Die Schwäche der deutschen Gewerkschaften und die Schwäche des Euro

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

DGBlogoWer Gewerkschaften kritisiert, auch von links, gilt schnell als Gewerkschaftsfeind.
Selbst ich, der jeden Patienten, der über die Situation an seinem Arbeitsplatz jammert, fragt, ob er schon in der Gewerkaschaft ist.
Kenntnisse zu Arbeits- und Sozialrecht sind in der nordschwäbischen Untertanenschaft leider nur gering verbreitet.
Die lächerlichen Lohnabschlüsse, die ganz schnell trotz guter Kampfbereitschaft der Kollegn in einigen Branchen durchgesetzt und dann mittels Etikettenschwindel noch als Erfolg verkauft werden, führen natürlich zu der Frage, ob die führenden Kollegen das einfach nicht begriffen haben oder ob sie heimlich auf Pöstchen in der nächsten GroKo lauern.
Eingefleischte Marxisten und Anarchisten nennen das eine Arbeiteraristokratie.
Auch die Gewerkschaften verfügen über gute Wirtschaftsexperten, sie müssten nur mal unten anfragen.
Um so wichtiger, was gestern Prof. Flassbeck in die Diskussion warf:
https://makroskop.eu/2016/07/die-schwaeche-der-deutschen-gewerkschaften-und-die-schwaeche-des-euro/

Auszüge:

Flasbeck2013Gewerkschaftsnahe Ökonomen beklagen sich über unsere Kritik an zu niedrigen Lohnabschlüssen. Sie verweisen auf die Machtverhältnisse, die nichts anderes zulassen. Wenn das so ist, fragt man sich, warum die Gewerkschaften in der Öffentlichkeit so verhalten agieren.

Gustav Horn hat kürzlich (hier) die Gewerkschaften gegen meinen Vorwurf (hier) verteidigt, sich in der Tarifpolitik zu sehr zurückzuhalten.Er argumentiert, dass dann, wenn die Gewerkschaften könnten wie sie wollten, längst alles gut wäre, weil sie so hohe Löhne durchsetzen würden, dass die Deflation in Europa verschwände und die deutsche Wettbewerbsfähigkeit erheblich verringert würde. Die Machtverhältnisse am Arbeitsmarkt, so Horn, verhinderten allerdings bessere Abschlüsse.
Diese Machtverhältnisse könne man aber nicht den Gewerkschaften vorwerfen. Er schließt:

„Die „Schuld“ am unbefriedigenden Ergebnis allein den Gewerkschaften aufzubürden, ist also eine sehr asymmetrische Betrachtungsweise.“

Ich dachte mir, dass ich mal einen Moment warte, bevor ich ihm antworte, weil die Gewerkschaften alle paar Wochen selbst den besten Beweis dafür liefern, dass seine Behauptung einfach nicht stimmt.

Jetzt ist es schon so weit. Der oberste deutsche Gewerkschaftler, DGB-Chef Reiner Hoffmann, wurde in Reaktion auf den Brexit von Spiegel-Online (hier) gebeten, aufzuschreiben, wie sich die EU reformieren sollte. Er hat darauf mit einem Gastbeitrag geantwortet und gezeigt, dass es eben nicht nur die Ohnmacht der Gewerkschaften ist, die verhindert, dass das Richtige geschieht. Was würde wohl ein Gewerkschaftler, der im Hornschen Sinne beseelt ist von der Frage, Deutschland müsse die Löhne stärker erhöhen, um den Euro zu retten, in Reaktion auf den Brexit schreiben?

Nun, er würde ohne Zweifel eine Variation des Satzes schreiben, der da lautet, dass die Mehrheit der Briten gemerkt hat, dass mit einem Deutschland, das sich beharrlich weigert, von seinem Merkantilismus und seiner absurden Vorstellung von der Rolle des Staates in der Wirtschafts- und Finanzpolitik zu lassen, Europa einfach nicht zu machen ist.
Er würde schreiben, dass es ein Fehler der letzten vier Regierungen in Deutschland war, auf Lohnmoderation zu setzen.
Er würde schreiben, dass sich spätestens jetzt auch für den letzten Zweifler zeigt, dass eine Währungsunion nur mit starken Gewerkschaften erfolgreich zu gestalten ist.

