Verteufelter Feind: Die klassischen Prinzipien der Kriegspropaganda in den westlichen Narrativen gegen Russland und China. Von Anne Morelli

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Dieser Artikel aus der jungen Welt passt so gut zu meinem Hauptthema, dass ich ihn hier in ganzer Länge wiedergebe – mit einer Auswahl an Leserbriefen.
Dazu kommt aktuell am 12. 1.2022 ein Interview in der jungen Welt, weiter unten.
Die 10 Prizipien der Kriegspropaganda habe ich auch schon hier beschrieben: https://josopon.wordpress.com/2022/07/08/von-syrien-bis-zur-ukraine-dieselben-10-regeln-der-kriegspropaganda-von-lord-posonby/
und deren aktuelle Auswirkungen hier: https://josopon.wordpress.com/2016/09/27/salven-aus-den-verlagshausern-der-anteil-der-medien-an-den-kriegen-des-westens/
und vor dem Beginn der „Sonderoperation“ hier: https://josopon.wordpress.com/2022/02/17/die-vor-kriegspropaganda-und-die-strategische-kommunikation-der-nato/

Verteufelter Feind

Die klassischen Prinzipien der Kriegspropaganda finden sich auch im westlichen Vorgehen gegen Russland und China

Von Anne Morelli

https://www.jungewelt.de/artikel/441874.kriegspropaganda-verteufelter-feind.html

Alle militärischen Konflikte werden von Propaganda begleitet. Die erste durch schriftliche und visuelle Quellen überlieferte Schlacht der Antike bildete da keine Ausnahme. Nachdem 1274 v. u. Z. die Ägypter gegen die Hethiter bei Kadesch im heutigen Syrien gestritten hatten, ließ Ramses II. einen »Sieg« für die Nachwelt festhalten – obwohl er ein großes Gebiet verloren hatte. Es war schon damals wichtig, die Untertanen glauben zu lassen, dass für das eigene Lager alles gut und für die Gegner alles schlecht laufe.
Der römische Prokonsul Julius Cäsar stellte seine siegreichen Feldzüge gegen die Gallier 58 bis 51 v. u. Z. als »Defensivkrieg« dar. Angeblich waren es die Gallier, die angriffen, und er habe diese Offensive vorausgesehen und müsse ihr zuvorkommen. In dem Bericht, den er dem römischen Senat vorlegte, beschrieb er die Täuschungsmanöver seiner Feinde, übertrieb deren Stärke und versicherte, dass ihre Verluste extrem hoch seien. Und warum hatte er diesen Krieg geführt? Wenn man ihm glauben will, dann natürlich, um Gallien zu »befrieden«.
Zweifellos haben die englischen Karikaturen, die Napoleon als Unhold zeigten, die öffentliche Meinung zur Allianz der konservativen Mächte gegen Frankreich beeinflusst. Die Grundsätze der Kriegspropaganda wurden also zu allen Zeiten angewandt, aber nicht von Agenturen, die in großem Maßstab mit spezialisiertem Personal arbeiten. Erst im Ersten Weltkrieg wurden sie zum Gegenstand systematischer und »professioneller« Kampagnen.

In diesem Konflikt standen sich hauptsächlich Frankreich, Großbritannien und Russland, die Triple Entente, auf der einen Seite und Deutschland und Öster­reich-Ungarn auf der anderen Seite gegenüber. Auf beiden Seiten wurde das ganze Potential an Vorstellungskraft ausgeschöpft, um die Kriegspropaganda zu nähren. Dank des 1928 erschienenen Buchs »Falsehood in Wartime« von Lord Arthur Ponsonby (1871–1946), der daran beteiligt und – als Pazifist – ange­widert war von dem, was er gesehen hatte, sind wir heute besonders gut über die Organisation der offiziellen britischen Propaganda informiert.
Ponsonby hat eine Reihe der von ihr erfundenen Kriegslügen entlarvt. Die britische Propaganda­abteilung wurde von Alfred Harmsworth (1865–1922) geleitet, einem bekannten Journalisten und Verleger, der 1918 wegen seiner Verdienste als Propagandadirektor zum Viscount geadelt worden war. Lord Northcliffe, so sein neuer Name, kannte keine Skrupel, wenn es darum ging, den Hass des Volkes zu schüren und dafür zu sorgen, dass genügend Freiwillige rekrutiert wurden, um den Krieg der Triple Entente fortzusetzen. Arthur Ponsonby beschrieb die wesentlichen Mechanismen der Kriegspropaganda. Ich habe sie in zehn »Geboten« beziehungsweise elementaren Grundsätzen systematisiert. Wir werden anhand der westlichen Narrative über Russland und China prüfen, ob sie ein Jahrhundert später immer noch wirksam sind.

Wir wollen keinen Krieg

Um einen Krieg populär zu machen, muss die Öffentlichkeit davon überzeugt werden, dass wir uns in Notwehr befinden und der »andere« angefangen hat. Der »andere« ist von expansionistischen Visionen getrieben. Es ist also Russland, das als alleiniger Verantwortlicher für den Krieg in der Ukraine betrachtet wird.
Doch schon Machiavelli warnte davor, immer nur denjenigen, der als erster sein Schwert zieht, als Verantwortlichen für einen Konflikt anzusehen. Denn der Angreifer kann in eine Situation geraten sein, in der es für ihn keine andere Möglichkeit mehr gab, als in einen offenen Krieg einzutreten.

Heute spricht der Westen von einem »russischen Angriff« auf die Ukraine im Februar 2022, ohne zu berücksichtigen, dass das Vordringen der NATO nach Osten aus der Sicht Moskaus eine konkrete Bedrohung des eigenen Territoriums darstellt, auf die man – in die Enge getrieben – irgendwann »reagieren« muss.

In den vergangenen acht Jahren musste Russland verschiedene westliche »Offensiven« über sich ergehen lassen: die (organisierte) Dürre auf der Krim, seitdem Kiew die Halbinsel von der Wasserversorgung aus dem Dnepr abgeschnitten hat, das Massaker in Odessa vom 2. Mai 2014, den regelmäßigen Beschuss des mehrheitlich von russischsprachigen Menschen bewohnten Donbass durch die vom Westen aufgerüstete ukrainische Armee.
Während NATO und EU seit 2014 behaupten, »auf die russische Herausforderung zu reagieren«, spricht der Kreml von »präventiver Verteidigung«, um seinen Kriegseintritt zu rechtfertigen. Der Westen seinerseits versichert, dass seine Vorstöße in den Osten dazu dienen, sich selbst zu »schützen«.

Die westliche Propaganda unterstellt Russland und China imperialistische Interessen. Dabei haben diese viel weniger Militärstützpunkte im Ausland als die USA, die mehr als 725 Basen außerhalb ihres Staatsgebiets unterhalten und deren Budget für Militärausgaben mit 2.187 Dollar pro Kopf viel höher liegt als bei ihren Gegnern. Aber es ist wichtig, die Öffentlichkeit glauben zu machen, dass wir von einem bedrohlichen Feind in die Enge getrieben werden.

