Grandioser Urlaubstipp: »Die Hürden für Fluchthilfe sind so niedrig wie nie«

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Eine Initiative gibt den Tip, Geflüchtete bei der Rückreise aus dem Urlaub im Auto mitzunehmen.

Gespräch mit Maximilian Thalbach

http://www.jungewelt.de/2015/08-04/063.php

Auszüge:

Interview: Gitta Düperthal
Zu Beginn der Feriensaison rufen Sie dazu auf, sich an der Kampagne »Werde Fluchthelfer« zu beteiligen, um auf der Rückreise aus dem Urlaubsland Geflüchtete mitzunehmen, die innerhalb Europas nach Norden fliehen wollen.
Warum erachten Sie dies für notwendig?

In Deutschland gibt es eine lange Tradition von Fluchthilfe über Grenzen hinweg; sei es während der Nazizeit oder zu DDR-Zeiten. Fluchthilfe ist aktuell leider wieder nötig; die Hürden dafür sind so niedrig wie nie zuvor.
Einsteiger können sie mit vergleichsweise geringem Risiko im Schengen-Raum leisten, indem sie Fluchtwillige im eigenen Auto auf dem Rückweg aus dem Urlaub mitnehmen, etwa aus Italien nach Deutschland. Weil die Polizei mittlerweile Züge und Busse häufig kontrolliert, schaffen diese es oft nicht allein.
Die Fluchthelfer-Aktion ist also so gedacht: Sie nehmen diese Menschen in privaten Autos mit, damit sie unentdeckt bleiben, etwa auch von der ungarisch-serbischen Grenze bis nach Skandinavien. Ein Urteil von 1977 des Bundesgerichtshofs besagt: Fluchthilfe ist in Ordnung, wenn es sich dabei nicht um einen »Verstoß gegen die guten Sitten« handelt.

Nun gibt es aber den Schleuserparagraphen im Aufenthaltsgesetz, der eine solche Hilfe unter Strafe stellt – mit bis zu fünf Jahren Gefängnis oder Geldstrafe. Wie ist zu vermeiden, unter Verdacht zu geraten?

Das ist relativ einfach. Das »Einschleusen von Ausländern« ist zwar nach Paragraph 96 Aufenthaltsgesetz strafbar; aber nur unter drei Bedingungen: Erstens, wenn jemand dafür Geld nimmt; zweitens, falls er wiederholt tätig wird; drittens, wenn er gleich mehrere Personen über die Grenze bringt.
Im Umkehrschluss ist also kein Schleuser, wer nur einen mitnimmt, es nur einmal tut und keine Leistung dafür will, sondern es aus politischen oder moralischen Gründen macht.

Wer nur mal einen Geflüchteten im Auto nach Deutschland fährt, kann sich aber der Beihilfe zur unerlaubten Einreise (Paragraph 95) strafbar machen. Dies nachzuweisen, dürfte aber schwierig werden: Niemand kann verpflichtet sein, von Menschen, die er im Auto mitnimmt, die Papiere zu kontrollieren.

Wie kommen Hilfsbereite mit Fluchtwilligen in Kontakt?

Menschen auf der Flucht sind beispielsweise an Bahnhöfen in Norditalien anzutreffen, wo sie einen Zug nach Norden nehmen wollen; im französischen Calais oder in der ungarischen Grenzregion zu Serbien, wo viele versuchen, über die Balkanroute nach West- oder Nordeuropa zu kommen. Fluchthilfe sollte niedrigschwellig beginnen, etwa mit einer Einladung zum Kaffee oder Tee, im Anschluss geht es darum zu erfahren, wie es dem Fluchtwilligen geht. Für die gemeinsame Fahrt ist beiderseitiges Vertrauen Voraussetzung.

Welche Tips geben Sie, um straffrei zu bleiben?

Darüber geben wir auf unserer Webseite Auskunft, die seit Montag online ist.
http://www.fluchthelfer.in/
Um sich etwa auch des Beihilfe-Paragraphen unverdächtig zu machen, wäre es gut, ein Trampschild dabei zu haben: Man hat sich gerade erst kennengelernt und weiß von gar nichts. Gut ist, sich mit anderen zusammenzutun, einen anderen Wagen vorauszuschicken, um zu erfahren, ob es am gewählten Weg Kontrollen gibt – und gegebenenfalls eine Alternativroute einzuschlagen.

Wie viele Leute machen bei der »Peng«-Kampagne mit?

Im Team sind wir zu siebt. Wer an der Kampagne alles mitwirkt, wissen wir selber nicht genau. Wüssten wir es, würden wir es nicht sagen. Direkte Kontaktaufnahme zu uns ist nicht sinnvoll, nur über Mittelspersonen. Eben gerade hat jemand angerufen und gesagt, er wisse von einer Person, die teilnehmen wird. Darüber freuen wir uns natürlich. Von mehreren wissen wir, dass sie es planen – oder bereits getan haben. Wir haben eine halbe Stunde, nachdem die Seite online war, Kenntnis von einer Frau erhalten, die sogar zwei Familien nach Deutschland gebracht hat.

Sollten nicht nur einzelne Personen mitgenommen werden, um nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen?

Manche wagen etwas. Diese Frau hat Anspruch auf ein europäisches Verdienstkreuz, das wir am Freitag stellvertretend übergeben.

JA, ob sich alleine dafür ein entsprechendes Ziel aufzusuchen lohnt ?

Jochen