Die Währungsunion, hätte er geschrieben, setzt nämlich zwingend voraus, dass die Lohnstückkosten in allen Ländern für immer und ewig und in jedem Jahr genau wie das gemeinsam festgelegte Inflationsziel steigen, was impliziert, dass die Reallöhne auf längere Frist in allen Ländern wie die Produktivität steigen, dass es also keine Umverteilung zugunsten des Kapitals geben kann, ohne die Währungsunion kaputt zu machen.
Hinzugefügt hätte er noch, dass die deutschen Arbeiter genau deswegen für die nächsten zehn Jahre einen deutlichen Zuschlag auf die normalen Erhöhungen brauchen, weil nur so die europäischen Kollegen eine Chance haben, sich wieder auf Augenhöhe mit den deutschen zu treffen und ein Kollaps der Euro, vorangetrieben von rechten nationalistischen Parteien, verhindert werden kann.

Was fordern die Gewerkschaften?

Das alles hat Reiner Hoffmann nicht geschrieben. Er hat sich für ein soziales Europa eingesetzt und für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Wer hat ihn daran gehindert, die wahren Probleme, die, wie Horn zugesteht, extrem eng mit der deutschen Lohnpolitik verknüpft sind, aufzugreifen? Waren es die Arbeitgeber?
Geht die Ohnmacht der deutschen Gewerkschaften schon so weit, dass sie nicht mehr sagen und schreiben dürfen, was richtig ist?

Nein, wer das europäische Problem verstanden hat und/oder verstehen will, schreibt anders. Es kann nicht sein, dass ein deutscher Spitzengewerkschaftler, der zudem selbst lange in Brüssel gearbeitet hat, nichts von diesem deutschen Problem weiß.
Wenn er es kennt und er dennoch so schreibt, als ob es nicht existiert, lässt das nur einen Schluss zu: Er will, wie fast alle anderen – einschließlich der Arbeitgeber – in Deutschland, davon ablenken, dass das deutsche Lohndumping den tödlichen Keil in die EWU getrieben hat.
Er versucht, durch lautes Pfeifen im Walde die unhaltbare deutsche Position haltbar zu machen. Das ist für eine Organisation wie die Gewerkschaften fatal.

Man kann, ich habe das in vielen Beiträgen immer wieder gesagt, die deutschen Gewerkschaften nicht für das Entstehen der Lohnlücke in den vergangenen fünfzehn Jahren verurteilen.Lohnluecke

 

Erklärung: Die orange Kurve zeigt die nach der Theorie ohne Umverteilung mögliche Lohnerhöhung (Produktivitätszuwachs+Inflationausgleich). Alles, was darunter liegt, ist Umverteilung zu Gunsten der Arbeitgeber.

Es war eine Rot-Grüne Regierung, die, fehlgeleitet von einer unsinnigen Wirtschaftstheorie, den Druck auf die Löhne und auf die Kampfbereitschaft und -fähigkeit der Gewerkschaften weit überwiegend zu verantworten hatte.
Wenn die Gewerkschaften aber jetzt dazu übergehen, ihr damaliges Handeln zu rationalisieren, indem sie die Konsequenzen dieses Handelns auch nur verschweigen, machen sie sich zum Teil dieser merkantilistischen und – für die europäischen Partner – destruktiven Politik.

Die europäische Lohndivergenz muss weg

Ich habe es schon mehrfach klargestellt: Es kann weder in einer neoklassischen noch in einer keynesianischen Vorstellungswelt eine funktionierende Währungsunion geben, wenn lohnpolitische Fehlentscheidungen nicht einmal über die lange Frist korrigiert werden können (hier z. B.).
Wenn Gustav Horn sagt, sorry, die Gewerkschaften sind einfach nicht stark genug, dann muss man daraus schließen, sorry, die Währungsunion muss sofort beendet werden, denn nun wissen wir es aus erster Hand, dass die deutschen Gewerkschaften nicht stark genug sind, um einmal entstandene Ungleichgewichte zu korrigieren.

