Extrem wachsende Ungleichheit zerstört die Demokratie (Albrecht Müller)

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

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Aus den NachDenkSeiten: https://www.nachdenkseiten.de/?p=61257

Der französische Ökonom Thomas Piketty spricht von einem Ungleichheitsregime. Das ist zwar ein sperriger Begriff.
Aber es ist klar, was Piketty meint. Er beschreibt die Verschlechterung des Zustands so: Vor 10 Jahren hatten die Spitzenmilliardräe jeweils rund 30 Milliarden, 5 Jahre vorher ca. 5 Milliarden, heute haben sie jeweils rund 100 Milliarden.
Dieser Zuwachs kommt nicht von irgendwoher. Das Vermögen fehlt dem großen Rest*).  90% halten nur ca. 20% des gesamten Vermögens. Ein Prozent verfügt über etwa die Hälfte. Die Vermögensverteilung verbesserte sich zwischen 1900 und 1980. Dann gab es einen Bruch. Dieser markiert den Beginn der Herrschaft der neoliberalen Ideologie. Auf diesen himmelschreienden Zustand antwortet Piketty zum Beispiel mit dem Vorschlag, die Reichsten müssten bis zu 90% ihres Vermögens abgeben. Andere antworten mit der „Weder-links-noch-rechts-Therapie“? Wer will, kann das tun. Ich sehe das anders. Aber über die beiden Begriffe sollten wir nicht weiter streiten.

Piketty_Kapital_IdeologieIm schweizerischen Rundfunk SRF Kultur interviewte Yves Bossart am 30. Mrz fast eine Stunde lang den französischen Ökonomen und Autor. Anlass war sein neuestes Buch mit dem Titel Kapital und Ideologie. Das Thema der Sendung: Thomas Piketty: Ungleichheit zerstört die Demokratie. Es ist gut, dass dies auch ein so kundiger und prominenter Ökonom und politischer Mensch sagt.

Es lohnt sich, diese Sendung https://www.youtube.com/watch?v=8WderB3_kuA anzusehen, wenn man unsere Lage erkennen und Handlungsmöglichkeiten kennenlernen will. Es lohnt sich, auch wenn man nicht allem zustimmen kann, was Piketty sagt.

10 darauf bauende und anschlieende Beobachtungen zur Verteilungslage und zu den Konsequenzen:

