#aufstehen – die Sammlungsbewegung geht an den Start. Fragen an Sahra Wagenknecht

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Ab Samstag, 4.8.2018 ist die Internetseite der mit Spannung erwarteten Sammlungsbewegung rund um die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht online. Und einen Namen hat die Bewegung auch: #Aufstehen.

Albrecht Müller hatte die Möglichkeit, mit Sahra Wagenknecht über die neue Sammlungsbewegung zu sprechen und ihr die wichtigsten Fragen zu #Aufstehen zu stellen.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar:
https://www.nachdenkseiten.de/upload/podcast/180804_aufstehen_die_Sammlungsbewegung_geht_an_den_Start_Fragen_an_Sahra_Wagenknecht_NDS.mp3

Wann wird die Sammlungsbewegung vorgestellt?

Offizieller Start unserer Sammlungsbewegung ist der 4. September. An dem Tag stellen wir die Namen unserer prominenten Gründungsmitglieder und auch den Gründungsaufruf öffentlich vor und werden unsere Ziele vor der Presse erläutern.

Unter welchem Namen?

Wir haben uns für #Aufstehen entschieden. Aufstehen für ein gerechtes und friedliches Land, darum geht es. Unter www.aufstehen.de wird ab morgen (4. August) auch schon eine vorläufige Webseite online gehen. Weil uns täglich Anfragen von Interessenten erreichen, die gern mitmachen möchten, wollen wir ihnen die Möglichkeit geben, sich schon jetzt zu registrieren.

Können Sympathisanten und mögliche Unterstützer Teil der Bewegung werden? Gibt es so etwas wie eine Mitgliedschaft?

Jeder, der sich auf unserer Webseite registriert, wird damit Teil der Bewegung. Er wird automatisch sowohl unsere vielfältigen online-Inhalte erhalten als auch über Aktionen vor Ort informiert.
Wir hoffen, dass wir sehr viele Mitstreiter gewinnen werden, denn nur dann wird unsere Bewegung ausreichend Druck entfalten können, um die Politik in diesem Land zu verändern. Das ist unser Ziel.

Ist die Bewegung eine Partei? Tritt sie bei Wahlen an? Wie kann man sich das konkret vorstellen? Im Vorfeld wurde ja gelegentlich “La France insoumise“ als Vorbild genannt.
Die sind nach unserem deutschen Verständnis aber keine Sammlungsbewegung, sondern eine echte Partei.

La France Insoumise ist streng genommen keine Partei, aber das französische Wahlrecht erlaubt es, dass Bewegungen zu Wahlen antreten. Das ist in Deutschland anders.
Dennoch gründen wir bewusst keine Partei, denn es geht uns zunächst einmal darum, Menschen mit ähnlichen Überzeugungen zusammenzubringen. Wir wollen sammeln, nicht spalten.
Dafür ist es wichtig, dass niemand seine Organisation verlassen muss, um bei uns mitzumachen. Vor allem aber wollen wir ein attraktives Angebot an all diejenigen machen, die sich von der Politik zurückgezogen haben und keiner Partei mehr vertrauen.
Ich wäre sehr froh, wenn wir viele von ihnen wieder zu einem Engagement ermutigen könnten, aber das schafft man sicher nicht mit einer neuen starren Parteistruktur.
Wie soll die Verknüpfung zu den bestehenden und geistesverwandten Parteien aussehen?

Wir hoffen, dass sich möglichst viele Mitglieder aus SPD, Linker und Grünen bei uns zusammenfinden. Nach meinen Erfahrungen gibt es gerade in der SPD sehr viele, die mit dem unerschütterlichen Agenda-2010-Kurs und dem erneuten Eintreten in die GroKo sehr unzufrieden sind.
Und vermutlich gibt es auch bei den Grünen nicht wenige, die sich im Interesse der Umwelt auch mit mächtigen Industrielobbys anlegen wollten, statt als letzte Machtreserve von Frau Merkel den Status Quo zu verwalten.
Die Sammlungsbewegung soll all diejenigen zusammenführen, die sich eine Erneuerung des Sozialstaats, ein Zurück zur Entspannungspolitik Willy Brandts und ein verantwortungsvolles, naturverträgliches Wirtschaften wünschen.

Gibt es so etwas wie Unterorganisationen, also regionale Gliederungen oder so etwas Ähnliches? Sind Treffen der Anhänger der neuen politischen Bewegung vorgesehen? Gibt es einen großen Kongress?
Ein erster Auftritt in einer der großen Hallen Deutschlands, also in der Westfalenhalle oder im Olympiastadion, das wäre doch ein passendes Signal? Darauf warten viele.

Ja, es wird Strukturen vor Ort und natürlich auch größere Events und Kongresse geben. Ich wünsche mir, dass wir so schnell wachsen, dass wir bald tatsächlich die Westfalenhalle füllen könnten.

Gibt es eine Führung der Sammlungsbewegung? Welche Personen sind dabei?

Es gibt aktuell gut 40 prominente Gründungsmitglieder, deren Namen wir allerdings erst am 4. September öffentlich machen werden. Außerdem gibt es bereits ein hochmotiviertes, kreatives Team, das sich um unseren online Auftritt und die Sozialen Medien kümmern wird. Sobald #Aufstehen im September gegründet ist, werden wir natürlich auch Arbeitsstrukturen schaffen.
Aber entscheidend ist für uns, dass jeder sich einbringen, jeder mitdiskutieren und die Bewegung mitgestalten kann. Dafür werden wir Möglichkeiten schaffen.
Eine Bewegung lebt vom Engagement ihrer Mitstreiter.

Kann man in einigen wenigen Zeilen zusammenfassen, was die zentralen programmatischen Vorstellungen der Sammlungsbewegung sind?

Es geht um den Mut zur Überwindung des neoliberalen Mainstreams, um eine soziale Politik im Interesse der Mehrheit. Und um ein Ende der Kriegspolitik und des gefährlichen Wettrüstens.
Der Neoliberalismus tritt die sozialen Bedürfnisse der weniger Wohlhabenden mit Füßen und bringt viele dazu, sich von der Demokratie abzuwenden. Am Ende profitieren davon rechte Parteien.
Inzwischen bestimmt die AfD in Deutschland die Themen der Politik und treibt die anderen vor sich her. Das wollen wir nicht länger akzeptieren.
Die konzerngesteuerte Globalisierung, der Sozialabbau, immer neue Kriege, das alles ist keine Naturgewalt.
Es gibt dazu Alternativen, und wir wollen den Menschen die Hoffnung zurückgeben, dass sich die Politik verändern lässt.

Jochen

Die Grünen: In der Beliebigkeitsfalle

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Treffende Kritik in der Jungen Welt https://www.jungewelt.de/artikel/317596.in-der-beliebigkeitsfalle.html
Auszüge:

In der Beliebigkeitsfalle

Grüne in der Existenzkrise: Wankelmut, Befürwortung von Kriegseinsätzen und Sozialabbau kennzeichnen einstige »Anti-Parteien-Partei«

Von Markus Bernhardt

Die Zeichen stehen schon lange nicht mehr auf Grün. Verfolgt man die letzten Umfrageergebnisse der Meinungsforschungsinstitute zur Bundestagswahl, steht es nicht gut um Bündnis 90/Die Grünen. Nur zwischen sechs und acht Prozent der Wähler würden aktuell für die ehemalige Öko- und Friedenspartei votieren.
Bei der letzten Bundestagswahl im Jahr 2013 landeten die Grünen bereits bei nur 8,4 Prozent der Stimmen, obwohl ihnen zuvor teils zweistellige Ergebnisse prognostiziert worden waren.

Die Gründe für den zunehmend schweren Stand, den die Grünen in der Bevölkerung haben, sind vielfältig. Die Hauptursache für das abnehmende Vertrauen dürfte in der öffentlichen Wahrnehmung der Partei liegen. So wissen die Wähler nicht, was sie erwartet, wenn sie den Grünen ihre Stimme geben.
Vieles spricht dafür, dass große Teile der Partei auf eine Koalition mit der CDU/CSU nach der Bundestagswahl am 24. September schielen, etwa die Wahl der beiden Spitzenkandidaten. So gelten sowohl Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt als auch der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir als exponierte Vertreter des sogenannten Realo-Flügels der Partei.

Kurs verlassen

Auch mit ihren einstigen politischen Kernthemen können die Grünen nicht mehr punkten. Den Kurs als Friedenspartei haben sie bereits 1999 mit ihrer Zustimmung zum völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien endgültig verlassen – von ihrer offenen Kumpanei mit rechten und reaktionären Gruppen im Ukraine-Konflikt ganz zu schweigen.
Die Unterstützung der vom ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in der »rot-grünen« Bundesregierung betriebenen »Agenda-2010«-Politik und der damit einhergehenden gezielten Deklassierung Hunderttausender Menschen durch Hartz-IV-Gesetze und Leiharbeit dürfte vielen Menschen nachhaltig in Erinnerung geblieben sein. Selbst beim Thema Atomausstieg gelang es den Bündnisgrünen, ihre einstige Stammwählerschaft derart zu verärgern, dass die Partei vielen Antiatominitiativen nicht mehr als glaubwürdige Bündnispartnerin gilt.

Ihre einstigen politischen Schwerpunkte, das kommt hinzu, finden sich mittlerweile in den Programmen aller anderen im Bundestag vertretenen Parteien, weshalb sich die Grünen faktisch selbst überflüssig gemacht haben. Linksalternative Positionen sucht man bei ihnen nahezu vergebens.
So inszeniert sich das Gros der Bündnisgrünen als staatsmännisch und steht mitunter fest an der Seite der Großindustrie, die sie einst bekämpfen wollten: Als verlässlichster Partner ausgerechnet der Automobilkonzerne gilt derzeit etwa der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der das Ländle gemeinsam mit der CDU regiert.
Kretschmann, der sich von 1973 bis 1975 in der Hochschulgruppe des Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW) engagierte, wird heutzutage als eine Art personifizierter Rechtsruck der einstigen »Anti-Parteien-Partei« wahrgenommen, deren geplanter »Marsch durch die Institutionen« faktisch im Allerwertesten der Herrschenden sein Ende fand.
Obwohl Kretschmann maßgeblich mit der Unterstützung der Gegner des Bahnprojekts »Stuttgart 21« ins Amt gewählt wurde, verhinderte seine Partei das scharf kritisierte Mammutvorhaben – den oberirdischen Kopfbahnhof zu einem unterirdischen Durchgangsbahnhof umzubauen – nicht.

Groß dürfte auch die Enttäuschung in den Reihen von Flüchtlingsunterstützern und Schwulen- und Lesbengruppen sein, die einmal als natürliche Verbündete der Grünen galten. Viele gehen mittlerweile offen auf Distanz zu der Partei, deren Bild in der Öffentlichkeit stark von den Ausfällen Kretschmanns und seines Parteifreunds, des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer, geprägt ist. So veröffentlichte Palmer jüngst ein Buch, welches den vielsagenden Titel »Wir können nicht allen helfen. Ein Grüner über Integration und die Grenzen der Belastbarkeit« trägt. Palmers anhaltende, gegen Flüchtlinge gerichtete Stimmungsmache brachte ihm schon vor wenigen Wochen den gutgemeinten Ratschlag der Grünen-Direktkandidatin Canan Bayram aus Berlin Friedrichshain-Kreuzberg ein, dass er »einfach mal die Fresse halten« solle.
Bereits zuvor hatte Palmer mit seinen bestenfalls kruden Ansichten zur Migrations- und Flüchtlingspolitik von sich reden gemacht. »Ist es bereits rassistisch, bestimmte negative Verhaltensweisen einer Gruppe zuzuordnen? Ich bestreite das«, schrieb er etwa auf seinem Facebook-Profil und erntete daraufhin einen Sturm der Empörung.
Selbst Abschiebungen nach Afghanistan hält der Politiker für vertretbar. »Was Afghanistan angeht, gibt es eine gefühlte Wahrnehmung von Unsicherheit, die vor allem durch Bilder von Anschlägen transportiert wird.« Doch habe dies nichts mit der statistischen Wahrscheinlichkeit zu tun, »dass jemandem tatsächlich etwas zustößt, der dorthin abgeschoben wird«, wusste Palmer kürzlich zu berichten. In der Debatte um eine rechtliche Gleichstellung von Schwulen und Lesben mit Heterosexuellen verstieg sich der Tübinger Oberbürgermeister zu der Äußerung, dass eine angeblich vorhandene »Homolobby« eine »überspannte Aggression gegenüber der Mehrheitsgesellschaft« ausübe. »Von der Rente angefangen, kämen einige Probleme auf uns zu, wenn es keine auf Dauer angelegten heterosexuellen Paarbeziehungen mehr gäbe«, lautete die schlichte Logik des Grünen-Rechtsaußen.

