Warum die kleinen Bauernhöfe im Westen in die Pleite getrieben werden und worum es wirklich geht – Agenda 2030 !

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Erst einmal wünsche ich allen Lesern ein gesundes, friedfertiges und auskömmliches Neues Jahr.

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Innerhalb der Offenen Linken Ries hatten wir eine lebendige Diskussion anlässlich der Bauernproteste.
Heute hat der Journalist Thomas Röper einen längeren Artikel veröffentlcint mit vielen Querverweisen, die seine Interpretation belegen.
Wer die Bücher „Inside Corona“ und „Das Ukraine-Kartell“ gelesen hat, hat schon eine Grundlage, um das hie Präsentierte einzuordnen.
Schock-Strategie_Naomi_KleinAls weitere Grundlage sei das Buch „Schock-Strategie“ von Naomi Klein sowie die zahlreichen Blogeinträge von Norbert Häring empfohlen, z.B.:
https://norberthaering.de/macht-kontrolle/summit-of-the-future/ oder schon 2019 https://josopon.wordpress.com/2019/01/07/norbert-haering-tzum-migrationspakt-wie-die-konzerne-die-vereinen-nationen-unter-ihre-kontrolle-brachten/
Und hier auszugsweise der Artikel von Röper. Es lohnt sich, wenn man Zeit hat, den Links nachzugehen.

Die Bauernproteste, die derzeit Schlagzeilen machen, sind kein deutsches Phänomen, sondern ein Symptom einer im gesamten Westen umgesetzten Politik zur Umverteilung der landwirtschaftlichen Flächen von Kleinbauern an große Konzerne. Aber das ist nur ein Teil eines viel größeren Programms.

Bauernproteste sind bei weitem kein deutsches Phänomen, in den letzten Jahren gab es beispielsweise massive Bauernproteste in den Niederlanden. Der Grund dafür ist ein Plan der niederländischen Regierung, bis zu 3.000 Höfe zu schließen. Die niederländische Regierung bietet ihnen zwar über 100 Prozent des Wertes ihres Besitzes an, dafür müssen sie aber ein Berufsverbot in allen Ländern der EU akzeptieren. De facto ist das eine mit Geld versüßte Zwangsenteignung, gegen die die niederländischen Landwirte seit Jahren protestieren, denn wer sich weigert, der soll zwangsenteignet werden.

Das gewollte Höfesterben

Als Vorwand wird mal wieder der Kampf gegen den angeblich menschengemachten Klimawandel genannt. Bauernhöfe seien Produzenten von klimaschädlichen Abgasen und von Stickstoff, heißt es.

Auch in Belgien haben die Bauern immer wieder gegen für sie existenzgefährdende Regelungen protestiert, die oft von der EU vorgegeben werden.
Auch in Belgien gibt es ein Höfesterben, in den letzten 13 Jahren ist die Zahl der Höfe um 14 Prozent zurückgegangen.
In den Niederlanden ist die Zahl der Höfe von 2010 bis 2020 bereits um etwa ein Drittel zurückgegangen, was ein ähnlich starkes Höfesterben ist, wie in Deutschland.

Man könnte die Liste der Länder, in denen eine Politik umgesetzt wird, die auf eine zielgerichtete Reduzierung der Bauernhöfe abzielt, lange fortsetzen.
Die Methoden und die von den jeweiligen Regierungen vorgeschobenen Begründungen sind unterschiedlich, aber sie haben alle das gleiche Ergebnis: In westlichen Ländern sterben die kleinen Bauernhöfe und deren Land wird meist von den großen Lebensmittel- und Agrarkonzernen aufgekauft. Um dieses Ziel zu erreichen, werden die Bedingungen für die kleinen Betriebe Schritt für Schritt verschlechtert, um sie zum Verkauf ihres Landes zu drängen.

Die Kürzungen, gegen die die deutschen Bauern derzeit protestieren, fügen sich dabei in das Gesamtbild ein, das man in fast allen Ländern des kollektiven Westens beobachten kann. Und auch die deutsche Regierung, namentlich Bundesumweltminister Özdemir, arbeitet daran, die Zahl der von Bauern gehaltenen Nutztiere zu verringern, was ebenfalls in den meisten westlichen Länder das Ziel ist.
Die niederländische Regierung will die Zahl der gehaltenen Nutztiere gar um bis zu 50 Prozent reduzieren.

Das Phänomen kann man auch in den USA beobachten, wo das Höfesterben allerdings bisher langsamer abläuft. Im Jahr 2000 gab es in den USA 2,167 Millionen Farmen. 2022 lag die Zahl der Farmen schon bei nur noch 2,003 Millionen.
Das ist zwar ein langsameres Höfesterben als in Europa, aber es ist der gleiche Trend.

Weg vom Fleisch, hin zu Insekten?

Auch die WHO fühlt sich inzwischen berufen, über das Thema zu sprechen und natürlich ist der Vorwand wieder der Klimawandel. Die Nahrungsmittelproduktion trägt laut WHO-Chef Tedros Ghebreyesus zu über 30 Prozent der Treibhausgasemissionen bei und ist für fast ein Drittel der weltweiten Krankheitslast verantwortlich. Daher müsse die Nahrung weltweit umgestellt werden. Die Welt müsse weg vom Fleischverzehr und hin zu mehr pflanzlicher Nahrung. Außerdem wirbt die WHO für Insekten als Lebensmittel und für im Labor gezüchtetes Fleisch.

Auf dem jüngsten Klimagipfel COP28 veröffentlichte die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO (FAO) Ernährungsempfehlungen für die Länder der ersten Welt, um die CO2-Emissionen zu senken.
Die Botschaft an die wohlhabenden Länder lautete wieder, weniger Fleisch zu essen.

Mit gutem Beispiel mochten die versammelten Teilnehmer des Klimagipfels aber dann doch nicht vorangehen, denn auf der Speisekarte des COP28-Gipfels fand sich eine reiche Auswahl von Gerichten wie „saftige Fleischscheiben“, „saftiges Rindfleisch“, Wagyu-Burger, afrikanisches Straßen-BBQ, Philly-Cheesesteaks und anderer Fleischgerichte. Geröstete Insekten, Mehlwurmsuppe oder ähnliches suchte man hingegen vergeblich. Offenbar gelten die Ernährungsempfehlungen nur für das Fußvolk, nicht jedoch für die politische Elite.

Das ändert aber nichts daran, dass diese „Ernährungsumstellung“ von den westlichen Ländern vorangetrieben wird. Es sei nur daran erinnert, dass die EU immer mehr Insekten als Beimischung für Nahrungsmittel zulässt.

SDG: Die Agenda 2030

Über die sogenannten „nachhaltige Entwicklungsziele“ der UNO (Sustainable Development Goal, SDG) habe ich schon öfter geschrieben. Die SDG werden auch Agenda 2030 genannt, weil sie Ziele definieren, die bis 2030 umgesetzt werden sollen. Die dort genannten Ziele, zum Beispiel den weltweiten Hunger abschaffen, klingen alle sehr positiv. Wer jedoch in die Programme zur Umsetzung der SDG schaut, der versteht, dass das keineswegs positive Programme sind.

Ich habe im August beispielsweise über die C40-Städte berichtet, ein Programm, das ebenfalls ein Teil der Umsetzung der SDG ist.
Eine Auswahl der Ziele, die die C40 bis 2030 erreichen wollen, sind folgende verbindliche Regeln für die Bewohner der C40-Städte:
Null Kilogramm Fleischkonsum, Null Kilogramm Milchprodukte, maximal drei neue Kleidungsstücke pro Person und Jahr,
Null private Fahrzeuge im Besitz, ein Kurzstreckenflug (weniger als 1500 Kilometer) alle drei Jahre pro Person.
Das ist kein Scherz, wie Sie hier mit allen Quellen nachlesen können.

Die Agenda 2030 umfasst praktisch alle Lebensbereiche und die Umsetzung der Agenda wird massiv gefördert. Lobbyiert werden die Ziele von den Stiftungen der sogenannten „Philanthropen“, also der westlichen Oligarchen, die mit ihren Reichtum die Politik der westlichen Staaten bestimmen.

Diese Oligarchen haben dabei konkrete Ziele, unter anderem die Kontrolle über den Agrar- und Lebensmittelsektor zu bekommen.
Damit würden sie den Staaten die Kontrolle über die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln abnehmen. Und genau das erleben wir gerade in der EU, denn wenn die Höfe sterben und deren Land an die Agrarkonzerne geht, bekommen wenige Konzerne die Kontrolle über die Lebensmittelmittelproduktion. Die EU-Staaten begeben sich auf einem weiteren Gebiet in die Abhängigkeit einiger weniger Superreicher.

Eben diese superreichen Globalisten kaufen seit Jahren weltweit Ackerland und nutzen ihren Einfluss auf die Politik, um die Regelungen für Landwirte so unerfüllbar und kostspielig wie möglich zu gestalten, damit kleine und mittlere Betriebe früher oder später pleite gehen, oder sogar vom Staat gezwungen werden, ihren Betrieb aufzugeben, siehe Niederlande. Das ist genau das, was wir in in der EU gerade beobachten.
Und auch die aktuellen Streichungen der Steuererleichterungen für deutsche Landwirte fügen sich als weiterer, wenn auch nicht so offensichtlicher, Schritt in das Bild.

Wie die „Philanthropen“ mit den SDG Geld machen

Die Bill and Melinda Gates Foundation (BMGF) beeinflusst die deutsche Agrarpolitik über von ihr kontrollierte Projekte. Das System nennt sich öffentlich-private Partnerschaft (public-private partnership, kurz ppp) und funktioniert immer nach dem gleichen Muster. Die Stiftung eines westlichen Oligarchen, von den Medien liebevoll „Philanthrop“ genannt, schiebt ein Projekt an, finanziert es mit einigen Millionen, danach sind die westlichen Regierungen davon ganz begeistert und steuern ein Vielfaches (oft sogar das hundertfache) an Steuergeldern bei.

Diese Gelder kontrolliert damit der Oligarch, der das Projekt aus der Taufe gehoben hat. Zur Umsetzung solcher Projekte muss immer irgendetwas gekauft werden (Impfstoffe, Medikamente, Saatgut, etc.) und natürlich werden diese Dinge dann bei Firmen gekauft, an denen der Oligarch beteiligt ist oder die ihm ganz gehören.
Mit einem relativ kleinen finanziellen Einsatz lenkt der Oligarch also ein Vielfaches an Steuergeldern in seine eigene Tasche.

Aufgrund dieses eigentlich sehr einfachen Geschäftsmodells werden die sogenannten „Philanthropen“ immer reicher, während sie angeblich ihr Geld mit vollen Händen verschenken, um die Welt zu retten.
Dass die sogenannte Philanthropie in Wahrheit nichts weiter als ein Geschäftsmodell ist, habe ich in meinem Buch „Inside Corona“ ausführlich und mit vielen konkreten Beispielen aufgezeigt.

Um beim Beispiel Bill Gates zu bleiben: Die deutsche Bundesregierung finanziert 31 Projekte und Programme, an denen die Gates-Stiftung beteiligt ist. Bei 24 der Projekte ist die Gates-Stiftung der einzige Partner. Das wurde im Sommer 2023 durch eine kleine Anfrage der Fraktion der Linken zur Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung und privaten Stiftungen bekannt.
Insgesamt überweist der deutsche Steuerzahler dafür 3,8 Milliarden Euro an die Stiftung von Bill Gates, wobei 3,35 Milliarden direkte, nicht projektgebunde Förderungen sind.

Die Gates-Stiftung hat sich als wichtigste Ziele die Gesundheit (also beispielsweise Impfungen), Ernährung (wobei massiv genmanipulierte Lebensmittel lobbyiert werden) und Bildung gesetzt.
Bildung ist deshalb so wichtig, weil die „Philanthropen“ de facto auch über den Inhalt der Lehrbücher bestimmen, die an westlichen Schulen und Universitäten benutzt werden. Was man den Kindern von heute in der Schule beibringt, ist das, was die Erwachsenen der nächsten Jahrzehnte denken werden.

Daher war es in nur wenigen Jahrzehnten möglich, die Werte der westlichen Gesellschaften massiv zu verändern.
Vor 50 Jahren war die Familie noch der wichtigste Wert im Westen, heute wurde das durch alle möglichen Lebensgemeinschaften und LGBT ersetzt.

Auch das ist gewollt, denn wenn man den familiären Zusammenhalt, also die gewachsenen sozialen Bindungen zerstört, macht man die Menschen einsam und leichter lenkbar.
Aus diesem Grund werden in den (ebenfalls von den Oligarchen bezahlten) westlichen Medien auch Singledasein, Kinderlosigkeit und wechselnde Partnerschaften, am besten auch noch mit wechselnden Geschlechtern, propagiert.
Und aus diesem Grund haben diese Dinge auch Einzug in die Lehrpläne an westlichen Schulen und Universitäten gehalten: Es ist das, schon von den alten Römern erfundene, simple und wirksame Herrschaftsinstrument „teile und herrsche“, das damit zur Perfektion gebracht wird.

Die angebliche Bekämpfung des Hungers als Geschäftsmodell

Aber kommen wir zurück zur Ernährung und zur Landwirtschaft, um die es hier gehen soll.
Und bleiben wir wieder bei Bill Gates, dessen Beispiel ich symbolhaft für die westlichen Oligarchen anführe.

Bill Gates ist inzwischen der größte private Inhaber von Ackerland in den USA. Bill Gates ist in vielen Ländern auf die eine oder andere Weise im Agrarsektor aktiv, laut der schon genannten Anfrage der Linken hat die Gates-Stiftung mittlerweile ein Volumen in Milliardenhöhe im deutschen Agrarsektor

Bill Gates ist finanziell mit dem berüchtigten Agrarkonzern Monsanto verknüpft, in diesem Zusammenhang ist es in Indien und Mexiko zur Übernahme von Ackerland gekommen.
Über die Verbindungen von Gates und Monsanto habe ich auch in „Inside Corona“ berichtet, dabei ging es um das Beispiel eines gemeinsamen Projektes von Gates und Rockefeller in Afrika, das ebenfalls mit viel Steuergeld der westlichen Staaten finanziert wurde und den Hunger bekämpfen sollte. Dabei wurden afrikanische Bauern gezwungen, auf genmanipuliertes Saatgut von Monsanto umzusteigen und so in die Abhängigkeit von Monsanto getrieben, woran Gates und Rockefeller dann verdient haben.
Nur das offizielle Ziel, die Erträge der Bauern zu erhöhen und so den Hunger in der Region zu bekämpfen, wurde leider nicht erreicht.

Überhaupt fragt man sich, wie der Westen den Hunger bekämpfen will, wenn er eine Politik macht, die kleine Bauern zum Aufgeben zwingt und den Agrarsektor so den großen Konzernen und Oligarchen in die Hände spielt.
Konzerne sind bekanntlich keine gemeinnützigen Organisationen, die den Hunger bekämpfen wollen, sie wollen Geld verdienen.

Wenn die Agrar- und Lebensmittelindustrie von kleinen und mittleren Betrieben an wenige Großkonzerne umverteilt wird, dann entsteht eine Marktmacht, die die kleinen Betriebe nie hatten. Und solche Konstellationen, in denen einige wenige Player einen Markt kontrollieren, führen bekanntlich nicht zu sinkenden Preisen, sondern zu Preisabsprachen und damit zu steigenden Preisen.

Bayer hat Monsanto inzwischen geschluckt, wobei beide sich dadurch auszeichnen, dass sie seit Jahren andere Agrarkonzerne aufkaufen. Das ist genau die Konzentration von Marktmacht in sehr wenigen Händen, über die ich hier geschrieben habe.
Es laufen also Prozesse, um im Lebensmittelbereich Monopole oder Oligopole zu bilden, was faktisch die Macht über die entsprechenden Märkte bedeutet.

Beispiel Ukraine

Die Ukraine ist ein gutes Beispiel dafür, wie solche Pläne umgesetzt werden.
Wenn landwirtschaftliche Betriebe pleite gehen, kann deren Land billig aufgekauft werden. Der vom US-geführten Westen kontrollierte IWF hat der Ukraine 2020 als Bedingung für weitere Kredite diktiert, sie müsse den Ausverkauf der Schwarzerde, der fruchtbarsten Böden der Welt, an Ausländer gesetzlich erlauben.
Offiziell gab es diverse Beschränkungen, aber die Gesetze wurden so gemacht, dass sie über Strohleute und verschachtelte Firmenkonstruktionen leicht zu umgehen waren.

So kam es in der Ukraine, einem der größten Getreide-Exporteure der Welt, zu einem massiven Landgrabbing, bei dem einige wenige, meist US-amerikanische Investoren massenhaft landwirtschaftliche Flächen zu einem Spottpreis eingekauft haben.
Dass das Land zu niedrigen Preisen zu kaufen ist, macht unter anderem der Krieg in der Ukraine möglich.

Neben Monsanto waren auch deutsche Unternehmen am Landgrabbing in der Ukraine im großen Stil beteiligt. Auch die Geflügelfleischproduktion in der Ukraine ist in der Hand internationaler Großinvestoren.
Die Ukraine könnte auch für den Anbau von Soja interessant sein. Der Krieg, der Land billig macht, ist ein Lottogewinn für die Aufkäufer.

Deren Ziel ist es, das (möglichst weltweite) Nahrungsmittelmonopol zu erlangen, indem ihnen sowohl das Ackerland gehört, als auch, indem sie (siehe Monsanto und andere Konzerne) die Kontrolle über Saatgut, Düngemittel und Pestizide erlangen.
All diese Macht konzentriert sich in nur sehr wenigen Händen, denn die Politik der westlichen Regierungen befördert den Prozess der Konzentration der Aktiva, indem sie die Bedingungen für kleine und mittlere Bauern immer mehr verschlechtert, sodass sie über kurz oder lang zum Verkauf ihrer Höfe gedrängt werden.

Sogar die explodierten Energiepreise in Europa spielen dem in die Karten, denn dadurch ist die Düngemittelproduktion in der EU de facto unrentabel geworden, was viele Mittelständler dazu zwingen könnte, ihre Betriebe billig an große Konzerne zu verkaufen, wenn sie nicht pleite gehen und alles verlieren wollen.

Die EU begründet ihre Sanktionen gegen russisches Öl und Gas, die die Preisexplosion verursacht haben, mit den Ereignissen in der Ukraine. Nur hat nicht Russland die Preise erhöht oder die Lieferungen nach Europa eingestellt, sondern das waren die Sanktionen des Westens.
Es sind also nicht die Ereignisse in der Ukraine an den hohen Preisen Schuld, sondern die Reaktionen der EU darauf.

Man sieht, dass die Ereignisse in der Ukraine für die entsprechenden westlichen Konzerne und Oligarchen aus vielen Gründen nützlich sind, denn davon profitiert nicht nur westliche die Rüstungsindustrie, sondern auch beispielsweise die westliche Lebensmittelindustrie.

Die SDG und die Oligarchen

Auch bei den SDG, also der Agenda 2030, ist eines der Kernthemen die Landwirtschaft. An den Treffen, bei denen darüber gesprochen wird, dominieren von durch Bill Gates, George Soros oder andere Oligarchen wie Rockefeller oder Ford finanzierte NGOs.
Die Finanzierung der Organisatoren der Treffen, auf denen über den Stand der Umsetzung der Agenda 2030 gesprochen wird, wird oft verschleiert. Als Beispiel nenne ich das World Food Forum, das unter anderem mit UN Women zusammenarbeitet.
Und UN Women wird finanziert von Bill Gates, George Soros, der Ford Foundation, Rockefeller und anderen üblichen Verdächtigen.

Ich habe auch dieses Prinzip der verschleierten Finanzierungen in „Inside Corona“ mehrmals aufgezeigt.
Um den Eindruck zu erwecken, es wären ganz viele Organisationen, die solche Projekte unterstützen, finanzieren die Oligarchen vielen Organisationen. Dabei werden Finanzströme auch gerne über zwischengeschaltete Organisationen gelenkt, um zu verschleiern, dass es in Wahrheit nur einige wenige Oligarchenstiftungen sind, die ein Ziel fördern.