  1. Die Verteilung von Vermögen und Einkommen ist skandalös schlecht. Sie ist jenseits jeder Verhältnismäßigkeit.
  2. Die Vermögensverteilung war im 19. Jahrhundert und bis 1914 noch schlimmer. Zwischen 1900 und 1980, insbesondere zwischen 1930 und 1980 wurde die Verteilung etwas gerechter, etwas weniger skandalös. Siehe die folgende Abbildung von SRF auf der Basis der Arbeiten von Piketty.
  3. Ungefähr 1980 kam der Bruch. Die Vermögensverteilung wurde schlechter, in Europa, in den USA noch markanter. Dort nähert sich der Zustand sogar schon wieder der Lage in der Zeit der Jahrhundertwende vom 19. in das 20. Jahrhundert.
  4. Die Ära um 1980 war die Zeit der Machtübernahme durch Reagan und Thatcher. In Deutschland ist diese Zeit verbunden mit dem Regierungswechsel von Schmidt zu Kohl, auf der Ebene darunter bestimmt von Otto Graf Lambsdorff und Hans Tietmeyer und von der Deutschen Bundesbank. Festhalten sollte man um der historischen Genauigkeit Willen noch, dass die neoliberale Ideologie in Chile schon 1973 gesiegt hatte. Die Chicago-Schule siegte mithilfe des Diktators Pinochet. Ein Omen bis heute.
  5. Die Ungleichheit der Einkommensverteilung ist eine wichtige Basis der Verschlimmerung der Vermögensverteilung. Die folgende Grafik aus dem neuen Buch von Piketty zeigt den Anteil des oberen 10 % der Einkommensbezieher am Nationaleinkommen. Die Veränderungen sind im Text unter der Abbildung beschrieben. Auch hier ist die Entwicklung in den USA noch schlechter als in Europa.
    Piketty weist im Interview etwa bei Minute 13:15 auf die konkrete aktuelle Situation hin. Hohe Vermögen erzielen aufgrund ihrer besseren Anlagemöglichkeiten einschlielich der Steuervermeidung 7, 8 oder gar 9 % Kapitalrendite real. Wer 5000€ anlegt, bekommt nichts.
  6. Der zweite wichtige Faktor für die Verschlechterung (oder Verbesserung) der Vermögensverteilung ist die Steuerpolitik. Die Verbesserung zwischen 1930 und 1980 ist von einer progressiven Einkommensteuer und wirksameren Erbschafts- und Vermögensteuern mitbewirkt worden.
    Die Spitzensteuersätze der Einkommensteuer zum Beispiel lagen in der Phase der Verbesserung der Verhältnisse zwischen 1930 und 1980 in allen vier beobachteten Ländern deutlich über dem Satz von heute. In den USA bei 81 %, in Deutschland ber 50 %.
    Die progressive Einkommensbesteuerung erreichte in der Mitte des letzten Jahrhunderts ihren Hhepunkt. Bei uns nennt man diese Phase Wirtschaftswunder.
  7. Anders als die Verfechter der Ungleichheit mit ihrer sogenannten Trickle-Down-Theorie, auf Deutsch: Pferdeäpfeltheorie, erzählen, ist Ungleichheit nicht produktiv. **) Gesellschaften mit einer gerechteren Verteilung von Vermögen und Einkommen sind produktiver.
    Das zeige, so Piketty, die von ihm untersuchte Geschichte der Einkommens- und Vermögensverteilung. Zur Erläuterung: Die Pferdeäpfeltheorie heißt so, weil ihre Verfechter unterstellen: Wenn man die Pferde ordentlich füttere, dann bliebe auch noch für die Spatzen reichlich ber.
  8. Die Gefahren, die von einer maßlos ungleichen Verteilung der Vermögen und Einkommen für die Existenz und Lebensfähigkeit demokratischer Verhältnisse ausgehen, sind vielfältiger Art.
    Zum Beispiel: Superreiche bestimmen die Politik direkt. Sie betreiben gut ausgestattet Lobbyarbeit und sie machen Meinung. Ich erinnere an eine von fnf Beobachtungen, die am Anfang meines Buches Meinungsmache so formuliert ist:

    Wer über viel Geld und/oder publizistische Macht verfügt, kann die politischen Entscheidungen massiv beeinflussen.

    Die Richtigkeit dieser Feststellung können wir immer wieder beobachten. Piketty hat diese Gefahr nach meiner Einschätzung nicht richtig und nicht vollständig erkannt. Aber das mindert die Klarheit seiner Aussagen nicht.

  9. Ungleichheit ist ein soziales und ein großes politisches Problem. Es geht an die Substanz. Der Begriff Ungleichheitsregime kennzeichnet diese Gefahr recht gut. Sprechen wir also künftig bitte nicht von „Westlicher Wertegemeinschaft“, sondern von Ungleichheitsregime, wenn wir unsere so wunderbare Welt mit den sogenannten autokratischen oder totalitären Regimen vergleichen.
  10. Was heißt dies für die politische Programmatik des nächsten Jahrzehnts:
    Freiheit und Machtkontrolle verlangen den Kampf gegen Ungleichheit. Piketty bringt in seinem Buch wie auch in dem oben verlinkten Video einige Vorschläge zur Korrektur der Vermögensverteilung (etwa ab Minute 36:00): Stark progressive Steuern auf Einkommen, Vermgen und Erbschaften. Mitbestimmung. Eigentum neu denken. Eigentum auf Zeit.Das sind Vorschläge für ein Parteiprogramm, die zu besprechen sich lohnen.Wie man die praktische Politik zur Brechung des Ungleichheitsregimes dann in der Begriffswelt der politischen Geographie nennt, das mag jede und jeder selbst entscheiden.

Nachtrag: Jens Berger hat in seinem früheren Buch „Wem gehört Deutschland “ wichtige Erkenntnisse zum Thema, vor allem bezogen auf Deutschland, veröffentlicht; auch sein neues Buch Wer schützt die Welt vor den Finanzkonzernen enthält wichtige Daten und Gedanken zum Thema.

