Nord-Stream von USA gesprengt – Wer hatte je Zweifel daran? – Eine Kriegserklärung an Deutschland?

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Zwei Kommentare auf RT.de

1. von Dagmar Henn: Wer hatte je Zweifel daran?

dagmar henn

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https://pressefreiheit.rtde.live/meinung/162451-seymour-hersh-sprengte-grabstein-ueber/
Die deutschen Medien mühen sich nach Kräften, die Äußerungen der Journalistenlegende Seymour Hersh gar nicht ernst zu nehmen, die USA und Norwegen hätten die Sprengung der Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 durchgeführt. Schließlich hätten sowohl das Weiße Haus in Washington, D.C. als auch die CIA erklärt, sie wären es nicht gewesen. Als wäre es jemals vorstellbar, dass sich Sprecher sowohl der Regierung als auch des Geheimdienstes vor die Kameras stellten und sagten: Ja, wir waren es.

Regierung auf Frage zu Nord-Stream-Sprengung: „Strengste Geheimhaltung, Staatswohl gefährdet“

Allerdings werden in der Berichterstattung auch fast alle Momente verschwiegen, in denen US-Vertreter eben solch einer Aussage schon sehr nahe kamen. Selbst Victoria Nuland hat erst vor wenigen Wochen vor dem US-Parlament ausgesagt und konnte dabei vor lauter Freude über die Zerstörung der Pipelines kaum mehr an sich halten, so dass es in Kommentaren dazu hieß, man habe ihr anmerken können, wie gerne sie sich dafür gelobt hätte.
Ein offizielles Dementi, noch dazu von der spärlichsten Art, würde unter normalen Umständen am Ende eines Artikels vermerkt, mehr nicht. Aber die deutschen Mainstream-Pressevertreter fühlen sich berufen, sich schützend vor den Hegemon zu werfen. Also wird ein wertloses Dementi so wortreich aufgeblasen, dass man es benutzen kann, um die eigentlich brisante Information zu verdecken. Der Bayerische Rundfunk titelt sogar gleich: „USA stellen klar: Haben Nord-Stream-Pipelines nicht gesprengt.“ Gut, dass wir darüber gesprochen haben.

Einzig der Artikel auf dem Werbeportal t-online.de benennt zumindest jenen Grund, warum alle die Dementis sehr skeptisch gesehen werden müssten. Denn die Sprengung der Pipelines „wäre ein Vorgang, der von der russischen Gegenseite und auch von Deutschland als kriegerischer Akt gewertet werden könnte“.
Allerdings nutzt auch hier der Autor obendrein diesen Grund, um stattdessen Hershs Darstellung sogar infrage zu stellen.

Nun, es gibt durchaus Möglichkeiten, das zu klären. Die US-Justiz ist bekannt für ihre aufwendigen und teuren Schadensersatzprozesse, und die Ermittlungen von Seymour Hersh könnten immerhin genügen, um die Regierung der Vereinigten Staaten zu verklagen. Dann bestünde beispielsweise die Möglichkeit, Angehörige der von Hersh benannten Marinetauchereinheit als Zeugen zu laden.
Und da in den USA Sammelklagen zulässig sind, die Zahl der durch die Sprengung Geschädigten sogar in die Millionen geht und sich darunter auch durchaus Zahlungskräftige befinden, ist ein solches Verfahren sogar wahrscheinlich, selbst wenn oder sogar vor allem dann, wenn der deutsche Bundeskanzler weiter so tut, als sei sein Name Hase – statt Scholz.

Der Fall Nord Stream: Europas nächster Krieg geht auf Warschaus Kappe

Es sind auch verschiedenste Konstellationen vorstellbar, unter denen in den USA selbst weiter nachgeforscht werden dürfte. Denn keineswegs alle US-Abgeordneten stützen die herrschende Ukraine-Politik, und die Enthüllungen von Hersh sind auch für die US-Innenpolitik durchaus heikel. Er erklärt beispielsweise, dass die Planungen für die Sprengung bereits im Dezember 2021 begonnen hätten.
Im Dezember 2021 hatte noch nicht einmal der russische Militäreinsatz in der Ukraine begonnen. Wenn zu diesem Zeitpunkt Handlungen in die Wege geleitet wurden, die unter normalen Umständen als Kriegsakt gegen auch mindestens einen eigenen engen Verbündeten gelesen werden müssen und damit das Potential hätten, die gesamte NATO zu sprengen, müssen sich die USA sehr sicher gewesen sein, dass es zu diesem Militäreinsatz kommen wird. Das wiederum ist nur dann möglich, wenn sie ihn selbst provozieren wollten. Sowohl das Ziel der Handlung als auch der Zeitpunkt des Planungsbeginns dürften bei einigen Angehörigen des US-Kongresses nicht gut ankommen. Noch weniger, wenn die Einheit, die die Sprengsätze nach Darstellung von Hersh im Sommer 2022 legte, extra deshalb ausgewählt wurde, weil diese spezielle Einheit eingesetzt werden konnte, ohne den Kongress darüber informieren zu müssen.

Das ist auch der von Hersh angegebene Grund, warum auf Minenräumung spezialisierte Marinetaucher – und nicht die bekannten Kampftaucher der Navy Seals – damit beauftragt wurden, die Sprengungen vorzubereiten. Den US-Kongress zu umgehen, klingt nach einer praktischen Lösung, ist aber ein zweischneidiges Schwert; wenn es aufgedeckt wird, nehmen das gelegentlich sogar jene Abgeordneten übel, die wahrscheinlich zugestimmt hätten, wären sie gefragt worden.

Wobei die Verlautbarung des US-Präsidenten Joe Biden auf der denkwürdigen Pressekonferenz mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz in Washington, D.C. am 7. Februar 2022 womöglich auch noch einen Einfluss auf die Einstufung dieser Pläne gehabt hat. Biden hatte damals – ohne irgendeine erkennbare Reaktion von Scholz – versichert, im Falle eines russischen Einmarsches „gibt es kein Nord Stream 2 mehr. Wir werden es beenden“.

US-Investigativjournalist Hersh: USA stecken hinter Nord-Stream-Anschlägen

Seine Quelle, so Hersh, berichtet, daraufhin hätten einige führende CIA-Leute entschieden, es handele sich bei einer Sprengung der Pipeline nicht mehr um eine verdeckte Operation, „weil der Präsident gerade erklärt hat, dass wir wissen, wie es geht“.
Damit wäre die Notwendigkeit, den US-Kongress zu informieren, entfallen. Die Entscheidung bezüglich der dabei eingesetzten Einheit blieb aber wohl bestehen.

Ob diese Einschätzung von den Abgeordneten im Kongress geteilt wird, wird sich zeigen. Schließlich befinden sich die USA auch bereits im Anlauf zu den nächsten Präsidentschaftswahlen, und eine Kriegshandlung gegen Verbündete ist durchaus dafür verwertbar. Ganz im Gegensatz zur Biden-Regierung, die sich mit ihrem Getöse zum vermeintlichen Skandal um Geheimdokumente in Mar-a-Lago letztlich ein Eigentor gönnte, wäre das Verhalten von Biden zu Nord Stream angesichts der möglichen Folgen ein wirklicher Skandal.
Die nächsten Tage werden zeigen, ob das Team von Donald Trump bereit ist, dieses Thema auszuschlachten. Dass es innerhalb der USA keinerlei Reaktion geben wird, ist jedenfalls äußerst unwahrscheinlich. Die Jagd ist bereits eröffnet.

Aber zurück zu Hersh. Die Sprengsätze, schreibt er, seien während des Manövers BALTOPS 22 gelegt, aber erst Monate später gezündet worden. Und die Zündung erfolgte dann durch die norwegische Marine. Der zweite Beteiligte wäre demnach nicht Großbritannien – wie von russischer Seite bisher vermutet –, sondern Norwegen. Was würde nun Norwegen motiviert haben, eine Kriegshandlung gegen europäische NATO-Verbündete zu unternehmen?

Neue Details: Wie die CIA die Anschläge auf die Nord Stream-Pipelines plante

Hersh vermerkt zur Person des derzeitigen NATO-Generalsekretärs Jens Stoltenberg, der zuvor norwegischer Regierungschef war, er habe bereits „seit dem Vietnamkrieg mit amerikanischen Diensten zusammengearbeitet“.
Diese Datierung ist allerdings problematisch; Jens Stoltenberg ist Jahrgang 1959; beim Ende des Vietnamkriegs war er erst fünfzehn, was zumindest ein recht ungewöhnliches Alter wäre, um für US-Dienste interessant zu sein. Vermutlich sind aber solche Kontakte eine Mitgift der Familie – schon sein Vater war Politiker: von 1979 bis 1981 norwegischer Verteidigungsminister und von 1987 bis 1989 sowie von 1990 bis 1993 Außenminister. Eine Tante mütterlicherseits war mit einem weiteren Verteidigungsminister verheiratet, und der junge Jens Stoltenberg war zehn Jahre lang Mitglied des Vorstands der Jugendorganisation der Arbeiterpartei, also der norwegischen Jusos (in dieser Zeit allerdings, zumindest nach außen, sogar NATO-Gegner).

Dass Stoltenberg gewissermaßen zur sozialdemokratischen Polit-Aristokratie Norwegens gehört, war mit Sicherheit hilfreich, um die Kooperation anzubahnen. Die Gründe, warum Norwegen dazu bereit gewesen sein könnte, liegen allerdings tiefer.
Der erste Grund ist recht offensichtlich: Norwegen ist selbst Öl- und Gasproduzent, konnte (leicht vorhersehbar) seinen Marktanteil in Westeuropa nach dem Ende von Nord Stream deutlich ausdehnen, und das obendrein zu noch höheren Preisen. Erdöl und Erdgas werden von staatlichen norwegischen Unternehmen gefördert, das staatliche Interesse ist in Norwegen also unmittelbar.

Es gibt allerdings noch einen weiteren Punkt: Norwegen besitzt einen der größten Staatsfonds weltweit. In diesen Fonds fließen nicht nur die Einnahmen der Sozialversicherungen, sondern auch Einnahmen aus der Öl- und Gasförderung (meine persönliche Erinnerung sagt mir, dass Norwegen ursprünglich die Einnahmen direkt ausschütten wollte, jedoch dazu gezwungen wurde, stattdessen den Umweg über einen Staatsfonds zu gehen. Leider liegt das zu lange zurück, um dafür auf die Schnelle Belege zu finden).

Damit ist das gesamte Sozialsystem Norwegens von der Entwicklung der Aktienkurse abhängig. Auch ein Zusammenbruch des US-Dollar-Systems würde dadurch massive Folgen für den norwegischen Staat haben.
Das ist zweifellos ein sehr starker Anreiz, sich für den Erhalt der US-Hegemonie einzusetzen, auch wenn eine Reihe von norwegischen Beteiligungen, etwa bei Henkel oder der Deutsche Post AG, darunter leiden dürfte.

Wer hat die Nord-Stream-Röhren sabotiert? Die Liste der Verdächtigen ist vergleichsweise kurz

https://pressefreiheit.rtde.live/meinung/150028-sabotage-bei-nord-stream-kampftaucher/

Dagmar Henn am 27 Sep. 2022: Kampfschwimmer besitzen in alphabetischer Reihenfolge Deutschland, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Norwegen, Österreich, Russland, Schweden, Schweiz, Südafrika und die Vereinigten Staaten. Dänemark besitzt keine U-Boote, hat aber den Vorteil, dass die Orte der Zwischenfälle in der Nähe des eigenen Staatsgebiets liegen, wenn auch außerhalb der Hoheitsgewässer. Auch Finnland besitzt keine U-Boote. Die restlichen Staaten auf der Liste erfüllen beide Kriterien. …
Versuche durch RT DE, bei einem deutschen biologischen Forschungsinstitut nachzufragen, ob es eventuell Auffälligkeiten aufgezeichnet hätte (wer den Gesängen der Schweinswale lauscht, zeichnet auch eventuelle Explosionen auf), endeten in einer Schlaufe aus „ist nicht im Haus“, „weiß ich nicht“ und „kann ich nicht finden“. Ein Indiz dafür, dass alternative Datenquellen bereits abgeschottet werden, was wiederum darauf hindeutet, dass deutsche Stellen mit involviert waren. Denn wenn es sich um eine Handlung gegen den Willen der Bundesregierung gehandelt hätte, hätte diese ein Interesse daran, gerade solche Schlupflöcher für wirkliche Informationen offen zu halten, bei denen sie selbst sich dann auf die berühmte glaubwürdige Abstreitbarkeit berufen kann. …

Praktisch gleichzeitig zur Sprengung von Nord Stream, nämlich am 27. September 2022, wurde die Baltic Pipeline eröffnet, die norwegisches Erdgas von West nach Ost, nämlich Polen transportiert. Zwar ist sie im Vergleich zu den vier Röhren von Nord Stream 1 und 2 winzig und hat nur eine Kapazität von 10 Milliarden Kubikmetern jährlich, aber die leistungsstärkere und günstigere Konkurrenz von Nord nach Süd ist wenigstens momentan aus dem Spiel.

Lässt sich die Darstellung von Hersh beweisen? Die erste Überprüfung ist sehr simpel. Die Zündung der Sprengsätze soll durch eine akustische Boje erfolgt sein, die eine Folge niederfrequenter Töne abgegeben haben soll, die sich von den üblichen Hintergrundgeräuschen klar unterscheiden müssen.
Dutzende von Mikrofonen, die in der Ostsee hängen, müssten diese Signale im entsprechenden Zeitraum aufgezeichnet haben, denn Schall breitet sich unter Wasser gut über Hunderte von Kilometern aus. Findet sich eine solche unikale Tonfolge in den Aufzeichnungen, dann ist der Rest der Geschichte vermutlich ebenso stichhaltig. Die Bundesregierung sollte das, sofern sie überhaupt an der Wahrheit interessiert ist, mit einer einzigen Runde von Telefonaten unter Verbündeten klären können.
Auch der dänische Marinegeheimdienst, vor dessen Nase das Ganze geschehen ist, dürfte spätestens jetzt in seinen Aufzeichnungen suchen, falls er das nicht schon längst getan hatte.

Die anonyme Quelle, auf die sich Seymour Hersh bezieht, ist aller Wahrscheinlichkeit nach in der CIA zu suchen. Das lässt sich an zwei Stellen seines Textes erkennen. Zum einen schreibt Hersh, die Änderung der norwegischen Pläne von einer ursprünglich unmittelbar, binnen 48 Stunden nach Platzierung der Sprengsätze geplanten Sprengung hin zu einer mit langer Verzögerung ausgelösten Sprengung habe bei der CIA für Unbehagen gesorgt: „Das erneuerte auch die Sorgen, die manche hatten, was die Notwendigkeit wie die Legalität der ganzen Operation anging.“ Und das sind schließlich Sorgen, die bei einem staatlich organisierten Akt des Terrors, einer Kriegshandlung, durchaus angebracht sind.
Und zum anderen zitiert er am Schluss des Artikels wörtlich die Quelle, die augenscheinlich sowohl die technische Planung bewundert als auch dem US-Präsidenten Joe Biden zugesteht, die „Eier“ für solch ein Aktion zu haben:

„Es war eine schöne Titelgeschichte. Dahinter war eine verdeckte Operation, die Experten ins Spiel brachte, und Ausrüstung, die auf ein verdecktes Signal hin funktionierte. Der einzige Fehler war die Entscheidung, es zu tun.

Nun, Hersh hat genug Piranhas in den Pool geworfen, um den Urheber bis auf das Skelett freizulegen. Auch wenn der deutsche Bundeskanzler bereit ist, seinen letzten Rest Selbstachtung, sofern noch vorhanden, auf ein wertloses US-Dementi hin preiszugeben, und auch wenn sich die Berliner Politblase überwiegend derart vom nationalen Interesse abwendet, dass es nicht einmal mehr nützen würde, sie zum Jagen zu tragen: Für interessante Schadensersatzklagen und für Unruhe innerhalb der US-Politik dürften diese Informationen allemal genügen. Denn der Rest der Welt außerhalb der westlichen Blase hatte ohnehin niemals Zweifel, wer die Röhren gesprengt hat: Cui bono?

2. von Gert Ewen Ungar: Eine Kriegserklärung an Deutschland?

https://pressefreiheit.rtde.live/meinung/150122-zerstorung-von-nord-stream-kriegserklarung/

G_E_UNGERMit der Sabotage von Nord Stream wurde die EU zum Kriegsschauplatz. Es ist klar geworden, dass es nicht um die Ukraine geht. Wir haben es mit einem Krieg der USA gegen Russland zu tun, der sich vor allem auch gegen Deutschland richtet. Weder die BRD noch die EU sind in diesem geopolitischen Spiel noch eigenständige Akteure.

Der Filmemacher Gonzalo Lira sieht im Sabotageakt gegen Nord Stream eine Kriegserklärung der USA gegenüber den Europäern. Insbesondere Deutschland sei vom wichtigsten Verbündeten der Krieg erklärt worden, legt er in einem Video dar. Das ist eine steile These, die aber nicht allzu schnell weggewischt werden sollte. Schon nach kurzer Überlegung ist klar, die USA sind zweifellos der größte Profiteur des Anschlags auf die europäische Gas-Infrastruktur. Sie haben zudem sowohl die Mittel als auch die Gelegenheit zur Ausführung.

Man muss Lira nicht in allem zustimmen. Aber mit der Sabotage von Nord Stream ist eines klar geworden: Der Schauplatz des Krieges hat sich vergrößert. Es ist nicht mehr nur die Ukraine, in der militärische Handlungen stattfinden. Es ist nicht mehr nur ein Wirtschaftskrieg zwischen dem Westen und Russland. Deutschland und die EU sind mit dem Anschlag auf Nord Stream zum Schlachtfeld geworden.

Die deutschen Medien deuten gemeinsam mit der deutschen Politik in Richtung Russland, wenn es um die Frage nach dem Schuldigen geht. Das ist allerdings wenig überzeugend. Den größten ökonomischen und machtpolitischen Vorteil haben die USA.

Zugegeben, es sind bisher alles Mutmaßungen und lediglich Indizien. Tatsächliche Beweise für eine Täterschaft gibt es aktuell nicht. Aber selbst dann, wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt medial vorgeführt werden, ist größte Skepsis angebracht. Denn es geht um viel, um den machtpolitischen Einfluss über Westeuropa. Aktuell ermitteln Schweden, Dänemark und Deutschland, und auch die NATO hat ihren Einstieg in die Ermittlungen angekündigt. Alle sind Konfliktpartei in der Auseinandersetzung mit Russland. Objektive Ergebnisse sind in dieser Konstellation nicht zu erwarten. Es gilt daher, skeptisch zu bleiben.

Es ist wenig plausibel, dass Russland die eigene Infrastruktur zerstört, in die es zuvor Milliarden investiert hat. Zumal Russland all die Ziele, die der Westen dem Land unterstellt, durch bloßes Abschalten hätte ebenso erreichen können. Russland sitzt im wahrsten Sinne des Wortes am längeren Hebel und kann die Gasdurchleitung mit einem Knopfdruck beenden. Es ist nicht notwendig, die gesamte Infrastruktur zu beschädigen. Die Deutschen und die Europäer sollten sich fragen, wer hier ein größeres Interesse, wer das bessere Motiv und auch wer den geringsten Schaden hat. All das weist weg von Russland, und es weist in Richtung USA.

Forderungen nach Öffnung von Nord Stream 2 angesichts der Gasmangellage, wie sie aus der deutschen Zivilgesellschaft kamen, sind nun sinnlos. Die zumindest theoretische Verhinderung der kommenden Rezession hat sich erledigt. Das Schicksal Europas wirkt besiegelt – zumindest das wirtschaftliche. Der deutsche Konkurrent ist ausgeschaltet. Denn ganz gleich, wer für die Anschläge auf Nord Stream verantwortlich ist, hat Deutschland und die EU in Geiselhaft genommen, indem es der Region das ökonomische Rückgrat gebrochen hat.

Die Schäden an der Pipeline sind umfassend. Eine Reparatur sei schwierig, sagte Gazprom bereits. Ob Gazprom überhaupt ein Interesse an der Reparatur hat, ist zudem offen. Die Partner waren mehr als unzuverlässig in der Vergangenheit.
Auf jeden Fall wird sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen, wie realistisch die Politik Deutschlands und der EU ist, die versprach, sich relativ kurzfristig aus der Abhängigkeit von russischem Gas befreien zu können.

Es waren immer sehr vollmundige Ankündigungen: grüner Wasserstoff, Energiewende, enorme Investitionen und neue strategische Kooperationen. Dann legt mal los, möchte man sagen, denn jetzt rennt tatsächlich die Zeit davon. Vor dem Hintergrund der Geschehnisse entsteht der Eindruck, als hätten die EU und die deutsche Politik den Mund zu voll genommen. Klar ist auf jeden Fall, der Blow-up von Nord Stream war eine echte Zeitenwende.

Mit dem Anschlag soll offenkundig die Verbindung zwischen EU und Russland gekappt werden. Es ist nicht Russland, das daran ein Interesse hat. Es passiert zudem zu einem Zeitpunkt, an dem der Bürgerprotest in den westeuropäischen Staaten gegen die Sanktionspolitik der US-freundlichen politischen Eliten eskaliert.

Das Wohl Deutschlands und Europas wird jetzt dem Kriegsziel geopfert. Und das Kriegsziel wird damit eben auch deutlicher formulierbar. Es geht nicht um die Ukraine. Es geht nicht um deren territoriale Integrität. Es geht auch nicht um Demokratie gegen Autokratie. Dieser Krieg, das wurde deutlich, ist ein Krieg zwischen den USA und Russland.
Der Kriegsverlauf in der Ukraine wird durch den Anschlag auf Nord Stream nicht beeinflusst.

Jetzt ist Europa im Krieg angekommen. Und es zeigt sich, die EU verfügt über keine Mittel, in diesem Krieg zu bestehen, zumal dann nicht, wenn der Hegemon sich gegen sie wendet und bereit ist, Europa im Spiel um Macht und Einfluss zu opfern.
Die EU ist nicht souverän. Sollte der Feind Europas nicht im Osten, sondern tatsächlich im Westen stehen, dann ist Europa ohne jede Resilienz und allem, was jetzt kommt, schutzlos ausgeliefert.
Es muss nicht so sein, aber man sollte den Gedanken zulassen, dass die USA der Feind sind und der EU und Deutschland gerade den Krieg erklärt haben. Es ist an der Zeit.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Jochen

Star-Journalist Seymour Hersh: Wie die USA Nord Stream gesprengt haben

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Thomas Röper hat den Artikel frisch, heute um 0:24 Uhr übersetzt:
https://www.anti-spiegel.ru/2023/die-details-werden-bekannt-wie-die-usa-nord-stream-gesprengt-haben/
Auszüge:
Seymour Hersh ist eine journalistische Legende, denn er hat bei der Aufdeckung der meisten Skandale der US-Regierung seit dem Vietnamkrieg mitgewirkt. Schon 1969 wurde er weltbekannt, als er während des Vietnamkriegs Kriegsverbrechen der US-Armee aufdeckte. 2004 publizierte er zum Folterskandal der US-Armee während des Dritten Golfkrieges im irakischen Abu-Ghuraib-Gefängnis, er war es, der als erster die wahre Geschichte über die Ermordung von Bin Laden veröffentlicht hat, er deckte politische Morde unter der Regierung von Bush und Obama auf, die Liste seiner Enthüllungen ist unglaublich lang.

Natürlich hat er sich damit keine Freunde gemacht, aber er scheint das sportlich zu sehen, denn er sagte dazu einmal:

„Es gab noch nie einen Präsidenten, der mich leiden konnte. Ich nehme es als Kompliment“

Das dürfte spätestens jetzt auch für Präsident Biden gelten, denn Hersh hat einen langen Artikel veröffentlicht, in dem er berichtet, wie die Biden-Regierung die Sprengung Nord Streams seit 2021 vorbereitet hat und wie dieser Akt von Staatsterrorismus umgesetzt wurde.

Ich habe diese Einleitung über Hersh geschrieben, weil ich darauf hinweisen will, dass Enthüllungen von Seymour Hersh ernst genommen werden sollten. Das gilt auch für diese über die Sprengung von Nord Stream.

Dass die USA hinter der Sprengung stecken, dürfte niemanden überraschen. Für mich ist die Geschichte von Hersh aber noch aus einem weiteren Grund ein Schock: Einige Wochen nach der Sprengung hat sich jemand bei mir gemeldet, der behauptet hat, Soldat bei dem Manöver BALTOPS 22 gewesen zu sein und der gesehen haben will, wie ausgesprochen arrogant aufgetretene Spezialtaucher aus den USA auf dem Kriegsschiff, auf dem er gedient hatte, genau am Ort der späteren Sprengung das Anbringen von Minen „geübt“ hätten.
Diese Taucher seien zu seinem Schiff gebracht worden, nur für die „Übung“ im Bereich der Pipelines an Bord gewesen, hätten den Kontakt mit allen anderen Besatzungsmitgliedern gemieden, und seien dann wieder mit dem Hubschrauber abgeholt worden. Nach der Explosion der Pipelines einige Wochen später war er sich sicher, dass das die Männer waren, die die Sprengladungen angebracht hatten.
Leider konnte er für seine Geschichte keine Belege liefern und wollte anonym bleiben, weshalb ich nicht darüber berichtet habe, denn er konnte mir nicht Belastbares geben. Aufgrund einer Geschichte von jemandem, der seine Identität nicht preisgibt und keine Belege für seine Geschichte liefern kann, schreibe ich natürlich keinen Artikel.
Nach dem Artikel von Hersh bin ich jedoch sicher, dass dieser Informant, der sich damals bei mir gemeldet hat, die Wahrheit gesagt hat, weil seine Geschichte exakt zu dem passt, was Hersh veröffentlicht hat.

Ich habe den Artikel von Hersh komplett übersetzt. Seinen Originalartikel finden Sie hier. Im Anschluss an die Übersetzung habe ich noch die ersten Reaktionen der US-Regierung auf den Artikel von Hersh zusammengestellt.

Beginn der Übersetzung:

Wie Amerika die Nord Stream-Pipeline ausgeschaltet hat

Die New York Times nannte es ein „Mysterium“, aber die USA haben eine verdeckte Seeoperation durchgeführt, die geheim gehalten wurde – bis jetzt

Das Tauch- und Bergungszentrum der US-Marine befindet sich an einem Ort, der so obskur ist wie sein Name – an einem ehemaligen Feldweg im ländlichen Panama City, einer heute boomenden Ferienstadt in Florida, 70 Meilen südlich der Grenze zu Alabama.
Der Komplex des Zentrums ist so unscheinbar wie sein Standort – ein trister Betonbau aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, der an eine Berufsschule im Westen Chicagos erinnert. Auf der anderen Seite der heute vierspurigen Straße befinden sich ein Münzwaschsalon und eine Tanzschule.

Das Zentrum bildet seit Jahrzehnten hochqualifizierte Tiefseetaucher aus, die einst amerikanischen Militäreinheiten auf der ganzen Welt zugeteilt waren. Sie sind in der Lage, technische Tauchgänge durchzuführen, um sowohl das Gute zu tun – C4-Sprengstoff zu verwenden, um Häfen und Strände von Trümmern und nicht explodierten Sprengkörpern zu befreien – als auch das Schlechte, wie das Sprengen ausländischer Ölplattformen, das Verschmutzen von Einlassventilen für Unterwasserkraftwerke und die Zerstörung von Schleusen an wichtigen Schifffahrtskanälen.
Das Zentrum in Panama City, das über das zweitgrößte Hallenbad Amerikas verfügt, war der perfekte Ort, um die besten und wortkargsten Absolventen der Tauchschule zu rekrutieren, die im vergangenen Sommer erfolgreich das taten, wozu sie 260 Fuß (ca. 85 Meter) unter der Oberfläche der Ostsee befugt gewesen waren.

Im vergangenen Juni brachten die Marinetaucher im Rahmen eines weithin bekannten NATO-Sommermanövers namens BALTOPS 22 die fernausgelösten Sprengsätze an, die drei Monate später drei der vier Nord-Stream-Pipelines zerstörten, so eine Quelle mit direkter Kenntnis der Einsatzplanung.

Zwei der Pipelines, die unter dem Namen Nord Stream 1 bekannt sind, haben Deutschland und weite Teile Westeuropas seit mehr als einem Jahrzehnt mit billigem russischen Erdgas versorgt. Ein zweites Paar von Pipelines, Nord Stream 2 genannt, war bereits gebaut, aber noch nicht in Betrieb. Nun, da sich russische Truppen an der ukrainischen Grenze sammelten und der blutigste Krieg in Europa seit 1945 drohte, sah Präsident Joseph Biden in den Pipelines ein Mittel für Wladimir Putin, Erdgas für seine politischen und territorialen Ambitionen zu instrumentalisieren.
Adrienne Watson, eine Sprecherin des Weißen Hauses, antwortete auf Anfrage dazu in einer E-Mail: „Das ist falsch und völlig frei erfunden.“ Tammy Thorp, eine Sprecherin der CIA, schrieb ebenfalls: „Diese Behauptung ist komplett und völlig falsch.“

Bidens Entscheidung, die Pipelines zu sabotieren, kam nach mehr als neun Monaten streng geheimer Debatten innerhalb der nationalen Sicherheitscommunity in Washington darüber, wie dieses Ziel am besten zu erreichen sei. Die meiste Zeit über ging es nicht um die Frage, ob die Mission durchgeführt werden sollte, sondern darum, wie sie durchgeführt werden konnte, ohne dass bekannt wird, wer dafür verantwortlich war.

Es gab einen wichtigen bürokratischen Grund, sich auf die Absolventen der Tauchschule des Zentrums in Panama City zu verlassen. Die Taucher gehörten ausschließlich der Marine an und nicht dem amerikanischen Kommando für Sondereinsätze, dessen verdeckte Operationen dem Kongress gemeldet und der Führung des Senats und des Repräsentantenhauses – der so genannten Gang of Eight – im Voraus mitgeteilt werden müssen. Die Biden-Administration tat alles, um undichte Stellen zu vermeiden, als die Planung Ende 2021 und in den ersten Monaten des Jahres 2022 stattfand.