Dämonisierung des Gegners

Wenn die öffentliche Meinung nicht für den Kriegseintritt ist, dann muss man den Anführer des Gegners als teuflischen Verrückten darstellen, den zu beseitigen unsere Pflicht ist.
Im Ersten Weltkrieg wurde Kaiser Wilhelm II. von der Propaganda der Triple Entente als blutrünstiger Wahnsinniger beschrieben, der persönlich den Befehl gegeben habe, die Kathedrale von Reims und die Bibliothek der Universität Leuven in Belgien niederzubrennen. In späteren Konflikten kam derselbe Mechanismus zur Anwendung.
Die NATO-Offensive gegen Jugoslawien war demnach notwendig, um den Staatspräsidenten Slobodan Milosevic gefangenzunehmen, der Krieg gegen den Irak wurde angeblich gegen Saddam Hussein geführt, der Angriff Frankreichs auf Libyen, der von den USA unterstützt wurde, erfolgte, so die westliche Propaganda, um das Land von Muammar Al-Ghaddafi zu befreien – obwohl der libysche Staatschef noch kurz zuvor im Élysée-Palast als wertvoller Verbündeter begrüßt worden war.

Auch in den gegenwärtigen westlichen Erzählungen findet sich dieses einfache Prinzip: Wir führen keinen Krieg gegen Russland, sondern gegen Putin, der an Paranoia leidet.
Die Tageszeitung La Libre Belgique beschreibt den russischen Präsidenten als sowjetischen Zaren. Der Publizist Bernard-Henri Lévy bescheinigt ihm »mörderische Unzurechnungsfähigkeit«, nennt ihn »Iwan den Schrecklichen« und »Eierabreißer«.
In dem in Brüssel erscheinenden Nachrichtenmagazin Le Vif fand sich bereits 2014 ein Artikel mit der Überschrift »Wie man Putin stoppen kann«, in dem dessen »Bösartigkeit« angeprangert wurde. Der Sender TV5 Monde titelte »Wladimir Putin: Russland als Eroberer« – obwohl das Land seit 1990 einen Großteil seiner Einflussgebiete verloren hat. Wladimir Putin sei ein »Killer«, sagte der US-amerikanische Präsident Joseph Biden im März 2021. Diese Bezeichnung wurde von der europäischen Presse einfach übernommen, obwohl sich die beiden Männer drei Monate später in Genf treffen sollten.

Da Xi Jinping der Führer des anderen großen Feindes der westlichen Welt ist, gibt es auch für ihn wenig lobende Worte: Der »neue Mao« soll seine Rivalen vertrieben haben, um dem Personenkult um sich selbst mehr Raum zu geben. Er wird als »Kaiser« tituliert, der auf dem Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas seine »Krönung« gefeiert habe.

Natürlich sind es immer die Regimes der anderen Seite, die aus gefährlichen Verrückten bestehen. »Unsere« Führer sind alle gesund und menschlich.

Als Sigmund Freud 1930 den Wahnsinn des 28. US-amerikanischen Präsidenten Thomas Woodrow Wilson beschrieb, der eine entscheidende Rolle im Ersten Weltkrieg gespielt hatte, wurde dessen Psychoanalyse zurückgehalten und durfte erst 1967 veröffentlicht werden.

Es war wohl zu beunruhigend für die Amerikaner zu erfahren, dass es auf »unserer« Seite einen Führer gab (Wilson war unter anderem davon überzeugt, eine besondere persönliche Beziehung zu Gott zu haben), der in Wirklichkeit unfähig war, sein Land zu regieren und die Zukunft Europas zu gestalten.

Edle Motive des eigenen Lagers

Um die öffentliche Meinung für den Krieg zu mobilisieren, muss man die Bevölkerung überzeugen, dass »wir« ihn nur für gute Zwecke führen. Wir sprechen also nicht über unsere Expansionspläne oder die wirtschaftlichen Gründe für unsere kriegerischen Unternehmungen. Die kriegstreiberische Einigkeit lässt kein Wort über das US-amerikanische Schiefergas zu, das zu hohen Preisen das russische Gas ersetzen soll.
Natürlich auch nicht über das europäische Projekt, das eine in die NATO und EU integrierte Ukraine von morgen als gute Gelegenheit für »Standortverlagerungen in der Nähe« sieht: Weniger weit entfernt als Asien und Afrika, könnten dort mit geringeren Transportkosten vom Westen benötigte Produkte hergestellt werden. Da die einheimischen Arbeitskräfte in der Ukraine immer noch zu teuer und vor allem durch ein aus der Sowjetzeit stammendes Arbeitsgesetz geschützt sind, müssen diese Barrieren beseitigt und die Arbeitsbedingungen beispielsweise durch eine Erhöhung der täglichen Arbeitszeit auf zwölf Stunden und leichter mögliche Entlassungen »liberalisiert« werden.
Es müssen also Maßnahmen ergriffen werden, wie sie der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij mit der Bekämpfung der Gewerkschaften des Landes bereits eingeleitet hat.

Die westlichen Medien dagegen berichten nur von »unseren« edlen Neigungen, dem Feind unserer Feinde zur Hilfe zu eilen. Und so ist auch »unsere« Unterstützung für Taiwan und Tibet nur als ein Eintreten für das Selbstbestimmungsrecht der Völker zur verstehen (nicht etwa aus der Hoffnung geboren, China zu schwächen). Wir verteidigen das Recht des Kosovos, sich von Jugoslawien abzuspalten, aber nicht der Krim und der Oblast Donezk, sich von der Ukraine zu lösen. Putin versichert, dass Russland Krieg gegen den wiederauflebenden Faschismus führt. Die NATO behauptet, für die Demokratie zu kämpfen.
Viele Länder, die von der NATO gestützt werden, sind keine Vorbilder für Demokratie. Bereits im Ersten Weltkrieg trat die Triple Entente angeblich für die Demokratie ein – gemeinsam mit dem russischen Zaren!

Der Kampf gegen die russischen »Oligarchen« ist scheinbar auch ein edles Motiv. Die Definition des Wortes »Oligarch« ist klar: Es handelt sich um einflussreiche Personen, die die Wirtschafts- und ebenso weitgehend die Medienmacht an sich gerissen haben. Das trifft zweifellos auch auf einige Personen in Frankreich zu, etwa Arnaud Lagardère, Bernard Arnoult, François Pinault, die Dassault-Familie etc. Aber diese Kaste – die insbesondere das Medienmonopol in ihren Händen hat – anzugreifen würde eine Revolution bedeuten.

Die Frage der Menschenrechte, insbesondere der Religionsfreiheit, ist ein häufig angeführter Grund für Konflikte mit China, nicht von Interesse sind aber die Rechte der Palästinenser oder der Frauen in den muslimischen Ländern, die mit den USA verbündet sind. Beispielsweise betreibt die französische Regierung im eigenen Land eine rigide Antisektenpolitik, in China hingegen fördert sie mit Falun Gong eine neugegründete taoistische Bewegung.
Am 24. April 1999 waren 10.000 Falun-Gong-Anhänger in das Gebäude der chinesischen Regierung eingedrungen. Es ist unwahrscheinlich, dass die französische Regierung es hinnähme, wenn eine vom Ausland unterstützte Sekte versuchte, den Élysée-Palast zu besetzen.