In diesem Artikel kann ich das Thema nur sehr oberflächlich ansprechen, weil es so umfangreich ist, dass man darüber ein ziemlich dickes Buch schreiben kann.
Man müsste die 17 SDG und ihre Unterpunkte und die Programme anschauen, mit denen die jeweils umgesetzt werden. Da kommt man auf über 200 Programme, die man sich anschauen muss.
Alleine die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung, mit der sie die SDG umsetzen will, umfasst aktuell 391 Seiten.

Aber eines macht schon dieser Artikel deutlich, nämlich dass internationale Organisationen und ihre Projekte von den Stiftungen einiger weniger Oligarchen (z. B. Gates und Soros) oder Oligarchen-Clans (z. B. Rockefeller und Ford) kontrolliert werden, und dass sie die Gelder, die die westlichen Regierungen in diese Projekte pumpen, kontrollieren und zu ihrem eigenen finanziellen Vorteil einsetzen.
Damit bestimmen nicht gewählte, aber dafür profitorientierte, Personen über die Politik des Westens, die er der Welt aufzwingen möchte.

Was in der Landwirtschaft passiert, ist nur ein Beispiel. Ich habe vor einger Zeit schon anhand des Green Deal der EU aufgezeigt, dass es auch dabei nur darum geht, Steuergeld an eine Gruppe von Oligarchen zu lenken.
Auch bei Covid ist es so gelaufen, damals sind die Milliarden, die die EU für den Kampf gegen die „Seuche“ eingesammelt hat, praktisch komplett an Organisationen gegangen, die Bill Gates kontrolliert.
Übrigens wird Bill Gates auch Herr über die Daten der Menschen in der EU werden, was die digitalen Impfpässe ermöglicht haben, und Ursula von der Leyen preist dieses Konzept der „digitalen Identität“ bereits als Vorbild für den Rest der Welt an.
Und das waren auch nur Beispiele, die Liste ließe sich fortführen.

Digitale Identitäten

Kommen wir zurück zu den Bauerprotesten: Es geht nicht um ein paar Subventionen für Agrardiesel, es geht um ein systemisches Problem und um eine ernsthafte Gefahr für Freiheit und Wohlstand, siehe die C40-Städte mit ihrer Forderung, zukünftig ohne Fleisch, neue Kleidung, eigene Autos und sogar Flugreisen zu leben.
Und das sind keine wirren Fantasien von mir, diese Dinge werden mit viel Geld und großer Konsequenz umgesetzt.

Die „digitale Identität“, die Ursula von der Leyen so anpreist, wird dabei das ultimative und allumfassende Kontrollinstrument.
Auch das ist Teil der SDG, denn SDG Nummer 16 lautet „Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen“, wogegen eigentlich niemand etwas haben kann.
Eines der Unterziele, mit denen das erreicht werden soll, trägt die Nummer SDG 16.9 und lautet „Bis 2030 Schaffung einer legalen Identität für alle, einschließlich Geburtsregistrierung“.

Und daran arbeitet übrigens wieder Bill Gates, der dazu diverse Organisationen unterstützt, um Herr über diese digitalen Identitäten zu werden. *)
Eine der Organisationen nennt sich Modular Open Source Identity Platform (MOSIP) und die Gates Foundation rühmt sich, diese Plattform den Ländern der Welt ganz umsonst zur Verfügung zu stellen. Nur, dass Gates dann der Herr über all die Daten ist.

Eine andere Organisation, die von Gates und Rockefeller kontrolliert wird, heißt ID2020.
ID2020 hat für die (ebenfalls von Gates kontrollierte WHO) den Leitfaden für digitale Impfpässe erarbeitet, der die Grundlage für von der Leyens Projekt der digitalen Identität für EU-Bürger ist. **)

Die wird in der EU bereits eingeführt. Dabei handelt es sich um die elektronische Patientenakte. Nach deutschem Recht kann man der elektronischen Patientenakte widersprechen, aber da EU-Recht über nationalem Recht steht, sollte man bedenken, dass das Widerspruchsrecht der Patienten gegen die elektronische Patientenakte im entsprechenden EU-Gesetz entfallen soll. ***)

Das Finale rückt näher

So werden solche Dinge durch die Hintertür eingeführt. Die Probleme der Landwirte sind nur ein sehr kleiner Mosaikstein eines viel größeren Projektes, das die Welt, so wie wir sie kennen, komplett verändern wird.
Zumindest in den Ländern, in denen es umgesetzt wird, also im kollektiven Westen.

Ob der Rest der Welt mitspielen wird, ist fraglich.
Hier dürfte die im Mai 2024 anstehende 77. WHO-Gesundheitsversammlung interessant werden, denn dort wird über ein weiteres der dazu gehörenden Projekte abgestimmt. Es geht um die Änderung des Internationalen Gesundheitsvorschriften (International Health Regulations, IHR) und den neuen Pandemievertrag der WHO, die der von Gates kontrollierten WHO vollkommen neue Machtbefugnisse geben soll.
Darauf jetzt auch noch einzugehen, sprengt den Rahmen, bei Interesse können Sie hier nachlesen, worum es dabei geht.

Aber in jedem Fall sollten wir uns den Mai im Kalender vormerken und beobachten, was die WHO-Gesundheitsversammlung entscheidet.

*: https://josopon.wordpress.com/2022/08/04/gigantische-datenbank-soll-in-europa-nach-anforderungen-der-usa-entstehen-ibis-rockefeller-und-gates-foundation-machen-mit/
**: https://josopon.wordpress.com/2021/08/22/rustungskonzern-thales-will-impfprivilegien-und-passe-als-fur-das-ausrollen-mobiler-digitaler-identit-atsnachweise-nutzen/
***: https://josopon.wordpress.com/2022/02/10/alp-traume-des-weltwirtschaftsforums-werden-wahr-mit-impfpass-und-digitaler-patientenakte-zur-luckenlosen-uberwachung/

Die Leim-Medien schweigen sich über solche Zusammenhänge aus; wer darauf hinweist, riskiert die Ettikettierung als Verschwörungstheoretiker.
Angesichts solcher Planungen sind Hinterzimmer-Konvente von AfD-Funktionären mit Identitären und der „Werte-Union“ wie auch der geplante „Rollator-Putsch“ zwar ärgerlich, aber nahezu bedeutungslos.
Die französische Regierung wird jetzt von einem neuen „Global Leader“ aus Schwabs Denkfabrik angeführt – der kann sich gleich mit Baerbock auf die Hollywoodschaukel setzen.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

Die Professorin und der Ukraine-Soli

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Wieder einmal ein erfischender Kommentar von Dagmar Henn. Noch ein Hinweis, wie korrupt unsere „intellektuelle Avantgarde“ ist:
https://fromrussiawithlove.rtde.live/meinung/190806-professorin-und-ukraine-soli/
Auszüge:

Die Bezeichnung „Solidaritätszuschlag“ war schon zynisch, als sie für eine angeblich für das von der DDR annektierte Gebiet gedachte Sondersteuer eingeführt wurde. Jetzt eine derartige Sondersteuer zu erfinden, um einen längst verlorenen Krieg aufrechtzuerhalten, ist eine neue Stufe von Zynismus.

Fast möchte man sich über diesen Vorschlag der „Wirtschaftsweisen“ Monika Schnitzer mit dem „Ukraine-Solidaritätszuschlag“ freuen. Schließlich kann man momentan zuschauen, wie die USA die Ukraine fallen lassen. Der Kommentar des US-Außenministers Antony Blinken, die Ukraine könne jetzt auf eigenen Füßen stehen, war mehr als deutlich. Also könnte man doch ein Ei auf diesen Vorschlag von Frau Schnitzer schlagen, sich zurücklehnen und vielleicht noch diesen bekannte Satz vom Zuspätkommen anhängen.

Es ist ja auch dreist, nach den ganzen Kosten für Strom und Gas, der Inflation und allen weiteren von dieser Truppe, auch als „Ampel“ bekannt, zum Ruin Deutschlands auferlegten Kosten und den kommenden, also der Mehrwertsteuererhöhung in der Gastronomie und der steigenden Sondersteuer auf Energieträger, die als CO₂-Abgabe getarnt ist, zusätzlich noch eine Extrasteuer für die Ukraine zu verlangen, also zur weiteren Finanzierung der Geldwäscheanlage der Familie Biden und der Wohnungskäufe eines gewissen Herrn Selenskij in Kiew, wo doch schon über eine Million Ukrainer ohnehin von deutschen Steuern durchgefüttert werden. Und die von besagter Wirtschaftsprofessorin erdachte Kriegssteuer ist sowieso zur Finanzierung weiterer Waffen gedacht, dient also letztlich unmittelbar dazu, weiteres „Menschenmaterial“ in den Fleischwolf zu stürzen und dabei die Aktienkurse von Rheinmetall und Lockheed zu stützen.

Viel von Wirtschaft scheint diese Professorin ohnehin nicht zu verstehen, denn hätte sie nur einen Hauch einer Ahnung von der Bedeutung des privaten Konsums und der gesamtwirtschaftlich relativen Nutzlosigkeit von Rüstungsausgaben – sie hätte einen solchen Vorschlag nie gemacht. Sie hätte dann eher eine Erhöhung der Einkommen der Normalverbraucher gefordert, um bei einem zusammenbrechenden Export wenigstens die Binnennachfrage nicht weiter abzuwürgen. Und was sagt sie stattdessen?

„Besondere Ereignisse erfordern besondere Maßnahmen. Ein Ukraine-Soli als Aufschlag auf die Einkommensteuer für die militärische Hilfe wäre eine mögliche Antwort auf diese Herausforderung. Das ist nicht populär – aber schließlich geht es in diesem Krieg auch um unsere Freiheit.“

Man fragt sich angesichts dieser Sätze durchaus, von wessen Freiheit sie da eigentlich spricht. Aber ihre offenkundig nicht vorhandene Wahrnehmung der Lebensverhältnisse der meisten Deutschen (nun ja, Professorinnen leben schließlich auf einem anderen Niveau) legt zumindest sehr nahe, dass deren Freiheit nicht gemeint ist. Vielleicht die Freiheit von Monsanto-Bayer, die gerne die aufgekauften ukrainischen Ackerflächen für ihre Gentechniksaaten nutzen würden?

Im Grunde ist er ohnehin geheuchelt, ein derartiger Vorschlag, weil er so tut, als wäre nicht längst massig deutsches Steuergeld in das ukrainische Elend investiert worden. All die Mittel, die auf dem Umweg über Brüssel oder direkt aus dem Bundeshaushalt aufgewandt werden, damit noch ein paar Hunderttausende junger Ukrainer für die Aufrechterhaltung westlicher Vormacht massakriert werden, sind schließlich auch nicht vom Himmel gefallen, sondern aus den deutschen Steuereinnahmen des Staates entnommen worden.

Vielleicht meint sie ja, man könne zumindest so tun, als wäre da nichts, und allein durch die Verhängung einer neuen, zusätzlichen Kriegssteuer den Deutschen einreden, das sei die erste Belastung, die sie erleiden würden. Wobei die Wahl, das Ganze einen „Soli“ zu nennen, einen gewissen Kern an Wahrheit enthält.
Schließlich diente der ursprüngliche „Soli“ von den Erwerbstätigen seit den 1990ern ja auch vor allem dazu, etwa westdeutschen Zahnärzten ihre Abschreibungsobjekte im annektierten Osten zu finanzieren, war also weitgehend ein westdeutscher Umlagemechanismus von nicht ganz unten nach nicht ganz oben, unter Nutzung eines kleinen Umwegs. Die Tradition, die der Begriff nahelegt, bliebe also gewahrt.

Immerhin lief diese alte Sondersteuer eine ganze Generation lang, ohne dass die reale Vernachlässigung der annektierten Region auch nur zu dauerhaftem Unmut führte. Und genau das ist das Problem – wenn Frau Schnitzer jetzt diese Idee präsentiert, dann sicher nicht, weil sie das alleine in ihrem Stübchen ersonnen hat, sondern weil diese Idee bereits kursiert. Und vermutlich dient das Manöver einer ganz anderen Absicht.

Denn selbst wenn diese Zusatzsteuer morgen mit der Begründung Ukraine, Freiheit etc. eingeführt würde, und Kiew übermorgen kapituliert, dann würde diese Kriegssteuer bleiben. Schließlich hat man dann ganz schnell schon Verträge mit Rüstungsproduzenten geschlossen, die trotzdem bezahlt werden müssen, und dann sind da ja noch die ganzen ukrainischen Flüchtlinge und … irgendwie lässt sich das dann schon strecken, um noch einmal 28 Jahre herauszuholen. Sorgen, diese Bundesregierung würde keinen Weg finden, die beigetriebenen Mittel völlig sinnlos auszugeben, braucht man jedenfalls nicht zu haben.

Aber es ist langsam an der Zeit, sich ein neues Wort auszudenken, das an die Stelle von „Solidarität“ treten kann. Nach dem oben erwähnten „Soli“, der Corona-Propaganda und jetzt der ganzen Kriegstreiberei samt dem Ruf nach „Solidarität mit Israel“ gewissermaßen als krönendem Abschluss, mag man das Wort gar nicht mehr in den Mund nehmen. Schnitzers Missbrauch dieser Vokabel ist da geradezu eine lässliche Sünde in einer Zeit, in der es „Staatsräson“ ist, einen live übertragenen Genozid zu decken.

Schnitzers Idee lässt jedenfalls schon einmal erkennen, dass demnächst weitere Griffe in die Geldbeutel der Deutschen geplant sind (Schnitzer gibt gerne das Sprachrohr, um so etwas zu lancieren). Ob die nun Luftsteuer heißen oder Freiheitsabgabe oder ob man sie transatlantischen Freundschaftsbeitrag nennt (auch wenn diese Bezeichnung – wegen Nord Stream – eigentlich für die Erdgaspreiserhöhungen reserviert bleiben müsste), ist eigentlich völlig egal. Dieses Spiel geht weiter, solange es sich die Deutschen gefallen lassen, eine Politik, die gegen ihre Interessen gerichtet ist, auch noch zu bezahlen.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

Wirtschaftsexperte Prof.Bofinger: Deutschland ist krank

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Ein sehr interessanter Aufsatz des Würzburger Wissenschaftlers im sozialdemokratischen IPG-Journal.
Mir fällt die Parallele zu Sahra Wagenknecht letzten Äußerungen zum thema Wirtschaftspolitik ein, insbesondere ihre Kritik der Schuldenbremse.

https://www.ipg-journal.de/rubriken/wirtschaft-und-oekologie/artikel/deutschland-ist-krank-7080/?utm_campaign=de_40_20231031&utm_medium=email&utm_source=newsletter

Schwächelndes Wachstum, wenig Investitionen: Der deutschen Wirtschaft geht die Luft aus. Dabei wäre die richtige Medizin parat.

Zum zweiten Mal hat der Economist Deutschland zumkranken Mann Europaserklärt. 1999, als das Wirtschaftsmagazin diese Diagnose zum ersten Mal stellte, litt das Land unter hoher Arbeitslosigkeit. Es ist allerdings fraglich, ob diese hohe Arbeitslosigkeit auf eine chronische Krankheit hindeutete — oder ob sie nicht nur die unausweichliche Folge des Vereinigungsschocks für die äußerst unproduktive Wirtschaft Ostdeutschlands war.
Dass Westdeutschland mit seinen 61 Millionen Einwohnern es geschafft hat, seine großzügigen sozialen Sicherungssysteme auf 16 Millionen Ostdeutsche auszuweiten und gleichzeitig die marode Infrastruktur im Osten komplett wiederaufzubauen, war damals ein Indiz für seine wirtschaftliche Stärke. In meinem Buch Wir sind besser, als wir glauben stellte ich 2014 die negative Diagnose der deutschen Wettbewerbsfähigkeit in Frage.

Heute dagegen scheint die Diagnose eher zuzutreffen. Ein offensichtlicher Indikator ist die Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft. Deutschland ist neben Argentinien das einzige Land, dem die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in ihrem jüngsten Ausblick Economic Outlook, Interim Report September 2023 für das laufende Jahr ein schrumpfendes Bruttoinlandsprodukt vorhersagt. Auch 2024 wird es noch zu den wachstumsschwächsten Ländern gehören.

Natürlich ist man sich in Deutschland dieser Leistungsschwäche bewusst. Als Hauptschuldiger wird in der öffentlichen Diskussion die „Bürokratie“ ausgemacht — also der Staat. Es fragt sich allerdings, ob die deutsche Bürokratie, die tatsächlich oft langsam und ineffizient arbeitet, wirklich als Erklärung für die schwache Wirtschaftsleistung herhalten kann.
Das International Institute for Management Development erfasst die Effizienz staatlichen Handelns jedes Jahr in einem internationalen Ranking. 2023 belegt Deutschlands Bürokratie in diesem Ranking einen nicht gerade überragenden 27. Rang, aber die meisten Kon
kurrenten schneiden nicht viel besser ab: die USA belegen Rang 25, Großbritannien den 28. und China den 35. Platz. Japan, Frankreich, Spanien und Italien liegen sogar noch dahinter.

Auch wenn die deutsche Bürokratie ein Wachstumshemmnis ist, muss es tiefer liegende Probleme geben. Diese sind leicht auszumachen, wenn man die Besonderheiten des „Geschäftsmodells“ der deutschen Wirtschaft unter die Lupe nimmt. Dieses Geschäftsmodell lässt sich in Abgrenzung von denen der Wettbewerber in Form dreier konzentrischer Kreise beschreiben.

Deutschland kann sich nicht mehr darauf verlassen, dass andere Länder seine Wirtschaft stimulieren.

Der äußere Kreis ist die ausgeprägte Exportorientierung. Seit den 1990er Jahren hat die deutsche Exportquote (das Verhältnis der Ausfuhren zum BIP) sich nahezu verdoppelt. Mit 47 Prozent ist sie weitaus höher als in Frankreich und Großbritannien (29 Prozent), China (20 Prozent) und erst recht in den USA (elf Prozent). In den Zeiten der rasanten Globalisierung kurbelten die Exporte die deutsche Wirtschaft an, und in den hohen Leistungsbilanzüberschüssen bildete sich zugleich die mangelnde Binnennachfrage ab.
Aufgrund des zunehmenden Protektionismus — nicht nur in China, sondern besonders in den USA — fällt der Welthandel inzwischen als Wachstumsmotor aus. Deutschland kann sich nicht mehr darauf verlassen, dass andere Länder seine Wirtschaft stimulieren.

Der mittlere Kreis des deutschen Wirtschaftsmodells ist die starke Fokussierung auf das verarbeitende Gewerbe: Dessen Anteil an der Wertschöpfung beträgt 19 Prozent und ist damit höher als in den USA (elf Prozent) und mehr als doppelt so hoch wie in Frankreich und Großbritannien (neun Prozent). Für Deutschland, das jahrzehntelang von seiner starken industriellen Basis profitiert hat, ist es jetzt viel schwerer, die hohen Energiepreise und die gebotene Dekarbonisierung der Wirtschaft zu verkraften, als für Länder mit einem starken Dienstleistungssektor. Auf diesem Gebiet leidet Deutschland (ebenso wie die anderen europäischen Länder) daran, dass es kaum über digitale Plattformen verfügt.
Eine Untersuchung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zeigte kürzlich, dass 80 Prozent des Weltmarktwertes dieser Plattformen auf die USA entfallen – auf China 17 Prozent und auf Europa insgesamt nur zwei Prozent.

Der innere Kreis des deutschen Geschäftsmodells ist Teil des verarbeitenden Sektors: die deutsche Automobilbranche, die sich sehr stark auf China als Absatzmarkt konzentriert. Die Fahrzeugproduktion in Deutschland erreichte ihren Höhepunkt 2017 und liegt heute unter dem Niveau der Zeiten vor dem Finanzcrash von 2008.
Die realen Schwierigkeiten, mit denen Volkswagen auf dem chinesischen Markt zu kämpfen hat, offenbaren die tieferliegenden Probleme der deutschen Autobauer. Sie haben nicht nur zu lange auf den Verbrennungsmotor gesetzt, sondern auch die Bedeutung digitaler Dienstleistungen unterschätzt.
Dass Volkswagen auf eine relativ kleines chinesisches Unternehmen (XPENG) angewiesen ist, um die digitale Performance seiner Autos zu verbessern, zeigt, wie sehr die Zeiten sich wandeln: Früher belieferte Deutschland China mit Spitzentechnologien. Heute exportieren chinesische Batteriehersteller wie CATL Spitzentechnologien nach Deutschland, indem sie hier investieren.