Präsident Biden und sein außenpolitisches Team – der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan, Außenminister Tony Blinken und Victoria Nuland, die Unterstaatssekretärin für Politik – hatten sich klar und deutlich gegen die beiden Pipelines ausgesprochen, die von zwei verschiedenen Häfen im Nordosten Russlands nahe der estnischen Grenze Seite an Seite auf einer Länge von 750 Meilen unter der Ostsee hindurch verlaufen und an der dänischen Insel Bornholm vorbeiführen, bevor sie in Norddeutschland enden.

Die direkte Route, die den Transit durch die Ukraine umging, war ein Segen für die deutsche Wirtschaft, die in den Genuss eines Überflusses an billigem russischem Erdgas kam – genug, um ihre Fabriken zu betreiben und ihre Häuser zu heizen, während die deutschen Verteilerunternehmen überschüssiges Gas mit Gewinn in ganz Westeuropa verkaufen konnten. Maßnahmen, die auf die US-Regierung zurückgeführt werden könnten, würden gegen das Versprechen der USA verstoßen, den direkten Konflikt mit Russland zu minimieren. Geheimhaltung war unerlässlich.

Von Anfang an wurde Nord Stream 1 von Washington und seinen anti-russischen NATO-Partnern als Bedrohung der westlichen Vorherrschaft angesehen. Die dahinter stehende Holdinggesellschaft, die Nord Stream AG, wurde 2005 in der Schweiz in Partnerschaft mit Gazprom gegründet. Gazprom ist ein börsennotiertes russisches Unternehmen, das enorme Gewinne für seine Aktionäre erwirtschaftet und von Oligarchen beherrscht wird, von denen bekannt ist, dass sie im Bannkreis Putins stehen.
Gazprom kontrollierte 51 Prozent des Unternehmens, während sich vier europäische Energieunternehmen – eines in Frankreich, eines in den Niederlanden und zwei in Deutschland – die restlichen 49 Prozent der Aktien teilten und das Recht hatten, den nachgelagerten Verkauf des preiswerten Erdgases an lokale Verteiler in Deutschland und Westeuropa zu kontrollieren. Die Gewinne von Gazprom wurden mit der russischen Regierung geteilt, und die staatlichen Gas- und Öleinnahmen machten in manchen Jahren schätzungsweise bis zu 45 Prozent des russischen Jahreshaushalts aus.

Amerikas politischen Befürchtungen waren real: Putin würde nun über eine zusätzliche und dringend benötigte wichtige Einnahmequelle verfügen, und Deutschland und das übrige Westeuropa würden von preiswertem, aus Russland geliefertem Erdgas abhängig werden – und gleichzeitig die Abhängigkeit Europas von Amerika verringern.
Tatsächlich ist genau das passiert. Viele Deutsche sahen Nord Stream 1 als Teil der Erlösung der berühmten Ostpolitik des ehemaligen Bundeskanzlers Willy Brandt, die es Nachkriegsdeutschland ermöglichen würde, sich selbst und andere europäische Nationen, die im Zweiten Weltkrieg zerstört worden waren, zu rehabilitieren, indem es unter anderem billiges russisches Gas als Treibstoff für einen florierenden westeuropäischen Markt und eine florierende Handelswirtschaft nutzen würde.

Nord Stream 1 war nach Ansicht der NATO und Washingtons schon gefährlich genug, aber Nord Stream 2, dessen Bau im September 2021 abgeschlossen wurde, würde, wenn die deutschen Aufsichtsbehörden zustimmen, die Menge an billigem Gas verdoppeln, die Deutschland und Westeuropa zur Verfügung stehen würde. Die zweite Pipeline würde außerdem genug Gas für mehr als 50 Prozent des jährlichen Verbrauchs in Deutschland liefern. Die Spannungen zwischen Russland und der NATO eskalierten ständig, unterstützt durch die aggressive Außenpolitik der Biden-Administration.

Der Widerstand gegen Nord Stream 2 flammte vor der Amtseinführung Bidens im Januar 2021 auf, als die Republikaner im Senat, angeführt von Ted Cruz aus Texas, während der Anhörung zur Bestätigung Blinkens als Außenminister wiederholt die politische Bedrohung durch billiges russisches Erdgas ansprachen. Bis dahin hatte ein geeinter Senat erfolgreich ein Gesetz verabschiedet, das, wie Cruz zu Blinken sagte, „[die Pipeline] in ihrem Lauf aufhielt“. Die deutsche Regierung, die damals von Angela Merkel geführt wurde, übte enormen politischen und wirtschaftlichen Druck aus, um die zweite Pipeline in Betrieb zu nehmen.

Würde Biden den Deutschen die Stirn bieten? Blinken bejahte dies, fügte aber hinzu, dass er die Ansichten des neuen Präsidenten nicht im Einzelnen erörtert habe. „Ich kenne seine feste Überzeugung, dass Nord Stream 2 eine schlechte Idee ist“, sagte er. „Ich weiß, dass er möchte, dass wir alle uns zur Verfügung stehenden Überzeugungsmittel einsetzen, um unsere Freunde und Partner, einschließlich Deutschland, davon zu überzeugen, das Projekt nicht weiterzuverfolgen.“

Einige Monate später, als der Bau der zweiten Pipeline kurz vor dem Abschluss stand, lenkte Biden ein. Im Mai verzichtete die US-Regierung in einer erstaunlichen Kehrtwende auf Sanktionen gegen die Nord Stream AG, wobei ein Beamter des Außenministeriums einräumte, dass der Versuch, die Pipeline durch Sanktionen und Diplomatie zu stoppen, „schon immer aussichtslos“ gewesen sei.
Hinter den Kulissen drängten Beamte der Regierung Berichten zufolge den ukrainischen Präsidenten Wladimir Selensky, der zu diesem Zeitpunkt von einer russischen Invasion bedroht war, dazu, den Schritt nicht zu kritisieren.

Das hatte sofortige Folgen. Die Republikaner im Senat, angeführt von Cruz, kündigten eine sofortige Blockade aller von Biden nominierten Kandidaten für Außenpolitik an und verzögerten die Verabschiedung des jährlichen Verteidigungshaushaltes über Monate hinweg bis tief in den Herbst hinein. Politico bezeichnete Bidens Kehrtwende in Bezug auf die zweite russische Pipeline später als „die eine Entscheidung, die Bidens Agenda wohl noch mehr gefährdet hat, als der chaotische militärische Rückzug aus Afghanistan.“

Die Regierung geriet ins Trudeln, obwohl sie Mitte November einen Aufschub in der Krise erhielt, als die deutschen Energieregulierungsbehörden die Genehmigung für die zweite Nord Stream-Pipeline aussetzten. Die Erdgaspreise stiegen innerhalb weniger Tage um 8 Prozent, da in Deutschland und Europa die Befürchtung wuchs, dass die Aussetzung der Pipeline und die wachsende Möglichkeit eines Krieges zwischen Russland und der Ukraine zu einem sehr unerwünschten kalten Winter führen könnten. In Washington war nicht klar, wo Olaf Scholz, der neu ernannte deutsche Bundeskanzler, steht. Monate zuvor, nach dem Fall Afghanistans, hatte Scholz in einer Rede in Prag öffentlich die Forderung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron nach einer eigenständigeren europäischen Außenpolitik unterstützt – ein klarer Hinweis darauf, dass man sich weniger auf Washington und dessen unberechenbares Handeln verlassen sollte.

Während dieser ganzen Zeit hatten sich die russischen Truppen an den Grenzen der Ukraine stetig und bedrohlich verstärkt, und Ende Dezember waren mehr als 100.000 Soldaten in der Lage, von Weißrussland und der Krim aus anzugreifen. In Washington wuchs die Besorgnis, und Blinken schätzte, dass diese Truppenstärke „in kurzer Zeit verdoppelt werden könnte“.

Die Aufmerksamkeit der Regierung richtete sich wieder einmal auf Nord Stream. Solange Europa von den Pipelines für billiges Erdgas abhängig blieb, befürchtete Washington, dass Länder wie Deutschland zögern würden, die Ukraine mit dem Geld und den Waffen zu versorgen, die sie brauchte, um Russland zu besiegen.

In diesem unruhigen Moment beauftragte Biden Jake Sullivan, eine ministerien-übergreifende Gruppe zusammenzustellen, die einen Plan ausarbeiten sollte.

Alle Optionen sollten auf den Tisch gelegt werden. Aber nur eine würde sich durchsetzen.

PLANUNG

Im Dezember 2021, zwei Monate bevor die ersten russischen Panzer in die Ukraine rollten, berief Jake Sullivan eine Sitzung einer neu gebildeten Arbeitsgruppe ein – Männer und Frauen aus den Stabschefs, der CIA, dem Außen- und dem Finanzministerium – und bat sie um Empfehlungen, wie auf Putins bevorstehende Invasion zu reagieren sei.

Es war das erste einer Reihe von streng geheimen Treffen in einem sicheren Raum im obersten Stockwerk des Old Executive Office Building, das an das Weiße Haus angrenzt und in dem auch das President’s Foreign Intelligence Advisory Board (PFIAB) untergebracht war. Es gab das übliche Hin- und Hergerede, das schließlich zu einer entscheidenden Vorfrage führte: Würde die Empfehlung, die die Gruppe dem Präsidenten übermittelte, reversibel sein – wie eine weitere Schicht von Sanktionen und Devisenbeschränkungen – oder irreversibel – also kinetische Aktionen, die nicht rückgängig gemacht werden könnten?

Den Teilnehmern wurde laut der Quelle mit direkter Kenntnis des Prozesses klar, dass Sullivan beabsichtigte, dass die Gruppe einen Plan für die Zerstörung der beiden Nord-Stream-Pipelines ausarbeiten sollte – und dass er die Wünsche des Präsidenten übermittelte.

In den folgenden Sitzungen erörterten die Teilnehmer die Optionen für einen Angriff. Die Marine schlug vor, ein neu in Dienst gestelltes U-Boot einzusetzen, um die Pipeline direkt anzugreifen. Die Luftwaffe diskutierte den Abwurf von Bomben mit verzögertem Zünder, die aus der Ferne gezündet werden könnten. Die CIA vertrat die Ansicht, dass der Angriff in jedem Fall verdeckt erfolgen müsse. Allen Beteiligten war klar, was auf dem Spiel stand. „Das ist kein Kinderkram“, sagte die Quelle. Wenn der Angriff auf die USA zurückgeführt werden könnte, „ist das eine Kriegshandlung“.

Damals wurde die CIA von William Burns geleitet, einem sanftmütigen ehemaligen Botschafter in Russland, der in der Obama-Regierung als stellvertretender Außenminister gedient hatte. Burns ermächtigte rasch eine Arbeitsgruppe der Agentur, zu deren Ad-hoc-Mitgliedern zufällig jemand gehörte, der mit den Fähigkeiten der Tiefseetaucher der Marine in Panama City vertraut war. In den nächsten Wochen begannen die Mitglieder der CIA-Arbeitsgruppe mit der Ausarbeitung eines Plans für eine verdeckte Operation, bei der Tiefseetaucher eingesetzt werden sollten, um eine Explosion entlang der Pipeline auszulösen.

So etwas war schon einmal gemacht worden. Im Jahr 1971 erfuhr der amerikanische Geheimdienst aus noch unbekannten Quellen, dass zwei wichtige Einheiten der russischen Marine über ein im Ochotskischen Meer an der russischen Fernostküste verlegtes Unterseekabel miteinander kommunizierten. Das Kabel verband ein regionales Marinekommando mit dem Hauptquartier auf dem Festland in Wladiwostok.
Ein handverlesenes Team von Mitarbeitern des US-Geheimdienstes CIA und der National Security Agency (NSA) wurde irgendwo im Großraum Washington zusammengetrommelt und arbeitete unter Einsatz von Marinetauchern, umgebauten U-Booten und einem Tiefsee-Rettungsfahrzeug einen Plan aus, mit dem es nach vielen Versuchen und Irrtümern gelang, das russische Kabel zu lokalisieren. Die Taucher brachten ein ausgeklügeltes Abhörgerät auf dem Kabel an, das den russischen Datenverkehr erfolgreich abfing und mit einem Abhörsystem aufzeichnete.

Die NSA erfuhr, dass hochrangige russische Marineoffiziere, die von der Sicherheit ihrer Kommunikationsverbindung überzeugt waren, ohne Verschlüsselung mit ihren Kollegen plauderten. Das Aufzeichnungsgerät und das dazugehörige Band mussten monatlich ausgetauscht werden, und das Projekt lief ein Jahrzehnt lang munter weiter, bis es von einem 24-jährigen zivilen NSA-Techniker namens Ronald Pelton, der fließend Russisch sprach, aufgedeckt wurde. Pelton wurde 1985 von einem russischen Überläufer verraten und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Die Russen zahlten ihm nur 5.000 Dollar für seine Enthüllungen über die Operation sowie 35.000 Dollar für andere russische Daten, die er zur Verfügung stellte und die nie veröffentlicht wurden.
Dieser Unterwassererfolg mit dem Codenamen Ivy Bells war innovativ und riskant und lieferte unschätzbare Erkenntnisse über die Absichten und Planungen der russischen Marine.

Dennoch war die ministerien-übergreifende Gruppe anfangs skeptisch, was die Begeisterung der CIA für einen verdeckten Tiefseeangriff anging. Es gab zu viele unbeantwortete Fragen. Die Gewässer der Ostsee wurden von der russischen Marine stark patrouilliert, und es gab keine Ölplattformen, die als Deckung für eine Tauchoperation genutzt werden konnten. Müssten die Taucher nach Estland fahren, direkt über die Grenze zu den russischen Erdgasverladedocks, um für den Einsatz zu trainieren? „Das wäre ein Ziegenfick“, wurde der Agentur gesagt.
Während „all dieser Planungen“, so die Quelle, „sagten einige Mitarbeiter der CIA und des Außenministeriums: ‚Macht das nicht. Es ist dumm und wird ein politischer Albtraum, wenn es herauskommt.’“

Dennoch berichtete die CIA-Arbeitsgruppe Anfang 2022 an Sullivans ministerien-übergreifende Gruppe: „Wir haben eine Möglichkeit, die Pipelines zu sprengen.“

Was dann kam, war verblüffend. Am 7. Februar, weniger als drei Wochen vor der scheinbar unvermeidlichen russischen Invasion in der Ukraine, traf sich Biden in seinem Büro im Weißen Haus mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz, der nach einigem Wackeln nun fest auf der Seite der Amerikaner stand. Bei der anschließenden Pressekonferenz sagte Biden trotzig: „Wenn Russland einmarschiert … wird es kein Nord Stream 2 mehr geben. Wir werden dem ein Ende setzen.“

Zwanzig Tage zuvor hatte Staatssekretärin Nuland bei einem Briefing des Außenministeriums im Wesentlichen dieselbe Botschaft verkündet, ohne dass die Presse darüber berichtet hätte. „Ich möchte Ihnen heute ganz klar sagen“, antwortete sie auf eine Frage, „Wenn Russland in die Ukraine einmarschiert, wird Nord Stream 2 so oder so nicht vorankommen.“

https://www.youtube.com/watch?v=OS4O8rGRLf8

Mehrere an der Planung der Pipeline-Mission beteiligte Personen zeigten sich bestürzt über die ihrer Meinung nach indirekten Anspielungen auf den Angriff.
„Es war, als würde man eine Atombombe in Tokio auf den Boden legen und den Japanern sagen, dass wir sie zünden werden“, sagte die Quelle. „Der Plan war für die Optionen, die nach der Invasion ausgeführt und nicht öffentlich bekannt gegeben werden sollten. Biden hat es einfach nicht kapiert oder ignoriert.“

Bidens und Nulands Indiskretion, wenn es denn eine solche war, könnte einige der Planer frustriert haben. Aber sie schuf auch eine Gelegenheit. Der Quelle zufolge waren einige hochrangige CIA-Beamte der Ansicht, dass die Sprengung der Pipeline „nicht länger als verdeckte Option betrachtet werden konnte, weil der Präsident gerade bekannt gegeben hatte, dass wir wüssten, wie man es macht.“
Der Plan, Nord Stream 1 und 2 zu sprengen, wurde plötzlich von einer verdeckten Operation, über die der Kongress informiert werden musste, zu einer geheimen Geheimdienstoperation mit militärischer Unterstützung der USA herabgestuft. Nach dem Gesetz, so die Quelle, „gab es keine rechtliche Verpflichtung mehr, den Kongress über die Operation zu informieren. Alles, was sie jetzt tun mussten, war, es einfach zu tun – aber es musste immer noch geheim sein. Die Russen haben eine hervorragende Überwachung der Ostsee.“

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe der Agentur hatten keinen direkten Kontakt zum Weißen Haus und wollten unbedingt herausfinden, ob der Präsident ernst meinte, was er gesagt hatte, also ob die Mission nun genehmigt war. Die Quelle erinnerte sich: „Bill Burns kam zurück und sagte: ‚Tut es.’“

DIE OPERATION

Norwegen war der perfekte Ort für die Basis der Mission.
In den letzten Jahren der Ost-West-Krise hat das US-Militär seine Präsenz in Norwegen, dessen Westgrenze 1.400 Meilen entlang des Nordatlantiks verläuft und oberhalb des Polarkreises an Russland grenzt, erheblich ausgeweitet.
Das Pentagon hat durch Investitionen in Höhe von Hunderten von Millionen Dollar in die Modernisierung und den Ausbau von Einrichtungen der amerikanischen Marine und der Luftwaffe in Norwegen hoch bezahlte Arbeitsplätze und Verträge geschaffen, die vor Ort nicht unumstritten waren. Zu den neuen Arbeiten gehörte vor allem ein fortschrittliches Radar mit synthetischer Apertur weit im Norden, das tief in Russland eindringen kann und gerade zu dem Zeitpunkt in Betrieb genommen wurde, als die amerikanischen Geheimdienste den Zugang zu einer Reihe von Langstrecken-Abhörstationen verloren, mit denen sie in China hinein lauschen konnten.

Ein neu eingerichteter amerikanischer U-Boot-Stützpunkt, der seit Jahren im Bau war, wurde in Betrieb genommen, und mehr amerikanische U-Boote konnten nun eng mit ihren norwegischen Kollegen zusammenarbeiten, um eine große russische Nuklearstation 250 Meilen östlich auf der Halbinsel Kola zu überwachen und auszuspionieren. Die Amerikaner haben außerdem einen norwegischen Luftwaffenstützpunkt im Norden erheblich ausgebaut und der norwegischen Luftwaffe eine Flotte von Boeing-Poseidon-Patrouillenflugzeugen zur Verfügung gestellt, um die Langstreckenspionage gegen Russland zu verstärken.

Im Gegenzug verärgerte die norwegische Regierung im November letzten Jahres die Liberalen und einige gemäßigte Abgeordnete im Parlament mit der Verabschiedung des ergänzenden Abkommens über die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich (SDCA). Das neue Abkommen sieht vor, dass die US-Justiz in bestimmten „vereinbarten Gebieten“ im Norden für amerikanische Soldaten zuständig ist, die außerhalb des Stützpunktes eines Verbrechens beschuldigt werden, sowie für norwegische Bürger, die beschuldigt oder verdächtigt werden, die Arbeit auf dem Stützpunkt zu stören.
Norwegen gehörte zu den Erstunterzeichnern des NATO-Vertrags im Jahr 1949, in den Anfängen des Kalten Krieges. Heute ist der Generalsekretär der NATO Jens Stoltenberg, ein überzeugter Antikommunist, der acht Jahre lang norwegischer Ministerpräsident war, bevor er 2014 mit amerikanischer Unterstützung auf seinen hohen NATO-Posten wechselte. Er war ein Hardliner in Sachen Putin und Russland und hatte seit dem Vietnamkrieg mit den amerikanischen Geheimdiensten zusammengearbeitet. Seitdem genießt er volles Vertrauen. „Er ist der Handschuh, der zur amerikanischen Hand passt“, sagte die Quelle.

Zurück in Washington wussten die Planer, dass sie nach Norwegen gehen mussten. „Sie hassten die Russen und die norwegische Marine war voller hervorragender Matrosen und Taucher, die seit Generationen Erfahrung in der hochprofitablen Tiefsee-Öl- und Gasexploration hatten“, sagte die Quelle. Außerdem konnte man darauf vertrauen, dass sie die Mission geheim halten würden. (Die Norweger könnten auch andere Interessen gehabt haben. Die Zerstörung von Nord Stream – falls die Amerikaner es schaffen sollten – würde es Norwegen ermöglichen, weitaus mehr eigenes Erdgas nach Europa zu verkaufen).

Irgendwann im März flogen einige Mitglieder des Teams nach Norwegen, um sich mit dem norwegischen Geheimdienst und der Marine zu treffen. Eine der wichtigsten Fragen war, wo genau in der Ostsee der beste Ort für die Anbringung des Sprengstoffs ist. Nord Stream 1 und 2, die jeweils über zwei Pipelines verfügen, waren auf ihrem Weg zum Hafen von Greifswald im äußersten Nordosten Deutschlands größtenteils nur eine Meile voneinander entfernt.

Die norwegische Marine fand schnell die richtige Stelle in den flachen Gewässern der Ostsee, nur wenige Meilen vor der dänischen Insel Bornholm. Die Pipelines verliefen in einem Abstand von mehr als einer Meile entlang eines Meeresbodens, der nur 260 Fuß tief war. Das wäre in Reichweite der Taucher, die von einem norwegischen Minenjäger der Alta-Klasse aus mit einem Gemisch aus Sauerstoff, Stickstoff und Helium aus ihren Tanks tauchen und C4-Sprengladungen an den vier Pipelines anbringen würden, die mit Betonabdeckungen versehen sind. Es wäre eine mühsame, zeitraubende und gefährliche Arbeit, aber die Gewässer vor Bornholm hatten einen weiteren Vorteil: Es gab keine größeren Gezeitenströmungen, die das Tauchen erheblich erschwert hätten.
Nach ein paar Nachforschungen waren die Amerikaner einverstanden.

An diesem Punkt kam wieder einmal die obskure Tiefseetauchergruppe der Marine in Panama City ins Spiel. Die Tiefseeschulen in Panama City, deren Schüler an den Ivy Bells teilnahmen, werden von den Elite-Absolventen der Marineakademie in Annapolis, die in der Regel nach dem Ruhm streben, als Seal, Kampfpilot oder U-Boot-Fahrer eingesetzt zu werden, als unerwünschtes Hinterland angesehen. Wenn man ein „Black Shoe“ werden muss, also ein Mitglied des weniger begehrten Überwasserschiffkommandos, gibt es aber zumindest immer einen Posten auf einem Zerstörer, Kreuzer oder Amphibienschiff. Am wenigsten glamourös ist die Minenkriegsführung. Ihre Taucher erscheinen nie in Hollywood-Filmen oder auf den Titelseiten populärer Zeitschriften.
„Die besten Taucher mit Tieftauchqualifikationen sind eine enge Gemeinschaft, und nur die allerbesten werden für die Operation rekrutiert und darauf hingewiesen, dass sie sich darauf einstellen müssen, zur CIA nach Washington gerufen zu werden“, sagte die Quelle.

Die Norweger und Amerikaner hatten einen Ort und die Agenten, aber es gab noch eine weitere Sorge: Jede ungewöhnliche Unterwasseraktivität in den Gewässern vor Bornholm könnte die Aufmerksamkeit der schwedischen oder dänischen Marine auf sich ziehen, die darüber berichten könnten.

Dänemark gehörte ebenfalls zu den ursprünglichen NATO-Unterzeichnern und war in Geheimdienstkreisen für seine besonderen Beziehungen zu Großbritannien bekannt. Schweden hatte einen Antrag auf Mitgliedschaft in der NATO gestellt und sein großes Geschick bei der Verwaltung seiner Unterwasserschall- und Magnetsensorsysteme unter Beweis gestellt, mit denen es erfolgreich russische U-Boote aufspürte, die gelegentlich in den entlegenen Gewässern der schwedischen Schären auftauchten und zum Auftauchen gezwungen wurden.

Die Norweger schlossen sich den Amerikanern an und bestanden darauf, dass einige hochrangige Beamte in Dänemark und Schweden in allgemeiner Form über mögliche Tauchaktivitäten in dem Gebiet unterrichtet werden mussten. Auf diese Weise konnte ein höherer Beamter eingreifen und einen Bericht aus der Befehlskette heraushalten und so die Pipeline-Operation isolieren. „Was ihnen gesagt wurde und was sie wussten, waren absichtlich unterschiedliche Dinge“, sagte die Quelle (die norwegische Botschaft, die um einen Kommentar zu dieser Geschichte gebeten wurde, hat nicht geantwortet).

Die Norweger waren der Schlüssel zur Überwindung anderer Hürden. Es war bekannt, dass die russische Marine über eine Überwachungstechnologie verfügte, die in der Lage war, Unterwasserminen aufzuspüren und auszulösen. Die amerikanischen Sprengsätze mussten so getarnt werden, dass sie für das russische System als Teil des natürlichen Hintergrunds erscheinen würden – was eine Anpassung an den spezifischen Salzgehalt des Wassers erforderte. Die Norweger hatten eine Lösung.

Die Norweger hatten auch eine Lösung für die entscheidende Frage, wann die Operation durchgeführt werden sollte. Seit 21 Jahren veranstaltet die amerikanische Sechste Flotte, deren Flaggschiff in Gaeta (Italien) südlich von Rom stationiert ist, jedes Jahr im Juni eine große NATO-Übung in der Ostsee, an der zahlreiche Schiffe der Alliierten aus der gesamten Region teilnehmen. Die aktuelle Übung, die im Juni stattfinden soll, wird als Baltic Operations 22 oder BALTOPS 22 bezeichnet. Die Norweger schlugen vor, dass dies die ideale Tarnung für das Verlegen der Minen sein würde.

Die Amerikaner lieferten ein entscheidendes Element: Sie überzeugten die Planer der Sechsten Flotte, das Programm um eine Forschungs- und Entwicklungsübung zu erweitern. An der Übung, die von der Marine bekannt gegeben wurde, war die Sechste Flotte in Zusammenarbeit mit den „Forschungs- und Kriegsführungszentren“ der Marine beteiligt. Bei der Übung, die vor der Küste der Insel Bornholm stattfinden sollte, sollten Taucherteams der NATO Minen verlegen, während die konkurrierenden Teams die neueste Unterwassertechnologie einsetzten, um die Minen zu finden und zu zerstören.

Das war sowohl eine nützliche Übung als auch eine raffinierte Tarnung. Die Jungs aus Panama City würden ihre Arbeit tun, und die C4-Sprengsätze würden bis zum Ende von BALTOPS22 an Ort und Stelle sein, mit einem 48-Stunden-Timer versehen. Alle Amerikaner und Norweger würden bei der ersten Explosion schon lange weg sein.

Die Tage zählten herunter. „Die Uhr tickte, und wir waren kurz davor, die Mission zu erfüllen“, sagte die Quelle.

Und dann: Washington überlegte es sich anders. Die Bomben würden immer noch während BALTOPS gelegt werden, aber das Weiße Haus befürchtete, dass ein Zeitfenster von zwei Tagen für ihre Detonation zu kurz vor dem Ende der Übung sein würde, und es wäre offensichtlich, dass Amerika beteiligt war. Stattdessen hatte das Weiße Haus eine neue Anfrage: „Können sich die Jungs vor Ort etwas einfallen lassen, um die Pipelines später auf Kommando zu sprengen?“

Einige Mitglieder des Planungsteams waren verärgert und frustriert über die scheinbare Unentschlossenheit des Präsidenten. Die Taucher in Panama City hatten wiederholt geübt, C4 an den Pipelines anzubringen, wie sie es bei BALTOPS tun würden, aber nun musste das Team in Norwegen einen Weg finden, um Biden zu geben, was er wollte – die Möglichkeit, einen erfolgreichen Ausführungsbefehl zu einem Zeitpunkt seiner Wahl zu erteilen.
Mit einer willkürlichen Änderung in letzter Minute beauftragt zu werden, war etwas, womit die CIA vertraut war. Allerdings wurden dadurch auch erneut Bedenken hinsichtlich der Notwendigkeit und Rechtmäßigkeit der gesamten Operation geäußert.

Die geheimen Befehle des Präsidenten erinnerten auch an das Dilemma der CIA in den Tagen des Vietnamkriegs, als Präsident Johnson angesichts der wachsenden Anti-Vietnamkriegsstimmung die Agentur anwies, gegen ihre Charta zu verstoßen, die ihr ausdrücklich verbot, innerhalb Amerikas zu operieren, indem sie die Führer der Kriegsgegner ausspionierte, um festzustellen, ob sie vom kommunistischen Russland kontrolliert wurden.
Die Agentur willigte schließlich ein, und im Laufe der 1970er Jahre wurde deutlich, wie weit sie zu gehen bereit war. Nach den Watergate-Skandalen enthüllten Zeitungen, dass die Agentur amerikanische Bürger ausspionierte, dass sie an der Ermordung ausländischer Staatschefs beteiligt war und die sozialistische Regierung von Salvador Allende untergrub.

Diese Enthüllungen führten Mitte der 1970er Jahre zu einer Reihe dramatischer Anhörungen im Senat unter der Leitung von Frank Church aus Idaho, bei denen deutlich wurde, dass Richard Helms, der damalige Direktor der Agentur, akzeptiert hatte, dass er verpflichtet war, die Wünsche des Präsidenten zu erfüllen, auch wenn das einen Verstoß gegen das Gesetz bedeutete.
In einer unveröffentlichten Zeugenaussage hinter verschlossenen Türen erklärte Helms reumütig, dass „man fast eine unbefleckte Empfängnis hat, wenn man etwas auf geheime Anweisung eines Präsidenten tut“. „Ob es nun richtig ist, dass Sie es haben sollten, oder falsch, dass Sie es haben sollen, [die CIA] arbeitet nach anderen Regeln und Grundregeln als jeder andere Teil der Regierung.“ Damit erklärte er den Senatoren, dass er als Leiter der CIA für die Krone und nicht für die Verfassung arbeite.