Angriff auf Grundrechte

Dass Bündnis 90/Die Grünen sogar ihren früheren Anspruch als Bürgerrechtspartei offenbar aufgegeben haben, wird unterdessen nicht nur daran deutlich, dass ausgerechnet Bundesländer wie Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein, in denen die Grünen an der Regierung beteiligt sind bzw. diese sogar anführen, das breite Bündnis »Aufstehen gegen Rassismus« in den von den jeweiligen Landesämtern für Verfassungsschutz (LfV) herausgegebenen Berichten über »extremistische Aktivitäten« im »Phänomenbereich Linksextremismus« listen.
In Hamburg, wo die Partei gemeinsam mit dem rechten Hardliner und Ersten Bürgermeister der Hansestadt, Olaf Scholz (SPD), regiert, unterscheidet sich die Koalition in Sachen Angriff auf die wenigen verbliebenen Grund- und Freiheitsrechte kaum mehr von der einstigen Koalition des CDU-Politikers Ole von Beust mit »Richter Gnadenlos« Ronald Barnabas Schill. Trotz der Vielzahl an bekanntgewordenen Polizeiübergriffen und Rechtsverstößen, die sich rund um den G-20-Gipfel Anfang Juli in Hamburg gegen Hunderte Demonstranten und Globalisierungsgegner richteten, stemmen sich die Grünen vehement gegen einen von der Linksfraktion geforderten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

Streit im Endspurt

Bei Bündnis 90/Die Grünen ist ein zünftiger Streit um einen Wahlkampfslogan entbrannt. »Die Häuser denen, die drin wohnen«, lautet die simple Botschaft, die die Partei im Wahlkreis 83, Berlin Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost, plakatieren ließ (jW berichtete). Dort kämpft die Kandidatin Canan Bayram darum, das Erbe Hans-Christian Stöbeles anzutreten. Letzterem war es mehrfach gelungen, ein Direktmandat zu gewinnen.
Die Reaktion des politischen Mainstreams auf das Poster ließ nicht lange auf sich warten. »Sind die irre? – Grüne liebäugeln mit Enteignungen in Berlin«, lautete etwa die Schlagzeile der Bild. Nachdem die Bundespartei flugs auf Distanz ging, das Plakat sei »kein Teil der Bundeskampagne« und zugleich »missverständlich«, erläuterten die Kreuzberger Bezirksgrünen am Wochenende ihr Vorgehen und wiesen die Anwürfe der Bundespartei zurück. »Unser Ziel ist es, explizit das Thema der Mieten- und Wohnungspolitik in den Vordergrund zu rücken, deshalb möchten wir gerne ausführen, wieso diese Forderung nicht missverständlich, sondern nur konsequent ist«, schreiben sie in einer auf ihrer Internetseite veröffentlichten Stellungnahme. Man setze sich schließlich für Mieter, »bezahlbaren Wohnraum und lebenswerte Kieze« ein. »Daher stehen wir fest zu unseren Inhalten und unserer Aussage: Die Häuser denen, die drin wohnen!«

Der Direktkandidatin Bayram dürfte die Distanzierung der Bundespartei nicht gänzlich ungelegen kommen. Ermöglicht ihr diese doch, sich in der Öffentlichkeit als entschlossene Linke darzustellen, die sowohl charakterlich als auch politisch würdig sei, in die Fußstapfen des Urgesteins Hans-Christian Ströbele zu treten.

Einen besonderen PR-Coup konnte unterdessen der Linke-Politiker Pascal Meiser landen, der sich ebenfalls um das Direktmandat in besagtem Wahlkreis bemüht. So konnte der Linke-Bezirksverband Friedrichshain-Kreuzberg den prominenten Künstler Gerhard Seyfried gewinnen, ein Wahlkampfplakat für die demokratischen Sozialisten zu zeichnen.
Seyfried hatte früher auch Wahlplakate für Ströbele produziert, war aber mit den Grünen über Kreuz geraten. Die Grünen passten ihm nicht mehr, sagte Seyfried dem Tagesspiegel (Sonntagausgabe). »Mittlerweile ist die Linke ja buchstäblich die einzige Partei, die sich gegen Kriegseinsätze einsetzt«. Darum unterstütze er sie, so der Künstler.

Gute Chancen auf das umkämpfte Direktmandat hat unterdessen auch die SPD-Kandidatin Cansel Kiziltepe. Sie war sieben Jahre persönliche Referentin des 2013 verstorbenen SPD-Sozialpolitikers und entschiedenen »Agenda 2010«-Gegners Ottmar Schreiner, den sie – eigenen Angaben zufolge – als ihren politischen Ziehvater betrachtet. (bern)

Jochen

Griechenland: Verordnete Verarmung

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Die Profiteure sind deutsche Unternehmen der Touristik- und Transportbranche genaus so wie die europäischen Banken.
Herr Schäuble, der Zuchtmeister der EU, sitzt im Aufsichtsrat von Fraport, dem Unternehmen, dem jetzt die noch profitablen griechischen Flughäfen zufallen.
In der EU-Kommission sitzen viele, die direkt mit der Finanzwirtschaft verbandelt sind.
Und diese Leute quetschen das Land aus, im Interesse ihrer Auftraggeber.
Ausserdem soll im „Testlabor Griechenland“ ausprobiert werden, was sich so eine bevölkerung noch gefallen lässt.
Schock-Strategie_Naomi_KleinZiel ist es, die Strände mit Bettenburgen zu pflastern und genügend billige Hilfskräfte und Prostituierte zu haben. dazu muss erst jede Form von Nationalstolz gebrochen werden.
Genau das ist das Ziel der EU-Kommission – Schock-Strategie wie bei Naomi Klein beschrieben.
Hierzu in den Blättern Egbert Scheunemann:
https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2017/juli/griechenland-verordnete-verarmung
Auszüge:

Während Angela Merkel nach außen – und im Wahlkampf – die Europäische Union zur Schicksalsfrage erklärt, nehmen im Innern der EU die Auseinandersetzungen wieder zu. Im Brennpunkt steht dabei erneut der Umgang mit Griechenland.
Die Koalition um Ministerpräsident Alexis Tsipras stimmte am 19. Mai für ein weiteres Sparpaket, das als Voraussetzung für neue „Hilfen“ von Griechenlands Gläubigern gefordert wurde. Athen ist darauf angewiesen, weil Rückzahlungen fällig werden, die aus eigener Kraft nicht gestemmt werden können. Dagegen gab es massive Proteste vor dem griechischen Parlament – Ausdruck einer zunehmend verzweifelten Gesellschaft.

Doch das ficht die Kanzlerin und Finanzminister Wolfgang Schäuble nicht an, sie halten an der Austeritätspolitik fest. Derweil spricht sich Außenminister Sigmar Gabriel für eine Schuldenerleichterung für Griechenland aus – eine Position, die mittlerweile europaweit zunehmend Zustimmung findet und schon lange von einem der entscheidenden Gläubiger, dem IWF, befürwortet wird.
Tatsächlich zeigen die vergangenen Jahre wie auch die verheerende gegenwärtige Situation, dass die erdrückende Schuldenlast unbedingt vermindert werden muss, damit in Griechenland endlich die lang ersehnte wirtschaftliche Erholung eintritt. Diese scheitert bislang am Beharren der Gläubiger auf einer sinnlosen Kürzungspolitik. Während sie den griechischen Staat sanieren sollte, hat sie stattdessen das Land immer weiter in die Krise gestürzt.

Das ändern auch die Beschlüsse der Eurogruppe vom 15. Juni nicht: Athen erhält zwar weitere Kreditgelder, muss auf eine Schuldenerleichterung aber mindestens bis nach der Bundestagswahl warten.

Um die Absurdität der bisherigen „Rettungsversuche“ zu verstehen, hilft zunächst ein Blick auf die bloßen Summen, die bisher zwischen Gläubigern und Griechenland geflossen sind: Addiert man alle drei bisherigen Hilfspakete, wurde Griechenland ein Kreditrahmen von 368,6 Mrd. Euro gewährt – eine gewaltige Summe, gemessen am griechischen BIP von 176 Mrd. Euro im Jahr 2015.[1]
Allerdings wurde dieser Kreditrahmen bis 2015 nur im Umfang von 215,9 Mrd. Euro ausgeschöpft, und davon sind weniger als fünf Prozent, nämlich 10,8 Mrd. Euro, wirklich in den griechischen Staatshaushalt geflossen – wohlgemerkt als rückzahlbare, verzinsliche Kredite.
Der weit überwiegende Teil floss entweder in Zinszahlungen, in die Schuldentilgung bzw. in die Umschuldung – das heißt in einen Risikotransfer von privaten Banken hin zu öffentlichen Trägern (EU, EZB, IWF, ESM) – oder, jedenfalls teilweise, in die Finanzierung von Anreizen für private Gläubiger, sich am Umschuldungsprogramm zu beteiligen.

Umgekehrt hat Griechenland im Zeitraum von 2010 bis 2015 aber 52,3 Mrd. Euro an Zinsen an seine Gläubiger gezahlt, vor allem an EU, EZB und IWF. #
Bis 2018, wenn das dritte Programm ausläuft, werden es sogar 70,1 Mrd. Euro sein. Der Saldo des Kapitalflusses war und ist für Griechenland also negativ – trotz aller „Hilfen“. Damit wird deutlich, dass es sich letztendlich um die Ausbeutung des griechischen Staates handelt: Diese 70,1 Mrd. Euro Zinsen entsprechen etwa 40 Prozent des gesamten griechischen BIP des Jahres 2015.
Die griechische Bevölkerung hat quasi die ersten fünf Monate des Jahres 2015 nur für die Begleichung der Zinsansprüche der Gläubiger gearbeitet – und der Staat hatte danach keinen Cent weniger Schulden. So ist es letztendlich die Bevölkerung, die für die Krise aufkommen muss.
Das wird vor allem dann deutlich, wenn man die von den Gläubigern gestellten Bedingungen betrachtet, die Ursache für den negativen Saldo sind.

Kollabierende Sozialsysteme

Diese Bedingungen, die vor allem EU, EZB und IWF seit 2010 an die Vergabe von Krediten gegenüber der griechischen Regierung geknüpft haben, sind der zentrale Auslöser für die massiven Proteste gegen die andauernde Austeritätspolitik. An ihnen wird am deutlichsten sichtbar, welche Opfer die griechische Bevölkerung für die versprochene Rettung bringen musste und noch immer bringen muss.

Dabei geht es in erster Linie um massive Haushaltskürzungen vor allem im Sozialbereich, wie dem Gesundheits- und Rentensystem, um einen rigorosen Abbau der Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst sowie um eine teilweise drastische Kürzung der Entgelte der verbliebenen Staatsbediensteten.

Auch das jüngst verabschiedete Sparpaket steht in dieser Kontinuität: Um frisches Geld aus Europa zu erhalten, sollen die Renten nochmals um bis zu 18 Prozent gekürzt werden sowie außerdem der jährliche Steuerfreibetrag von 8636 auf 5700 Euro sinken.
Mit Rentnern und Geringverdienern sind damit auch diesmal, wie so oft in den vergangenen Jahren, die schwächsten Glieder der Gesellschaft am härtesten betroffen. Gefordert wird zudem ein weiterer Sozial- und Stellenabbau wie auch die Privatisierung staatlichen Eigentums, also das Veräußern oder Verpachten von Immobilien und Infrastruktureinrichtungen. Von den Privatisierungen und Haushaltskürzungen erhoffen sich die Gläubiger Service- und Effizienzgewinne, eine Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands sowie steigende Steuereinnahmen, die zur Rekapitalisierung griechischer Banken, zur Tilgung der Staatsschulden, aber auch für Investitionen genutzt werden sollen.

All dies soll eigentlich dazu führen, dass Griechenland „bis 2018 wieder auf eigenen Beinen steht“, wie Ministerpräsident Alexis Tsipras angekündigt hat.
Die vergangenen neun Jahre zeigen jedoch, dass das Gegenteil der Fall ist. Weil die Gewährung der Kreditspielräume an die Durchführung einer rigiden Sparpolitik geknüpft war und ist, kam es in Griechenland (zusätzlich forciert durch die internationale Banken- und Finanzmarktkrise) zu einem beispiellosen Zusammenbruch der Wirtschaft: So ist das BIP seit Krisenbeginn um gut 25 Prozent gesunken, die Arbeitslosigkeit auf bis zu 27 Prozent gestiegen und die Staatsschulden sind um 30 Prozentpunkte auf 176,9 Prozent (2015) des BIP gewachsen.

Das Kollabieren der Sozialsysteme führte zu massiver medizinischer Unterversorgung, Armut und Obdachlosigkeit. So mutet es fast zynisch an, wenn die EU-Kommission vor dem Hintergrund dieser verheerenden Folgen ihrer Politik betont, sie wolle Griechenland helfen, nachhaltiges Wachstum, finanzielle Stabilität, neue Wettbewerbsfähigkeit und niedrige Arbeitslosigkeit zu erlangen – mit der Intention, den Schwächsten der Gesellschaft mit Fairness zu begegnen.[2]

Die Apologeten der Austeritätspolitik verweisen in aller Regel auf die „griechischen Krankheiten“ – wie mangelnde internationale Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft, die staatsbürokratische Ineffizienz oder den Schlendrian bei der Steuereintreibung – als Ursachen der Krise. All dies trifft sicherlich bis zu einem gewissen Grade zu und kann erklären, warum sich die griechische Volkswirtschaft über lange Jahre weit weniger gut entwickelt hat als etwa die deutsche.
Es erklärt aber nicht den schockartigen Wirtschaftszusammenbruch, schließlich haben sich diese „Krankheiten“ nicht schlagartig verstärkt.