Deutschland ist mit einer grundsätzlichen Infragestellung seines Geschäftsmodells konfrontiert.

Der bei den deutschen Medien (und vielen deutschen Ökonomen) beliebte Befund, die Bürokratie — und die damit zusammenhängenden hohen Steuern — seien Deutschlands Hauptproblem, geht aus den genannten Gründen am Kern der Sache vorbei. Deutschland ist mit einer grundsätzlichen Infragestellung seines Geschäftsmodells konfrontiert, der mit Deregulierung und Steuersenkungen nicht beizukommen ist. Was es braucht, ist eine umfassende Transformation – und die erfordert vor allem ein neues Wirtschaftsparadigma.

In der ökonomischen Debatte gibt allerdings nach wie vor der unerschütterliche Glaube führender Wirtschaftswissenschaftler an die Vorzüge des Marktes den Ton an. Der Schlachtruf der orthodoxen deutschen Ökonomen ist das unübersetzbare Wort Ordnungspolitik. Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, fasste dieses Credo kürzlich in wohlformulierte Worte: „Der Staat weiß nicht besser als die Wirtschaftsakteure, wo die zukünftigen Chancen liegen. Außerdem darf man nicht vergessen, dass die Politik massiv von Interessengruppen beeinflusst wird. Und die kämpfen oft darum, das Bestehende zu bewahren oder das Tempo des Wandels zumindest einzubremsen.“

Mit der Schuldenbremse macht Deutschland das am wenigsten dringliche Problem zur obersten Priorität.

Die augenfälligste Konsequenz der Ordnungspolitik ist die seit 2009 im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse. Sie schreibt faktisch ausgeglichene Haushalte vor. Dies bedeutet, dass weder die Bundesregierung noch die Regierungen der Bundesländer produktive staatliche Investitionen mit Schulden finanzieren dürfen.
Diese Regel, die es in keinem anderen größeren Land gibt, erhebt die Staatsverschuldung implizit zum wichtigsten Anliegen und ordnet ihm alle anderen Anliegen in der Realwirtschaft unter. Dabei hat Deutschland von allen G7-Staaten mit Abstand die niedrigste Schuldenquote (Verhältnis der Staatsverschuldung zum BIP) – mit der Schuldenbremse macht es also das am wenigsten dringliche Problem zur obersten Priorität.

Unter diesen Umständen wird der Umbau seiner Wirtschaft für Deutschland ein sehr schwieriges Unterfangen. Die Verschuldungsgrenzen verhindern staatliche Investitionen und schränken die fiskalischen Spielräume für Maßnahmen zur Ankurbelung der Binnennachfrage ein. Die deutliche Abschwächung der Bautätigkeit infolge der hohen Zinsen wäre eine ideale Gelegenheit für Investitionen in den sozialen Wohnungsbau. Migrationsbedingt ist es in Deutschland sehr schwer bis unmöglich geworden, in größeren Städten Wohnraum zu zumutbaren Preisen zu finden.
Doch beim Sondergipfel zum Thema Wohnungsbau, den die Bundesregierung im vergangenen Monat organisierte, war die Bauministerin Klara Geywitz nicht gewillt oder in der Lage, in diesem Jahr mehr als die ausgesprochen geringe Summe von 1,3 Milliarden Euro in diesem Jahr und 1,6 Milliarden Euro im kommenden Jahr bereitzustellen.

Die notwendige Neuausrichtung der deutschen Industrie auf neue Technologien und Dienstleistungen ist ein Opfer der Schuldenbremse.

Auch die notwendige Neuausrichtung der deutschen Industrie auf neue Technologien und Dienstleistungen ist ein Opfer der Schuldenbremse. Diese Neuausrichtung muss im großem Stil durch Forschungsaktivitäten unterstützt werden, aber die Staatsausgaben in diesem Bereich befinden sich im freien Fall. Das ist umso beunruhigender, als Deutschland in der High-Tech-Forschung schon jetzt keine dominierende Rolle spielt.
Ein kürzlich vom Australian Strategic Policy Institute veröffentlichtes Ranking der Forschungsaktivitäten mit Blick auf 64 innovative Technologien zeigt, dass China auf diesem Gebiet mit Abstand am aktivsten ist, gefolgt von den USA.
Deutschland rangiert hinter Indien, Südkorea und Großbritannien
.

Die mangelnden Staatsausgaben sind aber nicht der einzige Faktor, der die Transformation der deutschen Wirtschaft ausbremst. Während in China und den USA, aber auch in vielen kleineren Ländern der Staat eine maßgebliche Rolle übernimmt, wenn es um die Ausgestaltung des Ökosystems für neue Technologien geht, lehnen viele deutsche Ökonomen „Subventionswettläufe“ vehement und grundsätzlich ab.
Im April empfahlen die führenden deutschen Wirtschaftsinstitute in ihrer Gemeinschaftsdiagnose: „Standort- statt Industriepolitik, Subventionswettläufe anderen überlassen.“ Eine Folge dieses passiven Denkens ist, dass deutsche Autobauer wie Mercedes und Volkswagen ihre Elektrofahrzeugproduktion nach Nordamerika verlagern, weil sie dort in den Genuss der großzügigen Subventionen im Rahmen des amerikanischen Inflation Reduction Act oder der entsprechenden kanadischen Regelungen kommen.

Diesmal liegt der Economist mit seiner Diagnose also richtig: Deutschland ist krank geworden. Doch es könnte geheilt werden, wenn es bereit wäre, seinen Lebensstil zu ändern und die für die Genesung angezeigte Medizin einzunehmen. Die Lebensstiländerung setzt ein neues Denken voraus: Statt eines oft bedingungslosen Vertrauens in die Kräfte des Marktes braucht es eine differenziertere Sicht der Dinge. Der Staat darf nicht nur als Problem betrachtet werden („Bürokratie“), sondern auch als Lösung für Probleme, die die Märkte aus eigener Kraft nicht „lösen“ können.
Die Medizin: staatliche Schulden, eingesetzt als Wachstumsmotor – nicht durch Steuersenkungen und damit einhergehende Transfers, sondern durch mehr staatliche Investitionen, um die Binnennachfrage zu beleben und die Entwicklung und den Einsatz neuer Technologien zu stimulieren.

Aus dem Englischen von Andreas Bredenfeld

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

Wie eine Wagenknecht-Partei den politischen Diskurs grundlegend verändern kann

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Nachdem gestern nacht die Falschmeldung über Focus u.a. lief, Sahra Wagenknecht habe jetzt konkret angefangen mit der Parteigründung, wird inzwischen zurückgerudert.
S.a.
https://www.jungewelt.de/artikel/458714.niedergang-der-linkspartei-ein-bisschen-provozieren.html

Aktuell dazu eine knappe, treffende Einschätzung von Norbert Haering:
n_haeringhttps://norberthaering.de/new/wagenknecht-rosenbusch/
Auszüge:
Bild hat unter Berufung auf Vertraute von Sahra Wagenknecht verkündet, dass die Gründung einer neuen Partei mit ihr als Frontfrau kurz bevorstehe. Schwarzsehern zufolge wird dieses Projekt nur dazu führen, dass die Dominanz einer ganz großen Koalition der extremistischen Mitte über die deutsche Politik noch größer wird. Diese Analyse ist ebenso mutlos wie falsch.

Der in Schweden lebende Fotograf und Journalist Henning Rosenbusch mit 57.000 Followern auf „X“ kommentierte die Meldung der Bild (Zahlschranke) von der bevorstehenden Parteigründung durch die Noch-Linkenpolitikerin Sahra Wagenknecht und ihre noch unbekannten Mitstreiter über den Kurznachrichtendienst folgendermaßen:

„Obwohl ich Wagenknecht achte und mir dies seit Corona gewünscht habe, allein weil es das Ende der Corona-Hardliner Partei „die Linke“ bedeutet, die bei der Beschimpfung von Maßnahmenkritikern und Gentherapie-Skeptikern ganz vorne dabei war, sehe ich das nun mit gemischten Gefühlen. Am Ende stehen sich vermutlich zwei große Oppositionsparteien gegenüber, die nichts miteinander zu tun haben wollen. Mehr Spaltung und noch schwerer zu organisierender Widerstand gegen die Abschaffung der Grundrechte.
Dies wäre für das Parteienkartell der „Transformation“ eine gute Nachricht.“

In den Kommentaren ergoss sich daraufhin ein Wasserfall an Defätismus: „PsyOp der Ampel“ hieß es da und „kontrollierte Opposition um die AfD zu schwächen.“
Es wird ihr unterstellt: „Sie weiß das. Genau deswegen macht sie das. Und spaltet im Osten die Opposition.“
Ein anderer kritisiert:

„Im Grunde genommen reden wir hier von kontrollierter Opposition. Solange nicht EINE Oppositionpartei eine Mehrheit bekommt bleibt alles wie es ist. Bei den Grünen knallen gerade die Sektkorken.“
Im gleichen Sinne schreibt ein weiterer Schwarzseher: „Sobald man mehr als fünf Parteien hat ist eine Demokratie (mathematisch) eh futsch.“

Sahra Wagenknecht dementierte die Meldung der Bild recht weich mit dem Hinweis, die Entscheidung falle erst in den nächsten Monaten.

Schwächung der AfD

Es gibt wenig Zweifel daran, dass die AfD zu den Parteien gehört, die am meisten Wähler an die neue Partei verlieren könnten – und dass die Ampel und die Union das sehr gern sehen würden. Es ist auch auffällig, wie wenig giftig, ja fast freundlich, über Wagenknecht und ihre Ambitionen in den letzten Monaten in den Medien berichtet und kommentiert wurde, insbesondere im parteinahen öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Der frühere scharfe mediale Gegenwind ist fast schon zu Rückenwind geworden. Bis dahin ist die schwarzseherische Analyse richtig.

Falsch wird sie, wenn implizit unterstellt wird, das Parteiestablishment hätte alles unter Kontrolle. Dass man inzwischen sogar auf die Gründung einer Wagenknecht-Partei hoffen muss, damit der Höhenflug der AfD in den Umfragen sich nicht demnächst in deren Machtbeteiligung oder -übernahme zuerst in Ostdeutschland und dann womöglich in Gesamtdeutschland umsetzt, ist ein Zeichen dafür, dass die Kontrolle entgleitet.

Die politische Ausgangslage

Lange Zeit war die AfD eine Partei, wie sie der Mainstream hätte erfinden müssen, wenn es sie nicht schon gäbe. Die Parteien der extremen Mitte konnten in wichtigen Politikfeldern wie Migration und wer deren Lasten trägt, undemokratische Europapolitik, Krieg und Frieden, Wirtschaftskrieg und Energiewende eine Politik weit am Willen einer Mehrheit oder großer Teile der Bevölkerung vorbei betreiben.
Da die AfD oft als einzige dagegen opponierte, konnte man jede Gegenrede als „rechts“ mit Anklang von „rechtsextrem“ verunglimpfen und auf diese Weise so tun, als wäre eine Politik stramm gegen die Interessen der Nichtprivilegierten gleichzeitig links und liberal.

Das hat lange gut funktioniert, aber der Abstand zum Willen der Bevölkerung ist so groß geworden, dass immer mehr Menschen, die wenig mit den von der AfD vertretenen Werten am Hut haben, diese unterstützen, weil sie sie als einzige Opposition wahrnehmen. Daher der bedrohliche Höhenflug der AfD in den Umfragen.
Die Hoffnung auf die Schwächung der AfD durch eine Wagenknecht-Partei als letzter Notnagel heißt in dieser Situation nicht, dass das Parteiestablishment langfristig davon profitieren wird.

Wie sich der Diskurs ändern könnte

Lange Zeit bedeutete ein Argument, das von der AfD vorgetragen wurde, dass keine andere Partei in die gleiche Richtung argumentieren würde.
Seit die AfD immer stärker wird, bemüht sich die Union erkennbar, ihr durch abgeschwächte Übernahme mancher Positionen das Wasser abzugraben und selbst die wetterwendische SPD-Innenministerin Faeser spricht sich nun dafür aus, rechtsstaatliche Prinzipien zu missachten, wenn es um den Kampf gegen „Clankriminalität“ geht – erkennbar um ihre schmalen Chancen im hessischen Wahlkampf ein bisschen aufzupäppeln.

Die Politik fängt an, noch weiter nach rechts zu rücken, um dem rechten Monopol an Opposition zu begegnen.

Wenn es eine Partei gibt, die die extreme Mitte von links kritisiert, kann das grundlegend anders werden. (Ich schreibe kann, weil man bisher nur spekulieren kann, wie die neue Partei aussehen und auftreten wird.) Wenn sie von links kritisiert werden, wird es für Parteien wie die Grünen und die SPD schwerer, unter dem zerschlissenen Mantel ihrer linken Vergangenheit ihre neoliberale, militaristische Politik zu verstecken.
Wenn die Wähler mangels linker Opposition nicht mehr alles für links halten müssen, was die Parteien etwas weniger weit rechts als die AfD von sich geben und beschließen, steigt die Chance enorm, dass sie verstehen, was passiert, und informiert über mögliche Alternativen entscheiden können.
Wenn die neue Partei Erfolg hat, steigt die Chance, dass linke Kräfte in der SPD und bei den Grünen gestärkt werden und liberale in der FDP. Dazu braucht es keine Mehrheit und keine Regierungsbeteiligung.
Die oben zitierten defätistischen Kalkulationen über Machtverhältnisse in Mehrparteiensystemen sind viel zu eindimensional gedacht.

Natürlich wird versucht werden, die neue Partei, wenn sie einmal da ist, mit einer Kombination aus Querfront- und Kommunismusvorwürfen zu diskreditieren. Ob das gut funktionieren wird, ist allerdings noch die Frage. Schließlich kann die neue Partei die neoliberal-rechte AfD-Oppositon ebenso hart kritisieren wie die extreme Mitte und wird es wohl auch tun, jedenfalls dort, wo es wirklich um Fragen von links und rechts geht.

Dazu noch ein recht aktueller Kommentar von S.Wagenknecht:

Sinnloser Wirtschaftskrieg

Sanktionen und Umverteilung

Endlich sieht die Außenministerin es ein: Die vom Westen verhängten Sanktionen schaden Russland nicht. »Eigentlich hätten wirtschaftliche Sanktionen wirtschaftliche Auswirkungen. Das ist aber nicht so.

wagenknecht2018

wagenknecht2018

(…)

Wir haben erlebt, dass mit rationalen Entscheidungen, rationalen Maßnahmen, die man zwischen zivilisierten Regierungen trifft, dieser Krieg nicht zu beenden ist«, so Baerbock in einem Interview. Nun ist es alles andere als rational zu erwarten, dass man Konflikte und Kriege durch endlose Waffenlieferungen beenden kann. Und nicht weniger dumm ist es, einen Wirtschaftskrieg gegen unseren wichtigsten Rohstofflieferanten zu führen, der sehr wohl massive Schäden anrichtet: bei uns! Die hohen Energiepreise sind Gift für unsere Industrie, Betriebe wandern ab, die Wirtschaft schrumpft wie in keinem anderen Land der G20, es droht eine Deindustrialisierung mit gravierenden Folgen für Arbeitsplätze, Löhne und den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft.

Die Armut wächst, da immer mehr Menschen nicht wissen, wie sie bei gestiegenen Preisen über die Runden kommen sollen. Da die Ampel nichts gegen die Marktmacht und Preistreiberei in einigen Branchen unternommen hat, kam es außerdem zu einer hemmungslosen Umverteilung von unten nach oben: Während die Reallöhne im letzten Jahr um mehr als vier Prozent zurückgegangen sind, konnten sich Dax-Konzerne über einen Rekordgewinn von 171 Milliarden Euro freuen. Über 50 Milliarden Euro an Dividenden werden in diesem und im nächsten Jahr an Aktionäre von Dax-Konzernen ausgeschüttet – rund doppelt soviel wie im Durchschnitt der letzten zwanzig Jahre.
Und da die Ampel von höheren Steuern auf Konzerngewinne oder Milliardenvermögen nichts wissen will, stehen uns die härtesten Verteilungskämpfe noch bevor.

»Der Staat kann nicht überall fördern und subventionieren«, begründete Finanzminister Lindner seine Kürzungsvorgaben im Haushaltsentwurf u. a. für Bildung, Rente, Gesundheit und Pflege.
Für Soziales oder sinnvolle Investitionen ist angeblich kein Geld da – für endlose Waffenlieferungen an die Ukraine schon.
Fünf Milliarden Euro pro Jahr seien bis 2027 (!) im Haushalt als »Ertüchtigungshilfen« für das ukrainische Militär fest eingeplant, versprach Lindner Mitte August in Kiew, mehr als zwölf Milliarden hat man bereits geleistet.
Doch was hat diese angebliche Hilfe gebracht, außer einer Eskalation der Gewalt? Was außer einer Verschärfung von Armut und Hunger gerade auch in Ländern des Südens? Statt weiter Tod und Zerstörung zu subventionieren, braucht es endlich politischen Druck für einen Waffenstillstand.
Und statt sich von den USA auch noch in Konflikte mit China treiben zu lassen, sollte man sich lieber für eine multipolare Weltordnung mit fairen Handels- und Finanzbeziehungen einsetzen statt für willkürliche Sanktionen.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Jochen

Petra Erler fragt: Wer wars? Zur Dammbruch-Katastrophe von Nowa Kachowka

NACHRICHTEN EINER LEUCHTTURMWÄRTERIN

petra erler blog

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https://petraerler.substack.com/p/wer-wars-zur-katastrophe-von-nowa

Es steht außer Zweifel, dass eine terroristische Attacke auf ein Wasserkraftwerk und einen Staudamm ein Verbrechen ist, und dass sich auch im Krieg der Beschuss solcher Objekte verbietet.
Die NYT erinnerte 2022 daran, wie knapp die Syrer einer Katastrophe entgingen, weil die USA die Talsperre von Tabqa rücksichtslos bombardierten, wo sich der IS verschanzt hatte. Sie enthüllte, dass die damaligen Beschwichtigungsversuche des Pentagon, man hätte nichts kaputt gemacht, nicht stimmten.

https://www.nytimes.com/2022/01/20/us/airstrike-us-isis-dam.html

Im Fall von Nowa Kachowka ist die Überschwemmung rechts und links des Dnjepr nur der oberste Baustein einer komplexen Katastrophe, die die Energie- und Trinkwasserversorgung, die Landwirtschaft und die Umwelt betrifft und für Millionen Menschen in der Region, bis hin zur Krim, lange und schwere Auswirkungen hat.
Das Wasserkraftwerk ist kaputt. Der Stausee fungierte auch als Reservoir zur Bewässerung der landwirtschaftlichen Gebiete von Cherson und Saporischschja (teilweise unter ukrainischer und teilweise unter russischer Kontrolle) und sorgte nach der russischen Besetzung im vergangenen Jahr wieder für die Wasserversorgung auf der Krim. Die Ukraine hatte diese Wasserversorgung 2014 eingestellt. Nun scheint das Wasserproblem der Krim auf Jahre zementiert und das Schwarze Meer verseucht.
Sollte der Staudamm von einer Seite militärisch zerstört worden sein, dann wäre deren Kriegsführung in eine Taktik der „verbrannten Erde“ umgeschlagen. Zum aktuellen Zeitpunkt steht nicht eindeutig fest, wer oder was die Katastrophe auslöste.
Klar ist nur, dass der hauptsächliche langfristige Schaden in Gebieten liegt, über die die Ukraine aktuell keine Kontrolle hat.
Dennoch sind wir eindeutig bereits wieder im Modus: Der Russe wars, der Russe lügt, wenn er nur den Mund aufmacht.
Die EU, der NATO-Generalsekretär, aber auch deutsche Bundeskanzler zeigten umgehend mit dem Finger auf den russischen Schurkenstaat, nachdem Kiew den Ton vorgegeben und eine russische Schuld proklamiert hatte. Moskau wiederum machte Kiew verantwortlich.
Die USA und Großbritannien haben ihre Beurteilung noch nicht abgeschlossen. Das spiegelt sich auch in den vorsichtigen Berichterstattungen von CNN und BBC wieder.