Die Amerikaner, die in Norwegen im Einsatz waren, arbeiteten mit der gleichen Dynamik und begannen pflichtbewusst mit der Arbeit an dem neuen Problem – der Fernzündung des C4-Sprengstoffs auf Bidens Befehl. Die Aufgabe war viel anspruchsvoller, als man in Washington angenommen hatte. Das Team in Norwegen konnte nicht wissen, wann der Präsident den Knopf drücken würde. Würde es in ein paar Wochen, in vielen Monaten oder in einem halben Jahr oder länger sein?

Das an den Pipelines angebrachte C4 würde durch eine Sonarboje ausgelöst, die kurzfristig von einem Flugzeug abgeworfen wird, aber das Verfahren erforderte modernste Signalverarbeitungstechnologie. Die an den vier Pipelines angebrachten Geräte zur zeitlichen Verzögerung könnten versehentlich durch die komplexe Mischung von Meeresgeräuschen in der stark befahrenen Ostsee ausgelöst werden – von nahen und fernen Schiffen, Unterwasserbohrungen, seismischen Ereignissen, Wellen und sogar Meerestieren. Um das zu vermeiden, würde die Sonarboje, sobald sie an Ort und Stelle ist, eine Abfolge einzigartiger tieffrequenter Töne aussenden – ähnlich denen einer Flöte oder eines Klaviers -, die vom Zeitmessgerät erkannt und nach einer voreingestellten Verzögerung von mehreren Stunden den Sprengstoff auslösen würden. („Sie wollen ein Signal, das robust genug ist, damit kein anderes Signal versehentlich einen Impuls senden kann, der den Sprengstoff zündet“, erklärte mir Dr. Theodore Postol, emeritierter Professor für Wissenschaft, Technologie und nationale Sicherheitspolitik am MIT. Postol, der als wissenschaftlicher Berater des Chefs der Marineoperationen im Pentagon tätig war, sagte, das Problem, dem sich die Gruppe in Norwegen wegen Bidens Verzögerung gegenübersah, sei eine Frage des Zufalls: „Je länger der Sprengstoff im Wasser ist, desto größer ist das Risiko eines zufälligen Signals, das die Bomben auslöst“)

Am 26. September 2022 warf ein P8-Überwachungsflugzeug der norwegischen Marine bei einem scheinbaren Routineflug eine Sonarboje ab. Das Signal breitete sich unter Wasser aus, zunächst zu Nord Stream 2 und dann zu Nord Stream 1. Wenige Stunden später wurde der Hochleistungs-C4-Sprengstoff ausgelöst und drei der vier Pipelines wurden außer Betrieb gesetzt. Innerhalb weniger Minuten konnte man sehen, wie sich Methangas, das in den stillgelegten Pipelines verblieben war, an der Wasseroberfläche ausbreitete, und die Welt erfuhr, dass etwas Unumkehrbares geschehen war.

FALLOUT

Unmittelbar nach dem Bombenanschlag auf die Pipeline behandelten die amerikanischen Medien den Vorfall wie ein ungelöstes Rätsel. Russland wurde wiederholt als wahrscheinlicher Schuldiger genannt, angespornt durch kalkulierte Indiskretionen aus dem Weißen Haus – ohne dass jemals ein klares Motiv für einen solchen Akt der Selbstsabotage jenseits einfacher Vergeltung gefunden wurde. Als sich einige Monate später herausstellte, dass die russischen Behörden in aller Stille Kostenvoranschläge für die Reparatur der Pipelines eingeholt hatten, bezeichnete die New York Times diese Nachricht als „Erschwerung der Theorien darüber, wer hinter dem Anschlag steckt.“
Keine große amerikanische Zeitung ging auf die früheren Drohungen gegen die Pipelines ein, die von Biden und Staatssekretärin Nuland ausgesprochen wurden.

Während nie klar war, warum Russland versuchen sollte, seine eigene lukrative Pipeline zu zerstören, kam eine aufschlussreichere Begründung für die Aktion des Präsidenten von Außenminister Blinken.
Auf einer Pressekonferenz im vergangenen September zu den Folgen der sich verschärfenden Energiekrise in Westeuropa befragt, beschrieb Blinken den Moment als einen potenziell guten:

„Es ist eine enorme Chance, die Abhängigkeit von russischer Energie ein für alle Mal zu beenden und damit Wladimir Putin die Energie als Waffe zur Durchsetzung seiner imperialen Pläne zu entziehen. Das ist sehr bedeutsam und bietet eine enorme strategische Chance für die kommenden Jahre, aber in der Zwischenzeit sind wir entschlossen, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um sicherzustellen, dass die Folgen all dessen nicht von den Bürgern in unseren Ländern oder in der ganzen Welt getragen werden.“

Kürzlich äußerte sich Victoria Nuland erfreut über das Scheitern der neuen beiden Pipelines. Bei einer Anhörung des Ausschusses für auswärtige Beziehungen des Senats Ende Januar sagte sie zu Senator Ted Cruz: „Wie Sie bin auch ich, und ich denke, die Regierung ist sehr erfreut zu wissen, dass Nord Stream 2 nun, wie Sie sagen, ein Haufen Metall auf dem Grund des Meeres ist.“

Die Quelle sah Bidens Entscheidung, mehr als 1.500 Meilen der Gazprom-Pipeline zu sabotieren, während der Winter näher rückte, wesentlich nüchterner. „Nun“, sagte er über den Präsidenten, „ich muss zugeben, dass der Kerl Eier hat. Er hat gesagt, er würde es tun, und er hat es getan.“

Auf die Frage, warum die Russen seiner Meinung nach nicht reagierten, antwortete er zynisch: „Vielleicht wollen sie die Möglichkeit haben, dasselbe zu tun, was die USA getan haben.“

Es war eine schöne Tarngeschichte“, fuhr er fort. „Dahinter steckte eine verdeckte Operation, bei der Experten vor Ort eingesetzt wurden und Geräte, die mit einem verdeckten Signal arbeiteten.“

„Der einzige Makel war die Entscheidung, es zu tun.“

Ende der Übersetzung

Die Reaktionen der USA

Bleibt noch hinzuzufügen, dass die Geschichte von der US-Regierung sofort dementiert wurde. Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates sagte auf Anfrage der russischen Nachrichtenagentur TASS:

„Das ist eine absolute Lüge und totale Fiktion.“

Ein Pentagonsprecher antwortete auf Anfrage der russischen Nachrichtenagentur TASS:

„Die USA haben nichts mit der Explosion von Nord Stream zu tun.“

Die westlichen Medien sind an der Geschichte bisher anscheinend nicht interessiert. US-Außenminister Blinken und NATO-Generalsekretär Stoltenberg haben nach der Veröffentlichung des Artikels von Hersh eine gemeinsame Pressekonferenz in Washington gehabt, aber die westlichen Journalisten haben nicht nach Nord Stream gefragt.
Auf der Pressekonferenz durften amerikanische Journalisten insgesamt vier Fragen stellen, aber keine von ihnen betraf das Thema. Sie fragten nach dem Erdbeben in der Türkei und in Syrien, nach Flugzeugen für die Ukraine, nach der chinesischen Bedrohung für die USA und die NATO und nach dem chinesischen Ballon über den USA sowie nach den Aussichten für einen Beitritt Finnlands und Schwedens zur NATO.

Der Originalartikel ist hier einsehbar:
https://seymourhersh.substack.com/p/how-america-took-out-the-nord-stream

Und hier die Fortsetzung der Geschichte:

https://josopon.wordpress.com/2023/02/09/nord-stream-von-usa-gesprengt-wer-hatte-je-zweifel-daran-eine-kriegserklarung-an-deutschland/

Die Kriminalgeschichte von Viktoria Nuland wurde schon vor 2 Jahren hier schön beschrieben:
https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/509771/Staatsstreiche-und-Kriege-Seit-30-Jahren-ist-Victoria-Nuland-aktiv-nun-soll-sie-wiederkommen

Staatsstreiche und Kriege: Seit 30 Jahren ist Victoria Nuland aktiv – nun soll sie wiederkommen

US-Präsident Joe Biden zufolge soll die US-Diplomatin Victoria Nuland eine wichtige Rolle in der künftigen US-Außenpolitik spielen. Seit 30 Jahren zeichnet sie sich als aktive Unterstützerin von Putschen, Umstürzen und Kriegen gegen andere Staaten aus. Eine Dokumentation ihrer „Erfolge“

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

Russland erklärt den Straussianern den Krieg – wen meinte Putin mit der „unter Drogen stehende Clique“ und der „Neonazi-Clique“?

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Beim Surfen bin ich auf das Voltaire-Netz gestoßen. Dessen Hauptautor Thierry Meyssan hat eine ganze Artikelserie zum Ukraine-Konflikt verfasst, einen sehr wichtigen daraus gebe ich hier auszugsweise wieder, mit den Quellenangaben, weil er insgesamt gut zu den Enthüllungen von Thomas Röper über NGOs in den USA passt:

https://www.voltairenet.org/article215903.html

Russland erklärt den Straussianern den Krieg

Leo Strauss

Leo Strauss

Russland führt keinen Krieg gegen das ukrainische Volk, sondern gegen eine kleine Gruppe von Menschen innerhalb der US-Macht, die die Ukraine ohne ihr Wissen verändert hat, die Gruppe der Strauss-Anhänger. Sie wurde vor einem halben Jahr-hundert gegründet und hat bereits unglaublich viele Verbrechen in Lateinamerika und im Nahen Osten ohne Wissen der Amerikaner begangen. Hier ist ihre Geschichte.

Im Morgengrauen des 24. Februar drangen russische Truppen massenhaft in die Ukraine ein.

Laut Präsident Wladimir Putin, der dann im Fernsehen sprach, war diese Sonderoperation der Beginn der Antwort seines Landes auf „diejenigen, die die Weltherrschaft anstreben“ und die Infrastruktur der NATO vor den Toren seines Landes vorantreiben.
Während dieser langen Rede fasste er zusammen, wie die NATO Jugoslawien ohne Genehmigung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zerstörte und 1999 sogar Belgrad bombardierte. Dann erwähnte er die Zerstörungen durch die Vereinigten Staaten im Nahen Osten, Irak, Libyen und Syrien.

Erst nach dieser langen Präsentation gab er bekannt, dass er seine Truppen in die Ukraine geschickt habe, mit der doppelten Mission, die mit der NATO verbundenen Streitkräfte zu zerstören und den von der NATO bewaffneten Neonazi-Gruppen ein Ende zu bereiten.

Sofort prangerten alle Mitgliedstaaten des Atlantischen Bündnisses eine Besetzung der Ukraine an, die mit der der Tschechoslowakei während des „Prager Frühlings“ (1968) vergleichbar sei. Ihnen zufolge übernahm Wladimir Putins Russland die „Breschnew-Dok­trin“ der Sowjetunion.
Deshalb muss die freie Welt das auferstandene „Reich des Bösen“ bestrafen, indem sie ihm „verheerende Kosten“ auferlegt.

Die Interpretation des Atlantischen Bündnisses zielt vor allem darauf ab, Russland seines Hauptarguments zu berauben: Sicherlich ist die NATO keine Konföderation von Gleichen, sondern eine hierarchische Föderation unter angelsächsischem Kommando, aber Russland tut dasselbe.
Es verweigert der Ukraine die Möglichkeit, ihr Schicksal zu wählen, wie die Sow­jets es einst den Tschechoslowaken verweigerten. Zugegebenermaßen verletzt die NATO durch ihre Funktionsweise die in der Charta der Vereinten Nationen festgelegten Prinzipien der Souveränität und Gleichheit der Staaten, aber sie darf nicht aufgelöst werden, es sei denn, man würde auch Russland auflösen.

Vielleicht, aber wahrscheinlich auch nicht.

Präsident Putins Rede richtete sich nicht gegen die Ukraine oder gar gegen die Vereinigten Staaten, sondern explizit gegen „diejenigen, die die Weltherrschaft anstreben“, das heißt gegen die Straussianer“ innerhalb der US-Macht*) . Es war eine echte Kriegserklärung an sie.
Am 25. Februar nannte Präsident Wladimir Putin die Kiewer Regierung eine „Clique von Drogenabhängigen und Neonazis„. Für die atlantischen Medien waren diese Worte die eines geisteskranken Menschen.

In der Nacht vom 25. auf den 26. Februar schickte Präsident Wolodymyr Selenskyj Russland über die chinesische Botschaft in Kiew einen Waffenstillstandsvorschlag. Der Kreml reagierte sofort, indem er seine Bedingungen festlegte:

  1. Verhaftung aller Nazis (Dmitro Jarosch und das Asow-Bataillon usw.),
  2. Ablegung aller Straßennamen und Zerstörung von Denkmälern, die Nazi-Kollabo­rateure während des Zweiten Weltkriegs verherrlichen (Stepan Bandera usw.),
  3. Niederlegung der Waffen.

Die atlantische Presse ignorierte dieses Ereignis, während der Rest der Welt, der es kannte, seinen Atem anhielt. Die Verhandlungen werden wenige Stunden später scheitern, nachdem Washington interveniert hat. Nur dann wird die westliche öffentliche Meinung informiert werden, aber die russischen Bedingungen werden ihr immer verborgen bleiben.

Worüber spricht Präsident Putin? Gegen wen kämpft er? Und was sind die Gründe, die die atlantische Presse geblendet und zum Schweigen gebracht haben?

Kurze Geschichte der Straussianer

Lassen Sie uns einen Moment auf diese Gruppe, die Straussianer, eingehen, über die der Westen wenig weiss.
Das sind Individuen, alle Juden, aber absolut nicht repräsentativ für amerikanische Juden oder jüdische Gemeinden in der Welt.

Sie wurden von dem deutschen Philosophen Leo Strauss ausgebildet, der während des Aufstiegs des Nationalsozialismus in die Vereinigten Staaten flüchtete und Professor für Philosophie an der Universität von Chicago wurde. Zahlreichen Berichten zufolge hatte er eine kleine Gruppe treuer Schüler ausgebildet, denen er mündlichen Unterricht erteilte. Es gibt also keine Schriften darüber.
Er erklärte ihnen, dass der ein­zige Weg für Juden, nicht erneut Opfer eines Völkermords zu werden, darin bestehe, ihre eigene Diktatur zu errichten. Er nannte sie Hopliten (die Soldaten von Spar­ta) und sandte sie aus, um die Vorlesungen seiner Rivalen zu stören. Schließlich lehrte er sie Diskretion und lobte die „edle Lüge“. Obwohl er 1973 starb, blieb seine Studentenverbindung bestehen.

Die Straussianer begannen vor einem halben Jahrhundert, 1972, eine politische Grup­pe zu bilden. Sie alle waren Mitglieder des Teams des demokratischen Senators Henry „Scoop“ Jackson, darunter Elliott Abrams, Richard Perle und Paul Wolfowitz.
Sie arbeiteten eng mit einer Gruppe trotzkistischer, ebenfalls jüdischer Journalisten zusammen, die sich am City College of New York kennengelernt hatten und die Zeitschrift Commentary herausgaben. Man nannte sie die „New Yorker Intellek­tuellen“.
Diese beiden Gruppen waren gemeinsam eng mit der CIA verbunden, aber dank Perles Schwiegervater, Albert Wohlstetter (dem US-Militärstrategen), auch mit der Rand Corporation (dem Think Tank des militärisch-industriellen Komplexes).
Viele dieser jungen Leute heirateten untereinander, bis sie eine kompakte Gruppe von hundert Personen bildeten.

Gemeinsam entwarfen und verabschiedeten sie inmitten der Watergate-Krise (1974) das „Jackson-Vanik-Amendment“, das die Sowjetunion unter Androhung von Wirtschaftssanktionen dazu zwang, die Auswanderung ihrer jüdischen Bevölkerung nach Israel zuzulassen. Das ist ihr Gründungsakt.

1976 war Paul Wolfowitz [1] einer der Architekten des „Teams B“ (Team B), das von Präsident Gerald Ford beauftragt wurde, die sowjetische Bedrohung zu bewerten [2]. Er veröffentlichte einen wahnhaften Bericht, in dem er die Sowjetunion beschuldigte, sich darauf vorzubereiten, die „globale Hegemonie“ zu übernehmen. Das Wesen des Kalten Krieges änderte sich: Es ging nicht mehr darum, die UdSSR zu isolieren (einzudämmen), sie musste gestoppt werden, um die „freie Welt“ zu retten.

Die Straussianer und New Yorker Intellektuellen, alle „links“, stellten sich in den Dienst des rechten Präsidenten Ronald Reagan.
Man muss verstehen, dass diese Gruppen weder wirklich links noch rechts sind. Einige Mitglieder sind fünfmal von der Demokratischen Partei zur Republikanischen Partei und wieder zurückgewechselt.
Was für sie wichtig ist, ist die Macht zu infiltrieren, egal welcher Ideologie.
Elliott Abrams wurde stellvertretender Außenminister. Er leitete eine Operation in Guatemala, wo er einen Diktator an die Macht brachte und mit israelischen Mossad-Offizieren experimentierte, wie man für die Maya-Indianer Reservate schafft, um schließlich dasselbe in Israel mit den palästinensischen Arabern zu tun (der Maya-Widerstand brachte Rigoberta Menchú ihren Friedensnobelpreis ein). Dann setzte Elliott Abrams seine Misshandlungen in El Salvador und schließlich in Nicaragua gegen die Sandinisten mit der Iran-Contra-Affäre fort.
Die New Yorker Intellektuellen, die jetzt „Neokonservative“ genannt werden, schufen ihrerseits das National Endowment for Democracy (NED) und das U.S. Institute of Peace; ein Instrument, das viele Farbrevolutionen organisierte, beginnend mit China, mit dem Putschversuch von Premierminister Zhao Ziyang und der anschließenden Repression auf dem Platz des Himmlischen Friedens.

Am Ende der Amtszeit von George H. Bush (Sr.) entwarf Paul Wolfowitz, damals Nummer 3 des Verteidigungsministers, ein Dokument [3], das sich um eine starke Idee drehte: Nach dem Zerfall der UdSSR mussten die Vereinigten Staaten das Aufkommen neuer Rivalen verhindern, angefangen bei der Europäischen Union. Abschließend plädierte er für die Möglichkeit einseitiger Maßnahmen, d. h. für ein Ende der Absprachen in den Vereinten Nationen.
Wolfowitz ist zweifellos der Designer von „Desert Storm“, der Operation zur Zerstörung des Irak, die es den Vereinigten Staaten ermöglichte, die Spielregeln zu ändern und eine unilaterale Welt zu organisieren. Zu dieser Zeit werteten die Straussianer die Konzepte des „Regimewechsels“ und der „Förderung der Demokratie“ auf.

Gary Schmitt, Abram Shulsky und Paul Wolfowitz gelangten über die Arbeitsgruppe für die Reform des Geheimdienstes (Consortium for the Study of Intelligence’s Working Group on Intelligence Reform) in die US-Geheimdienst­gemein­schaft.
Sie kritisierten a priori, dass andere Regierungen auf die gleiche Weise argumentieren wie die der Vereinigten Staaten [4].
Dann kritisierten sie die fehlende politische Führung des Geheimdienstes, die sie in unwichtigen Themen herumirren ließ, anstatt sich auf die wesentlichen zu konzentrieren.
Die Politisierung der Geheimdienste ist das, was Wolfowitz bereits mit dem Team B getan hatte und was er 2002 mit dem Office of Special Plans erfolgreich wiederholen wird; Erfinden von Argumenten für neue Kriege gegen den Irak und den Iran (Leo Strauss’ „edle Lüge“).

Die Straussianer wurden während der Amtszeit von Bill Clinton von der Macht entfernt. Dann schlichen sie sich in die Washingtons Think Tanks ein.
1992 veröffentlichten William Kristol und Robert Kagan (Victoria Nulands Ehemann, der in früheren Artikeln häufig zitiert wurde) einen Artikel in Foreign Affairs, in dem sie die zaghafte Außenpolitik von Präsident Clinton beklagten und eine Wiederbelebung der „wohlwollenden Hegemonie der Vereinigten Staaten“ (benevolent global hegemony) [5] forderten.
Im folgenden Jahr gründeten sie das Project for a New American Century (PNAC) am American Enterprise Institute. Gary Schmitt, Abram Shulsky und Paul Wolfowitz waren Mitglieder. Alle nichtjüdischen Bewunderer von Leo Strauss, einschließlich des Protestanten Francis Fukuyama (der Autor von Das Ende der Geschichte), schlossen sich ihnen sofort an.

1994 wurde Richard Perle, jetzt Waffenschmuggler (alias „der Fürst der Finsternis“), Berater des Präsidenten und Ex-Nazis Alija Izetbegović in Bosnien und Herzegowina. Er ist es, der Osama bin Laden und seine Arabische Legion (Vorfahre von al-Kaida) aus Afghanistan bringt, um das Land zu verteidigen. Perle wird selbst Mitglied der bosnischen Delegation bei der Unterzeichnung des Dayton-Abkommens in Paris sein.

1996 schrieben PNAC-Mitglieder (darunter Richard Perle, Douglas Feith und David Wurmser) im Auftrag des neuen israelischen Premierministers Benjamin Netanyahu eine Studie am Institute for Advanced Strategic and Political Studies (IASPS).
Dieser Bericht [6] befürwortet die Eliminierung von Jassir Arafat, die Annexion der palästinensischen Gebiete, einen Krieg gegen den Irak und die Überführung von Palästinensern dorthin. Er ist nicht nur von den politischen Theorien Leo Strauss inspiriert, sondern auch von denen seines Freundes Zeev Jabotinsky, dem Begründer des „zionistischen Revisionismus“, dessen Privatsekretär Netanjahus Vater war.

Die PNAC sammelte Gelder für die Kandidatur von George W. Bush (dem Sohn) und veröffentlichte vor seiner Wahl ihren berühmten Bericht Rebuilding America’s Defenses.

Darin fordert er zu einer mit Pearl Harbor vergleichbaren Katastrophe auf, die es ermöglicht, das amerikanische Volk in einen Krieg um die globale Hegemonie zu stürzen. Dies sind genau die Begriffe, die Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, ein Mitglied der PNAC, am 11. September 2001 verwendete.

Dank der Anschläge vom 11. September setzten Richard Perle und Paul Wolfowitz Admiral Arthur Cebrowski im Hintergrund von Donald Rumsfeld ein. Dort spielte er eine Rolle, die mit der von Albert Wohlstetter während des Kalten Krieges vergleichbar war.
Er setzte die Strategie des „endlosen Krieges“ durch: Die US-Streitkräfte sollten keine Kriege mehr gewinnen, sondern eine große Anzahl von ihnen beginnen und sie so lange wie möglich andauern lassen.
Es ginge darum, alle politischen Struk­turen der angegriffenen Staaten zu zerstören, um diese Bevölkerungen zu ruinieren und ihnen jede Möglichkeit zu nehmen, sich gegen die USA zu verteidigen [7]; eine Strategie, die seit zwanzig Jahren in Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien, Jemen umgesetzt wird…

Das Bündnis von Straussianern und zionistischen Revisionisten wurde 2003 auf einer großen Konferenz in Jerusalem besiegelt, an der israelische Politiker aller Parteien leider glaubten, teilnehmen zu müssen [8].
Es ist daher nicht verwunderlich, dass Victoria Nuland (die Frau von Robert Kagan, damals Botschafter bei der NATO) intervenierte, um 2006 im Libanon einen Waffenstillstand zu verkünden, der es der besiegten israelischen Armee ermöglichte, nicht von der Hisbollah verfolgt zu werden.

Gewisse Personen, wie Bernard Lewis, arbeiteten mit allen drei Gruppen zusammen, den Straussianern, den Neokonservativen und den zionistischen Revisionisten. Als ehemaliger britischer Geheimdienstagent erwarb er die US-amerikanische und israelische Staatsbürgerschaft, war Berater von Benjamin Netanyahu und Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates der USA. Lewis, der in der Mitte seiner Karriere versichert hatte, dass der Islam mit dem Terrorismus unvereinbar sei und dass arabische Terroristen in Wirklichkeit sowjetische Agenten seien, änderte später seine Meinung und versicherte mit der gleichen Selbstsicherheit, dass diese Religion Ter­rorismus predige. Er erfand für den Nationalen Sicherheitsrat der USA die Strategie des „Kam­pfes der Kulturen“.
Es ging darum, kulturelle Unterschiede zu instrumentalisie­ren, um Muslime gegen Orthodoxe zu mobilisieren; ein Konzept, das von seinem Assistenten des Rates, Samuel Huntington, populär gemacht wurde, mit der Ausnahme, dass dieser es nicht als Strategie darstellte, sondern als eine Fatalität, gegen die gehandelt werden müsse. Huntington hatte seine Karriere als Berater des südafrikanischen Geheimdienstes der Apartheid begonnen, dann hatte er ein Buch geschrieben, The Soldier and the State [9], in dem er versicherte, dass das Militär (reguläre Soldaten und Söldner) eine Kaste bilde, die als einzige in der Lage sei, die Nationalen Sicherheitsbedürfnisse zu verstehen.

Nach der Zerstörung des Irak wurden die Straussianer Gegenstand aller Arten von Polemik [10]. Alle sind überrascht, dass eine so kleine Gruppe, unterstützt von neokonservativen Journalisten, eine solche Autorität hätte erlangen können, ohne Gegenstand einer öffentlichen Debatte gewesen zu sein. Der Kongress der Vereinigten Staaten ernennt eine Irak-Studiengruppe (die Baker-Hamilton-Kommission), um ihre Politik zu bewerten. Sie verurteilt, ohne sie beim Namen zu nennen, die Rumsfeld­/Cebrowski-Strategie und bedauert die Hunderttausenden von Toten, die sie verursacht hat. Aber Rumsfeld trat zurück und das Pentagon verfolgte unaufhaltsam diese Strategie, die es offiziell nie angenommen hatte.

In der Obama-Regierung fanden sich die Straussianer im Kabinett von Vizepräsident Joe Biden wieder. Sein nationaler Sicherheitsberater, Jacob Sullivan, spielte eine zentrale Rolle bei der Organisation von Operationen gegen Libyen, Syrien und Myanmar, während einer seiner anderen Berater, Antony Blinken, sich auf Afghanistan, Pakistan und den Iran konzentrierte. Er war es, der die Verhandlungen mit dem Obersten Führer Ali Khamenei leitete, die zur Verhaftung und Inhaftierung wichtiger Mitglieder des Teams von Präsident Mahmoud Ahmadinedschad im Austausch für das Atomabkommen führten.

Der Regimewechsel in Kiew 2014 wird von den Straussianern organisiert. Vizepräsi­dent Biden setzt sich entschieden dafür ein. Victoria Nuland kommt, um die Neonazi-Elemente des Rechten Sektors zu unterstützen und das israelische Kommando von „Delta“ [11]. auf dem Maidan-Platz zu beaufsichtigen. Ein abgehörter Telefonanruf offenbart ihren Wunsch, „Fuck the EU“ (sic), in der Tradition des Wolfowitz-Berichts von 1992. Aber die Führer der Europäischen Union verstehen es nicht und protestieren nur leise [12].

„Jake“ Sullivan und Antony Blinken setzen den Sohn von Vizepräsident Biden, Hunter, trotz des Widerstands von Außenminister John Kerry in den Vorstand eines der großen Gasunternehmen, Burisma Holdings. Hunter Biden ist leider nur ein Junkie, er wird als Vorwand für einen gigantischen Betrug dienen, auf Kosten des ukrainischen Volkes. Er wird unter der Aufsicht von Amos Hochstein mehrere seiner Junkie-Freunde dazu bestimmen, als weitere Strohmänner an der Spitze verschiedener Unternehmen zu stehen und ukrainisches Gas zu plündern. Das sind die Leute, die Präsident Wladimir Putin eine „unter Drogen stehende Clique“ genannt hat.

Sullivan und Blinken verlassen sich auf den Mafia-Paten Ihor Kolomojskyj, den drittreichsten Mann des Landes. Obwohl er Jude ist, finanziert er die starken Jungs des Rechten Sektors, einer Neonazi-Organisation, die für die NATO arbeitet und für den „Regimewechsel“ auf dem Maidan-Platz kämpft.
Kolomojskyj nutzt seine Bekannten aus, um die Macht innerhalb der europäischen jüdischen Gemeinschaft zu übernehmen, aber seine Glaubensbrüder weisen ihn zurück und werfen ihn aus internationalen Vereinigungen. Es gelingt ihm jedoch, den Leiter des Rechten Sektors, Dmytro Jarosch, zum stellvertretenden Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine zu ernennen und sich selbst zum Gouverneur des Gebiets Dnipropetrowsk ernennen zu lassen. Beide Männer werden schnell aus allen politischen Ämtern entfernt. Es ist ihre Gruppe, die Präsident Wladimir Putin eine „Neonazi-Clique“ bezeichnet hat.

Im Jahr 2017 gründet Antony Blinken WestExec Advisors, eine Beratungsfirma, die ehemalige hochrangige Beamte der Obama-Regierung und viele Straussianer zusammenbringt. Die Tätigkeit dieses Unternehmens ist äußerst diskret. Sie nutzt die politischen Verbindungen ihrer Mitarbeiter, um Geld zu verdienen; was man anderswo Korruption nennen würde.

Die Straussianer bleiben immer dieselben

Seit Joe Bidens Rückkehr ins Weiße Haus, diesmal als Präsident der Vereinigten Staaten, haben die Straussianer das gesamte System in der Hand. „Jake“ Sullivan ist Nationaler Sicherheitsberater, während Antony Blinken Außenminister mit Victoria Nuland an seiner Seite ist.

Wie ich in früheren Artikeln berichtet habe, geht sie im Oktober 2021 nach Moskau und droht, die russische Wirtschaft zu zerschlagen, wenn Russland nicht gehorcht. Dies ist der Beginn der aktuellen Krise.

Unterstaatssekretärin Nuland ließ Dmitro Jarosch wieder auferstehen und drängte ihn Präsident Selenskyj auf, einen von Ihor Kolomojskyj beschützten Fernsehakteur. Am 2. November 2021 ernannte er ihn zum Sonderberater des Chefs der Streitkräfte, General Valerii Zaluzhnyi.
Dieser, ein echter Demokrat, weigert sich zuerst und akzeptiert schließlich. Von der Presse nach diesem erstaunlichen Duo befragt, weigert er sich zu antworten und beschwört eine Frage der nationalen Sicherheit herauf. Jarosch gab dem „weißen Führer“, Oberst Andrey Biletsky, und seinem Asow-Bataillon seine volle Unterstützung. Diese Kopie der SS-Division Das Reich wird seit Sommer 2021 von ehemaligen US-Söldnern von Blackwater geleitet [13].