Vielmehr sind die rigiden Sparprogramme schuld am Zusammenbruch der griechischen Wirtschaft, was inzwischen selbst vom IWF eingestanden wird. Denn nicht nur die nackten Zahlen in puncto Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit sind alarmierend, sondern auch die dahinterliegenden Strukturen und Entwicklungen.
Immer mehr junge Griechen verlassen das Land auf der Suche nach Arbeit. Dabei bräuchte es gerade sie, um das ruinierte Land wiederaufzubauen.
Diejenigen, die bleiben, flüchten sich dagegen zum Teil in den oft aussichtslosen Versuch, mit Hilfe von Subsistenzwirtschaft zu überleben. Dabei werden sie außerdem von den massiv gestiegenen Einkommensteuern für landwirtschaftliche Betriebe ausgebremst.

Gescheiterte Privatisierungen

Vollkommen gescheitert ist auch der Versuch, der Staatsverschuldung mittels Privatisierungserlösen beizukommen. Bis Ende 2015 wurden nur etwa 3 Mrd. Euro eingenommen und bis 2018 sollen es nur 6 Mrd. Euro sein – winzige Summen, gemessen an den griechischen Staatsschulden von 314 Mrd. Euro im Jahr 2015 und an den immensen Zinsen, die Griechenland an seine Gläubiger zahlt.

Groteskerweise wurden bislang vor allem profitable, teilweise sogar hoch profitable Staatsunternehmen privatisiert, so dass dem griechischen Staat sprudelnde Einnahmequellen abhandenkamen. Die – in oft dubiosen Privatisierungsverfahren – gezahlten Summen können nur als Schleuderpreise bezeichnet werden.
Die Gewinne für die neuen Eigner, oft Staatsbetriebe anderer Länder, sind immens, genauso wie die Verluste für den griechischen Staat. So ging der Betrieb von 14 der insgesamt 37 griechischen Regionalflughäfen an die deutsche Fraport AG. Zwar erhielt der frühere staatliche Eigner dafür neben zukünftiger Pacht und Gewinnbeteiligung auch einmalig 1,23 Mrd. Euro. Allerdings entgehen Griechenland dadurch in den nächsten 40 Jahren auch beträchtliche Gewinne.
Zudem sollen betriebliche Risiken für das Unternehmen durch den Staat umfangreich entschädigt werden, etwa im Falle von Streiks oder bei notwendigen Reparaturmaßnahmen.

Für einen Schnäppchenpreis von lediglich rund 368,5 Mio. Euro wurde zudem im letzten Jahr der sehr profitable Hafen von Piräus, der größte des Landes, an die staatseigene chinesische Cosco-Group veräußert.

Wie bereits die bisherigen betreffen auch die anvisierten zukünftigen Privatisierungen in hohem Maße natürliche Monopole, etwa die Netze der Energie-, Wasser- oder Gasversorgung. Das birgt besondere Risiken für die griechische Bevölkerung, denn diese muss bei Monopolen in privater Hand mit erheblichen Preissteigerungen und Serviceverschlechterungen rechnen. Außerdem kann die arbeitende Bevölkerung zum Opfer von Sanierungs- und Kostensenkungsprogrammen werden, etwa in Form von Entlassungen oder Lohnkürzungen.

Eines liegt angesichts der anhaltenden griechischen Misere auf der Hand: Eine derartige Sparpolitik, die zu solch katastrophalen Ergebnissen geführt hat, muss fundamental falsch sein.

Es ist wirtschaftswissenschaftlich (und übrigens auch rein logisch) völlig unbegreiflich, wie schockartig verabreichte rigide Sparprogramme eine Volkswirtschaft, die sowieso schon in einer schweren Krise steckt, auf Wachstumskurs bringen sollen. So kann in der Wirtschaftsgeschichte kein einziger Fall angeführt werden, bei dem eine solche Politik nicht immer tiefer in die Krise geführt hätte statt aus ihr heraus.
Deutschland, das sich seit Jahren als Zuchtmeister geriert, hat nach dem Wirtschaftseinbruch von 2009 eine genau gegenteilige Politik expansiver Nachfragestärkung betrieben und damit großen Erfolg gehabt – was die Haltung des deutschen Finanzministeriums umso grotesker oder, böse gesagt, perfider erscheinen lässt.
Bei alledem wird klar, dass Griechenland niemals ohne eine fundamentale Schuldenerleichterung auf die Beine kommen wird. Die Forderung des IWF, die griechischen Staatsschulden mehrere Jahrzehnte lang zins- und tilgungsfrei zu stellen, ist als erster Schritt völlig richtig – denn schon das käme einem massiven Schuldenschnitt gleich.

Worauf die Gläubiger dabei „verzichten“ würden, wäre nicht etwas, was sie je gegeben hätten, sondern allein die weitere Ausbeutung der griechischen Bevölkerung durch die Eintreibung von Zins und Zinseszins – denn zu nichts anderem sind die griechischen Staatsschulden über die Jahre der Umschuldungen geworden: zu akkumulierten, exponentiell wachsenden Zinseszinsen. Oder anders ausgedrückt: Die Griechen zahlen schon seit Jahren „zurück“, was sie nie bekommen haben. Was der griechischen Wirtschaft und damit der griechischen Bevölkerung wirklich helfen würde, wäre dagegen das „frische Geld“, von dem immer gesprochen wird, das aber letztendlich nie tatsächlich in den griechischen Haushalt geflossen ist.

Allein die über 50 Mrd. Euro an Zinsen, die Griechenland seit 2010 an seine Gläubiger zahlen musste, wären ein gigantisches Konjunkturförderungsprogramm geworden und hätten die Staatseinnahmen massiv verbessert. Damit könnten beispielsweise Programme umgesetzt werden, die die Effizienz von defizitären Staatsunternehmen und der staatlichen Verwaltung steigern und diese grundlegend modernisieren – mit der Folge verlässlicher Mehreinnahmen durch den Staat und damit verbunden tatsächlicher neuer Unabhängigkeit von privaten Investoren und den großen Gläubigern.
Nicht – um nur ein Beispiel zu nennen – die Privatisierung der griechischen Staatsbahn ist die Lösung, sondern ihre Modernisierung, zum Beispiel nach dem Muster der staatseigenen Deutschen Bahn.

Zusätzliche Einnahmen könnte das Land allerdings darüber erhalten, dass es die profitablen Trassen- wie Stromnetze für private Bahnanbieter bzw. beispielsweise Ökostromproduzenten öffnet, ohne sie zu veräußern. Damit könnten die Staatsfinanzen saniert oder Sozialeinkommen gestärkt werden, anstatt sie wie bisher immer nur rigide zu kürzen. Das wären Reformen, die ihren Namen tatsächlich verdienten und hoffnungsvolle Perspektiven für die Binnennachfrage böten – im Gegensatz zu den bisherigen Kürzungsorgien. Auf diese Weise könnte sich die Regierung von Alexis Tsipras aus der Abhängigkeit von den Gläubigern befreien und in der Tat wieder auf eigenen Beinen stehen.

Dass die harte, im Ergebnis kontraproduktive Linie gegenüber Griechenland vor allem von Deutschland gefahren wird, kann wohl nur mit dem Versuch eines Wählerfangs an deutschen Stammtischen erklärt werden, an denen die Mär vom „faulen Griechen“ immer noch Hochkonjunktur hat.
Wem dagegen in Zeiten einer strauchelnden EU wirklich an einem starken und solidarischen Zusammenhalt Europas gelegen ist, der muss sich für ein Ende des bisherigen Spardiktats aussprechen. Hic Rhodus, hic salta: In der Frage des Schuldenschnitts für Griechenland kommt es zum Schwur darauf, wer ein wirklicher Europäer ist.

Siehe dazu auch: https://josopon.wordpress.com/2015/09/22/klassenkampf-der-troika-in-griechenland-gegen-senkung-der-rustungsausgaben-und-gegen-einfuhrung-ein-er-reichensteuer/

Was ist ein breites Bündnis?

Grundlegende Einschätzung der aktuellen Situation auf der Basis der geschichtlichen Erfahrungen der Arbeiterklasse

dimitroff„Man kann von Dimitroff lernen: wenn wir es nicht schaffen, glaubwürdig, weiterführend und militant gegen Kapitalismus, Faschismus und Krieg aufzutreten, dann räumen wir unseren faschistischen Todfeinden einen Spielraum ein, den sie sofort nutzen. Und es gilt zu verstehen, daß sie ihre Gewalt nicht einfach irrational, sondern durchaus zielgerichtet propagandistisch einzusetzen wissen.“

 

 

Die Wurfbude. Würfe und Entwürfe.


Zur grundlegenden Frage im antifaschistischen und antimilitaristischen Kampf

Der Faschismus ist …
die vollständigste und geschlossenste Erscheinungsform
der typischsten Tendenzen und politischen Bestrebungen
des modernen Kapitalismus.“
(Rajani Palme-Dutt 1934)[1]

„Der Faschismus an der Macht… ist …
die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals …
Der Faschismus ist die Macht des Finanzkapitals selbst.“
(Georgi Dimitroff 1935)[2]


Der folgende Text entstand bereits im September / Oktober 2016.
Die Redaktion der „jungen Welt“ stimmte zu, eine stark gekürzten Form samt einem Hinweis auf die hier vorgelegte vollständige Fassung zu veröffentlichen, was am 31.1.2017 geschah.
Die hier folgende Fassung enthält vor allem die in der Kurzfassung aus Platzgründen entfernten Quellenbelege sowie eine Literaturliste.
Mit Rücksicht auf die Veröffentlichung in der jW konnte die Langfassung des Textes erst zeitgleich mit der Publikation dort erfolgen.


Aktueller als je: die Notwendigkeit breiter Bündnisse gegen Faschismus und Krieg

Unsere Gegenwart…

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Restart Europe Now! – Für eine andere Europapolitik – Aufruf hier unterzeichnen !

EuroExitJochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Liebe Freunde, Kollegen, Genossen,

zunächst der aktuelle Kommentar zum Brexit von Oskar Lafontaine aus den NachDenkSeiten:

Großbritannien verabschiedet sich aus der EU. „Ein trauriger Tag für Europa und Großbritannien“, sagt Außenminister Steinmeier. „Sieg der Freiheit!“, jubelt die Chefin des rechtsextremen Front National, Marine le Pen. Von Oskar Lafontaine.

Die europäische Idee hat einen schweren Rückschlag erlitten. Aber nicht erst seit gestern. Und nicht so sehr durch das Votum der Briten, sondern schon seit Jahren durch die verheerende Austeritätspolitik. Rückportrait_msichtslos hat die Regierung Merkel den anderen Staaten eine Kürzungspolitik aufgedrückt und die Interessen der deutschen Banken, Konzerne und vor allem der deutschen Export-Wirtschaft bedient. Bedenkenlos wurde in Griechenland die Demokratie außer Kraft gesetzt, um diese Politik mit Brachialgewalt durchzusetzen. Dazu kommen Merkels Alleingänge, die in den europäischen Hauptstädten auf wenig Verständnis stießen. Die Kanzlerin hat somit an erster Stelle das zunehmende Misstrauen gegenüber der europäischen „Lobbykratie“ zu verantworten, das jetzt zum Brexit geführt hat.
 
Nicht nur in Großbritannien erleben die Bürgerinnen und Bürger Europa nicht mehr als Zukunftsversprechen und historische Chance. Vielmehr steht die EU derzeit für Sozialabbau, für das Schleifen von Arbeitnehmerrechten und für die Zerstörung der Demokratie.

 
Wer die europäische Idee retten will, der muss daher für einen Neuanfang in Europa sorgen. Europa muss sozial und demokratisch werden und seiner Jugend wieder eine Zukunft geben, oder es wird zerfallen.

Auch wenn hier überwiegend SPD- und Grüne Parteiprominente mit unterschrieben haben, finde ich den folgenden Aufruf genauso unterstützenswert wie die Initiative von Varoufakis:

http://restart-europe-now.eu/unterstuetzen/

Wir wollen für eine bessere Europapolitik sorgen.

Europa ist in seiner bislang schwersten, ja in einer existenziellen Krise, die an die faktischen und die moralischen Wurzeln des Zusammenschlusses geht.
Die britische Abstimmung über einen Verbleib des Königreichs in der EU, die noch immer nicht gelöste Euro-Krise, die zunehmende Polarisierung gegenüber Russland und die Zuspitzung des Flüchtlingsdramas, in dem die Abschottung zwischen den Staaten zunimmt und Europa zu jener Festung zu werden droht, die es nie werden wollte – alles dies unterminiert unsere Wertegemeinschaft und trägt zur Auflösung des europäischen Zusammenhalts bei.