Die Greueltaten der Feinde

Leider gibt es keinen Krieg ohne Gewalt. Aber die Propaganda will uns das Gegenteil glauben machen. Im Krieg zwischen der NATO und Russland um die Ukraine wird nur über die Verbrechen der Truppen des Kremls berichtet.

Wenn Human Rights Watch und Amnesty International sich über Folterungen und Hinrichtungen, die von Ukrainern an Russen, insbesondere an Gefangenen, begangen werden, besorgt äußern, dann ist das Echo bei uns gering, und Meldungen darüber schaffen es nicht auf die Titelseiten der Zeitungen.
Empathie soll nur für die Opfer des Feindes und nicht für die Opfer des NATO-Aspiranten aufgebracht werden. Die Tragödie von Flüchtlingen ist nur dann rührend, und diese sind nur dann der Solidarität würdig, wenn sie als Zeugen der feindlichen Barbarei auftreten.
Der Krieg in der Ukraine hat auch Teile der im Osten des Landes lebenden russischen Bevölkerung gezwungen, ihre Dörfer zu verlassen – aber wen interessiert das schon?

Ähnlich die antichinesische Propaganda. Die westlichen Medien sind voll von Berichten über die Schrecken, die Uiguren erlitten: Zwangsassimilation, Unterricht auf chinesisch, Bekämpfung des Separatismus etc.
Die beschriebenen Maßnahmen spiegeln die Unterdrückungsmethoden, die die europäischen Kolonialherren gegen die indigenen Völker angewandt haben.
Bis vor kurzem wurden in Kanada noch die Kinder der Ureinwohner in einer Fremdsprache, Englisch, unterrichtet und gezwungen, mit dem Christentum eine Religion auszuüben, die nichts mit ihrem angestammten Glauben zu tun hat. Da sie zudem Experimenten und vielen Entbehrungen ausgesetzt waren, starben Tausende von ihnen.
Hört man häufiger vom tödlichen Schicksal der Ureinwohner Kanadas oder von den Uiguren, über die die meisten Nachrichten von dem alles andere als objektiven Radio Free Asia stammen?

Die illegalen Waffen des Feindes

Laut der binären Sichtweise, die die Kriegspropaganda vermittelt, muss der Feind hinterlistig sein und unerlaubte Strategien und Waffen einsetzen. So beschuldigt Moskau die Ukraine, ein geheimes biologisches Waffenprogramm zu entwickeln, das von den USA gefördert werde. Dazu muss man allerdings sagen, dass die WHO im März 2022 der Ukraine nachdrücklich empfohlen hat, »die in ihren Labors aufbewahrten hochgefährlichen Krankheitserreger zu vernichten«.
Beide Seiten werfen sich gegenseitig vor, dass nur der andere Clustermunition verwende. Tatsächlich wurde sie erst von Kiew im Donbass und später von Moskau eingesetzt. Phosphorbomben werden von westlichen Medien als besonders »unmenschlich« bezeichnet; nicht erwähnt wird, dass sie von Briten und US-Amerikanern bereits im Zweiten Weltkrieg über Deutschland abgeworfen worden waren.

Terrorismus scheint die perfideste Waffe zu sein, und jeder wirft dem anderen vor, sich seiner Methoden zu bedienen, selbst wenn es sich um Cyberangriffe des Gegners handelt. Aber wenn unser Verbündeter ein Flugzeug zur Landung zwingt, um eines politischen Feindes habhaft zu werden – wie es 2016 mit dem Anti-Maidan-Reporter Armen Martirosjan in Kiew geschehen ist –, dann ist das natürlich absolut kein Akt der Piraterie.
Dem Gegner wird vorgeworfen, keine regulären Truppen, sondern geldgierige Söldner und sogar Killerroboter einzusetzen. »Wir« hingegen schicken nur »Freiwillige« an die Front, die von der Richtigkeit »unserer« Sache verzaubert sind und uneigennützig handeln.
Auch im Propagandakrieg gegen China ließ der Westen es sich nicht nehmen, Beijing des Einsatzes »illegaler Waffen« zu bezichtigen. US-Präsident Donald Trump war nicht der einzige, der Covid zur B-Waffe erklärte. Bereits im Mai 2020 überschwemmte die Falun-Gong-Sekte Belgien mit der Nachricht, dass die Kommunistische Partei Chinas für Corona verantwortlich sei.
Außerdem wird China beschuldigt, seine Konfuzius-Institute im Ausland hinterlistig für die Verbreitung seiner Propaganda zu nutzen – obwohl alle vergleichbaren Institute europäischer Länder, Goethe, Cervantes, Institut français usw., sowie der USA ebenfalls als kulturelle Schaufenster für politische Zwecke dienen.

Zu den elementaren Grundsätzen der Kriegspropaganda gehört es, gleich zu Beginn des Konflikts zu verkünden, dass »wir« bereits die Sieger sind und die Niederlage unseres Feindes besiegelt ist. Nur bei ihm häufen sich Fälle von Fahnenflucht. Es wird unentwegt betont, dass »wir« viele Gefangene machen und beim Gegner die Deserteure Legion sind. Im November 2022 widmete die Illustrierte Paris Match einem russischen Deserteur ein Titelbild.

Dagegen werden die Desertionen im eigenen Lager konsequent verschwiegen. Die Caritas berichtete von ukrainischen Deserteuren, die Grenzbeamte bestechen und sich nachts durch die Wälder nach Ungarn oder Rumänien absetzen. Wer aber auf westlichen Webseiten nach Artikeln über ukrainische Deserteure sucht, erhält Informationen über russische.

Unterstützende Meinungsmacher

Um den Eindruck von Einstimmigkeit für »unsere« Sache zu erwecken, werden in großem Umfang Meinungsmacher herangezogen. Die Intellektuellen, die sich gegen Russland und China engagieren, bekommen Zugang zu den Mainstreammedien. Diejenigen, die sich kritisch oder zögerlich äußern, werden systematisch ausgegrenzt.
Auch die »Stars« des Showbusiness müssen Partei ergreifen. Die Sängerin Britney Spears reiste nach Afghanistan und der Schauspieler Bruce Willis 2003 in den Irak, um die Moral der US-Truppen zu stärken. Gegenwärtig unterstützen Sean Penn, Madonna und Angelina Jolie die Ukraine und rufen zum Boykott der Zögerer auf.
So wurde der Filmemacher Sergej Losniza aus dem Verband der ukrainischen Filmemacher ausgeschlossen, weil er als zu kosmopolitisch und zuwenig patriotisch gilt.
Die Dirigenten Tugan Sochijew und Waleri Gergijew, die in Toulouse und in Mailand tätig sind, wurden aufgefordert, ihre politischen Positionen öffentlich klarzustellen.
Es ist undenkbar, ein Konzert von einem Orchester unter der Leitung von Künstlern zu genießen, die nicht eindeutig für »uns« sind.

In jedem Konflikt berufen sich die Kriegsparteien auf Gott: »Allahu akbar« antwortet auf »Gott mit uns«. Die russisch-orthodoxe Kirche predigt den Krieg gegen die NATO, die nach ihrer Erzählung die Kräfte des Bösen, der Unmoral und des Verfalls der christlichen Zivilisation repräsentiert.
Auf der anderen Seite lässt die Kiewer Regierung das russische Patriarchat in der Ukraine als Agenten des Feindes verfolgen, um es zu beseitigen und sein Eigentum zu konfiszieren. Natürlich unterstützt die ukrainische Kirche ohne zu zögern Präsident Selenskij.