Dieser lange Exkurs, der es ermöglicht hat, die Straussianer zu identifizieren, zwingt uns zuzugeben, dass Russlands Ehrgeiz verständlich, ja wünschenswert ist. Die Welt von den Straussianern zu befreien, würde den Millionen Toten und mehr, die sie verursacht haben, gerecht werden und diejenigen retten, die sie bald töten werden. Es bleibt abzuwarten, ob diese Intervention in der Ukraine der richtige Weg ist.

Wie dem auch sei, wenn die Verantwortung für die aktuellen Ereignisse bei den Straussianern liegt, haben auch all jene eine Verantwortung, die sie unbeirrt gewähren ließen. Angefangen bei Deutschland und Frankreich, die vor sieben Jahren das Minsker Abkommen unterzeichnet und nichts für dessen Umsetzung getan haben, bis hin zu den 50 Staaten, die die OSZE-Er­klärungen, die eine Ausweitung der NATO östlich der Oder-Neiße-Linie verbieten, unterzeichnet und nichts dagegen unternommen haben. Nur Israel, das gerade die zionistischen Revisionisten losgeworden ist, hat gerade eine nuancierte Position zu diesen Ereignissen zum Ausdruck gebracht.

Das ist eine der Lehren dieser Krise: Demokratisch regierte Völker sind für die Entscheidun­gen verantwortlich, die ihre Führer auf lange Sicht hin getroffen haben, und die nach dem Machtwechsel aufrechterhalten wurden.

[1] „Paul Wolfowitz, die Seele des Pentagon“, von Paul Labarique, Übersetzung Sabine, Voltaire Netzwerk, 31. Oktober 2004.

[2] Killing Detente: The Right Attacks the CIA, Anne H. Cahn, Pennsylvania State University Press (1998).

[3] Dieses Dokument wurde enthüllt in « US Strategy Plan Calls For Insuring No Rivals Develop », Patrick E. Tyler, New York Times, March 8, 1992. Siehe auch die auf Seite 14 veröffentlichten Auszüge: « Excerpts from Pentagon’s Plan: „Prevent the Re-Emergence of a New Rival“ ». Weitere Informationen finden Sie unter « Keeping the US-First, Pentagon Would preclude a Rival Superpower » Barton Gellman, The Washington Post, March 11, 1992.

[4] Silent Warfare: Understanding the World of Intelligence, Abram N. Shulsky & Gary J. Schmitt, Potomac Books (1999).

[5] « Toward a neo-Reaganite Foreign Policy », Robert Kagan & William Kristol, Foreign Affairs, july-august 1996, vol. 75 (4), p. 18-32.

[6] «A Clean Break : A New Strategy for Securing the Realm», Institute for Advanced Strategic and Political Studies (1996).

[7] „Die Rumsfeld/Cebrowski Doktrin“, von Thierry Meyssan, Übersetzung Horst Frohlich, Korrekturlesen : Werner Leuthäusser, Voltaire Netzwerk, 25. Mai 2021.

[8] «Sommet historique pour sceller l’Alliance des guerriers de Dieu », Réseau Voltaire, 17 octobre 2003. [« Historischer Gipfel für ein Bündnis der Gotteskrieger »; Der Jerusalemer Gipfel, der vom 12. bis 14. Oktober 2003 im King David Hotel in Jerusalem stattfand, besiegelte das Bündnis zwischen drei kriegstreiberischen Gruppen: den Veteranen des Kalten Krieges in Washington, den evangelikalen Fundamentalisten und der russischen Mafia in Israel. Um Richard Perle und Minister der Sharon-Regierung feierten sie die „Theopolitik“, die nach der Vernichtung des Islam zum Aufkommen des „Himmlischen Jerusalems“ führen wird.
Zum ersten Mal gründeten sie gemeinsam ein ständiges Gremium, um ihre gemeinsame Politik zu koordinieren.]

[9] The Soldier and the State: The Theory and Politics of Civil-Military Relations, Samuel Huntington, Samuel Huntington, Belknap Press (1981).

[10] Diese Kontroverse ist immer noch andauernd. Um diesen Artikel zu schreiben, habe ich hauptsächlich diese acht Bücher konsultiert : The Political Ideas of Leo Strauss, Shadia B. Drury, Palgrave Macmillan (1988). Leo Strauss and the Politics of American Empire, Anne Norton, Yale University Press (2005). The Truth About Leo Strauss: Political Philosophy and American Democracy, Catherine H. Zuckert & Michael P. Zuckert, University of Chicago Press (2008). Straussophobia: Defending Leo Strauss and Straussians Against Shadia Drury and Other Accusers, Peter Minowitz, Lexington Books (2009). Leo Strauss and the Conservative Movement in America, Paul E. Gottfried, Cambridge University Press (2011). Crisis of the Strauss Divided: Essays on Leo Strauss and Straussianism, East and West, Harry V. Jaffa, Rowman & Littlefield (2012). Leo Strauss, The Straussians, and the Study of the American Regime, Kenneth L. Deutsch, Rowman & Littlefield (2013). Leo Strauss and the Invasion of Iraq: Encountering the Abyss, Aggie Hirst, Routledge (2013).

[11] « Qui sont ces anciens soldats israéliens parmi les combattants de rue dans la ville de Kiev? », [Wer sind diese ehemaligen israelischen Soldaten unter den Straßenkämpfern in der Stadt Kiew?] AlyaExpress-News.com, 2 mars 2014 « Der neue Gladio in der Ukraine » von Manlio Dinucci, Il Manifesto (Italien), Réseau Voltaire, 21. März 2014.

[12] „Gespräch zwischen Vize-Staatssekretär und Botschafter der USA in Ukraine“, von Andrey Fomin, Übersetzung Horst Frohlich, Oriental Review (Russland) , Voltaire Netzwerk, 8. Februar 2014.

[13] « Exclusive : Documents Reveal Erik Prince’s $10 Billion Plan to Make Weapons and Create a Private Army in Ukraine », Simon Shuster, Time, July 7, 2021.

*: ohne die Clique als Straussianer zu benennen
Es bleibt interessant, aus welcher Ecke ich wieder den Vorwurf bekommen werde, eine „Verschwörungstheorie“ zu verbreiten.
Interessant auch der Verweis auf den neuen Gladio in der Ukraine von Manlio Dinucci. Vielleicht gelingt es mir, darauf eine Antwort de Gladio-Experten Daniele Ganser zu bekommen.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Jochen

Wenn aus Journalismus Propaganda wird – von Karin Leukefeld, akkreditierte Korrespondentin für Syrien

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

K_Leukefeld2020Ein längerer Artikel, in dem Frau Leukefeld beschreibt, wie die Medien, die „4.Gewalt“ sich seit dem Syrienkrieg zunehmend gewandelt haben. Auf meinem Blog habe ich zum Thema schon mehrfach Stellung genommen. Kaum zu fassen ist aber, wie sich dieselben aufgebauten Netzwerke nahezu ideal in die Corona-Propaganda der großen Pharmakonzerne haben einbinden lassen.

Teil 1 – Lehren aus dem Syrienkrieg

https://www.nachdenkseiten.de/?p=83027

Während Putin in der Ukraine Krankenhäuser bombardiert, höre ich Echos aus Syrien“. Das ist die Überschrift eines Artikels, den der syrische Arzt Houssam N. für das Informationsportal „The New Humanitarian“ (Der neue humanitäre Helfer) verfasst hat. Das Medium veröffentlicht Reportagen über Hilfsorganisationen und die humanitäre Lage in Kriegs- und Krisengebieten. Der syrische Doktor arbeitet für die Organisation „Ärzte für Menschenrechte“ und ist für den Mittleren Osten und Nordafrika zuständig.
Der Autor befindet sich laut Ortszeile in Burtonsville, Maryland, im Westen der USA. Per Luftlinie liegt der Ort etwa 12.000 km von der Ukraine entfernt.
Wie kann der Autor wissen, was in der Ukraine geschieht? Was sind seine Quellen?

Berichten oder Meinung machen

Schon im Syrienkrieg fiel auf, dass die Berichterstattung vieler Medien oft aus dem Ausland, aus Istanbul, Beirut oder Kairo erfolgte. In europäischen Hauptstädten oder bei Konferenzen US-ame­rikanischer Denkfabriken wurde die Lage in Syrien analysiert und darüber diskutiert, wie die Zukunft des Landes aussehen solle, wenn – so das Ziel – der amtierende Präsident Assad gestürzt sei.

Was aber geschah oder geschieht in Syrien wirklich? Was geschah, was geschieht in der Ukraine?

Journalistisch gilt es, einen Konflikt, einen Krieg zu analysieren und zu verstehen, um darüber berichten zu können. Jeder Konflikt, jeder Krieg hat lokale, regionale und internationale Ebenen. Jede dieser Ebenen weist unterschiedliche Interessen auf und verschiedene Perspektiven.

Zum Verständnis der unterschiedlichen Interessen und Perspektiven verwenden Journalisten normalerweise die „7 journalistischen W-Fragen“, wobei sie darauf achten müssen, dass auf diese Fragen nicht aus dem subjektiven Verständnis des Journalisten geantwortet werden soll, sondern aus der Sicht der verschiedenen Akteure. Auch redaktionelle Vorgaben sind unzulässig, wenn es um Berichterstattung geht.

Bei den „W-Fragen“ handelt es sich um wer, was, wo, wann, wie, warum und woher stammt die Quelle? Wer hat etwas getan und wer hat unterlassen, etwas zu tun? Was hat er getan und was hat er unterlassen zu tun? Wo hat er es getan und wo sitzen die Akteure? Wann hat er es getan und wann hat er etwas nicht getan. Wie hat er es getan, militärisch, diplomatisch oder anders? Wie wurde etwas unterlassen? Warum hat er es getan, um den Hintergrund aller Akteure zu erhellen, und woher stammt die Information, das ist die Frage nach den Quellen.

Also: wer hat was wann, wo und wie getan, warum und woher weiß man es?

Doch damit ist es nicht getan, journalistische Berichterstattung ist mühsam. Ein Geschehen muss mit verschiedenen Quellen abgeglichen werden, über deren Herkunft und Glaubwürdigkeit ein Journalist sich versichern sollte. Journalisten müssen die Vorgeschichte eines Konflikts politisch, historisch, gesellschaftlich durchleuchten, um zu erfahren, warum etwas geschehen ist, wer mit wem verbündet, wer mit wem verfeindet ist usw. Bündnisse und Feindschaften können sich im Laufe eines Konflikts auch verändern, wenn die Interessen der Akteure sich verändern, was manchmal sehr plötzlich geschehen kann.

Journalisten müssen sich viele Fragen stellen, wenn sie seriös über das Geschehen in einem Kriegs- oder Krisengebiet berichten wollen, das dauert Zeit.

Doch die Medien heute setzen auf Tempo. Als Quellen dienen zunehmend „soziale Medien“ wie Twitter, Facebook, Instagram und Meldungen so genannter „Bürgerjournalisten“, deren Ausbildung und Herkunft nicht weiter erklärt wird. Vertreter von „Zivilgesellschaft“ zu sein, soll der Öffentlichkeit heute reichen, um deren Glaubwürdigkeit zu belegen. Reicht es wirklich?

Künstliche Intelligenz und digitale Analysen ersetzen zunehmend Kollegen vor Ort. Quellen in Deutschland stammen zunehmend von einer Seite und sind in einem Krieg oder Konflikt wie aktuell in der Ukraine einseitig. Sie stammen von westlichen Nachrichtenagenturen, aus westlichen militärischen oder humanitären Einsatzzentralen, also von der NATO oder der EU. Sie stammen von „Experten“, die mit Akteuren des Konflikts verbunden sind. So gehört beispielsweise der ukrainische Botschafter Melnyk zu einem fast ständigen Gast im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen.

Stimmen einer innerdeutschen oder innereuropäischen Kritik an dem Vorgehen der Europäischen Union oder Bundesregierung sind dagegen die Ausnahme. Nicht, weil es sie nicht gibt, sondern weil sie kaum Zugang zu Medien erhalten. Das Verbot zahlreicher Videoblogs und Internetportale während der Corona-Pandemie hat die Meinungsvielfalt in Deutschland enorm eingeschränkt.
Hinzu kommt das europaweite Verbot der russischen staatlichen Nachrichtensender RT Deutsch und Sputnik, die über das Internet und per Satellit verbreitet wurden.

Lesen Sie dazu auch: Karin Leukefeld zu Hintergründen der Sperrung des YouTube-Kanals von RT DE.

Die Sender sind über alternative Links noch zu erreichen, doch beispielsweise in Österreich ist auch die Weiterleitung von Meldungen der russischen Sender unter Strafe verboten.

Journalistische Regeln wie die „W-Fragen“ in Kriegs- und Krisenzeiten einzuhalten, ist schwierig, wenn Herkunftsländer der Medien involviert sind. Der aktuelle Krieg in der Ukraine ist ein Lehrstück dafür, wie Journalismus sich verändert und Medien zunehmend einseitig berichten. Sie benutzen bestimmte Begriffe, lassen bestimmte Gesprächspartner zu Wort kommen und werden so zu einem Sprachrohr einer Seite der Konfrontation. Die andere Seite wird ignoriert oder als Verursacher der Krise dargestellt.
Das geschieht, um die Bevölkerung des eigenen Landes „mitzunehmen“ und ggf. unpopuläre Regierungsentscheidungen abzufedern. Aus Journalismus wird Propaganda.

Syrien als Blaupause

Syrien war eine Art Blaupause. Viele Fragen musste man sich stellen, um den Konflikt, der 2011 begann, zu verstehen. Wollten alle Syrer den Präsidenten stürzen? Was waren die Forderungen der vielen verschiedenen Gruppen, die demonstrierten? Gab es Gespräche zwischen Oppositionellen und Regierung? Wenn ja, worüber, wenn nein, warum nicht? Was wollten die „Freunde Syriens“, was war das Ziel der Türkei oder Katars, die doch gerade noch so gut mit dem jungen Präsidentenpaar Assad befreundet waren? Haben die syrische Armee und deren Verbündeter Russland Krankenhäuser bombardiert? Woher kam die Meldung, was war tatsächlich geschehen? Wer setzte Giftgas ein, wer war für Massaker an Zivilisten verantwortlich? Wer untersuchte die Anschuldigungen, wer legte Beweise vor und wie wurden sie von wem bewertet?

Auch in der Ukraine gibt es viele Fragen: Warum marschierten russische Truppen ein und mit welchem Ziel? Warum konnte der Einmarsch und Krieg nicht verhindert werden? Wer hätte die Eskalation verhindern können und wie? Warum griff der UN-Generalsekretär nicht ein, um den Krieg zu verhindern? Welche Rolle spielt die Ukraine für Europa, welche für Russland? Bombardiert Russland Krankenhäuser? Wer sind die Milizen, die mit der ukrainischen Armee kämpfen? Warum gibt es aus Europa keine Verhandlungsangebote, sondern Waffen und Sanktionen? Und wenn es Verhandlungsangebote gibt, warum wird darüber nicht berichtet?

Ernsthafte und gut recherchierte Antworten auf diese und andere Fragen könnten die jeweiligen Konflikte und Eskalationen erklären und möglichen Vermittlern, wie beispielsweise bei der UNO, Ansätze für Verhandlungen bieten. Die Öffentlichkeit könnte diskutieren, nachfragen und mit eigenen Aktivitäten auf die Regierungen einwirken, um vermittelnd, nicht eskalierend einzugreifen.
Seriöse Medienberichterstattung bildet und trägt zu einer unabhängigen Meinungsbildung bei, die die demokratische gesellschaftliche Entwicklung fördert.

Aufklärung nicht gewollt

Weder bei der Krise und dem Krieg in Syrien noch jetzt bei dem Konflikt um die Ukraine geschah bzw. geschieht das. Aufklärung ist nicht gewollt. Meist werden die Angaben von denjenigen als wahr eingestuft, die als „die“ Oppositionellen (in Syrien) gelten. Angaben anderer Oppositioneller, der syrischen Regierung oder des verbündeten Russlands, das im UN-Sicherheitsrat vieles zur Sprache brachte und bringt, werden meist gar nicht genannt oder – oft kommentiert von „den“ Oppositionellen – als Lügen dargestellt.

In der Ukraine stufen die großen deutschen Leit- oder „Qualitätsmedien“ (O-Ton Ursula von der Leyen) die offizielle ukrainische Darstellung als richtig ein. Über die Video-Tageslosungen des ukrainischen Präsidenten Selenski wird prominenter berichtet als über kritische und oppositionelle Stimmen in Deutschland zur Vorgehensweise der Bundesregierung und der EU-Kommission. Rufe nach Waffen und Eskalation verdrängen die Stimmen für Dialog und Abrüstung, die gerade jetzt bei den traditionellen Ostermärschen zu hören waren.

Unabhängige Untersuchungen

Der anfangs genannte syrische Arzt Al Nahhas von den „Ärzten für Menschenrechte“ behauptet, seine Organisation habe seit März 2011 in Syrien 601 Angriffe auf 400 medizinische Einrichtungen dokumentiert. In der Ukraine, wo der Krieg am 24. Februar 2022 begonnen hat, sollen seinen Angaben zufolge in wenigen Wochen bereits 119 Angriffe auf medizinische Einrichtungen stattgefunden haben.
Als Quelle nennt der Autor die Weltgesundheitsorganisation WHO. Aktuelle Angaben der WHO liegen nicht vor. ***)

Die Deutsche Welle berichtet unter Berufung auf das ukrainische Gesundheitszentrum Anfang April 2022 von mindestens 100 solcher Angriffe. Der Bericht mit Bildern und zahlreichen Aussagen von medizinischem Personal ist bedrückend. Und doch fehlen unabhängige Beweise, denn die Angaben über das Geschehen stammen nur von einer Seite. Die andere Seite – Russland – dementiert, schweigt oder fordert unabhängige Aufklärung. Im UN-Sicherheitsrat hat der russische UN-Botschafter wiederholt ausführliche Erklärungen vorgetragen. Darüber berichten deutsche „Qualitätsmedien“ kaum.

Sowohl in Syrien als auch in der Ukraine hat die russische Armee erklärt, dass Kliniken oder andere zivile Gebäude, wie beispielsweise ein Theater (Mariupol) oder eine Schule, militärisch genutzt worden seien. Tatsächlich verlieren zivile Einrichtungen wie ein Krankenhaus oder eine Schule ihren von der Genfer Konvention garantierten geschützten Status, wenn das Gebäude für militärische Zwecke benutzt wird.

Das geschieht in Kriegs- und Krisengebieten nicht selten durch nichtstaatliche Akteure, die dort gute räumliche und logistische Bedingungen vorfinden. Wenn sie über den geschützten Status dieser Einrichtungen informiert sind, hoffen sie auch, davon zu profitieren und selber geschützt zu sein.

Krankenhäuser sind zudem Anlaufstelle für zivile Schutzsuchende in unübersichtlichen Situationen, in denen militärische Akteure unterschiedlicher Seiten die Kontrolle ihrer Umgebung übernommen haben. Das medizinische Personal sieht sich dann von verschiedenen Seiten unter Druck, um den Menschen zu helfen.

Die russische Armee, die aktuell in der Ukraine als auch in Syrien von der gegnerischen Seite immer wieder beschuldigt wurde und wird, Kriegsverbrechen begangen und Krankenhäuser angegriffen zu haben, verweist darauf, dass Einrichtungen, die von ihr angegriffen wurden, militärisch genutzt worden seien. Die andere Seite weist diese Darstellung zurück und bezeichnet die russische Armee als „barbarisch und grausam“. Russland müsse wie die syrische Regierung und Armee als „Kriegsverbrecher“ vor den Internationalen Strafgerichtshof gebracht werden.

„Assad tötet sein eigenes Volk“, wurde und wird von zahlreichen Regierungschefs und Politikern der Europäischen Union behauptet, die so die politische Isolation Syriens und die Knebelung der syrischen Wirtschaft und des Wiederaufbaus durch anhaltende Wirtschaftssanktionen begründen. Russland wird beschuldigt, den syrischen Präsidenten Assad zu unterstützen, seine Verbrechen zu decken und damit selber Kriegsverbrechen zu begehen. Beweise gibt es nicht.

Unabhängige Untersuchungen wie der UNO, der OSZE oder des IKRK finden nicht statt oder man erfährt davon nicht. In den Medien ist der Nachweis von Verbrechen in Kriegs- und Krisenregionen der Behauptung gewichen, dass etwas stattgefunden hat. Das schürt die Emotionen und führt inzwischen direkt zu wirtschaftlichen Strafmaßnahmen und eskalierenden Entscheidungen wie Waffenlieferungen.
Konnte die UN-Vetomacht Russland in Sachen Syrien im UN-Sicherheitsrat viele solcher Behauptungen und Angriffe abwehren, steht Russland in Sachen Ukraine selber am Pranger.

Das Ziel ist der Kopf

Die Rolle der Medien in der US-dominierten westlichen Welt hat sich entsprechend ihrer Einbindung in eine konfrontative Politik und „hybride Kriegsführung“ deutlich verändert. Anstatt Unrecht, Heuchelei und Lüge aufzuzeigen und alle Seiten zu Wort kommen zu lassen, damit die Öffentlichkeit sich ein Bild machen und verstehen kann, begleiten Medien wie die Kriegstrommler und Trompeter früherer Heere politische Krisen und drängen zur Eskalation. „Mediale hybride Kriegsführung“ zielt auf den Kopf jedes Einzelnen. **)

Im März 2015 – nach dem Putsch gegen die ukrainische Regierung und nach dem Krim-Referen­dum für die staatliche Zusammenführung mit Russland – hatten die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Länder ein „einzigartiges und starkes Mandat“ auf den Weg gebracht, um „Russlands laufenden Desinformationskampagnen entgegenzuwirken“.

In Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und den Organen der EU wurde von der EU-Kommission ein Aktionsplan über strategische Kommunikation ausgearbeitet. Es wurde eine East StratCom Task Force gegründet, die Desinformationen bekämpfen sollte, die die EU in Gefahr brächten. Als Ursprungsort von Desinformationen wurde einzig (!) Russland benannt.

Ergänzt wurde die Arbeit dieser medialen Sondereinsatztruppe durch das Zusammenrücken von EU und NATO, die ihrerseits die „Hybride Kriegsführung“ ausbaute. Um Druck auf gesellschaftliche Gegenspieler oder einen anderen Staat auszuüben, werden zahlreiche Mittel, Methoden und Instrumente eingesetzt, wie der österreichische Brigadier Walter Feichtinger erklärt.

Akteure sind demnach Medien, es ist der Cyberbereich, es sind Manipulationen bis hin zu Sanktionen im Wirtschafts-, Energie- und Finanzbereich, es sind Diplomaten und Politiker und es ist die Förderung bestimmter Gruppierungen in der Bevölkerung des jeweils anderen Staates – der österreichische Offizier spricht von „Volksgewalt“ – die auf unterschiedliche Weise – bis hin zur Bewaffnung – gefördert werden, um Unruhe im gegnerischen Land zu schüren.

Den Blick weiten

Westliche Regierungen und Medienunternehmen in den USA, EU und einigen arabischen Golfstaaten entfalteten während des Krieges in Syrien ein Arsenal an Manipulation und Propaganda, dem Journalisten, die aus Syrien berichteten, nicht gewachsen waren. Mit dem Krieg in der Ukraine ist die Lage um ein Vielfaches eskaliert. Russische Medien wurden als Quelle angeblicher Desinformation schon vor dem Krieg von den USA, GB und EU verboten. Ein Tsunami einseitiger Darstellung reißt politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Brücken zu Russland ein. Die internationale Ordnung nach dem 2. Weltkrieg wankt.

Medien sind Instrumente hybrider und direkter Kriegsführung geworden. Will man dem entgehen, empfiehlt es sich, in die Medien anderer Länder in anderen Kontinenten zu blicken. Das fördert das Verständnis über den Blick anderer auf das Geschehen. Und wir in Deutschland lernen etwas über uns.
Der Blick auf die Perspektive anderer ist ein gutes Korrektiv und hilft, den medialen Angriff „der Eigenen“[*] auf den Kopf abzuwehren.

[«*] Wann der Krieg beginnt, kann man wissen, aber wann beginnt der Vor-Krieg. /Falls es da Regeln gäbe, müsste man sie weitersagen. / In Ton, in Stein eingraben, sie überliefern. / Was stünde da. Da stünde unter anderen Sätzen: Lasst euch nicht von den Eigenen täuschen. (Christa Wolf, Kassandra)

**: Vgl. https://josopon.wordpress.com/2019/10/23/lakaien-des-kapitals-journalisten-und-politiker-weltanschaulich-eng-miteinander-verbunden/ und
https://josopon.wordpress.com/2016/09/27/salven-aus-den-verlagshausern-der-anteil-der-medien-an-den-kriegen-des-westens/

und https://josopon.wordpress.com/2015/09/02/mietmauler-und-sprachrohre-der-kriegstreiber-gehoren-in-keine-deutsche-redaktion/

Teil 2 –

https://www.nachdenkseiten.de/?p=83235

Als die Unruhen in Syrien 2011 zu einem Krieg wurden, zogen USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, die EU und Verbündete am arabischen Golf sowie sieben der NATO-Allianz ihre Botschafter, Staatsangehörigen, Unternehmen, private und staatliche Organisationen der Kultur-, Bildungs- und Entwicklungszusammenarbeit ab. Auch Journalisten wurden von ihren (abziehenden) Botschaften in Damaskus als auch von staatsnahen Medien zur Ausreise aufgefordert. Es blieben russische, chinesische, iranische, wenige arabische und lateinamerikanische Medien. Auch die Autorin, die 2010 als deutsche Korrespondentin akkreditiert worden war, blieb.

Wie aus dem Nichts tauchten „Bürgerjournalisten“, Blogger und Bloggerinnen sowie unabhängige Medienzentren auf, die mit verwackelten Bildern die Lage in Syrien beschrieben. Stellvertretend sei hier an ein „Lesbisches Mädchen aus Damaskus“ erinnert, das nach wochenlangen Blogs über Demonstrationen und Gewalt angeblich vom syrischen Geheimdienst entführt worden sein sollte. Es stellte sich heraus, dass der Blog tatsächlich von einem Amerikaner ins Netz gestellt worden war.

Umfangreiche Unterstützungsprogramme der EU u.a. mit der britischen BBC für syrische Journalisten wurden bekannt. Kameras, Laptops, Satellitentelefone wurden ins Land geschmuggelt und mit Anleitungen darüber verteilt, was, wie und wo gefilmt werden sollte, wie ein junger Mann der Autorin berichtete. Manche enthusiastischen jungen Leute wurden bei der Einreise an der Grenze mit unangemeldeten Geräten erwischt und landeten im Gefängnis. Andere lehnten die Mitarbeit mit den oft anonymen „Auftraggebern“ im Ausland nach anfänglichem Interesse ab.

Viele der neuen Medienzentren arbeiteten in Gebieten unter Kontrolle der bewaffneten Opposition und schließlich auch direkt mit den „Weißhelmen“ zusammen.

Die Organisation war von einem britischen ehemaligen Armeeoffizier gegründet worden und galt als „syrischer Zivilschutz“, obwohl es – ähnlich wie der Syrische Arabische Rote Halbmond – schon seit den 1950er Jahren einen syrischen Zivilschutz gab. Die „Weißhelme“ bestimmten zunehmend die westliche Sichtweise auf das Geschehen in Syrien und wurden in der EU u.a. mit dem Sonderpreis des „Deutsch-Französischen Preises für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit ausgezeichnet.
Viele EU- und NATO-Staaten, vor allem Großbritannien, Holland, Frankreich und Deutschland sowie die USA, finanzierten die „Weißhelme“ mit großen Geldsummen.

2019 trat Weißhelme-Leiter Riad al-Saleh mit dem heutigen Kiewer Bürgermeister Witali Klitschko bei der »BILD100 Sommerparty« in Berlin auf. Zwei Tage vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine versicherte Al-Saleh angesichts der »russischen Aggression« dem Land die Solidarität seiner Organisation. Man „stehe fest an ihrer Seite, hieß es auf der Webseite der Organisation. Man sei zur Unterstützung bereit.

Bis heute gilt die „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ neben den „Weißhelmen“ als Quelle Nummer eins über das Geschehen in Syrien. Nach eigenen Angaben verfügt die Einrichtung über „ein Netz von Informanten in Syrien“. Finanziert wird die 2006 in London gegründete Beobachtungsstelle u.a. vom britischen Außenministerium und der EU. Heutiger Sitz ist Coventry (London), Leiter ist der Oppositionelle Rami Abdulrahman, der 2020 für seinen „herausragenden Mut“ den Nannen-Sonderpreis erhielt.

Interessensgelenkte Information

Das, was der europäischen Öffentlichkeit in den letzten zehn Jahren aus Syrien über nicht offizielle, scheinbar von der Zivilgesellschaft zusammengetragene Informationen vermittelt wurde, war nicht vollständig, aber doch zu einem großen Teil von westlichen nationalen Regierungen, großen Medienkonzernen und EU-Institutionen finanziert und ausgewählt worden. Die syrische Seite wurde als unglaubwürdig dargestellt, ebenso Medien ihrer Partner wie Russland oder Iran. Die syrische Regierung und insbesondere Russland wurden für alles verantwortlich gemacht, was in dem zehnjährigen Krieg an Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten geschah.

Russia Today, der 2005 gegründete russische, staatlich finanzierte Nachrichtensender, der in Englisch, Französisch, Spanisch, Arabisch und Deutsch ausgestrahlt wird und bei zahlreichen Themen ein wichtiges Korrektiv zu der westlich dominierten Medienphalanx darstellt, wurde als „Quelle russischer Desinformationen“ im Herbst 2021 von der EU-Kommission, in Großbritannien und auch in den USA verboten.

Das Verbot russischer Medien in der westlichen Welt ist nur eine Maßnahme im aktuellen Informations- und Medienkrieg zwischen dem US-geführten Block aus NATO, EU und Partnern auf der einen und aktuell Russland auf der anderen Seite. Die Bürger Europas sind damit konfrontiert, dass EU- und NATO-Institutionen, die sie nie gewählt haben, die Öffentlichkeit mit Hilfe von Medien ihren interessensgelenkten Sichtweisen unterwirft.