Gleichzeitig steht eine Reihe von Mitgliedsländern in der Union unter dem Druck rechtskonservativer, rechtsextremistischer und europaskeptischer Parteien, die bei einem Wahlerfolg dem britischen Vorbild nachfolgen dürften.
Die jüngsten Studien der OECD erkennen, mit Ausnahme der skandinavischen Länder, eine zunehmende soziale Spaltung in den europäischen Mitgliedsländern, die ebenfalls zu einer Stärkung der rechtsextremen Parteien beiträgt.

Die Austeritätspolitik, die auf Druck Deutschlands alternativlos durchgesetzt wird und die demokratische Legitimation der EU schon seit Jahren unterminiert, stärkt zudem Fliehkräfte, die das grenzenlose Europa erst schwächen und dann zerstören können. Darunter leidet auch ganz offensichtlich die Attraktivität der Europäischen Idee bei den jungen Europäerinnen und Europäern, die besonders stark von Arbeits- und Perspektivlosigkeit betroffen sind.
Um dagegen anzugehen, haben sich Mitglieder verschiedener Parteien, von Gewerkschaften, Kirchen, der organisierten Zivilgesellschaft, ebenso wie aus der Wirtschaft und Wissenschaft zusammengefunden, um öffentlich für die demokratische und soziale Festigung und Weiterentwicklung der Europas zu kämpfen.

Die Europäische Union gründet im freien Zusammenschluss der europäischen Staaten und im Respekt vor ihrer Vielfalt. Sie ist eine Antwort auf die Zerstörung Europas im zweiten Weltkrieg und auf eine deutsche Hybris, die sich das vielfältige Europa untertan machen wollte, nicht zuletzt durch eine Politik und durch Ordnungsvorstellungen, die den Nachbarn aufgezwungen werden sollten. Der Erfolg dieser inneren Einheit Europas wurde in den letzten Jahren gerade auch durch deutsche Politik zunehmend aufs Spiel gesetzt.

Deshalb müssen wir dringend umsteuern. Auf neuen Wegen müssen wir zur Wiederbelebung der einigenden Europäischen Idee durch konkrete wirtschaftliche, soziale, friedenspolitische und kulturelle Initiativen und Strategien gelangen und damit den Europäischen Zusammenhalt stärken und weiterentwickeln.

HIER UNTERZEICHNEN !

„Restart Europe Now!“ ist eine überparteiliche Initiative, die den vorherrschenden Lösungsstrategien bei der Überwindung der Krisen in der Europäischen Union eine klare Alternative entgegensetzen möchte.
Wir sind davon überzeugt, dass eine echte Schubumkehr dringend notwendig ist. Dafür kritisieren wir die fatalen Auswirkungen einer gescheiterten Austeritäts- und Abschottungspolitik und formulieren konkrete Vorschläge, um einen nachhaltigen Ausgleich zwischen den europäischen Interessen zu erreichen.
Wir suchen den Austausch und die Zusammenarbeit mit allen Kräften, die für ein solidarisches Europa in Frieden, Wohlstand und sozialer Sicherheit eintreten.
Der beste Aufruf und die besten Ideen nützen wenig, wenn keine*r sie unterstützt und verbreitet. Hier können Sie deshalb unseren Aufruf unterstützen.
Wir würden uns sehr freuen wenn dieser Aufruf nicht nur von vielen Menschen unterzeichnet, sondern auch verbreitet wird um ihn bekannt zu machen!
Jochen

Ein funktionierendes, überzeugendes, linkes antifaschistisches Projekt gegen die Rechts-Entwicklung in Europa und in Deutschland

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

scheint mir ein erstrebenswertes, wenn auch weit ehntferntes Ziel.
In Nördlingen versuchen eine Handvoll Leute, dafür eine lokale Basis zu schaffen.
Wer dabei mitarbeiten will, kann am Dienstag, 16.2.2016 zur Mahnwache der DFG-VK in die Berger Str. anlässlich des ersten „Stammtisches der AfD“ im „Sixen“ um 18:30 kommen.

Und hier der passende, ausführliche Text aus der emanzipatorischer Linken:
http://www.neues-deutschland.de/artikel/1001546.das-unmoegliche-fordern-um-das-moegliche-zu-erreichen.html
Auszüge:

Das Unmögliche fordern, um das Mögliche zu erreichen

Rot-Rot-Grün ist keine Option für den Bund im kommenden Jahr. Für die Linke gibt es dennoch viel zu tun: Solidarisch an der Seite der Geflüchteten.
Ein Debattenbeitrag von Anne Helm, Oliver Höfinghoff und Peter Laskowski

«Das Unmögliche zu wollen, ist die Voraussetzung dafür,
das Mögliche zu schaffen.» (Karl Liebknecht)

Rot-Rot-Grün (=R2G) ist für 2017 im Bund gescheitert, weil es keinen gesellschaftliche Konsens für R2G gibt.
Ein solcher gesellschaftlicher Konsens zugunsten von R2G ist aber notwendig, um eine tragfähige Basis für eine parlamentarische Mehrheit von R2G zu schaffen.

Wenn nichts Unvorhergesehenes passiert, wird nach den Bundestagswahlen 2017 einzig die Frage gestellt werden, wer mit der CDU-Kanzlerin regieren darf. Die Möglichkeiten, die für die CDU zur Wahl stehen sind Union und SPD oder Union und Grüne. Die einzig spannende Frage am Wahlabend 2017 wird sein: Ist Schwarz-Grün stärker als SPD, «Die Linke» und AfD zusammen und gegenüber der CSU durchsetzbar?

Es gibt keine Aufbruchstimmung und keine laut artikulierte Unzufriedenheit mit den gesellschaftlichen Zuständen, die R2G zugute kommen würde.
Eher im Gegenteil: Die einzige sich laut artikulierende Unzufriedenheit mit den gesellschaftlichen Zuständen kommt von rechts und ist zutiefst rassistisch und rückwärtsgewandt. «Nichts erinnert an die […] – später enttäuschte – Aufbruchstimmung 1997/1998», beschreibt die Linken-Politikerin Halina Wawzyniak die Lage[1].

Keine Aufbruchstimmung wie 1998

Anders, als zu Beginn von Rot-Grün unter Schröder und Fischer gibt es keine Aufbruchstimmung, besteht, für die Masse der Bevölkerung, aktuell kein Bedarf an einer Veränderung und Modernisierung der Gesellschaft. Rot-Grün hat 1998 mit dem Versprechen, das Land zu modernisieren und umzugestalten, ein politisches Projekt angeboten, das bei den eigenen Anhängern Hoffnungen weckte und gesellschaftlich mobilisierend wirkte. Demgegenüber stand das «Weiter so» der Kohl-Regierung, das nicht einmal mehr auf die eigene Anhängerschaft überzeugend und damit mobilisierend wirkte.

Mit dem Versprechen einer nachholenden Modernisierung gelangten 1998 Politiker in die Regierung, die einen Wechsel symbolisierten und die Hoffnungen auf einen Wechsel an vielen Stellen auch erfüllten. Der Atomausstieg, die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, die Ausländerpolitik – dies alles erfüllte Hoffnungen[2] und ließ Deutschland als liberales, weltoffenes und modernes Land erscheinen. Das durch Helmut Kohl versinnbildlichte graue, altmodische und starre, oft rückwärts gewandt agierende Deutschland schien überwunden.

Rot-Grün wurde 1998 gesellschaftlich getragen, weil es innerhalb der Gesellschaft das Bedürfnis gab, mit einem anderen Politikstil eine umfassende und notwendige Reformierung der Gesellschaft einzuleiten. Obwohl sich rot-grün viele emanzipatorische Projekte vorgenommen hatte, blieben am Ende doch nur Sozialabbau (Hartz IV) und Kriegseinätze. Hieran zerbrach letztendlich die die Regierung tragende gesellschaftlichen Mehrheit.

R2G hat in Thüringen mobilisiert

R2G hat 2014 in Thüringen mit dem Versprechen, Thüringen umzugestalten, zu modernisieren und gleichzeitig Bewährtes zu erhalten, ein politisches Projekt angeboten, das bei den eigenen Anhängern Hoffnungen weckte und in Thüringen mobilisierend wirkte. Viele positive Projekte, die R2G in Thüringen angestoßen hat, werden von breiten Teilen der Bevölkerung getragen. Man denke nur an die allgemeine und Breite Zustimmung zum Winterabschiebestopp 2014, an die Begrüßung von Flüchtlingen durch Bodo Ramelow und an ähnliches.

Obwohl R2G in Thüringen nicht die erste Regierungsbeteiligung der Linken in Deutschland darstellt, ist diese Koalition doch die emotional aufgeladenste bisher. Selbst die 50 Prozent der PDS in Ost-Berlin und Gysi als Wirtschaftssenator hatte weniger Strahlkraft als R2G in Thüringen.

In der allgemeinen Euphorie über das Zustandekommen von R2G in Thüringen wurde eine einfache Wahrheit vergessen. Diese fasste die ehemalige Bundessprecherin der Grünen, Verena Krieger, mit den Worten zusammen[3]: «Der Staat ist kein Fahrrad, auf das man sich einfach setzen und in beliebiger Richtung losradeln kann.» Auch die Thüringer Genoss*Innen konnten nicht einfach auf das Rad Thüringen steigen und die Umgestaltung Thüringens hin zu einer besseren Gesellschaft beginnen.

«In Mitte-Links-Regierungen [wie R2G eine darstellt] repräsentiert ‘Die Linke’ mit der Gesamtheit ihrer politischen Positionen eine gesellschaftliche Minderheit, auch wenn einzelne ihrer Forderungen (wie zum Beispiel der Mindestlohn) gesellschaftlich mehrheitsfähig sein können. Damit dürfte klar sein, dass die Kompromissbildung in Koalitionsverhandlungen nur punktuell zugunsten linker Positionen ausfallen kann…», so etwa Harald Wolf[4].

Wie viel links geht in Kompromissen?

Weil die Kompromissbildung nur punktuell zugunsten linker Positionen ausfallen kann, auch wenn «Die Linke» innerhalb der Regierungskoalition die Stärkste der Parteien ist, ist die Kompromissbildung die Grundlage von Mitte-Links Regierungen. Um den Preis der Regierungsbeteiligung und der Hoffnung, etwas in dieser Gesellschaft verändern zu können, müssen die Mitglieder der Linken sich, immer wieder und wieder die Frage stellen: Ist der Weg, sich auf Kompromisse einzulassen, der richtige?

Diese Kompromissbildungen sind um so schwieriger für «Die Linke» zu akzeptieren, um so heftiger sie das Selbstverständnis unserer Partei tangieren.
Eines der besten und bittersten Beispiele ist hierfür die Durchführung von Abschiebungen durch R2G in Thüringen.

Auch für R2G in Thüringen gilt, «dass der Wert einer Regierungsbeteiligung […] sich an ihren Ergebnissen [bemisst]. Wobei der Maßstab nicht einfach das Wünschenswerte ist, sondern die Ausgangslage der ökonomischen, gesellschaftlichen und politischen Kräfteverhältnisse», wie es Carola Bluhm, Malte Krückels und Udo Wolf über «10 Jahre Rot-Rot in Berlin» schreiben[5].

Und das ist das Problem. Es gibt in Thüringen nun einmal keine wie auch immer geartete Mehrheit, weder in der Gesellschaft, noch in der Basis von R2G die den Schutz von Flüchtlingen über die Einhaltung von (leider existenten) Gesetzen stellt würde. Da mag der Genosse Ramelow sich selber, um Abschiebungen zu verhindern, in die vorderste Front der Blockierenden einreihen wollen, es ändert aber nichts daran das er als Ministerpräsident schlicht an die Einhaltung von Bundesgesetzen gebunden ist.

Hier kommt eine weitere Besonderheit der Partei «Die Linke» zum Tragen, denn sie «bildet in den Ländern und im Bund den linken parlamentarischen Rand – und auf absehbare Zeit wird sich daran wohl nichts ändern. Das heißt, jede Zusammenarbeit mit parlamentarischen Kräften, sei es in einer Regierung oder in einer gemeinsamen Oppositionsrolle – erfolgt stets nach rechts hin. Das ist einerseits schön: Weil wir und unserer Inhalte so mit dem Nimbus des Progressivsten und Emanzipatorischsten ausgestattet sind; andererseits ist es eine Herausforderung an unsere Wähler und unsere Partei, weil wir mit jedem Kompromiss und jeder Vereinbarung nach rechts gezogen werden

Da jeder Kompromiss innerhalb von R2G immer ein Kompromiss nach rechts hin ist, wird so mit jedem Kompromiss Widerstand an der eigenen Basis und im außerparlamentarischen Raum erzeugt. In Thüringen steht die Basis, aber auch der Großteil der sich außerparlamentarisch engagierenden Menschen noch zu R2G, weil diese Regierung nach wie vor eine Verbesserung gegenüber der Vergangenheit darstellt.

