Renaissance der Völkerausbeutung: (Neo-)Kolonialismus

Erst mal ein frohes neues Jahr an alle.
Die Welt ändert sich nur durch unsere Anstrengungen.
Dazu gehört es auch immer wieder, sich von Illusionen zu verabschieden.
Hier gibt es ein neues Buch von Gerd Schumann über Kolonialismus, dazu ein Vorabdruck der Einleitung in der jungen Welt – Hervorhebungen von mir:
https://www.jungewelt.de/2016/01-04/065.php
Auszüge:

Die Zeit der »Kolonialwaren«, »Lebens- und Genussmittel (aus Übersee)«, wie sie der Duden definiert, scheint vorbei. Hoch effektive Infrastrukturen spülen seit Jahrzehnten Kokosnüsse, Kakao, Kaffeebohnen, Tee, fernöstliche Gewürze zu Spottpreisen in die Discountmärkte des Massenkonsums.
»Kolonialwaren« – das klingt so antiquiert wie der Begriff »Kolonialismus« selbst, entstammend einer vermeintlich untergegangenen Epoche, Relikt des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, als Europa das ökonomische und politische Zentrum der Welt war.

Diesem Eindruck entsprechend wird auch und besonders in den Geschichtswissenschaften mit einiger Vehemenz und Beharrlichkeit die These vertreten, das koloniale System gehöre der Vergangenheit an. Spätestens seit den 1950er und 1960er Jahren, in denen die meisten Kolonialstaaten ihre Unabhängigkeit erlangten, sei das Kapitel abgeschlossen, wird häufig behauptet.
Ein Irrtum: Kolonialismus bleibt ein Wesenszug des Imperialismus. Formen von Repression und Ausplünderung mögen sich ändern, der aggressive Charakter des Gesellschaftssystems bleibt.

Der Kolonialismus als Teil des imperialistischen Systems existiert unabhängig davon, ob die »Kolonialwaren« als solche bezeichnet werden oder nicht.
Ihre Blüte erlebten die entsprechenden Güter erst im 1871 gegründeten deutschen Kaiserreich. Der Begriff verschwand dann 50 Jahre später mehr und mehr aus dem Sprachgebrauch und verlor seine ursprüngliche Bedeutung schließlich vollständig.
Das geschah in dem Maße, in dem sich zum einen die Kolonien befreiten oder einen neokolonialen Charakter annahmen und andererseits der Zugriff auf die Waren alltäglich wurde.

Aktuell zunehmend deutet manches darauf hin, dass sich der imperiale Kolonialismus lediglich in einer langsam auslaufenden neokolonialen Übergangsphase befindet und vor einer Wiederauferstehung steht: technologisch wie politisch auf dem Niveau eines hochentwickelten Imperialismus – manche sagen auch »Neoimperialismus«.
Der entstehe geschichtskonform unter den Vorzeichen einerseits der nun wieder unipolaren Weltordnung sowie einer besonders in den ehemaligen Kolonien durchschlagend negativ wirkenden Globalisierung.

Kanonenbootpolitik, Landnahme, Zollschranken und Enteignung, Fronarbeit, Rohstoffdiebstahl, Preisdiktate sowie die – direkte oder indirekte – Ausübung der politischen Herrschaft über andere Länder kennzeichneten den Kolonialismus seit jeher und nicht nur dessen »moderne« Periode seit der kapitalistischen Produktionsweise. Sie sind inzwischen zum Alltag in den Beziehungen der unterschiedlich verfassten Teile der Welt geworden.
Heute kontrollieren die – überwiegend im Norden der Erdhalbkugel angesiedelten – 500 mächtigsten transkontinentalen Privatgesellschaften weit über die Hälfte des Weltsozialprodukts. Der Reichtum einzelner hat nie geahnte Dimensionen erreicht. Die Zahl der Milliardäre verdoppelte sich innerhalb von zehn Jahren.
Zugleich sind Hunger, Elend, Unterdrückung der Armen »entsetzlicher denn je«, wie der Schweizer Soziologe Jean Ziegler konstatiert.

Die Geschichte des Kolonialismus handelt von der Ausplünderung von Ländern, die mit Blick auf den Entwicklungsstand der Produktivkräfte vergleichsweise weniger fortgeschritten sind, durch ökonomisch höher entwickelte Staaten und Staatengruppen. Die wirtschaftlich und militärisch schwächeren werden von den Apologeten der reichen Länder tatsächlich auch Kategorien wie »schwach entwickelt« oder »an der Schwelle stehend« zugeordnet. Denjenigen, die die Bewertung vornehmen, haftet die Arroganz der Macht an, was sie indes nicht weiter stört.

Deutungshoheit über Begriffe

Die Interpretation der Weltlage ergibt sich aus den Herrschaftsbedingungen. Folglich obliegt die Definition des Wortes »Kolonialismus« immer noch den »höher entwickelten« Ländern. Würden die von der Fremdbestimmung ihres Status Betroffenen das Sagen haben, wäre Schluss mit dem »Drumherumgerede, dem Drumherumgelaber« (Franz Josef Degenhardt).
Und hätte die globale Systemkonkurrenz nicht mit einer Niederlage des Sozialismus geendet, so hätten die – vorläufigen – Sieger der Geschichte nicht die Deutungshoheit über Begriffe, deren Wesen in Form von Abhängigkeit und Unterdrückung sie bestimmen.