Seit dem Irakkrieg 2003, in dem Lügen über angebliche Massenvernichtungswaffen und Kriegsverbrechen der US-Armee noch von kritischen Medien und Whistleblowern aufgedeckt und nicht zuletzt von Wikileaks und Julian Assange weltweit verbreitet wurden, haben USA, EU und NATO-Staaten eine Armee medialer Einsatztruppen aufgestellt, die heute den „Informationskrieg“ gegen Russland, perspektivisch auch gegen China und in Zukunft vermutlich gegen alle Staaten und Staatschefs anführen sollen, die eigene Interessen gegenüber dem westlichen Block geltend machen.
Syrien war nur eine Station auf dem Weg hin zu dem, wie heute der Konflikt um die Ukraine „strategisch kommuniziert“ wird. Unter der Kontrolle von Staaten und Militär bedeutet das Propaganda. Ein neues EU-Gesetz soll die Informationsfreiheit weiter einschränken.

Die Öffentlichkeit im europäischen Mitglieds- und Einzugsbereich kann schon heute nicht mehr frei ihre Informationsquellen wählen.

Der Eingriff in die Informationsfreiheit bedeutet, dass man „nicht weiß, was man von Politik und Medien erfährt und was man nicht erfährt“, wie der Kollege Peter Hitchens von der britischen „The Mail on Sunday“ sagt. Oder dass man nicht weiß, was man nicht erfahren soll.

Medienzentrum oder Werbeagentur

Das Ukraine Crisis Media Center, ein Medienzentrum über die Krise in der Ukraine (UCMC uacrisis.org), ist nur eines von zahlreichen Beispielen von staatlich gelenkten neuen Medien. UCMC verbreitet Informationen über Ereignisse in der Ukraine und konzentriert sich nach eigenen Angaben dabei auf die nationale militärische Sicherheit, Wirtschaft, Energie und humanitäre Themen. Gegründet 2014 und finanziert von zahlreichen westlichen Regierungsstellen will das UCMC Medienvertreter in aller Welt, die über die Ukraine berichten wollen, mit Material beliefern. Neben Journalisten gehören „zivilgesellschaftliche Aktivisten, Experten, Politiker anderer Länder, Regierungsvertreter und Diplomaten“ zur Zielgruppe des UCMC. Seit Juli 2014 hat das Zentrum nach eigenen Angaben tägliche Presseerklärungen von Regierungsvertretern über die militärische Entwicklung in der Ukraine verbreitet und verweist als Beleg dafür auf Links zu internationalen Medien wie Newsweek.

Bei einer beeindruckenden Zahl von 2500 Presseveranstaltungen mit mehr als 6000 Rednern und Rednerinnen in nur zwei Jahren (Stand 2016) präsentierte das Medienzentrum bekannte US-Po­litiker wie Senator John McCain, US-Staatssekretärin Victoria Nuland oder den (ehemaligen) EU-Botschafter in der Ukraine, Jan Tombinski. Die Erklärungen werden von der „Abteilung für Internationale Öffentlichkeitsarbeit“ in zahlreiche Sprachen, namentlich Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch, Italienisch und Portugiesisch übersetzt. Journalistenreisen werden organisiert, internationale Konferenzen, Infographiken, Analysen, Newsletter u.a.m. werden verbreitet, die sich in verschiedenen internationalen Medien und Internetportalen wiederfinden. Zwischenstaatliche Medien- und Informationsbeziehungen werden gestärkt, wie das UCMC in seiner Selbstdarstellung mitteilt.
Als Beispiel wird auf eine Informationskampagne über die Ukraine in den Niederlanden 2016 verwiesen, die auch Pressereisen für holländische Journalisten durch die Ukraine umfassten. Anlass war das Referendum über ein Assoziierungsabkommen zwischen EU und Ukraine. 2016 hatten die Holländer sich mit 60 Prozent dagegen entschieden, ein solches Abkommen mit der Ukraine zu unterzeichnen. Ein Jahr später hatte sich der Wind gedreht.

Tatsächlich ist das Medienzentrum UCMC weniger ein Informationszentrum für Medien, als vielmehr eine Werbe- und PR-Agentur, die im Ausland für die Interessen der politischen Führung in der Ukraine wirbt, die 2014 durch einen Putsch an die Macht gelangt war. Westliche Medien und Politiker sprechen von einer „Revolution“.

Welche Richtung die UCMC-Werbung nimmt, ist an seinen „Informationsangeboten“ seit dem Beginn des Einmarsches russischer Truppen in die Ukraine am 24. Februar 2022 zu verfolgen. In einem täglichen Update findet Frontberichterstattung statt, die nicht überprüft werden kann. Das Gleiche gilt für die Zahlen von Flüchtlingen, Toten, Eingeschlossenen, Verschwundenen. Immer wieder wird die Forderung nach mehr und besseren Waffen verbreitet, Reden von Staatschef Selensky werden veröffentlicht, die er auch vor zahlreichen Parlamenten und vor der UNO gehalten hat. Zudem gibt es einen Link zu einer „International Legion of Defense of Ukraine“, einer Webseite, auf der sich Ausländer informieren können, die (militärisch) „die Sicherheit Europas“ in der Ukraine verteidigen wollen.

Seine „Vision“ beschreibt UCMC als „freie und demokratische Welt“, in der die Ukraine „Vorposten der Freiheit und demokratischen Entwicklung Osteuropas“ sein soll. Die Ukraine solle ein Land sein, „von dem die Sicherheit und Zukunft der Demokratie in der Welt abhängt“. Zu seinen „Werten“ gehört demnach, „niemals die russischen Darstellungen (original: „narratives“) und (den russischen) Imperialismus zu unterstützten“ und niemals „russische Gelder für die Arbeit zu akzeptieren“. Man werde „nie lügen“, an „keinen politischen Kampagnen teilnehmen“ und „niemals die Niederlage akzeptieren“.****)

Seit seiner Gründung 2014 wurde die Nicht-Regierungsorganisation UCMC und sein Pressezentrum von einer Vielzahl internationaler Geldgeber unterstützt. Dazu gehören nach eigenen Angaben die US-Agentur für Hilfe US-AID, die dem US-Außenministerium untersteht; die vom US-Kongress finanzierte Denkfabrik National Endowment for Democracy, NED; die NATO, UNICEF, der German Marshall Fund/Black Sea Trust, UNHCR, die deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, GIZ, die von der Bundesregierung finanziert wird sowie die Botschaften der USA, Niederlande, Schweiz, Finnland, Norwegen, Schweden und Deutschland. ***).
Auch die Heinrich-Böll-Stiftung unterstützt UCMC, ebenso das britische Institut for Statecraft („Staatskunst“) und eine in Tschechien gegründete Denkfabrik für Europäische Werte.

Inside_Corona***: Viele dieser Einrichtungen hat Thomas Röper in seinem neuen Buch über die Corona-Pandemie erwähnt. Dass dieselben Einrichtungen, die für die Volksverdummung des Westens seit dem Staatsstreich in der Ukraine 2014 aufgebaut worden sind, sich auch zur globalen Durchsetzung von Interessen der Pharmakonzerne ausgenützt werden, ist sicher kein Zufall. Auch die WHO ist sehr stark von der Pharma- und Informationsindustrie abhängig.

****: Dazu passend https://www.anti-spiegel.ru/2022/ukraine-journalisten-werden-erschossen-oder-verschwinden-opposition-wurde-verboten/

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Jochen

Warum die USA mehr Interesse an einer russischen Ukraine-Invasion haben als Putin – Interview mit Chrustschows Urenkelin

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Aktuell aus dem Stern: https://www.stern.de/politik/ausland/russland-expertin—die-usa-haben-groesseres-interesse-an-einer-russischen-invasion-als-putin–31632222.html

Auszüge:

Wladimir Putin sieht sich selbst als genialen Geo-Strategen. Doch in der Ukraine-Krise werden die Fäden in Washington gezogen, sagt Professorin für Internationale Politik Nina Chruschtschowa.
Die Urenkelin des sowjetischen Führers Nikita Chruschtschow ist sicher: Putin plant keinen Krieg. Dennoch reiche ein Funke, damit die Ukraine brennt.

16. Februar, 3 Uhr morgens: Dann sollte mitten in Europa ein Krieg beginnen. Die US-Geheimdienste schrien am vergangenen Dienstag im dröhnenden Alarm in die Welt hinaus: Eine russische Invasion würde nur noch wenige Stunden entfernt sein, trotz aller diplomatischer Verhandlungsversuche und eines angekündigten Abzugs des russischen Militärs von der ukrainischen Grenze.

Am 16. Februar ist an der ukrainischen Grenze alles still geblieben. Absolut vorhersagbar, sagt Nina Chruschtschowa. Die Professorin für Internationale Politik an der New School in New York und Urenkelin des sowjetischen Politikers Nikita Chruschtschow war sich von Beginn der neuen Eskalationsrunde in der Ukraine-Krise an sicher: Putin plant keine Invasion in der Ukraine.
Aber warum dann der Alarmismus aus den USA? Dahinter steckt eine klare Strategie, sagt die Expertin für internationale Beziehungen.
Welche Ziele die USA verfolgen könnten, erklärt sie im Gespräch mit dem stern.

Wladimir Putin sieht sich selbst als genialen Geo-Strategen. Doch in der Ukraine-Krise werden die Fäden in Washington gezogen, sagt Professorin für Internationale Politik Nina Chruschtschowa. Die Urenkelin des sowjetischen Führers Nikita Chruschtschow ist sicher: Putin plant keinen Krieg. Dennoch reiche ein Funke, damit die Ukraine brennt.

16. Februar, 3 Uhr morgens: Dann sollte mitten in Europa ein Krieg beginnen. Die US-Geheimdienste schrien am vergangenen Dienstag im dröhnenden Alarm in die Welt hinaus: Eine russische Invasion würde nur noch wenige Stunden entfernt sein, trotz aller diplomatischer Verhandlungsversuche und eines angekündigten Abzugs des russischen Militärs von der ukrainischen Grenze.

Am 16. Februar ist an der ukrainischen Grenze alles still geblieben. Absolut vorhersagbar, sagt Nina Chruschtschowa. Die Professorin für Internationale Politik an der New School in New York und Urenkelin des sowjetischen Politikers Nikita Chruschtschow war sich von Beginn der neuen Eskalationsrunde in der Ukraine-Krise an sicher: Putin plant keine Invasion in der Ukraine. Aber warum dann der Alarmismus aus den USA? Dahinter steckt eine klare Strategie, sagt die Expertin für internationale Beziehungen. Welche Ziele die USA verfolgen könnten, erklärt sie im Gespräch mit dem stern.

stern: Dr. Chruschtschowa, die westliche Welt schaut seit Wochen gebannt auf die ukrainische Grenze und rätselt darüber, was für Pläne Wladimir Putin in seinem Bunker ausbrüten mag. Die USA haben sogar ein genaues Datum für einen russischen Einmarsch genannt: 16. Februar, 3 Uhr morgens. Stand ein russischer Angriff unmittelbar bevor?

Chruschtschowa: Ich bin zutiefst überzeugt, dass es keine Invasion geben soll und geben wird. Ich kann mich wahnsinnig täuschen. Aber wie ich Russland kenne, gibt es für Moskau keinen Grund, einen Krieg zu wollen. Für mich sieht es nach einer gezielten US-amerikanischen Kampagne aus. Die Entwicklungen der letzten Wochen erinnern in erschreckender Weise an das Vorspiel des Irak-Krieges. Damals machten die USA die Welt glauben, Saddam Hussein verfüge über biologische und chemische Massenvernichtungswaffen, was sich als Lüge entpuppte. Jetzt beschwört man die Gefahr einer russischen Invasion in die Ukraine herbei.

Was würde das den USA nützen?

Hinter dieser Strategie sehe ich gleich mehrere Interessen stehen. Zum einen mussten viele Akteure der aktuellen US-Regierung 2014 eine herbe Demütigung einstecken, als Putin die Krim annektierte.
Sie befinden sich auf einem persönlichen Vergeltungszug, um ihre Schmach wiedergutzumachen, darunter die Staatssekretärin im Außenministerium für politische Angelegenheiten, Victoria Nuland, und Außenminister Anthony Blinken.
Der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan hasst bekanntlich Putin aus tiefsten Herzen. Er will aus Putin am liebsten den nächsten Saddam Hussein machen.

Zum anderen gilt nach wie vor: Ein Präsident, der Krieg führt, bleibt an der Macht. Der Rückzug der Amerikaner aus Afghanistan hat Joe Biden geschädigt. Um sein Image wieder aufzupolieren, braucht man einen neuen Schützling. Die Ukraine ist da der perfekte Kandidat. Sie liegt mitten in Europa, ist aber weit genug von der eigenen Haustür entfernt.

Der Schutz der Ukraine allein wird aber weder Vergeltung für die einen bringen noch den anderen die Macht sichern.

Ich denke, in Washington hat man beschlossen, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um Putin in die Knie zu zwingen. Die Vergiftung der Skripals, der Anschlag auf Nawalny – da gibt es genug, was die Amerikaner nicht mehr dulden wollen. Und man muss klar sagen: Die USA lieben es, für Machtwechsel zu sorgen.
Putin kann dieses Vorhaben naturgemäß nicht gefallen. Er will nicht ausgewechselt werden. Deswegen versucht er mit allen Mitteln, die USA von sich fernzuhalten.

Und die Amerikaner versuchen ihrerseits alles, um ihn zu einem Fehler zu verleiten. Sodass er tatsächlich in die Ukraine einmarschiert. Washington spekuliert darauf, dass in diesem Fall Putin sich so sehr im eigenen Land unbeliebt macht, dass die Russen ihn stürzen. Dieser Tango wird von Washington und Moskau im Duo getanzt. Die Leidtragende ist die Ukraine.

Aber wer hat den Tango angefangen?

Ursprünglich war es Putin, der mit der Annektierung der Krim, den Konflikt ausgelöst hat. In der aktuellen Zuspitzung der Krise haben jedoch die USA den Tanz eröffnet. Sie haben Truppenbewegungen beobachtet und haben entschieden, Alarm zu schlagen.
Damit fährt Washington in jedem Fall sicher. Eskaliert die Lage, so muss sich die US-Regierung nicht den Vorwurf gefallen lassen, sie hätte nichts von dem aufkommenden Sturm bemerkt – wie es 2014 bei der Annektierung der Krim passiert ist. Kommt es zu keiner Eskalation, wird sich Washington auf die Fahnen schreiben, man habe Europa vor einem Krieg bewahrt.
Putin blufft. Aber die USA geben vor, nicht zu erkennen, dass es ein Bluff ist.

Das würde bedeuten, dass Washington die russischen Manöver als Vorwand nutzt, um eine Kriegsgefahr mitten in Europa vorzugaukeln.
Aber warum spielt dann Putin mit? Mit einer Verlegung der Truppen könnte er der US-Regierung jeden Wind aus den Segeln nehmen.

Putin ist Putin. Wenn die USA sagen, er könne die amerikanische Demokratie vorführen, dann macht er das. Wenn die USA sagen, dass russische Truppen an der Ukraine-Grenze stehen, dann beordert er sie dahin. Er macht sich einen Spaß daraus.
Kreml-Sprecher Peskow witzelte zuletzt, ob die USA Putin nicht noch verraten wollen, wann die Invasion stattfinden soll. Das ist der Humor Putins. In seinem Bunker lacht er sich schlapp. Wenn ihr wollt, bitte schön. Das ist seine Denke.

Zudem bekommt er das, was er so sehr liebt: Aufmerksamkeit, Kniefälle, Visiten der westlichen Staatsoberhäupter.
Putin ist süchtig nach Anerkennung. Er profitiert von der andauernden Krisensituation. Für ihn ist sie die Gelegenheit, giftige Pfeile in die Beziehungen der westlichen Staaten zu jagen.
Das ist ein Spiel, von dem der ehemalige KGB-Niemand nur träumen konnte.

Putin muss sich als der Nabel der Welt fühlen. So präsentiert er sich zumindest seinem heimischen Publikum. Warum geben die USA ihm aber diese Bühne?

Aus Eigennutz. Das Ziel ist, Russland zum Feind Nr. 1 zu stilisieren. Putin soll auf einer Linie mit Saddam Hussein und Kim Jong Un gebracht werden.
Dann können die USA Russland sanktionieren, wie immer sie wollen.

Aber die USA könnten auch jetzt schon für sich allein jegliche Sanktionen gegen Russland verhängen. Anlässe und Gründe gebe es genug.
Versucht Washington mit dieser Strategie Europa hinter sich zu bringen? Etwa was Nord Stream 2 angeht. Den Bau der Pipeline wollten die USA von Anfang an verhindern.

Europa spielt in diesem Spiel eine große Rolle. Die USA müssen Europa hinter sich vereinen. Und hierfür müssen sie Putin dazu bringen, wenigstens einen Fingerbreit auf ukrainisches Territorium vorzudringen. Wenn das geschieht, werden sich alle hinter Washington zusammenschließen.

Sind es also die USA, die von einer russischen Invasion in der Ukraine profitieren würden?

Ja, die USA haben ein viel größeres Interesse an einer Invasion als Putin. Ich weiß, das ist eine sehr rigorose Position, aber bislang sehe ich nichts, was das Gegenteil bedeuten würde.
Wozu bräuchte Putin einen Krieg? Wozu bräuchte er Kiew? Wozu sollte er ein Land einnehmen wollen, dessen 40 Millionen Einwohner, ihn aus tiefstem Herzen hassen?

Ich könnte erklären, wozu er die Krim braucht, oder sogar den Donbass. Aber Kiew? Nein. Er hat überhaupt kein Motiv.
Ich bestreite nicht, dass Putins Russland ein Imperium des Bösen ist. Aber die USA sind auch kein Imperium des Guten.

Dass die USA so präzise den Tag und sogar die Uhrzeit einer Invasion prognostiziert haben, aber ohne einen einzigen Beweis dafür vorzulegen, ist tatsächlich auf Skepsis gestoßen.

Betrachten wir doch die chronologische Abfolge des Geschehens. Macron verkündet nach dem Treffen mit Putin „Mission vollendet“. Kurz darauf erklärt Biden: Nein, am 16. Februar wird Putin einmarschieren. Macron soll schließlich auf keinen Fall die Lorbeeren für die Bändigung Putins bekommen.

Wenig später verkündet der russische Verteidigungsminister, dass die Übungen in Belarus zu Ende gehen und man die Truppen danach abzieht. Da erklärt Boris Johnson, man stünde praktisch am Abgrund. Jedes Mal, wenn es also Zeichen der Entspannung gibt, tauchen die Angelsachsen auf und erklären alles für nichtig.

Wenn man es so liest, dann scheint Washington nicht an einer Entspannung der Situation interessiert zu sein.

Gods_Own_CountryIn meinen Augen wird die Krise von den USA angefacht. Amerika braucht den Krieg. Es ist eine Cowboy-Kultur. Zudem werden diese Kriege woanders geführt, nicht in Amerika.
Ein Krieg würde Biden eine zweite Amtszeit garantieren. Ganz nach dem Szenario von Bush, der 2004 wiedergewählt wurde.

Zudem ist Russland der perfekte Sündenbock. Wenn Trump gewählt wird, sind die Russen schuld. Wenn Amerikaner in Afghanistan sterben, sind die Russen schuld. Leiden Diplomaten am Havanna-Syndrom, sind die Russen schuld. Russland ist an vielem Schuld, aber nicht an allem.

In Moskau sind nun Witze über die Ankündigungen konkreter Daten eines angeblichen Angriffs durch die US-Geheimdienste en vogue geworden. Im Westen spekuliert man derweil, ob es in Moskau nicht einen Maulwurf gibt, der die USA mit Informationen versorgt.
Könnte es aber nicht sein, dass Putin sich einen Spaß gönnt und die Informationen den USA extra zuspielt? Gerade wenn man annimmt, dass die Situation im Kreml wie ein spaßiges Spiel aufgenommen wird.

Absolut! Ich denke in dem Theater, was da seit drei Monaten gespielt wird, ist vieles auf diese Mentalität zurückzuführen. Putin liebt Verspottung dieser Art. Er schickt mal seine Panzer dahin, mal dahin, und schaut zu, wie die Amerikaner ihm hinterher hecheln. Er wirft das Stöckchen, und die Gegenseite jagt hinterher.

Wenn Putin etwas machen will, dann macht er das einfach. Das hat man 2008 (Einmarsch in Georgien) gesehen, das hat man 2014 (Annektierung der Krim) gesehen. Und die Welt erfährt es am nächsten Tag, wenn alles vollzogen ist.
Aber dieses andauernde Spiel? Ich denke, hier verhält es sich ähnlich wie mit Putins Auftritten, wo er mit entblößten Männerbüsten durch Sibirien läuft.
Es ist eine Inszenierung, die alle sehen sollen. Alle sollen sich den Kopf zerbrechen, was es soll. Wenn es nicht so gefährlich wäre, könnte man darüber lachen. Aber angesichts der Lage ist dieses Spiel erschreckend.

Wirft man einen Blick in die Geschichte, stellt man fest, dass viele Kriege von Nichtigkeiten, Missverständnissen oder Unachtsamkeit ausgelöst wurden.
Aus einem Funken wird schnell ein Feuer, wenn der Zunder trocken ist.

Das ist auch die Gefahr, die ich sehe. Auch wenn Putin ursprünglich keinen Angriff geplant hat, in so einer aufgeladenen Situation reicht ein falscher Schritt und es herrscht Krieg.

Haben sie ihren Großvater Nikita Chruschtschow noch kennengelernt?

Ja, das habe ich. Als Kind erzählte er mir noch von den Vorzügen des kommunistischen Systems.

Was würde er zu der heutigen Politik Russlands sagen?

Er wäre entsetzt. Über die Annektierung der Krim wäre er schockiert. Als 1968 sowjetische Panzer in die damalige Tschechoslowakei geschickt wurden, und das nachdem 1956 er selbst die Panzer nach Ungarn geschickt hatte, sagte er: „Es sind zwölf Jahre vergangenen, aber wir haben nichts gelernt.“
Die Ungerechtigkeit der sowjetischen Politik hat ihn in seinen späteren Jahren sehr beschäftigt.

Was ist mit der aktuellen Situation an der ukrainischen Grenze?

Über die aktuelle Zuspitzung der Krise wäre er ebenso entsetzt. Er und John F. Kennedy haben die Kuba-Krise innerhalb von 13 Tagen beendet, aus Entsetzten vor dem, wozu Muskelspiele führen könnten. Aber heute dauert das Säbelrasseln zwischen Washington und Moskau nun drei Monate an.
Jetzt stehen an der Grenze zu Ukraine erboste, verunsicherte und verängstigte Generäle. Da braucht nur einer die Nerven zu verlieren.

Nina Chruschtschowa

Nina Chruschtschowa ist Professorin für Internationale Politik an der New School in New York. Sie ist Senior Fellow des World Policy Institute.
Nach Erwerb ihres Doktortitels an der Princeton University, hatte sie eine zweijährige Anstellung als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der School of Historical Studies des Institute for Advanced Study in Princeton und war dann stellvertretende Herausgeberin der East European Constitutional Review an der NYU School of Law.

Nina Chruschtschowa kam am 1. August 1962 in Moskau zur Welt und ist eine Urenkelin des sowjetischen Politikers Nikita Chruschtschow. Bevor sie in die USA auswanderte, studierte sie Russisch an der Lomonossow-Universität Moskau mit einem Abschluss im Jahr 1987.
Nikita Chruschtschowwarvon 1953 bis 1964 als Erster Sekretär der KPdSU der mächtigste Politiker der Sowjetunion.

Anmerkung: Vieles kann ich natürlich nicht teilen. Aber es ist schon interessant, darauf hinzuweisen, wer langfristig der Profiteur des Spiels sein wird – nicht Putin.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

Warum drückt die Kriegspartei in Washington weiter in Richtung eines Krieges mit Russland ?

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Wieder mal einArtikel in englischer Sprache:
http://m.thenation.com/article/209721-why-washington-still-pushing-war-russia

Why Is Washington Still Pushing for War With Russia?

Es geht darum, dass sich in den USA fraktionsübergreifend eine „Kriegspartei“ herauskristallisiert hat, die im Interesse des militärisch-industriellen Komplexes versucht, die Ukrainekrise zu nützen, um einen Überfall auf Russland vorzubereiten. Hierzu ist ihnen die Bewaffnung der faschistischen Kräfte in der Ukraine wichtig.
Diese „War Party“ hat einen Dämpfer erlitten durch den Beschluss des Repräsentantenhauses, der Armee zu verbieten, das rechtsradikale Arbatov-Bataillon zu unterstützen.
Weiter nennt der Artikel 3 Gründe für das Schüren der Anti-Russland-Stimmung in den USA und der Ukraine:

  1. die diplomatischen Erfolge von John Kerry in Sotchi zu unterminieren
  2. die EU zur Beibehaltung und Verschärfung der Sanktioinen gegenüber Russland zu ermintern
  3. durch einseitige Unterstützung das ausgewogene Minsk2-Friedensabkommen zur Seite zu kippen und so Gründe für eine Invasion aufzubauen.

Auszüge:
On Wednesday the US House of Representatives passed an amendment to the Defense Appropriations Act which prohibits the United States from providing arms, training, and other assistance to the neo-Nazi Ukrainian militia, the Azov Battalion. This development was a welcome respite from the relentless push by the war party, a bipartisan group of legislators, government officials and their allies in the media, which seek conflict with Russia over the crisis in Ukraine, to undermine Secretary of State John Kerry’s diplomatic outreach to Russia in May.

Only a month ago, May 12, Kerry, after having met with Russian President Vladimir Putin for over four hours, stood with Russian Foreign Minister Sergei Lavrov at a press conference in Sochi where he expressed „President Obama’s gratitude for Russia’s willingness to engage in this discussion.“
Reacting to reports that Ukrainian President Poroshenko had pledged to retake rebel held territory by force, Kerry warned that Washington „would strongly urge him to think twice not to engage in that kind of activity.“

Lavrov’s own impression of the Sochi meeting reflected, in retrospect, undue optimism, telling a reporter from the state-owned Russian news channel Rossiya 24 in late May that he believed Kerry’s trip to Sochi likely meant „that there is an understanding in Washington that we need to build bridges and end this unfortunate period in our relations.“

Given President Obama’s statements following the completion of the latest G7 summit on Tuesday in Krun, Germany, it would seem that Washington is a long way off from such an „understanding.“
Trumpeting Russia’s „isolation“ from the G7, the President noted with evident satisfaction that thanks to the EU’s sanctions regime „Russia is in deep recession“ and the group stands ready to „impose additional, significant sanctions.“
Mr. Obama’s rhetoric at the G7 had a positively Cold War tinge to it, asking of the Russian President: „Does he continue to wreck his country’s economy and continue Russia’s isolation in pursuit of a wrong-headed desire to re-create the glories of the Soviet empire?“

What accounts for the abrupt change in tone between Sochi and Krun?
Much of the explanation lies in the fact that in the month leading up to the President’s appearance at the G7, the war party, temporarily set back on its heel by Kerry’s diplomacy at Sochi, rallied.

Three days after Kerry departed the Black Sea region, his Assistant for European and Eurasian Affairs, Victoria Nuland arrived for talks in Kiev.
That same day State Department spokesman Jeff Rathke spun the meaning of Kerry’s talks at Sochi, presenting them in a far different light than Kerry himself had, declaring that the Secretary „was clear with Russia—President Putin, Foreign Minister Lavrov—about Ukraine and about the consequences for failing to uphold the Minsk commitments.“ In this way Kerry’s diplomatic outreach to the Russians was spun as a scolding of the Russians.

The Department’s backpedaling from Sochi, along with Nuland’s arrival in Kiev, was followed by a number of provocative actions on the part of the Ukrainian government beginning, on May 21, with the decision to blockade the pro-Russian enclave of Transnistria.
This was followed by the appointment, on the 29th, of former Georgian President Mikhail Saakashvilli to the governorship of the Odessa oblast.
Given Saakashvilli’s close ties with the US-neoconservative lobby and his long simmering feud with Russian President Putin, his appointment is a near guarantee of more unrest in the deeply divided Black Sea province

Meanwhile, in the United States, the hawks took aim at Kerry. Julianne Smith, a former top national security adviser to Vice President Joe Biden, complained to The New York Times that Kerry’s trip to Sochi was „counterproductive“ and that „it created this kind of cloud of controversy around what is the U.S. strategy, why did he go?“

Then, perhaps coincidentally—though, perhaps not—story after story began to appear touting yet another imminent Russian invasion of eastern Ukraine.
On May 27, Reuters declared that Russia was massing „heavy firepower on border with Ukraine.“ (By one count Reuters has published, like clockwork, 13 headlines trumpeting a forthcoming Russian „invasion“ in as many months).
Bloomberg View went one further, when neoconservative stenographer Josh Rogin repeated unverified claims by Congressmen Mack Thornberry (R-TX) and Seth Moulton (D-MA) that Russia has dispatched „mobile crematoriums“ into the territory of eastern Ukraine in order to hide evidence of Russian casualties.

Worse still, in the days since Obama’s statement in Krun, the war party, led by the Washington Post editorial page, has doubled down on the pro-Kiev line. To mark this week’s visit of Ukraine’s Prime Minister Arseny Yatsenyuk and its American-born Finance Minister Valerie Jaresko to Washington, the Post published an op-ed demanding further American assistance by Yatsenyuk on June 9th, an editorial pleading for greater American involvement in the crisis on the 10th, and a report from its diplomatic correspondent regurgitating the claims of both later that day.

The Post, along with most of the Beltway media, continues to focus attention on the sins of Moscow while blithely ignoring those of Kiev, which, in continuing both its economic blockade of the Donbas and its refusal to negotiate with the leaders of the breakaway regions in Donetsk and Luhansk, is in violation of Minsk II accords.