Die Linken im Abwehrkampf gegen Rechts

Wie eingangs dargestellt, ist R2G für 2017 im Bund gescheitert, weil es eindeutig keine «gesellschaftliche Mehrheit für Rot-Rot-Grün gibt».
Dies ist nicht zuletzt dem aktuellen Rechtsruck in Deutschland und Europa geschuldet, aber auch der Tatsache, dass viele Linke in Deutschland noch nicht begriffen haben, dass wir uns, ohne über ein linkes Gegenprojekt zu verfügen, in einem Abwehrkampf – unter anderem – gegen die organisierte Rechte befinden. Einen Abwehrkampf, bei dem es nicht darum geht, wer «am radikalsten den Kapitalismus kritisiert».
Um es mit Klaus Ernst zu sagen[6]: «Es geht um alles.»

«Die fehlende linke Diskursmehrheit hat sich in den letzten Jahren der großen Koalition deutlich bemerkbar gemacht. Die Seehofers […] dieser Republik stören sich nicht an dem etablierten braunen Mob, begründet er doch ihre ‘besorgte Bürger’-Rhetorik und entschuldigt das Versagen bei Aufklärung und Verhinderung von rechten Gewaltexzessen», so die Ex-Piraten in ihrem «Aufbruch in Fahrtrichtung links»[7].

Betrachten wir die Ausgangslage, vor der wir 2017 stehen werden. Wir müssen konstatieren, dass der kurze Sommer der Willkommenskultur in Deutschland vorbei ist. Übriggeblieben ist eine starke außerparlamentarische Bewegung. Hunderttausende, wahrscheinlich weit über eine Million Menschen in Deutschland engagieren sich in der Flüchtlingsarbeit.

Wenn heute gewählt würde, säße in Deutschland die AfD im Bundestag. «Kein Tag vergeht, an dem nicht Flüchtende in Deutschland angegriffen und diskriminiert werden – auf der Straße und durch Politik und Verwaltungen. Der laute Pöbel regiert die Straße und zieht nach und nach in die Parlamente ein. CDU und CSU packen alte Vorurteile in neue Gewänder und haben dieses Landes weit nach rechts verschoben.»

Europas politische Achse: nach rechts

Die politische Achse Europas hat sich nach rechts verschoben. «Ängste der Massen werden zu Teilen rechtspopulistischer Inszenierungen und nach der Machtergreifung durch Wahlen beginnt der autoritäre Umbau von Staat und Gesellschaft», so Dominic Heilig und Luise Neuhaus-Wartenberg in ihrem Beitrag zur Debatte um eine Linkswende[8].

Wir befinden uns in einen Abwehrkampf gegen den politischen Rechtsruck in Deutschland und in Europa. Hierbei kommt der Bundesrepublik aus zwei Gründen eine besondere Rolle zu: Zum einen ist Deutschland die zentrale europäische Hegemonialmacht. An Deutschland läuft in Europa, solange es um Geld und den Verbleib in der Union geht, nichts vorbei. Eindrucksvoll konnte dies am Umgang mit der SYRIZA-Regierung in Griechenland beobachtet werden. Um es mit den Worten des Genossen Giorgos Chondros von SYRIZA zu sagen: «Es wird für ganz Europa schwierig, wenn sich die Verhältnisse vor allem in Deutschland nicht ändern.»

An der Veränderung der Verhältnisse in Deutschland zu arbeiten ist die Aufgabe der Linken. Allerdings muss dies in Zusammenarbeit mit den anderen linken Parteien in Europa erfolgen. Für uns steht unzweideutig fest, dass der Rahmen, in dem wir uns bewegen, der Europäische Raum ist. Unser Streben nach gesellschaftlichen Veränderungen muss immer auch ein Streben nach Veränderungen in Europa beinhalten. Für uns gilt als Grundsatz, dass wir nicht gegen die EU und den Euro kämpfen, sondern gegen die neoliberale EU und eine neoliberale Währungspolitik. Mit uns wird es kein zurück zum Nationalstaat und einer nationalen Währungssouveränität geben. Für uns steht unumstößlich fest, was auch der SYRIZA-Mann Chondros sagt: «Die Rückkehr zum Nationalstaat ist keine Option und Nationalismus kein linkes Projekt.»

Für uns steht auch fest: Der Feind, der dem besseren Leben für alle entgegensteht und die Verhältnisse, in denen der Mensch ein Verächtliches und geknechtetes Wesen ist, aufrechterhalten will, steht rechts.

Überzeugende linke, antifaschistische Politik

Eine der Aufgaben der Linken in Deutschland ist es, die Präsenz der AfD und anderer Parteien rechts von der Mitte in den Parlamenten durch überzeugende linke, antifaschistische Politik zu verhindern bzw. zu beenden. In einem Papier haben Politiker der Linken formuliert[9]:
«Der Rassismus ist dort am größten, wo die hart erarbeitete kleine eigene Welt, wo Haus, Auto und Urlaub durch die Konfrontation mit Armut und Elend der geflüchteten Menschen als bedroht empfunden wird. Wo es am wenigsten Migrantinnen und Migranten gibt, dort werden sie am meisten gehasst, die Fremden – und die ‚Hartzer‘, die Langzeitarbeitslosen!»

Die seit Jahrzehnten erfolgende Aushöhlung des Sozialstaats, die, wie es Christoph Butterwegge nachgezeichnet hat[10], in der sozialliberalen Koalition der 1970er Jahre begann, in den Jahrzehnten der schwarze-gelben Kohl-Regierung brutal weitergeführt wurde und in der «Agenda 2010» ihren traurigen Höhepunkt fanden, hat den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft nachhaltig zerstört.
Die der neoliberalen Ideologie folgende Enteignung der Bevölkerung durch den (Aus-)Verkauf öffentlichen Eigentums, verniedlichend Privatisierung genannt, flankierte die zunehmende Verarmung von Teilen der Gesellschaft mit einer drastischen Einschränkung der öffentlichen Daseinsvorsorge.

Durch die «drastische Einschränkung der öffentlichen Daseinsvorsorge [wurden] auch die sozialen Grundlagen der Demokratie angegriffen […] und die damit verbundenen angeblichen Sachzwänge der neoliberalen Krisenbearbeitung zogen eine Krise der politischen Repräsentation nach sich».

Auf dieser Grundlage entwickelte sich ein Wählerpotential, das nach Alternativen zu den bestehenden, die Politik bestimmenden Parteien suchte.
Diese Wähler*Innen sind latent rassistisch, vorurteilsbeladen und autoritätsgläubig, halten sich jedoch für in der Wolle gewebte Demokraten. (Hierzu als Lektüre empfehlenswert: Theodor W. Adorno: «Studien zum autoritären Charakter».)
Kernpunkt ihres politischen Feindbildes sind die Europäische Union, der Euro und die Bankenrettung. Unter einer dünnen Firnis von Zivilisation und demokratischen Einstellungen tritt schnell eine zutiefst rassistische, militanten Antikommunismus und neofaschistischen Terror verharmlosende und entschuldigende Einstellung zutage.

Die AfD propagiert «die Verschärfung von Austeritätspolitik, Neoliberalismus, Ausgrenzung sowie anti-egalitären und rückwärtsgewandten Vorstellungen der Gesellschaft».
Damit trifft sie das Weltbild der vorgenannten Wähler*Innen-Gruppe im großen Maße und lässt dieser die Illusion, Demokraten zu sein und nicht über ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild zu verfügen.

Für eine linke Diskursmehrheit

Wichtig ist auch, dass wir analysieren, warum «Die Linke» Stimmen an die Rechtspartei verloren hat. Diese Analyse ist entscheidend für die Beantwortung der in einem Beschluss des Vorstands[11] von «DieLinke» formulierten Frage, «wie die AfD (bei anstehenden Wahlen) geschwächt werden kann».

Bei unserem Kampf gegen rechte und autoritäre Positionen geht es auch und zuallererst darum, eine linke Diskursmehrheit zu erringen. Um diese zu erreichen, müssen wir außerparlamentarisch aber auch parlamentarisch Teil eines Bündnisses gegen die AfD sowie rechte und autoritäre Einstellungen werden. Dieses Bündnis muss geprägt sein durch die auch von Gregor Gysi formulierte Erkenntnis[12], «dass wir alle verlieren werden, wenn es uns nicht gelingt, ein funktionierendes, überzeugendes, linkes [antifaschistisches] Projekt gegen die Rechts-Entwicklung in Europa und in Deutschland auf die Beine zu stellen».

Über dieses Bündnis muss es uns gelingen, eine gesellschaftliche Mehrheit mit der Mitte, die als Bollwerk gegen die Rechtsentwicklung wirken kann, zu erringen. Ob diese gesellschaftliche Mehrheit 2021 zu R2G im Bund führt ist dabei zweitrangig. «Das Wasser von rechts steigt, und wie existenzbedrohlich hoch es steigen kann, zeigt der Blick auf unsere Nachbarn», so Klaus Ernst[13].
Wir müssen alles daran setzen, eine linke Diskurshoheit in Deutschland zu erringen. «Die Zeichen stehen auf Sturm und die Linke muss das ihr Mögliche tun, um die Offensive im Kampf für eine wirklich linke Regierung in Deutschland einzuleiten», so das Institut Solidarische Moderne[14].

Auch wenn R2G mit dem Verhalten der SPD und Teilen der Grünen in der Flüchtlingsfrage als Parteienprojekt 2017 keine Perspektive hat, so müssen wir um das Zusammenführen von R2G als gesellschaftliche Mitte-Links Strömung ringen. Das Jahr 2016 nimmt dabei nicht nur für uns eine Schlüsselrolle ein.

Deutschland und die Geflüchteten

«Deutschland hat im Jahr 2015 mehr als 700.000 Geflüchtete aufgenommen und zunächst notdürftig versorgt. Wie sehr die europäische und die bundesrepublikanische Gesellschaft durch diesen Umstand erschüttert worden sind, ist noch nicht erforscht, die Implikationen können uns noch nicht klar werden. Sie beginnen und sie enden sicher nicht mit dem Aufstieg der Deutschen Rechten in Form der rechtsradikalen AfD.
Wie sich unsere Gesellschaft verändern muss und verändern wird mit den Menschen in der Not, denen wir die Hand reichen, lässt sich sicher auch nicht im Jahr 2016 beantworten. Das muss in den nächsten Jahrzehnten diskutiert werden. Wir sind überzeugt, dass es eine linke Diskurshoheit bei diesen und allen anderen umwälzenden Prozessen der globalisierten Gesellschaft und Ökonomie braucht, wenn nicht nur der gesellschaftliche Fortschritt der nächsten Jahre gerettet, sondern auch der Fortschritt der letzten Jahrzehnte geschützt werden soll», wie es die Ex-Piraten in ihrem «Aufbruch in Fahrtrichtung links» formuliert haben[15].

Es muss uns gelingen, gesellschaftliche Kämpfe und kulturelle Veränderung zu nutzen, um den Weg hin zu einer emanzipatorischen Politik zu ermöglichen und linken Regierungen den Weg zu öffnen. Darum lautet die strategische Frage, vor der wir stehen: «Wie lässt sich die neoliberale Hegemonie durchbrechen?»

Wie lassen sich gesellschaftliche Mehrheiten für eine soziale, emanzipatorische, antirassistische, ökologische und kulturelle Veränderung der Gesellschaft gewinnen?

Immer mehr Menschen erleben «die Politik» als etwas, das nichts mit ihrem Leben zu tun hat. Sie wenden sich von der tradierten Politik ab, die in Strukturen und nach Formen arbeitet, die nicht die der Menschen sind. Sie gehen oft nicht mehr wählen, gehören weder Parteien noch Gewerkschaften an und entziehen sich so dem tradierten Politischen.

Eine Bewegung der Solidarität

Sie haben gleichzeitig spontan zu Hunderttausenden mit anderen eine starke außerparlamentarische Bewegung, die freiwillige Flüchtlingsarbeit, entstehen lassen. Tausende engagieren sich in außerparlamentarischen Organisationen wie dem Chaos Computer Club und bearbeiten dort Probleme wie die der Entwicklung der Arbeit oder der Bürgerrechte unter dem Eindruck der Digitalisierung. Wieder andere engagieren sich in der Arbeitslosenbewegung und den Initiativen für ein Bedingungsloses Grundeinkommen. Viele Menschen, die mit der etablierten Politik und den parlamentarischen Parteien nichts mehr anfangen können, arbeiten in antifaschistischen Initiativen.

