Wenn aus Journalismus Propaganda wird – von Karin Leukefeld, akkreditierte Korrespondentin für Syrien

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

K_Leukefeld2020Ein längerer Artikel, in dem Frau Leukefeld beschreibt, wie die Medien, die „4.Gewalt“ sich seit dem Syrienkrieg zunehmend gewandelt haben. Auf meinem Blog habe ich zum Thema schon mehrfach Stellung genommen. Kaum zu fassen ist aber, wie sich dieselben aufgebauten Netzwerke nahezu ideal in die Corona-Propaganda der großen Pharmakonzerne haben einbinden lassen.

Teil 1 – Lehren aus dem Syrienkrieg

https://www.nachdenkseiten.de/?p=83027

Während Putin in der Ukraine Krankenhäuser bombardiert, höre ich Echos aus Syrien“. Das ist die Überschrift eines Artikels, den der syrische Arzt Houssam N. für das Informationsportal „The New Humanitarian“ (Der neue humanitäre Helfer) verfasst hat. Das Medium veröffentlicht Reportagen über Hilfsorganisationen und die humanitäre Lage in Kriegs- und Krisengebieten. Der syrische Doktor arbeitet für die Organisation „Ärzte für Menschenrechte“ und ist für den Mittleren Osten und Nordafrika zuständig.
Der Autor befindet sich laut Ortszeile in Burtonsville, Maryland, im Westen der USA. Per Luftlinie liegt der Ort etwa 12.000 km von der Ukraine entfernt.
Wie kann der Autor wissen, was in der Ukraine geschieht? Was sind seine Quellen?

Berichten oder Meinung machen

Schon im Syrienkrieg fiel auf, dass die Berichterstattung vieler Medien oft aus dem Ausland, aus Istanbul, Beirut oder Kairo erfolgte. In europäischen Hauptstädten oder bei Konferenzen US-ame­rikanischer Denkfabriken wurde die Lage in Syrien analysiert und darüber diskutiert, wie die Zukunft des Landes aussehen solle, wenn – so das Ziel – der amtierende Präsident Assad gestürzt sei.

Was aber geschah oder geschieht in Syrien wirklich? Was geschah, was geschieht in der Ukraine?

Journalistisch gilt es, einen Konflikt, einen Krieg zu analysieren und zu verstehen, um darüber berichten zu können. Jeder Konflikt, jeder Krieg hat lokale, regionale und internationale Ebenen. Jede dieser Ebenen weist unterschiedliche Interessen auf und verschiedene Perspektiven.

Zum Verständnis der unterschiedlichen Interessen und Perspektiven verwenden Journalisten normalerweise die „7 journalistischen W-Fragen“, wobei sie darauf achten müssen, dass auf diese Fragen nicht aus dem subjektiven Verständnis des Journalisten geantwortet werden soll, sondern aus der Sicht der verschiedenen Akteure. Auch redaktionelle Vorgaben sind unzulässig, wenn es um Berichterstattung geht.

Bei den „W-Fragen“ handelt es sich um wer, was, wo, wann, wie, warum und woher stammt die Quelle? Wer hat etwas getan und wer hat unterlassen, etwas zu tun? Was hat er getan und was hat er unterlassen zu tun? Wo hat er es getan und wo sitzen die Akteure? Wann hat er es getan und wann hat er etwas nicht getan. Wie hat er es getan, militärisch, diplomatisch oder anders? Wie wurde etwas unterlassen? Warum hat er es getan, um den Hintergrund aller Akteure zu erhellen, und woher stammt die Information, das ist die Frage nach den Quellen.

Also: wer hat was wann, wo und wie getan, warum und woher weiß man es?

Doch damit ist es nicht getan, journalistische Berichterstattung ist mühsam. Ein Geschehen muss mit verschiedenen Quellen abgeglichen werden, über deren Herkunft und Glaubwürdigkeit ein Journalist sich versichern sollte. Journalisten müssen die Vorgeschichte eines Konflikts politisch, historisch, gesellschaftlich durchleuchten, um zu erfahren, warum etwas geschehen ist, wer mit wem verbündet, wer mit wem verfeindet ist usw. Bündnisse und Feindschaften können sich im Laufe eines Konflikts auch verändern, wenn die Interessen der Akteure sich verändern, was manchmal sehr plötzlich geschehen kann.

Journalisten müssen sich viele Fragen stellen, wenn sie seriös über das Geschehen in einem Kriegs- oder Krisengebiet berichten wollen, das dauert Zeit.

Doch die Medien heute setzen auf Tempo. Als Quellen dienen zunehmend „soziale Medien“ wie Twitter, Facebook, Instagram und Meldungen so genannter „Bürgerjournalisten“, deren Ausbildung und Herkunft nicht weiter erklärt wird. Vertreter von „Zivilgesellschaft“ zu sein, soll der Öffentlichkeit heute reichen, um deren Glaubwürdigkeit zu belegen. Reicht es wirklich?

Künstliche Intelligenz und digitale Analysen ersetzen zunehmend Kollegen vor Ort. Quellen in Deutschland stammen zunehmend von einer Seite und sind in einem Krieg oder Konflikt wie aktuell in der Ukraine einseitig. Sie stammen von westlichen Nachrichtenagenturen, aus westlichen militärischen oder humanitären Einsatzzentralen, also von der NATO oder der EU. Sie stammen von „Experten“, die mit Akteuren des Konflikts verbunden sind. So gehört beispielsweise der ukrainische Botschafter Melnyk zu einem fast ständigen Gast im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen.

Stimmen einer innerdeutschen oder innereuropäischen Kritik an dem Vorgehen der Europäischen Union oder Bundesregierung sind dagegen die Ausnahme. Nicht, weil es sie nicht gibt, sondern weil sie kaum Zugang zu Medien erhalten. Das Verbot zahlreicher Videoblogs und Internetportale während der Corona-Pandemie hat die Meinungsvielfalt in Deutschland enorm eingeschränkt.
Hinzu kommt das europaweite Verbot der russischen staatlichen Nachrichtensender RT Deutsch und Sputnik, die über das Internet und per Satellit verbreitet wurden.

Lesen Sie dazu auch: Karin Leukefeld zu Hintergründen der Sperrung des YouTube-Kanals von RT DE.

Die Sender sind über alternative Links noch zu erreichen, doch beispielsweise in Österreich ist auch die Weiterleitung von Meldungen der russischen Sender unter Strafe verboten.

Journalistische Regeln wie die „W-Fragen“ in Kriegs- und Krisenzeiten einzuhalten, ist schwierig, wenn Herkunftsländer der Medien involviert sind. Der aktuelle Krieg in der Ukraine ist ein Lehrstück dafür, wie Journalismus sich verändert und Medien zunehmend einseitig berichten. Sie benutzen bestimmte Begriffe, lassen bestimmte Gesprächspartner zu Wort kommen und werden so zu einem Sprachrohr einer Seite der Konfrontation. Die andere Seite wird ignoriert oder als Verursacher der Krise dargestellt.
Das geschieht, um die Bevölkerung des eigenen Landes „mitzunehmen“ und ggf. unpopuläre Regierungsentscheidungen abzufedern. Aus Journalismus wird Propaganda.

Syrien als Blaupause

Syrien war eine Art Blaupause. Viele Fragen musste man sich stellen, um den Konflikt, der 2011 begann, zu verstehen. Wollten alle Syrer den Präsidenten stürzen? Was waren die Forderungen der vielen verschiedenen Gruppen, die demonstrierten? Gab es Gespräche zwischen Oppositionellen und Regierung? Wenn ja, worüber, wenn nein, warum nicht? Was wollten die „Freunde Syriens“, was war das Ziel der Türkei oder Katars, die doch gerade noch so gut mit dem jungen Präsidentenpaar Assad befreundet waren? Haben die syrische Armee und deren Verbündeter Russland Krankenhäuser bombardiert? Woher kam die Meldung, was war tatsächlich geschehen? Wer setzte Giftgas ein, wer war für Massaker an Zivilisten verantwortlich? Wer untersuchte die Anschuldigungen, wer legte Beweise vor und wie wurden sie von wem bewertet?

Auch in der Ukraine gibt es viele Fragen: Warum marschierten russische Truppen ein und mit welchem Ziel? Warum konnte der Einmarsch und Krieg nicht verhindert werden? Wer hätte die Eskalation verhindern können und wie? Warum griff der UN-Generalsekretär nicht ein, um den Krieg zu verhindern? Welche Rolle spielt die Ukraine für Europa, welche für Russland? Bombardiert Russland Krankenhäuser? Wer sind die Milizen, die mit der ukrainischen Armee kämpfen? Warum gibt es aus Europa keine Verhandlungsangebote, sondern Waffen und Sanktionen? Und wenn es Verhandlungsangebote gibt, warum wird darüber nicht berichtet?