The double standard extends to the Obama administration, which, on June 11, sent UN Ambassador Samantha Power to Kiev for talks with President Poroshenko. Poroshenko reportedly gushed to the visiting Power: „you cannot imagine how famous you are in Ukraine.“ For her part, Power took to Twitter to declare that the „US stands w/you as you fight on two fronts: countering Russian aggression and building an open, responsive govt.“

The war party’s motives in ginning up the anti-Russian hysteria in both Kiev and Washington are threefold:

  1. to undermine Kerry’s diplomatic effort in Sochi;
  2. to bolster the EU’s resolve in holding the line on sanctions; and, worst of all,
  3. to drive a stake through the heart of Minsk II.

All of this points to the very real danger of a renewed outbreak of hostilities in eastern Ukraine. Yet given the continuing efforts of the bipartisan war party, it is worth repeating that there is no military solution to the crisis in Ukraine.
In order to stop the catastrophic humanitarian crisis that is continuing to unfold in the Donbas, Russia and the Western allies must take steps to fully implement the Minsk II accords.

The renewal of sanctions in Europe at the end of this month, combined with the continuing calls in the United States to arm Kiev, will do little to bring about a peaceful denouement to the crisis.

Jochen

Amerikanischer Chauvinismus und russischer Nationalismus – der Clash und die Ukraine

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Ausgewogener Übersichtsartikel in den NachDenkSeiten: http://www.nachdenkseiten.de/?p=25412

Auszüge: Die chauvinistische Rechte der USA glaubt an die Überlegenheit der Amerikaner und die nationalistische Rechte in Russland träumt von einem eurasischen Reich, das von Lissabon bis Wladiwostok reicht. „Gottes eigenes Land“ auf der einen Seite steht gegen einen nostalgischen Nationalismus der anderen Seite.

Beide wirkmächtigen Strömungen prägen nicht nur die Stimmungslage von großen Teilen der jeweiligen Bevölkerung, sondern sie hetzen auch ihre politischen Führer auf, gegeneinander anzutreten und um Weltgeltung auf der einen und Vormacht auf der anderen Seite mit allen, bis hin zu kriegerischen Mitteln zu kämpfen.

Nutznießer dieser Spannungspolitik sind vor allem eben diese radikalen politischen Strömungen selbst. Aber auch die Regierungen der USA und Russland profitieren zumindest in einem Punkt: Indem ein äußeres Feindbild an die Wand gemalt wird, können sie von ihren innenpolitischen Katastrophen ablenken. Von Wolfgang Lieb und Jens Berger.

Barack Obama ist ein Getriebener der politischen Rechten, die von der erzkonservativen Tea Party dominiert wird. Seit den letzten Midterm Elections haben die Republikaner sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus die Mehrheit und laufen sich schon für die Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr warm. Auch Wladimir Putin ist ein Getriebener der politischen Rechten. Seit Peter dem Großen herrscht in Russland ein Kampf zwischen den Modernisieren und den Traditionalisten. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, in der sowohl die größtenteils konservativ bis reaktionäre orthodoxe Kirche und der russische Nationalismus zwangsweise kleingehalten wurden, erlebte der religiöse und nationalistische Revisionismus eine wahre Renaissance: “Rechtgläubigkeit – Autokratie – Volkstümlichkeit” erlebte eine Neuauflage. Das Ideal, nach dem die Russen nicht nur über die verschiedenen Ethnien im Vielvölkerstaat, sondern auch über die slawischen Völker Osteuropas herrschen sollen, ist nicht nur in rechten Zirkeln durchaus populär.

Anders als in den USA hatte bis vor der Ukraine-Krise der nationalistische Rollback in Russland jedoch keine grundlegenden Auswirkung auf die Außen- und Sicherheitspolitik, dafür aber um so mehr auf die Innen- und Gesellschaftspolitik. Um die immer lautstärker werdende Opposition von rechts außen ruhig zu stellen, verschärfte die Duma unter wohlwollender Begleitung durch Wladimir Putin beispielsweise die Anti-Homosexuellen-Gesetze und der Präsident stilisierte sich zum Schutzherren russischer Minderheiten in den Nachbarstaaten.

In den USA lässt sich die Regierung vor allem in der Außen- und Sicherheitspolitik seit langer Zeit von der politischen Rechten treiben. Da wird eine Nato-Osterweiterung und sogar eine Raketenstationierung bis an die Grenzen Russlands vorangetrieben. Die EU betreibt eine systematische Osterweiterung ohne wenigstens gleichzeitig die Zusammenarbeit und die Annäherung mit Moskau zu intensivieren. Die Reaktionen auf russischer Seite ließen nicht auf sich warten. Es fand in den letzten Jahren eine seit dem Kalten Krieg nicht mehr dagewesene Eskalation von Drohungen und konfrontativen Aktivitäten bis hin zu einer „hybriden Kriegsführung“ statt. Nach dem vom Westen mitbetriebenen Sturz des Ukrainischen Präsidenten Janukowitsch sieht sich Putingezwungen, mit der Arbeit zu beginnen, die Krim wieder an Russland anzuschließen“. Gerüchte über Geheimpapiere, dass Russland die Übernahme der Krim schon zuvor geplant habe gestreut. Es folgen die gegenseitigen Schuldzuweisungen um den Abschuss der malaysischen Boeing 777 des Fluges MH17.

Obama verhöhnt Russland alsRegionalmachtund der US-Kongress verabschiedet mit einer überwältigenden Mehrheit die Resolution 758 und einen sog. „Ukraine Support Act“, Beschlüsse, die die verbale Aggression gegen Russland mit Einseitigkeiten bis hin zur glatten Lüge auf höchste verbale Eskalationsstufen treiben.

Hillary Clinton rückt Putin in die Nähe von Hitler.

Nicht nur der reaktionäre Hardliner John McCain, sondern auch „Fuck the EU“-Victoria Nuland, also die offizielle Europa-Beauftragte der amerikanischen Regierung, verlangen Waffenlieferungen an die Kiewer Regierung. Die US-Regierung unterstützt die Ukraine bereits mit nicht-tödlicher Ausrüstung, liefert unter anderem Nachtsicht- und Radargeräte, Helme und Schutzwesten, gleichzeitig hat die US-Regierung einseitig ihre Sanktionen gegen Russland ausgeweitet und will in den nächsten Wochen gepanzerte Fahrzeuge und Überwachungsdrohnen an die Ukraine liefern – Militärhilfen im Umfang von 75 Millionen Dollar. Als ob das nicht schon Provokation genug wäre, schicken die USA auch noch 3000 Soldaten zu Militärmanövern ins Baltikum unmittelbar an die russische Grenze, 750 Panzer und anderes schweres Gerät sollen den dortigen Militärs überlassen und 300 amerikanische Militärausbilder sollen in die Westukraine geschickt werden.

Ähnlich sieht es bei der von amerikanischen Militärstrategien dominierten Nato aus. Dort betreibt deren Oberbefehlshaber in Europa, General Philip Breedlove (Supreme Allied Commander Europe (SACEUR)) mit Lügen und Halbwahrheiten eine selbst in Berlin als „gefährlich“ eingestufte Propaganda. Mit dem Aufbau einer schnellen Eingreiftruppe setzt die Nato den größten Aufrüstungsplan seit dem Kalten Krieg um. Die Nato hält im Schwarzen Meer ein Manöver mit deutscher Beteiligungin Sichtweite russischer Militärs“ ab.

Auf der anderen Seite gibt es außergewöhnliche Luftmanöver russischer Kampfjets im internationalen Luftraum über Ostsee und Atlantik. Manöver an der ukrainischen Grenze, nicht genehmigte Hilfstransporte in die Ostukraine. Russische Staatsangehörige – viele von ihnen sind dem Vernehmen nach „beurlaubte“ Soldaten der russischen Streitkräfte – kämpfen auf der Seite der Abtrünnigen im Osten der Ukraine, die mit russischen Waffen ausgestattet sind (von wem auch immer geliefert bzw. erobert). Putin räumt mit der Teilnahme an den Minsker Gesprächen seinen (politischen) Einfluss auf die Rebellen ein. Russland will seinen Verteidigungshaushalt auf 76 Milliarden US-Dollar ausweiten.

Aktuell kündigt Russland den 1992 zwischen der Nato und dem ehemaligen Warschauer Pakt geschlossenen Vertrag über Konventionelle Streitkräfte (KSE), der schon seit 2007 als Reaktion auf die Nato-Osterweiterung ruhte, endgültig auf und testet eine atomar bestückbare Interkontinentalrakete.

Ein Ende dieser Eskalationsdynamik ist nicht absehbar. Im Gegenteil, in den USA geht es längst nicht mehr „nur“ um Russland. In der letzten Woche jagten die Republikaner ihren Präsidenten, indem 47 Senatoren in einem historisch geradezu einmaligen Vorgang einen offenen Brief ankündigen, dass sie ein noch gar nicht ausverhandelten Atomabkommen mit dem Iran, sollte es Barack Obama jemals unterzeichnen, widerrufen werden.

Der mehrheitlich von den Republikanern beherrschte US-Kongress lädt ohne das Weiße Haus zu informieren, Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu einer Hass-Rede gegen den Iran ein, wissend dass Obama sich für ein Abkommen über die ausschließlich zivile Verwendung der Atomenergie in diesem Land einsetzt. Die Neocons verlangen härtere Sanktionen gegen Teheran. Das lenkt Wasser auf die Mühlen der iranischen Hardliner.

In den USA und Russland beeinflussen mittlerweile chauvinistische und nationalistische Kreise außerhalb der Regierungen, die von dieser Spannungspolitik profitieren und Zulauf erhalten, massiv die Politik der Regierungen. Was momentan stattfindet, ist ein Clash zwischen amerikanischem Chauvinismus und russischem Nationalismus.

Der Ukraine-Konflikt macht diesen Clash wie in einem Brennglas sichtbar. Offenbar findet Putin mit seinem Kurs bei immer mehr russischen Bürgern Zustimmung, angeblich sind derzeit 86 Prozent mit ihrem Staatschef zufrieden. Die Zuspitzung der Konfrontation trifft in Russland offenbar auf einen fruchtbaren nationalistischen Nährboden. Von rechtsextremen und antisemitischen Gruppierungen und Kultfiguren wie Alexander Dugin wird eine Ideologie des „Neo-Eurasismus“, eine krude Mixtur aus Mystik, Stalin-Nostalgie, orthodoxer Gläubigkeit, Traditionalismus und Großmachtansprüchen verbreitet, eine Stimmungslage, die Putin, schon um der eigenen Machtstabilisierung willen bedienen muss und angesichts einer auch von außen gestützten inneren Opposition auch bedienen will.

Paradoxerweise stärken die Sanktionen des Westens gegenüber Russland den Mythos des durch seine Leidensfähigkeit verbundenen russischen Volkes. Putin gilt als der Retter der russischen Großmacht. Zarenherrlichkeit und christlich-orthodoxe Sowjetnostalgie, der verletzte Stolz einer Großmacht gehen eine Symbiose ein und stillen eine Sehnsucht der notleidenden Masse der Russen nach Weltgröße. Die westlichen Sanktionen gegen Russland, stacheln den Hass gegen den Westen an und stärken nationalistische Tendenzen.

Je stärker Putin den russischen Nationalismus bedient desto mehr Zustimmung findet er und desto stabiler wird seine Macht. Die Ukraine ist zur Projektionsfläche von Chauvinisten und Weltmachtideologen im Westen und der Nationalisten und Großmachtphantasten in Russland geworden. Und da in kriegerischen Auseinandersetzungen nur noch gut und böse oder schwarz und weiß gemalt wird, wird die Stimmung im Osten wie im Westen immer mehr angeheizt.

Keine Umkehr in Sicht

Das Problem ist: Es gibt zu wenig gesellschaftliche Kräfte und eine zu schwache öffentliche Meinung die sich den irrationalen Scharfmachern entgegenstellen. Es gibt zu wenig Stimmen, die die Eskalation der militärischen Provokationen kritisieren. Und die politisch wahrnehmbaren Kräfte, die sich diesem Teufelskreis entgegen stellen könnten, sind entweder zersplittert oder dringen nicht durch.

Noch wäre es jedoch nicht zu spät, diesen Teufelskreis zu unterbrechen. Da Russland sich momentan in einer defensiven Situation befindet und die Opposition im Lande schwach ist, bleibt nur die Hoffnung auf eine Umkehr von der Spannungs- zu einer Entspannungspolitik auf der Seite des Westens.

Von Präsident Obama ist eine solche politische Wende nicht zu erwarten. Er ist eingemauert von der republikanischen Mehrheit, die wiederum von der erzreaktionären und radikalen Tea Party getrieben werden. Und Obama ist bislang außenpolitische stets den Weg des geringsten Widerstandes gegangen.

Eine De-Eskalationspolitik könnte eher noch von Europa ausgehen. Weil Europa von einem Konflikt mit Russland in viel stärkerem Maße betroffen ist als die USA. Weil die europäischen Länder viel intensivere wirtschaftliche Beziehungen und größere Abhängigkeiten mit Russland hat. Weil die europäischen Länder geografisch mit Russland verbunden sind – weil wir Nachbarn sind.

Wenn Europa aber zur Entspannung beitragen wollte, dann setzt das voraus, dass die europäischen Länder sich zumindest intern deutlicher gegen die eskalierende amerikanische Politik gegenüber Russland positionieren und dass Europa sich auch innerhalb der NATO stärker gegenüber den USA durchsetzt. Von den osteuropäischen und baltischen Staaten ist das nicht zu erwarten, die Südeuropäer haben andere Probleme, es länge also vor allem an Deutschland und Frankreich, sich endlich wieder auf eine De-Eskalationspolitik und Entspannungspolitik zu besinnen. Das würde zuallererst bedeuten, dass man die Geister, die man rief, wieder los werden müsste.

Und das verlangte vor allem auch mehr Druck aus der Bevölkerung.

Hier noch eine kurze Zusammenstellung von Dokumenten über die Eskalation des Konflikts mit Russland von Christian Reimann

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Aktuelles interview mit Sahra Wagenknecht zur unheimlichen Komplizenschaft zwischen Deutschland und den USA

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Hier im ganzen nachzulesen:
http://www.linksfraktion.de/im-wortlaut/unheimliche-komplizenschaft-zwischen-deutschland-usa/

Sahra Wagenknecht von der Linkspartei geht mit der extrem an die USA angebundenen deutschen Außenpolitik hart ins Gericht: Merkel und Steinmeier hätten einen Wirtschaftskrieg gegen Russland mitgetragen, der vor allem der europäischen und deutschen Wirtschaft schadet.
Sie fordert das sofortige Ende der Sanktionen gegen Russland, das Ende der Unterstützung einer Regierung in Kiew, in der bis heute Faschisten sitzen, und eine restlose Aufklärung des Abschusses von Flug MH17.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Die Bedingungen für die Sanktionen sind offenbar erfüllt, etwa die geforderte Waffenruhe.
Sollten die Sanktionen gegen Russland jetzt aufgehoben werden?

Sahra Wagenknecht: Die Sanktionen waren von Anfang an falsch, sie sollten schleunigst aufgehoben werden. Der Versuch einer dauerhaften Waffenruhe ist auch nicht wegen, sondern trotz der Sanktionen zustande gekommen.
Durch die einseitige Parteinahme des Westens im Ukrainekonflikt wurde die Regierung in Kiew vielmehr in ihrem militärischen Vorgehen bestärkt, das inzwischen mehrere tausend zivile Opfer gefordert hat. Es ist gut, dass es jetzt trotzdem eine Waffenruhe gibt und man kann nur hoffen, dass sie hält.

Welche Auswirkungen hat das Vorgehen der EU auf das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland?

Die Bundesregierung hat mit ihrer zögerlichen Haltung nur kokettiert, aber hatte nicht den Mumm, den USA auch nur einmal ernsthaft Paroli zu bieten.
Letztendlich haben Merkel und Steinmeier den Wirtschaftskrieg gegen Russland mitgetragen, der vor allem der europäischen und deutschen Wirtschaft schadet. Die Folgen sind fatal und bereits in der schlechteren Konjunktur sichtbar. Der nachhaltige wirtschaftliche und außenpolitische Schaden ist nicht absehbar.

Was sagen Sie zu der Aussage von US-Vizepräsident Joe Biden, die EU habe erst von den Amerikanern zu den Sanktionen gezwungen werden müssen?

Die verhängten Sanktionen schaden Deutschland und der EU aufgrund ihrer engen wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland deutlich mehr als den USA.
Insofern ist es gut vorstellbar, dass es Druck seitens der USA gab. Dies untermauert erneut, dass die europäische Außenpolitik zunehmend von den USA gestaltet wird, auch entgegen den Interessen der eigenen Bevölkerung.
Dies zeigt sich auch bei anderen Themen wie der Datensicherheit.
Ich denke, dass der Bundestag sich noch viel intensiver mit dieser unheimlichen Komplizenschaft beschäftigen muss, die zwischen den USA und Deutschland (nicht nur) auf der Ebene der Geheimdienste besteht, zumal die parlamentarischen Kontrollmechanismen hier bislang versagt haben.

Schürt die Bundesregierung durch ihre aktuelle Politik Zwietracht zwischen den beiden Ländern?

Ja, wer „Russland-“ oder „Putin-Versteher“ zum Schimpfwort macht, der will Zwietracht säen.
Mich haben viele Zuschriften von Menschen aus allen sozialen Schichten erreicht, die von der einseitigen Haltung der Bundesregierung geschockt und abgestoßen sind – und zwar sowohl aus Deutschland als auch aus Russland.

Welche Lösung ist im Kontext der aktuellen Geschehnisse die beste für die deutsch-russische Partnerschaft?

Deutschland muss zu einer Außenpolitik in der Tradition von Willy Brandt zurückkehren. Eine Lösung des Konflikts in der Ukraine und Stabilität in Europa wird es nur mit und nicht gegen Russland geben.
Jede Eskalation und einseitige Parteinahme erschwert den Weg zu einer dauerhaften Lösung. Deshalb muss auch die Entscheidung zur Stationierung von Nato-Truppen an der russischen Westgrenze zurückgenommen werden.
In diesem Punkt bin ich, wie bei der Ablehnung von Sanktionen, mit Hans-Dietrich Genscher einer Meinung.

Seinerzeit gab es Gespräche zwischen Merkel, Sarkozy und Putin, die Allianz zwischen den Ländern zu stärken. Wie konnte sich dieser Prozess so umdrehen?

Offensichtlich haben maßgeblich die Interessen der USA zum Eskalationskurs geführt. Der Druck muss groß gewesen sein.
Man denke nur an das „Fuck the EU“, das Victoria Nuland, die für Europa zuständige Staatssekretärin im US-Außenministerium, im Gespräch mit dem amerikanischen Botschafter in Kiew äußerte.
Es ist ein Armutszeugnis, dass die Bundesregierung nicht willens ist, eine souveräne Außenpolitik zu praktizieren, um so die friedliche Kooperation mit Russland zu schützen, was im europäischen und deutschen Interesse wäre.

Der ARD-Programmmbeirat verurteilt die Berichterstattung zum Ukraine-Konflikt deutlich.
Wie stehen Sie zu den Vorwürfen der „tendenziösen Berichterstattung“?

Der neunköpfige ARD-Programmbeirat warf den ARD-Redaktionen vor, einseitig über den Ukraine-Konflikt zu berichten. Diese Rüge nahm die starke Kritik des Publikums auf und ist in ihrer Deutlichkeit einmalig in der Geschichte der ARD.
Der Bericht des Programmbeirats zeigt, dass die größte Sendeanstalt der Bundesrepublik in eklatanter Art und Weise ihren Informationsauftrag bei der Berichterstattung über die Ukraine-Krise missbraucht hat. Die Berichterstattung des ZDF ist übrigens nicht besser.

Wo sehen Sie die Hauptkritikpunkte in der Berichterstattung?

In der völlig einseitigen Parteinahme zugunsten der ukrainischen Regierung.

Was ist Ihrer Meinung nach der Grund für diese einseitige Berichterstattung?

Das ist für mich als Außenstehende schwer zu beantworten.
Klar ist aber, dass die öffentlich-rechtlichen Medien nicht so unabhängig berichten, wie es ihrem Auftrag entspricht, sondern sehr stark von der Regierungspolitik beeinflusst sind.
Dies liegt zum einen an der Dominanz der Vertreter der Regierungsparteien in den entsprechenden Gremien.
Hinzu kommt, dass US-dominierte Think Tanks und andere von Übersee gesteuerte Lobbys in den deutschen Medien offensichtlich bestens vernetzt sind, selbst in den öffentlich-rechtlichen Sendern.
Dieser Zustand ist für eine Demokratie mehr als problematisch. Es sollte Konsens sein, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht zum Staatsfunk und Lautsprecher der Regierung werden darf, sondern die verschiedenen Meinungen facettenreich widerspiegeln muss.
Noch weniger allerdings darf er zum Propagandafunk von US-Hardlinern aus Atlantikbrücke und Co. werden.

Können Sie sich vorstellen, dass von politischer Seite eine solche Berichterstattung forciert wurde?

Selbstverständlich. Zum Beispiel beeinflusst die Bundesregierung die Menge und Art an Informationen, die sie der Öffentlichkeit aus den Kriegsgebieten mitteilt. Über Kontakte zur Regierung in Kiew und Geheimdienstquellen weiß die Regierung über die Geschehnisse in der Ukraine meist sehr viel mehr als die wenigen Journalisten, die vor Ort ihr Leben riskieren.
Zum Beispiel durfte ich die Antwort der Bundesregierung auf meine schriftliche Frage, welche schweren Waffensysteme im Bürgerkrieg von der Regierung in Kiew eingesetzt wurden, nicht der Öffentlichkeit mitteilen. Die Antwort wurde als Verschlusssache eingestuft.

Wird vor diesem Hintergrund der öffentlich-rechtliche Auftrag noch gewahrt?

Wohl kaum.

Im Moment folgen die Medien weltweit der Argumentation Obamas, die IS mit Luftschlägen zu bekämpfen.
Bis auf Russland meldet kein Land Bedenken an diesem Vorgehen. Wie erklären Sie sich das?

Der Umgang mit der Terrororganisation IS ist geprägt von Verlogenheit und Skrupellosigkeit. Die Staaten, die jetzt militärisch gegen den IS vorgehen, haben ihn erst stark gemacht und unterstützen ihn vielfach noch immer.
Als es darum ging, Syriens Präsidenten Assad zu schwächen, wurden dessen Gegner gefördert und hochgerüstet, wohl wissend, dass dies vor allem die extremen islamistischen Kräfte stärkt.
Erst als sich die mörderische Gewalt des IS gegen die mit den USA verbündeten Kurden im Nordirak richtete und im Irak die Ölquellen in Gefahr gerieten, rückte die Bekämpfung des IS in den Fokus.
Dennoch gibt es weder ernstzunehmenden Druck auf die Türkei, ihre Unterstützung des IS einzustellen, noch sind die Finanzquellen des IS, die vor allem aus den Golfstaaten kommen, versiegt.
Dieselben Golfstaaten, die den IS hochrüsten, werden übrigens von Deutschland unbeeindruckt mit Waffen beliefert.
Die aktuellen Bombardements können den IS nicht besiegen und sind vor allem Schaufensterpolitik, um die eigene scheinheilige Politik zu kaschieren.

Es ist bekannt, dass die Waffen der IS seinerzeit von den Amerikanern geliefert wurden.
Jetzt werden deutsche Waffen in Krisengebiete geliefert, die möglicherweise auch eines Tages wieder gegen Deutschland eingesetzt werden können.
Wie stehen Sie zu den Lieferungen?

Waffen in ein Kriegsgebiet zu liefern ist wie Öl in ein Feuer zu gießen. Dass der IS so stark geworden ist, liegt auch daran, dass er über US-Waffen verfügt.
Es ist absurd, davon auszugehen, dass neue Waffenlieferungen nicht ebenfalls in den Händen des schwer bewaffneten IS landen können.
Daher ist es unverantwortlich, dass auch die Bundesregierung sich an der weiteren Hochrüstung dieser Kriegsregion beteiligt. SPD-Wirtschaftsminister Gabriel hat sich bei diesem Thema wieder einmal als vollkommen unglaubwürdig geoutet.
Die Linke fordert ein generelles Verbot von Waffenexporten, erst recht in ein Kriegsgebiet. Notwendig sind nicht mehr Waffen, sondern das Kappen sämtlicher Unterstützung für den IS.
Außerdem muss die Türkei sofort dazu gebracht werden, dass sie ihre Grenze zu den von der IS beherrschten Gebieten abriegelt und zugleich für kurdische Flüchtlinge konsequent öffnet.

Wie erklärt es sich, dass die deutsche Außenpolitik nicht mehr als eigenständig wahrgenommen wird, sondern als reaktive – entweder auf Krisen oder taktisch, in dem sie den Amerikanern folgt?

Die deutsche Außenpolitik orientiert sich immer mehr an den USA – und das, obwohl es eine Reihe gravierender Konfliktfelder im transatlantischen Verhältnis gibt, man denke nur an den NSA-Skandal.
Die Bundesregierung erhofft sich offensichtlich von der weitgehend kritiklosen Anlehnung an die USA eine bessere Positionierung im internationalen Machtgefüge. Diesem Ziel dient auch ihr Bemühen, nach dem Vorbild der USA in allen möglichen Weltregionen mit der Bundeswehr mitzumischen, auch wenn deren technische Ausrüstung das zur Zeit zum Glück gar nicht zulässt.
Der Fokussierung auf die transatlantischen Beziehungen wird jetzt das gute Verhältnis zu Russland und das frühere Bemühen um eine stärkere Eigenständigkeit in der Außenpolitik – etwa im Irakkrieg – geopfert.

Seit dem Absturz von MH17 wird die Schuld darüber den Russen zugesprochen, obwohl bislang kein einziger Beweis dazu erbracht wurde. Wie stehen Sie dazu, dass Kiew und die Bundesregierung alle Informationen unter Verschluss halten – wie etwa die Funksprüche?

Es ist ein Unding, dass die Regierung in Kiew nicht sämtliche Informationen offenlegt.
Das gleiche gilt für die Amerikaner, die ihre Satellitenaufnahmen ebenso unter Verschluss halten. Es wundert deshalb nicht, dass so der Eindruck entsteht, die Aufklärung solle verhindert werden.
Bis heute ist ungeklärt, wer das Flugzeug tatsächlich abgeschossen hat, auch der niederländische Zwischenbericht zum Absturz der MH17 lässt die entscheidenden Fragen offen.
Skandalös ist, dass auch die Bundesregierung sich weigert, über den Inhalt der Funksprüche Auskunft zu geben, obwohl diese ihr durchaus bekannt sein dürften. Dabei hat die Öffentlichkeit ein Recht darauf, in dieser Frage die Wahrheit zu erfahren.
Mit der Behauptung, die Russen seien für den Abschuss verantwortlich, wurden schließlich Sanktionen gegen Russland durchgesetzt.

In Deutschland gibt es keine Diskussion darüber, dass die Bundesregierung in der Ukraine eine Regierung unterstützt, die offen mit Neonazis bzw. Rechtsradikalen paktiert. In den ausländischen Medien wird das sehr wohl thematisiert. Wie stehen Sie dazu?

Dass die Bundesregierung eine Regierung unterstützt, in der bis heute Faschisten Ministerämter bekleiden dürfen, ist ein schrecklicher Tabubruch in der deutschen Außenpolitik, den die Linke von Anfang an thematisiert und angegriffen hat. Auch in dieser Frage haben die deutschen Medien absolut einseitig berichtet.
Wie kann es sein, dass in Odessa am 2. Mai 2014 mindestens 48 Regierungsgegner im Gewerkschaftshaus von einer regierungstreuen rechten Meute ermordet werden, ohne dass dies zu einem Aufschrei führt?
Wer zu solchen faschistischen Übergriffen schweigt und einer Regierung mit faschistischer Beteiligung weiterhin die Treue hält, macht sich mitschuldig.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten, 9. Oktober 2014

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Jochen

CIA in der Ukraine: »Freedom and Democracy«

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

CIAlogoGuter Überblick in der jungen Welt – wer noch Fakten braucht, um die Propaganda einzuordnen:
http://www.jungewelt.de/2014/09-22/001.php

Aktualisierung am 27.05.2015: passendes Video von RTDeutsch hier:

https://www.youtube.com/watch?v=tnAfSecr9rc

Auszüge:

Seit Weltkriegsende ist die CIA in der Ukraine aktiv: von der Unterwanderung der Kulturszene über die Inszenierung einer »orangen Revolution« bis zur heutigen Militärberatung

Von Paul Schreyer

In der Ukraine-Krise liegt der mediale Fokus weiterhin auf dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Was will er, was plant er, was denkt er?
So fragen viele Kommentatoren und vermeiden dabei in der Regel einen ähnlich gründlichen Blick in die andere Richtung, gen Westen.
Nicht wenige Beobachter waren daher überrascht, diesen selbstkritischen Blick nun in der aktuellen September­ausgabe der altehrwürdigen Zeitschrift Foreign Affairs zu entdecken, bekanntlich herausgegeben vom konservativen New Yorker Eliteklub »Council on Foreign Relations«.

Der renommierte Politologe John Mearsheimer argumentiert dort freimütig, daß die USA und ihre europäischen Alliierten »den größten Teil der Verantwortung für die Krise tragen«. »Die Wurzel der Probleme«, so Mearsheimer, »ist die NATO-Erweiterung, als zentrales Element einer größeren Strategie, um die Ukraine aus dem russischen Einflußbereich herauszutrennen und in den Westen zu integrieren«.
Die Lösung des Konflikts bestehe nun darin, sich von diesem Ziel zu verabschieden und die Ukraine gerade nicht weiter zum Frontstaat, sondern zu einer neutralen Brücke zwischen Ost und West zu machen – vergleichbar etwa der Rolle Österreichs im Kalten Krieg.
Auch solle der Westen seine Bemühungen um ein »Social Engineering« in der Ukraine »erheblich einschränken«.
Was Mearsheimer damit meint, ist die aktive westliche Unterstützung der sogenannten Farbrevolutionen, wie etwa der »orangen Revolution« von 2004 oder eben der jüngsten Maidan-Bewegung in Kiew.