https://www.bbc.com/news/world-europe-65818705

Michael Roth (SPD), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, teilte über Twitter nach der Katastrophe am Staudamm das Folgende mit:
Warum sollte die Ukraine so etwas tun? Schaltet doch mal bitte das Hirn ein und glaubt nicht den ganzen Dreck der russischen Propaganda. Russland begeht täglich Kriegsverbrechen + Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der #Ukraine.“
Er empfahl ebenfalls, nach der Analysemethode von T. Synder zu verfahren: Was aus Kiew kommt, stimmt (fast immer), was Russland sagt, ist (immer) eine Lüge.

https://twitter.com/MiRo_SPD?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwgr%5Eauthor

Nicht einmal das Pentagon war so forsch.

https://twitter.com/TheGrayzoneNews

Es ist völlig klar, dass es zu dem ganzen Vorfall nicht gekommen wäre, würde es diesen Krieg nicht geben bzw. wäre er längst durch Verhandlungen beendet worden.
Aber auch eine russische Aggression befreit nicht von der Frage, wie alles so weit kommen konnte. Sie befreit auch die angegriffene Partei nicht von der Pflicht, sich an das Recht zu halten. Sie befreit die Unterstützer der Ukraine nicht von ihrer Mitverantwortung für alles, solange sie der militärischen Auseinandersetzung den Vorzug geben, statt den Frieden zu suchen. Schließlich befreit sie uns auch nicht von der Pflicht, darüber nachzudenken, mit wem wir uns gemein machen.
Nachweislich trug der ukrainische Präsident in Rom (einschließlich im Vatikan) ein Sweatshirt, auf dem nicht das Wappen der Ukraine, sondern das Wappen der Organisation der ukrainischen Nationalisten aufgedruckt war.
Mitglieder dieser extremen Organisation waren an der Ermordung ukrainischer Juden beteiligt, sie haben Polen ermordet, die Melnyk-Teile kämpften freiwillig in der SS. Was bedeutet es, wenn ein ukrainischer Präsident ein solches Wappen auf die internationale Bühne bringt?

https://www.zdf.de/nachrichten/politik/selenskyj-rom-ukraine-krieg-russland-100.html

Die Nowa Kachowka-Katastrophe verdeckt, wie die aktuelle Lage an der Front ist.
Von ukrainischer Seite heißt es, die Gegenoffensive habe noch nicht begonnen.
Von russischer Seite wurden dagegen entsetzliche ukrainische Verluste innerhalb weniger Tage mitgeteilt, während die eigenen Verluste als sehr niedrig angegeben wurden.
Niemand kann die Angaben verifizieren.
Verfährt man nach der Methode, die Russen lügen immer, dann muss man sich keine Gedanken um das Leben/ das Sterben von ukrainischen Soldaten machen. Dann sind die über 6000 toten ukrainischen Soldaten (innerhalb von fünf Tagen, lt. russischem Verteidigungsministerium) noch putzmunter und einsatzbereit.
Was aber, wenn Kiew nicht die Wahrheit sagt, die Gegenoffensive begonnen hat, die ukrainische Armee auf Granit beißt bzw. abgeschlachtet wird? Trotz West-Trainings und West-Panzer. Das würde die prekäre Frage stellen, warum wir das immer noch zulassen. Aber da Kiew uns versichert, dass Russland „immer schwächer wird“, ziehen wir vor, Kiew zu glauben. Dann wiegt die Last der Mitschuld an dieser Metzelei im Krieg nicht mehr so schwer.
So häuft sich eine Katastrophe auf die nächste.

In einem ungewöhnlichen Artikel ließ Politico nun die Katze aus dem Sack, worum es in der Ukraine geht. Da stand nichts von Freiheit, Demokratie und Werten. Mit dem Ausgang der ukrainischen Gegenoffensive steht „der Krieg“ und „die globale Reputation“ des US-Präsidenten auf dem Spiel. Knirscht es im Getriebe, könnte die finanzielle Unterstützung für die Ukraine austrocknen, Rufe nach Verhandlungen lauter werden. Dies, so Politico, „behindert eine der bedeutendsten internationalen Errungenschaften des Weißen Hauses.“
Es geht also im Klartext um einen Kriegspräsidenten und seine Wiederwahl.

https://www.politico.com/news/2023/06/08/biden-ukraine-counteroffensive-00101088

Während das Weiße Haus um sich und seine Geldgeber kreist, gibt es seit Monaten wechselseitige Beschuldigungen zwischen der Ukraine und Russland, den Staudamm Nowa Kachowka zerstören zu wollen. Die russische Seite hatte ihn im Krieg erobert und auch das nunmehr völlig zerstörte Kraftwerk unter Kontrolle.
Zwecks „Hirneinschaltung“ (siehe MdB Roth) habe ich deshalb eine Zeittafel zusammengestellt, die Geschehnisse bzw. Einschätzungen im Zusammenhang mit dem Staudamm von Nowa Kachowka betreffen.

August 2022

Laut NTV griff die Ukraine in ihrer Gegenoffensive die Brücke am Staudamm Kachowka an und machte sie unbrauchbar.

https://www.n-tv.de/politik/Ukraine-greift-russische-Nachschubwege-an-auch-Staudamm-Bruecke-von-Nowa-Kachowka-unbrauchbar-article23518296.html

https://meduza.io/en/news/2022/08/11/ukraine-strikes-crucial-bridge-in-nova-kakhovka

29. August 2022

Die Kyiv Post berichtete, dass die Lage der russischen Armee auf der westlichen Seite des Dnjepr sehr wahrscheinlich unhaltbar geworden sei, da alle Brücken durch die ukrainische Gegenoffensive zerstört wurden.

https://www.kyivpost.com/russias-war/ukrainian-counteroffensive-underway-in-kherson-region.html

20. Oktober 2022

Der ukrainische Präsident informierte den Europäischen Rat, dass nach Informationen der Ukraine Russland den Damm und das Wasserkraftwerk vermint hätte. Er forderte eine internationale Beobachtermission.

https://www.president.gov.ua/en/news/rosijskij-teror-maye-prograti-ukrayina-j-usya-yevropa-mayut-78613

21. Oktober 2022

Ein Artikel in der Kyiv Post bezeichnete die russische Kontrolle über den Damm als ein russisches Kriegsziel, da so die Wasserversorgung der Krim gewährleistet werden kann. Er zitiert auch russische Quellen, wonach der Damm am Vortag (20. Oktober) durch ukrainische Raketen getroffen und beschädigt worden sei.

https://www.kyivpost.com/post/567

21. Oktober 2022

Russland informierte den UN-Generalsekretär und den Präsidenten des Sicherheitsrates in einem Schreiben, dass die Ukraine die Zerstörung des Staudamms plane.

6. November 2022

Reuters berichtet, dass laut TASS der Damm von ukrainischer Seite angegriffen und beschädigt wurde.
Reuters verwies ebenfalls darauf, dass sich beide Seiten seit Oktober gegenseitig beschuldigen, den Staudamm zerstören zu wollen.

https://www.reuters.com/world/europe/ukraines-russian-held-nova-kakhovka-dam-damaged-shelling-russian-media-2022-11-06/

November 2022

Ein Video zeigte Explosionen am Staudamm, die auf ukrainische Angriffe zurückgehen.
Nach der Zerstörung im Juni 2023 wurde fälschlicherweise vermutet, dieses Video dokumentiere das Geschehen in der Nacht vom 5. auf den 6. Juni 2023.

https://www.nbcnews.com/video/surveillance-video-from-november-2022-shows-explosions-at-the-kakhovka-dam-180453957597?playlist=mmlsnnd_bestofnbc-nnd

sowie

https://fullfact.org/online/nova-kakhovka-dam-video-explosion/

Oktober/November 2022

Die russische Armeeführung zieht sich von der westlichen Seite des Dnjepr zurück und beginnt die Evakuierung der ZIvilbevölkerung. Die Stadt Cherson wird von der ukrainischen Armee zurückerobert.
Die militärische Begründung für den russischen Rückzug auf die östliche Seite des Dnepr enthielt die Annahme, dass der Damm stärker beschossen werden und es zu einer Flutkatastrophe kommen könnte. Das hätte auch Teile der russischen Armee abgeschnitten.
Die Daily Mail veröffentlichte das Video der Berichterstattung an den russischen Verteidigungsminister.

https://youtu.be/mzI_CCYGD4Y

29. Dezember 2022

Die Washington Post präsentiert einen ausführlichen Bericht über die ukrainische Gegenoffensive im Herbst 2022. In diesem Bericht heißt es, die Konzentration auf Cherson 2022 wäre auf den Rat der USA zurückgegangen.
Laut dem ukrainischen Generalmajor Kowaltschuk unternahmen die Ukrainer einen „erfolgreichen“ Testangriff mit einer Himars-Rakete auf ein Fluttor des Damms. Er bezeichnete eine Dammzerstörung als „letztes Mittel“ und hätte sich „zurückgehalten“.
Diese Berichterstattung bestätigte die Einschätzung der russischen Seite, dass sie, wäre sie auf der westlichen Dnjepr-Seite geblieben, geschlagen (und vernichtet) worden wäre.

Im Original:

“Kovalchuk considered flooding the river. The Ukrainians, he said, even conducted a test strike with a HIMARS launcher on one of the floodgates at the Nova Kakhovka dam, making three holes in the metal to see if the Dnieper’s water could be raised enough to stymie Russian crossings but not flood nearby villages. The test was a success, Kovalchuk said, but the step remained a last resort. He held off.“

https://archive.is/9Py2F#selection-4394.55-5243.89

Frühjahr 2023:

Der Wasserstand im Staubecken steigt dramatisch an. Tatsächlich ist der Dnjepr an verschiedenen Stellen durch Staubecken aufgestaut und „so beruhigt“. Der Nowa Kachowka-Staudamm ist der sechste in der Reihe. Alle übrigen Staubecken sind unter ukrainischer Kontrolle.

https://edition.cnn.com/2023/06/08/europe/nova-kakhovka-destruction-theories-intl/index.html?utm_term=link&utm_source=twCNNi&utm_content=2023-06-09T04%3A00%3A11&utm_medium=social

Der stetig ansteigende Pegelstand im Staubecken muss durch Wassereinbringung aus den anderen Staubecken verursacht worden sein, was aber nicht notwendigerweise als Indiz für eine ukrainische Planung genommen werden kann. *)
Karkhova_Dam_BreachAus einem Substack-Artikel von Simplicius am 7. Juni geht hervor, dass die russische Seite versuchte, Anfang Mai den Pegelstand zu senken und ein Fluttor zu öffnen.
Der als Beweis dort zitierte Twitteraccount ist in Deutschland nicht zugänglich.

Ein Video, das auf Twitter vom Schweden Mikael Valtersson am 7. Juni 2023 veröffentlicht wurde, zeigt, dass die Fluttore eines flussaufwärts gelegenen Staudamms weiter weit offen sind. Sie hätten spätestens zu diesem Zeitpunkt geschlossen werden müssen, damit die Flut flussabwärts nicht noch vergrößert wird. Das hat Valtersson auch ganz klar formuliert.

https://twitter.com/MikaelValterss1/status/1666510530444402708

Es ist außerdem unklar, ob es nur ein oder mehrere Ereignisse gab. Laut CNN scheinen Luftaufnahmen darauf hinzudeuten, dass bereits vor dem Ereignis am 6. Juni Teile der Straße auf dem Damm zusammenbrachen. Ähnlich berichtete auch BBC. Merkwürdigerweise gab es darüber keinerlei Informationen, von keiner der beiden Seiten. In der Nacht vom 5. zum 6. Juni hat es laut norwegischer seismischer Aufzeichnungen eine Explosion gegeben.

6. Juni 2023

Das ist der „Tag der russischen Sprache“ bei den Vereinten Nationen. Der offizielle Twitterkanal der Ukraine „gratulierte“ in äußerst makabrer Weise. Nach den Briefmarken zum Anschlag auf die Brücke von Kertsch und zum Drohnenangriff auf den Kreml scheint es eine äußerst schlecht verhehlte Sehnsucht in der Ukraine zu geben, allem Geschehen den eigenen Stempel aufzudrücken.

https://twitter.com/Ukraine/status/1666051761096867844

6. Juni 2023

Der UN-Sicherheitsrat befasst sich auf Verlangen von Russland und der Ukraine mit der verdammungswürdigen Zerstörung des Staudamms/ des Kraftwerkes.

https://youtu.be/k8qRiT5Jhm8

7. Juni 2023

Spiegel kommentierte den ersten Auftritt von Tucker Carlson auf Twitter (inzwischen über 100 Millionen Zuschauer) und notierte zu dessen Behauptung, die Ukraine hätte die Sprengung zu verantworten, er habe „keine Belege“ vorgelegt.
Es wäre schön, wenn der Spiegel auch zu Behauptungen, dass der Akt auf Moskaus Konto geht, Beweise verlangen würde.

https://www.spiegel.de/netzwelt/apps/tucker-carlson-beginnt-twitter-show-mit-unbewiesenen-behauptungen-zum-kachowka-staudamm-a-83f16010-5d60-42ba-829f-1c38c6f99bb6

Paul Ronzheimer interviewte den ukrainischen Präsidenten und fragte ihn unter anderem, welches Motiv Russland haben könnte, den Damm zu sprengen. Selenskyj antwortete, es wäre um die Behinderung der ukrainischen Gegenoffensive gegangen, und die russische Seite hätte vergessen, dass auch durch sie kontrollierte Gebiete betroffen sein würden. Der ukrainische Präsident suggerierte ebenfalls, dass das Kraftwerk möglicherweise nicht ordentlich betrieben worden sei.

https://youtu.be/2_8DeOrgoFw
Inzwischen behauptet der ukrainische Geheimdienst, er habe Belege für eine russische Verursachung. Er will ein Telefonat abgefangen haben.

9. Juni

Das mehrsprachige ukrainische Medium TCH gab einen langen wütenden Artikel heraus, in dem die westlichen Reaktionen auf die Katastrophe analysiert werden. Festgestellt wird, die Ukraine habe den „Informationskrieg“ um die Zerstörung des Wasserkraftwerks von Nowa Kachowka verloren. Demnächst steht der NATO-Gipfel an, und da ist so was offenbar wichtig.

https://tsn.ua/en/ato/it-collapsed-and-not-everything-is-so-clear-cut-why-did-the-world-get-scared-and-turn-a-blind-eye-to-the-blowing-up-the-kahovka-hydroelectric-power-plant-by-russia-2346616.htmlA

Aufgrund der großen Aufmerksamkeit für die Tragödie der Zerstörung des Staudamms und des Kraftwerks gerieten andere Meldungen eher in den Hintergrund.
Die erste kam von der Washington Post. Die schrieb, der Anschlag auf NordStream ginge auf das Konto der ukrainischen Armeeführung, die diese Aktion allerdings hinter dem Rücken des ukrainischen Präsidenten gemacht hätte. Die CIA hätte im Juni 2022 davon gewusst.
Nun mal ganz abgesehen davon, dass nach der Zerstörung von NordStream alle sofort mit dem Finger nach Russland zeigten, so als gehöre es zur russischen Natur, sich selbst zu schädigen, muss man sich schon wundern, warum die Washington Post am 5. Juni eine neue Geschichte aus dem Ärmel zog. Zumal der angeblich Verantwortliche für den Terroranschlag, General Saluschnji, derzeit weder im Dienst noch gesprächig zu sein scheint, die CIA keine gute Figur abgibt und die neue Geschichte direkt zur Frage führt, warum wir solidarisch sein sollen mit der Ukraine, deren angeblicher „Kriegsakt“ auch Deutschland traf. Ist das eine Absetzbewegung der Washington Post von der Ukraine? Denn hätte sie Recht, wäre der aktuellen Ukraine buchstäblich alles zuzutrauen. Der Bericht bestätigt allerdings, wie wichtig eine unabhängige internationale Untersuchung des Anschlags auf NordStream wäre.

Eine weitere Meldung betraf die enge Zusammenarbeit zwischen dem FBI und dem ukrainischen Geheimdienst mit dem Ziel, sogenannte „russische Desinformation“ durch US-Bürger auf Twitter zu unterbinden.
Aaron Mate, unabhängiger Journalist, wertete Twitter-Akten aus. Er war als freier Journalist von diesem ukrainischen Zensur-Ansinnen direkt betroffen. Dabei muss man sich immer vergegenwärtigen, dass die Ukraine inzwischen am finanziellen Tropf des Westens hängt, und dass es sich dabei um öffentliche Mittel handelt.
Es wäre interessant zu erfahren, ob auch deutsche Verfassungsorgane von der Ukraine um „Amtshilfe“ gebeten wurden.

Die dritte Meldung bezog sich auf „Russiagate“. Erneut war es Aaron Mate, der die Story publizierte, auch wenn er in einem Punkt sein Rechercheergebnis nicht zu Ende dachte. Er wies nach, dass die Geschichte vom russischen Einbruch in den DNC-Server 2016 nie vom FBI unabhängig geprüft wurde, aber auch, dass die Obama-Administration die von der Clinton-Kampagne in die Welt gesetzte Geschichte bereits vorher (ungeprüft) offiziell unterstützte. Matés Berichterstattung lässt nur einen Schluss zu: Präsident Obama hatte eine aktive Rolle am Zustandekommen von „Russiagate“.
Diese absichtlichen Winkelzüge mündeten im Hass gegen Russland und gegen Julian Assange. Denn US-Medien (und im Gefolge auch deutsche Medien) sympathisierten mit Obama und Clinton, und ihnen war das Wort von US-Geheimdienstlern sakrosant.
Dass alles eine Kabale war, konnten oder wollten sie nicht glauben.

https://www.realclearinvestigations.com/articles/2023/06/06/what_durham_skipped_903673.html

Die vierte Meldung betraf Julian Assange. Er hat nur noch sehr wenige legale Möglichkeiten, einer Auslieferung und Verurteilung zu entgehen. Er vertritt nicht die Art „Journalismus“, die kürzlich in einem TAZ-Artikel zur Nowa Kachowka-Katastrophe aufschien: Wenn Olaf Scholz Russland für den Anschlag verantwortlich macht, weiß er wahrscheinlich mehr als wir.
Im Umkehrschluss dachten jede Menge DDR-Bürger lange: Wenn das Politbüro nur von den Problemen wüsste, würde es gewiss die Missstände im Land beseitigen.
Wollen wir wirklich Assange opfern? Wollen wir den Kotau der Medien vor der Politik und die damit verbundene Angst, dass das, was man denkt oder weiß, immer weniger gesagt werden kann?Weil es Zensur bringt, geeignet ist, die Existenz zu vernichten, oder es vor einem Gericht und im Gefängnis enden kann, ohne Hoffnung auf Verteidigung (Assange)?
Wollen wir eine Gesellschaft, in der sich in den Medien die Fragen, Zweifel und Meinungen aller widerspiegeln oder nur noch einen Haufen Vorbeter, weil der Eine angeblich nichts zu verbergen hat, es den Nächsten nicht interessiert, der Dritte zu beschäftigt ist, um nachzudenken und der Vierte so tut, als hätte niemand sonst etwas im Hirn?
Wer hat die Katastrophe von Nowa Kachowka zu verantworten? Auch das sollte eine unabhängige Untersuchung klären.

Glücklicherweise hat das nahegelegene Kernkraftwerk einen eigenen Wasservorrat zur Kühlung. Dieses riesige Kernkraftwerk ist aktuell in russischer Hand. Auch dort wurde und wird gekämpft. Im April 2023 räumte die Times ein, was seit Monaten auf der Hand lag: Die Russen beschießen sich nicht selbst.
https://www.neimagazine.com/news/newsthe-times-confirms-russian-reports-of-attacks-on-zaporizhia-npp-10747671

Was, wenn es dort zu einer Katastrophe käme? Wer kann und will das noch verantworten?