Ernsthafte und gut recherchierte Antworten auf diese und andere Fragen könnten die jeweiligen Konflikte und Eskalationen erklären und möglichen Vermittlern, wie beispielsweise bei der UNO, Ansätze für Verhandlungen bieten. Die Öffentlichkeit könnte diskutieren, nachfragen und mit eigenen Aktivitäten auf die Regierungen einwirken, um vermittelnd, nicht eskalierend einzugreifen.
Seriöse Medienberichterstattung bildet und trägt zu einer unabhängigen Meinungsbildung bei, die die demokratische gesellschaftliche Entwicklung fördert.

Aufklärung nicht gewollt

Weder bei der Krise und dem Krieg in Syrien noch jetzt bei dem Konflikt um die Ukraine geschah bzw. geschieht das. Aufklärung ist nicht gewollt. Meist werden die Angaben von denjenigen als wahr eingestuft, die als „die“ Oppositionellen (in Syrien) gelten. Angaben anderer Oppositioneller, der syrischen Regierung oder des verbündeten Russlands, das im UN-Sicherheitsrat vieles zur Sprache brachte und bringt, werden meist gar nicht genannt oder – oft kommentiert von „den“ Oppositionellen – als Lügen dargestellt.

In der Ukraine stufen die großen deutschen Leit- oder „Qualitätsmedien“ (O-Ton Ursula von der Leyen) die offizielle ukrainische Darstellung als richtig ein. Über die Video-Tageslosungen des ukrainischen Präsidenten Selenski wird prominenter berichtet als über kritische und oppositionelle Stimmen in Deutschland zur Vorgehensweise der Bundesregierung und der EU-Kommission. Rufe nach Waffen und Eskalation verdrängen die Stimmen für Dialog und Abrüstung, die gerade jetzt bei den traditionellen Ostermärschen zu hören waren.

Unabhängige Untersuchungen

Der anfangs genannte syrische Arzt Al Nahhas von den „Ärzten für Menschenrechte“ behauptet, seine Organisation habe seit März 2011 in Syrien 601 Angriffe auf 400 medizinische Einrichtungen dokumentiert. In der Ukraine, wo der Krieg am 24. Februar 2022 begonnen hat, sollen seinen Angaben zufolge in wenigen Wochen bereits 119 Angriffe auf medizinische Einrichtungen stattgefunden haben.
Als Quelle nennt der Autor die Weltgesundheitsorganisation WHO. Aktuelle Angaben der WHO liegen nicht vor. ***)

Die Deutsche Welle berichtet unter Berufung auf das ukrainische Gesundheitszentrum Anfang April 2022 von mindestens 100 solcher Angriffe. Der Bericht mit Bildern und zahlreichen Aussagen von medizinischem Personal ist bedrückend. Und doch fehlen unabhängige Beweise, denn die Angaben über das Geschehen stammen nur von einer Seite. Die andere Seite – Russland – dementiert, schweigt oder fordert unabhängige Aufklärung. Im UN-Sicherheitsrat hat der russische UN-Botschafter wiederholt ausführliche Erklärungen vorgetragen. Darüber berichten deutsche „Qualitätsmedien“ kaum.

Sowohl in Syrien als auch in der Ukraine hat die russische Armee erklärt, dass Kliniken oder andere zivile Gebäude, wie beispielsweise ein Theater (Mariupol) oder eine Schule, militärisch genutzt worden seien. Tatsächlich verlieren zivile Einrichtungen wie ein Krankenhaus oder eine Schule ihren von der Genfer Konvention garantierten geschützten Status, wenn das Gebäude für militärische Zwecke benutzt wird.

Das geschieht in Kriegs- und Krisengebieten nicht selten durch nichtstaatliche Akteure, die dort gute räumliche und logistische Bedingungen vorfinden. Wenn sie über den geschützten Status dieser Einrichtungen informiert sind, hoffen sie auch, davon zu profitieren und selber geschützt zu sein.

Krankenhäuser sind zudem Anlaufstelle für zivile Schutzsuchende in unübersichtlichen Situationen, in denen militärische Akteure unterschiedlicher Seiten die Kontrolle ihrer Umgebung übernommen haben. Das medizinische Personal sieht sich dann von verschiedenen Seiten unter Druck, um den Menschen zu helfen.

Die russische Armee, die aktuell in der Ukraine als auch in Syrien von der gegnerischen Seite immer wieder beschuldigt wurde und wird, Kriegsverbrechen begangen und Krankenhäuser angegriffen zu haben, verweist darauf, dass Einrichtungen, die von ihr angegriffen wurden, militärisch genutzt worden seien. Die andere Seite weist diese Darstellung zurück und bezeichnet die russische Armee als „barbarisch und grausam“. Russland müsse wie die syrische Regierung und Armee als „Kriegsverbrecher“ vor den Internationalen Strafgerichtshof gebracht werden.

„Assad tötet sein eigenes Volk“, wurde und wird von zahlreichen Regierungschefs und Politikern der Europäischen Union behauptet, die so die politische Isolation Syriens und die Knebelung der syrischen Wirtschaft und des Wiederaufbaus durch anhaltende Wirtschaftssanktionen begründen. Russland wird beschuldigt, den syrischen Präsidenten Assad zu unterstützen, seine Verbrechen zu decken und damit selber Kriegsverbrechen zu begehen. Beweise gibt es nicht.

Unabhängige Untersuchungen wie der UNO, der OSZE oder des IKRK finden nicht statt oder man erfährt davon nicht. In den Medien ist der Nachweis von Verbrechen in Kriegs- und Krisenregionen der Behauptung gewichen, dass etwas stattgefunden hat. Das schürt die Emotionen und führt inzwischen direkt zu wirtschaftlichen Strafmaßnahmen und eskalierenden Entscheidungen wie Waffenlieferungen.
Konnte die UN-Vetomacht Russland in Sachen Syrien im UN-Sicherheitsrat viele solcher Behauptungen und Angriffe abwehren, steht Russland in Sachen Ukraine selber am Pranger.

Das Ziel ist der Kopf

Die Rolle der Medien in der US-dominierten westlichen Welt hat sich entsprechend ihrer Einbindung in eine konfrontative Politik und „hybride Kriegsführung“ deutlich verändert. Anstatt Unrecht, Heuchelei und Lüge aufzuzeigen und alle Seiten zu Wort kommen zu lassen, damit die Öffentlichkeit sich ein Bild machen und verstehen kann, begleiten Medien wie die Kriegstrommler und Trompeter früherer Heere politische Krisen und drängen zur Eskalation. „Mediale hybride Kriegsführung“ zielt auf den Kopf jedes Einzelnen. **)

Im März 2015 – nach dem Putsch gegen die ukrainische Regierung und nach dem Krim-Referen­dum für die staatliche Zusammenführung mit Russland – hatten die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Länder ein „einzigartiges und starkes Mandat“ auf den Weg gebracht, um „Russlands laufenden Desinformationskampagnen entgegenzuwirken“.

In Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und den Organen der EU wurde von der EU-Kommission ein Aktionsplan über strategische Kommunikation ausgearbeitet. Es wurde eine East StratCom Task Force gegründet, die Desinformationen bekämpfen sollte, die die EU in Gefahr brächten. Als Ursprungsort von Desinformationen wurde einzig (!) Russland benannt.

Ergänzt wurde die Arbeit dieser medialen Sondereinsatztruppe durch das Zusammenrücken von EU und NATO, die ihrerseits die „Hybride Kriegsführung“ ausbaute. Um Druck auf gesellschaftliche Gegenspieler oder einen anderen Staat auszuüben, werden zahlreiche Mittel, Methoden und Instrumente eingesetzt, wie der österreichische Brigadier Walter Feichtinger erklärt.

Akteure sind demnach Medien, es ist der Cyberbereich, es sind Manipulationen bis hin zu Sanktionen im Wirtschafts-, Energie- und Finanzbereich, es sind Diplomaten und Politiker und es ist die Förderung bestimmter Gruppierungen in der Bevölkerung des jeweils anderen Staates – der österreichische Offizier spricht von „Volksgewalt“ – die auf unterschiedliche Weise – bis hin zur Bewaffnung – gefördert werden, um Unruhe im gegnerischen Land zu schüren.