Die »Verräter«

Das zehnte Prinzip der Kriegspropaganda besagt: Diejenigen, die die Politik der eigenen Seite nicht vollständig gutheißen, oder diejenigen, die Behauptungen des eigenen Lagers anzweifeln, sind als Agenten des Feindes zu behandeln.

Weil Papst Franziskus sich vorsichtig zwischen den beiden Kriegsparteien Russland und Ukraine bewegt, stempelt man ihn als »Putin-Versteher« ab.
Universitätsseminare werden abgesagt, weil die Dozenten sich nicht eindeutig für »unsere« Seite ausgesprochen haben, Pazifisten aus den Mediendiskursen herausgedrängt.
Der Corriere della Sera veröffentlichte eine Liste mit den Namen und Fotos von Wirtschaftswissenschaftlern, Parlamentariern und Journalisten und behauptete einfach, dass diese Personen Putins Netzwerk in Italien angehören würden – nur weil sie der Beteiligung ihres Landes am NATO-Krieg gegen Russland nicht zustimmen.
In Belgien erinnerte ein junger Parlamentsabgeordneter der Partei der Arbeit daran, dass Russland seit acht Jahren von der NATO bedrängt wird und die Ukraine eine Mitverantwortung für den Krieg trägt. Daraufhin bezeichnete der Premierminister Alexander De Croo ihn als »Verbündeten« Putins.
Als Alice Schwarzer in der Zeitschrift Emma einen offenen Brief von 28 Intellektuellen veröffentlichte, die sich gegen die Lieferung schwerer Waffen an Kiew aussprachen, behauptete der ukrainische Botschafter in Deutschland, die feministische Publizistin würde Massenvergewaltigungen durch russische Soldaten in Kauf nehmen.

Tucker Carlson, Kolumnist des konservativen Senders Fox News, zog einen Vergleich, um seinem Publikum die Situation Russlands zu erklären: »Was würden die USA sagen, wenn sie jetzt an ihrer Südgrenze ein von den Chinesen kontrolliertes Mexiko hätten?« Daraufhin wurde er als Verräter im Dienste des Feindes angeprangert und seine Verhaftung gefordert.

Zum Schluss

Die Grundprinzipien der Kriegspropaganda, die Lord Ponsonby nach dem Ersten Weltkrieg ausgemacht und herausgearbeitet hatte, bilden auch heute das Fundament der westlichen Narrative gegen Russland und China. Die Verbreitung von Desinformation ist nicht nur eine Methode, die »unsere« Feinde verwenden.
Der US-amerikanische PR-Konzern Hill and Knowlton ersann die »Brutkastenlüge«, mit der 1990 der Krieg gegen den Irak gerechtfertigt wurde.
Die in New York und Beijing ansässige Agentur Ruder Finn war für die NATO in den Balkankriegen tätig.
Und es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass dem ukrai­nischen Präsidenten und seiner Ehefrau Olena mit Kwartal 95 ein Kulturindustrieunternehmen gehört, das unter anderem Werbekampagnen produziert.

Bevor man einen Krieg führt, muss man ihn der öffentlichen Meinung verkaufen und den Feind durch eine binäre Sicht des »anderen« konstruieren.

Anne Morrelli ist Historikerin und Honorarprofessorin an der Universität Brüssel. 2001 veröffentlichte sie das Buch »Principes élémentaires de propagande de guerre«, das in sieben Sprachen erschienen ist und mittlerweile als Klassiker gilt. Anne Morelli wird auf der XXVIII. Rosa-Luxemburg-Konferenz über die Kriegspropaganda der NATO referieren.

Übersetzung: Susann Witt-Stahl

Leserbriefe

  1. Den Beitrag finde ich außerordentlich gut. Ergänzen möchte ich, dass ich einmal gelernt habe: es gibt gerechte und ungerechte Kriege. Gerechte sind die zur Verteidigung des eigenen Landes und Befreiungskriege. Russland hat m. E. im Februar einen »präventiven Verteidigungskrieg« eingeleitet, da die Ukraine, unterstützt von der NATO, die sich wortbrüchig nach Osteuropa ausgedehnt hatte und weitere Länder u. a. Georgien und die Ukraine aufnehmen wollte; einen Krieg gegen ihren Erzfeind Russland geplant hatte. Nicht nur die Exkanzlerin gab ja unlängst zu, dass die Minsker Abkommen nur abgeschlossen wurden, um Zeit für die Aufrüstung der Ukraine zu gewinnen, aber nie eingehalten werden sollten. Der kollektive Westen ist dafür verantwortlich, dass in den acht Jahren nach dem Maidan circa 12.000 Menschen in den abtrünnigen Gebieten getötet wurden. Waren das noch nicht genug?
    Und zu den Uiguren: Wie ein 2021 veröffentlichtes Weißbuch beschreibt, lebten in Xinjiang im Jahr 2020 circa 11,62 Millionen Menschen mit uigurischer Nationalität. Im Jahr 1953 waren es hingegen nur 3,61 Millionen. Die Gruppen der Han-Nationalität, der uigurischen Nationalität und weitere kleinere Ethnien nahmen in Xinjiang in den letzten Jahren kontinuierlich zu – weil hier die Ein-Kind-Politik Chinas nicht galt – und weisen eine immer höhere Lebenserwartung auf. Die Zahl der Uiguren wuchs in den vergangenen 20 Jahren um 1,67 Prozent jährlich. Diese Rate ist deutlich höher als bei anderen ethnischen Gruppen.

  2. Zwischen Propaganda und »verteufeln« besteht ein Unterschied. Der russische Präsident wird seit Jahren, lange vor dem Ukrainekrieg, in den westlichen Hauptmedien oder deren Leserforen bzw. von westlichen Politikern tatsächlich verteufelt. Den Beleidigungen und Dreckschleudern sind keine Grenzen gesetzt. Nie wird ein derartiger Post gelöscht.
    Putin ist im Westen seit langem verbal für vogelfrei erklärt. Jeder darf sich hier alles erlauben, bis hin zum Mordaufruf. Etwas Vergleichbares habe ich in Russland nie erlebt, auch jetzt nicht, obwohl die Wortwahl aggressiver wird. Hier verteufelt eben nicht jeder jeden.
    Betreffs der Bezeichnung für das ukra­inische Militär kenne ich in den russischen Medien nur drei Varianten. Entweder die ukrainischen Streitkräfte werden neutral so benannt.
    Oder man nennt sie »Nazisten« oder »Banderovzy« (die Banderaleute). Dies ist insofern Propaganda, als natürlich nicht alle zum Dienst einberufenen ukrainischen Soldaten deshalb automatisch Neonazis sind, daher wohl der ständige Wechsel in der Bezeichnung, wie man sie nennen soll. Aber es kommt der Wahrheit dennoch sehr nahe, da Staat und Armee in der Ukraine tatsächlich stark nazistisch beeinflusst sind.
    Dies lässt sich u. a. auch dadurch beweisen, wie man seitens hochrangiger Politiker, Armeeführung und Medien umgekehrt die Russen nennt: »Die Orks«. Das sind Monster, die keine Menschen sind. Sie sind sogar noch weniger menschlich als die von Goebbels und Himmler erdachten »Untermenschen«, die immerhin noch Menschen waren, wenn auch keine vollwertigen, erhaltenswerten Menschen.
    Was wir gerade in der Ukraine erleben, ist also in der Ideologie noch schlimmer als im Dritten Reich. Umgekehrt würde es in Russland trotz des Krieges niemandem einfallen, einem Ukrainer das Menschsein abzusprechen. Ein Schriftsteller, welcher die Russen als »Abschaum« und »Tiere« bezeichnet, hat den »Friedenspreis« des deutschen Buchhandels erhalten. Man ist traditionsbewusst.