Nebensächlich ist, ob zukünftig von einer »Renaissance des Kolonialismus«, von einem »Rekolonialismus« oder anderem die Rede sein wird: Die Fixierung von Begrifflichkeiten stellt sich häufig als Streit um des Kaisers Bart und also als wenig sinnvoll dar.
Entscheidend wird sein, mit welchen Methoden und Ergebnissen heutzutage – und das heißt: nach dem Ende der Bipolarität – auf dem Papier unabhängige Staaten gefügig gemacht werden.

An der Inbesitznahme von Land, Bodenschätzen und menschlicher Arbeit durch die Reichen des Nordens hat sich nichts geändert, außer dass nicht mehr ausschließlich staatliche Organe für die Absicherung ihrer Herrschaft zuständig sind, sondern die Privatwirtschaft zunehmend die Funktion der dritten Gewalt (der gesetzgebenden, jW) übernimmt.
»Erst haben sie uns die Menschen genommen, jetzt rauben sie uns das Land (…) – wir erleben die Rekolonisierung Afrikas«, stellte Pizo Movedi, Südafrikas UN-Botschafter, angesichts der riesigen Flächen, die inzwischen »durch Großkonzerne übernommen wurden«, bereits 2011 fest (Le Congolais, 3.1.2012).
»Landgrabbing« wird der aggressive Vorgang genannt – ein frisches Modewort für eine kriminelle Großtat, gekennzeichnet durch hohe, sich ständig selbst reproduzierende Gewalttätigkeit.

Landgrabbing der Multis

Die Produktivkraftentwicklung hat Tempo aufgenommen in neuen Dimensionen. Die Akkumulationsdauer von Produktionsinstrumenten der wissenschaftlich-technischen Revolution im IT-Bereich (Computerisierung der Produk­tion) liegt unter zwei Jahren.
Die Konzentration des Besitzes an den wichtigsten Produk­tionsmitteln in immer weniger Händen und Konsortien, die häufig unabhängig von nationalen Regierungen agieren, verläuft schnell wie nie.

Der seit Mitte des 20. Jahrhunderts praktizierte Neokolonialismus, der im Kern die Abhängigkeit von formal unabhängig gewordenen Staaten des Südens beinhaltete, wird zusehends ersetzt durch einen direkten Zugriff auf die Ressourcen und einen wachsenden Asatzmarkt. Der bleibt allerdings in den Drittweltstaaten auf die nationalen Eliten und eine sich herausbildende Mittelschicht beschränkt.

 

Multinationale Konzerne wie Chiquita, Lonrho, Daewoo, italienische, portugiesische, französische, kanadische, chinesische, belgische, japanische Großunternehmen – die Namen füllen Seiten – eigneten sich ganze Regionen an, auf Madagaskar, in der Demokratischen Republik Kongo, in Sierra Leone, Angola, Kamerun, Moçambique – kurz: in vielen der international »ASS« genannten 48 Staaten von »Afrika südlich der Sahara«. Sie legen dauerhaft naturzerstörerische Monokulturplantagen mit Ölpalmen, Mais, Zuckerrohr, Maniok, Soja und anderem an und produzieren aus Lebensmitteln sogenannten Biotreibstoff!

Die bisher häufig praktizierte Methode des Profitsystems, millionentonnenfach Nahrung zu vernichten, Kaffee und Getreide zu verbrennen oder ins Meer zu schütten, um Preise durch Verknappung zu stabilisieren und zu treiben, wirkt altbacken gegenüber einer Massenproduktion von Nahrungsmitteln zur Verfeuerung direkt vor Ort und Verwandlung in ein nicht mehr verzehrbares Produkt in den Ländern der Hungernden selbst – eben dort, wo die Hälfte der 700 Millionen ASS-Bewohner unter den direkten oder indirekten Folgen von Lebensmittelmangel leidet.
Jean Ziegler in seinem Buch »Wir lassen sie verhungern« dazu: »Wer auf einem Planeten, auf dem alle fünf Sekunden ein Kind unter zehn Jahren verhungert, Anbauflächen für Nahrung ihrem Zweck entfremdet und Lebensmittel als Kraftstoff verbrennt, begeht ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Auch die Herrscherfamilien reicher, fundamentalistisch verfasster Feudalregime wie Saudi-Arabien, einst selbst aufgestiegen aus der Unterwerfung durch das Osmanische Reich, stecken tief drin im Kolonialgeschäft mit Grund und Boden. Der Clan der Sauds verfügt über unbegrenzt scheinende finanzielle Mittel. Er hat Bargeldreserven von 700 Milliarden Dollar angehäuft und einen Großteil des Geldes in den USA investiert, unter anderem in Staatsanleihen – was in angespannten internationalen Lagen bereits mehrfach für einige Unruhe sogar in Washington, dem imperialen Mittelpunkt der Welt, sorgte.
In zwölf Staaten, darunter neun afrikanischen, wurden für Milliardenbeträge riesige Flächen aufgekauft. Derzeit befindet sich Saudi-Arabien unter den globalen Top Ten der Investoren in Sachen Landraub.

Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Oxfam wurden auf diesem Weg seit dem Jahr 2001 in Entwicklungsländern insgesamt rund 227 Millionen Hektar Land veräußert – eine Fläche etwa so groß wie Westeuropa – und also der überlebensnotwendigen lokalen Landwirtschaft entzogen. Der wichtigste Agrarinvestor in Äthiopien heißt Mohammed Hussein Al-Amoudi, ein saudischer Multimilliardär. Dessen Unternehmen Star Agriculture Development Company – »Entwicklung von Landwirtschaft«: welch ein Euphemismus! – kaufte Tausende Hektar in den fruchtbarsten Gebieten des nordostafrikanischen Landes und legte Zuckerrohrfelder an, deren Ernten dann in den chaotischen Autometropolen zwischen Addis Abeba und Lagos landen – in Kanistern.