Den Blick weiten

Westliche Regierungen und Medienunternehmen in den USA, EU und einigen arabischen Golfstaaten entfalteten während des Krieges in Syrien ein Arsenal an Manipulation und Propaganda, dem Journalisten, die aus Syrien berichteten, nicht gewachsen waren. Mit dem Krieg in der Ukraine ist die Lage um ein Vielfaches eskaliert. Russische Medien wurden als Quelle angeblicher Desinformation schon vor dem Krieg von den USA, GB und EU verboten. Ein Tsunami einseitiger Darstellung reißt politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Brücken zu Russland ein. Die internationale Ordnung nach dem 2. Weltkrieg wankt.

Medien sind Instrumente hybrider und direkter Kriegsführung geworden. Will man dem entgehen, empfiehlt es sich, in die Medien anderer Länder in anderen Kontinenten zu blicken. Das fördert das Verständnis über den Blick anderer auf das Geschehen. Und wir in Deutschland lernen etwas über uns.
Der Blick auf die Perspektive anderer ist ein gutes Korrektiv und hilft, den medialen Angriff „der Eigenen“[*] auf den Kopf abzuwehren.

[«*] Wann der Krieg beginnt, kann man wissen, aber wann beginnt der Vor-Krieg. /Falls es da Regeln gäbe, müsste man sie weitersagen. / In Ton, in Stein eingraben, sie überliefern. / Was stünde da. Da stünde unter anderen Sätzen: Lasst euch nicht von den Eigenen täuschen. (Christa Wolf, Kassandra)

**: Vgl. https://josopon.wordpress.com/2019/10/23/lakaien-des-kapitals-journalisten-und-politiker-weltanschaulich-eng-miteinander-verbunden/ und
https://josopon.wordpress.com/2016/09/27/salven-aus-den-verlagshausern-der-anteil-der-medien-an-den-kriegen-des-westens/

und https://josopon.wordpress.com/2015/09/02/mietmauler-und-sprachrohre-der-kriegstreiber-gehoren-in-keine-deutsche-redaktion/

Teil 2 –

https://www.nachdenkseiten.de/?p=83235

Als die Unruhen in Syrien 2011 zu einem Krieg wurden, zogen USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, die EU und Verbündete am arabischen Golf sowie sieben der NATO-Allianz ihre Botschafter, Staatsangehörigen, Unternehmen, private und staatliche Organisationen der Kultur-, Bildungs- und Entwicklungszusammenarbeit ab. Auch Journalisten wurden von ihren (abziehenden) Botschaften in Damaskus als auch von staatsnahen Medien zur Ausreise aufgefordert. Es blieben russische, chinesische, iranische, wenige arabische und lateinamerikanische Medien. Auch die Autorin, die 2010 als deutsche Korrespondentin akkreditiert worden war, blieb.

Wie aus dem Nichts tauchten „Bürgerjournalisten“, Blogger und Bloggerinnen sowie unabhängige Medienzentren auf, die mit verwackelten Bildern die Lage in Syrien beschrieben. Stellvertretend sei hier an ein „Lesbisches Mädchen aus Damaskus“ erinnert, das nach wochenlangen Blogs über Demonstrationen und Gewalt angeblich vom syrischen Geheimdienst entführt worden sein sollte. Es stellte sich heraus, dass der Blog tatsächlich von einem Amerikaner ins Netz gestellt worden war.

Umfangreiche Unterstützungsprogramme der EU u.a. mit der britischen BBC für syrische Journalisten wurden bekannt. Kameras, Laptops, Satellitentelefone wurden ins Land geschmuggelt und mit Anleitungen darüber verteilt, was, wie und wo gefilmt werden sollte, wie ein junger Mann der Autorin berichtete. Manche enthusiastischen jungen Leute wurden bei der Einreise an der Grenze mit unangemeldeten Geräten erwischt und landeten im Gefängnis. Andere lehnten die Mitarbeit mit den oft anonymen „Auftraggebern“ im Ausland nach anfänglichem Interesse ab.

Viele der neuen Medienzentren arbeiteten in Gebieten unter Kontrolle der bewaffneten Opposition und schließlich auch direkt mit den „Weißhelmen“ zusammen.

Die Organisation war von einem britischen ehemaligen Armeeoffizier gegründet worden und galt als „syrischer Zivilschutz“, obwohl es – ähnlich wie der Syrische Arabische Rote Halbmond – schon seit den 1950er Jahren einen syrischen Zivilschutz gab. Die „Weißhelme“ bestimmten zunehmend die westliche Sichtweise auf das Geschehen in Syrien und wurden in der EU u.a. mit dem Sonderpreis des „Deutsch-Französischen Preises für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit ausgezeichnet.
Viele EU- und NATO-Staaten, vor allem Großbritannien, Holland, Frankreich und Deutschland sowie die USA, finanzierten die „Weißhelme“ mit großen Geldsummen.

2019 trat Weißhelme-Leiter Riad al-Saleh mit dem heutigen Kiewer Bürgermeister Witali Klitschko bei der »BILD100 Sommerparty« in Berlin auf. Zwei Tage vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine versicherte Al-Saleh angesichts der »russischen Aggression« dem Land die Solidarität seiner Organisation. Man „stehe fest an ihrer Seite, hieß es auf der Webseite der Organisation. Man sei zur Unterstützung bereit.

Bis heute gilt die „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ neben den „Weißhelmen“ als Quelle Nummer eins über das Geschehen in Syrien. Nach eigenen Angaben verfügt die Einrichtung über „ein Netz von Informanten in Syrien“. Finanziert wird die 2006 in London gegründete Beobachtungsstelle u.a. vom britischen Außenministerium und der EU. Heutiger Sitz ist Coventry (London), Leiter ist der Oppositionelle Rami Abdulrahman, der 2020 für seinen „herausragenden Mut“ den Nannen-Sonderpreis erhielt.

Interessensgelenkte Information

Das, was der europäischen Öffentlichkeit in den letzten zehn Jahren aus Syrien über nicht offizielle, scheinbar von der Zivilgesellschaft zusammengetragene Informationen vermittelt wurde, war nicht vollständig, aber doch zu einem großen Teil von westlichen nationalen Regierungen, großen Medienkonzernen und EU-Institutionen finanziert und ausgewählt worden. Die syrische Seite wurde als unglaubwürdig dargestellt, ebenso Medien ihrer Partner wie Russland oder Iran. Die syrische Regierung und insbesondere Russland wurden für alles verantwortlich gemacht, was in dem zehnjährigen Krieg an Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten geschah.

Russia Today, der 2005 gegründete russische, staatlich finanzierte Nachrichtensender, der in Englisch, Französisch, Spanisch, Arabisch und Deutsch ausgestrahlt wird und bei zahlreichen Themen ein wichtiges Korrektiv zu der westlich dominierten Medienphalanx darstellt, wurde als „Quelle russischer Desinformationen“ im Herbst 2021 von der EU-Kommission, in Großbritannien und auch in den USA verboten.

Das Verbot russischer Medien in der westlichen Welt ist nur eine Maßnahme im aktuellen Informations- und Medienkrieg zwischen dem US-geführten Block aus NATO, EU und Partnern auf der einen und aktuell Russland auf der anderen Seite. Die Bürger Europas sind damit konfrontiert, dass EU- und NATO-Institutionen, die sie nie gewählt haben, die Öffentlichkeit mit Hilfe von Medien ihren interessensgelenkten Sichtweisen unterwirft.

Seit dem Irakkrieg 2003, in dem Lügen über angebliche Massenvernichtungswaffen und Kriegsverbrechen der US-Armee noch von kritischen Medien und Whistleblowern aufgedeckt und nicht zuletzt von Wikileaks und Julian Assange weltweit verbreitet wurden, haben USA, EU und NATO-Staaten eine Armee medialer Einsatztruppen aufgestellt, die heute den „Informationskrieg“ gegen Russland, perspektivisch auch gegen China und in Zukunft vermutlich gegen alle Staaten und Staatschefs anführen sollen, die eigene Interessen gegenüber dem westlichen Block geltend machen.
Syrien war nur eine Station auf dem Weg hin zu dem, wie heute der Konflikt um die Ukraine „strategisch kommuniziert“ wird. Unter der Kontrolle von Staaten und Militär bedeutet das Propaganda. Ein neues EU-Gesetz soll die Informationsfreiheit weiter einschränken.

Die Öffentlichkeit im europäischen Mitglieds- und Einzugsbereich kann schon heute nicht mehr frei ihre Informationsquellen wählen.

Der Eingriff in die Informationsfreiheit bedeutet, dass man „nicht weiß, was man von Politik und Medien erfährt und was man nicht erfährt“, wie der Kollege Peter Hitchens von der britischen „The Mail on Sunday“ sagt. Oder dass man nicht weiß, was man nicht erfahren soll.