  3. Ergänzend zu dem guten Artikel sei angemerkt, dass die Sonderoperation russischerseits nur sekundär mit nötiger »präventiver« Selbstverteidigung Russlands gerechtfertigt wird.
    An erster Stelle der Rechtfertigung – und juristisch viel haltbarer – steht vielmehr das Selbstverteidigungsrecht der Donbassrepubliken gegen den (seit Mitte Februar massiv intensivierten!) Beschuss durch Kiew. Ziel der Sonderoperation sei es, »die Menschen zu schützen, die seit acht Jahren von dem Kiewer Regime misshandelt und ermordet werden« (Putin, 24.2.2022). Putin beruft sich in seiner Rede ausdrücklich auf den Hilferuf der Donbassrepubliken und auf Artikel 51 der UN-Charta, der bekanntlich das individuelle und kollektive Selbstverteidigungsrecht als »naturgegeben« bezeichnet. Damit ist das Selbstverteidigungsrecht da, egal, ob es dem Westen und den Baerbocks und den Habecks gefällt oder nicht.
    Auch Russen dürfen nun mal nicht gnadenlos niedergemetzelt werden, selbst dann nicht, wenn sie in der Ostukraine leben.

»Propaganda wirkt nur als binäres System«

David gegen Goliath: In bürgerlicher Berichterstattung über Ukraine-Krieg zeigen sich jahrhundertealte Prinzipien. Ein Gespräch mit Anne Morelli
Interview: Susann Witt-Stahl

Die zentralen Prinzipien der Kriegspropaganda beschreiben Sie als transhistorische Phänomene, die schon in der Antike galten. Dabei nehmen Sie Bezug auf Arthur Ponsonbys Klassiker »Falsehood in Wartime« von 1928. Gibt es auch etwas, das sich grundlegend verändert hat?

Die Professionalisierung ist die wichtigste Neuerung. Heute werden systematisch die Dienste von PR- und Werbeagenturen in Anspruch genommen. Diese arbeiten nicht ideologisch motiviert, sondern führen einfach Aufträge aus. Heute Pepsi-Cola, morgen kann es schon die Vermarktung des Irak-Kriegs sein. Dafür werden Akteure rekrutiert, die darauf trainiert sind, stets das Richtige zu sagen und vor Publikum zu sprechen.

Im Ukraine-Krieg speist sich die Propaganda vorwiegend aus affektiven Bildern, die offenbar intensive emotionale Regungen hervorrufen sollen. Kritiker sprechen bereits von einem »Tik-Tok-Krieg«. Gab es früher ein vergleichbares Ausmaß an Gefühlsmanipulation?

Propaganda muss immer mit Emotionen spielen: Im Ersten Weltkrieg war es beispielsweise die Rührung angesichts der belgischen Flüchtlinge, die Opfer der »deutschen Barbarei« waren. Es wird Bewunderung für den Mut von David erzeugt, der gegen Goliath kämpft – die kleine Ukraine gegen den großen russischen Wolf –, und Abscheu vor dem verrückten und blutrünstigen Anführer der Gegenseite. Und es gibt die Freude darüber, bald den Sieg der »Unseren« zu erleben.

Die Pressefotos von den Kämpfen um »Asowstal« in Mariupol strotzten vor Feuer-und-Blut-Kult, die ukrainischen Kämpfer wurden mit Leonidas’ Spartiaten verglichen. Erleben wir gerade ein Revival des faschistischen Heldenkults?

Die Verehrung des heroischen Elitekriegers des Westens war auch in den Kolonialkriegen nach 1945 sehr präsent. Zum Beispiel während des französischen Indochina-Kriegs: Der Zeichner Étienne Le Rallic verherrlichte in seinen Comics große blonde Legionsoffiziere, die gegen die »Viets« kämpfen. Heute ist dagegen der Soldat im »humanitären« Einsatz das am meisten gepriesene Idol.

Seit wann ist das zu beobachten?

Bereits im Ersten Weltkriegs begannen sich die Bilder der beiden Identifikationsfiguren zu überlagern: Im Kino wurde der heroische Kämpfer inszeniert, in anderen Mainstreammedien hatte sich schon eindeutig der »humanitäre Soldat« durchgesetzt. Wir alle haben gerne Wohltäter auf unserer Seite, die lieber Frauen, Kinder und Alte beschützen und mit Nahrung versorgen, als Gewalt anzuwenden.

Dazu gehört das Narrativ von »unserer Führung« als selbstlose Retter. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij verkörpert es mit Unterstützung der Boulevardmedien idealtypisch – obwohl er bekanntermaßen ein Steuerhinterzieher ist, die Opposition brutal unterdrückt und seine Soldaten gnadenlos in den »Fleischwolf« Donbass jagt.

Im Ersten Weltkrieg spielten die belgischen Monarchen diese Beschützerrolle: König Albert trat als tapferer Ritter eines sehr kleinen bedrohten Landes auf, Königin Elisabeth als Krankenschwester, die ihn an die Front begleitet – ein mythisches Paar. Beim ideologischen Aufbau der Helden ist stets auf die Yellow Press Verlass; ein Teil davon ist ja auch in der Hand von mächtigen Waffenhändlern.

Ein wiederkehrendes Motiv ist die Dämonisierung des Feindes. Im gegenwärtigen Krieg werden die russischen Soldaten vorwiegend als triebgesteuerte Vergewaltiger darstellt – mit Klischees behaftet, die aus dem Zeitalter des Kolonialismus stammen. ­Warum funktioniert das heutzutage immer noch?

Propaganda wirkt nur als binäres System. Daher muss der feindliche Soldat als das radikale Gegenteil zu unserem freundlichen Soldaten inszeniert und moralisch belastet werden: Er ist sadistisch, greift unschuldige Menschen an und vergeht sich an jungen Mädchen. Und unsere Truppen kämpfen nur gegen das Monster – Saddam, Milosevic, Putin –, nie gegen die Bevölkerung. Mit dieser Erzählung soll ethisch motiviertem Widerstand gegen den Krieg vorgebeugt werden.

Über Diskussionsbeiträge hier in meinem Blog würde ich mich freuen.

Jochen

China, Xinjiang und die Uiguren – Ein grüner, deutscher Insider berichtet über seine Reise

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

gestern auf TElepolis https://www.heise.de/tp/features/China-Xinjiang-und-die-Uiguren-6134443.html
Auszüge:
XinjiangJürgen Kurz
, Mitglied der Grünen, ber Reiseerfahrungen in der chinesische Provinz, über die mit Umerziehungslagern und Menschenrechtsverletzungen uigurischer Einwohner Schlagzeilen gemacht wird.