Daß diese spezielle Form der »Demokratieförderung« in der Ukraine ihre Wurzeln in CIA-Programmen hat, ist zwar immer wieder vermutet worden, wurde in seiner historischen Komplexität erst in jüngerer Zeit bekannt.
Denn wie Dokumente zeigen, operiert die CIA tatsächlich seit den 1950er Jahren kontinuierlich in der Ukraine – dabei meist an der Seite rechtsextremer Nationalisten.

Die historische Forschung zu diesem Thema stützt sich auf das 1998 in den USA verabschiedete Nazi War Crimes Discloser Act (Gesetz zur Enthüllung von Kriegsverbrechen der Nazis), in dessen Folge die Behörden mehrere Millionen Seiten amtlicher Dokumente freigaben.
In den vergangenen Jahren entstanden dazu umfangreiche Regierungsberichte, in denen sich – aktuell brisant – auch ein ganzes Kapitel mit der Geschichte westlicher Geheimdienstaktivitäten in der Ukraine beschäftigt.1

Instrument der Wirtschaftseliten

Nachdem die Nazis bei ihrem Vormarsch gegen die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg bereits auf die Unterstützung ukrainischer Nationalisten unter Stepan Bandera gesetzt hatten, nahm nach dem Krieg die CIA Banderas Sicherheitschef Mikola Lebid unter ihre Fittiche. Lebid wurde in internen Dokumenten von den Amerikanern als »bekannter Sadist und Kollaborateur der Deutschen« mit »hinterhältigem Charakter« beschrieben, und man wußte von ihm, daß die Gestapo ihn ausgebildet hatte.
Lebid wurde zum wichtigsten Mann der CIA, um im Kalten Krieg Einfluß auf die Ukraine zu nehmen. Ab etwa 1950 war dies die Aufgabe der CIA-Operation »Aerodynamic«, zu deren Schlüsselfigur Lebid aufstieg. Es wurden Agenten in die Ukraine ein- und ausgeschleust und das Untergrundnetzwerk des Landes in jeder Hinsicht unterstützt. Ebenso wie heute ging es dabei im Kern um die Schwächung Moskaus.

Die Gründung der CIA 1947 lag damals nur wenige Jahre zurück. Erst der Zweite Weltkrieg hatte die USA bekanntlich zur Supermacht werden lassen.
Die Besetzung führender Industriestaaten, wie Deutschland, Japan oder Italien, und die damit einhergehende neue Rolle in der Welt erforderte auch eine Umstrukturierung und Erweiterung des eigenen Sicherheitsapparats. Das neu geschaffene Imperium mußte angemessen verwaltet werden.

Schlüsselpersonen in diesem Prozeß waren unter anderem Allen W. Dulles, weltgewandter Diplomat, Unternehmensanwalt und Bankier, sowie James Forrestal, Direktor einer der damals führenden Investmentbanken, und bald darauf erster Chef des ebenfalls nach dem Krieg neu geschaffenen Verteidigungsministeriums. Dulles hatte bereits in den 1930er Jahren eine wesentliche Rolle dabei gespielt, die USA für Auslandsinterventionen bereitzumachen.
Als sich die politische Elite des Landes, noch unter dem Eindruck der großen Wirtschaftskrise, in Isolationisten und Interventionisten aufspaltete, wurde er zum Lobbyisten für ein energisches »Einmischen« in die Weltpolitik. Bücher unter seiner Koautorenschaft wie die 1939 erschienene Abhandlung »Kann Amerika neutral bleiben?« halfen dabei, das Land geistig auf den Kriegseintritt vorzubereiten. Der Tenor lautete, daß eine militärische und ökonomische Isolation in einem zunehmend vernetzten internationalen System nicht länger möglich wäre. Dahinter stand die Überzeugung von Finanzeliten und Politplanern, daß die Vereinigten Staaten ohne die Märkte des britischen Weltreichs, der westlichen Hemisphäre und Asiens nicht dauerhaft prosperieren könnten. Dulles selbst arbeitete dabei im Rahmen des eingangs bereits erwähnten »Council on Foreign Relations«, der den New Yorker Geldadel repräsentierte.

Nach dem gewonnenen Krieg galt es sodann, rasch neue und dauerhafte Strukturen des Machtmanagements zu schaffen.

Der spätere CIA-Direktor Richard Helms (1966–1973) schildert dazu in seinen Memoiren, wie Dulles 1946 gebeten wurde, »Vorschläge für die Form und Organisation dessen zusammenzustellen, was 1947 die CIA werden sollte«.
Dulles, Partner einer einflußreichen Unternehmenskanzlei und später von 1953 bis 1961 auch selbst Chef der CIA, bildete zu diesem Zweck eine sechsköpfige Beratergruppe, die im wesentlichen aus Wall-Street-Bankern und Anwälten bestand. Zwei Jahre später, 1949, berief Exbanker und Verteidigungsminister Forrestal ihn darüber hinaus zum Vorsitzenden eines Komitees, das gemeinsam mit zwei weiteren New Yorker Anwälten die Arbeit der CIA überprüfen sollte. Die drei Juristen trafen sich dazu regelmäßig in den Vorstandsräumen einer Wall-Street-Investmentfirma.

Entscheidend an dieser Struktur ist weniger die politische Korruption, die unvermeidlicher Teil solcher Verstrickungen ist, als vielmehr die Schaffung und Nutzung von staatlichen Geheimdiensten im Sinne einer Wirtschafts- und Finanzelite. Denn die Wall-Street-Anwälte und Investmentbanker, die hinter der Gründung der CIA standen, sahen in der Behörde von vornherein keinen reinen Nachrichtendienst, sondern vor allem ein Instrument für verdeckte Aktionen.

Eigens zu diesem Zweck wurde 1948 innerhalb der CIA eine noch geheimere Abteilung, das sogenannte »Office of Policy Coordination« (OPC) gegründet – ohne Billigung oder auch nur Wissen des Parlaments. Eben jenes Büro steuerte die in den 1950er Jahren startende Operation »Aerodynamic« in der Ukraine. Angesichts des Ausmaßes und der Aktivität der ukrainischen Widerstandsbewegung schätzte Frank Wisner, ebenfalls Wall-Street-Anwalt und damaliger Chef des OPC, dieses Projekt als »Toppriorität« ein.

Aufbau einer Kunstszene

Mitte der 1950er Jahre allerdings, nachdem es der Sowjetunion schließlich gelungen war, das Netzwerk von Mikola Lebid in der Ukraine zu infiltrieren, endete die aggressive Phase des CIA-Programms »Aerodynamic«. Das Ein- und Ausschleusen von Agenten und militanten Widerstandskämpfern war erst einmal passé.

In der Folge verlegte man sich auf den nicht weniger bedeutsamen verdeckten ideologischen Kampf. Unter Lebids Führung wurde in New York eine Art »Kulturprogramm« gestartet. Die CIA gründete dazu eine private Organisation namens »Prolog Research Corporation«, die ukrainische Zeitungen und Bücher herausgab sowie Radioprogramme produzierte. Parallel wurde eine Außenstelle in München namens »Ukrainische Gesellschaft für Auslandsstudien« geschaffen, wo die meisten »Prolog«-Veröffentlichungen entstanden.
Die Corporation bezahlte eine ganze Reihe von ukrainischen Schriftstellern im Exil, von denen die meisten nichts vom CIA-Hintergrund der Organisation wußten. Die schönen Künste wurden zur Propagandawaffe. Das Geheimdienstprogramm unterstützte in den 1970er Jahren sogar Ausstellungen ukrainischer Kunst in den USA, wobei der Schwerpunkt auf Arbeiten von Dissidenten lag, die in der Ukraine verboten waren.

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit war das in München erscheinende programmeigene Magazin Suchasnist (Modernität), eine Literaturzeitschrift, die großes Ansehen in Emigrantenkreisen genieße und von der Sowjetunion stark angegriffen werde. Ein kürzlich freigegebener CIA-Bericht erwähnt auch die Genehmigung des Projekts durch das »40 Committee«, das zu der Zeit unter dem Vorsitz von Henry Kissinger stand und sämtliche verdeckte Operationen beaufsichtigte.
In den 1960er und 1970er Jahren beeinflußte »Prolog« eine ganze neue Generation von Ukrainern, die weder ahnten, daß die USA der Zahlmeister vieler ihrer Ideengeber waren, noch, daß diese Unterstützung ihres nationalen kulturellen Selbstbewußtseins nur ein Mittel zu einem größeren imperialen Zweck sein sollte.

Lebid setzte sich 1975 zur Ruhe, blieb aber weiterhin Berater von »Prolog«. Ende der 1970er Jahre weitete Zbigniew Brzezinski, damals Nationaler Sicherheitsberater von US-Präsident James Carter, das Programm weiter aus, da er von dessen Erfolg überzeugt war. Sein familiärer Hintergrund spielte wohl ebenso eine Rolle – Brzezinskis Vater, ein polnischer Diplomat, war im Gebiet der späteren Ukraine aufgewachsen.
In den 1980er Jahren wurde das Programm auf weitere Nationalitäten innerhalb der Sowjetunion ausgedehnt und galt letztlich als eines der erfolgreichsten dieser Art für die CIA.

»Zeitalter der offenen Aktionen«

Parallel wurden die Projekte zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung organisatorisch auf neue Beine gestellt. Nachdem die Watergate-Enthüllungen in den 1970er Jahren auch zur Aufdeckung vieler illegaler CIA-Operationen im Ausland geführt hatten, waren die Kompetenzen des Geheimdienstes von Präsident Carter wesentlich beschränkt worden.
Als Ronald Reagan 1980 im Weißen Haus einzog, überlegte man dort, wie man die neuen gesetzlichen Beschränkungen umgehen könnte. Reagans Wahlkampfmanager und späterer CIA-Chef William J. Casey verfiel dabei auf die Idee, die Geheimprogramme zur Meinungsbeeinflussung in eine offizielle Stiftung zur »Demokratieförderung« auszulagern.

Dazu schuf man 1983 eine seltsame Hybridstruktur namens »National Endowment for Democracy« (NED). Diese »Nationale Stiftung für Demokratie« wurde offiziell vom Parlament gegründet und vom Außenministerium finanziert, firmierte aber formell als private, überparteiliche und gemeinnützige Stiftung. Diese Konstruktion ermöglichte es, ausländische Organisationen zu fördern, ohne daß die US-Regierung direkt Gelder überwies oder in Haftung genommen werden konnte. Zugleich behielt die CIA über Mittelsmänner ihren Einfluß.

Die Washington Post schilderte 1991 in einem euphorischen Artikel unter der Überschrift »Innocence Abroad: The New World of Spyless Coups« (Unschuld im Ausland: Die neue Welt der Staatsstreiche ohne Agenten) diesen Wandel hin zu »mehr Offenheit«:
»Wir leben jetzt im Zeitalter der offenen Aktion. Die große demokratische Revolution, die in den vergangenen Jahren über den Globus fegte, war ein Triumph der offenen Aktion. Die alten Veteranen der CIA haben eine Generation lang von dieser Art weltweitem antikommunistischen Putsch geträumt. Doch als es dann passierte, geschah es offen. Es gab keine geheimen paramilitärischen Armeen und fast kein Blutvergießen. Als Schlüsselelemente in der Verschwörung erwiesen sich Telefone, Fernseher und Faxgeräte. Im hellen Tageslicht konnten die Vereinigten Staaten und ihre Alliierten Dinge erreichen, die im verborgenen undenkbar gefährlich gewesen wären. (…)
Der Zahlmeister offener Operationen ist die Nationale Stiftung für Demokratie, eine quasiprivate Gruppe, die von Carl Gershman geleitet und vom US-Kongreß finanziert wird. In den späten 1980er Jahren organisierte sie offen, was einst unaussprechlich geheim war – Geld an antikommunistische Kräfte hinter dem Eisernen Vorhang zu verteilen. Wer die Liste der Empfänger von NED-Geldern liest (ein öffentliches Dokument), der unternimmt zugleich einen Streifzug durch die Geschichte der Demokratiebewegungen: In der Tschechoslowakei begann die Stiftung 1984 damit, demokratische Kräfte zu unterstützen; in Ungarn startete die Förderung 1986 – dazu gehörte Hilfe bei den Wahlen sowie Geld für die erste »unabhängige« öffentliche Meinungsumfrage in Ungarn; in Rumänien und Bulgarien unterstützte die Stiftung neue Zeitschriften Intellektueller und andere Hilfsmittel der Demokratie. (…)
Die Stiftung war auch in der Sowjetunion aktiv. Sie gab Geld an sowjetische Gewerkschaften; an die liberale ›Interregionale Gruppe‹ im Parlament (…), an die ukrainische Unabhängigkeitsbewegung und an viele andere Projekte. Die verdeckte Finanzierung wäre, falls enthüllt, der Todeskuß für diese Gruppen gewesen. Die offene Finanzierung war, so scheint es, ein Geburtshelfer.«

»Demokratieförderung«

Beflügelt von ihrem Erfolg hat die NED in den 25 Jahren seit dem Mauerfall konsequent weiter ihr Geld verteilt und Netze der Einflußnahme geknüpft.
Der Jahresetat beträgt zirka 100 Millionen US-Dollar. 2012 ließ die Stiftung laut Jahresbericht 3,4 Millionen davon zur »Demokratieförderung« in die Ukraine fließen. Die Größenordnung scheint konstant zu sein – aktuell listet die offizielle Webseite der NED mehr als 50 separat unterstützte Einzelprojekte in der Ukraine auf, die sich auf derzeit 2,8 Millionen Dollar summieren. Im Durchschnitt erhält jeder der begünstigten lokalen Vereine und Verbände somit etwa 50000 Dollar pro Jahr.

Ein Blick in die Förderliste2 gibt detailliert Auskunft: So erhielt ein »Center for International Private Enterprise« aktuell 350000 Dollar, um »die Marktwirtschaft zu entwickeln« und das »Geschäftsklima zu verbessern«.
Ein »National Democratic Institute for International Affairs« wiederum bekam 370000 Dollar, um inländische Beobachter zu bezahlen, die Poroschenkos Wahl zum Präsidenten im Mai »freier und fairer« machen sollten, so NED.
Aber auch kleinere Projekte werden sorgsam gehegt, etwa das »Dniprovsky Center for Social Research«, das 20000 Dollar erhielt, um den »Zugang zu unabhängigen Nachrichten in der östlichen Region von Dnipropetrowsk zu verbessern«. Es gibt dazu eine eigene Onlineregionalzeitung heraus.
40000 Dollar flossen an den Donezker Presseclub, um den »Professionalismus der Medien in der Ostukraine zu verbessern«.
Die Stiftung hat ein feines Netz gespannt, das mittlerweile über sämtliche Regionen des Landes reicht und natürlich auch Abhängigkeiten vom zahlungskräftigen Geldgeber schafft.

Die ukrainische Exilgemeinde in den USA ist darüber hinaus traditionell gut organisiert. Hauptlobbyverband ist das »Ukrainian Congress Committee of America«, das im Kalten Krieg mehr als 20 Jahre lang von dem glühenden antikommunistischen Aktivisten Lev E. Dobriansky geführt wurde. Der Sohn eines ukrainischen Emigranten war auch Ideengeber der seit den 1950er Jahren bis heute offiziell und alljährlich in den USA begangenen Gedenkwoche für sogenannte »eingesperrte Nationen«. Er leitete den ukrainischen Lobbyverband bis 1983 und unterhielt gute Beziehungen auch zum Weißen Haus unter Ronald Reagan. Seine Tochter Paula übernahm in Reagans Nationalem Sicherheitsrat die Zuständigkeit für Osteuropa. Paula Jon Dobriansky wechselte später in den 1990er Jahren als Leiterin zum Washingtoner Büro des »Council on Foreign Relations«, bevor George W. Bush sie 2001 schließlich zur Staatssekretärin im Außenministerium ernannte – wo sie bis 2009 Dienst tat und in historischer Kontinuität den »Demokratieexport« nach Osteuropa mitorganisierte.
Aktuell ist dafür im US-Außenministerium Victoria Nuland zuständig, bekannt geworden durch ihr abgehörtes »Fuck the EU«-Telefonat, in dem sie bereits Anfang Februar zu verstehen gab, daß der zu der Zeit in der Ukraine eher unbedeutende Politiker Arsenij Jazenjuk Präsident werden solle – was wenige Wochen später auch geschah.

US-Berater in Kiew

Vor diesem Hintergrund mutet es seltsam an, wenn die Vizepräsidentin von NED, Nadia Diuk, im Frühjahr 2014 in einem Artikel zur Maidan-Bewegung von einer »selbstorganisierenden Revolution« in der Ukraine spricht. So wenig, wie die ukrainische Zivilgesellschaft wirklich autonom und selbstbestimmt ist, so wenig ist deren Förderung durch den Westen dem hehren Ziel von »Freedom and Democracy« gewidmet.

Nachdem im April 2014 herauskam, daß CIA-Chef John Brennan unter falschem Namen zu Gesprächen nach Kiew gereist war, wurden einige Medien zwar kurz aufmerksam – insbesondere als es hieß, daß just nach seinem Treffen mit lokalen Sicherheitschefs die »Antiterroroperation« in der Stadt Slowjansk und im weiteren in der Ostukraine insgesamt gestartet wurde.
Doch US-Präsident Barack Obama wiegelte schon kurze Zeit später ab. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel anläßlich ihres Besuchs in Washington im Mai sagte er: »Es gab Unterstellungen, daß Amerikaner irgendwie in der Ukraine Unruhe stiften würden. Ich muß sagen, daß es uns nur darum geht, daß die Ukraine ihre eigenen Entscheidungen treffen kann. Das letzte, was wir wollen, sind Unordnung und Chaos im Zentrum Europas. Der deutschen Öffentlichkeit, die vielleicht russisches Fernsehen schaut, möchte ich raten, auf die Fakten konzentriert zu bleiben – auf das, was tatsächlich im Land passiert ist.«

Die Empfehlung wurde im offiziellen Berlin offenbar als Provokation empfunden. Nur zwei Tage später jedenfalls berichtete Bild unter Berufung auf »deutsche Sicherheitskreise«, daß die Putschregierung in Kiew »von Dutzenden Spezialisten« von CIA und FBI beraten werde, die dabei helfen, die Rebellion im Osten des Landes zu beenden.

Und so führt der rote Faden von den militanten 1940er Nachkriegsjahren und dem Elitenberater Allan W. Dulles über die Zusammenarbeit mit ukrainischen Nazikollaborateuren wie Mikola Lebid bis hin zur waffenlosen »Soft power« der Intellektuellenförderung durch CIA wie NED und nun zu einer wieder militanten Gegenwart mit CIA-Beratern beim »Antiterror«-Krieg in der Ostukraine. Dazu passen auch die aktuellen Aussagen von Semjon Semjontschenko, dem Anführer des rechtsnationalen ukrainischen Bataillons »Donbass«, der eigenen Angaben zufolge derzeit in Washington weilt, um Gespräche mit US-Politikern zu führen und ein Training seiner Kämpfer durch die US-Armee zu vereinbaren. Semjontschenko gehört zu den Hardlinern, die auch Poroschenko intern unter Druck setzen.
Ob diejenigen Kräfte, die, wie der eingangs zitierte John Mearsheimer, die Ukraine jetzt zu einer Brücke und eben nicht zu einem Frontstaat machen wollen, an Einflüssen gewinnen können, steht derzeit in den Sternen.

Anmerkungen

1 Richard Breitman und Norman J. W. Goda: »Hitler’s Shadow: Nazi War Criminals, U. S. Intelligence, and the Cold War«. U. S. National Archives, 2010

2 ned.org/where-we-work/eurasia/ukraine

Der hier abgedruckte Text ist eine ergänzte Version eines Kapitels aus dem aktuellen Buch »Wir sind die Guten. Ansichten eines Putinverstehers oder wie uns die Medien manipulieren« von Paul Schreyer und Mathias Bröckers aus dem Westend Verlag in Frankfurt am Main. Der Titel ist im jW-Shop erhältlich.

Mein Kommentar: Das Muster wiederholt sich, im Iran, in Venezuela, in Ägypten, und befolgt dabei die von Naomi Klein beschriebene Schockstrategie. Und so katastrophal sind auch die Reultate.

Jochen

Schockstrategie: Unabhängiges Forschungsinstitut sieht die Hauptschuld an Ukraine-Krise bei m Westen. Ein russischer Abgeordneter bekommt Paranoia ?

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Schock-Strategie_Naomi_KleinJa, wenn man sich Teil A anschaut, kommen einem die Bedenken eines russischen Duma-Abgeordneten in Teil B gar nicht mehr so wie eine Verschwörungstheorie vor.
Es sind stufenweise Fortsetzungen der von Naomi Klein als erste beschriebenen Schockstrategie.
Die Ukraine wird wie damals Jugoslawien zivil zerschlagen, um einen Staat des „freien Unternehmertums“ daraus zu machen. Und das ist nur die Vorwärmung für den neuen Feldzug gegen Russland, nach Napoleon, Hitler und Reagan, alles im Namen der Freiheit des Eigentums.

A. Council on Foreign Relations sieht Hauptschuld an Ukraine-Krise beim Westen

http://www.heise.de/tp/artikel/42/42618/

Roman Baudzus 26.08.2014

So unglaublich diese Überschrift auch klingen mag, sie ist doch wahr

Als ich einen in der vergangenen Woche publizierten Bericht in Foreign Affairs, dem medialen Sprachrohr des Council on Foreign Relations (CFR) überflog, musste ich mir erst einmal kräftig die Augen reiben, um mir bewusst zu werden, ob ich auch wirklich richtig gelesen hatte.
Der CFR ist einer der weltweit vier wichtigsten privaten Think Tanks und unter anderem eng mit Chatham House verwoben.

Immerhin steht Chatham House unter der Schirmherrschaft der britischen Queen Elizabeth II. Einzelne Schlüsselprojekte werden laut wikipedia.de[1] durch die Rockefeller-Stiftung, die Konrad-Adenauer-Stiftung, die NATO und die Europäische Union finanziert.
Dem Gros der westlichen Mainstreammedien war dieser Bericht bisher keine Silbe wert. Wie passt das im Angesicht der aktuellen Entwicklungen in der Ukraine alles noch zusammen?

Wer sich an den zu Beginn dieses Jahres erfolgten Putsch in der Ukraine erinnert, wird sich darüber gewahr sein, dass das amerikanische Außenministerium in den letzten Jahren nach eigener Aussage[2] mehr als $5 Milliarden in Maßnahmen investierte[3], die dazu beitragen sollten, die Ukraine politisch und wirtschaftlich in die Arme des Westens zu treiben.
In diesem Zuge bleibt das abgehörte und auf Youtube veröffentlichte Telefongespräch[4] zwischen Geoffrey Pyatt, dem US-Botschafter in Kiew, und der stellvertretenden US-Außenministerin Victoria Nuland unvergessen.

Darin fiel auch der inzwischen berühmt gewordene Satz „Fuck the EU“.

Wir wollen in diesem Kontext auch nicht vergessen, dass Victoria Nuland ehedem Beraterin von US-Vizepräsident Dick Cheney und zwischen 2005 und 2008 US-Botschafterin bei der NATO gewesen ist. Der Kreis schließt sich, wenn man bedenkt, dass Victoria Nuland mit Robert Kagan, Politikberater in Washington und einer der bekanntesten Neokonservativen (Neocons) in den Vereinigten Staaten, verheiratet ist.
Kommen wir nun zurück auf Foreign Affairs, den medialen Arm des Council on Foreign Relations – dem amerikanischen Gegenstück zu Chatham House -, eine Publikation, die in einem Turnus von allen zwei Monaten veröffentlicht wird.

Dort heißt es in der Ausgabe September/Oktober 2014 in einem Bericht[5] von John Mearsheimer in der Überschrift wie folgt:

Dieser Bericht liest sich – so unglaublich es auch anmuten mag – wie eine lange Litanei der kritischen Auseinandersetzung mit der Vorgehensweise des Westens, der die Schuld an der stetig eskalierenden Lage in der Ukraine allein Russland in die Schuhe zu schieben gedenkt.
Da werde in den offiziellen Regierungsstäben, dem Vorsitz der NATO und westlichen Medien der Eindruck einer Annexion der Halbinsel Krim durch Russland das Wort geredet. Diese Annexion sei laut offiziellen Verlautbarungen des Westens lediglich als Auftakt zur eigentlichen Zielerreichung des Moskauer Kremls zu interpretieren.

Und diese Ziele setzten sich allein aus weiteren Gebiets- und Territorialexpansionen in der Ukraine und anderen osteuropäischen Staaten zusammen, ganz im Sinne einer anvisierten Revitalisierung der einstigen Sowjetunion.

Foreign Affairs Autor John Maersheimer kommt in seiner Analyse hingegen zu ganz anderen Ergebnissen: nämlich, dass Washington und dessen europäische Verbündete die Hauptschuld an der Ukraine-Krise trügen. Wer es nicht glaubt, hier sei ein Zitat aus seinem Originalbericht eingestellt. Dort heißt es:

Was eindeutig hinter den Aktivitäten des Westens stecke, sei „das Ziel einer Erweiterung der NATO, die Ukraine vom Einfluss Russlands zu befreien und das Land in die westliche Sphäre zu integrieren“.

Dass die Einkreisungspolitik der NATO gegenüber Russland dabei genauso aggressiv wirken muss, wie dies jeweils auch im Hinblick auf China und den Iran der Fall ist, will westlichen Regierungsoffiziellen vielleicht nicht einleuchten oder es kümmert sie ganz einfach nicht.

Im Herzen Europas wird auf diese Weise der Weg für einen neuen Krieg geebnet. Wir alle müssen uns hinterfragen, ob wir ein solches Resultat nach den historischen Ereignissen des Ersten und Zweiten Weltkriegs tatsächlich noch einmal auf europäischem Boden erleben wollen. Die Antwort auf diese Frage muss, kann und darf nur NEIN lauten!

Und dieses NEIN sollten wir Washington, das ganz offensichtlich seine eigenen und selbstsüchtigen Ziele im Vorhof des russischen Bären verfolgt (Stichwort: Gasexploration -> siehe Hunter Bidens Berufung[6] ins Board des größten ukrainischen Gasproduzenten Burisma Holdings, Ausverkauf[7] von ukrainischem Agrarland an ausländische Investoren, auf dessen Basis Lebensmittelprodukte für die ukrainische Bevölkerung demnächst unerschwinglich werden dürften, sowie Sicherung und angestrebte Kontrolle[8] der durch die Ukraine führenden Pipelinerouten nach Europa) entgegen rufen.

Der Krieg in der Ostukraine und der IWF

Einige Leser werden sich vielleicht die Frage stellen, warum es im Angesicht der humanitären Lage in der Ukraine nicht endlich zu Gesprächen um einen Waffenstillstand zwischen dem durch den Westen hofierten Putschregime in Kiew und den ostukrainischen Separatisten kommt?

Die Antwort auf diese Frage könnte sich aus einem jüngst publizierten Strategiepapier[9] des Internationalen Währungsfonds (IWF) ableiten, in dem es heißt, dass Kiew zur Sicherung und zum Erhalt seiner mit dem IWF vereinbarten Bailout-Tranchen in einer Gesamthöhe von $17 Milliarden unbedingt die gegen Kiew aufbegehrenden Regionen im Osten und Süden des Landes wieder unter seine politische und militärische Kontrolle bekommen müsse.

Andernfalls dürfte diese Bailout-Zusage im Angesicht einer immer stärker abstürzenden Hrywna sowie einer explodierenden Auslandsverschuldung, die zuletzt die Marke von $140 Milliarden erreichte, auf der Kippe stehen. Berechtigte Frage ist und bleibt, auf welche Weise diese immense Staatsverschuldung im Angesicht einer gegenüber dem US-Dollar seit 2007 um mehr als 65% abwertenden Hrywna jemals zurückgezahlt werden soll?

Die Provokation durch das Raketenabwehrsystem

Ich möchte an dieser Stelle noch auf einen anderen Faktor eingehen, den insbesondere Dr. Paul Craig Roberts, ehedem stellvertretender Finanzminister der Vereinigten Staaten in der Regierung von Ronald Reagan und einst Mitherausgeber des Wall Street Journal, in letzter Zeit immer wieder in den Vordergrund seiner Analysen rückte.
Unter dem Vorwand, Europa gegen nicht existente Atomraketen aus dem Iran zu schützen, werde sowohl in Washington als auch in der NATO der Plan verfolgt, einen Teil eines neuen Raketenabwehrsystems (anti-ballistic missile bases oder kurz ABMs) in der Ukraine zu installieren, das selbstverständlich nur gegen Russland gerichtet sein könne.

Die auch durch Foreign-Affairs-Autor Maersheimer angesprochene Einkreisungspolitik Russlands durch die NATO könne eigentlich nur dem strategischen Langfristziel dienen, um sich mit Hinblick auf einen potenziellen Atomkrieg einen Vorteil gegenüber Russland durch die Installation eines derartigen Raketenschirms zu verschaffen.

Dr. Paul Craig Roberts bezieht sich in seiner Analyse nicht nur auf seine eigenen Erfahrungen und Quellen, über die er im politischen Washington nach wie vor in Hülle und Fülle verfügt, sondern bezog sich in einem seinereigenen Berichte[10] vom 30. Mai 2014 ebenfalls auf einen Report in Foreign Affairs, der seiner Ansicht nach Grund zur Skepsis und vor allem Besorgnis sei.

Danach sei die Tatsache beängstigend, dass die Neocons, welche die US-Außenpolitik bestimmten, fest davon überzeugt seien, dass die Vereinigten Staaten das Recht auf einen „präventiven Nuklearschlag“ gegenüber Russland hätten.
Die diesem haarsträubenden Gedanken zugrundeliegende Theorie namens „The Rise of U.S. Nuclear Primacy“ wurde im Jahr 2006 formuliert, um – wie weiter oben angesprochen – ebenfalls in Foreign Affairs des Council on Foreign Relations veröffentlicht zu werden.
Dieser Theorie liegt der gefährliche Gedanke zugrunde, dass die USA einen erfolgreichen Atomarerstschlag gegenüber Russland (und vielleicht auch China) durchzuführen imstande seien, um in diesem Zuge die Atomarsenale beider Staaten zu zerstören. Wie gefährlich allein nur der feste Glaube an ein solches Szenario unter führenden Köpfen in Washington ist, zeigt auf, wie groß die Risiken sind, die sich aus einer nahezu unfassbaren Selbstüberschätzung dieser Neocon-Strategen ableiten.

