Snowden-Enthüllungen führten zu Selbstzensur

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Auszüge:

Die Suchanfragen für verdächtige Begriffe bei Wikipedia sind nach dem NSA-Skandal eingebrochen. Das lässt sich durch den Chilling-Effekt erklären: Menschen schränken ihr an sich legales Verhalten ein, wenn sie überwacht werden.
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Menschen vermeiden Verhaltensweisen, die sie unter Umständen verdächtig machen könnten, sobald sie wissen, dass sie überwacht werden – und das sogar bei eigentlich legalen Handlungen. Diese als Chilling-Effekt bekannt Hypothese erhält nun neuen Auftrieb.
Wie Jon Penney vom Oxford Internet Institute der University of Oxford herausgefunden hat, brachen nach den Enthüllungen der NSA-Überwachungsmaßnahmen durch den Whistleblower Edward Snowden im Juni 2013 die Aufrufe potenziell suspekter Einträge auf Wikipedia massiv ein.

So stürzte entgegen dem allgemeinen Wachstumstrend die Zahl der Aufrufe von 48 terrorrelevanten Begriffen, nach denen das U.S. Department of Homeland Security (DHS) soziale Netzwerke dursucht (PDF, Seite 23) von 3 Millionen auf 2,2 Millionen im Monat, und damit zurück auf den niedrigsten Stand in einem Zeitraum von 16 Monaten.
Zu den Begriffen auf der Liste des DHS gehören etwa Autobombe, schmutzige Bombe, Dschihad, Taliban oder Al Kaida.
Penney untersuchte die dazu ähnlichsten Einträge in der englischen Version von Wikipedia. Nach den Enthüllungen und dem Absturz der Aufrufzahlen, setzte sich der Abwärtstrend zunächst fort. Zwischenzeitlich brachten es die Terrorbegriffe nur noch auf 2 Millionen Aufrufe im Monat. Nach 14 Monaten schließlich stabilisierten sich die Zahl auf 2,5 Millionen Aufrufe, also immer noch deutlich unter dem Vor-Snowden-Niveau.

Für eine genauere Analyse setzte Penney auf Crowdsourcing. Er ließ dazu die 48 Begriffe von Freiwilligen nach ihrem Verdachtspotenzial gewichten.
415  so genannte Mechanical Turks beauftragte Penney mit dieser Aufgabe. Mechanical Turks sind digitale Leiharbeiter, die gegen ein Honorar online Aufträge ausführen. Sie sollten die Begriffe aus der DHS-Liste danach bewerten, wie wahrscheinlich sie einem Nutzer Probleme mit Privatsphäre und Überwachung einbringen könnten.
Die Analyse der 31 Begriffe, die die Mechanical Turks als am bedrohlichsten eingeschätzt hatten, zeigte einen nochmals verschärften Effekt. Als Gegenprobe untersuchte Penney auch die Abrufzahlen für eine Liste von 25 sicherheitsrelevanten Begriffen (PDF, Seite 20), die das DHS unter dem Titel „DHS und andere Organisationen“ führt. Dazu gehören etwa Central Intelligence Agency (CIA), Federal Bureau of Investigation (FBI) oder Vereinte Nationen. Hier war nach den Enthüllungen zwar auch ein kleiner Einbruch zu sehen. Er war aber wesentlich geringer. Zudem setzte sich – anders als bei den Terrorbegriffen – danach der Wachstumstrend von vor dem NSA-Skandal fort.

Bereits letztes Jahr hatten die Ergebnisse einer Studie darauf hingewiesen, dass Suchanfragen für potenziell verdächtige Begriffe bei Google im Zuge des NSA-Skandals zurückgegangen waren. Die neue Studie von Penney liefert nun einen weiteren Beleg dafür, dass der Chilling-Effekt ganz praktische Konsequenzen für die Selbstbeschränkung von Menschen haben könnte. Überwachung würde demnach, unabhängig von ihrem eigentlichen Ziel und Erfolg, Kollateralschäden zeitigen, sobald die Öffentlichkeit von ihr erfährt, wie die „Washington Post“ es formuliert.
„Man möchte ja eigentlich gut informierte Bürger haben“, sagte Penney gegenüber der „Post“, „aber wenn die Menschen zu verängstigt oder abgeschreckt sind, sich über wichtige politische Angelegenheiten wie Terrorismus oder nationale Sicherheit zu informieren, ist das eine echte Bedrohung für eine angemessene demokratische Debatte.“

© Spektrum.de

Zivile Kriegsvorbereitung durch deutsche Behörden

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Aktuell in der jungen Welt:
https://www.jungewelt.de/2015/03-02/009.php
Das passt natürlich auch zur Umstellung auf Kriegskooperation beim Deutschen Roten Kreuz, wie hier schon berichtet:
https://josopon.wordpress.com/2015/02/19/zentrum-zivil-militarische-zusammenarbeit-deutsches-rotes-kreuz-will-sich-an-kriegseinsatz-en-beteiligen/
Auszüge:

Katastrophenhilfe fordert »neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung«

Von Peer Heinelt

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Reservisten der »Regionale Sicherungs- und Unterstützungskompanie« Sachsen bei Schießübungen: Sie sollen vermehrt im Zivilschutz zum Einsatz kommen – Foto: Arno Burgi/dpa – Bildfunk