»Es besteht eine gewisse Ähnlichkeit zwischen Globalisierung und Kolonialismus«, konstatiert der bürgerliche US-amerikanische Publizist William Pfaff.
»Vor 70 Jahren waren die liberalen Regierungen des Westens stolz auf den Fortschritt, die Erziehung und Förderung, die sie den ›rückständigen Völkern Asiens und Afrikas‹ zu bringen glaubten. In den Ausgaben der Encyclopedia Britannica vor 1940 war die Rede vom ›universal anerkannten Genius der Kolonisation‹. Von der ›Bürde des weißen Mannes‹, die Großbritannien in allen Breiten des Erdballs auf sich geladen hatte. Man erzählt uns heute, Globalisierung bedeute Fortschritt, Erziehung, Wohlstand und wirtschaftliche Modernisierung. Das ist nur die halbe Wahrheit. Gleichzeitig beschert sie der ›Dritten Welt‹ gesellschaftliche und politische Zerrüttung, die Vernichtung der kulturellen Grundwerte, den Ruin ihrer unterlegenen Industrie und Landwirtschaft

Pfaff selbst nennt jedoch auch nur einen Teil der Wahrheit, weil er die Verursacher der Misere auf der südlichen Hälfte der Erdkugel nicht beim Namen nennt. Es sind im wesentlichen die alten Kolonialmächte, die massiv Einfluss nehmen auf die zwischen Rang 103 und 187 liegenden Länder der Liste von »mittel« oder »schlecht« entwickelten Staaten (Human Development Index), aber auch viele der vorgeblich »gut« dastehenden Staaten zwischen Rang 50 und 102.
Ihnen reicht ihr bisher praktizierter neokolonialer Anspruch auf ein Abhängigkeitsverhältnis nicht mehr aus. Zunehmend benutzen sie militärische Mittel, erpressen Regierungen und schicken ihre »Berater« und »Ausbilder«, um ihren Zugriff direkter abzusichern und ihren Einfluss zurückzuerlangen oder auszubauen.

In den vergangenen Jahren, die vom – nun im globalisierten, vorgeblich weltoffenen Gewand daherkommenden – Kapitalismus entscheidend geprägt wurden, wurden historisch seit langem als gegeben vorausgesetzte Tatsachen und deren Interpretation einer Revision unterzogen.
Bestes Beispiel aus jüngerer Zeit dürfte die 2014, also 100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges geführte Diskussion darüber sein, ob denn dieses Völkermorden im globalen Maßstab tatsächlich ein Kampf um die Neuaufteilung der Welt gewesen und vom Deutschen Kaiserreich ausgegangen sei.

Zwar herrschte bisher weitgehend Einigkeit darüber, dass dieses ob seiner späten Gründung – und also wegen der lange durch feudale Fesseln und Kleinstaaterei gehemmten Produktivkraftentfaltung im zersplitterten »Deutschland« – bei der Aufteilung von kolonisierbaren Flächen »zu kurz gekommen« war. Es meldete folglich angesichts seiner sich nun explosionsartig entwickelnden volkswirtschaftlichen Potenz Nachholbedarf an, der letztlich nur kriegerisch zu befriedigen war.
Aber trotz dieser fundierten Bewertung bemühten sich Historiker um die Relativierung der deutschen Kriegsschuld.

Reaktionäre Kolonialforschung

Als »Phänomen Kolonialismus« bezeichnet Sebastian Conrad, Professor für Neuere Geschichte an der FU Berlin, jenes Herrschaftsmodell, das über Jahrhunderte das Leben auf der Südhalbkugel der Erde bestimmte. Das »Interesse« an jenem Phänomen nehme stetig zu, so Conrad in seinem von der Bundeszentrale für politische Bildung publizierten Aufsatz »Kolonialismus und Postkolonialismus: Schlüsselbegriffe der aktuellen Debatte«, obwohl bereits Anfang der 1960er Jahre »die meisten kolonisierten Nationen in die staatliche Unabhängigkeit entlassen wurden«.

Als Gründe für die Neubelebung der Debatte führt er indes nicht etwa die andauernde Abhängigmachung und deren Mechanismen an, unter denen die meisten Staaten der südlichen Hemisphäre leiden. Vielmehr werde »zum einen immer deutlicher, dass koloniale Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse ein wichtiger Bestandteil der Entwicklung der modernen Welt gewesen sind«. Und sicherlich seien »koloniale Beziehungen auch in der Gegenwart nicht vollständig verschwunden«, doch seien diese unter »Postkolonialismus« zu fassen, was bedeute, dass sie unter dem Vorzeichen der »Globalisierung« dabei seien zu verschwinden.

Das Gegenteil ist der Fall. Mit kriegerischen, erpresserischen, machiavellistischen Methoden versuchen alte und neue Kolonialmächte, dem Süden zu diktieren, was er zu tun hat. Zugleich streiten sie um ihre Einflusssphären – wie vor einem halben Jahrtausend Spanien und Portugal und vor 130 Jahren England, Frankreich, Deutschland, Belgien, Russland, weitere Mächte Europas sowie das Osmanische Reich auf der Berliner Kongo-Konferenz 1884/85.

Nach der russischen Oktoberrevolution 1917 und mit Etablierung eines global als Vorbild angebotenen antikapitalistischen Entwicklungswegs ab 1945 wuchsen die antikolonialen Gegenkräfte zu Gegenmächten. Viele befreiten sich vom Diktat des Imperialismus, der sich gezwungen sah, neue, »neokolonialistisch« genannte Wege der Einflussnahme zu beschreiten.