Horn schreibt:

„Unter diesen Umständen eine einer gemeinsamen Regel folgende Lohnbildung zu erreichen, ist bestenfalls auf lange Sicht möglich, unter den gegenwärtigen Gegebenheiten jedoch illusionär. Die Kritik an der mangelnden europäischen Ausrichtung der Lohnentwicklung in Deutschland mag gemessen an den Erfordernissen berechtigt sein, ist aber pharisäerhaft. Es bedarf vielmehr des mühsamen und langwierigen Aufbaus europäischer Lohnverhandlungsstrukturen, um zu tragfähigen Ergebnissen zu kommen.“

Nun, dann muss man an dieser Stelle als „Pharisäer“ allen überzeugten Europäern entgegenschleudern:
Es war alles ein gewaltiger Irrtum! Macht sofort Schluss mit der Währungsunion!
Die deutschen Gewerkschaften können unter keinen Umständen das Material liefern, das man für den Bau und den Erhalt einer erfolgreichen Währungsunion braucht!

Wenn das richtig ist, müssen die Gewerkschaften und ihre akademischen Berater die Speerspitze derer bilden, die für ein sofortiges Ende der Währungsunion eintreten. Bisher hat man aber genau davon nichts gehört. Und das laute Schweigen der Gewerkschaftsspitzen in Sachen ernsthafte Diagnose oder, wie die Bundeskanzlerin sagt, „ehrliche Analyse“ der europäischen Probleme, spricht ebenfalls Bände.
Nein, machen wir uns nichts vor: Auch wer – wie ich – starke Gewerkschaften für absolut notwendig hält und jederzeit bereit ist, ihnen beizuspringen, kommt nicht umhin zu konstatieren, dass sich in Deutschland eine Koalition aus Gewerkschaftern und Arbeitgebern gebildet hat, die versucht, gegen jede Vernunft die deutschen Fehler der Vergangenheit zu verdecken und totzuschweigen.

P.S.: Es ist übrigens sachlich falsch, wenn Horn und viele andere auf eine andere Finanzpolitik als die mögliche Lösung der europäischen Probleme verweisen. Eine andere Finanzpolitik braucht Europa auch. Die Preis- und Lohnrelationen in Europa müssen aber auf jeden Fall korrigiert werden, und das kann die Finanzpolitik nicht machen.
Darauf zu hoffen, dass die deutsche Finanzpolitik in irgendeiner politisch denkbaren Konstellation in Deutschland in den nächsten Jahren die Arbeitslosigkeit so weit nach unten drückt, dass sich dadurch die Verhandlungsposition der deutschen Gewerkschaften erheblich verbessert, und sie ihre neu gewonnene Verhandlungsmacht nutzen, um endlich die notwendigen europäischen Korrekturen bei den Lohnrelationen durchzusetzen, ist, gelinde gesagt, absurd.

Jochen

Der billige Abschluss der IG-Metall: Warum kann selbst eine Gewerkschaft nicht einfach die einfache Wahrheit sagen?

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Hier kritisiert Flassbeck zu Recht und fragt sich, was mit der IGM los ist:
http://www.flassbeck-economics.de/der-abschluss-der-ig-metall-warum-kann-selbst-eine-gewerkschaft-nicht-einfach-die-einfache-wahrheit-sagen/
Flasbeck2013Auszüge:
Würde man heute eine Umfrage unter der deutschen Bevölkerung machen, um wie viel die Löhne in der Metallindustrie in diesem Jahr steigen, 90 Prozent würden sicher sagen: um 3,4 Prozent.

Stimmt leider nicht so ganz. Bei Prozentrechnungen muss man immer dazu sagen, auf was man sich genau bezieht, und bei Tarifabschlüssen ist es wichtig, auf 12 Monate zu rechnen, weil man ihn sonst nicht gut vergleichen kann etwa mit dem jährlichen Wachstum der Produktivität oder der jährlichen Inflationsrate.
Also: Die Löhne in der Metallindustrie steigen ab dem 1. April um 3,4 Prozent, und die Laufzeit des Vertrages beträgt in der Tat von da ab zwölf Monate.
Hört sich so an, als ob auch auf das Jahr gerechnet 3,4 Prozent herauskämen.
Was aber bei den meisten Meldungen ganz verschwiegen und bei anderen nur hingenuschelt wurde, ist die Tatsache, dass der Abschluss schon vom 1. Januar dieses Jahres an gilt.

Das sind dann 15 Monate und 3,4 Prozent auf 15 Monate macht genau 2,72 Prozent auf zwölf Monate (3,4 geteilt durch 15 und multipliziert mit 12).