Nach Darstellung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hatte der Alliierte Kontrollrat mit der 1946 verfügten Auflösung der »Luftschutzorganisationen« des Nazistaates »erhebliche Lücken im Schutz der Bevölkerung vor Gefahren und Schäden« verursacht. Heute erscheint dem Präsidenten des BBK, Christoph Unger, der deutsche Luftschutz erneut lückenhaft.
»Es fehlt die hinreichende Zivilverteidigungsfähigkeit mit vielen Facetten«, sagte er Anfang vergangener Woche der Saarbrücker Zeitung und verwies auf »neue Gefahren« durch »ballistische Raketen«, die aus dem Nahen Osten oder aus Russland auf Deutschland abgefeuert werden könnten.
Zwar sei das Bundesamt auf »zivile Katastrophen und Krisen« bestens vorbereitet – im Fall einer »Bedrohung von außen« sehe es aber »schlechter« aus, erklärte Unger. »Was machen denn die Menschen im Fall der Warnung vor einer anfliegenden Rakete?«

Der Anlass für Ungers alarmistische Reden war ein Treffen von Vertretern der Bundesministerien für Inneres, Gesundheit, Auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung, bei dem intensiv über die Optimierung des deutschen »Zivilschutzes« gesprochen wurde.
Die Quintessenz brachte der BBK-Präsident im Anschluss auf den Punkt: »So, wie sich die Bundeswehr mit neuen sicherheitspolitischen Grundsätzen an die Lage anpasst, muss das auch der Zivilschutz tun.«

Dabei dürften Reserveoffizier Unger seine guten Beziehungen zu den deutschen Streitkräften sehr zupass kommen. Immerhin steht die »zivil-militärische Zusammenarbeit« bei der vom BBK alle zwei Jahre veranstalteten »Länderübergreifenden Krisenmanagementübung« Lükex regelmäßig ganz oben auf der Agenda. An Horrorszenarien herrscht kein Mangel.
Im Januar 2010 etwa simulierten die Lükex-Strategen auf dem Flughafen Köln/Bonn einen Terroranschlag mit einer sogenannten schmutzigen Bombe. Hierunter wird gemeinhin ein konventioneller Sprengsatz verstanden, der bei seiner Explosion radioaktives Material in der Umgebung verteilt.
Allein in Köln beteiligten sich rund 1.500 Personen an dem Manöver. Involviert waren Landes- und Bundespolizei, Bundeswehr, Geheimdienste, Feuerwehr, Technisches Hilfswerk (THW) und medizinische Rettungskräfte.
Trainiert wurde nicht nur im zivilen, sondern auch im militärischen Teil des Airports: Wie die deutschen Streitkräfte erklärten, ist der Kölner Flughafen als »Dreh- und Angelpunkt für den Personaltransport deutscher Soldatinnen und Soldaten« ein »wichtiges Tor für die Auslandseinsätze der Bundeswehr«. Ausweislich der vom BBK erarbeiteten »Neuen Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland« ist es wiederum genau dieses »sich in den vergangenen Jahren deutlich steigernde außen- und sicherheitspolitische Engagement«, das den simulierten Angriff erst provozierte.

Im Vergleich dazu wirkt das Szenario des für Ende November 2015 anberaumten Lükex-Manövers fast harmlos. Trainiert werden soll laut BBK die »Bewältigung« einer Sturmflut an der deutschen Nordseeküste »mit bundesweiten Auswirkungen«.
Diese sehen die Planer immer dann, wenn es zu sogenannten Kaskadeneffekten kommt – also Produktionsausfälle und die Beschädigung von Infrastruktur, die nicht nur vor Ort, sondern auch in weit von der Katastrophenzone entfernten Gebieten negative Konsequenzen für die »Aufrechterhaltung der Geschäftsprozesse« haben.
Mit von der Partie ist einmal mehr die Bundeswehr. Namentlich sind es die von der Truppe auf Landes-, Bezirks- und Kreisebene installierten »Verbindungskommandos« sowie die seit 2012 aufgestellten »Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräfte«.
Letztere sollen anderen Repressionsdiensten im Fall eines »inneren Notstands« zur Seite stehen. Sie dürften insbesondere zum Einsatz kommen, wenn die vom BBK angekündigten »großflächige(n) Evakuierungen« geprobt werden.

Um die Bevölkerung entsprechend zu informieren und zu steuern, nutzt das Bundesamt ein »Satellitengestütztes Warnsystem« (SatWaS).
Es verknüpft die Bonner »Warnzentrale« und die »Zivilschutzstellen« des BBK mit dem »Lagezentrum« im Berliner Innenministerium und den »Lagezentren« der Bundesländer.
Diese sind wiederum mit dem Verteidigungsministerium, der Bundespolizei, der Kommandoeinheit GSG 9 und dem THW vernetzt.
Mittels SatWaS ist es laut BBK möglich, jederzeit Durchsagen an den öffentlich-rechtlichen und den privaten Rundfunk zu übertragen – etwa zur »Warnung vor Angriffen mit Flugzeugen oder Raketen«.
Der Krieg ist in den Köpfen deutscher »Zivilschützer« eben immer präsent.

Mein Kommentar: In meinem Kopf leider auch, und der schmerzt davon.

Jochen