Der »Kolonialismus« wurde zum Teil der Geschichte und als solcher gehandelt. Dass er in jüngster Zeit von einer aktiveren Kolonialforschung als historische Erscheinung wieder neu ausgeleuchtet wird, dient vor allem einer Umdichtung seines reaktionären Charakters in ein fortschrittliches Instrument der Entwicklungspolitik: Koloniale Einflussnahme als Heilsbringerin, die Elend und Hunger dauerhaft beseitigt.
Propagiert wird so letztlich eine vorgeblich zivilisatorische Wirkung von Krieg, Versklavung und Völkermord. Die dafür verantwortliche weiße Herrschaft habe den »unterentwickelten« Völkern des Südens schließlich verschiedene Wohltaten gebracht, Infrastruktur, Bildung, Knowhow.
Diese »Wohltaten« werden in Beziehung zur kolonialen Tyrannei gesetzt, die auf diese Weise zum notwendigen Übel bei der Durchsetzung »der Zivilisation« relativiert wird.

Zugleich initiiert die aktuelle Historikerdebatte mit nationalistisch-chauvinistischen Wertungen eine ideologische Schlacht um vorgebliche Kolonialkompetenz.
Beispiel Kamerun: Von Deutschen bis 1914 regiert, entwickelte es sich effektiver als unter der nachfolgenden Herrschaft des französischen »Mutterlands«. Von der Industrie- und Handelskammer Niederrhein etwa wird behauptet, dass »viele Kameruner« die »Hinterlassenschaften der deutschen Kolonialzeit mit denen der Franzosen und Engländer« verglichen: »Sie sind der Meinung, dass Deutschland viel mehr für das Land getan hat als die beiden anderen Nationen.« (www.subsahara-afrika-ihk.de)

Strafen und Einschüchterung

Die Debatte dient jedenfalls revisionistischen Wünschen, die dem veränderten Einfluss der Großmächte untereinander Rechnung tragen und gleicht den zugespitzten Auseinandersetzungen im Vorfeld des Ersten Weltkrieges. Insofern könnte sie tatsächliche, handfeste Kontroversen verbal vorbereiten und diese dann begleiten.

Nach Meinung von Evo Morales, dem sozialistischen Präsidenten des »Plurinationalen Staates Bolivien«, ist der Kolonialismus der »politische und ideologische Zwilling« des Imperialismus. Beide zusammen seien »zwei Seiten einer Medaille«, und natürlich könnten die unterschiedlichen Dynamiken, mit denen sich die imperialistischen Machtzentren Japan, Europa und USA entwickeln, zu kolonialistischen Begehrlichkeiten untereinander führen.
Morales hatte sein Urteil über die Untrennbarkeit von Imperialismus und Kolonialismus im Juli 2013 gefällt, nachdem ihm und der Besatzung der bolivianischen Präsidentenmaschine, aus Moskau kommend, urplötzlich das längst erteilte Überflug- und Landerecht von Portugal entzogen worden war und auch Frankreich und Italien den Luftraum für seine Maschine sperrten. Sich der Supermacht aus Übersee beugend, praktizierten die altbekannten imperialistischen Kolonialmächte ihre überkommenen, von Anmaßung und Arroganz geprägten Methoden – und mussten eine Schlappe hinnehmen.

Der erste indigene Präsident Boliviens warf die Frage nach dem Verhältnis zwischen den ehemals großen Kolonialmächten der Welt auf. Dieses sei offensichtlich davon geprägt, dass die USA befehlen und Europa folgt. »Sie (die Europäer) empfinden nicht einmal mehr Scham darüber, dass sie kolonisiert sind und ihren Kolonisator auch noch zu decken haben.«
Die USA hätten bewiesen, so Morales weiter, »dass sie ihre Macht allein mittels Invasionen und unsichtbaren, aber effizienten Spionagenetzen aufrechterhalten können – ein Zeichen ihres Niedergangs. Ganz wie in der Kolonialzeit setzen sie auf eine Politik der Strafen und Einschüchterung gegenüber den rebellischen Völkern von Abya Yala (dem südamerikanischen Kontinent) und deren politischen Führern.«

Mit dem Ende der Bipolarität um das Jahr 1990 herum hatte der Westen unter unstrittiger Führerschaft der verbliebenen Supermacht USA vor einer Neuorientierung seiner Politik auch gegenüber der sogenannten Dritten Welt (nach der kapitalistischen und sozialistischen) gestanden, die von Hemmungslosigkeit gekennzeichnet war. Rücksichtnahme wegen politischer Sachzwänge, wirksam wegen existierender Alternativen, wurde überflüssig. Man präsentierte sich als Sieger der Geschichte, zelebrierte seine vorgebliche Überlegenheit und bot sich als Partner an.
Doch schon nach zehn ungehemmten Jahren tat sich Sonderbares, das auf den ersten Blick der Logik dieser unipolaren Zeit zu widersprechen schien.

Das Imperium, das sich noch ein halbes Jahrhundert zuvor dazu hatte entschließen müssen, in Ländern des damaligen »Trikont« – den aufbegehrenden »drei Kontinenten« Afrika, Asien, Südamerika – die offen kolonialistischen Okkupations- und Unterdrückungsmechanismen durch neue, neokolonialistische Formen der Herrschaftssicherung zu ersetzen, kehrte zum ihm vertrauten Kolonialismus der Epoche vor dem Ersten Weltkrieg zurück. Wenn es auch noch nicht personell seine politische Macht wieder direkt ausübte, so setzte es doch einerseits auf die Durchdringung der Regierungsstrukturen mit westlichen »Spezialisten« und andererseits auf eine neue Art von Kanonenbootpolitik. Diese wurden nun rigoros und ungetarnt zur Sicherung oder Wiederherstellung seiner ökonomischen Herrschaft betrieben.