*:Siehe dazu auch https://josopon.wordpress.com/2019/05/05/die-grose-umverteilung-warum-haben-sich-aktienkurse-und-warenproduktion-entkoppelt/
Die dort beschriebenen Vorgehensweisen sollen jetzt unter dem Druck der Unternehmer und dem Schweigen der Gewerkschaften in der Corona-Krise erneut angewendet werden: Um die Arbeitskosten zu senken, bauten EU-Länder in den vergangenen Jahren Arbeitnehmerrechte ab. Sie schwächten den Kündigungsschutz, ersetzten Vollzeit- durch Teilzeitjobs, senkten Mindestlöhne und Arbeitslosenunterstützung.

**: Dazu Ulrich Schneider hier: https://josopon.wordpress.com/2017/02/16/wohlstand-fur-alle-mit-dem-leistungsbegriff-belugen-wir-uns-gleich-doppelt/
„Und es sind die Reichen, die ihren Reichtum begründen müssen, es sind die Topmanager, die sich – auch moralisch – zu rechtfertigen haben für ihre Supergehälter gegenüber ihren Arbeitern, die mit einem kleinen Bruchteil deren Gehalts nach Hause gehen müssen.
Es sind die Erben, die sich rechtfertigen müssen dafür, dass sie das Privileg des Erbes genießen, und dafür nicht einmal ernsthaft Steuern zahlen müssen.“

Nachtrag: Hier gibt es aktuelle Leserbriefe zum Artikel: https://www.nachdenkseiten.de/?p=61377
Aber ich freue mich besonders, wenn ihr HIER unten kommentiert !

Die Sonne scheint noch für lau ! Gruß von Langeoog !

Jochen

8.Mai 2015 – 70 Jahre Frieden, Fragezeichen !?

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Hier dokumentieren wir eine sehr bewegende Rede des ehemaligen Ortsvorsitzenden der Nördlinger Linken, Heiner Holl, OStR.a.D.
Leider fand er heute keine Gelegenheit, sie öffentlich zu halten.

H_HollEin längerer – keineswegs vollständiger und subjektiver – Rückblick erscheint mir notwendig, vielleicht wissen vor allem die Jüngeren hier nicht viel davon, in unseren Schulen kommt sowas – warum wohl? – leider viel zu wenig vor. Es gab nämlich nicht nur Afghanistan, Iraq, Syrien, Libyen usw, sondern leider ununterbrochen Krieg seit dem Krieg, dessen Ende wir heute feiern.

 Schon ab August 1945 wurden knapp Überlebende wie Ralph Giordano geschockt mit der Forderung, die Verbrechen doch bitte zu vergessen, Schlußstrich sei nötig, eine Haltung, die sich bis heute hält, aber heute hat das Grauen ja schließlich Horror-Unterhaltungs-Wert, heute kann man die Gräuel auspacken, die Schuldigen sind schließlich so gut wie alle tot.
Von den knapp 7000 Tätern allein in Auschwitz sind noch nicht mal 100 vor Gericht gekommen, es waren angeblich ja selbst nur Opfer der Oberverbrecher, die die unmenschlichen Befehle gaben, die sie angeblich unter Lebensgefahr auszuführen hatten.
Die allermeisten Nazis konnten nach einer Schamfrist wieder ihre alten Stellungen einnehmen, als Lehrer, Richter, in der öffentlichen Verwaltung, als Wirtschaftsführer, später beim Militär usw, es ging ja schließlich darum, die Welt vor linken Ideen zu bewahren, da kommen natürlich alte Nazis grad recht.
Überlebende Roma und Sinti mußten nach dem Krieg bei den gleichen Leuten Anträge usw stellen, die sie in die KZs und die Vernichtung getrieben hatten.
Tja, wenn fast ein ganzes Volk bis zum bitteren Ende fest hinter dem Führer stand, dann hat man ein Problem. Danach wars keiner, keiner hat was gewußt, alle haben nur Befehle ausgeführt, so einfach ist das.
Als Widerstand werden auch heute noch vor allem die adeligen Militaristen wie Stauffenberg – durchaus berechtigt – gefeiert, aber die die schon lange vor 33 die Katastrophe des Nazismus heraufkommen sahen, nämlich Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter, Linke halt, kommen kaum vor, die haben ja keine Bomben gezündet, außer dem den Linken nahestehenden Georg Elser, dessen Attentat man noch jahrzehntelang nach dem Krieg als Terrorismus behandelte.