Jürgen Kurz ist mit einer Chinesin verheiratet und lebt seit bald 20 Jahren in China. Ihn hat die seiner Ansicht und Erfahrung nach einseitige Darstellung von China sowie die zunehmend feindselige Haltung westlicher Länder gestört.
Im Mai ist er in die besonders in der Aufmerksamkeit stehende Provinz Xinjiang gereist, aus der seine Frau stammt und die er schon öfter besucht hatte.

Es ging ihm darum zu sehen, ob hier wirklich die China vorgeworfenen systematischen und massiven Menschenrechtsverletzungen, Zwangssterilisierung und Masseninhaftierung uigurischer Einwohner in Umerziehungslagern stattfinden. Hier sollen eine Million Uiguren oder mehr eingesperrt sein. Kurz schrieb darüber einen Reisebericht. (PDF hier: https://www.juergenk.de/resources/Die%20Xinjiang%20Tour.pdf)
Florian Rötzer sprach mit ihm über seine Eindrücke.

Seit einigen Jahren kursieren Bericht ber Xinjiang, dass China dort eine Million Uiguren und mehr seit den Terroranschlägen in Umerziehungslager gesteckt habe.
Sie würden gefoltert, es finde ein Genozid statt, es gebe Zwangsarbeit. Sie haben die Provinz im Mai bereist.
Konnten Sie denn frei und ohne staatliche „Begleitung“ reisen, überall hingehen und besuchen, was Sie wollten?

Jürgen Kurz: In Xinjiang kann jeder überall und zu jeder Zeit hinreisen. Wenn man vor 10 Jahren nach Xinjiang gekommen ist, dann musste man an jedem greren Ort eine Eingangskontrolle durchwandern. Es wurde die Identität festgestellt und mit einer Verdächtigenkartei abgeglichen. Das war nervig, aber die Reise war nie eingeschränkt.
Ich hatte nie das Gefühl, dass mich jemand von irgendetwas abhalten wollte. Bei meiner Reise im Mai ging es mir um die vielfach diskutierten Themen, die den Chinesen vorgeworfen werden.

Das sind vier Kernvorwürfe. Der erste Vorwurf ist ein Genozid, dann geht es um die systematische Vergewaltigung von uigurischen Frauen, die Zwangssterilisierung und die Ausrottung der uigurischen Sprache. In diesem Zusammenhang wird von einer Million Uiguren erzhlt, die in „concentration camps“ festgehalten wrden.

Wenn man den Präsidenten des uigurischen Weltkongresses fragt, wo die Zahl herkommt, dann sagt er: Das stand doch in den Medien. Und wenn man die Medien fragt, dann heißt es, das werde doch überall gesagt. Das ist eine Zahl, die vom Himmel herunterfällt.
Adrian Zenz
ist der Hauptprotagonist, der
diese Zahl einmal in die Welt gesetzt, aber dafür eigentlich keine Basis hat.

Auffällig ist in der Tat, dass es keine Belege dafür gibt. Wenn Sie sagen, dass man vor der Covid-Zeit problemlos in die Provinz einreisen und Erkundungen vornehmen konnte, dann ist dies offenbar nicht geschehen. Waren denn Beobachter dort?

Jürgen Kurz: Doch, da waren viele Vertreter von Ländern da. Es waren meist nur nicht die der westlichen Länder. Es waren westliche Journalisten da, die auch berichtet haben.
Es gab beispielsweise einmal eine Delegation des Bundestages vor zwei oder drei Jahren, die nach Xinjiang reisen sollte.
Sie war bestückt mit Leuten, die bereits „wussten“, dass dort Menschenrechte verletzt werden und es Konzentrationslager gibt. Sie forderten, diese „concentration camps“ besuchen zu können.

Die Chinesen sagten darauf, dass es die nicht gibt. Deswegen könnten sie diese nicht zeigen. Daraufhin gab es eine heftige öffentliche Auseinandersetzung. (Die Delegation ist dann nicht hingereist.) Man muss das in die globale Auseinandersetzung einlagern.

Heute ist China die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. In den Achtzigerjahren war das Land mit einem BIP von 350 Milliarden US-Dollar eine mickrige Nation mit einer Milliarde Menschen und einem BIP pro Kopf von 300 US-Dollar. Heute beträgt das BIP ber 14 Billionen US-Dollar und pro Kopf von mehr als 10.000 US-Dollar.
Das sind also ganz andere Dimensionen. Jetzt wird China zur größten Gefahr für die Vorherrschaft der Amerikaner.

Jeder, der sich mit der Globalpolitik beschftigt, weiß, dass die Amerikaner eine ganz harte Strategie fahren, um den Aufstieg Chinas zu verhindern. China darf nicht stärker und einflussreicher als die USA werden.
Auch Präsident Biden und Außenminister Blinken habe diese Position öffentlich vertreten und werben in Europa dafür, sich anzuschließen, um die Chinesen einhausen zu knnen, damit sie nicht zu stark werden. Dafür nutzt man auch das Menschenrechtsargument.

Die ETIM und die Radikalisierung

Die Menschenrechte werden nicht nur gegenüber China immer mehr als politisches Mittel eingesetzt. Aber mal ganz konkret: Die eine Seite spricht von Umerziehungslagern oder „concentration camps“, die Chinesen sprechen von Ausbildungszentren.
Konnten Sie ein solches Ausbildungszentrum besuchen oder haben Sie mit Leuten gesprochen, die dort waren?

Jürgen Kurz: Ich habe Einblick bekommen. Man muss das prziser beschreiben. Es geht um „Vocational Education Center“. So heit das in China.
Das ist ein Teil der Armutsbekämpfungspolitik.*) In China laufen solche Programme extrem stark ber die Regierung, die Provinzregierung, die Städte und die Kommunen.
Es ist nicht so wie bei uns, dass der freie Markt den Arbeitsmarkt regulieren soll, sondern die Verwaltungen versuchen, systematisch Armutsbekämpfung zu betreiben.

2009 gab es diesen fürchterlichen Anschlag in Urumuqi, wo über 200 Menschen auf den Straßen umgekommen sind. Es gab auf dem Bahnhof in Kunming einen Anschlag, bei dem 20 Menschen getötet wurden. Es gab permanent Anschläge in Xinjiang.
Meine Frau berichtete mir, ihre Mutter habe ihr erzählt, dass in einem Nachbardorf eine Polizeistation in die Luft gejagt wurde, wobei acht Polizisten starben.

Verantwortlich war eine radikale Gruppe namens ETIM (East Turkistan Islamic Movement), für die Ostturkistan im Osten von Xinjiang ein unabhängiges Land ist, das sich von China abtrennen muss. Außerdem sind sie extrem islamistisch, vergleichbar mit den Taliban in Afghanistan.
20.000 Kämpfer der ETIM haben sich dem Islamischen Staat angeschlossen.