Die offen aggressive, kriegerische Seite des Kolonialismus feierte eine Wiederauferstehung. Truppen der mächtigen Zentren marschierten ein oder entsandten Drohnen – als Hightech-Interventionsprodukt – in »Failed States« wie Somali. Sie intervenierten in Staaten, die den neokolonialen Vorgaben von Weltbank und Internationalem Währungsfonds nicht folgen wollten wie Côte d’Ivoire (Elfenbeinküste), Libyen, Mali, Zentralafrikanische Republik oder in Staaten, die sich zunehmend einer neokolonialen Vorherrschaft entzogen wie Afghanistan und Irak.

Widerstand von BRICS-Staaten

Das Rollback der nationalen Unabhängigkeit vollzieht sich bis heute widersprüchlich. China wurde ökonomisch und politisch zum Global Player, Russland überstand den unter dem skrupellosen Präsidenten Boris Jelzin organisierten Absturz in den anarchischen Neoliberalismus und überwand die jahrelange Schockstarre.
Anfang des neuen Jahrtausends formierten sich aus der ehemals zwischen Ost und West stehenden Bewegung der Paktfreien Staaten neue Bündniskonstellationen wie die BRIC-Staaten mit den »Schwellenländern« Brasilien, Russland, Indien, China, die 2010 um Südafrika zu BRICS erweitert wurden.

Diese versuchen tendenziell, dem Druck der hochentwickelten imperialistischen Staaten und den von ihnen gesteuerten Organisationen – Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) – ebenso wie den juristischen Einrichtungen Internationaler Strafgerichtshof (ICC) und UN-Sondertribunale, einen souveränen Kurs entgegenzustellen. Das geschieht meist auf staatlicher Ebene, doch stellt sich dringender denn je die Frage, wie die »Verdammten dieser Erde« – als die der französische Theoretiker des Antikolonialismus, Frantz Fanon, die kolonial Unterdrückten bezeichnete – Formen des massenhaften solidarischen Widerstands entwickeln und einen neuen, Kontinente übergreifenden »Internationalismus« auf die Beine stellen könnten.

Mein Kommentar: Auch China betreibt eine extrem einseitige „Wirtscahftsförderung“ incl. Landgrabbing in der 3.Welt, ich weiss nicht, ob Schumann darauf im weiteren Text seines Buches eingeht. Frantz Fanons Buch ist lesenswert, aber keine leichte Kost.
Die BRICS-Staaten sind auch nicht unbedingt ein Vorbild bez. der Verwirklichung der Menschenrechte.

Andererseits betreibt der sich auf seine zivilisatorische Überlegenheit eingebildete Westen mit dem von Joschka Fischer und Madeleine Albright angesichts des völkerrechtswidrigen Jugoslawien-Kolonialkrieges eingeführten „Schutzverantwortlichkeit“ als Kriegsgrund  einen solchen Zynismus, wie ihn nur antimoralische Charaktere entwickeln können. Genau diese haben aber die nötige Anpassungsfähigkeit an das hiesige menschenverachtende Wirtschaftssystem, um darin nach oben zu kommen. 

Jochen

8.Mai 2015 – 70 Jahre Frieden, Fragezeichen !?

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Hier dokumentieren wir eine sehr bewegende Rede des ehemaligen Ortsvorsitzenden der Nördlinger Linken, Heiner Holl, OStR.a.D.
Leider fand er heute keine Gelegenheit, sie öffentlich zu halten.

H_HollEin längerer – keineswegs vollständiger und subjektiver – Rückblick erscheint mir notwendig, vielleicht wissen vor allem die Jüngeren hier nicht viel davon, in unseren Schulen kommt sowas – warum wohl? – leider viel zu wenig vor. Es gab nämlich nicht nur Afghanistan, Iraq, Syrien, Libyen usw, sondern leider ununterbrochen Krieg seit dem Krieg, dessen Ende wir heute feiern.

 Schon ab August 1945 wurden knapp Überlebende wie Ralph Giordano geschockt mit der Forderung, die Verbrechen doch bitte zu vergessen, Schlußstrich sei nötig, eine Haltung, die sich bis heute hält, aber heute hat das Grauen ja schließlich Horror-Unterhaltungs-Wert, heute kann man die Gräuel auspacken, die Schuldigen sind schließlich so gut wie alle tot.
Von den knapp 7000 Tätern allein in Auschwitz sind noch nicht mal 100 vor Gericht gekommen, es waren angeblich ja selbst nur Opfer der Oberverbrecher, die die unmenschlichen Befehle gaben, die sie angeblich unter Lebensgefahr auszuführen hatten.
Die allermeisten Nazis konnten nach einer Schamfrist wieder ihre alten Stellungen einnehmen, als Lehrer, Richter, in der öffentlichen Verwaltung, als Wirtschaftsführer, später beim Militär usw, es ging ja schließlich darum, die Welt vor linken Ideen zu bewahren, da kommen natürlich alte Nazis grad recht.
Überlebende Roma und Sinti mußten nach dem Krieg bei den gleichen Leuten Anträge usw stellen, die sie in die KZs und die Vernichtung getrieben hatten.
Tja, wenn fast ein ganzes Volk bis zum bitteren Ende fest hinter dem Führer stand, dann hat man ein Problem. Danach wars keiner, keiner hat was gewußt, alle haben nur Befehle ausgeführt, so einfach ist das.
Als Widerstand werden auch heute noch vor allem die adeligen Militaristen wie Stauffenberg – durchaus berechtigt – gefeiert, aber die die schon lange vor 33 die Katastrophe des Nazismus heraufkommen sahen, nämlich Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter, Linke halt, kommen kaum vor, die haben ja keine Bomben gezündet, außer dem den Linken nahestehenden Georg Elser, dessen Attentat man noch jahrzehntelang nach dem Krieg als Terrorismus behandelte.