Heute zünden die Nazis wieder ihre Bomben, die auf dem rechten Auge sehbehinderten Behörden haben Schwierigkeiten, beim Oktoberfestattentat oder dem NSU einen rechtsrakikalen Zusammenhang zu erkennen, Hintermänner gibt es angeblich überhaupt nicht.
Das ist leider die Lage, heute. Und um heute geht es schließlich.

 Deshalb zur Situation in der Welt damals:

 Mit der A-Bombe auf Hiroshima begann der Kalte Krieg, die lückenlose Fortsetzung des heißen Kriegs. Gleich zwei mußte man einsetzen, um den Bolschewiken in ihrem von den deutschen Angreifern total zerstörten Land zu zeigen, wo der Hammer hängt. Als Bundesgenossen gegen Nazi-Deutschland waren sie noch recht.

In China gings auch lückenlos weiter, die faschistoiden Nationalchinesen heute auf Taiwan werden bis heute von den USA unterstützt, ab 1849 gibt es eine Volksrepublik China, die unter unvorstellbaren Opfern erkämpft wurde.

1950 bis 53 kam der Koreakrieg, weil der Norden die Wiedervereinigung des unschuldig geteilten Landes wollte. Dieser – vergessene – Krieg stellt alles vorher an Grausamkeit und Schrecken in den Schatten, sogar den Vietnamkrieg gegen ein Bauernvolk 65 bis 75. Es wurde mit Atombomben gedroht, nur die Tatsache, daß seit 1949 auch sie SU die Bombe hatte, hat dies verhindert.  *)

Ebenso gings in „Indochina“, wie die Franzosen ihre Kolonie dort nannten, weiter mit Vietnam, das nach der vernichtenden Niederlage der Kolonialmacht 54 in Dien-Bien-Phu völlig unschuldig am Weltkrieg in Nord- und Südvietnam geteilt wurde.

In Europa wurden mit USA-CIA-Unterstützung linke Regierungen z.B. in Italien und – sogar unter Bürgerkriegsbedingungen – in Griechenland verhindert, dort von 1967 bis 74 sogar eine faschistische Diktatur eingerichtet.

Der Horror-Krieg in Algerien 54 bis 62 durch die Kolonialmacht Frankreich darf auch nicht vergessen werden. Ebenso wie die vielen Unabhängigkeitskriege vor allem in Afrika.

In den USA setzte sich der Antikommunismus in besonders absurder Hexenjagdform durch: McCarthyismus, sogar Chaplin und Brecht mußten auswandern.
Vor dem Krieg gab es starke kommunstische und sozialistische Parteien in den USA.

In Europa ging es darum, Deutschland als Bollwerk gegen den Kommunismus auszubauen, Marshallplan und Londoner Schuldenabkommen schoben das „Wirtschaftswunder“ an, die gegen massive Widerstände im Volk durchgesetzte erneute Militarisierung Westdeutschlands war wohl der Preis.
Denn nachdem die EVG 1954 durch Frankreich zum Scheitern gebracht worden war, trat die BRD 1955 der 49 als Militärbündnis gegen den Feind im Osten gegründeten NATO bei. Und genau das wollte die UdSSR unbedingt verhindern. Stalin hat 1952 massiv darauf gedrungen, daß Deutschland wieder vereinigt wird, unter der einzigen Bedingung, daß es nicht der Nato beitritt, Demokratie, Kapitalismus, sogar Militär waren kein Hindernis.
Die angeblich so doofen Österreicher haben diese Chance ergriffen, wurden 1955 wiedervereinigt, die Sowjettruppen zogen sich aus der SBZ zurück, die mitten in der SBZ liegende Vier-Sektoren-Stadt Wien blieb Hauptstadt.
Genau das hätten wir auch haben können, Adenauer wollte nicht, die dann entlang der Grenze in Deutschland auf beiden Seiten stationierten Truppenmassen mit Atombomben haben mehrfach zu Kriegsanlässen geführt, aber „uns geht es ja gut“, wie unsere Kanzlerin, die Unübertreffliche, sagt.
Den Österreichern gehts aber irgendwie besser, möcht ich meinen, die konnten sich die Wiedervereinigungskosten und Kriegsgefahren sparen, so blöd sind die anscheindend doch nicht. Die Gründung des Warschauer Pakts kam übrigens unmittelbar nach dem NATO-Beitritt der BRD, so viel Angst hatten die Russen vor den Deutschen.