Amerikanische Strategen haben gesagt, um China zu destabilisieren, mssen wir ETIM unterstützen. Die USA haben ETIM auch mehrere Jahre lang unterstützt.
Jetzt machen sie dies nicht mehr (2004 wurde ETIM auf die Terrorliste gesetzt, 2020 unter Trump wieder daraus entfernt).
China hat darauf auch sehr clever reagiert und das gar nicht an die große Glocke gehängt.

Die Radikalisierung von Menschen hat stattgefunden. Die dafür am meisten ansprechbaren Menschen sind junge Männer, die keine berufliche Perspektive haben und nicht wissen, was sie machen sollen. Mit diesen Menschen, die einen solchen Weg gegangen sind, kann man sich auch unterhalten, wenn sie älter werden.
Ich habe beispielsweise einen Mann getroffen, der heute ein Internetunternehmer ist und mir sagte, dass ihn seine Freundin und seine Eltern aus dem Extremismus herausgeholt haben.

Seine Eltern sagten ihm, wenn du so weitermachst, bist du nicht mehr unser Sohn. Seine Freundin hatte ihn vor die Entscheidung gestellt: Wenn du so weitermachst, dann haue ich ab, geh zur Schule, zum „Vocational Education Center“. Hier wird Chinesisch und chinesisches Recht gelehrt.

Das klingt komisch, aber es muss Menschen, die unter einem extremistischen Einfluss leben, erklärt werden, was man darf und was man nicht darf. Auch bei uns muss man den Menschen erklären, was Recht ist, was richtig und falsch ist.
Der Mann ist also zur Schule gegangen, das war eine freiwillige Maßnahme. Heute ist er Unternehmer mit 15 Angestellten in Turpan. 2019 wurde dieses Programm geschlossen.

Jobsuche, Ausbildung und Zwangsmanahmen

Zum Hintergrund: Ist Xinjiang eine arme Provinz mit hoher Arbeitslosigkeit gewesen? Wenn in diesen Zentren Chinesisch unterrichtet wird, würde das doch bedeuten, dass die Menschen die Sprache nicht gelernt haben. War da auch die Schulausbildung ungengend?

Jürgen Kurz: Das ist nicht so einfach. Hier kommt auch wieder der Westen herein. Die Uiguren haben eine eigene Kultur und eine eigene Sprache.
In China gibt es den Artikel 4 in der Verfassung, dass jede Ethnie das Recht hat, so zu leben, wie sie will. Ethnische Eigenheiten werden unterstützt.
Niemand hat die Uiguren gezwungen, unbedingt Chinesisch zu lernen. Das hat dazu geführt, nachdem sich China in den letzten Jahrzehnten extrem entwickelt hat, dass die Menschen, die nicht Chinesisch sprachen, ins Hintertreffen geraten sind.

Man kann natürlich in Xinjiang Arbeit finden, aber es ist völliger Quatsch, dass die Uiguren gezwungen wurden, Arbeit in den Kommunen anzunehmen.
Die Uiguren können auch woandershin gehen. Es gibt auch in Shanghai viele Uiguren, die hier Restaurants betreiben.

Aber wenn man keine Ausbildung hat, muss man in diesem Umfeld mit starker Konkurrenz in einer brummenden Wirtschaft erst einmal eine Chance haben, um einen vernünftigen Job zu erhalten. Die Hilfsjobs, die früher vorhanden waren, fallen mehr und mehr weg, weil qualifiziertere Jobs entstehen.
Das war das Problem, viele Menschen fühlten sich abgehngt, wodurch die Radikalisierung verstärkt wurde.

Gingen die Menschen in diese Ausbildungszentren freiwillig hin oder wurden sie dort kaserniert?

Jürgen Kurz: Das konnten sie entscheiden. Soweit ich dies mitbekommen habe, gingen sie morgens dahin und sind abends wieder nach Hause gegangen.
Das sind die freiwilligen Ausbildungszentren. Aber das muss man unterscheiden von den uigurischen Separatisten, die rechtlich in Zwangsmanahmen genommen wurden.

Sie haben auch gearbeitet, wie das bei uns im Knast ist, wo Gefangene auch zur Arbeit bewegt werden. Das kann man als Zwangsarbeit definieren.
Die Freigelassenen haben davon berichtet, was Journalisten im Westen mit Begeisterung aufgenommen haben.

Transparenz: Separatisten?

Um wie viele solcher Separatisten hat es sich denn gehandelt?

Jürgen Kurz: Das ist ein Punkt, an dem ich selbst noch am Suchen bin. Ich habe meine Reise selbst organisiert. Ich habe sie angemeldet, weil ich uigurische Schulen besuchen wollte, um zu sehen, ob die Sprache wirklich ausgerottet wird. Das wird sie nicht.
Ich habe kleine Kinder gesehen, die uigurisch lernen. Ich habe eine Schule besucht, wo nur uigurische Kinder waren.

Aber ich konnte nicht in Gefängnisse gehen und sehen, wie viele Uiguren hier einsitzen. Als westlicher Journalist kann man sich hinstellen und sagen, dass das verheimlicht werden soll, aber wenn man China kennt, wei man, dass die Zuständigkeit der Behörden sehr strikt ist und dass es schwierig ist, von Behörde zu Behörde Transparenz zu finden.

Die Daten htte ich gerne gehabt, ich hoffe, an sie beim nächsten Besuch heranzukommen, ich habe das auch angemahnt. Es wäre sehr wichtig, dass die Weltöffentlichkeit erfährt, um wie viele Fälle es wirklich geht.
Ich gehe schätzungsweise mal von einer Größenordnung von 20.000 Menschen aus, vielleicht auch mehr. 20.000 waren schon beim Islamischen Staat tätig. Aber diejenigen, die China verlassen haben, sind nicht mehr hereingekommen.

… Umsiedlung…?

Es wird auch davon gesprochen, dass China Han-Chinesen in der Provinz ansiedelt, um die Bevölkerungsmehrheit zu ndern. Was ist davon zu halten? Was haben Sie gesehen?

Jürgen Kurz: Die uigurische Bevölkerung wchst seit Jahren, die Geburtenrate ist stärker als die der Han-Chinesen, der Anteil der Uiguren an der Bevölkerung liegt bei 45 Prozent, der der Han-Chinesen bei 40 Prozent, die Hui stellen 7 Prozent und es gibt noch die Kasachen.
Trotzdem gab es in den letzten Jahren einen stärkeren Zuzug von Han-Chinesen nach Xinjiang.

Daraus kann man die Geschichte konstruieren, dass China Menschen umsiedelt. Aber das liegt daran, dass dann, wenn es irgendwo Geld zu verdienen, etwas zu investieren und Arbeit gibt, weil eine Provinz aufgebaut wird, das auch Arbeitskräfte von auswärts anzieht.
Die Uiguren in Xinjiang haben alle Arbeit, es kommen immer mehr Investoren in die Provinz, weil die wissen, dass die Zentralregierung hier Investitionen untersttzt.
Das führt dazu, dass von den 1,4 Milliarden Menschen auch ein paar Hunderttausend Arbeitskräfte zusätzlich nach Xinjiang kamen.
In China kann jeder entscheiden, wohin er zieht. Es ist auch eine Mär, dass die Chinesen dies nicht entscheiden können.

… gesteuertes Programm?

Es ist also kein gesteuertes Programm?

