält? Und zwar unabhängig davon, ob man nun raus aus der EU will oder drinbleiben oder für die Auflösung ist.
Weil die Menschen in Deutschland keine Zukunftsvorstellungen, keine Kämpfe mit der Linken verbinden, sind einige leichte Opfer für Rattenfänger von rechts, für Pegida, Nazis, Rechtspopulisten, Salafisten, fundamentalistische religiöse Sekten, Männlichkeitswahn und Chauvinismus.
Der Kampf für eine bessere Welt beginnt mit dem Kampf gegen die kulturelle und ideologische Hegemonie des Finanzkapitalismus und das ist der Kampf um die Köpfe und Herzen der Menschen.
„Wenn wir es nicht schaffen, all dies zu thematisieren, wird es die Rechte übernehmen.“ (Oskar Lafontaine)

1 http://www.rationalgalerie.de/schmock/junge-welt.html
2 Wie sich gerade zeigt, erhält die Bewegung gegen Stuttgart 21 erneuten Schwung durch die Ergebnisse der Recherchen eines Journalisten.
3 Federal Reserve Bank; US-amerikanische Notenbank
4 http://www.jungewelt.de/2014/04-28/005.php

* Christel Buchinger, Jahrgang 1954, Dipl. Biologin. Lebt und arbeitet zu Feminismus, Medien und Geschlechterverhältnissen im Saarland.

Aus der Diskussion:

Am 03. September 2015 schrieb Thomas Immanuel Steinberg:

Die junge Welt als Veranstalter der Rosa-Luxemburg-Konferenz in der Berliner Urania im Januar 2015 hat Ken Jebsen Hausverbot erteilt. Die an Abstrusität nicht zu überbietende Begründung dafür lieferte der Verlagsleiter des 8.-Mai-Verlags, Peter Borak: Jebsen nutze junge-Welt-Veranstaltungen für das Abwerben von Interviewpartnern.

Hinter Verbot, Begründung und Verlagsleiter steht Dietmar Koschmieder, dem der Verlag zu 48% gehört. Er sorgt mit seiner Minderheitsbeteiligung dafür, dass Menschen wie Sebastian Carlens der jungen Welt den Ast absägen, auf dem sie sitzt. Gegen Koschmieder werden sich Redaktion, freie Mitarbeiter und Genossenschaft nicht durchsetzen können. Ich habe daher meine Mitgliedschaft gekündigt.