Alleine die Tatsache, daß der Krieg in Europa heute vor 70 Jahre sein Ende fand, hat Deutschland vor dem Einsatz der A-Bombe verschont, die erst im Juli 45 einsetzbereit war.

Castro 1959 kam in Kuba Fidel Castro an die Macht, der zunächst mit dem Kommunismus kaum was am Hut hatte. Als er aber erfahren mußte, wie die USA – auch mit massiven terroristischen Aktionen – auf die kubanische Revolution reagierten, wandte er sich an die UdSSR unter Chruschtschow um Unterstützung und steuerte eine Wende zum Sozialismus an. April 61 kam die von der CIA gesponserte Invasion an der „Schweinebucht“, ein Jahr später die sog. „Kuba-Raketen-Krise“ mit der leider nur zu glaubwürdigen Drohung des ach so beliebten Präsidenten Kennedy, A-Waffen einzusetzen. Russische U-Boote waren auch mit A-Waffen unterwegs.

Und das war nicht das einzige Mal, wo die Welt ganz knapp am A-Krieg vorbeischrammte. Als Reagan ab 1981 die UdSSR gezielt mit Aufrüstung und Wirtschaftsdruck niederzuringen begann, passierte 1983 „Able Archer“, das war vielleicht das Knappste, wo wirklich fast gar nichts gefehlt hätte. Im gleichen Jahr wurden in Deutschland die Pershings aufgestellt, die unser Super-Kanzler Schmidt unbedingt auch gegen den massiven Volkswillen (hunderttausende bei mehreren Demonstrationen ab 81) haben wollte, Nachrüstung nannte man das. Tja, wenn man idiotische Militärdokrinen aufstellt, die man dann auch noch „verrückt“ nennt, nämlich „MAD“, dann muß man sich halt auf sein „luck“, also Glück im Kriegsspiel, verlassen, wie dies McNamara, immerhin Kriegsminister der USA ausdrückte.

 August 1961 fand die DDR-Führung und die UdSSR, die Destabilisierung durch das offene Berlin, sei existenzgefährdend für den gesamten Ostblock, aus deren Sicht durchaus nachvollziehbar, so hart die Mauer die Berliner getroffen hat. Immerhin sagte damals der unbestreitbare Durchblicker Sebastian Haffner, daß mit der Mauer endlich in Mitteleuropa die Kriegsgefahr gebannt sei. Bemerkenswert, finde ich.

Dann kam der 11. September, aber nicht der 11. September 2001 sondern 1973 in Chile. Unterstützt und gesteuert von der CIA, also den USA, wurde der 1970 demokratisch gewählte Präsident Chiles. S.Allende, mit Flugzeugangriffen und Militäreinsatz gestürzt und verlor sein Leben. Eine faschistische Diktatur mit tausenden von Morden unter Pinochet wurde eingerichtet, ebenso wie vorher und nachher in vielen anderen lateinamerikanischen Ländern (auch Griechenland) nach der von Naomi Klein so brillant beschriebenen „Schock-Strategie“, die man auf USA-Linie brachte, so einen „Ausrutscher“ wie Kuba wollte man nicht noch mal hinnehmen müssen.

Die Ostpolitik Brandts 1966 -74, auf die der Ostblock sehr gern einging, brachte endlich eine Beruhigung, trotz des gleichzeitig laufenden mörderischen Vietnamkriegs.