Das ist der eigentliche Tarifabschluss: Die Tariflöhne erhöhen sich nur um 2,72 Prozent. Dazu gibt es dann, gewissermaßen als Trostpflaster, 150 Euro als Einmalzahlung für die ersten drei Monate. Eine Einmalzahlung bedeutet aber nicht viel, weil sie ja gerade nicht in das Lohnniveau für die nächsten Jahre eingeht.
Alle die Faktoren, die mit einer Tariferhöhung ausgeglichen werden sollen, also die Produktivitätszunahme und die von den Unternehmen nach der Tarifrunde durchgesetzten Preissteigerungen, sind dagegen dauerhaft vorhanden.

Damit schließt die IG-Metall nach vielen Jahren exorbitant hoher Gewinnsteigerungen mit einer Lohnsteigerung ab, die genau 0,8 Prozentpunkte über der in Europa eigentlich angestrebten Preissteigerung von 1, 9 Prozent liegt.
Unterstellt man realistischerweise, dass dieser Abschluss in anderen Branchen nicht einmal voll erreicht wird und dort, wo keine oder nur geringe Tarifbindung vorherrscht, wesentlich geringere Abschlüsse die Regel sein werden, muss man konstatieren, dass in Deutschland auch 2015 die Löhne nominal viel zu schwach steigen werden. Real wird ein bisschen was dabei herauskommen, aber nur, weil der Einmaleffekt der Ölpreisschwäche und der europäischen Lohnsenkungen das Preisniveau daran hindern, so stark zu steigen, wie es sinnvoll wäre.

Man kann nach solchen Abschlüssen nicht sagen, dass die deutschen Gewerkschaften verstanden hätten, worum es in Europa geht.
Das ist schlimm, denn wenn nicht einmal die Arbeitnehmer eine Position der Vernunft zu verteidigen versuchen, wer soll es dann tun?

Jochen

Chaos auf den Märkten – Fatales Schweigen in der Politik – Hilfreiche Theorie wird totgeschwiegen

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Heiner Flassbeck kann es erklären, die Öffwentlichkeit soll es nicht wissen:
die Phalanx der Experten will nicht zugeben, dass Inflation und Deflation keine monetären Phänomene sind, sondern in der Regel durch Über- und Unterschießen der Löhne über die Produktivität entstehen.
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Näheres hier:
http://www.flassbeck-economics.de/chaos-auf-den-maerkten-fatales-schweigen-in-der-politik/

Die internationalen Märkte sind zu Beginn des Jahres in heller Aufregung, und viele Kommentatoren verlieren den Überblick und manche sogar den Kopf. In der Tat, es ist außergewöhnlich, was derzeit passiert. Die Preise für global gehandelte Rohstoffe sinken zum Teil in unglaublichem Tempo. Insbesondere für Öl und Ölprodukte geht es steil bergab (dazu kommt noch einmal ein gesondertes Stück diese Woche). Aber auch andere Rohstoffpreise sind unter Druck.
An den Aktienmärkten vollzieht sich ein wildes Auf und Ab und die Preise für festverzinsliche Wertpapiere verzeichnen historische Höchststände (das sind die Preise vorwiegend für Staatsschuldpapiere, was auch bedeutet, dass deren Zinsen historisch niedrig sind).
Der deutsche Staat kann inzwischen Geld für einige Jahre aufnehmen und bekommt von den Anlegern dafür eine Prämie, statt selbst Zinsen zahlen zu müssen. Die Notenbanken drucken darüber hinaus – anscheinend ohne jede Kontrolle – Geld und die Preise beginnen auf breiter Front zu fallen.
Auch die Wechselkurse der wichtigsten Währungen fahren Achterbahn, wobei vor allem der Euro massiv zur Schwäche neigt; er ist seit dem Frühjahr 2014 von 1,40 (US-Dollar für einen Euro) auf unter 1,20 gefallen.

Das alles verunsichert die Bürger, und so schießen Konspirationstheorien und wilde Spekulationen darüber ins Kraut, wer sich das wohl alles ausgedacht haben könnte, um die Weltherrschaft an sich zu reißen oder wenigstens seinen Reichtum zu mehren und für immer zu sichern.
Die meisten dieser Mutmaßungen schießen allerdings weit über‘s Ziel hinaus. Die Weltkonspiration gibt es so wenig wie die Allmacht eines Landes, das im Hintergrund die Fäden bei all dem zieht.