Diese Menschen müssen nicht, wie gebetsmühlenartig auch in «Die Linke» behauptet wird, «für die Politik zurückgewonnen werden». Denn sie sind zutiefst politisch – wir müssen ihnen aber Möglichkeiten eröffnen, an einem Projekt zur sozialen, emanzipatorischen, antirassistischen, ökologischen und kulturellen Veränderung der Gesellschaft mitzuarbeiten und selbst mitzuentscheiden, wie dies aussehen soll.
Emanzipatorische Politik muss am Alltagsleben der Menschen ansetzen und auch dort stattfinden. Ein emanzipatorisches politisches Projekt muss die Interessen und Hoffnungen der Menschen aufgreifen, dort ansetzen und ihre Alltagserfahrungen im politischen Kampf berücksichtigen. Bei ihnen gibt es Bedarf an einer zukunftsorientierten und kulturoptimistischen, einer grenzenlosen und solidarischen Politik, die die Chancen der digitalen Revolution aufgreift, wie es an dieser Stelle[16] bereits einmal hieß.
Hierzu müssen wir antworten auf Fragen finden wie «die nach der Verfügung über all diese Daten, Algorithmen und Kommunikationsinfrastrukturen. Sie liegt zunehmend in der Hand privater Konzerne, die sie nicht zuletzt für staatliche Überwachungszwecke und digitale Kriegsführung bereitstellen.»

All diese Menschen müssen wir in ein gemeinsames emanzipatorisches Projekt einbinden. «Es geht um den Ausstieg aus alten Routinen, um ein freies Zusammenspiel und die produktive Austragung von Konflikten», so hat es das Institut Solidarische Moderne einmal formuliert[17]. Für uns ist die Vertiefung der Rolle von «Die Linke» als die Partei der Flüchtlingshelfer*Innen hierbei von fundamentaler Bedeutung.

Partei der Flüchtlingshelfer*Innen

Das eine ist die Vertiefung der Rolle von «Die Linke» als die Partei der Flüchtlingshelfer*Innen. Wir müssen Sprachrohr des Widerspruchs gegen eine Flüchtlingspolitik werden, die Geflüchtete zum Objekt von Politik macht und keine «unumwundene Solidarität mit Geflüchteten» übt.
Wir sehen «Die Linke» als Teil eines linken Projektes um die Gewinnung der Diskurshoheit:solidarisch, ohne Wenn und Aber, an der Seite der Geflüchteten.  

«Die Linke» muss eine «unmissverständliche Solidarität mit den Geflüchteten und eine klare Absage an geschürte Ängste, seien es angebliche finanzielle Belastungen, Integrationsprobleme oder vermeintliche Verteilungssorgen» üben.
Was die Refugees brauchen, ist eine klare Fürsprecherin für ihre Interessen im Parlament und in der Öffentlichkeit. … Dabei gibt es viel zu gewinnen: Millionen, vor allem junge Menschen in Deutschland setzen sich für Geflüchtete ein, helfen bei Geflüchteten-Initiativen, tragen Spenden zusammen und gehen für die Rechte von Geflüchteten und für das Asylrecht auf die Straße. Viele dieser Menschen stehen der LINKEN nahe.
Wir wünschen uns, dass ‘Die Linke’ dieses Potential aufgreift, ihm eine Stimme gibt und ihre antirassistischen Grundsätze unumwunden und prominent in die Öffentlichkeit trägt, überall wo sich ihr die Möglichkeit bietet.
Das bedeutet ein klares Ja zu offenen Grenzen, die Zuversicht, dass Geflüchtete für die Gesellschaft keine Last bedeuten und die Klarstellung, dass die Krise Ausdruck des zunehmenden Rassismus in der Gesellschaft ist«, heißt es in diesem Aufruf der Linksjugend[18].

Natürlich muss »Die Linke« darüber hinaus natürlich weiter gegen die Zerstörung der Demokratie, gegen den Fiskalpakt, gegen TTIP, CETA und TISA in der vorliegenden Form, gegen jede Veränderung des Rechts auf Asyl, außer es handelt sich um eine Rückkehr zum ursprünglichen Artikel 16 des Grundgesetzes, und gegen die aktuellen Anti-Asylgesetz, die Vorratsdatenspeicherung, gegen die Rücknahme der Energiewende und gegen NATO-Kriege eintreten. Darin sehen wir zum Vorstehenden keinen Widerspruch.

Auf der Basis des von uns skizzierten Projekts kann es uns gelingen, gesellschaftliche Kämpfe und kulturelle Veränderung zu nutzen, um den Weg hin zu einer emanzipatorische Politik zu ermöglichen und R2G bis zum Jahr 2021 den Weg zu öffnen.
Einen Automatismus gibt es hierbei nicht, aber eine Hoffnung: Durch das Fordern des Unmöglichen das Mögliche zu erreichen.

Anne Helm, Oliver Höfinghoff und Peter Laskowski sind Mitglieder im Bundeskoordinierungskreises der Emanzipatorischen Linken[19].

Links:

  1. http://blog.wawzyniak.de/r2g/#sthash.txnBI2d4.dpuf
  2. http://www.faz.net/aktuell/politik/regierungsbilanz-die-schoenste-form-der-hausbesetzung-1252552.html
  3. http://www.zeitschrift-luxemburg.de/der-staat-ist-kein-fahrrad/
  4. http://www.zeitschrift-luxemburg.de/der-staat-ist-kein-fahrrad/
  5. http://www.die-linke-berlin.de/politik/positionen/partei/strategiedebatte/10_jahre_rot_rot_in_berlin/
  6. http://www.fr-online.de/gastbeitraege/gastbeitrag-runter-von-der-zuschauertribuene-,29976308,32653602.html
  7. http://www.neues-deutschland.de/artikel/998923.aufbruch-in-fahrtrichtung-links.html
  8. http://forum-ds.de/wp-content/uploads/2016/01/Die-Machtfrage-von-links-stellen.pdf
  9. http://www.neues-deutschland.de/artikel/996632.fuer-eine-linkswende-gegen-den-rechtstrend.html
  10. http://www.christophbutterwegge.de/texte/Ein neoliberales Drehbuch fuer den Sozialabbau.pdf
  11. http://www.die-linke.de/partei/organe/parteivorstand/parteivorstand-2014-2016/beschluesse/umgang-mit-der-afd/
  12. http://www.neues-deutschland.de/artikel/995969.rot-rot-gruen-als-historischer-kompromiss.html
  13. http://www.fr-online.de/gastbeitraege/gastbeitrag-runter-von-der-zuschauertribuene-,29976308,32653602.html
  14. https://www.solidarische-moderne.de/de/article/439.die-chance-nutzen-nach-der-griechischen-wahl.html
  15. http://www.neues-deutschland.de/artikel/998923.aufbruch-in-fahrtrichtung-links.html
  16. http://emaliberlin.files.wordpress.com/2015/06/linke-und-die-perspektiven-der-digitalen-revolution1.pdf
  17. http://www.solidarische-moderne.de/de/article/439.die-chance-nutzen-nach-der-griechischen-wahl.html
  18. http://www.linksjugend-solid.de/2015/12/11/aufruf-zu-unumwundener-solidaritaet-mit-gefluechteten
  19. https://emanzipatorischelinke.wordpress.com/

Jochen

Offener Brief eines langjährig aktiven Funktionärs an SPD-Parteivorstand: „Kann diese Politik nicht mehr unterstützen“

Nur einige Wochen nach dem Austritt von Prof. Dehler  https://josopon.wordpress.com/2015/12/17/ein-christ-und-pazifist-verlasst-nach-41-jahren-die-spd-rucktrittsschreiben-von-prof-dr-dehler/ verlässt ein weiterer aufrechter Sozialdemokrat die Karrieristen-und Kriegsgewinnlerpartei.

Klaus_HabelKlaus Habel war seit 1969 Basis-Mitglied der SPD. Damals 17-jährig, trat er mit seinem Parteiengagement in die Fußstapfen seines Großvaters, der nach dem Krieg gar seinen SPD-Ortsverein neugegründet hatte. Nun ist Habel aus der Partei ausgetreten. Der Offene Brief, der diesen Schritt begleitet, gleicht einer Generalabrechnung und zeugt von tiefer Enttäuschung durch die ehemaligen Genossen. RT Deutsch dokumentiert das Schreiben im Wortlaut – komplett und mit interessanten Kommentaren hier: 

https://deutsch.rt.com/inland/36186-offener-brief-mitglieds-an-spd/

Mittlerweile ist auch ein Live-Interview von RTDeutsch auf YouTube veröffentlicht worden, Hier anzusehen: https://www.youtube.com/watch?time_continue=3&v=obXX0eMKKdU&ab_channel=RTDeutsch

Sehr geehrte Damen und Herren,

bitte entschuldigen Sie diese etwas seltsame Anrede, aber die Rede von den Genossinnen und Genossen geht mir angesichts der Ergebnisse des letzten Parteitages leider nicht mehr so einfach über die Zunge. Aus eben diesem Grunde kann ich auch nicht umhin, dieses Schreiben als Offenen Brief zu verfassen.

Mein Großvater hat 1919 den SPD-Ortsverein in unserer Gemeinde gegründet. Während der Nazi-Diktatur stand er unter Beobachtung und entging wohl nur wegen seiner (kriegswichtigen) beruflichen Kenntnisse und Qualifikationen (im Flugzeugbau) einem ärgeren Schicksal. Sein ältester Sohn wurde über der irischen See abgeschossen und zum Glück von den Iren aus dem Meer gefischt. Seine Tochter, meine Mutter, musste Kriegshilfsdienst leisten und der jüngste Sohn sollte 1945 als 15-jähriger noch zum Kriegsdienst eingezogen werden.

Mein Vater war sechs Jahre im Krieg, was zu seiner frühzeitigen Invalidität führte, und zwei seiner Brüder sind im Krieg gefallen.

1946 hat mein Großvater den SPD-Ortsverein neu gegründet und viele Jahre lang geführt.

Vor diesem Hintergrund bin ich 1969 als damals 17-jähriger in die SPD eingetreten und habe im damaligen Wahlkampf mitgearbeitet. Während der vergangenen 46 Jahre habe ich nahezu ununterbrochen als Funktionär oder Mandatsträger auf der Ebene unserer Gemeinde bzw. unseres Unterbezirks gearbeitet. Diese Tätigkeit hat mich nicht nur Zeit und Geld gekostet sondern mir auch wiederholt berufliche und soziale Nachteile eingebracht.

Ich habe mich nie darüber beklagt und werde dies auch in Zukunft nicht tun – Ziel von Sozialdemokraten ist es schließlich, die Gesellschaft voranzubringen und die Lage der arbeitenden Menschen zu verbessern. Solange dieses Ziel verfolgt wird, sind Rückschläge und Nachteile verkraftbar.

Allerdings, während der vergangenen 46 Jahre gab es (leider) immer wieder Situationen, bei denen ich mich fragen musste, ob die Politik der SPD wirklich noch den Zielen der Sozialdemokratie verpflichtet ist. Immer wieder habe ich einzelne (?), schwer erträgliche (oder kaum zu begründende) Entscheidungen der Partei- oder Fraktionsführung als letztlich notwendige Kompromisse im politischen Tagesgeschäft hingenommen (und die Faust in der Tasche geballt).

In den letzten Wochen und Monaten wurde der Bogen jedoch deutlich überspannt. Die aktuelle Politik der SPD im Parteivorstand, der Fraktion und der Bundesregierung hat nichts (wirklich nichts!) mehr mit dem zu tun, wofür die Sozialdemokratie angetreten ist und wofür sich Millionen von Sozialdemokraten eingesetzt haben – und leider auch tausende ihr Leben hingegeben haben.

Die aktuelle Politik der SPD hat nichts mehr von dem „mehr Demokratie wagen“, wie es Willy Brandt formulierte. Sie trägt nichts mehr dazu bei, die Lage und den Einfluss der arbeitenden Menschen national und international  verbessern und den Frieden gegen die Kriegstreiber zu sichern. Die Regierungspolitik der SPD steht heute eher für Sozialabbau, Beschneidung von Grundrechten und eine als „Verantwortung Deutschlands“ kaschierte militaristische Interventionspolitik.

Es ist kein linksradikales (oder gar kommunistisches) Propagandaorgan, das einen Artikel einer Sonderpublikation mit „Der Sündenfall der SPD“ übertitelt. Dabei geht es um die Bewilligung der Kriegskredite im Sommer 1914, mit der die Kriegsführung des Deutschen Reiches ermöglicht wurde.

101 Jahre später hat wiederum die SPD die Tür zu einem neuen deutschen Kriegseinsatz geöffnet. Und wieder sind es Ängste, die im Vorfeld beschworen wurden und Feindbilder an denen (nach wie vor) kräftigt gebastelt wird – wie etwa die Angst vor dem despotischen Russland (Zitat: „Er nutzte den Umstand, dass Teile der Arbeiterbewegung am Stigma der „Vaterlandslosigkeit“ litten und sich trotz der offiziellen Klassenkampfrhetorik danach sehnten, als Patrioten anerkannt zu werden. Er ließ die SPD mit einem Lügengewebe umgarnen, das auf ihre verwundbarste Stelle zielte: die Russenfurcht“- vgl. o. a. Spiegel-Artikel).

Es ist eine der nach wie der größten (psychologisch nachvollziehbaren) Gefahren für die Unterdrückten – oder, wenn es Ihnen leichter fällt, gesellschaftlich benachteiligten – Gruppen, sich auf die scheinbare Anerkennung der Eliten bzw. der herrschenden Klasse einzulassen.