Heute zünden die Nazis wieder ihre Bomben, die auf dem rechten Auge sehbehinderten Behörden haben Schwierigkeiten, beim Oktoberfestattentat oder dem NSU einen rechtsrakikalen Zusammenhang zu erkennen, Hintermänner gibt es angeblich überhaupt nicht.
Das ist leider die Lage, heute. Und um heute geht es schließlich.

 Deshalb zur Situation in der Welt damals:

 Mit der A-Bombe auf Hiroshima begann der Kalte Krieg, die lückenlose Fortsetzung des heißen Kriegs. Gleich zwei mußte man einsetzen, um den Bolschewiken in ihrem von den deutschen Angreifern total zerstörten Land zu zeigen, wo der Hammer hängt. Als Bundesgenossen gegen Nazi-Deutschland waren sie noch recht.

In China gings auch lückenlos weiter, die faschistoiden Nationalchinesen heute auf Taiwan werden bis heute von den USA unterstützt, ab 1849 gibt es eine Volksrepublik China, die unter unvorstellbaren Opfern erkämpft wurde.

1950 bis 53 kam der Koreakrieg, weil der Norden die Wiedervereinigung des unschuldig geteilten Landes wollte. Dieser – vergessene – Krieg stellt alles vorher an Grausamkeit und Schrecken in den Schatten, sogar den Vietnamkrieg gegen ein Bauernvolk 65 bis 75. Es wurde mit Atombomben gedroht, nur die Tatsache, daß seit 1949 auch sie SU die Bombe hatte, hat dies verhindert.  *)

Ebenso gings in „Indochina“, wie die Franzosen ihre Kolonie dort nannten, weiter mit Vietnam, das nach der vernichtenden Niederlage der Kolonialmacht 54 in Dien-Bien-Phu völlig unschuldig am Weltkrieg in Nord- und Südvietnam geteilt wurde.

In Europa wurden mit USA-CIA-Unterstützung linke Regierungen z.B. in Italien und – sogar unter Bürgerkriegsbedingungen – in Griechenland verhindert, dort von 1967 bis 74 sogar eine faschistische Diktatur eingerichtet.

Der Horror-Krieg in Algerien 54 bis 62 durch die Kolonialmacht Frankreich darf auch nicht vergessen werden. Ebenso wie die vielen Unabhängigkeitskriege vor allem in Afrika.

In den USA setzte sich der Antikommunismus in besonders absurder Hexenjagdform durch: McCarthyismus, sogar Chaplin und Brecht mußten auswandern.
Vor dem Krieg gab es starke kommunstische und sozialistische Parteien in den USA.

In Europa ging es darum, Deutschland als Bollwerk gegen den Kommunismus auszubauen, Marshallplan und Londoner Schuldenabkommen schoben das „Wirtschaftswunder“ an, die gegen massive Widerstände im Volk durchgesetzte erneute Militarisierung Westdeutschlands war wohl der Preis.
Denn nachdem die EVG 1954 durch Frankreich zum Scheitern gebracht worden war, trat die BRD 1955 der 49 als Militärbündnis gegen den Feind im Osten gegründeten NATO bei. Und genau das wollte die UdSSR unbedingt verhindern. Stalin hat 1952 massiv darauf gedrungen, daß Deutschland wieder vereinigt wird, unter der einzigen Bedingung, daß es nicht der Nato beitritt, Demokratie, Kapitalismus, sogar Militär waren kein Hindernis.
Die angeblich so doofen Österreicher haben diese Chance ergriffen, wurden 1955 wiedervereinigt, die Sowjettruppen zogen sich aus der SBZ zurück, die mitten in der SBZ liegende Vier-Sektoren-Stadt Wien blieb Hauptstadt.
Genau das hätten wir auch haben können, Adenauer wollte nicht, die dann entlang der Grenze in Deutschland auf beiden Seiten stationierten Truppenmassen mit Atombomben haben mehrfach zu Kriegsanlässen geführt, aber „uns geht es ja gut“, wie unsere Kanzlerin, die Unübertreffliche, sagt.
Den Österreichern gehts aber irgendwie besser, möcht ich meinen, die konnten sich die Wiedervereinigungskosten und Kriegsgefahren sparen, so blöd sind die anscheindend doch nicht. Die Gründung des Warschauer Pakts kam übrigens unmittelbar nach dem NATO-Beitritt der BRD, so viel Angst hatten die Russen vor den Deutschen.

Alleine die Tatsache, daß der Krieg in Europa heute vor 70 Jahre sein Ende fand, hat Deutschland vor dem Einsatz der A-Bombe verschont, die erst im Juli 45 einsetzbereit war.