 1979 wurde der Busenfreund der Amis, der Schah von Persien, ein anti-demokratischer Despot, den man schon 1953 mit CIA-Hilfe an die Macht geputscht hatte, zum Teufel gejagt, da mußte Ersatz her. Afghanistan war da gleich daneben und dort hatten sich Moskau-Freunde breit gemacht. Aber Chomeini, das ging schon gar nicht. So hat man den Busenfreund Saddam Hussein dazu gebracht, den Iran zu überfallen, war ja nur ein Krieg über 8 Jahre von 1980 bis 88, mit hunderttausenden an Toten, Giftgaseinsatz usw. Ohne Ergebnis übrigens. Aber beide Länder waren sehr geschwächt, was auch willkommen war.

 Zu Afghanistan: Also nichts wie hin und dieses Land destabilisieren, was die UdSSR wiederum als Bedrohung empfand und Ende 79 der angeknacksten Regierung militärisch zu Hilfe kam. Es hatte sich ein neuer US-Busenfreund gefunden, dem diese Linken – und die Russen schon gar nicht – auch nicht paßten, der Saudi-Araber Osama Bin Laden, der massivst von den USA unterstützt wurde. Über 100.000 junge Muslime aus meist arabischen Ländern wurden von den USA nach Pakistan geflogen, von Osama mit amerikanischen Waffen nach Afghanistan gebracht und dort zur Russenbekämpfung eingesetzt, viele tausend Tote natürlich, Aufbau der Taliban, Rückzug der Russen 89 und dann übelster Bürgerkrieg mit noch schlimmeren Opfern und Zerstörungen als vorher. Und heute: massenhafte Drohnenmorde durch den Friedensnobelpreisträger Obama, fast weltweit. Friede?

 Nach dem Ende der SU fanden bestimmte Kreise nicht nur in Yugoslawien, daß die Serben (die hatten im 2. WK unter Tito die Deutschen besiegt) die ganz Bösen seien, und Kroatien und Slowenien (die hatten unter Hitler ein faschistisches Satellitenregime, hunderttausende Serben waren abgeschlachtet worden) sagten sich von der Bundesrepublik Yugoslawien los. Was fiel darauf dem ach so beliebten Außenminister der BRD Genscher ein , –  die BRD inzwischen wiedervereinigt unter extrem hohen Kosten, zu Lasten der kleinen Leute, zum Nutzen der Reichen, was sonst? – na, bingo, die sofortige Anerkennung als unabhängige Staaten, der Balkan-Krieg war erfolgreich eröffnet. Srebrenica und später Kosovo 99, wo die neue Schröder-Fischer Regierung nach Ausschaltung von Oskar Lafontaine unbedingt mitmischen wollte und so geschah es. Die Nato, als Verteidigungsbündnis geschaffen, war reichlich überflüssig geworden, genau 50 Jahre alt, da brauchte man einen Sieg.
Seit dem ist die Nato überall auf der Welt zugange, denn die Sicherheit der BRD wird ja am Hindukusch verteidigt (Struck), wie schon der Ex-Nazi und CDU-Kanzler Kiesinger in den 60er Jahren so treffend bemerkte: „die Freiheit Berlins wird in Vietnam verteidigt“.

Und seit dem Ende der UdSSR schiebt man die Drohkulisse mit NATO und EU bis vor die Tore St. Petersburgs und wundert sich, daß sich die Russen mulmig fühlen.
Und nebenbei ruiniert unsere Regierung ganz Europa mit ihrer abwegigen Austeritätspolitik.

Mit dem 11. September 2001 waren alle Schleusen offen, es galt nur noch die unverbrüchliche Nibelungentreue eines Kanzlers Schröder, Osama fiel in Ungnade, Kriege in Afghanistan, Iraq, Libyen, Syrien, Terroristen allenthalben, die durch die angebliche Anti- Terror-Politik erst erzeugt worden waren. Das ist ja alles bestens bekannt.