1918 haben genau diese „Eliten“ das (nicht nur militärisch) bankrotte Reich den „Sozis“ übergeben um sie gleich darauf des „Dolchstoßes“ zu bezichtigen – genau jene, die den ganzen Schlamassel angerichtet hatten! In der Folge hat sich die Sozialdemokratie dann die Macht und die demokratischen Waffen aus den Händen nehmen lassen und zugeschaut, wie die alten Eliten die Grundlage für die schlimmste Diktatur aller Zeiten bereiteten.

Heute sind wir einen Weltkrieg, den „Kalten Krieg“ und viele imperialistische Interventionen weiter. Viele Millionen Menschen sind in den Kriegen gestorben, ebenso viele Millionen verhungert, Millionen leiden nach wie vor Hunger und Abermillionen sind an Leib und Seele schwer geschädigt durch das, was die „freie Entwicklung der Marktkräfte“ angerichtet hat.

Diese Situation war schon in den 1960er Jahren erkennbar, und vor diesem Hintergrund hat Willy Brandt seine Politik für Reformen und internationalen Ausgleich entwickelt. Dies allein – und nicht die Politik der Abgrenzung und der (militärischen) Stärke und Drohung – hat uns über Jahrzehnte Entspannung und Frieden gebracht.

Seit der genau dadurch ermöglichten Wende von 1990 scheint dies aber alles keine Rolle mehr zu spielen. Mehr noch, es waren sogar Sozialdemokraten, die unter fadenscheinigen und – wie heute allgemein bekannt ist – falschen Argumenten deutsche Soldaten in einen Krieg auf europäischem Boden geführt haben, der nicht durch ein UN-Mandat gedeckt war. Und wir haben es dabei nicht belassen.

Vor 14 Jahren wurde offiziell der NATO-Verteidigungsfall festgestellt. Sollte das Ziel des „Krieges gegen den Terror“ tatsächlich die Verhinderung terroristischer Anschläge gewesen sein, so bleibt nur, dessen vollkommenes Scheitern zu konstatieren – seither wurden weit mehr terroristische Anschläge verübt als zuvor. Hinsichtlich des unerklärten Ziels der Destabilisierung ganzer Regionen war er jedoch überaus erfolgreich! Und deshalb müssen wir also jetzt in der erkennbar unsichersten Region der Welt jetzt auch noch militärisch mitmischen? Nein, nicht nur die Aufklärungs-Tornados sondern auch noch AWACS- Flugzeuge zum „Schutz des NATO-Partners Türkei“. Geh hin und suche den Krieg – du wirst ihn finden, er kommt zu dir!

Für sich genommen wäre dies schon kaum erträglich – aber es gab und gibt noch mehr!

In der Folge jahrzehntelanger Wirtschafts- und Sozialpolitik, die den Interessen der „Wirtschaft“ Vorrang vor denen der Arbeiter eingeräumt hat, wurden seit Mitte der 1970er auch die sozialpolitischen Erfolge Zug um Zug zurückgenommen – sogar bis hinter die Bismarck’schen Sozialgesetze mit dem vorläufigen Höhepunkt: Agenda 2010!

Die Verstöße gegen die Grundsätze und Beschlüsse der Sozialdemokratie sind Legion und eine verkürzte Liste ließe sich beliebig fortsetzen:

  • Hartz IV
  • Sozialabbau
  • Neoliberalismus
  • Leiharbeit, Werkverträge, Offshoring
  • Ende der paritätischen Finanzierung der Sozialversicherung
  • Zulassung hochspekulativer Finanzprodukte
  • Steuerbefreiung für Konzerne beim Verkauf von Unternehmensbeteiligungen
  • Neue und höhere Verbrauchssteuern
  • EEG-Umlage, Ökosteuer
  • Riester-Rente als Parasiten-Turbomastprogramm für die Maschmeyers
  • Misswirtschaft in zahlreichen Landesbanken
  • Vorratsdatenspeicherung
  • TTIP, TISA, CETA, etc.
  • Tarifeinheitsgesetz
  • Kriegseinsätze der Bundeswehr im Ausland

Die SPD hat versagt, als es darum ging aus der EU ein soziales und demokratisches (ein „sozialdemokratisches“) Staatengebilde zu entwickeln, sie hat sich stattdessen den neoliberalen und konservativen Interessen gebeugt. Heute ist die EU ein probates Mittel zur Durchsetzung genau dieser neoliberalen und neokonservativen Politik – á la USA.

Was ist von dem „demokratischen Projekt Europa“ geblieben? Europa als unkontrollierbares Agglomerat von Behörden, Regierungsvertretern und Lobbyisten führt faktisch zu  einer Entdemokratisierung Europas.

Deutlich wurde dies nicht zuletzt in der Politik gegenüber Griechenland, etc. – es war und ist eine Politik gegen den erklärten Willen der Völker.

Dabei stehen auch immer mehr elementare Grundrechte auf der Kippe. Wo bleibt das klare „Nein“ zu den Aktionen der

Eine solche Politik kann ich nicht länger unterstützen, denn sie steht im vollkommenen Gegensatz zu dem, wofür mein Großvater sich – unter Gefahr für Leib und Leben – engagiert hat und wofür ich über Jahrzehnte gearbeitet habe. Nein, wir brauchen eine grundsätzlich andere Politik.

Ja, einen Regime-Change bräuchte die Welt: in den USA! Es wäre höchste Zeit, dass die 200 mächtigen Familien ihre absolute Dominanz in den USA und vermittels deren Hegemoniepolitik weltweit verlieren. Etwas mehr Demokratie täte dem Land, das (genauer dessen Eliten) für sich selbst beansprucht, überall auf der Welt die „Fackel der Freiheit und Demokratie zu entzünden“, wirklich  gut (die Verweise ließen sich beliebig fortsetzen)!

Für einen Wandel im Interesse der arbeitenden und notleidenden Menschen stehe ich ein. Und wenn die SPD sich daran erinnern sollte,  würde ich gerne wieder Mitglied werden. Oder sollen unsere Kinder wieder lernen: „Wer hat uns verraten …. ?“

Klaus Habel

8.Mai 2015 – 70 Jahre Frieden, Fragezeichen !?

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Hier dokumentieren wir eine sehr bewegende Rede des ehemaligen Ortsvorsitzenden der Nördlinger Linken, Heiner Holl, OStR.a.D.
Leider fand er heute keine Gelegenheit, sie öffentlich zu halten.

H_HollEin längerer – keineswegs vollständiger und subjektiver – Rückblick erscheint mir notwendig, vielleicht wissen vor allem die Jüngeren hier nicht viel davon, in unseren Schulen kommt sowas – warum wohl? – leider viel zu wenig vor. Es gab nämlich nicht nur Afghanistan, Iraq, Syrien, Libyen usw, sondern leider ununterbrochen Krieg seit dem Krieg, dessen Ende wir heute feiern.

 Schon ab August 1945 wurden knapp Überlebende wie Ralph Giordano geschockt mit der Forderung, die Verbrechen doch bitte zu vergessen, Schlußstrich sei nötig, eine Haltung, die sich bis heute hält, aber heute hat das Grauen ja schließlich Horror-Unterhaltungs-Wert, heute kann man die Gräuel auspacken, die Schuldigen sind schließlich so gut wie alle tot.
Von den knapp 7000 Tätern allein in Auschwitz sind noch nicht mal 100 vor Gericht gekommen, es waren angeblich ja selbst nur Opfer der Oberverbrecher, die die unmenschlichen Befehle gaben, die sie angeblich unter Lebensgefahr auszuführen hatten.
Die allermeisten Nazis konnten nach einer Schamfrist wieder ihre alten Stellungen einnehmen, als Lehrer, Richter, in der öffentlichen Verwaltung, als Wirtschaftsführer, später beim Militär usw, es ging ja schließlich darum, die Welt vor linken Ideen zu bewahren, da kommen natürlich alte Nazis grad recht.
Überlebende Roma und Sinti mußten nach dem Krieg bei den gleichen Leuten Anträge usw stellen, die sie in die KZs und die Vernichtung getrieben hatten.
Tja, wenn fast ein ganzes Volk bis zum bitteren Ende fest hinter dem Führer stand, dann hat man ein Problem. Danach wars keiner, keiner hat was gewußt, alle haben nur Befehle ausgeführt, so einfach ist das.
Als Widerstand werden auch heute noch vor allem die adeligen Militaristen wie Stauffenberg – durchaus berechtigt – gefeiert, aber die die schon lange vor 33 die Katastrophe des Nazismus heraufkommen sahen, nämlich Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter, Linke halt, kommen kaum vor, die haben ja keine Bomben gezündet, außer dem den Linken nahestehenden Georg Elser, dessen Attentat man noch jahrzehntelang nach dem Krieg als Terrorismus behandelte.

Heute zünden die Nazis wieder ihre Bomben, die auf dem rechten Auge sehbehinderten Behörden haben Schwierigkeiten, beim Oktoberfestattentat oder dem NSU einen rechtsrakikalen Zusammenhang zu erkennen, Hintermänner gibt es angeblich überhaupt nicht.
Das ist leider die Lage, heute. Und um heute geht es schließlich.

 Deshalb zur Situation in der Welt damals:

 Mit der A-Bombe auf Hiroshima begann der Kalte Krieg, die lückenlose Fortsetzung des heißen Kriegs. Gleich zwei mußte man einsetzen, um den Bolschewiken in ihrem von den deutschen Angreifern total zerstörten Land zu zeigen, wo der Hammer hängt. Als Bundesgenossen gegen Nazi-Deutschland waren sie noch recht.

In China gings auch lückenlos weiter, die faschistoiden Nationalchinesen heute auf Taiwan werden bis heute von den USA unterstützt, ab 1849 gibt es eine Volksrepublik China, die unter unvorstellbaren Opfern erkämpft wurde.

1950 bis 53 kam der Koreakrieg, weil der Norden die Wiedervereinigung des unschuldig geteilten Landes wollte. Dieser – vergessene – Krieg stellt alles vorher an Grausamkeit und Schrecken in den Schatten, sogar den Vietnamkrieg gegen ein Bauernvolk 65 bis 75. Es wurde mit Atombomben gedroht, nur die Tatsache, daß seit 1949 auch sie SU die Bombe hatte, hat dies verhindert.  *)

Ebenso gings in „Indochina“, wie die Franzosen ihre Kolonie dort nannten, weiter mit Vietnam, das nach der vernichtenden Niederlage der Kolonialmacht 54 in Dien-Bien-Phu völlig unschuldig am Weltkrieg in Nord- und Südvietnam geteilt wurde.

In Europa wurden mit USA-CIA-Unterstützung linke Regierungen z.B. in Italien und – sogar unter Bürgerkriegsbedingungen – in Griechenland verhindert, dort von 1967 bis 74 sogar eine faschistische Diktatur eingerichtet.

Der Horror-Krieg in Algerien 54 bis 62 durch die Kolonialmacht Frankreich darf auch nicht vergessen werden. Ebenso wie die vielen Unabhängigkeitskriege vor allem in Afrika.

In den USA setzte sich der Antikommunismus in besonders absurder Hexenjagdform durch: McCarthyismus, sogar Chaplin und Brecht mußten auswandern.
Vor dem Krieg gab es starke kommunstische und sozialistische Parteien in den USA.

In Europa ging es darum, Deutschland als Bollwerk gegen den Kommunismus auszubauen, Marshallplan und Londoner Schuldenabkommen schoben das „Wirtschaftswunder“ an, die gegen massive Widerstände im Volk durchgesetzte erneute Militarisierung Westdeutschlands war wohl der Preis.
Denn nachdem die EVG 1954 durch Frankreich zum Scheitern gebracht worden war, trat die BRD 1955 der 49 als Militärbündnis gegen den Feind im Osten gegründeten NATO bei. Und genau das wollte die UdSSR unbedingt verhindern. Stalin hat 1952 massiv darauf gedrungen, daß Deutschland wieder vereinigt wird, unter der einzigen Bedingung, daß es nicht der Nato beitritt, Demokratie, Kapitalismus, sogar Militär waren kein Hindernis.
Die angeblich so doofen Österreicher haben diese Chance ergriffen, wurden 1955 wiedervereinigt, die Sowjettruppen zogen sich aus der SBZ zurück, die mitten in der SBZ liegende Vier-Sektoren-Stadt Wien blieb Hauptstadt.
Genau das hätten wir auch haben können, Adenauer wollte nicht, die dann entlang der Grenze in Deutschland auf beiden Seiten stationierten Truppenmassen mit Atombomben haben mehrfach zu Kriegsanlässen geführt, aber „uns geht es ja gut“, wie unsere Kanzlerin, die Unübertreffliche, sagt.
Den Österreichern gehts aber irgendwie besser, möcht ich meinen, die konnten sich die Wiedervereinigungskosten und Kriegsgefahren sparen, so blöd sind die anscheindend doch nicht. Die Gründung des Warschauer Pakts kam übrigens unmittelbar nach dem NATO-Beitritt der BRD, so viel Angst hatten die Russen vor den Deutschen.