Medienzentrum oder Werbeagentur

Das Ukraine Crisis Media Center, ein Medienzentrum über die Krise in der Ukraine (UCMC uacrisis.org), ist nur eines von zahlreichen Beispielen von staatlich gelenkten neuen Medien. UCMC verbreitet Informationen über Ereignisse in der Ukraine und konzentriert sich nach eigenen Angaben dabei auf die nationale militärische Sicherheit, Wirtschaft, Energie und humanitäre Themen. Gegründet 2014 und finanziert von zahlreichen westlichen Regierungsstellen will das UCMC Medienvertreter in aller Welt, die über die Ukraine berichten wollen, mit Material beliefern. Neben Journalisten gehören „zivilgesellschaftliche Aktivisten, Experten, Politiker anderer Länder, Regierungsvertreter und Diplomaten“ zur Zielgruppe des UCMC. Seit Juli 2014 hat das Zentrum nach eigenen Angaben tägliche Presseerklärungen von Regierungsvertretern über die militärische Entwicklung in der Ukraine verbreitet und verweist als Beleg dafür auf Links zu internationalen Medien wie Newsweek.

Bei einer beeindruckenden Zahl von 2500 Presseveranstaltungen mit mehr als 6000 Rednern und Rednerinnen in nur zwei Jahren (Stand 2016) präsentierte das Medienzentrum bekannte US-Po­litiker wie Senator John McCain, US-Staatssekretärin Victoria Nuland oder den (ehemaligen) EU-Botschafter in der Ukraine, Jan Tombinski. Die Erklärungen werden von der „Abteilung für Internationale Öffentlichkeitsarbeit“ in zahlreiche Sprachen, namentlich Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch, Italienisch und Portugiesisch übersetzt. Journalistenreisen werden organisiert, internationale Konferenzen, Infographiken, Analysen, Newsletter u.a.m. werden verbreitet, die sich in verschiedenen internationalen Medien und Internetportalen wiederfinden. Zwischenstaatliche Medien- und Informationsbeziehungen werden gestärkt, wie das UCMC in seiner Selbstdarstellung mitteilt.
Als Beispiel wird auf eine Informationskampagne über die Ukraine in den Niederlanden 2016 verwiesen, die auch Pressereisen für holländische Journalisten durch die Ukraine umfassten. Anlass war das Referendum über ein Assoziierungsabkommen zwischen EU und Ukraine. 2016 hatten die Holländer sich mit 60 Prozent dagegen entschieden, ein solches Abkommen mit der Ukraine zu unterzeichnen. Ein Jahr später hatte sich der Wind gedreht.

Tatsächlich ist das Medienzentrum UCMC weniger ein Informationszentrum für Medien, als vielmehr eine Werbe- und PR-Agentur, die im Ausland für die Interessen der politischen Führung in der Ukraine wirbt, die 2014 durch einen Putsch an die Macht gelangt war. Westliche Medien und Politiker sprechen von einer „Revolution“.

Welche Richtung die UCMC-Werbung nimmt, ist an seinen „Informationsangeboten“ seit dem Beginn des Einmarsches russischer Truppen in die Ukraine am 24. Februar 2022 zu verfolgen. In einem täglichen Update findet Frontberichterstattung statt, die nicht überprüft werden kann. Das Gleiche gilt für die Zahlen von Flüchtlingen, Toten, Eingeschlossenen, Verschwundenen. Immer wieder wird die Forderung nach mehr und besseren Waffen verbreitet, Reden von Staatschef Selensky werden veröffentlicht, die er auch vor zahlreichen Parlamenten und vor der UNO gehalten hat. Zudem gibt es einen Link zu einer „International Legion of Defense of Ukraine“, einer Webseite, auf der sich Ausländer informieren können, die (militärisch) „die Sicherheit Europas“ in der Ukraine verteidigen wollen.

Seine „Vision“ beschreibt UCMC als „freie und demokratische Welt“, in der die Ukraine „Vorposten der Freiheit und demokratischen Entwicklung Osteuropas“ sein soll. Die Ukraine solle ein Land sein, „von dem die Sicherheit und Zukunft der Demokratie in der Welt abhängt“. Zu seinen „Werten“ gehört demnach, „niemals die russischen Darstellungen (original: „narratives“) und (den russischen) Imperialismus zu unterstützten“ und niemals „russische Gelder für die Arbeit zu akzeptieren“. Man werde „nie lügen“, an „keinen politischen Kampagnen teilnehmen“ und „niemals die Niederlage akzeptieren“.****)

Seit seiner Gründung 2014 wurde die Nicht-Regierungsorganisation UCMC und sein Pressezentrum von einer Vielzahl internationaler Geldgeber unterstützt. Dazu gehören nach eigenen Angaben die US-Agentur für Hilfe US-AID, die dem US-Außenministerium untersteht; die vom US-Kongress finanzierte Denkfabrik National Endowment for Democracy, NED; die NATO, UNICEF, der German Marshall Fund/Black Sea Trust, UNHCR, die deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, GIZ, die von der Bundesregierung finanziert wird sowie die Botschaften der USA, Niederlande, Schweiz, Finnland, Norwegen, Schweden und Deutschland. ***).
Auch die Heinrich-Böll-Stiftung unterstützt UCMC, ebenso das britische Institut for Statecraft („Staatskunst“) und eine in Tschechien gegründete Denkfabrik für Europäische Werte.

Inside_Corona***: Viele dieser Einrichtungen hat Thomas Röper in seinem neuen Buch über die Corona-Pandemie erwähnt. Dass dieselben Einrichtungen, die für die Volksverdummung des Westens seit dem Staatsstreich in der Ukraine 2014 aufgebaut worden sind, sich auch zur globalen Durchsetzung von Interessen der Pharmakonzerne ausgenützt werden, ist sicher kein Zufall. Auch die WHO ist sehr stark von der Pharma- und Informationsindustrie abhängig.

****: Dazu passend https://www.anti-spiegel.ru/2022/ukraine-journalisten-werden-erschossen-oder-verschwinden-opposition-wurde-verboten/

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Jochen

Syrien – Fragwürdige Berichterstattung – Das Zittern bei der ARD-Tagesschau

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Eine gut Zusammenfassung von Beobachtungen angesichts von klar erkennbaren Manipulationen.
Ich würde das nicht als Zittern, sondern als Kükenpiepsen bezeichnen.
Vgl. https://josopon.wordpress.com/2018/11/10/tells-apfel-und-die-putintrolle/ hier auch eine Piepsanleitung*).
https://www.tagesschau.deAber nun auszugsweise zum Beitrag:
https://peds-ansichten.de/2020/02/syrien-ard-tagesschau-offener-brief/
Dort auch gute Kommentare!

Veröffentlicht am 18. Februar 2020 von Ped

Offener Brief an die ARD-Tagesschau.

Der öffentlich-rechtliche Sender verschweigt seinen Konsumenten beharrlich, dass Syrien noch immer schlicht um seine Existenz kämpft und sich derzeit ganz konkret der Aggression solcher Staaten wie der Türkei und Israel erwehren muss.
Er deckt diese Tatsache zu, indem er in propagandistischer Manier einer Flüchtlingskatastrophe das Wort redet, welche auf die Operationen der Syrischen Arabischen Armee (SAA) in Idlib zurückzuführen sei.
Es ist wichtig, die Dinge klar auszusprechen: Die ARD-Tagesschau betreibt mit dieser Erzählung Desinformation.


Vorwort
Der folgende Brief ist – wie auch alle anderen an dieser Stelle veröffentlichten – keinesfalls ausschließlich, ja nicht einmal erstrangig an den explizit aufgeführten Adressaten gerichtet.
Vor allem aus diesem Grunde handelt es sich ja auch um öffentlich gemachte Briefe. Sie sind ein Vorschlag zur Überwindung von Sprachlosigkeit und möchten Mut geben, die eigene Unzufriedenheit in praktisches Handeln zu überführen.
Es ist – zumindest für mich – auffällig, dass die Meisten der Zeitgenossen zwar gefühlsmäßig auszudrücken in der Lage sind, dass in Politik und Medien hierzulande einiges ganz und gar nicht rund läuft.
Doch nur äußerst wenige Menschen schaffen es auch, diese Missstände im speziellen Fall sauber herauszuarbeiten, zu benennen und in Gesprächen damit zu argumentieren.
Damit können sie dann Jenen, die in der Mühle von Desinformation und Manipulation gefangen sind, auch keine Unterstützung geben, aus dieser zu entrinnen.

Deshalb mögen die offenen Briefe von Peds Ansichten als inspirierende – jedoch keinesfalls einfach statisch zu übernehmende – Beispiele taugen, um die eigenen argumentativen Fähigkeiten zu stärken und zu trainieren.
Es gilt, aus der Empörung – die mit Sprachlosigkeit gekoppelt ist – auszubrechen.