Nachtrag:

Am 5. Juni wurde die Ammoniumpipeline Togliatti-Odessa zerstört. Beide Seiten laut Daily Mail beschuldigen sich gegenseitig. Hier ist der Bericht des österrreichischen Express

https://exxpress.at/schwerer-vorwurf-aus-moskau-ukrainische-saboteure-haben-ammoniak-pipeline-gesprengt/

Diese ist Teil des UN-vermittelten Getreide- und Dünger-Abkommens vom Juli 22. Die Ukraine hat aber laut Reuters bestritten, das dem so wäre, obwohl in der jüngsten Presseerklärung der zuständigen UN-Koordinierungsstelle vom 1. Juni Ammoninium eindeutig genannt wird.

https://www.zawya.com/en/world/uk-and-europe/ukraine-would-only-allow-russian-ammonia-exports-if-grain-deal-expanded-g0l6dq3d

Offenbar hat es in den vergangenen Monaten bereits Exportprobleme via Odessa gegeben.
(Zudem beschwert sich die russische Seite seit Monaten, dass Schiffe mit russischem Dünger in EU-Häfen festsitzen).
Die Folgen dieser Pipelinezerstörung (auf ukrainisch kontrollierten Gebiet) werden weltweit gespürt werden, weil es einen weiteren Rückgang an Düngemitteln (dh. Preiserhöhungen) und demzufolge auch an Erträgen 2024 geben wird. Sie kann, solange der Krieg andauert, auch nicht repariert werden.
Damit hält auch die Nahrungsmittelpreisinflation aller Voraussicht nach weiter an.

*: Diesen Verdacht hatte auch schon Dagmar Henn:

https://josopon.wordpress.com/2023/06/11/kachowka-uberflutung-vom-moglichen-nutzen-einer-katastrophe/
Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

Gibt es einen Unterschied zwischen Oligarchen und Philanthropen? – Ergänzt um neues zur Familie Soros

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Schon vor 2 Wochen informierte uns Thomas Röper darüber:
https://www.anti-spiegel.ru/2023/gibt-es-einen-unterschied-zwischen-oligarchen-und-philanthropen/
Darunter ein aktueller Artikel über Familie Soros.
Auszüge:

Oligarchen, so lernen wir, sind etwas schlechtes, während Philanthropen laut den westlichen Medien sehr nette Menschen sind.
In Wahrheit sind die Leute, die die westlichen Medien als „Philanthropen“ loben, nichts anderes als Oligarchen.

Wir benutzen viele Begriffe einfach nur deshalb, weil die Medien sie uns vorgeben, ohne jedoch ihre exakte Bedeutung zu kennen. Das führt dazu, dass wir Begriffe falsch benutzen und damit unbewusst die von Politik und Medien gewollten Narrative verbreiten. Das gilt besonders für die Begriffe „Oligarch“ und „Philanthrop“.

Wir wissen aus den westlichen Medien, dass Oligarchen böse sind. Und wir wissen, dass man Oligarchen eigentlich hauptsächlich in Russland findet, nicht aber im Westen. Früher gab es auch in der Ukraine noch Oligarchen, aber von denen hört man in den westlichen Medien auch schon lange nichts mehr. Heute sind die ukrainischen Oligarchen – laut den westlichen Medien – „Geschäftsleute“ oder „Politiker“.

Im Westen gibt es natürlich auch reiche Menschen, aber das sind – den westlichen Medien zufolge – keine Oligarchen, das sind „Milliardäre“, „Geschäftsleute“, „Investoren“ oder sogar „Philanthropen“, die großzügig und selbstlos Stiftungen gründen, um das Leben der Menschen auf der ganzen Welt zu verbessern.
Es ist an der Zeit, dass wir uns die Begriffe und ihre Bedeutungen mal anschauen, um zu verstehen, wie man die Begriffe richtig benutzt und wie die Medien ihre Leser schon mithilfe der Begriffe beeinflussen.

Was sind Oligarchen?

Ich schreibe diesen Artikel, weil ich zu diesem Thema schon vor zwei Jahren einen Artikel geschrieben und nun festgestellt habe, dass ich den Artikel aktualisieren muss. Der Grund sind die Definitionen, die ich damals zitiert habe. Die haben sich nämlich geändert, und zwar auf sehr interessante Weise.
Das deutsche Wörterbuch definierte den Begriff des Oligarchen damals noch kurz und knapp:

„jemand, der mit wenigen anderen die politische Herrschaft ausübt“

Heute hingegen ist der Eintrag dort wesentlich länger:

„1 Mitglied einer Oligarchie
2 [meist abwertend] Person, die durch den rücksichtslosen Aufkauf von Unternehmen in einem Wirtschaftszweig eine marktbeherrschende Stellung erreicht hat, über extremen Reichtum und oft erheblichen politischen Einfluss verfügt; Mitglied einer Oligarchie“

Als Beispiele listet das deutsche Wörterbuch dann Medienberichte über russische Oligarchen auf. Sogar im deutschen Wörterbuch ist die anti-russische Propaganda inzwischen angekommen, obwohl es in Russland heute – zumindest laut Definition – gar keine Oligarchen mehr gibt, wie wir noch sehen werden.
Auch die Definition beim deutschen Wikipedia hat sich verändert. Vor zwei Jahren stand dort noch:

„Ein Oligarch (von altgriechisch ὀλίγοι olígoi „wenige, Minderheit“ [Plural zu
ὀλίγος olígos „gering, wenig“] und ἄρχων archon „Herrscher, Führer“) ist ein Wirtschaftsmagnat oder Tycoon, der durch seinen Reichtum über ein Land oder eine Region weitgehende Macht zu seinem alleinigen Vorteil ausübt.“

Heute hingegen ist auch beim deutschen Wikipedia eine wesentlich längere Begriffserklärung zu finden:

„Als Oligarch (von Oligarchie „Herrschaft von Wenigen“) werden zum einen Anhänger der Oligarchie, zum anderen jene bezeichnet, die mit wenigen anderen eine Herrschaft ausüben, im Speziellen auch Großunternehmer, die durch Korruption auch politische Macht über ein Land oder eine Region erlangt haben. Mit der Verflechtung von Politik und Wirtschaft werden politische Entscheidungsprozesse intransparent und gehen häufig mit autokratischer Herrschaft und Schattenwirtschaft einher. Demokratische und rechtsstaatliche Transformationsprozesse werden behindert.“

Und auch beim deutschen Wikipedia gibt es anschließend viel Text über russische Oligarchen als Beispiele für Oligarchie.
Dennoch ist die Begriffserklärung bei Wikipedia (sicherlich ungewollt) sehr treffend, denn Wikipedia schreibt unter anderem „mit der Verflechtung von Politik und Wirtschaft werden politische Entscheidungsprozesse intransparent“ – und das ist eine sehr passende Beschreibung dessen, was im Westen gerade passiert.

Politik und Medien im Westen machen seit Jahren Werbung für sogenannte „öffentlich-private Partnerschaften“, bei denen der Staat das Geld für Projekte an Stiftungen gibt, die von Milliardären gegründet wurden. Das ist genau die „Verflechtung von Politik und Wirtschaft“, die ich immer wieder mit Beispielen in meinen Büchern und Artikeln kritisiere, denn das funktioniert folgendermaßen: Ein Oligarch gründet sich eine Stiftung, die sich wohlklingende Projekte ausdenkt, für die sie dann von den Regierungen der westlichen Staaten Geld bekommt, um für die Projekte irgendwas zu kaufen, das sie rein zufällig bei Konzernen kaufen, an denen der Oligarch, der die Stiftung gegründet hat, beteiligt ist.
Die Oligarchen werden mit diesem Geschäftsmodell also immer reicher, obwohl sie doch – wie die westlichen Medien immer behaupten – ihre Stiftungen gründen, um ihr Geld zur Rettung der Welt zu verschenken.
Weil dieses Geschäftsmodell so funktioniert, wie ich es eben beschrieben habe, sind alle Milliardäre, die sich Stiftungen (NGOs) gegründet haben, danach sehr schnell sehr viel reicher geworden.
Und ganz nebenbei beeinflussen sie damit auch die Politik der Regierungen, die zu Erfüllungsgehilfen der Oligarchen werden, indem sie Steuergelder in die von den Oligarchen gewollten Projekte pumpen.

Daher war die alte Begriffserklärung bei Wikipedia sehr treffend:

„Ein Oligarch (…) ist ein Wirtschaftsmagnat oder Tycoon, der durch seinen Reichtum über ein Land oder eine Region weitgehende Macht zu seinem alleinigen Vorteil ausübt.“

Oligarchen im Westen

Genau das tun Leute wie George Soros oder Bill Gates, um nur die bekanntesten Beispiele zu nennen: Sie üben – unbestritten – durch ihren Reichtum Macht aus, allerdings erzählen uns die Medien, dass sie das vollkommen selbstlos tun und es nur zu unserem Besten ist.
Auch die „neuen“ Milliardäre der Internetkonzerne üben massiv politischen Einfluss aus, zum einen durch Lobbyismus (also legalisierte Korruption) und zum anderen durch die Zensurmaßnahmen auf ihren Internet-Plattformen, auf denen sie Meinungen, die ihnen nicht gefallen, blockieren. Da die sozialen Netzwerke heute so wichtig geworden sind, üben auch die Internet-Milliardäre großen Einfluss auf die öffentliche Meinung aus.
Aber gibt nicht viele dieser Milliardäre, die so großen Einfluss haben. Es sind vielleicht einige Dutzend, die die Politik des Westens massiv beeinflussen. Per Definition sind diese Menschen daher Oligarchen, denn sie nutzen ihren Reichtum, um weitgehende Macht auszuüben.
Es gibt übrigens auch „kleine Oligarchen.“ Deren Macht erstreckt sich nicht – wie bei Gates, Soros und so weiter – auf den ganzen Westen, sondern nur auf einzelne Länder. In Deutschland ist die vielleicht mächtigste Oligarchen-Familie die Familie Mohn, die über ihre Bertelsmann-Stiftung und über die Medien, die der Stiftung gehören, unbestritten einen sehr großen Einfluss auf die Politik ausübt und sogar maßgeschneiderte Gesetze erschaffen kann.

Der Sinn von Stiftungen

Die Oligarchen im Westen haben sich Stiftungen gegründet. Fast jeder Deutsche kennt die Bertelsmann-Stiftung, während die Bill and Melinda Gates Foundation oder die Open Society Foundations von Soros sogar weltweit bekannt sind. Das sind nur die bekanntesten, es gibt tausende dieser Stiftungen.
Die westlichen Medien berichten immer ganz euphorisch, wenn wieder ein Milliardär sein gesamtes Vermögen in eine Stiftung überführt. Bei den Medien erfahren wir dann, dass dieser Milliardär von nun an nur noch Gutes tun will und dazu sein Vermögen an eine Stiftung übertragen hat, die ganz edle Ziele verfolgt. Genannt werden dann oft Bekämpfung der Armut, Verbesserung von medizinischer Versorgung oder der Bildung und natürlich der Kampf für Demokratie und Wohlstand. In den Medien klingt es so, als wolle der edle Stifter sein Geld ausgeben, um die Menschheit zu retten.

Das ist falsch. Beim deutschen Wikipedia kann man dazu einen entscheidenden Satz lesen:

„Bei Stiftungen wird in der Regel das Vermögen auf Dauer erhalten und die Destinatäre können nur in den Genuss der Erträge kommen.“

Im Klartext: Die Stiftung gibt das Vermögen des edlen Stifters nicht aus, ihre Aufgabe ist im Gegenteil, das Vermögen zu erhalten und zu mehren. Für „edle Zwecke“ werden bestenfalls die Erträge eingesetzt.
Der große Vorteil für den „edlen Stifter“ ist es, dass Stiftungen steuerlich begünstigt sind. Das bedeutet, dass der „edle Stifter“ (Bill Gates, George Soros und so weiter) keine Steuern mehr auf ihre Erträge bezahlen.

Das ist praktisch: Sie erhalten und mehren ihr Vermögen, ohne es versteuern zu müssen.

Formal gehört ihnen ihr Vermögen zwar nicht mehr, es gehört ja der Stiftung, aber bei Gründung der Stiftung kann man sich so ziemlich alles in die Satzung schreiben und hat daher in der Praxis immer noch vollen Zugriff auf das Vermögen, auch wenn es einem formal nicht mehr gehört.
Stiftungen sind also nichts anderes als ein gigantisches Steuersparmodell für Superreiche.

Politischer Einfluss

Mit dem Geld der Stiftung und mit ihren in der Satzung gesetzten Zielen kann der „edle Stifter“ dann politischen Einfluss ausüben, indem er Projekte finanziert und Lobbyarbeit für sie macht.
Wie das funktioniert, schauen wir uns wieder an den Beispielen Gates und Soros an.

Die Stiftung von Bill Gates ist an so ziemlich allen Firmen beteiligt, die sich im Westen mit Impfungen oder Testsystemen für Viren beschäftigen. Die Liste der Investments der Stiftung ist ausgesprochen spannend zu lesen und man lernt dabei unglaublich viele Firmen kennen, die sich an Covid-19 eine goldene Nase verdient haben.
Und wie es der Zufall will, hat Bill Gates als größter „Spender“ der WHO einen riesigen Einfluss auf das, was man die Pandemie nannte.
Bill Gates hat also ein paar hundert Millionen an die WHO und andere Organisationen gespendet und als die Pandemie begonnen hat, begann Bill Gates über seine Beteiligungen an Pharmafirmen (unter anderem ist er an BionTech und Pfizer beteiligt) Dutzende Milliarden zu verdienen. So einfach und banal funktioniert das System.
George Soros investiert vor allem in Währungen, er hat Großbritannien 1992 durch Spekulationen gegen das Englische Pfund fast in die Pleite getrieben. Das war sein finanzieller Durchbruch. Und unmittelbar danach hat er seine Open Society Foundation gegründet, mit der er sich politischen Einfluss zunächst in Osteuropa und inzwischen weltweit sichert.
2014 hatte Soros fünf Milliarden in ukrainische Staatspapiere investiert. Und als das Land nach dem Maidan, den Soros finanziert hat (darauf gehe ich in meinem Buch über die Ukraine-Krise inklusive Quellen ausführlich ein), vor der Pleite stand, hat Soros im Westen – vor allem in der EU – mit aller Macht dafür gekämpft, dass die EU die Ukraine mit Finanzhilfen vor der Pleite rettet.
Der „selbstlose Einsatz“ von Soros für die „Demokratie in der Ukraine“ war nichts anderes als sein Kampf zur Rettung seiner investierten Milliarden, die im Falle einer Staatspleite des Landes weg gewesen wären. Und natürlich war es auch ein Kampf um politischen Einfluss in der Ukraine selbst, wo Soros anschließend ebenfalls blendend verdient hat.

Gekaufte Medien

Wenn es im Westen freie Medien geben würde, müssten die diese Zustände eigentlich anprangern. Denn wie passt es zur angeblichen Demokratie, wenn einige wenige Oligarchen erst ihr Vermögen vor der Steuer schützen dürfen, um es anschließend für politische Einflussnahme zu verwenden, die das Ziel hat, ihre Vermögen und ihre Macht zu vergrößern?
Demokratie ist die Herrschaft des Volkes. Aber wer im Volk will solche Zustände, in denen einige wenige Superreiche die politische Herrschaft ausüben? Was hat das mit Demokratie zu tun?

Wer daran glaubt, der Westen lebe in Demokratien, der wird solche Fragen als geradezu ketzerisch empfinden.

Dabei ist es ganz einfach. Die Oligarchen Gates und Soros, die ich hier stellvertretend für alle anderen als Beispiele anführe, haben die Berichterstattung der Medien gekauft. Das ist keine infame Unterstellung, das sagen sie selbst ganz offen, sie formulieren es nur netter.
Bill Gates finanziert „unabhängige Berichterstattung“ ganz offiziell mit hunderten Millionen Dollar. Über diese Praxis, dass NGOs angeblich unabhängige Medien finanzieren, schrieb die taz mal:

„In den USA ist das längst ein etabliertes Feld. Die US-amerikanische Journalismusforscherin Magda Konieczna kam zu dem Schluss, dass Stiftungen dort allein zwischen 2009 und Mitte 2016 mehr als eine Milliarde US-Dollar in journalistische Projekte gepumpt haben.“

Der Spiegel steht dazu, dass Bill Gates ihn bezahlt und schreibt:

„Die Bill & Melinda Gates Foundation (BMGF) unterstützt das Projekt über drei Jahre mit einer Gesamtsumme von rund 2,3 Millionen Euro – das sind 760.000 Euro pro Jahr.“

Und das ist nicht das erste Mal, wie man da auch lesen kann:

„Der SPIEGEL hat in den vergangenen Jahren bereits zwei journalistische Projekte mit dem European Journalism Centre (EJC) und der Förderung der Bill & Melinda Gates Foundation umgesetzt: Die „Expedition Übermorgen“ über globale Nachhaltigkeitsziele (Laufzeit: 2016-18, Förderung: 250.000 Euro) sowie das journalistische Flüchtlingsprojekt „The New Arrivals“, in deren Rahmen mehrere preisgekrönte Multimedia-Reportagen zu den Themen Migration und Flucht entstanden sind (Laufzeit: 2017/18, Förderung: 175.000 Euro).“

Außerdem erfährt man beim Spiegel, dass das ganz normal ist. Auf die Frage, ob auch andere Medien sich von der Bill und Melinda Gates Foundation (BMGF) bezahlen lassen, erfahren wir:

„Ja. Große europäische Medien wie „The Guardian“ und „El País“ haben mit „Global Development“ beziehungsweise „Planeta Futuro“ ähnliche Sektionen auf ihren Nachrichtenseiten mit Unterstützung der Gates-Stiftung aufgebaut. Auch viele weitere internationale Medien sind eine Kooperation mit der BMGF eingegangen, darunter „Le Monde”, „BBC” und „CNN”. Auch in Deutschland werden Redaktionen von Stiftungen unterstützt, etwa die investigativen Teams von „Correctiv” und „Investigate Europe”, ebenso die Wissenschaftsredaktion des Science Media Center Germany (SMC)

Nun dürfen wir mal raten, ob der Spiegel kritisch über Gates berichten kann, ohne zu riskieren, in Zukunft keine Millionen mehr von Gates zu bekommen. Der Spiegel behauptet natürlich, dass die Bezahlung durch Gates keinen Einfluss auf die Berichterstattung des Spiegel hat.
Aber ob Sie das glaubwürdig finden, müssen Sie selbst entscheiden.

Project Syndicate

Westliche Oligarchen haben aber noch mehr Möglichkeiten, die öffentliche Meinung in die gewünschte Richtung zu drängen. George Soros finanziert dazu das Project Syndicate, dessen Name treffend gewählt ist. Der Anti-Spiegel hat darüber schon 2019 ausführlich berichtet, die Details finden Sie hier.

Nach eigenen Angaben ist das in Prag ansässige Syndikat eine gemeinnützige Organisation, die den Menschen auf der Welt „Zugang zu Informationen“ geben möchte:
„Project Syndicate produziert und liefert qualitativ hochwertige Kommentare an ein globales Publikum. Mit exklusiven Beiträgen prominenter politischer Führer, Politiker, Wissenschaftler, Wirtschaftsführer und Bürgeraktivisten aus der ganzen Welt bieten wir Nachrichtenmedien und ihren Lesern modernste Analysen und Einblicke, unabhängig von der Zahlungsfähigkeit. Unsere Mitglieder umfassen über 500 Medien – mehr als die Hälfte davon erhalten unsere Kommentare kostenlos oder zu subventionierten Preisen – in 156 Ländern.“

Was so positiv und selbstlos klingt, bedeutet aber nichts anderes, als dass das Syndikat beeinflussen will, was die Menschen diskutieren und denken. Man will die weltweite öffentliche Meinung beeinflussen und verkauft das als „gemeinnützige Arbeit.“

Wer darauf achtet, der ist überrascht, wie viele Artikel und Kommentare des Syndikates es in die westlichen Mainstream-Medien schaffen. Nicht immer wörtlich, aber die gewollten Narrative werden aufgegriffen und verbreitet und der Medienkonsument im Westen erfährt nicht einmal, wessen Meinung er als „Nachricht“ präsentiert bekommt. Das ist ein sehr effektives und wirksames (und dabei noch sehr kostengünstiges) Propaganda-Instrument.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass auch Bill Gates das Syndikat natürlich mit Millionen finanziert. Die Macht über die öffentliche Meinung zu haben, lassen sich die Oligarchen einiges kosten, denn es ist ein sehr rentables Investment.