Alleine die Tatsache, daß der Krieg in Europa heute vor 70 Jahre sein Ende fand, hat Deutschland vor dem Einsatz der A-Bombe verschont, die erst im Juli 45 einsetzbereit war.

Castro 1959 kam in Kuba Fidel Castro an die Macht, der zunächst mit dem Kommunismus kaum was am Hut hatte. Als er aber erfahren mußte, wie die USA – auch mit massiven terroristischen Aktionen – auf die kubanische Revolution reagierten, wandte er sich an die UdSSR unter Chruschtschow um Unterstützung und steuerte eine Wende zum Sozialismus an. April 61 kam die von der CIA gesponserte Invasion an der „Schweinebucht“, ein Jahr später die sog. „Kuba-Raketen-Krise“ mit der leider nur zu glaubwürdigen Drohung des ach so beliebten Präsidenten Kennedy, A-Waffen einzusetzen. Russische U-Boote waren auch mit A-Waffen unterwegs.

Und das war nicht das einzige Mal, wo die Welt ganz knapp am A-Krieg vorbeischrammte. Als Reagan ab 1981 die UdSSR gezielt mit Aufrüstung und Wirtschaftsdruck niederzuringen begann, passierte 1983 „Able Archer“, das war vielleicht das Knappste, wo wirklich fast gar nichts gefehlt hätte. Im gleichen Jahr wurden in Deutschland die Pershings aufgestellt, die unser Super-Kanzler Schmidt unbedingt auch gegen den massiven Volkswillen (hunderttausende bei mehreren Demonstrationen ab 81) haben wollte, Nachrüstung nannte man das. Tja, wenn man idiotische Militärdokrinen aufstellt, die man dann auch noch „verrückt“ nennt, nämlich „MAD“, dann muß man sich halt auf sein „luck“, also Glück im Kriegsspiel, verlassen, wie dies McNamara, immerhin Kriegsminister der USA ausdrückte.

 August 1961 fand die DDR-Führung und die UdSSR, die Destabilisierung durch das offene Berlin, sei existenzgefährdend für den gesamten Ostblock, aus deren Sicht durchaus nachvollziehbar, so hart die Mauer die Berliner getroffen hat. Immerhin sagte damals der unbestreitbare Durchblicker Sebastian Haffner, daß mit der Mauer endlich in Mitteleuropa die Kriegsgefahr gebannt sei. Bemerkenswert, finde ich.

Dann kam der 11. September, aber nicht der 11. September 2001 sondern 1973 in Chile. Unterstützt und gesteuert von der CIA, also den USA, wurde der 1970 demokratisch gewählte Präsident Chiles. S.Allende, mit Flugzeugangriffen und Militäreinsatz gestürzt und verlor sein Leben. Eine faschistische Diktatur mit tausenden von Morden unter Pinochet wurde eingerichtet, ebenso wie vorher und nachher in vielen anderen lateinamerikanischen Ländern (auch Griechenland) nach der von Naomi Klein so brillant beschriebenen „Schock-Strategie“, die man auf USA-Linie brachte, so einen „Ausrutscher“ wie Kuba wollte man nicht noch mal hinnehmen müssen.

Die Ostpolitik Brandts 1966 -74, auf die der Ostblock sehr gern einging, brachte endlich eine Beruhigung, trotz des gleichzeitig laufenden mörderischen Vietnamkriegs.

 1979 wurde der Busenfreund der Amis, der Schah von Persien, ein anti-demokratischer Despot, den man schon 1953 mit CIA-Hilfe an die Macht geputscht hatte, zum Teufel gejagt, da mußte Ersatz her. Afghanistan war da gleich daneben und dort hatten sich Moskau-Freunde breit gemacht. Aber Chomeini, das ging schon gar nicht. So hat man den Busenfreund Saddam Hussein dazu gebracht, den Iran zu überfallen, war ja nur ein Krieg über 8 Jahre von 1980 bis 88, mit hunderttausenden an Toten, Giftgaseinsatz usw. Ohne Ergebnis übrigens. Aber beide Länder waren sehr geschwächt, was auch willkommen war.

 Zu Afghanistan: Also nichts wie hin und dieses Land destabilisieren, was die UdSSR wiederum als Bedrohung empfand und Ende 79 der angeknacksten Regierung militärisch zu Hilfe kam. Es hatte sich ein neuer US-Busenfreund gefunden, dem diese Linken – und die Russen schon gar nicht – auch nicht paßten, der Saudi-Araber Osama Bin Laden, der massivst von den USA unterstützt wurde. Über 100.000 junge Muslime aus meist arabischen Ländern wurden von den USA nach Pakistan geflogen, von Osama mit amerikanischen Waffen nach Afghanistan gebracht und dort zur Russenbekämpfung eingesetzt, viele tausend Tote natürlich, Aufbau der Taliban, Rückzug der Russen 89 und dann übelster Bürgerkrieg mit noch schlimmeren Opfern und Zerstörungen als vorher. Und heute: massenhafte Drohnenmorde durch den Friedensnobelpreisträger Obama, fast weltweit. Friede?

 Nach dem Ende der SU fanden bestimmte Kreise nicht nur in Yugoslawien, daß die Serben (die hatten im 2. WK unter Tito die Deutschen besiegt) die ganz Bösen seien, und Kroatien und Slowenien (die hatten unter Hitler ein faschistisches Satellitenregime, hunderttausende Serben waren abgeschlachtet worden) sagten sich von der Bundesrepublik Yugoslawien los. Was fiel darauf dem ach so beliebten Außenminister der BRD Genscher ein , –  die BRD inzwischen wiedervereinigt unter extrem hohen Kosten, zu Lasten der kleinen Leute, zum Nutzen der Reichen, was sonst? – na, bingo, die sofortige Anerkennung als unabhängige Staaten, der Balkan-Krieg war erfolgreich eröffnet. Srebrenica und später Kosovo 99, wo die neue Schröder-Fischer Regierung nach Ausschaltung von Oskar Lafontaine unbedingt mitmischen wollte und so geschah es. Die Nato, als Verteidigungsbündnis geschaffen, war reichlich überflüssig geworden, genau 50 Jahre alt, da brauchte man einen Sieg.
Seit dem ist die Nato überall auf der Welt zugange, denn die Sicherheit der BRD wird ja am Hindukusch verteidigt (Struck), wie schon der Ex-Nazi und CDU-Kanzler Kiesinger in den 60er Jahren so treffend bemerkte: „die Freiheit Berlins wird in Vietnam verteidigt“.

Und seit dem Ende der UdSSR schiebt man die Drohkulisse mit NATO und EU bis vor die Tore St. Petersburgs und wundert sich, daß sich die Russen mulmig fühlen.
Und nebenbei ruiniert unsere Regierung ganz Europa mit ihrer abwegigen Austeritätspolitik.

Mit dem 11. September 2001 waren alle Schleusen offen, es galt nur noch die unverbrüchliche Nibelungentreue eines Kanzlers Schröder, Osama fiel in Ungnade, Kriege in Afghanistan, Iraq, Libyen, Syrien, Terroristen allenthalben, die durch die angebliche Anti- Terror-Politik erst erzeugt worden waren. Das ist ja alles bestens bekannt.

Die heutigen Hauptkriege aber, die oft noch nicht mal als solche bemerkt werden, möchte ich doch herausstellen:

  1. Der Krieg Reich gegen Arm, der speziell seit der erfolgreichen Einführung des Neoliberalismus in den 80ern seinen Lauf nimmt, wie der Superreiche Warren Buffet sagt: Wir haben einen Klassenkampf, den Kampf der Reichen gegen die Armen, und die Reichen sind dabei ihn zu gewinnen. Sozialabbau, Lohndrückerei, Privatisierung, Deregulierung und Militarisierung heißen die Sturmgeschütze, die Real-Einkommen der abhängig Beschäftigten steigen seit ca. 30 Jahren nicht mehr, jeglicher Zuwachs in praktisch allen entwickelten Ländern landet bei den Reichen, die selbstredend die Macht innehaben, Demokratie ist bestenfalls ein Feigenblatt, leider, wir könnten Demokratie haben, aber genau die, die noch am meisten unter diesen Attacken zu leiden haben, gehen zu einem erheblichen Teil noch nicht mal mehr zum Wählen.
  2. Der zweite große Krieg, nämlich der Krieg gegen die Köpfe, den Durchblick, die Kritik ist mindestens so bedeutsam. Der läuft natürlich schon seit Jahrtausenden, so erfolgreich wie heute aber noch nie. Gesteuert von den Geld- und Macht-Eliten mit ihren Super-Waffen der Medien, die man heute nicht mehr zwangsweise gleichschalten muß, das machen die freiwillig. Fernsehen, Hörfunk, Zeitungen, auch leider Schulen usw haben es weitgehend geschafft, daß die übergroße Mehrheit glaubt, was ihr vorgesetzt wird. Und damit das auch durchgehend klappt, wird durch immer engermaschigere Überwachung sichergestellt, daß nur ja niemand auf so dumme Gedanken kommt, wie: das kann ja wohl alles nicht wahr sein, da müßte man was dagegen tun. Machterhalt ist dann am ehesten garantiert, wenn man die Lufthoheit über die Köpfe hat, und das haben die schon lange raus.
  3. Der dritte und vielleicht entscheidende Krieg, der vielleicht sogar schon entschieden ist und zwar gegen die Menschen: Der Weltkrieg, also der Krieg gegen die Welt. Der setzt Nummer eins und zwei voraus und läuft auch schon besonders heftig seit 70 Jahren. Er wird geführt gegen die Ressourcen, die Natur, gegen sauberes Wasser, gesunde Böden, saubere Luft, das Klima, die Meere. Dieser Krieg wird noch viele weitere mit viel zu vielen Opfern hervorbringen. Leider.

 In den Hitlerkriegen ging man über Leichenberge, heute geht man über Leichengebirge. Und so gut wie niemand merkts. Ca. alle 5 Sekunden stirbt ein Kind an Hunger.
Jean Ziegler sagt und er hat recht: Diese Kinder werden ermordet. Heute insgesamt jedes Jahr über 50 Mio Tote, die man nicht erschlagen, vergasen, erschießen muß, die verrecken ganz von alleine, und wenn die als Flüchtlinge es wagen über das Meer zu kommen, dann macht man dicht. Krokodilstränen gibts nur, wenn auf einmal gleich hunderte ersaufen.
Wir könnten was ändern, aber wir müssen dazu politisch seeehr aktiv werden besonders als Linke.

Das Allerletzte: die Nazis haben ihre Verbrechen noch mit der Absicht begangen, die Welt zu retten, sobald die Bolschewiken, die Juden, die Zigeuner, die Schwulen, die Behinderten ausgerottet sind ist alles in Butter. Und heute?

Heute geht es mehr denn je nur um Profit, Macht, Gier (= Kapitalismus) mit deutlich mehr Opfern als damals.

Kleine Anmerkung: Dass die USA von dem 1949 fertig ausgearbeiteten Plan abrückte, die Sowjetunion mit genau 60 Atombomben über den größten Städten des Landes zu „enthaupten“, war nicht den Friedensengeln oder der UNO zu verdanken, sondern den Wismut-Kumpeln der DDR, die unter Lebensgefahr das Uranerz für die sowjetsiche Bombenproduktion herausholten.
Da die UdSSR damals in der Raketentechnik noch führend war, wusste Eisenhower nach dem ersten oberirdischen Atomwaffentest dort, dass er sein Konzept einstampfen konnte.

Die Hartz-IV-Diktatur

Gut, dass Sie damals stand gehalten haben. Ihr Beispiel ist ein Ansporn für alle anderen.

altonabloggt

Aus „Die Hartz-IV-Diktatur“

Immer wieder werde ich von Journalisten gefragt, ob es ein einschneidendes Erlebnis im Jobcenter gab, das mich dazu bewegte, an die Öffentlichkeit zu gehen. Die Antwort lautet: Es gab viele einschneidende Erlebnisse. Diese Eindrücke sammelten sich über die Jahre an und bewirkten, dass mein eigener innerer Druck so groß wurde, dass er auf irgendeine Weise abgebaut werden musste. Und hier kommt meist die zweite Frage: Warum haben Sie das Jobcenter nicht von sich aus verlassen und einen neuen Job gesucht? Auch diese Frage ist berechtigt. Die Antwort lautet: Ein sinnvoller Widerstand muss in meinen Augen von innen und außen kommen sollte. Von innen heraus, um Glaubwürdigkeit zu schaffen und das, was die Erwerbslosen und deren Bedarfsgemeinschaften seit vielen Jahren kritisieren, zu untermauern. Lange Zeit verfolgte ich, was in den unterschiedlichsten Foren, Blogs oder in den Sozialen Netzwerken beklagt wurde. Gleichzeitig beobachtete ich, dass Kritik selbst von Seiten…

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