Was wir erleben, ist in der Tat eine neue Epoche der wirtschaftlichen Entwicklung, und wir erleben ein nur historisch zu nennendes Versagen der Wirtschaftspolitik. Aber dennoch bleiben die meisten Phänomene gut erklär- und verstehbar, wenn man eine angemessene ökonomische Theorie zu Grunde legt.
Das Problem ist nur, dass diese Theorie nicht weit verbreitet ist und deswegen ein allgemeines Herumrätseln auch der sogenannten Fachleute die Regel ist. Das aber verwirrt den Bürger und alle kritischen Beobachter über alle Maßen, denn wenn die schon nicht mehr wissen, was Sache ist, dann kann es ja nur noch die Erklärung geben, dass irgendwo die Fäden in diesem Spiel gezogen werden, das keiner außer den Verschwörern verstehen kann.

So wird zum Beispiel derzeit die Tatsache, dass der Ölpreis fällt und der Dollar zugleich stark ist, als Beleg dafür genommen, dass die USA mit dem Dollar als „Reservewährung“ und der für den internationalen Ölhandel gebräuchlichen Währung ein Drohpotential – zum Beispiel gegenüber Russland – aufbauen können, das sie ohne den Dollar als Schlüsselwährung nicht hätten. Dass der Dollar die Ölwährung ist, hat aber vor allem historische Gründe und bringt für die USA keinen großen Vorteil, besonders in einer Zeit, wo sie Nettoölexporteur sind.
Dass die USA systematisch am Devisenmarkt oder am Ölmarkt intervenieren, ist durch nichts nachzuweisen. Das aber müssten sie in großem (und nicht zu verheimlichenden) Maße tun, wenn sie solche riesigen Märkte in ihrem Sinne bewegen wollten.

Es kann andererseits aber kein Zweifel daran bestehen, dass die Stärke des US-Dollar auch den USA schadet, ebenso wie der niedrige Ölpreis viele Energie-Produzenten in den USA wegen hoher Produktionskosten (beim Fracking) in ihrem Lebensnerv trifft.
Bezüglich des starken Dollar und seinen negativen Wirkungen auf den amerikanischen Handel (alles, was bei TTIP verhandelt wird, ist Makulatur, wenn der Euro so schwach bleibt, wie ich hier versucht habe zu zeigen) ist die amerikanische Regierung vermutlich nur so ruhig, weil sie die fatale Schwäche Europas sieht und den Abschluss des TTIP, den sie aus strategischen Gründen (als Bollwerk gegen Chinas Macht) anzustreben scheint, nicht gefährden will.

Ohne Zweifel haben die USA einen Vorteil davon, dass ihre Währung weltweit akzeptiert wird und sie sich nur in ihrer eigenen Währung verschulden. Aber auch Europa verschuldet sich nur in Euros und nicht in US-Dollars, weil bisher weltweit viele Anleger bereit waren, solche Euro-Anleihen zu kaufen. Der Euro hätte selbstverständlich dem US-Dollar als weltweit anerkannte Währung (auch im Ölgeschäft) Paroli bieten können.
Dass es nicht dazu gekommen ist, ist aber nicht die Folge einer Verschwörung der Amerikaner, sondern ist die Schuld der dummen und kurzsichtigen (und merkantilistischen) deutschen Politik.

Viel von der allgemeinen Verwirrung erklärt sich dadurch, dass wir in Zeiten der Deflation leben, die nur wenig verstanden wird.
Und sie wird so wenig verstanden, wir haben das in den vergangenen zwei Jahren hunderte Male gesagt, weil die Phalanx der Experten nicht zugeben will, dass Inflation und Deflation keine monetären Phänomene sind, sondern in der Regel durch Über- und Unterschießen der Löhne über die Produktivität entstehen.
Das Ignorieren dieses Zusammenhangs ist sozusagen der Kern der Gemeinsamkeit bei den Experten und in der Politik, der so leicht den Eindruck eines abgestimmten Verhaltens erzeugt. Genau aus diesem Grunde ist die Politik auch vollkommen unfähig, den Menschen zu erklären, was da vor sich geht, und deswegen entstehen so viele Verschwörungstheorien.
Die wenigen Politiker, die halbwegs durchblicken könnten, was geschieht (in der deutschen Regierung gibt es davon keinen!), trauen sich nicht, gegen das Votum des ökonomischen Mainstreams eigene Deutungen zu versuchen.

Jochen