Fazit

Wir sehen, dass es im Westen Oligarchen im Sinne der Definition des Wortes gibt. Im Westen gibt es Leute, die „durch ihren Reichtum über ein Land oder eine Region weitgehende Macht zu ihrem alleinigen Vorteil ausüben.“
Die Bezeichnung „Oligarch“ ist also passend für diese Leute. Und damit ist, wenn wir den Gedanken zu Ende denken, der Westen keine Demokratie, sondern eine (gut getarnte) Oligarchie, in der einige wenige sehr reiche und mächtige Leute herrschen und den Menschen die Illusion einer Demokratie vorspielen.

Das ist nicht meine „kranke Verschwörungstheorie.“ Das hat 2014 eine große Studie von zwei Professoren sehr berühmter US-Universitäten herausgearbeitet. Sie haben anhand unzähliger Meinungsumfragen geprüft, ob das, was in Washington in Gesetze geschrieben wird, auch das ist, was die Mehrheit der US-Bürger möchte. Ergebnis: null Prozent Übereinstimmung zwischen dem Willen der Wähler und den Gesetzen, die die gewählten Vertreter dann beschlossen haben.
Die Übereinstimmung zwischen dem, was die US-Bürger mehrheitlich wollten und dem, was in Washington als Gesetze beschlossen wurde, betrug laut der Studie 0 (in Worten Null) Prozent.
Die USA sind der Studie zufolge keine Demokratie, sondern eine Oligarchie, in der einige wenige sehr reiche und mächtige Menschen entscheiden, was getan wird. Aber für die Menschen wird die Illusion einer Demokratie erschaffen.
Vermutlich haben Sie von dieser Studie noch nie etwas gehört, denn die Medien haben darüber praktisch nicht berichtet.
Wenn es um Kritik am System geht, schweigen die Medien.
Kein Wunder: Sie werden ja von den Oligarchen, die von dem System profitieren, bezahlt oder gehören ihnen sogar.

Wenn von „westlichen Demokratien“ die Rede ist, dann muss man wissen, dass damit vor allem eines gemeint ist: Einige wenige Oligarchen setzen ihre Ziele um und lassen sich das von den Regierungen sogar nicht bezahlen.

Oligarchen in Russland in den 1990er Jahren

Da wir gesehen haben, dass das deutsche Wikipedia und sogar das deutsche Wörterbuch (und die westlichen Medien und Politiker natürlich auch) als Beispiele für Oligarchen immer mit dem Finger auf Russland zeigen, will ich darauf auch noch eingehen.
In den 1990er Jahren gab es in Russland per Definition Oligarchen. Einige wenige haben sich die Reichtümer des Landes unter den Nagel gerissen und die Politik beherrscht. Das Land war korrupt und Jelzin hat sich sogar den Oligarchen Beresowski als Chef der Kremlverwaltung in die Regierung geholt. Russland wurde in den 1990er Jahren unter Jelzin de facto von den Oligarchen regiert.
Das änderte sich unter Putin, der kurz nach seinem Amtsantritt die Oligarchen vor laufenden Fernsehkameras aufforderte, die bisherigen Methoden einzustellen, ab sofort Steuern zu bezahlen und sich vor allem nicht mehr in die Politik einzumischen.
In meinem Buch über Putin habe ich darüber in der Einleitung ausführlich geschrieben. Putin sagte vor laufenden Kameras zu den verwunderten Oligarchen:
„Ich möchte hier sofort an Ihre Ehre appellieren, daran, dass Sie diesen Staat selbst geformt haben. Zum großen Teil mithilfe von politischen und politnahen Strukturen, die Sie selbst kontrollieren.“

Da die Oligarchen alle nicht legal an ihre Vermögen gekommen waren, machte Putin, so wird es in Russland erzählt, ihnen ein einfaches Angebot: Der Staat wird für die Untaten der Vergangenheit niemanden zur Rechenschaft ziehen, der ab sofort nach den neuen Regeln spielt, Steuern zahlt, sich aus der Politik raushält und sich an die Gesetze hält. Wer das nicht möchte, den trifft die Wucht des Gesetzes für die Verbrechen der Vergangenheit.
Putin konnte die korrupten Privatisierungen der 90er Jahre nicht einfach komplett rückgängig machen, egal wie ungesetzlich viele davon gewesen sein mögen, denn Russland brauchte Investitionen aus dem Ausland. Bei einer Rückabwicklung der Privatisierungen hätte es auch ausländische Investoren getroffen, die zum Beispiel von einem Oligarchen ein Grundstück für eine neue Fabrik gekauft hatten, das der Oligarch sich vorher ungesetzlich einverleibt hat. Ausländische Investoren hätten dann einen weiten Bogen um Russland gemacht.
Daher schlug Putin den Deal vor, dass die Vergangenheit in Ruhe gelassen wird, aber ab sofort neue Regeln gelten sollten.
Es gab Oligarchen, die sich dem anschlossen und solche, die glaubten, es könne weiter gehen wie unter Jelzin. Die letzteren erwischte die Macht der Gesetze und kein Staatsanwalt musste lange suchen, um Anklagepunkte zu finden.
Mehrere Oligarchen, zum Beispiel Gusinski und Beresowski verließen Russland fluchtartig und verloren ihr zusammen geklautes Vermögen zum größten Teil.

Oligarchen unter Putin

Der sturste unter den Oligarchen war Chodorkowski, der wusste, dass Putin keine ausländischen Investoren verprellen wollte. Daher versuchte Chodorkowski Teile seiner Ölfirma Jukos, damals die größte in Russland, an ausländische Investoren zu verkaufen, um sich so unangreifbar zu machen. Daraufhin wurde er verhaftet und der geplante Deal fand nicht statt. Chodorkowski wurde unter anderem wegen Steuerhinterziehung und Betrug zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt.
Die Verurteilung Chodorkowskis wurde vom europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als rechtens bestätigt. Der Gerichtshof kritisierte lediglich die Umstände der Festnahme und einen Teil der Haftbedingungen.
Außerdem bestätigte der Gerichtshof 2011, dass Chodorkowski kein politischer Gefangener war. In der Sache gab der Europäische Gerichtshof Russland Recht: Chodorkowski ist ein überführter Steuerhinterzieher und Betrüger.
Putin hat den Einfluss der Oligarchen (oder wie man im Westen sagt, „den Einfluss der Wirtschaft“) auf die russische Politik beendet. Das kann man gut oder schlecht finden, aber bestreiten kann man es nicht.

Das bedeutet aber, dass es in Russland per Definition heute keine Oligarchen mehr gibt, denn sie sind zwar steinreich, aber sie üben keine Herrschaft mehr aus.
Überhaupt sollten sich die westlichen Medien, die von Oligarchen in Russland fabulieren, entscheiden, was sie wollen: Ist Russland eine Diktatur unter dem „Diktator“ Putin? Dann könnte es in Russland gar keine Oligarchen geben, denn eines geht nur: Diktatur oder Oligarchie.
Oder ist Russland eine Oligarchie? Dann allerdings wäre Putin ein genauso ein Hampelmann, wie die westlichen Politiker.
Und dass Putin ein Hampelmann ist, der von russischen Oligarchen kontrolliert wird, das behaupten nicht einmal die westlichen Medien.
Man kann dem russischen System vieles vorwerfen, aber eine Oligarchie ist es sicherlich nicht, seit Putin die Oligarchen vor 20 Jahren entmachtet hat.

Wechsel an der Spitze des Soros-Clans

https://www.anti-spiegel.ru/2023/oligarchie-wechsel-an-der-spitze-des-soros-clans/
Auszüge:

Der Sohn von George Soros übernimmt die Leitung der Soros-Stiftungen. Deutsche Medien feiern den Generationenwechsel und beschreiben offen, dass es sich bei Soros um einen Oligarchen handelt. Nur das böse Wort „Oligarch“ vermeiden sie natürlich.
Die meisten Menschen im Westen wissen nämlich gar nicht, dass sie nicht in einer Demokratie, sondern in einer Oligarchie leben.
Das verschweigen die Medien ihnen, indem sie die Oligarchen als „Philanthropen“ bezeichnen, die mit ihrem Geld nur Gutes tun.
Das zeigt der Spiegel-Artikel, um des hier gehen soll, exemplarisch auf.
Ich habe erst vor zwei Wochen in einem ausführlichen Artikel (siehe 1.Teil) erklärt, dass im Westen faktisch Oligarchen herrschen. Das würden westliche Medien nie offen eingestehen. Aber man kann es bei ihnen trotzdem lesen, nur dass sie das böse Wort „Oligarch“ vermeiden.
Der Spiegel hat die Meldung, dass der Sohn von George Soros das Ruder bei den Soros-Stiftungen übernimmt, zu einem sehr positiven Artikel über Soros und seinen Sohn genutzt. Allerdings ging aus dem Artikel deutlich hervor, dass Soros tatsächlich ein Oligarch ist. Das schauen wir uns gleich an.
Zum Verständnis muss ich vorher aus meinem Artikel von vor zwei Wochen zitieren, denn wir müssen zunächst verstehen, was Oligarchen sind. Erst danach wird klar, wie offen der Spiegel eingestanden hat, dass Soros ein Oligarch ist, der seine Macht nun an seinen Sohn weitergegeben hat.

Und sowohl diese Definition, als auch die heutige Formulierung, „mit der Verflechtung von Politik und Wirtschaft werden politische Entscheidungsprozesse intransparent“, treffen auf Soros zu, denn er nutzt sein Geld und seine Macht, um die Politik zu beeinflussen.
Soros ist per Definition ein Oligarch. Und sein Sohn, der nun die Macht im Familienimperium Soros übernimmt, ebenfalls.
Schauen wir uns also an, wie der Spiegel das zwar zugibt, es aber als etwas Positives darstellt und das Wort „Oligarch“ gar nicht erst erwähnt. Schließlich soll für die Spiegel-Leser ja die Illusion aufrecht erhalten werden, der Westen sei eine Demokratie und es gäbe dort keine Oligarchen, sondern nur Philanthropen, die ihr Vermögen selbstlos für die Rettung der Welt verschenken.

PR für den Oligarchen im Spiegel

Der Spiegel-Artikel trug die Überschrift „Milliardärssohn, Partylöwe, Königsmacher der Demokraten – Soros junior fordert Trump und Musk heraus“ und wie man sieht, wird schon in der Überschrift sichtbar, dass Soros ein Oligarch ist, denn „Königsmacher der Demokraten“ zeigt, dass Soros entscheidet, wen die US-Demokraten als Präsidentschaftskandidaten aufstellen.
Und auch in der Einleitung des Artikels war das offen zu lesen:

„George Soros ist einer der einflussreichsten US-Investoren und bevorzugtes Angriffsziel der Rechten. Nun übernimmt sein Sohn das Stiftungsimperium – und will die amerikanische Politik noch stärker mitgestalten.“

Wenn ein mächtiger und einflussreicher Milliardär „die amerikanische Politik mitgestalten“ will, ist das per Definition die Beschreibung eines Oligarchen. Aber so das würden westliche Medien das niemals formulieren und weil kaum jemand die Definition für „Oligarch“ kennt, sondern die meisten Menschen nur wissen, dass ein Oligarch ein reicher, gieriger und böser Mensch ist, merkt im Westen kaum jemand, dass Soros und andere US-Milliardäre per Definition Oligarchen sind.
Hinzu kommt, dass die westlichen Medien über „ihre“ Oligarchen immer positiv schreiben – kein Wunder, sie werden von den Oligarchen dafür ja auch mit großzügigen Zuschüssen bedacht.
Wie sehr der Soros-Clan die Politik im Westen „mitgestaltet“, kann in dem Spiegel-Artikel auch erfahren:

„Schon 2017 hatte ihm der Vater die Rolle als Vize in seiner mächtigen Stiftung übertragen. Und Alex führt auch die politische Spendenorganisation, die in den letzten amerikanischen Zwischenwahlen mehr als hundert Millionen Dollar an die Demokraten verteilt hat.
In deren Topzirkeln ist der Milliardärssohn eng vernetzt. Alex Soros war Gast beim Staatsbankett für den französischen Präsidenten Emmanuel Macron im Weißen Haus. Seinen Instagram-Account speist er mit Selfies, die ihn mit heimischen Politgrößen wie Vizepräsidentin Kamala Harris oder ausländischen Ministerpräsidenten zeigen – er selbst meist mit übergroßem schwarzen Brillengestell und den Bart sorgsam getrimmt. Die »New York Post« recherchierte, dass er im vergangenen Jahr mindestens ein Dutzend Mal im Weißen Haus war. Als »Königsmacher« der Demokraten bezeichnete ihn Fox News daraufhin. Kein Kompliment.“

Das merkwürdige Weltbild der westlichen Medien

Die letzten beiden Worte sprechen Bände. Der Spiegel (und alle anderen westlichen Medien) sind so begeistert von Soros und stellen ihn so positiv dar, dass sie gar nicht verstehen, dass es per Definition undemokratisch und schlecht ist, wenn ein Milliardär die US-Demokraten so sehr kontrolliert, dass man ihn offen als „Königsmacher“ bezeichnet.
Daher müssen sie explizit dazu schreiben, dass diese Formulierung von Fox News nicht als Kompliment gemeint ist.
Es deutet auf ein sehr merkwürdiges Verständnis von Demokratie hin, dass die westlichen Medien solche Zustände, also dass Oligarchen quasi entscheiden, wer in den USA Präsident werden kann, positiv finden.

Der „gute“ Soros?

Über den Ursprung des Reichtums von Soros verliert der Spiegel nur einen Satz:

„Für den Hedgefonds, mit dem der Vater reich wurde, interessiert sich der promovierte Historiker (Alex Soros, Anm. d Verf.) wenig.“

Sein Vermögen hat Soros unter anderen damit gemacht, dass er 1992 gegen das britische Pfund gewettet hat, das dann am 16. September 1992, dem sogenannten „Schwarzen Mittwoch“, stark abgewertet werden musste, was zu einer Krise des Europäischen Währungssystems (EWS) führte. Soros verdiente daran Milliarden und es war ihm egal, was das für die Menschen bedeutete, die darunter zu leiden hatten.

Handelt so ein engagierter Humanist, der sich für das Wohl der Menschheit einsetzt?

Das aber erfährt man im Westen heute nicht mehr. Dass Soros (zusammen mit anderen Spekulanten) bewusst das britische Pfund zum Absturz gebracht hat, wird im Westen sogar als „Verschwörungstheorie“ bezeichnet, denn im Westen ist jede Kritik an Soros und seinen Methoden tabu. Laut den westlichen Medien war Soros einfach nur ein intelligenter Investor, aber an dem Ereignis trifft ihn natürlich keine Schuld.
Und wie der aktuelle Spiegel-Artikel zeigt, wird in den westlichen Medien heute gar nicht mehr erwähnt, wie Soros zu seinem Geld gekommen ist, stattdessen stellen die Medien Soros als den guten Menschen dar, der vollkommen selbstlos sein Geld verschenkt, um Gutes zu tun.

Wer Soros kritisiert, ist Antisemit

Wie gesehen, gibt es reichlich Gründe, Soros kritisch zu sehen. Dabei bin ich darauf, dass Soros in vielen Ländern blutige Putsche organisiert hat, die von den westlichen Medien als „demokratische Revolutionen gefeiert wurden, noch gar nicht eingegangen.
Soros geht buchstäblich über Leichen, wenn es seinen Interessen dient.
Aber Soros zu kritisieren, ist im Westen tabu. Die westlichen Medien, die entweder westlichen Oligarchen-Clans gehören, oder von westlichen Oligarchen Geld bekommen, gehen geschlossen gegen jeden vor, der Soros kritisiert. In dem Spiegel-Artikel klang das so:

„Die Abneigung im rechten Spektrum, das seinen Vater auch wegen dessen jüdischen Glaubens als dunkle Macht der Politik dämonisiert, ist dem Nachfolger gewiss.“

Ob Soros Jude ist, interessiert seine Kritiker in der Regel überhaupt nicht. Es geht um die Taten von Soros, aber die Medien thematisieren aus irgendeinem Grund immer, dass Soros Jude ist, was seine Kritiker automatisch in die Nähe von Antisemiten rückt. Das ist der übliche Trick der westlichen Medien: Anstatt auf die Kritik in der Sache einzugehen (oder ihren Lesern auch nur mitzuteilen, worum es bei der Kritik an Soros überhaupt geht), werden die Kritiker angegriffen und in die Nähe von Antisemiten gerückt.
Dass die westlichen Medien sich nicht mit der Kritik an Soros auseinandersetzen und sie dann sachlich widerlegen, sondern stattdessen auf die Methode der Verleumdung der Kritiker zurückgreifen, zeigt, dass sie offenbar nicht allzu viele Argumente zur Verteidigung der Machenschaften von Soros hätten, wenn es zu einer Diskussion kommen würde.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

Sevim Dagdelen (Die Linke) in China: Für Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Über die deutsch-chinesischen Beziehungen im Licht der »Zeitenwende«.
Gastvortrag von Sevim Dagdelen an der Shanghai International Studies University

https://www.jungewelt.de/artikel/452038.interessenausgleich-f%C3%BCr-freiheit-frieden-und-gerechtigkeit.html

Auszüge:
Wenn wir über die deutsch-chinesischen Beziehungen 2023 im Licht der Zeitenwende der Emanzipation des globalen Südens sprechen, müssen wir zuallererst über ein wichtiges Buch zum Verständnis der Gegenwart sprechen. Es heißt »The Economic Weapon. The Rise of Sanctions as a Tool of Modern Warfare« (1) und ist 2022 in den USA erschienen.

Der Autor ist Nicholas Mulder, ein »Assistant Professor of European Modern History at Cornell University« (2).
Nicholas Mulder zeichnet präzise nach, wie historisch Wirtschafts- und Finanzsanktionen als Waffe im modernen Krieg entwickelt wurden, angefangen im Ersten Weltkrieg und 1919 vom damaligen US-Präsidenten Woodrow Wilson beschrieben in ihrer Wirkung als »something more tremendous than war« (3).

Es gilt zu konstatieren, dass die USA, die NATO und ihre Verbündeten in Asien, Australien und Europa nicht nur durch die Lieferung von immer mehr und immer schwereren Waffen an die Ukraine einen Stellvertreterkrieg gegen Russland führen, sondern auch einen Wirtschaftskrieg mit dem Ziel, so drückte sich die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock aus, »Russland zu ruinieren«. Wirtschaftssanktionen sind ein Mittel der modernen Kriegführung oder, um in Anlehnung an den preußischen Militärtheoretiker Carl von Clausewitz zu sprechen: Sie sind die Fortführung der Politik mit anderen Mitteln.