Offener Brief an den Chefredakteur von ARD-Aktuell

Berichterstattung der ARD-Tagesschau vom 12./14. Februar 2020, siehe:

Folgende E-Mail-Verteiler wurden angeschrieben:

Guten Tag, Herr Bornheim,

die im Folgenden an Sie gerichtete Programmkritik erkennt durchaus an, dass der nun vorrangig kritisierte Bericht aus Ihrem Haus auch eine Reihe korrekt wiedergegebener Sachinformationen enthält.
Allerdings sind diese Informationen in ein völlig verzerrtes Bild von den derzeitigen syrischen Ereignissen eingebettet. Dies “gelingt” den Verantwortlichen durch zwei Techniken, die sehr oft im Sinne von Propaganda genutzt werden: Dekontextuierung und Neukontextuierung.

Keiner von uns ist davor gefeit, in Propaganda zu verfallen. Sie ist nun einmal ein enorm wirksames Instrument, um andere Menschen “zu überzeugen”.
Für die Macher beim öffentlichen-rechtlichen Sender steht die tägliche Herausforderung, sich dessen bewusst zu sein und die manipulativen Techniken der Propaganda aus der Berichterstattung auszusperren. Was ihnen regelmäßig misslingt.

Das konterkariert den von Ihnen selbst, Herr Bornheim, formulierten hohen Anspruch, an das ARD-Format Tagesschau:

Die Tagesschau steht für Glaubwürdigkeit und Nachrichtenkompetenz. Getragen wird diese Glaubwürdigkeit durch ein herausragendes Team: Jeden Tag zerreißen sich hier bei ARD-Aktuell alle – egal in welcher Funktion -, um die besten Nachrichten für alle Ausspielwege zu erstellen. Hier wird gerungen, gestritten, diskutiert und auch gelacht. Es werden Formulierungen hin- und hergewogen, Sätze verworfen und bessere geschrieben. Jede und jeder kämpft für das Produkt, das sie oder er verantwortet. Das ist der Geist der Tagesschau. 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Und immer wieder stellen wir uns die Frage: Was geht besser?” (Marcus Bornheim,1)
“Geht es schlechter?” war die sofort bei mir aufkommende Frage als ich auf den Artikel “Erdogan droht Syriens Armee“, erstgesendet im Mittagsmagazin am 12. Februar 2020 und dann bei der Online-Präsenz der ARD-Tagesschau veröffentlicht, stieß. Sie (a1) leiteten mit den folgenden Worten ein:

Eigentlich hatten Syrien und Russland vereinbart, in Idlib eine Schutzzone einzurichten. Doch das scheint mit dem Vormarsch von Assads Armee hinfällig. Die Türkei verstärkt ihre Truppen und gibt sich kampfbereit.” (i)

Noch bevor zur eigentlichen Nachricht übergeleitet wurde, brachten Sie den Beleg, wie eine unvoreingenommene, ausbalancierte, ausreichend kontextuierte und sauber recherchierte wie gegengeprüfte Berichterstattung unter keinen Umständen aussehen darf. Es ist mir nicht so recht klar, ob Ihre Redaktion diesen Beitrag überhaupt verfasst oder einfach nur – von anderen vorgefertigt – übernommen hat.
In mir ist ein Bedürfnis, Letzteres zu hoffen, weil ich noch immer nicht glauben mag, dass bei der Tagesschau so schlampig und unprofessionell gearbeitet wird. Sollte Letzteres der Fall sein, dann stellen sich natürlich ganz andere Fragen – dazu weiter unten mehr. Allerdings sehe ich keinen Verfasser und keine Quellenangabe für die Nachricht, so dass ich leider annehmen muss, dass es sich hier – zumindest formal – um eine Eigenproduktion handelt.

Wenn eine Einleitung ohne jeden Kontext dem Konsumenten zum Fraß vorgeworfen wird, dann kann man sie auch gleich ganz weglassen. Das gilt natürlich nicht, wenn auf emotionaler Schiene gewisse Botschaften an den Mann oder die Frau gebracht werden möchten.

Im speziellen Fall heißen diese Botschaften: Syrien und Russland sind wortbrüchig geworden, was die “Einrichtung einer Schutzzone” betrifft – und das zeigt sich im “Vormarsch von Assads Armee”. Die Folge: “Die Türkei verstärkt ihre Truppen und gibt sich kampfbereit”.

Herr Bornheim, können Sie mir bitte erklären, von welcher “Schutzzone” Ihre Kollegen da reden? Was meinen Sie zudem mit dem “Vormarsch von Assads Armee”?
Und schließlich interessiert mich, was sich auf die Feststellung “Die Türkei verstärkt ihre Truppen …” der Konsument herbei fantasieren darf.

“Schutzzone” passt natürlich ganz wunderbar in den emotionalen (!) Kontext, auf dem Ihr Bericht aufbaut. Was juckt es da schon, wenn damit die Realität im syrischen Idlib in keiner Weise wiedergegeben ist.
Es geht schließlich darum, Zuschauer und Leser auf die Flüchtlinge, “die vielen Hundertttausend vor dem Assad-Regime flüchtenden Menschen” zu richten, nicht wahr?
Aber Ihre “Schutzzone in Idlib”, Herr Bornheim hat es nie gegeben! Das ist klassische Desinformation, um emotionale Botschaften zu verkaufen.

Sie können mich natürlich gern korrigieren, in dem Sie handfeste, überprüfbare Quellen über die “Vereinbarung einer Schutzzone” liefern. “Die besten Nachrichten” – um auf das weiter oben von Ihnen Zitierte zurückzukommen, sind immer noch solche, die mit belegbaren Quellen aufwarten können. Da – so denke ich – sind wir doch einer Meinung, oder nicht?

Falls Sie jedoch mit der “Schutzzone” die im Rahmen des Astana-Prozesses in Sotschi vereinbarten Deeskalationszonen meinen, dann erstaunt mich die Interpretation. Hat doch weder Russland noch Syrien die Sotschi-Vereinbarung gebrochen.
In diesem Sinne wäre es sicher hilfreich, wenn die ARD-Tagesschau endlich einmal diese Vereinbarungen – natürlich ins Deutsche übersetzt – ihren Konsumenten zur Verfügung stellen würde. Dann könnten diese auch prüfen, wer wo derzeit diese Vereinbarungen verletzt.

Außerdem ist der “Vormarsch von Assads Armee” sachlich falsch – warum? Erstens vermittelt er subtil die Botschaft einer Eroberung – was in keiner Weise der Wahrheit entspricht. Denn Sie und ich wissen ja, dass Eroberung den Gebietsgewinn fremden Territoriums meint. Davon kann keine Rede sein.
Schwerer fällt ins Gewicht, dass es sich hier nicht um “Assads Armee” handelt. Ein solcher Terminus ist eine weitere journalistische Fehlleistung. Hat das allen Ernstes Ihre Redaktion verzapft? Ich mag es einfach nicht glauben.

Wir sind immer noch in der Einleitung des Berichts “Erdogan droht Syriens Armee”. Dabei möchte ich der Tagesschau zugute halten, dass immerhin diese Überschrift der Wahrheit beträchtlich nahe kommt.
Dort steht übrigens auch völlig richtig “Syriens Armee” und eben nicht “Assads Armee”. Aber warum “droht Erdogan Syriens Armee” und warum “verstärkt die Türkei ihre Truppen”?

Ihr Bericht zeichnet diesbezüglich nun ein Bild, dass die Realität in ein Narrativ überführt, dass Ihr Format seit Beginn des Syrien-Krieges unverdrossen verbreitet hat. Doch selbst in Ihrem Haus, Herr Bornheim, hat man inzwischen auch mehrfach angemerkt, dass die “Rebellen” in Idlib Islamisten sind. Mehr noch hat es inzwischen auch die ARD-Tagesschau mitbekommen, dass diese Islamisten Verbindungen zu al-Qaida aufweisen, insbesondere die in Idlib herrschende Hayat Tahrir al-Sham (HTS, auch bekannt als al-Nusra-Front).
Im Gegensatz zu vielen Freunden und Bekannten teile ich nicht die Meinung, dass die Mehrzahl der Tagesschau-Mitarbeiter, einschließlich Ihnen, so borniert und mit Scheuklappen versehen sind, dass sie das gerade Erwähnte nicht auch erfasst und verinnerlicht haben.