Jürgen Kurz: Ich kann das so als westlicher Journalist framen, wenn ich das so haben will. Das passiert auch permanent.
Aber das widerspricht komplett meinen Beobachtungen und Erfahrungen.

Das Interview erscheint in voller Länge auf Krass und Konkret.

*: Zur Armutsbekämpfung siehe auch hier: https://josopon.wordpress.com/2021/06/23/china-fordert-die-usa-auf-uber-ihre-arbeitsrechtsverletzungen-nachzudenken/

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Jochen

China fordert die USA auf, über ihre Arbeitsrechtsverletzungen nachzudenken

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Wenn man vergleicht, so haben es die meisten chinesischen Arbeitnehmer dort besser als ihre Kollegen in den USA.
Das liegt auch daran, dass Bildung, Gesundheitsversorgung und Währungskontrolle in den Händen des Volkes liegen und Privateigentum stark kontrolliert wird – trotzdem gibt es eine Menge reicher und sehr reicher Chinesen.
Eben aus diesem Grund erfreuen sich die Staatsorgane mit ihren aus unserer Sicht autoritären Kontrollmaßnahmen einer hohen gesellschaftlichen Zustimmung.
Dass reaktionäre Religionsgemeinschaften wie Evangelikale, Falun Gong, Opus Dei und wahabistische Muslimorganisationen der Uiguren dabei nicht mitmachen, weil sie Aufopferung, Unterwerfung v.a. der Frauen und Kinder von ihren Mitgliedern zugunsten kleiner Führungsmannschaften fordern, kann man nicht unbedingt als Menschenrechtsverletzung definieren. Und wenn, dann hätten die USA mit ihrer welthöchsten Rate an gefangenen Sklavenarbeitern in ihren „Correctonal Facilities„*)  genauso wie Deutschland mit Hartz 4 und Schröders größtem Biligarbeiterangebot für Europa an vorderster Stelle Beobachtung und Kritik verdient. Lasst uns vor unserer eigenen Türe kehren!
Ich hätte mir von Merkel und nicht von Xi Ping gewnscht, in der Neujahrsansprache etwas über erfolgreiche Beseitigung von Armut zu hören. In 10 Jahren ist es China gelungen, 800 Millionen aus der Armut rauszuholen, das war ein Staatsziel, und im Unterschied zu hier wird das auch in die Tat umgesetzt.
Aber nun zur berechtigten chinesischen Kritik an der USA:
http://german.xinhuanet.com/2021-06/23/c_1310023453.htm
Auszüge:

BEIJING, 21. Juni (Xinhuanet) — China fordert die Vereinigten Staaten auf, in Arbeitsangelegenheiten nicht mehr mit zweierlei Maß zu messen und über ihre eigenen schweren Verletzungen der Arbeitsrechte nachzudenken, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in einem täglichen Nachrichtenbriefing am Montag.

Auf eine Anfrage zu den Äußerungen der USA auf der 109. Internationalen Arbeitskonferenz sagte Sprecher Zhao Lijian, dass jeder, der Zwangs- und Kinderarbeit fördere, für seine Taten zur Rechenschaft gezogen werden sollte.

Gods_Own_CountryEr sagte, dass eine Untersuchung der US-Bilanz in Bezug auf Arbeitsrechte zeige, dass in den letzten fünf Jahren alle 50 US-Bundesstaaten und Washington D.C. Fälle von Zwangsarbeit und Menschenhandel gemeldet hätten, wobei jedes Jahr bis zu 100.000 Menschen aus dem Ausland zur Zwangsarbeit in die USA verschleppt würden.

Laut Statistiken einiger akademischer Einrichtungen in den USA seien mindestens eine halbe Million Menschen im Land moderner Sklaverei und Zwangsarbeit ausgesetzt, sagte Zhao und fügte hinzu, dass das US-Ministerium für Heimatschutz zugegeben habe, dass Zwangsarbeit in den USA weit verbreitet sei.
Zu den Opfern gehrten sowohl einheimische als auch ausländische Bürger aus fast allen Regionen der Welt, darunter auch besonders verletzliche Gruppen wie Frauen, Kinder und Behinderte.

Was Kinderarbeit betrifft, so sind die USA das einzige Land der Welt, das die Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes (UNCRC) nicht ratifiziert habe, sagte Zhao.
Statistiken zeigten, dass es in den USA etwa 500.000 Kinderlandarbeiter gebe, wobei viele Kinder ab dem Alter von 8 Jahren bis zu 72 Stunden pro Woche arbeiteten.
Es sei nicht ungewöhnlich, dass sie mehr als 10 Stunden am Tag arbeiteten.
Die Hälfte der Todesfälle durch Kinderarbeit in den USA stamme aus dem landwirtschaftlichen Sektor. Von 2003 bis 2016 seien in den USA insgesamt 237 Kinderarbeiter bei Unfällen in der Landwirtschaft gestorben, viermal mehr als in anderen Branchen.

Er sagte, die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) habe wiederholt ihre Besorgnis über die schweren Unfälle von Kinderarbeitern auf US-Farmen geäußert und die US-Regierung aufgefordert, Manahmen zu ergreifen, um die Überwachung zu verstärken und detaillierte Statistiken über Kinderarbeit im Agrarsektor vorzulegen.

Die USA hätten nur 2 von 8 Kernkonventionen der ILO ratifiziert, sagte Zhao, und relevante internationale Gewerkschaftsorganisationen hätten festgestellt, dass es systematische Verletzungen der Arbeitsrechte im Land gebe.

Was die USA jetzt tun sollten, ist, ihre moralische Überlegenheit aufzugeben, aufzuhören, in Arbeitsangelegenheiten mit zweierlei Maß zu messen, ber ihre eigenen schwerwiegenden Verletzungen gegen Arbeitsrechte nachzudenken und die Verantwortung dafür zu bernehmen, sagte er.

(gem der Nachrichtenagentur Xinhua)

Über Kommentare hier würde ich mich freuen.

`* Nachtrag: Aktuell zum Zwangsarbeitssystem in den privatisierten Gefängnissen der USA hier die Kongressabgeordnete der Demokraten  Alexandria Ocasio-Cortez:
https://www.rt.com/usa/525611-aoc-stop-building-jails/

Ocasio-Cortez said an absence of mental health services is contributing to violent crime, and jails are being used as “garbage bins for human beings.”

“The answer is to make sure that we actually build more hospitals, we pay organizers, we get people mental healthcare and overall healthcare, employment, etc.,” she said. “It’s to support communities, not throw them away.”

Ocasio-Cortez’s anti-jail strategy is at odds with the views of New York City Police Commissioner Dermot Shea, who pointed out that the repeat offender who pushed a woman down the stairs was let back out on the streets. “We cannot be chasing our tail, catch and release, catch and release,” he said.

Pointing to the suspect who allegedly knocked out a woman in Chinatown, the New York police union said, “Whether this individual needs mental health services, jail time or both, the answer cannot be to put him right back on the street.”

Part of the problem, according to Shea and other law enforcement advocates, is that bail reforms enacted in New York last year make it tougher for judges to have suspects held in jail while awaiting trial.

“What’s the common denominator – people that are arrested, multiple, multiple, multiple times and released,” Shea said. “Mental illness is woven into this, potentially. We have to do better.”

Jochen