Man stelle sich vor, was im Westen los wäre, wenn Russland – wie seinerzeit die Regierung der Sowjetunion – den Versuch unternehmen würde, ein ähnliches Raketenabwehrsystem oder gar eigene Atomraketen in Venezuela, auf Kuba oder in Nicaragua zu installieren. Eine Reihe von Lesern wird sich an die damalige Kuba-Krise gewiss noch gut erinnern können, welche die Welt an den Rand des Ausbruchs eines Dritten Weltkriegs brachte.

Gerade mit Blick auf die aktuellen Ereignisse ist es mehr als nur verwunderlich, wenn mit Foreign Affairs ein führendes mediales Sprachrohr der amerikanischen Neocons nun plötzlich dem Westen – und somit in erster Linie Washington – die Hauptschuld am Entstehen der Ukraine-Krise anlastet.
Autor Maersheimer erteilt Russlands Staatspräsident Putin fast schon Absolution, wenn es in seinem Bericht heißt, dass eine demokratisch legitimierte Regierung in Kiew aus dem Amt geputscht wurde, worauf Putin die Halbinsel Krim besetzt habe, in der Furcht, dass die NATO dort ansonsten eine eigene Marinebasis eingerichtet hätte.

Russlands Staatspräsident Wladimir Putin sei kaum etwas anderes übrig geblieben, als sich den andauernden Destabilisierungsbemühungen des Westens im russischen Vorhof mit Verve entgegen zu stellen. Mit Blick auf China kommt Foreign Affairs Autor Maersheimer ebenfalls zu einem von dieser Seite gänzlich unerwarteten Analyseergebnis. Es heißt in seinem Bericht wörtlich:

Nun, was lässt sich dazu noch sagen? Leser, die des Englischen mächtig sind, sollten den Bericht[11] von John Maersheimer definitiv in Gänze durchlesen. Es lohnt sich!
Welche Beweggründe dahinterstecken mögen, dass sich die aktuelle Ausgabe von Foreign Affairs des Council on Foreign Relations derart kritisch mit den geopolitischen Strategien Washingtons und des Westens auseinandersetzt, vermag ich nicht zu sagen.
Ich halte diese Entwicklung ehrlich gesagt für ein kleines Wunder. Und damit möchte ich abschließend auf die eingangs gestellte Frage zu diesem Bericht zurückkommen, die da lautete: Wie passt das im Angesicht der aktuellen Entwicklungen in der Ukraine alles noch zusammen?
Die Crux im Hinblick auf meine Frage ist, dass ich den Protagonisten, die seit dem Ende des Ersten Weltkriegs maßgeblich die Geschicke in der Welt und die Entwicklungen im Nahen und Mittleren Osten mit bestimmen, derart viel Selbstkritik einfach nicht zutraue.

Roman Baudzus ist Co-Gründer des Wirtschafts- und Finanzblogs wirtschaftsfacts[12], der sich stets auch mit geopolitischen Themen und Entwicklungen auseinandersetzte.

Anhang: Links

[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Chatham_House
[2] https://www.youtube.com/watch?v=U2fYcHLouXY
[3] http://www.globalresearch.ca/american-conquest-by-subversion-victoria-nulands-admits-washington-has-spent-5-billion-to-subvert-ukraine/5367782
[4] https://www.youtube.com/watch?v=MSxaa-67yGM#t=89
[5] http://www.foreignaffairs.com/articles/141769/john-j-mearsheimer/why-the-ukraine-crisis-is-the-wests-fault
[6] http://burisma.com/hunter-biden-joins-the-team-of-burisma-holdings/
[7] http://m.wnu-ukraine.com/news/economy-business/?id=3617
[8] http://bigstory.ap.org/article/ukraine-open-eu-us-firms-co-managing-pipeline
[9] http://www.globalresearch.ca/the-imfs-rescue-package-coercing-ukraine-into-a-civil-war/5380347
[10] http://www.paulcraigroberts.org/2014/05/30/lethality-nuclear-weapons/
[11] http://www.foreignaffairs.com/articles/141769/john-j-mearsheimer/why-the-ukraine-crisis-is-the-wests-fault
[12] http://www.cashkurs.com/kategorie/wirtschaftsfacts/

Anmerkung: Der Enthauptungsschlag gegen Russland ist seit 1947 fest und dauerhaft in der Planung der US-Militärstrategen.
Dem kan leider die auf den Knochen der Wismutkumpel schnell aufgebaute russische Atombombe zuvor.
Und diese Kumpel, denen wir es verdanken, von einer atomaren Zerstörung Europas verschont geblieben zu sein, müssen heute noch um ihre kargen Renten kämpfen.
Und nun zu einem Angstgebäude, das einem nach dem oben beschriebenen nicht mehr wie paranoia vorkommt:

B. Der nächste Maidan findet im September in St. Petersburg statt

Interview mit Evgenii Alexejewitsch Fedorow, Abgeordneter der Duma der Russischen Föderation

http://www.yy-welt.com/der-naechste-maidan-findet-im-september-in-st-petersburg-statt/

Veröffentlicht am 11. August 2014 von brokenarm
Transkript eines Gespräches mit Evgenii (Jewgenji) Alexejewitsch Fedorow, einem Abgeordneten der Staatsduma, des Parlamentes der Russischen Föderation (1993-1996; seit 2003 bis heute). Er ist Mitglied der Partei Einiges Russ­land, der auch Vladimir Putin angehört und deren Vorsitzender Dimitri Medwedew ist.

Er selbst ist Mitglied des zentralen Politrates der Partei. Unter anderem ist er auch Vorsitzender des Komitees für die Wirtschaftspolitik und das Unternehmertum der Staatsduma. Kernthese des Gespräches ist die Aussage Fedorows, dass die US-Regierung, ausgehend von Unruhen bei den Gouverneurswahlen in St. Petersburg im kommenden September, einen Umsturz in Russland plant.


Evgenii Alexejewitsch Fedorow: Aus der Sicht der Vereinigten Staaten hat in Russland eine orangene Revolution oder Intervention begonnen. Sie hat vor etwa einem Monat begonnen.

Interviewer: Seit wann?

Seit den Diskussionen über die Wahlen in St. Petersburg.
Ich erkläre das: Es ist schon klar, dass die Amerikaner einen Schlag gegen Russland mit einem Schlag gegen St. Petersburg beginnen.
Das heisst, sie werden ihren ersten Schlag dort während der Gouverneurswahlen im September1 landen.

Wollen Sie sagen, sie wollen dort ihren Gouverneur installieren?

Nein, sie brauchen nicht einfach ihren Gouverneur, sie brauchen ganz Russland und nicht nur St. Petersburg. Sie haben berechnet, dass St. Petersburg das schwache Glied ist.
Eine verwundbare Stelle. Eine Offensive fängt normalerweise mit einem Angriff auf die schwächste Stelle an. Warum ist es die schwächste Stelle?
Traditionell ist St. Petersburg die Stadt mit der stärksten Opposition. Der Anteil der Opposition in Moskau liegt bei etwa 30 %, in St. Petersburg bei etwa 40 %.
Es gibt dort das Poten­tial, das Gleichgewicht der Macht, liberale Ansichten und so weiter. Das hat Tradition.

Nun, es ist kein Zufall, dass Petersburg der Geburtsort von drei russischen Revolutionen war! Es ist westlicher, würde ich sagen. Dort ist eine bestimmte Mentalität entstanden.
Es gibt dort eine bessere und stärkere Stellung oder Basis. Und zweitens ist es eine Stadt von grossem symbolischem Wert. Das ist Putins Stadt!
Anders gesagt, ein Schlag gegen Putin durch Petersburg ist wie ein Schlag gegen Russ­land durch die Ukraine. Und die Amerikaner wissen das.
Vor zwei bis drei Wochen hielt der US-Botschafter in einem der Moskauer Theater ein geschlossenes Treffen ab, bei dem er offen sagte, dass der erste Schlag in St. Petersburg erfolgen wird, während der Wahlen im September.
Das ist schon in Vorbereitung. Ich weiss, dass die Amerikaner für Dmitrieva2 arbeiten, über die fünfte Kolonne.

Was bedeutet dieser Schlag? Wie wird er aussehen? Wird der Maidan tatsächlich in St. Petersburg beginnen?

Nein, das ist nur eine Probe.
Sehen Sie, wenn wir von der orangenen Intervention oder Revolution reden, obwohl es passender wäre, «eine Intervention» dazu zu sagen, eine Revolution ist ein innerer Prozess, während eine Intervention von aussen kommt.
Es ist eine Art von Invasion, wie eine Landung oder wie eine Invasion fremder Truppen in einem Krieg. Das ist eine Art des Eindringens, die die schwächsten Stellungen angreift, wo der Boden am besten bereitet ist.
Die Amerikaner sammeln ihre Kräfte für die orangene Intervention in bestimmten Gebieten. Sie haben Orte festgelegt für eine Intervention.
Sie haben St. Petersburg als ersten Ort gewählt. Der Prozess hat begonnen.
Der Prozess wird unterstützt, die ganze Geschichte mit der frühen Wahl in St. Petersburg ist kein Zufall. Da ist auf der einen Seite die fünfte Kolonne in Russland, die mitspielt, und auf der anderen Seite der Druck von «jenseits der Strasse». Die gehören zusammen.
Sie haben dieses schwache Glied ausgesucht, eine relativ schwache Stelle. Was heisst das?

Zuerst werden sie so viel Geld in die Wahlen in St. Petersburg stecken, wie all die Kandidaten nur ausgeben können. Sie werden allen Kandidaten Geld geben, nur nicht Poltawtschenko3.
Anders gesagt, sie werden jeden beliebigen Betrag bieten. Wohlgemerkt, sie werden nicht verlangen, die Ideologie zu ändern. Sondern nach dem Motto: Hier sind die [Geld-]Säcke, macht damit, was ihr wollt. Das ist der erste Faktor.
Der zweite Faktor: Sie werden die gleichen ausgebildeten jungen Leute nach Petersburg schicken, die gleichen Kämpfer, die sie für die Ukraine vorbereitet haben. Wenn nötig, geben sie ihnen russische Pässe.

Die Gesamtzahl der Kämpfer in Russ­land, die von den Amerikanern vorbereitet wurden, reicht von 50 000–100 000. Auf Basis der Ukraine.
Natürlich, sie könnten sie nicht herauspicken, [denn] sie sind Russen in reinster Form. Diese Leute werden nach Petersburg kommen und dort in grosser Zahl Wohnungen mieten.
Ihr Auftrag wird sein, Provokationen durchzuführen, wenn nötig militärische Provokationen.

Was bedeutet das alles? Es bedeutet: Terroristische Aktivitäten! Der Rechte Sektor hat, wie Sie wissen, kein Problem mit terroristischen Aktivitäten.

Das stimmt!

Sie kennen keine moralischen Schranken. Wenn man ihnen in St. Peterburg Gewehre gibt, hätten sie kein Problem damit, aus einem Auto auf Menschen zu schiessen.
50 000–100 000, das ist wie ein friedlicher Anteil. Das heisst, sie können, wenn nötig, mit Knüppeln bewaffnet werden.
Und gleichzeitig spielt die fünfte Kolonne mit. Dmitrieva taucht in Petersburg auf und Navalny4 in Moskau, das war die Arbeit der fünften Kolonne.
Die Arbeit der fünften Kolonne wird von oben organisiert und vorangetrieben aus Moskau. Nicht von unten, dort kam sie nicht durch die Barriere.

Nur einige Beispiele: Das heisst, selbst wenn die fünfte Kolonne aus der Spur gerät, haben die Amerikaner etwas, um sie zu ersetzen. Sie haben den Angriff schon begonnen!
Das ist eine unmittelbare Antwort auf die BRICS-Staaten, die Bildung einer anti-amerikanischen Koalition und die Befreiungsbewegungen auf der Welt und die Offensive in der Ukraine, wo die Rebellen die Invasoren in Donezk und Lugansk zurückgeschlagen haben.
Das ist eine andere Art der Invasion in Russland. Die eine ist militärisch, die andere nicht.
Ein «orangenes» Interventions-Szenario ist überall gleich. Der jüngst ernannte US-Botschafter in Russland5 ist ein erfolgreicher Fachmann für solche Revolutionen.
Er hat persönlich schon zwei solcher Umstürze angeleitet: in Georgien und in der Ukraine. Beide waren erfolgreich, beide Präsidenten wurden ersetzt.

Für ihn ist das eine ziemlich erprobte Technik. Sogar für ihn persönlich. Insgesamt haben die Amerikaner zwanzig Interventionen dieses Typs durchgeführt, drei davon hat er persönlich angeleitet.
Jetzt haben sie Petersburg als Ausgangsbasis für die Invasion ausgewählt. Ihr nächstes Ziel ist es, Petersburg zu destabilisieren, die Lage »durchzurütteln» und wenn möglich zur zweiten Runde des Plans zu gelangen.
Die zweite Stufe ist ein bewaffneter Aufstand. Das steht schon fest.
Wenn die zweite Stufe scheitert, dann gibt es gewaltige Strassenkämpfe, Provokationen, Kämpfe, kurz Destabilisierung. Das ist schon ziemlich klar.

Sie können Ihrem Video einen neuen Titel geben: Die orangene Intervention gegen Russ­land hat bereits begonnen!

Evgenii Alexejewitsch, haben wir richtig verstanden, dass die USA auf innere Proteste in St. Petersburg setzen und nicht in Moskau?

Nein, sie zählen auf eine Reihe von Brennpunkten.

Nun, wenn sie 2012 versucht haben, in Moskau Massenproteste zu organisieren, werden sie dasselbe auch in St. Petersburg versuchen?

Im Prinzip ja. Dieselbe Sache, nur mit neuer Technik!
Zuerst ist das der ukrainische Faktor: Hunderttausend Leute, die eine Gehirnwäsche hinter sich haben. Die Propaganda dort verwandelt Menschen in Tiere.
Ihre Position ist stärker geworden, falls sie es nicht bemerkt haben.
Wissen Sie, die Leute sehen zu, und viele freuen sich über die Siege in der Ukraine. Das sind keine Siege! Da gibt es einige taktische Gewinne, aber keine Siege.
Noch vor sechs Monaten hatten wir ein neutrales Nachbarland.
Jetzt haben wir ein Land mit über 40 Millionen Einwohnern, das Russ­land mit militärischer Feindseligkeit gegenübersteht.
Was für ein Sieg ist das? Und mehr noch, sie haben eine russische Bevölkerung.
Das ist ein Land, das für eine Invasion Russ­lands durch die orangenen Eindringlinge modernen Typs eine gute Basis darstellt. Vor sechs Monaten war das noch anders.

Das heisst, das Machtgleichgewicht um Russ­land herum hat sich fundamental geändert. Geopolitisch haben wir eine schwere Niederlage erlitten.
Gestern hatten wir keine Feinde, und heute sieht unser Feind genauso aus wie wir selbst.
Tatsächlich ist das ein klarer Sieg für die fünfte Kolonne. Sie hat politisch und militärisch gewonnen, und von dort kann eine militärische Invasion Russ­lands starten.
Das ist eine sehr gewaltige Veränderung der Lage.

So war es nicht während der Moskauer Ereignisse. Da gäbe es einige Leute aus dem Baltikum, aus der Ukraine, aus der ganzen Welt. Aber sie hatten keine Basis für eine Invasion.
Jetzt haben sie eine riesige Basis. Das ist eine grundsätzliche Veränderung der Lage! Ja, wir sind jetzt besser vorbereitet … Das heisst, es wird grossflächige Strassenkämpfe geben in St. Petersburg. Ich würde es keinen Krieg nennen, aber grossflächige Strassenkämpfe.
Wir können schon vorhersagen, dass das im September passieren wird. Das heisst nicht, dass die Amerikaner ganz Russland gewinnen.
Sie werden ein Sprungbrett schaffen, für eine Invasion in Moskau nächstes Jahr.

Also selbst wenn sie verlieren, werden sie «Lärm schlagen»?

Nein, sie werden sicher verlieren. Es ist nötig, das politische System zu verstehen.
Formal betrachtet werden sie sicher keinen Amerikaner wählen. Das ist klar, und sie setzen sich das nicht zum Ziel. Ihr Ziel ist es, die Destabilisierung anzufangen. Da können wir eine ganze Liste vorlegen. Zum Beispiel werden sie die Wahlen in St. Petersburg zur Fälschung erklären. Ganz bestimmt!
Was auch geschieht, sie werden verkünden, die Wahlen seien gefälscht. Sie werden Unruhen organisieren, unter diesem oder einem anderen Vorwand. Das ist ihr Handlungsgerüst.

Wenn diese dritte Revolution für den US-Botschafter ein Erfolg sein soll, dann wird sie genauso wie die vorangehenden. Es wird das kraftvolle Werk der fünften Kolonne.
Poli­zisten werden sich in St. Petersburg eigenartig verhalten, städtische Vertreter, Bezirks­chefs beispielsweise, die auf einmal gegen den Gouverneur kämpfen werden, dem sie unterstellt sind. Das ist alles die Tarnung für dieses System der Invasion.
Es wird ein ganzes Bündel seltsamer Geschichten geben. Wie auch immer, sie sind nur dann eigenartig, wenn man den Kopf in den Sand steckt. Und das ist die Linie, die sie heute verfolgen, als würde nichts geschehen.

Kein Wettbewerb, nichts dergleichen. Aber wenn man das Ganze im Zusammenhang des globalen Wettbewerbs betrachtet, dann sind eine Invasion Russlands und eine Zerstörung der russischen Bevölkerung und des Staates absolut logische Dinge. Dann ist die Invasion unterteilt in Elemente und Stufen.
Die erste ist, ich wiederhole, St. Petersburg. Das ist bereits klar. Darum glaube ich, dass die NLM («Nationale Befreiungsbewegung») die Mobilisierung erklären wird, ein Unterstützungsprogramm für unsere Abteilung der NLM in St. Petersburg, die sich natürlich erheben wird, um ihre Stadt vor den fremden Invasoren zu schützen. Das ist klar.

Evgenii Alexejewitsch, Sie haben gesagt, die Polizei wird anfangen, sich eigenartig zu benehmen, aber es ist klar, dass sie unter Befehl steht.

Es gibt verschiedene Arten Polizei. Einige werden sich seltsam verhalten, andere nicht. Aber man wird eigenartige Dinge sehen.

So haben sie es in Kiew gemacht. Niemand hat Befehle erteilt beispielsweise. Das ist es, was ich meine.

Die Polizei in Kiew hat sehr seltsam reagiert. Am Schluss haben sie beschlossen, die Befehle zu ignorieren, aber es war zu spät.
Heisst das, wir können nichts aus dieser Geschichte lernen?

Versuchen wir, Mascha, Ihre Frage zu beantworten. Die Tragödie in Kiew ist einige Monate her und endete im März.
Hat irgendwer sie in Russland analysiert? Haben Sie das von irgend jemandem bemerkt? Irgendeine Talk-Show?
Ich mache das natürlich, aber ich rede von den offiziellen Medien, den Vertretern der Macht.

Nein!

Mit anderen Worten, da entfaltet sich eine riesige Katastrophe, die zum Tod von Zehntausenden führt.
Und niemand, nicht eine einzige Talk-Show, versucht das zu analysieren?
Ja, natürlich, Talk-Shows sind dumm. Es ist völlig offensichtlich, dass die Analyse der Situation in der Ukraine von Russland verhindert wird. Es ist nicht erlaubt.
Wer erlaubt es nicht? Dieselben Spieler, die dieses Drehbuch für Moskau vorbereiten, für den Rest von Russ­land und St. Petersburg. Das ist die fünfte Kolonne in der Regierung, die genug Macht hat, eine Analyse der Lage zu verhindern. Wir werden daran gehindert, Informationen zu vermitteln.
Die NLM führt offensichtlich eine Analyse durch, aber wir werden blockiert. Es wird nicht erlaubt, die Analyse an die Medien zu geben. #
Unsere Aktivisten werden in den Regionen behindert, wo sie versuchen, Losungen zu verbreiten. Es wird ihnen nicht einmal erlaubt, sie zu diskutieren!

Ich möchte jetzt sagen, was wichtig ist in einer orangenen Intervention.
Die Hauptsache in einer orangenen Intervention sind nicht die Militanten, sondern die Arbeitsweise der fünften Kolonne in den Strukturen der Macht.
Beispielsweise wenn Offizielle, Generäle, Geschäftsleute und Herausgeber von Medien plötzlich anfangen, ihre Positionen zu ändern. Wörtlich von einem Tag auf den anderen – sie drehen um 180 Grad und folgen einer anderen Linie – nicht der, der sie bis zu jenem Tag gefolgt sind und der zu folgen sie einem Regierungsvertreter oder sonst jemandem versprochen haben.
Das ist die Veränderung und die Technik, solche Veränderungen vorzubereiten.

Wie geht die Kommunikation, die die Behördenvertreter dazu bringt, ihr Heimatland zu verraten? An jedem bestimmten Punkt gibt es einen genauen Plan.
Und der zweite Punkt, dieser Plan, der in den Vereinigten Staaten erstellt wurde, sorgt für hunderte Sorten kleiner Verrats, die in der Summe ein bestimmtes Ergebnis erzielen.
Ein höherer Staatsbeamter geht nicht auf den zentralen Platz und ruft: Ich bin ein Verräter! Obwohl wir das in der Ukraine gesehen haben.
Erinnern Sie sich an die Geschichte mit dem Leiter der Grenzwachen, der sagte, er würde seinen Kommandeur niederschlagen, wenn dieser die Befehle der Vereinigten Staaten nicht ausführen würde. So, dort gäbe es offenen Verrat. Aber der überwiegende Anteil, 99 % des Verrats, war verborgen.

Beispielweise ein General, der eine bestimmte Einrichtung schützen sollte, tauchte nicht auf. Er sagte: Ich habe verschlafen. Als ob, nun ja, er verschlief … Schwer zu verstehen.
Vielleicht wird er dafür gerügt. Anscheinend hat er keinen Verrat begangen, aber es fügt sich in den Plan des Verrats, und sein «Verschlafen» ist ein Teil des Plans. Er verschlief zur richtigen Zeit am richtigen Ort, und Zeit und Ort wurden von der besonders ausgebildeten Truppe genutzt, die wusste, dass er verschlafen würde. Das ist ziemlich klar, oder?
Das ist die Technik, und sie wird nicht analysiert.

Es ist verboten, sie zu untersuchen. Das heisst, es ist hundertprozentig hier in Arbeit. Dieselben Leute!
Eine Methode, gegen eine orangene Intervention zu kämpfen, ist eine Untersuchung dieser Technik. Eine Analyse, die nicht gemacht wird!
Weder die Gesellschaft, noch die Staatsdiener, noch die Poli­zei sind darauf schon vorbereitet. Ganz und gar nicht!
Wenn keiner das analysiert, dann ist es natürlich auch keine Vorbereitung. Andernfalls gäbe es eine Bereitschaft und Verständnis, um sich gegen Verrat im Falle des «verschlafenen Generals» zu schützen, es ist besser, zwei Generäle vorzuwarnen, der eine wird Verrat begehen, und der zweite wird rechtzeitig auftauchen. Sie verstehen das, oder?
Es gibt verschiedene Methoden des Kampfes, auf Grund eines Übergewichts der Macht. Daher ist Geheimhaltung ein wichtiger Bestandteil dieses Verrats. Diese Technik ist nicht wirklich verborgen, es ist nur verboten, sie zu studieren und zu untersuchen.

Sie versuchen, es zu vertuschen.

Sie unterdrücken das absichtlich. In dem Moment, in dem sie anfangen, die Techniken der ausländischen Intervention in der Ukraine zu vertuschen, können wir sicher sein, dass dasselbe für Russland vorbereitet wird. Die Vertuschung selbst ist schon die erste Phase der Vorbereitung.

Welche anderen Städte ausser St. Petersburg sind beteiligt?

Der erste Schlag erfolgt in St. Petersburg, aber es wird mehrere Unterstützungsangriffe geben in Kaliningrad, im fernen Osten, im Kaukasus durch Terrorismus und auf der Krim. Das sind die Hauptpunkte, die die Amerikaner gewählt haben. Und natürlich werden sie versuchen, in Moskau einzugreifen. Sie versuchen es gerade im Ural, nebenbei. Die Amerikaner haben sich in Yekatarinenburg eine solche Basis geschaffen. Ich meine, eine Basis für eine Invasion.

Wird all das gleichzeitig im September passieren?

Darauf einigen sie sich natürlich!

Die Kräfte der nationalen Befreiung, die ihnen widerstehen werden, sollen sich nicht an der Stelle sammeln dürfen, oder?

Ihr Ziel ist es zu verhindern, dass die Kräfte der nationalen Befreiung sich durchsetzen können. Die nationalen Befreiungskräfte sind stark genug, aber sie haben keinen Zugang zu den entscheidenden Strukturen in der Regierung. Da gibt es Putin, aber er trifft nicht die Entscheidungen.
Die Entscheidungen der Regierung werden von den Offiziellen der zweiten Reihe getroffen, die von den USA kontrolliert werden. Sie sorgen dafür, dass Putins Befehle nicht durchdringen. Wir sehen es überall. Nehmen wir mal die Rückholung der Unternehmen. Sie arbeiten direkt für die Amerikaner. Das sind die höchsten Regierungsvertreter und die in der zweiten Reihe.

Warum arbeiten sie für die Amerikaner? Die Amerikaner haben sie ausgewählt und auf ihre Positionen befördert auf Grund ihrer Ansichten. Liberaler Ansichten beispielsweise.
Sie werden durch Drohungen und Korruption in das System integriert. Beispielsweise bieten die Amerikaner Schutz und Abdeckung bei irgendwelchem kompromittierenden Material. Wenn sie den Amerikanern nicht zu Diensten sind, gehen sie ins Gefängnis. Ins Gefängnis hier in Russ­land. Nicht nur Polizisten der fünften Kolonne, auch ehrliche Polizisten.

Nehmen wir mal an, ein ehrlicher Polizist hat Material über einen korrupten Beamten erhalten. Daher ist er verpflichtet, ihn zu verhaften. Man könnte ihm sogar Geld geben, es zu tun.
Also warum ihn nicht verhaften, oder? Was aber, wenn das Material über diese Korruption der Grund war, der Hauptgrund, warum dieser Beamte diese Stellung erhielt?
Das sind die Techniken. Manche haben Kinder im Ausland … man stelle sich vor, das Kind wird irgendwo in London festgenommen. Das ist härter als die Einziehung von Vermögen.
Sie können es überleben, wenn ihre Paläste eingezogen werden, aber die Verhaftung eines Kindes, das ist eine andere Sache.
Wenn dieses Kind in Amerika festgenommen wird, könnte ihm die Todesstrafe drohen und in London lebenslängliche Haft. So!
Dieser Beamte wurde gerade rekrutiert. So gibt es einen Satz von Methoden für diese Arbeit.

Das sind die Hauptelemente einer orangenen Revolution. Nicht einmal die 100 000 Kämpfer!
Das Hauptelement der orangenen Revolution ist die fünfte Kolonne in den Strukturen der Macht.
Sie werden ihr Land Stück für Stück verkaufen. Sie werden es schrittweise verkaufen, nach einem Plan, der in den Vereinigten Staaten entwickelt wurde.
Das Ziel, das die Amerikaner für die Gouverneurswahlen in St. Petersburg gesetzt haben, ist, einen Ideologen aufzubauen und an den Start zu bringen, der Putin stürzen kann.

Dieses entwickelte Schema lässt sich auf alle russischen Bürger anwenden: im Fernsehen, im öffentlichen Raum usw. Die nächste Stufe, nächstes Jahr oder vielleicht etwas später wird das ermöglichen, das ganze Land in Brand zu setzen.
Das ist wie mit Fallschirmjägern, die abspringen und einen Brückenkopf errichten. Militärisch gesprochen entscheidet ein Brückenkopf nicht das Ergebnis eines Krieges, aber bereitet die allgemeine Offensive vor.
Dafür steht St. Petersburg. Wir nehmen die Situation in Petersburg sehr ernst.
Das heisst nicht, dass sie gewinnen, weil der Sieg die Befreiung von St. Petersburg von Putin nicht das Ziel ist.
Das tatsächliche Ziel ist, die allgemeine Offensive von St. Petersburg aus zu starten.

Verstanden! •

Quelle: als Video ursprünglich auf Poznavatelnoe.­tv und eafederov.ru; als Text in deutscher Übersetzung auf: http://www.yy-welt.com/der-naechste-maidan-findet-im-september-in-st-petersburg-statt/ vom 11.8.2014

Erläuterungen der Redaktion Zeit-Fragen
1 Am 14. September 2014 wird der Gouverneur von St. Petersburg neu gewählt. Die Wahlen wurden notwendig, weil der bisherige Gouverneur, Georgi Sergejewitsch Poltawtschenko, vom Amt zurückgetreten war.
2 Oksana Dmitrieva lehrt Ökonomie an der St. Petersburger Staatsuniversität für Wirtschaft und Finanzen. Sie ist Abgeordnete in der Duma der Russischen Föderation. Sie gehört der Partei «Gerechtes Russland» an und kandidiert bei den Wahlen am 14. September für das Amt des Gouverneurs von St. Petersburg.
3 Georgi Sergejewitsch Poltawtschenko ist seit August 2011 Gouverneur von St. Petersburg. Er war für dieses Amt vom damaligen russischen Präsidenten Medwedew vorgeschlagen und daraufhin vom Parlament in St. Petersburg mit grosser Mehrheit gewählt worden. Im Juni 2014 ist er von seinem Amt zurückgetreten, führt die Amtsgeschäfte aber bis zu den Neuwahlen weiter.
4 Alexei Anatoljewitsch Nawalny gehört zur Opposition gegen die russische Regierung. 2013 kandidierte er für das Amt des Bürgermeisters von Moskau, unterlag bei den Wahlen aber mit 27 Prozent der Stimmen.
5 John Tefft ist seit 31. Juli 2014 Botschafter der USA in Russland. Zuvor war er Botschafter der USA in Litauen (2000–2003), in Georgien (2005–2009) und in der Ukraine (2009–2013).

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Quelle: http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=1879

Jochen