Die heutigen Hauptkriege aber, die oft noch nicht mal als solche bemerkt werden, möchte ich doch herausstellen:

  1. Der Krieg Reich gegen Arm, der speziell seit der erfolgreichen Einführung des Neoliberalismus in den 80ern seinen Lauf nimmt, wie der Superreiche Warren Buffet sagt: Wir haben einen Klassenkampf, den Kampf der Reichen gegen die Armen, und die Reichen sind dabei ihn zu gewinnen. Sozialabbau, Lohndrückerei, Privatisierung, Deregulierung und Militarisierung heißen die Sturmgeschütze, die Real-Einkommen der abhängig Beschäftigten steigen seit ca. 30 Jahren nicht mehr, jeglicher Zuwachs in praktisch allen entwickelten Ländern landet bei den Reichen, die selbstredend die Macht innehaben, Demokratie ist bestenfalls ein Feigenblatt, leider, wir könnten Demokratie haben, aber genau die, die noch am meisten unter diesen Attacken zu leiden haben, gehen zu einem erheblichen Teil noch nicht mal mehr zum Wählen.
  2. Der zweite große Krieg, nämlich der Krieg gegen die Köpfe, den Durchblick, die Kritik ist mindestens so bedeutsam. Der läuft natürlich schon seit Jahrtausenden, so erfolgreich wie heute aber noch nie. Gesteuert von den Geld- und Macht-Eliten mit ihren Super-Waffen der Medien, die man heute nicht mehr zwangsweise gleichschalten muß, das machen die freiwillig. Fernsehen, Hörfunk, Zeitungen, auch leider Schulen usw haben es weitgehend geschafft, daß die übergroße Mehrheit glaubt, was ihr vorgesetzt wird. Und damit das auch durchgehend klappt, wird durch immer engermaschigere Überwachung sichergestellt, daß nur ja niemand auf so dumme Gedanken kommt, wie: das kann ja wohl alles nicht wahr sein, da müßte man was dagegen tun. Machterhalt ist dann am ehesten garantiert, wenn man die Lufthoheit über die Köpfe hat, und das haben die schon lange raus.
  3. Der dritte und vielleicht entscheidende Krieg, der vielleicht sogar schon entschieden ist und zwar gegen die Menschen: Der Weltkrieg, also der Krieg gegen die Welt. Der setzt Nummer eins und zwei voraus und läuft auch schon besonders heftig seit 70 Jahren. Er wird geführt gegen die Ressourcen, die Natur, gegen sauberes Wasser, gesunde Böden, saubere Luft, das Klima, die Meere. Dieser Krieg wird noch viele weitere mit viel zu vielen Opfern hervorbringen. Leider.

 In den Hitlerkriegen ging man über Leichenberge, heute geht man über Leichengebirge. Und so gut wie niemand merkts. Ca. alle 5 Sekunden stirbt ein Kind an Hunger.
Jean Ziegler sagt und er hat recht: Diese Kinder werden ermordet. Heute insgesamt jedes Jahr über 50 Mio Tote, die man nicht erschlagen, vergasen, erschießen muß, die verrecken ganz von alleine, und wenn die als Flüchtlinge es wagen über das Meer zu kommen, dann macht man dicht. Krokodilstränen gibts nur, wenn auf einmal gleich hunderte ersaufen.
Wir könnten was ändern, aber wir müssen dazu politisch seeehr aktiv werden besonders als Linke.

Das Allerletzte: die Nazis haben ihre Verbrechen noch mit der Absicht begangen, die Welt zu retten, sobald die Bolschewiken, die Juden, die Zigeuner, die Schwulen, die Behinderten ausgerottet sind ist alles in Butter. Und heute?

Heute geht es mehr denn je nur um Profit, Macht, Gier (= Kapitalismus) mit deutlich mehr Opfern als damals.

Kleine Anmerkung: Dass die USA von dem 1949 fertig ausgearbeiteten Plan abrückte, die Sowjetunion mit genau 60 Atombomben über den größten Städten des Landes zu „enthaupten“, war nicht den Friedensengeln oder der UNO zu verdanken, sondern den Wismut-Kumpeln der DDR, die unter Lebensgefahr das Uranerz für die sowjetsiche Bombenproduktion herausholten.
Da die UdSSR damals in der Raketentechnik noch führend war, wusste Eisenhower nach dem ersten oberirdischen Atomwaffentest dort, dass er sein Konzept einstampfen konnte.