Nun sei weiter aus Ihrem Bericht zitiert:

In Syrien setzt das Militär von Machthaber Baschar al-Assad seine Offensive auf die Rebellenhochburg Idlib fort. Mit Unterstützung russischer und iranischer Kräfte meldet die Armee fast täglich neue Geländegewinne. Die benachbarte Türkei sieht das mit Sorge. Präsident Recep Tayyip Erdogan droht – und verstärkt seine Truppen.” (ii)

Halten wir uns an dieser Stelle mal nicht weiter beim ätzenden, konnotierenden Wording von “Militär von Machthaber Baschar al-Assad” auf. Für die Tendenz des Berichts ist der folgende Aspekt schwerwiegender.

Wollen wir jetzt gemeinsam fachsimpeln, was eine Rebellenhochburg ist? Oder ersparen wir uns diese Spielereien und stellen uns lieber die Frage, WARUM überhaupt in Ihrem Bericht von einer “Rebellenhochburg” erzählt wird, obwohl sie das nicht ist? Warum steht dort nicht “Islamistenhochburg” oder “al-Nusra-Hochburg” oder – und das wäre das Treffendste – “Terroristen-Hochburg”?
Denn der al-Nusra-Nachfolger HTS ist eine terroristische Organisation und auch das ist Ihnen ja bekannt. Bitte sagen Sie mir nicht, dass Ihnen das nicht bekannt ist.

Schließlich ist es nicht nur mir und wohl auch Ihnen bekannt, sondern es ist ausdrücklich in UN-Sicherheitsratsresolutionen festgehalten und selbst in den USA ist die al-Nusra-Front als terroristische Organisation gelistet. Diese terroristische Organisation wird von der Syrischen Arabischen Armee (SAA) bekämpft – ganz im Sinne der Vereinbarungen von Astana und Sotschi, und übrigens auch ganz im Sinne diverser UN-Sicherheitsratsbeschlüsse im Zusammenhang mit Syrien und der Bekämpfung des Terrorismus. Nach diesen Beschlüssen ist die SAA dazu sogar verpflichtet!

In Ihrem Bericht kommt das aber mitnichten zum Ausdruck. Dort wird der Kontext weggelassen und es bleibt übrig “Assads Armee ist Schuld an dem Wegfall einer Schutzzone”, und das ist Unsinn.

“Die benachbarte Türkei sieht das mit Sorge” erzählt ihr Bericht, der verschweigt, dass die SAA gegen Terroristen kämpft. So wird desinformiert, denn der unbedarfte Konsument – das ist er übrigens auch durch Ihre Art und Weise der Berichterstattung – weiß nur etwas von “Assads Truppen” und natürlich von dem, was deutsche Leitmedien am Besten verkaufen können: Flüchtlingskatastrophen. Einen für das Verständnis des Geschehens essenziellen Sachverhalt zaubern Sie weg und nur deshalb können Sie die Falschnachricht anbringen. Denn das – eine Falschnachricht, “Fake News” – ist es auf diese Art und Weise geworden.

Wäre dieser wichtige Aspekt im Hirn des Tagesschau-Konsumenten immanent, dann würde er ein völlig anderes Bild zeichnen. Vor allem zur Aussage des türkischen Präsidenten, der diese Auseinandersetzung der SAA und ihrer Verbündeten gegen die Terroristen in Idlib “mit Sorge sieht”. Er würde messerscharf schlussfolgern, dass die Türkei Terroristen im südlichen Nachbarland deckt und unterstützt. Soll der Tagesschau-Konsument möglicherweise gar nicht auf solche Gedanken kommen, Herr Bornheim?

Es geht aber noch weiter: Durch die Dekontextuierung fällt auch die Tatsache aus dem Fokus, dass die türkische Regierung die Hauptverantwortung für die Flüchtlingsströme in Richtung ihres Landes trägt – und ganz und gar nicht die Syrische Armee oder die Regierung in Damaskus. In diesem Sinne zitieren Sie den türkischen Präsidenten in seiner selbst gewählten Rolle als Opfer, ganz so wie die Flüchtlinge. In Ihrem Bericht schreiben Sie einfach die Propaganda der Erdogan-Regierung ab, verkaufen sie als vermeintliche Wahrheit:

Denn Erdogan steht innenpolitisch unter Druck. In den vergangenen Jahren hat das Land bereits etwa 3,4 Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen. Sollte die Offensive der syrischen Truppen weitere Syrer über die Grenze in die Türkei treiben, würde die Versorgungslage noch schwieriger.” (iii)

Auch differenzieren Sie weder in diesem Bericht noch anderswo, wer alles zu Flüchtlingen geworden ist und wer es noch werden wird, wenn Syrien die volle Kontrolle über sein Staatsgebiet wiedererlangt. Die Zahl der Menschen, die familiär oder institutionell direkt an islamistische Kämpfer gebunden sind, geht in die Hunderttausende.

Man muss ja auch wissen, dass noch immer reichlich Geld, Hilfsgüter und Waffen nach Idlib fließen und in diesen Hilfen Deutschland millionenschwer involviert ist. Soll der deutsche Durchschnittsbürger lieber gar nicht erst solch unbequeme Fragen aufwerfen, die die Rolle des Friedensengels einer deutschen Regierung schwer konterkarieren würden?

Dieser Verdacht liegt auf der Hand, denn die ARD-Tagesschau ersetzt in ihrer Berichterstattung systematisch Terroristen durch Rebellen und zeichnet damit das altbekannte, verfälschendes Bild des Syrien-Konflikts.
Sprache ist mächtig und Propaganda ist es auch, denn sie nutzt die Sprache, um Menschen zu manipulieren. Nicht immer tun die Handelnden das bewusst und wenn, tun sie es nicht immer freiwillig. Der Zwänge gibt es viele.

Ursache und Wirkung – es ist die ewige Geschichte in der manipulativen Verbreitung von Nachrichten. Man vertauscht sie oder lässt die tatsächliche Ursache ausgeblendet. Man filtert heraus, was nicht in die Geschichte passt.
Warum die syrische Armee nun tatsächlich so offensiv agiert und sehr konsequent in Idlib vorrückt, habe ich bei Ihrem Sender noch nicht ein einziges Mal gelesen, gehört oder gesehen. Wobei angemerkt sei, dass mir das Hören und Sehen Ihres Formats seit ein paar Jahren gründlich vergangen ist und ich mir das also nicht mehr antue. Aber sehr aufmerksam studiere ich Ihre Online-Plattform, auf der man die gesprochenen Worte als Texte in Ruhe verarbeiten und von deren vielen kleinen Tricks befreien kann, was sehr hilfreich ist, um zum wahren Kern zu gelangen.

Türkisches Militär steht in Syrien, US-Militär steht in Syrien – und Sie bei der ARD-Tagesschau erkennen nicht, dass es sich um flagrante Verletzungen des Völkerrechts handelt?
Türkisches Militär unterstützt seit Beginn des Syrien-Krieges al-Qaida-affine Milizen, sprich Terroristen, handfest auf dem Boden eines Nachbarstaates, und Ihr Sender hat immer noch die Chuzpe, von Rebellen in Idlib zu reden?
Sie von der ARD-Tagesschau wollen den Menschen in Deutschland – nach all dem was in Syrien seit neun Jahren geschehen ist – noch immer allen Ernstes erzählen, das wäre ein Bürgerkrieg, ja gar “ein Aufstand des syrischen Volkes gegen das Assad-Regime”?

Weiter unten dann – ziemlich am Ende – informieren Sie korrekt (wenn auch mit zweifelhafter Quelle):

Nach Angaben der syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte brachte die türkische Armee weitere 6000 Soldaten und 1400 Fahrzeuge nach Idlib sowie in die Gegend um Aleppo.” (iv)

Wie nennt man denn so etwas? Handelt es sich hier etwa um eine Unterstützung von “Rebellen” oder die Durchsetzung einer “Schutzzone”? 1.400 Militärfahrzeuge und 6.000 Soldaten lassen da keine Zweifel:

In Idlib erleben wir derzeit eine Aggression der Türkei gegen Syrien.

Ein dem Völkerrecht verpflichteter Sender könnte ja mal vorsichtig in die Diskussion gehen, warum das derzeitige Mitglied des UN-Sicherheitsrates, namens Deutschland, noch keinen Resolutionsentwurf vorgelegt hat, um diese Aggression zu unterbinden.

Sie werden Ihren Grund gehabt haben, das Kommentarforum für diesen Bericht nicht freizuschalten.

Auch zwei weitere, nach dem gleichen Muster gestrickte Berichte, welche die Tagesschau am 14. und 17. Februar verbreitete, haben nicht das “Vergnügen” genossen, eine kritische Würdigung durch die Tagesschau-Konsumenten zu erfahren. Sind sich die Tagesschau-Macher inzwischen möglicherweise im Klaren, dass die Konsumenten zunehmend aus dieser Rolle heraus wachsen und die Absicht dieser Berichte erfassen? Eine die darin besteht, ganz gezielt einen Spin zu verbreiten, der Machtinteressen bedient (2,3)?