Castro 1959 kam in Kuba Fidel Castro an die Macht, der zunächst mit dem Kommunismus kaum was am Hut hatte. Als er aber erfahren mußte, wie die USA – auch mit massiven terroristischen Aktionen – auf die kubanische Revolution reagierten, wandte er sich an die UdSSR unter Chruschtschow um Unterstützung und steuerte eine Wende zum Sozialismus an. April 61 kam die von der CIA gesponserte Invasion an der „Schweinebucht“, ein Jahr später die sog. „Kuba-Raketen-Krise“ mit der leider nur zu glaubwürdigen Drohung des ach so beliebten Präsidenten Kennedy, A-Waffen einzusetzen. Russische U-Boote waren auch mit A-Waffen unterwegs.

Und das war nicht das einzige Mal, wo die Welt ganz knapp am A-Krieg vorbeischrammte. Als Reagan ab 1981 die UdSSR gezielt mit Aufrüstung und Wirtschaftsdruck niederzuringen begann, passierte 1983 „Able Archer“, das war vielleicht das Knappste, wo wirklich fast gar nichts gefehlt hätte. Im gleichen Jahr wurden in Deutschland die Pershings aufgestellt, die unser Super-Kanzler Schmidt unbedingt auch gegen den massiven Volkswillen (hunderttausende bei mehreren Demonstrationen ab 81) haben wollte, Nachrüstung nannte man das. Tja, wenn man idiotische Militärdokrinen aufstellt, die man dann auch noch „verrückt“ nennt, nämlich „MAD“, dann muß man sich halt auf sein „luck“, also Glück im Kriegsspiel, verlassen, wie dies McNamara, immerhin Kriegsminister der USA ausdrückte.

 August 1961 fand die DDR-Führung und die UdSSR, die Destabilisierung durch das offene Berlin, sei existenzgefährdend für den gesamten Ostblock, aus deren Sicht durchaus nachvollziehbar, so hart die Mauer die Berliner getroffen hat. Immerhin sagte damals der unbestreitbare Durchblicker Sebastian Haffner, daß mit der Mauer endlich in Mitteleuropa die Kriegsgefahr gebannt sei. Bemerkenswert, finde ich.

Dann kam der 11. September, aber nicht der 11. September 2001 sondern 1973 in Chile. Unterstützt und gesteuert von der CIA, also den USA, wurde der 1970 demokratisch gewählte Präsident Chiles. S.Allende, mit Flugzeugangriffen und Militäreinsatz gestürzt und verlor sein Leben. Eine faschistische Diktatur mit tausenden von Morden unter Pinochet wurde eingerichtet, ebenso wie vorher und nachher in vielen anderen lateinamerikanischen Ländern (auch Griechenland) nach der von Naomi Klein so brillant beschriebenen „Schock-Strategie“, die man auf USA-Linie brachte, so einen „Ausrutscher“ wie Kuba wollte man nicht noch mal hinnehmen müssen.

Die Ostpolitik Brandts 1966 -74, auf die der Ostblock sehr gern einging, brachte endlich eine Beruhigung, trotz des gleichzeitig laufenden mörderischen Vietnamkriegs.

 1979 wurde der Busenfreund der Amis, der Schah von Persien, ein anti-demokratischer Despot, den man schon 1953 mit CIA-Hilfe an die Macht geputscht hatte, zum Teufel gejagt, da mußte Ersatz her. Afghanistan war da gleich daneben und dort hatten sich Moskau-Freunde breit gemacht. Aber Chomeini, das ging schon gar nicht. So hat man den Busenfreund Saddam Hussein dazu gebracht, den Iran zu überfallen, war ja nur ein Krieg über 8 Jahre von 1980 bis 88, mit hunderttausenden an Toten, Giftgaseinsatz usw. Ohne Ergebnis übrigens. Aber beide Länder waren sehr geschwächt, was auch willkommen war.

 Zu Afghanistan: Also nichts wie hin und dieses Land destabilisieren, was die UdSSR wiederum als Bedrohung empfand und Ende 79 der angeknacksten Regierung militärisch zu Hilfe kam. Es hatte sich ein neuer US-Busenfreund gefunden, dem diese Linken – und die Russen schon gar nicht – auch nicht paßten, der Saudi-Araber Osama Bin Laden, der massivst von den USA unterstützt wurde. Über 100.000 junge Muslime aus meist arabischen Ländern wurden von den USA nach Pakistan geflogen, von Osama mit amerikanischen Waffen nach Afghanistan gebracht und dort zur Russenbekämpfung eingesetzt, viele tausend Tote natürlich, Aufbau der Taliban, Rückzug der Russen 89 und dann übelster Bürgerkrieg mit noch schlimmeren Opfern und Zerstörungen als vorher. Und heute: massenhafte Drohnenmorde durch den Friedensnobelpreisträger Obama, fast weltweit. Friede?

 Nach dem Ende der SU fanden bestimmte Kreise nicht nur in Yugoslawien, daß die Serben (die hatten im 2. WK unter Tito die Deutschen besiegt) die ganz Bösen seien, und Kroatien und Slowenien (die hatten unter Hitler ein faschistisches Satellitenregime, hunderttausende Serben waren abgeschlachtet worden) sagten sich von der Bundesrepublik Yugoslawien los. Was fiel darauf dem ach so beliebten Außenminister der BRD Genscher ein , –  die BRD inzwischen wiedervereinigt unter extrem hohen Kosten, zu Lasten der kleinen Leute, zum Nutzen der Reichen, was sonst? – na, bingo, die sofortige Anerkennung als unabhängige Staaten, der Balkan-Krieg war erfolgreich eröffnet. Srebrenica und später Kosovo 99, wo die neue Schröder-Fischer Regierung nach Ausschaltung von Oskar Lafontaine unbedingt mitmischen wollte und so geschah es. Die Nato, als Verteidigungsbündnis geschaffen, war reichlich überflüssig geworden, genau 50 Jahre alt, da brauchte man einen Sieg.
Seit dem ist die Nato überall auf der Welt zugange, denn die Sicherheit der BRD wird ja am Hindukusch verteidigt (Struck), wie schon der Ex-Nazi und CDU-Kanzler Kiesinger in den 60er Jahren so treffend bemerkte: „die Freiheit Berlins wird in Vietnam verteidigt“.