Was aber haben diese Wirtschaftssanktionen gegen Russland mit den deutsch-chinesischen Beziehungen zu tun, und inwiefern fördern sie nach einem mephistophelischen Prinzip eine Zeitenwende und eine Emanzipation des globalen Südens?
»Ein Teil von jener Kraft, / Die stets das Böse will und stets das Gute schafft« – so lässt Goethe Mephistopheles seine Wirkung im Buch »Faust« selbst beschreiben.
Dazu muss man wissen, dass die Sanktionen gegen Russland bisher ihre beabsichtigte Wirkung verfehlten. Auch wenn der wirtschaftliche Schaden für Russland sicherlich beträchtlich ist, leiden vor allem die Europäer unter dem Wirtschaftskrieg, allen voran Großbritannien und Deutschland, deren Ökonomien in eine Rezession gerutscht sind.
In Deutschland wird es wohl nach 2022 mit vier Prozent auch in diesem Jahr Reallohnverluste für die Beschäftigten geben. *)

Weil der durchschlagende Erfolg im Wirtschaftskrieg bisher ausblieb, hat man sich jetzt auf eine weitere Ausweitung der Sanktionen versteift. Und hier kommt China ins Spiel.
Denn weil man analysiert, dass auch mögliche Umgehungen der Russland-Sanktionen künftig getroffen werden sollen, hat die EU ein elftes Sanktionspaket aufgelegt, bei dem auch chinesische Firmen getroffen werden sollen.
Zwar wurde einschränkend betont – offenbar um die Reziprozität durch China abzumildern –, es handele sich nur um Sanktionen gegen chinesische Firmen, die nach Russland von der EU aus liefern. Aber überzeugend ist dieses Argument in einer Zeit der globalisierten Produktion nicht wirklich.
Zwar wurde das elfte Sanktionspaket von Ungarn und Griechenland erst einmal gestoppt, um ungarische und griechische Firmen von der eigenen ukrainischen Sanktionsliste löschen zu können, aber vieles spricht dafür, dass dieser Weg von der EU und auch leider von der Bundesregierung unerbittlich weiter verfolgt werden wird, da es die USA sind, die hier insbesondere auf eine Ausweitung der Sanktionen gegen chinesische Unternehmen drängen, aber selbst im Hintergrund bleiben wollen, damit die Reziprozität dann vor allem Europa treffen wird.

Vasallenverhältnis zu USA

Man muss betonen, welches Potential zum gegenseitigen Nutzen ein Ausbau der deutsch-chinesischen Beziehungen haben könnte – im kulturellen, wissenschaftlichen und im Bildungsbereich, aber auch in der Verstärkung der Handelsbeziehungen sowie der Förderung vernetzter Produktionsketten und der dafür erforderlichen Infrastruktur.
Gerade im Bereich der Lese- und Rechtschreibkompetenz für Grundschüler, wo Deutschland immer schlechter abschneidet und weit hinter China zurückgefallen ist, gäbe es, um nur ein Beispiel zu nennen, Möglichkeiten des gegenseitigen Lernens.

Das Haupthindernis aber auf dem Weg zur Förderung der deutsch-chinesischen Beziehungen sehe ich in der mangelnden Souveränität der Bundesrepublik Deutschland. **)
Gerade im Stellvertreterkrieg der NATO in der Ukraine zeigt sich, dass Berlin in Sekundenbruchteilen außenpolitische Entscheidungen Washingtons nachvollzieht und sich, wie an der Frage der Lieferung deutscher Panzer ablesbar, sogar in die erste Reihe des Krieges schieben lässt.
Die Situation in Deutschland erinnert an die Situation im Lateinamerika der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, bei der eine Kompradoren-Bourgeoisie die Interessen von US-Konzernen durchsetzt.
Oft wird dabei auf die massive Präsenz von US-Truppen in Deutschland verwiesen, die seit 78 Jahren stationiert sind, oder auf die engmaschigen transatlantischen Netzwerke in Politik, Medien und Wirtschaft. Aber als alleinige Erklärung für die extreme Willfährigkeit, mit der die deutsche Politik gegenüber den USA oft agiert, reicht dies nicht aus.

Seit 1990 hat der US-Investmentfond Blackrock, mit über zehn Billionen US-Dollar weltweit die größte Gesellschaft verwalteten Vermögens, enorm in Deutschland investiert.
Blackrock ist an allen 30 Dax-Unternehmen entscheidend beteiligt und größter Anteilseigner bei acht von ihnen.
Sicher, Blackrock investiert auch in China, aber in keinem Fall kann von einer derart starken Stellung wie in Deutschland gesprochen werden. Diese Zusammenballung wirtschaftlicher Macht wirkt sich auf politische Entscheidungen in Deutschland aus. Das scheint mir unbestritten.
Hier ist wie im Bereich der NATO ein weites Feld für wissenschaftliche Untersuchungen, inwieweit dieses Investment politisch dazu beiträgt, in ein Vasallenverhältnis Deutschlands gegenüber den USA und vor allem den US-Konzernen übersetzt zu werden.

Prinzip der zwei Schwächen

Im Schach gibt es für die Endspiele eine Regel, die man das »Prinzip der zwei Schwächen« nennt. Diese Regel wird vom Westen in der internationalen Politik weithin nicht beachtet.
Das »Prinzip der zwei Schwächen« besagt folgendes: Manchmal reicht es trotz vorteilhafter Stellung nicht zum Gewinn. Ersteht dem Gegner jedoch mehr als eine Schwäche, dann rückt der Sieg in greifbare Nähe. Denn ein Schachfeldzug an zwei Fronten führt zur Überlastung und am Ende zur Niederlage.
Wenn man sich die Debatte um die Ausweitung der Wirtschaftssanktionen anschaut, dann wird offenbar, wie wenig dieses wichtige Prinzip der zwei Schwächen in der politischen Praxis Anwendung im Westen findet.

Aber wie im Stellvertreterkrieg scheint am Ende das All-In, ein Alles-oder-nichts-Prinzip zu herrschen, bei dem sowohl das Risiko eines Dritten Weltkriegs und zumindest eines Weltwirtschaftskriegs wächst mit möglicherweise verheerenden Folgen für die Bevölkerung auf dem gesamten Globus.
Eine Politik am Roulettetisch aber führt noch sicherer in den absoluten Verlust. Alles, was seit Ende des Zweiten Weltkriegs auch an internationalen Institutionen aufgebaut wurde, um an die Stelle des Krieges die Diplomatie und die Kooperation zu setzen, drohte eingerissen zu werden.
Und auf diese Vernunft, die sich einer Apokalyptik der Spieler verweigert, müssen die deutsch-chinesischen Beziehungen in Gegenwart und Zukunft gründen.

Mit Bezug auf das erzeugte Gegenteil muss man die Emanzipation des globalen Südens als Resultat des Wirtschaftskriegs des Westens ins Kalkül ziehen.
80 Prozent der Welt beteiligen sich nicht an den westlichen Sanktionen.
Immer lauter werden hingegen die Rufe nach eigenen Handelswährungen, da nur diese vor den Drittwirkungen westlicher Sanktionen wie vor der modernen Kriegführung des Westens auf lange Sicht zu schützen scheinen.

Lenin war auch ein Schachspieler. Bekannt sind die Fotos im Exil auf Capri, die ihn im Spiel gegen Maxim Gorki 1908 zeigen. Im Schach gibt es immer die Empfehlung, der Theorie zu folgen.
Aber zugleich gilt der höher gestellte Grundsatz »Tue, was du tun musst«, um eine Praxis und aus ihr eine Theorie zu entwickeln, die auf Gewinn abzielt.
Bei der Verteidigung der russischen Revolution ist dieser höher gestellte Grundsatz voll zum Tragen gekommen, und hier meine ich jetzt nicht nur Lenins neue ökonomische Politik, sondern den Kongress der Völker des Ostens von 1920.
Mit ihm wurde nichts weniger als ein Bündnis der unterdrückten kolonisierten Völker mit der Arbeiterklasse vorgeschlagen.
Ein Bündnis, das auf Emanzipation zielte, um die Sowjetunion zu schützen gegen eine Restauration des Kapitalismus.

Manchmal sind 100 Jahre wie ein Tag. Gegen den Versuch, der Welt ein neokoloniales Korsett mit Stellvertreterkriegen und Wirtschaftskriegen aufzuzwingen, zeigt sich Widerstand im globalen Süden.
Von einem Bündnis der Arbeiterklasse im Westen mit den Völkern des Südens würde die gesamte Welt profitieren, um statt auf Rüstungswahn, wirtschaftlichen Abstieg und Putsche auf Diplomatie, Kooperation und gegenseitigen Interessenausgleich zu setzen: für Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit in dieser Welt.

Übersetzungsanmerkungen

1 Die wirtschaftliche Waffe. Der Aufstieg von Sanktionen als Instrument moderner Kriegführung
2 Juniorprofessor für moderne europäische Geschichte an der Cornell University
3 etwas Schrecklicheres als Krieg

*: Siehe https://josopon.wordpress.com/2023/05/09/erst-klaut-er-ihnen-30-ihres-bescheidenen-wohlstandes-dann-halt-er-sie-mit-einem-burgerdialog-zum-narr-en-olaf-scholz/

**: https://josopon.wordpress.com/2023/05/19/die-vasallisierung-europas/

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Jochen

Europas Zukunft: Zehn Varianten des Abstiegs

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

dagmar henn

Ein intelligenter Kommentar von Dagmar Henn:
https://freeassange.rtde.live/meinung/168623-europas-zukunft-zehn-varianten-abstiegs/
Auszüge:

Es wird getan, als ginge es um die Ukraine; in Wirklichkeit geht es um eine Welt ohne Kolonialismus. Die überwiegende Mehrheit der Menschen in Europa könnte damit gut leben. Aber es fehlt die politische Kraft, um an die Stelle verbissener Verteidigung der alten Ordnung die neue zu setzen.

Überlegungen, wie die ganze gegenwärtige Krise – nicht nur in Bezug auf die ukrainische Front, sondern auf die globale Veränderung – für Europa enden könnte, beginnt man vielleicht am besten mit dem wünschenswerten Ergebnis. Für die weit überwiegende Mehrheit der europäischen Bevölkerungen wäre das eine Eingliederung in eine künftige Weltordnung souveräner Staaten mit gleichen Rechten.

In einer solchen Ordnung würden zwar die enormen Geldflüsse entfallen, die augenblicklich das Ergebnis der westlichen Macht sind, aber von diesen Geldflüssen profitiert nur eine verschwindende Minderheit. Für die allermeisten bieten die enormen, in wenigen Händen konzentrierten Geldbeträge nur Nachteile – um für all dieses Geld eine Verzinsung zu ermöglichen, steigen die Mieten und werden alle möglichen Lebensbereiche, wie das Gesundheitswesen, künstlich kommerzialisiert.

Nur als Beispiel dafür: In Deutschland besitzt gerade ein Prozent der Einwohner Wohnungen, in denen sie nicht selber leben. Darunter sind aber noch ein Menge Menschen, die etwa als Altersvorsorge genau eine Wohnung besitzen, die sie vermieten.
Nur dieses eine Prozent profitiert von den stetig steigenden Mieten. 99 Prozent haben davon einen Nachteil, denn selbst für die Eigentümer von selbstgenutztem Wohnraum wird der mögliche Vorteil eines steigenden Werts durch größere Probleme, dieses Eigentum überhaupt zu bilden, ausgeglichen.

Ein Verschwinden dieser Geldflüsse – was mit einem Bedeutungsverlust von Kolonialstrukturen wie IWF und Weltbank einhergeht – würde die Struktur des internationalen Handels verändern, der in vielen Bereichen heute von der Peripherie ins Zentrum fließt. An die Stelle des Abschöpfens müsste wieder ein Austausch von Gütern treten.
Dabei würde sich natürlich auch die Verteilung der Produktion ändern, weil eine Befreiung von kolonialen Lasten vielerorts eine nachholende Industrialisierung ermöglichen würde. Das heißt, die Rolle der jeweiligen Binnenmärkte würde in allen Ländern zunehmen.

Das klingt für deutsche Ohren, denen jahrzehntelang der Exportweltmeister als Ideal vorgesungen wurde, erst einmal irritierend, aber eine auf den Binnenmarkt konzentrierte Ökonomie ist für abhängig Beschäftigte ein Vorteil, weil die Löhne es ermöglichen müssen, die produzierten Waren auch zu erwerben.

Das wäre alles natürlich noch weit ausführlicher darzustellen; aber nehmen wir es einmal als gegeben an, dass eine Eingliederung auch der europäischen Länder in eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung möglich wäre.
Dennoch sind die politischen Machtverhältnisse augenblicklich derart von den Interessen maximal des obersten Promilles dominiert, das sich mit allen Kräften einer Veränderung der globalen Ordnung widersetzt. Um diese Zustände zu erhalten, wurden die demokratischen Mechanismen weitgehend außer Kraft gesetzt (die EU war dabei ein entscheidendes Mittel) und die öffentliche Meinung einer nie dagewesenen Kontrolle unterworfen. Wie also soll ein Weg von Zustand A in Zustand B möglich sein? Augenblicklich sind – trotz der massiven Proteste wie gerade in Frankreich – keine politischen Kräfte sichtbar, die im Stande wären, an den Machtverhältnissen im Innern des Westens etwas zu ändern.

Aber schließen wir die Möglichkeit nicht völlig aus; eine weitere Zuspitzung mag noch für Überraschungen sorgen.
Doch es gibt noch eine andere Variante, die aus einer westlichen Niederlage resultieren könnte, einen massiven wirtschaftlichen Zusammenbruch. Tatsächlich wäre dieser die zwangsläufige Konsequenz, wenn die erforderliche politische Anpassung an die geänderten globalen Verhältnisse nicht möglich ist.

Dabei sind folgende Punkte wichtig: Wirtschaftskrisen vom Kaliber 2008 oder 1929 sind chaotische Prozesse, und es hat zwar ab 2008 die Möglichkeit gegeben, die Folgen der Krise durch massive Geldschöpfung zu vertagen, aber weder war es möglich, ihre Entstehung zu verhindern, noch wurden die auslösenden Probleme auch nur ansatzweise gelöst.
Das heißt, wenn sich die verschiedenen Faktoren wie extreme Staatsverschuldung (insbesondere in den USA), massive Überbewertungen beispielsweise bei Immobilien und schwindender Einfluss des US-Dollars durch welchen Anstoß auch immer in eine große ökonomische Krise umsetzen, hat keine Regierung der Welt die Möglichkeit, das aufzuhalten.
Allerdings gibt es zwei Faktoren, die es möglich erscheinen lassen, dass diese Krise weitgehend auf den Westen beschränkt bleibt – je geringer der Einfluss des US-Dollars und je stärker die Abkopplung der ökonomischen Zonen, die der Westen mit seinen Sanktionen stetig weiter vorantreibt, desto besser die Chancen für den nichtwestlichen Teil der Welt, von dieser Krise nicht oder nur begrenzt betroffen zu werden.

Der ökonomische Zusammenbruch (denn darum würde es sich für den Westen handeln) ist gewissermaßen der Joker im Spiel, der zumindest partiell unabhängig von den militärischen und politischen Entwicklungen jederzeit auftauchen kann; einzig die Wahrscheinlichkeit des Eintritts steigt im Zeitverlauf beständig.
Dabei ist die wahrscheinlichste Variante eine Mischung aus der Weltwirtschaftskrise 1929 ff. und der deutschen Inflation 1923, also 2008 auf Steroiden mit einer Hyperinflation als Dreingabe. Falls, oder eher, wenn diese ökonomische Krise zuschlägt, dann ist der globale Westen handlungsunfähig, außer in einem einzigen Punkt, der leider ein Problem bleiben wird, solange in den USA die Neocons das Sagen haben – er befindet sich immer noch im Besitz nuklearer Waffen.
Diesen Punkt zu diskutieren, ist allerdings unnütz, das Ergebnis steht fest.

Diese ökonomische Erschütterung wird zwangsläufig, über kurz oder lang, auch das politische Gefüge erschüttern; schlicht deshalb, weil innerhalb des Bestehenden kein Ausweg möglich ist. Das Vertagen der Krisenfolgen wie nach 2008 funktioniert nicht mehr; sollten zu diesem Zeitpunkt noch größere Reste der alten Position des US-Dollars übrig sein, dürften sie sich nach Einsetzen dieser Krise in unvorstellbarer Geschwindigkeit verflüchtigen, schon allein, weil jeder Staat außerhalb des westlichen Kerns bemüht sein wird, in diese Entwicklung nicht mit hineingezogen zu werden.

Wie tief der Absturz wird, und wie lange es zu einer Erholung brauchen wird, hängt nicht nur in diesem rein ökonomischen Szenario davon ab, ob sich ausreichend politische Kräfte finden, die eine Rekonstituierung demokratischer Prozesse tragen und eine ökonomische Anpassung im Interesse der Bevölkerung vorzunehmen im Stande und willens sind.
Die gegenwärtige politische Elite in den europäischen Ländern dürfte dafür vollständig untauglich sein. Wobei die ganzen gegenwärtigen Bemühungen, einen Dissens und die Bildung politischer Gegenkräfte mit allen Mitteln zu verhindern, letztlich absurd sind – weder die globale Veränderung noch die ökonomische Krise werden dadurch verhindert, was bedeutet, dass letztlich dadurch auch die Macht der gegenwärtigen Eliten nicht gesichert werden kann; aber die Entwicklung eines Europas, das der Welt nicht mehr als Kolonialherr gegenübertritt, und damit die Möglichkeit eines Auswegs aus der Krise werden sabotiert.

Legen wir den Joker beiseite und betrachten, welche Entwicklungen auf der politischen Ebene möglich sind – ohne zu vergessen, dass in den meisten Versionen der Joker früher oder später dennoch ins Spiel kommt.

Die erste Version wäre eine lineare Verlängerung der Gegenwart. Die gesamte EU bleibt den USA völlig hörig, die USA selbst setzen ihr „Solange es nötig ist“ auf stetig weiter schrumpfendem Gebiet fort und eröffnen zusätzlich eine zweite Front gegen China, in die sich die EU ebenfalls ziehen lässt. Wenn man die Aussagen beispielsweise des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell liest, ist diese Version durchaus möglich.
Während die Kämpfe in der oder vielmehr um die Ukraine aufrechterhalten werden und langsam Richtung polnischer Grenze geschoben werden, könnte eine Auseinandersetzung zwischen den USA und China sehr schnell eskalieren, schlicht deshalb, weil in einem weitgehend maritimen Konflikt für China gar keine andere Möglichkeit bestünde, als die Flugzeugträgergruppen der USA anzugreifen. Freundliche Hilfe Russlands in der einen oder anderen Art, um auch mit den US-U-Booten umgehen zu können, kann man voraussetzen. Eine schnelle Eskalation hieße eine schnelle Niederlage der USA. Eine derart sichtbare, unverkennbare Niederlage, dass die ökonomische Krise vermutlich auf dem Fuß folgen würde.
Welche Folgen das in den gegenwärtig politisch tief gespaltenen USA hätte, ist schwer vorherzusagen, aber das wirksamste Mittel gegen ein Umschlagen in einen Bürgerkrieg könnte dann der Mangel an Munition sein.
Auf jeden Fall wäre das Resultat ein völliger Glaubwürdigkeitsverlust der einen Seite, und politische Instabilität. In vermindertem Maß gilt das auch für Europa, das zu diesem Zeitpunkt dank der mit Sicherheit eingeführten Sanktionen gegen China in einer Rezession steckt, selbst ohne Aktivierung der großen Krise. Das wäre dann ein langsamerer Abstieg, der aber, gerade weil langsamer, die Kontrolle durch die bestehende Macht verlängert und damit die Bildung politischer Gegenkräfte weiter verzögert.

Version zwei wäre ein mehr oder weniger schneller Rückzug der USA von der ukrainischen Front, um „die Hände frei“ für China zu haben, wie das jüngst der CDU-Verteidigungspolitiker in geradezu freudiger Erwartung formulierte, weil er eine „deutsche Führungsrolle“ in der Ukraine erhoffte. Das sind Untervarianten A und B –
A wäre eine Übernahme der Führung in der EU in Bezug auf die Ukraine durch Deutschland, was eine Verlangsamung zur Folge hätte (Russland hat es nicht eilig, und das deutsche Militär will sich auf keinen Fall in der Ukraine wiederfinden) und womöglich zu Versuchen von EU-Seite führt, das Ganze einschlafen zu lassen; eine realistischere Option, wenn die Grünen nicht länger Teil der Regierung wären. Es ist aber, dank der gründlichen Vorarbeit von Angela Merkel bei Minsk, nicht allzu wahrscheinlich, dass sich Russland auf deutsche Verhandlungspartner einlässt.
Schon der Versuch würde allerdings zu Problemen zumindest mit Polen und den Balten führen, die, gäbe es eine deutsche Regierung mit einem Ansatz von Rückgrat, durch Verweis auf die EU-Subventionen beherrschbar wären; allerdings auch nur, solange die EU als Rahmen existiert. Wenn allerdings die Mittel knapp werden, weil die EU in der Rezession versinkt, fehlt das Mittel, Polen zu kontrollieren, und ein abrupter Wechsel hin zu Untervariante B mit Billigung der USA ist nicht auszuschließen.
B: Das wäre die Eskalation durch den Einsatz polnischen Militärs, um den Krieg selbst dann fortzusetzen, wenn Kiew personell dazu nicht länger im Stande ist. Die bei weitem unberechenbarste Version, zum einen wegen der innigen Nähe der jetzigen polnischen Regierung zu den US-Neocons, zum anderen, weil die Reaktion der Bundesregierung auf polnische Reparationsforderungen, der nicht einmal ein Verweis auf Oberschlesien über die Lippen kam, fürchten lässt, dass sie in diesem Fall zwar zumindest eine Zeit lang das Mitmarschieren verweigern würde, aber nicht im Stande wäre, daraufhin auf Abstand zu gehen. In welchem Fall das Auftauchen des Jokers geradezu einer Erlösung aus einem langen Elend gleichkommen könnte. Außer, es fänden sich noch andere EU-Staaten, die das polnische Spiel nicht mitmachen wollten.