Das Muster heißt: Die Quellen sind die “Aktivisten” der sogenannten Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR), Terroristen werden umgetauft in “Oppositionelle” und “Rebellen” und es ist “Assads-Armee”, welche Flüchtlingsströme verursacht. Das ist konsequente Narrativ-Pflege und gleichzeitig Falschberichterstattung.

Die beigefügten Fotos und Filmbeiträge der Artikel sprechen Bände. Pressen Sie mit diesen doch dem Medienkonsumenten mit aller Macht in die Hirne, ja nur und ausschließlich an die armen Flüchtlinge, vor allem Frauen und Kinder zu denken. Auf der anderen Seite lassen die Berichte die dort äußerst aktiven, eigentlich gar nicht zu übersehenden Terroristen auf wundersame Weise verschwinden. Das sind halbe Wahrheiten und solche sind …

Weil wir bei den armen Menschen in Syrien sind, die bei UN-Sicherheitsratssitzungen gern von westlichen Staaten und ihren Partnern auf die Agenda gesetzt werden, fällt mir ein, dass es die gleichen Staaten sind, die durch ein umfassendes Sanktions-Management Syriens Bevölkerung in eine tiefe soziale und wirtschaftliche Krise gestürzt haben.
Das wäre doch mal ein schönes Thema für den “Faktenfinder” oder mehrere “Hintergrund”-Berichte, was meinen Sie, Herr Bornheim?

Was ich beim Studium Ihrer Berichte erfahre, sagt mir, dass Sie und Ihre Kollegen keinesfalls so inkompetent und/oder ideologisch verblendet sind, um nicht zu verstehen, was tatsächlich in Syrien vorgeht.
Erzählen Sie mir bitte nicht, dass Sie diese Art und Weise der Syrien-Berichterstattung lediglich aus eigenem inneren Antrieb und freiwillig verbreiten.

Dass Sie – mit Ihrem hohen Anspruch – das aber tun und so Millionen Menschen schlicht desinformieren wie manipulieren, muss einen anderen Grund haben. Sie bei der Tagesschau kennen die Wahrheit – müssen sie kennen.
Denn so verbohrt kann keine komplette Redaktion sein, um nicht zu wissen, wie die syrische Wirklichkeit aussieht. Warum also tun Sie das?

Da ich das Tagesschau-Team auch beileibe nicht für charakterlos halte, fällt mir noch eine Erklärung ein:

Sie haben Angst. Mehr noch beschleicht mich der Verdacht, dass Sie sogar eine Heidenangst haben, versehentlich das “Falsche” zu berichten und damit etwas einzureißen, was sie als ganz selbstverständliche Wahrheit seit jeher vorausgesetzt und verbreitet haben. Vor wem oder was haben Ihre Kollegen Angst?

Sie berichten nicht das, zu was Sie sich eigentlich verpflichtet fühlen möchten, sondern im Sinne derjenigen, denen Sie sich verpflichtet fühlen müssen. Es gibt inzwischen viele Menschen, welche Medienleute dafür hassen. Hass ist auch ein Akt von Hilflosigkeit. Die Hilflosigkeit, die mit dem Gefühl verbunden ist, unverfroren betrogen zu werden, ohne sich dagegen wirklich wehren zu können.

Diese Hilflosigkeit ist in mir nicht vorhanden und daher auch kein Hass. Deshalb unter anderem bekommen Sie auch diese Post von mir.

Ich erwarte keine Antwort von Ihnen, weil, lebte ich diese Erwartung, wüsste ich bereits um Ihre Antwort. Sie können gern Ihren Zuschauern und Lesern antworten, wenn Sie den zaghaften Mut (Mut = Überwindung von Angst und damit Ende der Feigheit) gefunden haben. Sie können Stück um Stück den konfliktreichen Weg einer Befreiung von Abhängigkeiten einschlagen.

Vielleicht lesen Sie ja sogar aufmerksam die bei der UNO veröffentlichten Dokumente zum Syrien-Krieg? Oder tun Sie das nicht?
Wenn türkische Truppen im Norden Syriens einfallen und zur gleichen Zeit die israelische Luftwaffe Ziele im Süden – im Großraum Damaskus – angreift, dann ist das doch eine Aggression, oder nicht?

Sagen Sie mir bitte, warum Sie das Wort Aggression in diesem Kontext nicht über die Lippen bekommen. Wenn es darum ging, eine russische Aggression herbeizureden – was die Tagesschau übrigens auch dann tut, wenn Sie “nur” zitiert! – war das kein Problem (4). Wo kommt sie her, die gespaltene Wahrnehmung von Ereignissen?

Frühere offene Briefe habe ich immer reichlich mit Quellen unterlegt. Quellen übrigens, die auch Sie, Herr Bornheim wahrscheinlich für glaubwürdig halten. Aber diesmal verzichte ich darauf. Denn die Quellen wurden nie in den Antworten berücksichtigt. Sie wurden schlicht ignoriert und dafür das eigene Narrativ erneut aufgewärmt.
Wenn Sie und Ihre Kollegen, Herr Bornheim, an Quellen tatsächlich interessiert sind, um meine Aussagen auf Belastbarkeit zu testen und die Ihren auf Gültigkeit ehrlich zu überprüfen, dann fragen Sie bitte gezielt bei mir nach.

Nun, zwei sehr aktuelle Quellen aus dem Dokumentensystem der Vereinten Nationen seien Ihnen mitgegeben, sozusagen als Referenz:

Fühlen Sie sich zu nichts verpflichtet. Doch über eine wirklich ernsthafte, auf das Thema eingehende Antwort freue ich mich selbstredend.

Achtungsvoll,

Ped

Ein Nachtrag: Am gestrigen frühen Abend (17. Februar 2020) wurde eine Analyse des SWR-Korrespondenten Alexander Stenzel veröffentlicht, die den ehrlichen Anspruch erkennen lässt, objektiv über den gegenwärtigen Konflikt, der sich im Norden Syriens abspielt, zu informieren. Auch wenn das hier: “Die Türkei bewaffnet und bildet Gruppen militärisch aus, die sie als gemäßigt bezeichnet. Tatsächlich finden sich unter ihnen allerdings auch Dschihadisten.” noch immer unterschwellig vermittelt, in Idlib würden auch irgendwelche “Moderaten” gegen die Regierung kämpfen (5).
Trotzdem: Alexander Stenzel vermeidet ein parteiisches Wording und stellt die in den anderen Berichten schmerzhaft vermissten Kontexte dar, ohne die der Konflikt nicht zu verstehen ist. Der Unterschied zu den oben kritisierten Berichten, die den starken Anschein erwecken, “im Auftrag” veröffentlicht worden zu sein, sticht geradezu ins Auge.

Liebe Leser, bleiben Sie bitte schön aufmerksam.

Anmerkungen und Quellen

(Allgemein) Dieser Artikel von Peds Ansichten ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen kann er gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden. Bei Verlinkungen auf weitere Artikel von Peds Ansichten finden Sie dort auch die externen Quellen, mit denen die Aussagen im aktuellen Text belegt werden.

(a1) “Sie” in der Anrede an Herrn Bornheim schließt – im Rahmen des offenen Briefes – alle redaktionell und administrativ für die ARD-Tagesschau Verantwortlichen zur Syrien-Berichterstattung ein.

(i-iii) 12.02.2020; https://www.tagesschau.de/ausland/syrien-idlib-erdogan-101.html

(1) 26.06.2019; Marcus Bornheim; https://blog.tagesschau.de/author/Bornheim/

(2) 14.02.2020; https://www.tagesschau.de/ausland/syrien-idlib-fluechtlinge-101.html

(3) 17.02.2020; https://www.tagesschau.de/ausland/aleppo-syrien-123.html

(4) 28.03.2019; https://www.tagesschau.de/ausland/kertsch-ukraine-russland-109.html

(5) 17.02.2020; Alexander Stenzel; https://www.tagesschau.de/ausland/idlib-analyse-101.html

K_Leukefeld2020Meine Anmerkung: Die Nahost-Korrespondentin Karin Leukefeld verweist auf das hier einshbare Interview: https://youtu.be/a2KPG3N_ZIY
über Idlib, die Türkei und die USA in Syrien und das Verhalten der Europäischen Union

* Piepsanleitung:

    • Das unbedingte Eintreten für den freiheitlichen Rechtsstaat, für Deutschland als Mitglied der westlichen Staatengemeinschaft und für die Förderung der Einigungsbemühungen der Völker Europas.
    • Das Herbeiführen einer Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen sowie die Unterstützung der Lebensrechte des israelischen Volkes.
    • Die Unterstützung des transatlantischen Bündnisses und die Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika.