Und seit dem Ende der UdSSR schiebt man die Drohkulisse mit NATO und EU bis vor die Tore St. Petersburgs und wundert sich, daß sich die Russen mulmig fühlen.
Und nebenbei ruiniert unsere Regierung ganz Europa mit ihrer abwegigen Austeritätspolitik.

Mit dem 11. September 2001 waren alle Schleusen offen, es galt nur noch die unverbrüchliche Nibelungentreue eines Kanzlers Schröder, Osama fiel in Ungnade, Kriege in Afghanistan, Iraq, Libyen, Syrien, Terroristen allenthalben, die durch die angebliche Anti- Terror-Politik erst erzeugt worden waren. Das ist ja alles bestens bekannt.

Die heutigen Hauptkriege aber, die oft noch nicht mal als solche bemerkt werden, möchte ich doch herausstellen:

  1. Der Krieg Reich gegen Arm, der speziell seit der erfolgreichen Einführung des Neoliberalismus in den 80ern seinen Lauf nimmt, wie der Superreiche Warren Buffet sagt: Wir haben einen Klassenkampf, den Kampf der Reichen gegen die Armen, und die Reichen sind dabei ihn zu gewinnen. Sozialabbau, Lohndrückerei, Privatisierung, Deregulierung und Militarisierung heißen die Sturmgeschütze, die Real-Einkommen der abhängig Beschäftigten steigen seit ca. 30 Jahren nicht mehr, jeglicher Zuwachs in praktisch allen entwickelten Ländern landet bei den Reichen, die selbstredend die Macht innehaben, Demokratie ist bestenfalls ein Feigenblatt, leider, wir könnten Demokratie haben, aber genau die, die noch am meisten unter diesen Attacken zu leiden haben, gehen zu einem erheblichen Teil noch nicht mal mehr zum Wählen.
  2. Der zweite große Krieg, nämlich der Krieg gegen die Köpfe, den Durchblick, die Kritik ist mindestens so bedeutsam. Der läuft natürlich schon seit Jahrtausenden, so erfolgreich wie heute aber noch nie. Gesteuert von den Geld- und Macht-Eliten mit ihren Super-Waffen der Medien, die man heute nicht mehr zwangsweise gleichschalten muß, das machen die freiwillig. Fernsehen, Hörfunk, Zeitungen, auch leider Schulen usw haben es weitgehend geschafft, daß die übergroße Mehrheit glaubt, was ihr vorgesetzt wird. Und damit das auch durchgehend klappt, wird durch immer engermaschigere Überwachung sichergestellt, daß nur ja niemand auf so dumme Gedanken kommt, wie: das kann ja wohl alles nicht wahr sein, da müßte man was dagegen tun. Machterhalt ist dann am ehesten garantiert, wenn man die Lufthoheit über die Köpfe hat, und das haben die schon lange raus.
  3. Der dritte und vielleicht entscheidende Krieg, der vielleicht sogar schon entschieden ist und zwar gegen die Menschen: Der Weltkrieg, also der Krieg gegen die Welt. Der setzt Nummer eins und zwei voraus und läuft auch schon besonders heftig seit 70 Jahren. Er wird geführt gegen die Ressourcen, die Natur, gegen sauberes Wasser, gesunde Böden, saubere Luft, das Klima, die Meere. Dieser Krieg wird noch viele weitere mit viel zu vielen Opfern hervorbringen. Leider.

 In den Hitlerkriegen ging man über Leichenberge, heute geht man über Leichengebirge. Und so gut wie niemand merkts. Ca. alle 5 Sekunden stirbt ein Kind an Hunger.
Jean Ziegler sagt und er hat recht: Diese Kinder werden ermordet. Heute insgesamt jedes Jahr über 50 Mio Tote, die man nicht erschlagen, vergasen, erschießen muß, die verrecken ganz von alleine, und wenn die als Flüchtlinge es wagen über das Meer zu kommen, dann macht man dicht. Krokodilstränen gibts nur, wenn auf einmal gleich hunderte ersaufen.
Wir könnten was ändern, aber wir müssen dazu politisch seeehr aktiv werden besonders als Linke.

Das Allerletzte: die Nazis haben ihre Verbrechen noch mit der Absicht begangen, die Welt zu retten, sobald die Bolschewiken, die Juden, die Zigeuner, die Schwulen, die Behinderten ausgerottet sind ist alles in Butter. Und heute?

Heute geht es mehr denn je nur um Profit, Macht, Gier (= Kapitalismus) mit deutlich mehr Opfern als damals.

Kleine Anmerkung: Dass die USA von dem 1949 fertig ausgearbeiteten Plan abrückte, die Sowjetunion mit genau 60 Atombomben über den größten Städten des Landes zu „enthaupten“, war nicht den Friedensengeln oder der UNO zu verdanken, sondern den Wismut-Kumpeln der DDR, die unter Lebensgefahr das Uranerz für die sowjetsiche Bombenproduktion herausholten.
Da die UdSSR damals in der Raketentechnik noch führend war, wusste Eisenhower nach dem ersten oberirdischen Atomwaffentest dort, dass er sein Konzept einstampfen konnte.