 

  • Die Ablehnung jeglicher Art von politischem Totalitarismus und die Verteidigung der freien sozialen Marktwirtschaft.
  • Die Unterstützung der EU, ihrer Politik und Einrichtungen.

Dazu gehört natürlich auch, jede Kritik an den USA, der NATO und der Regierung Israels zu vermeiden und solche Kritiker als Verschwörungstheoretiker oder Antisemiten zu diffamieren.

Tonkin-Zwischenfall 1964 als Mustervorlage der Vorbereitung des Überfalls der USA auf das souveräne Syrien

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Aus der deutschen Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Vietnamkrieg#Kriegseintritt_der_USA:
Am 31. Juli 1964 griff ein südvietnamesisches Sabotagekommando im Rahmen von „OPLAN34“ zwei nordvietnamesische Inseln an.
Am 1. August lief das US-Kriegsschiff USS Maddox in den Golf von Tonkin ein, um die Vietnamesische Volksarmee (PAVN) elektronisch auszuforschen.
Aus ungeklärten Gründen entsandte Nordvietnams Küstenwache am 2. August drei Schnellboote zur Maddox. Diese fürchtete einen Torpedoangriff, eröffnete das Feuer, versenkte eins der Boote, beschädigte die übrigen und meldete diesenTonkin-Zwischenfall der US-Regierung.
Am 4. August meldete die USS Turner Joy (DD-951) während eines Gewitters irrtümlich weitere Torpedoangriffe, zog die Meldung aber zurück. Die NSA legte Johnson nur jene 10 % des für den Zwischenfall relevanten Funkverkehrs vor, die einen Angriff nahelegten.[64]
Johnson (US-Präsident) ordnete noch am selben Abend erste Luftschläge auf Hanoi an und begründete diese im US-Fernsehen als Vergeltung für „wiederholte unprovozierte Gewaltakte“. Die Beteiligung der US-Kriegsschiffe an Sabotageaktionen wurde dem Kongress verheimlicht.
Staatssekretär George Ball gab später zu, dass sie in den Golf von Tonkin entsandt worden waren, um einen Kriegsgrund zu provozieren. Die sofortigen Vergeltungsschläge waren seit Monaten vorbereitet gewesen.[65]

Der Angriff der USA auf das souveräne Syrien ohne jede Absprache im Sicherheitsrat oder den vereinten Nationen ist medial von langer Hand vorbereitet worden. Seit Wochen wird aus den von der Atlantik-Brücke kontrollierten deutschen Leitmedien zur Eskalation gedrängt, das Assad-Regime als das einzig Böse dargestellt, von den Massakern, die die NATO im Irak anrichet, abgelenkt. Nur so ist diese schnelle und skrupellose Aktion möglich gewesen.
Kurzfristig soll die Schweizer Syrien-Friedenskonferenz torpediert werden; langfristig geht es darum, dem letzten Stützpunkt der russischen Armee in Syrien die Legitimation und den Boden zu entziehen.
Nebenbei will die US-Regierung auch dem Staatsbesuch aus China demonstrieren, dass sie sich weiterhin wie ds Imperium aufführen kann.
Die Reaktion des Außenministers Gabriel zeigt, dass wir von dieser SPD keine friedfertige Politik zu erwarten haben; ähnlich wie 1914 muss diese sich vaterländisch aufführen.
Es ist zu vermuten, dass in den USA auch wieder private Werbeagenturen mit vorgegebenen Kampagnen eingespannt waren wie im 2. Golfkrieg mit der Brutkastenlüge und 2003 mit der Massenvernichtungsmittel-Lüge, einschließlich eindrucksvoller großer Fotos von Kinderleichen.

k leukefeld

Karin Leukefeld nimmt in der jungen Welt dazu ausführlich Stellung https://www.jungewelt.de/artikel/308552.was-geschah-in-idlib.html:

Was geschah in Idlib?

Syrien-Konferenz in Brüssel von vermeintlichem Giftgasangriff überschattet. Westen verurteilt Regierung – ohne Beweise

Eigentlich sollte es am Dienstag und Mittwoch in Brüssel darum gehen, wie Syrien und seine Nachbarländer in Zukunft unterstützt werden können. Eingeladen hatte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, »Kovorsitzende« waren Deutschland, Norwegen, Großbritannien, Katar und Kuwait sowie die Vereinten Nationen, die von dem Syrien-Beauftragten Staffan De Mistura vertreten wurde.
Vertreter von insgesamt 70 Staaten und internationalen Hilfsorganisationen waren in die belgische Hauptstadt gereist, um darüber zu beraten, wieviel Geld für welche Gebiete in Syrien und in den Nachbarländern aufgebracht werden soll – und unter welchen Bedingungen.

Doch noch bevor die ersten Gespräche beginnen konnten, bestimmte ein Luftangriff in dem syrischen Ort Khan Scheikhun (Provinz Idlib) die Tagesordnung.
Mehr als 70 Menschen waren dabei am Dienstag getötet worden, Hunderte wurden verletzt. Ein Krankenhaus, das die Verletzten versorgte, wurde mit einer Rakete beschossen.

Die Nachrichten über einen angeblichen Giftgasangriff war von der bewaffneten Opposition in Khan Scheikhun verbreitet worden. Verantwortlich seien entweder »russische oder syrische Kampfjets«. Die »Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte« in Großbritannien sorgte für die weltweite Verbreitung der Nachricht, die »Nationale Koalition« (Etilaf) in Istanbul forderte eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates.
Unmittelbar darauf verurteilte Mogherini den Angriff und machte den syrischen Präsidenten verantwortlich. Frankreich, Großbritannien und die USA legten in Windeseile einen Resolutionsentwurf für den UN-Sicherheitsrat vor. US-Außenminister Rex Tillerson forderte Russland auf, den syrischen Präsidenten »zu stoppen«.
Der UN-Beauftragte De Mistura forderte eine internationale Untersuchung und warnte vor vorschnellen Schuldzuweisungen.

Zu diesem Zeitpunkt hatte das russische Verteidigungsministerium bereits mitgeteilt, zu dem besagten Zeitpunkt keine Angriffe im betroffenen Gebiet geflogen zu haben.
Die syrische Luftwaffe habe dort ein Waffenlager bombardiert, in dem vermutlich Giftgas produziert oder gelagert worden sei. Die russische Luftüberwachung habe ergeben, dass »die syrische Luftwaffe zwischen 11.30 und 12.30 Uhr am östlichen Rand von Khan Scheikhun einen Luftangriff auf ein zentrales Munitions­lager und militärisches Material« durchgeführt habe, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Generalmajor Igor Konaschenko. »Auf diesem Gebiet waren auch Werkstätten, in denen Geschosse mit giftigem Material gefüllt wurden.«
Die Symptome, die auf dem aus Khan Scheikhun verbreiteten Videomaterial zu sehen gewesen seien, entsprächen denen, die man auch in Aleppo nach Angriffen mit chemischen Waffen beobachtet habe, so der Sprecher weiter.
Russland habe seine Untersuchungen der UN-Organisation zum Schutz vor chemischen Waffen (OPCW) übergeben, die das Material prüfe.

Die syrische Armeeführung verurteilte ebenso wie das syrische Außenministerium das mit Giftgas verübte »Verbrechen an der Bevölkerung« von Khan Scheikhun und machte die bewaffneten Gruppen verantwortlich. Die Armee habe »nie chemische Waffen gegen die Bevölkerung eingesetzt und werde es nie tun«, so ein Armeesprecher.
Die Angriffe bei Khan Scheikhun seien mit Suchoi Su-22-Kampfjets durchgeführt worden, die keine Chemiewaffen transportieren könnten.
Syrien habe die Chemiewaffenkonvention 2013 unterzeichnet und alle Bestände seien von der UNO abtransportiert und vernichtet worden, sagte der stellvertretende syrische Außenminister Feisal Mekdad im Interview mit dem Sender Al Mayadeen.

Ein Grund mehr, sich bei den Ostermärschen für den Frieden und gegen jede Form von „Schutzverantwortungsbombardierungen“ einzusetzen, zum Beispiel:

Unsere nächsten Veranstaltungen

Sa, 15.04.2017, 11:30 Uhr Moritzplatz, Augsburg

Ostermarsch 2017

mit Demo, Infoständen, Reden und der Regensburger Rockband RUAM

Das Flugblatt kann hier herunter geladen werden:
http://s573815085.online.de/pdfs/Ostermarsch%202017_A4.pdf

Jochen