Vermutlich ebenfalls in Richtung der polnischen Variante dürfte es gehen, sollten in der Ukraine Armee und Staat plötzlich zusammenbrechen. Dann würde das Ganze wahrscheinlich mit einer humanitären Erzählung bekränzt, was dafür sorgt, dass Deutschland und Frankreich diesem Marsch in den Sumpf wenig entgegensetzen. Die EU-Spitze wäre ohnehin mit wehenden Fahnen mit dabei. Das Ergebnis wäre eine partielle Umkehrung der ersten polnischen Variante – erst die polnische Intervention, gefolgt vom Rückzug der USA, die sich dann darauf verlassen könnten, den Rest der EU in der Falle zu haben.
Das wäre der langsamste und schmerzhafteste Niedergang, enthielte aber bei einer entsprechenden russischen Reaktion und einem Durchmarsch bis weit in den Westen zumindest die Hoffnung, dass sich das Problem der gegenwärtigen politischen Eliten erledigt hat.

Das größte Risiko für das Bestehen der EU ist die Entwicklung in Frankreich. Dort dürften die Proteste zunehmen, wenn sich die wirtschaftliche Lage in der EU verschlechtert; aber für einen Sturz Macrons und ein Entrinnen aus der Umklammerung durch die EU dürften friedliche Proteste nicht genügen, auch dann nicht, wenn sie mit Generalstreiks kombiniert werden. Das haben die Auseinandersetzungen in der Euro-Krise in Griechenland und Portugal bewiesen. Nicht einmal 12 Prozent der Bevölkerung auf der Straße genügten 2013 in Portugal, auch nur die Regierung zum Rücktritt zu zwingen.
Ein Ende der EU, das die Voraussetzung für eine Rückkehr zu demokratischen Zuständen wäre, würde erfordern, dass mindestens Frankreich oder Deutschland aussteigt; ein Austritt Ungarns würde nicht genügen. Dass der ökonomische Angriff der USA auf Europa Deutschland als erstes Ziel hatte, hat die Binnenverhältnisse sogar stabilisiert, weil die deutsche Dominanz in den letzten beiden Jahrzehnten die Hauptquelle für Unmut war.
Die jetzigen europäischen Politiker dürften eher an diesem Rahmen festhalten, um damit die Möglichkeit ihres Sturzes zu verringern, selbst wenn das ganze Staatenbündnis bis zum Hals im Wasser steht.
Unter diesem Gesichtspunkt wäre die polnische Variante fast vorteilhaft, weil sie die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Zwangsrahmen zerbricht, etwas erhöht.

Gesetzt den Fall, der Krieg in der Ukraine schleppt sich ohne Ausweitung auf China hin bis zu den US-Wahlen, gäbe es noch die Variante, dass ein neu gewählter US-Präsident Donald Trump in Kiew anruft und trocken mitteilt, jetzt gäbe es nichts mehr, was das Problem Ukraine per Zusammenbruch lösen würde.
Die EU-Führung würde vermutlich einige Wochen brauchen, um sich von der Schockstarre zu erholen, aber eine kleinere Version des polnischen Szenarios ist dennoch nicht ausgeschlossen. Allerdings sind die US-Wahlen erst Ende 2024.

Gänzlich unwahrscheinlich ist leider die Version, dass die Führung der EU sich eines Besseren besinnt und sich von den USA abkoppelt. Das würde im Prinzip die weichste Landung ermöglichen – ein Ende der Unterstützung der Ukraine, eine geordnete Auflösung der EU und eine, wenn auch mühsame, Neuorientierung hin auf die multipolare Welt. Der beste Zeitpunkt dafür wäre der Moment, wenn die USA ihren Fokus auf China verschieben. Aber ein Blick auf das Brüsseler Personal genügt, um diese Version ins Reich der Märchen zu verweisen.

Eine wirklich optimistische Variante, nach der in ein, zwei, drei europäischen Ländern die vorhandenen Regierungen entmachtet und die NATO aus dem Land gekegelt wird, um anschließend unter zumindest möglicher Umgehung einer tiefen ökonomischen, politischen und sozialen Krise die Anpassung an die neuen Verhältnisse zu beginnen, ist derzeit nicht sichtbar.

Das ist die wirkliche Tragik der Entwicklung. Denn die europäische Geschichte ist nicht nur eine des jahrhundertelangen Raubes rund um die Welt, der von oben orchestriert wurde; sie ist auch eine Geschichte eines jahrhundertelangen Kampfes von unten um politische Rechte und die politische Macht; ein Kampf, ohne den weder die Idee von Menschenrechten noch von Demokratie noch die des Völkerrechts je geboren worden wäre.
Aber die Erinnerung an diesen Teil der Geschichte, mit seinen Siegen und Niederlagen, seinen Errungenschaften und Widersprüchen, wurde erfolgreich ausgelöscht.

Selbst die Franzosen scheinen vergessen zu haben, wie man die Bastille stürmt.

Mein Kommentar: Irgendwie habe ich hier nicht mitbekomen, wo die eine Version aufhört und die nächste anfängt. Nur den Schluss kann ich vollumfänglich teilen.
Über Eure Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

„Olaf Scholz lügt!“ Fabio De Masi über dessen Cum-Ex-Affäre

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Fabio_de_MasiGanz aktuell aus der Berliner Zeitung eine sehr ausführliche Stellungnahme von Fabio De Masi. Im Anhang demnächst ein aktuelles Interview:
https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/dokumentation-skandal-um-warburg-bank-fabio-de-masi-ueber-cum-ex-affaere-olaf-scholz-luegt-li.337303
Auszüge:

Unser Autor legt minutiös die Widersprüche des Bundeskanzlers offen.
De Masi hat im Hamburger Untersuchungsausschuss selbst als Zeuge ausgesagt.

Am 14. April 2023 habe ich als Zeuge vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft (das Landesparlament der Freien und Hansestadt Hamburg) zurCum-Ex-Steuergeldaffäreausgesagt.
MMWarburg_logoIm Mittelpunkt stehen dabei der derzeitige Bundeskanzler Olaf Scholz und seine Rolle als Erster Bürgermeister von Hamburg in Steuerverfahren der Hamburger Privatbank M.M. Warburg & Co sowie auch der ehemaligen HSH Nordbank.

Worum es geht? Olaf Scholz und der Cum-Ex-Banker

Die Finanzverwaltung der Freien und Hansestadt Hamburg vollzog nach Intervention der Finanzbehörde (das Hamburger Finanzministerium) 2016 eine spektakuläre Kehrtwende und wollte auf insgesamt etwa 90 Millionen Euro krimineller Cum-Ex-Tatbeute der Warburg-Bank verzichten.
Das Finanzamt für Großunternehmen hatte zuvor in einer umfangreichen rechtlichen Stellungnahme keine andere Möglichkeit als den Einzug der Tatbeute gesehen, um eine steuerliche Verjährung zu unterbinden.
Die nachträgliche Einziehung im Strafprozess war damals noch nicht absehbar.
Der Warburg-Bank, die Cum-Ex-Geschäfte bestritt, hätten auch nach Einziehung immer noch Rechtsmittel offen gestanden. Mittlerweile musste die Bank (nachträglich) die kriminelle Cum-Ex-Tatbeute zurückzahlen, und höchste Gerichte entschieden gegen die Warburg-Bank.

Hamburg vollzog diese Kehrtwende, nachdem Olaf Scholz die Warburg-Gesellschafter Christian Olearius und Max Warburg insgesamt dreimal persönlich traf und mit ihnen das Steuerverfahren besprach. Zu diesem Zeitpunkt wurde gegen Olearius bereits wegen schwerer Steuerhinterziehung ermittelt, und es hatte eine Razzia bei der Bank stattgefunden. Ein Referent hatte Scholz vor dem ersten Treffen ausdrücklich vor dem Thema Cum-Ex gewarnt.

Olearius wollte die Rückforderung der Finanzverwaltung verhindern und begründete dies unter anderem mit wirtschaftlichen Risiken für die Bank. Eine steuerliche Verjährung der Tatbeute schien dabei ein eleganter Weg für alle Beteiligten.
Dabei haftete Olearius als Gesellschafter jedoch mit seinem eigenen privaten Vermögen. Es ging bei den Treffen mit Scholz daher auch nie um die Bank, die laut Auffassung der Finanzaufsicht gar nicht bedroht war, sondern um das Privatvermögen eines der reichsten Dynastien Hamburgs.
Dies mutet so an, als würde ein Bankräuber bei seiner Verhaftung sagen: „Ich gebe Euch die Beute nicht wieder, sonst bin ich bankrott!“ Abgesehen davon, dass das nicht angeht, ist es bei einer Steuerforderung so, dass sie entweder besteht oder eben nicht. Eine strauchelnde Bank kann nicht darüber gestützt werden, dass man bestehende gesetzliche Steuerforderungen nicht eintreibt. Die Bank musste später schließlich zahlen; sie ging erwartungsgemäß nicht bankrott.

In einem Indizienprozess wäre Scholz überführt

Drei Treffen eines Ersten Bürgermeisters (im Range eines Ministerpräsidenten) mit einem potenziellen Steuerhinterzieher zu einem laufenden Steuerverfahren sind bemerkenswert. Umso mehr, da Scholz in der ersten Befragung zur Warburg-Affäre am 4. März 2020 im Deutschen Bundestag ausführte, dass er schon immer der Auffassung gewesen sei, dass Cum-Ex-Geschäfte illegal sind und waren, egal wie viele Gutachten irgendwelche Professoren oder Rechtsanwälte produzierten.
Hätte da nicht maximal ein Treffen gereicht, um dies den Cum-Ex-Bankiers mitzuteilen?

Und warum forderte Scholz den Cum-Ex-Bankier Olearius in einem Telefonat auf, eine Verteidigungsschrift der Warburg-Bank, die bereits in der Finanzverwaltung vorlag, an den damaligen Finanzsenator Peter Tschentscher „kommentarlos“ weiterzuleiten?
Was sollte der Finanzsenator, der das Schreiben mit Unterstreichung der Argumente der Warburg Bank erneut in die Finanzverwaltung reichte, denn mit dem Schreiben machen?
Zumal der Bundeskanzler später selbst einräumte, dass die Weitergabe eines solchen Schreibens in die Finanzverwaltung durch einen Politiker Einflussnahme ist.
Warum forderte der Bundeskanzler Olearius damals sogar auf, sich in dieser Angelegenheit an ihn – Scholz – zu wenden, wie später durch Tagebücher bekannt wurde?

Warum versuchte Olaf Scholz, den Bundestag und die Öffentlichkeit über diese Treffen zu täuschen und konnte sich erst in einer dritten Befragung des Bundestages plötzlich weder an die Treffen noch an das Schreiben erinnern, obwohl er sich zu beidem zuvor noch konkret geäußert hatte? Und warum steht Scholz bis heute zu seinem Mentor, dem ehemaligen Innensenator Alfons Pawelczyk (SPD), der für die Vermittlung der Treffen mit der Warburg-Bank bezahlt wurde?

Herr Olearius, packen Sie aus, es geht um Ihr Vermächtnis!

Auch mich wollte der Warburg-Gesellschafter Christian Olearius gegen Ende meiner Mandatszeit im Bundestag treffen. Ich machte dies öffentlich. Und ich willigte in ein Treffen ein, da ich kein Amt mit Einfluss auf die öffentliche Verwaltung ausübte, sofern sich Olearius dem Hamburger Untersuchungsausschuss stellen würde. Seither habe ich nie wieder von ihm gehört.
Ein Vertrauter von Olearius beschimpfte mich hiernach als charakterlos. Mein Angebot an Herrn Olearius steht weiterhin: Packen Sie aus, es geht um Ihr Vermächtnis!
Dasselbe empfehle ich der Finanzbeamtin Daniela P,, die nun das Bauernopfer wird, sowie dem ehemaligen SPD-Abgeordneten Johannes Kahrs.
Man hat nur ein Leben. Es ist nie zu spät, das Richtige zu tun! Ihnen droht womöglich Gefängnis!

Denn das erste Treffen zwischen Scholz und den Bankiers wurde von zwei einflussreichen Mitgliedern der SPD Hamburg arrangiert, einem persönlichen Mentor (dem ehemaligen SPD-Innensenator Alfons Pawelczyk) und einem Strippenzieher von Scholz (dem ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten und Rüstungslobbyisten Johannes Kahrs). Kahrs kassierte später Parteispenden von Warburg, Scholz’ Mentor wurde direkt bezahlt.
Scholz hält Pawelczyk bis heute die Treue. Gegen Kahrs wird in der Warburg-Affäre strafrechtlich ermittelt.

Olaf Scholz räumte trotz entsprechender Nachfragen des Hamburger Senats keines der Treffen mit den Bankiers ein, bis er mit beschlagnahmten Tagebüchern eines Bankiers konfrontiert wurde.
Erst zur dritten Befragung im Bundestag und nach einer erheblichen medialen Welle will der „Aktenfresser“ Scholz angeblich seinen Kalender überprüft haben und beruft sich nunmehr auf Erinnerungslücken.
Dies ist vollkommen unglaubwürdig.

Eine nachgewiesene Einflussnahme des Bundeskanzlers wäre strafbar und müsste das Ende seiner Kanzlerschaft einleiten. Mehr als 70 Prozent der Bundesbürger glauben laut einer Umfrage Scholz in der Warburg-Affäre nicht.
Die gefühlte Wahrheit der Bevölkerung stimmt. Warum das so ist, werde ich im Folgenden darlegen.

Warum ein neuer Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag?

Die kriminellen Cum-Ex-Geschäfte und das Versagen der Politik, diese zu unterbinden, waren vor meiner Zeit im Deutschen Bundestag bereits einmal Thema eines eigenen Untersuchungsausschusses.
Nun soll zusätzlich zum Hamburger Untersuchungsausschuss zur Warburg-Affäre ein weiterer Untersuchungsausschuss hierzu im Bundestag hinzukommen.
Denn längst geht es nicht mehr nur um Olaf Scholz’ Rolle als Erster Bürgermeister, sondern darum, wie er sich als Finanzminister in mehreren Befragungen, die ich im Bundestag 2020 initiiert hatte, in Widersprüche verwickelte.

Da die Vorwürfe gegen Scholz in seine Zeit als Erster Bürgermeister Hamburgs fielen, hat zuvor nur die Hamburger Bürgerschaft einen Untersuchungsausschuss eingerichtet. Jedoch wurde erst durch die Freigabe des geheimen Protokolls einer Befragung im Bundestag öffentlich, dass die von Olaf Scholz bemühten „Erinnerungslücken“ hinsichtlich zunächst verheimlichter Treffen mit Warburg-Bankiers in der Causa Cum-Ex erst sehr spät auftraten.
Denn Scholz schilderte auf meine Nachfrage hin in der zunächst als geheim eingestuften Sitzung des Finanzausschusses des Bundestages am 1. Juli 2020 den Ablauf des zuerst bekannt gewordenen Treffens.
Erst als weitere Treffen bekannt wurden, die er trotz wiederholter Nachfrage zuvor verschwiegen hatte, berief er sich fortan auf Erinnerungslücken. Dieses Muster lässt sich an mehreren Stellen nachweisen.

Uneidliche Falschaussage des Bundeskanzlers?

Gegenüber dem Hamburger Untersuchungsausschuss konnte sich Scholz jedoch an keines der drei Treffen mehr erinnern. Daher stand im Raum, dass er in seiner nunmehrigen Rolle als Bundeskanzler den Hamburger Untersuchungsausschuss belogen hat. Denn im Bundestag hatte er ja eine konkrete Erinnerung geschildert.
Dies würde den Straftatbestand der uneidlichen Falschaussage vor einem Untersuchungsausschuss eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder eines Landes gemäß § 162 Absatz 2 des Strafgesetzbuches erfüllen.

Eine Falschaussage vor dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages wäre hingegen nicht strafbar, da dieser kein Untersuchungsausschuss ist. Die der grünen Justizsenatorin in Hamburg unterstehende Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen Scholz jedoch unter anderen mit der Begründung eingestellt, dass Scholz seine zwischenzeitliche Erinnerung im Bundestag womöglich nur vorgetäuscht habe. So viel zur Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft in Hamburg.

Ich habe seit 2020 die Offenlegung des geheimen Protokolls der zweiten Scholz-Befragung im Bundestag beantragt. Doch es erforderte erst eine Bundestagswahl und den Marsch der CDU/CSU in die Opposition, um dies durchzusetzen.
Ich erhielt dafür 2020 nur von den Grünen Unterstützung, bis die Wirtschaftswoche das Thema kurz vor der Bundestagswahl aufgriff und plötzlich alle dafür waren.
Das Finanzministerium verschleppte jedoch die Freigabe bis über die Wahl hinaus und bestand auf umfangreiche Schwärzungen.
Als FDP und Grüne in die Regierung einzogen, war ihr Interesse an der zuvor selbst geforderten Transparenz auf wundersame Weise erloschen.

Meine frühere Partei kommt in der Warburg-Affäre auf Bundesebene kaum noch vor und hat sich das Thema komplett von der Union aus der Hand nehmen lassen, obwohl diese sich beim Thema Cum-Ex selbst unangenehme Fragen gefallen lassen müsste und ich Olaf Scholz maßgeblich genau in jene Widersprüche verwickelt habe, die nun zur Einsetzung von zwei Untersuchungsausschüssen geführt haben. Ein Trauerspiel!

Parallel ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Köln weiter und ließ etwa Kalender von Olaf Scholz aus seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister und Kommunikation seiner Büroleiterin im Kanzleramt sowie des ehemaligen SPD-Abgeordneten und Warburg-Lobbyisten Johannes Kahrs beschlagnahmen.
Ein weiterer Untersuchungsausschuss könnte daher noch spannend werden. Doch zunächst ist es erforderlich zu verstehen, dass wir bei Cum-Ex-Geschäften über organisierte Kriminalität und damit schwerste Straftaten sprechen.

Wie funktioniert Cum-Ex?

Bei Cum-Ex-Geschäften wurden Aktien rund um den Dividendenstichtag durch institutionelle Investoren (zum Beispiel Fonds oder Banken) in einem Aktien-Karussell verschoben, sodass für den Staat nicht mehr nachvollziehbar war, wer der tatsächliche Eigentümer der Aktien zum Zeitpunkt der Dividendenausschüttung war.
Vereinfacht gesprochen funktioniert dies, wie eine Bierflasche im Supermarkt abzugeben und den Pfand-Bon auf den Kopierer zu legen, um dann mit Freunden an die Supermarktkasse zu gehen und mehrfach Pfand zu kassieren.
Der Unterschied: Ein kopierter Pfandbon wird erkannt. Die Supermarktkasse ist das Finanzamt, und es geht nicht um ein paar Cent, sondern um Milliarden.

Institutionellen Investoren, die über Aktien Anteile an anderen Unternehmen halten, steht nämlich unter bestimmten Voraussetzungen ein Erstattungsanspruch auf gezahlte Kapitalertragssteuer zu, um eine doppelte Besteuerung (auf Ebene des Unternehmens und bei Ausschüttung der Gewinnbeteiligung) zu vermeiden. Depot-Banken (diese verwahren die Aktie im Auftrag der Investoren) stellten dabei den Investoren Bescheinigungen über Abführung der Kapitalertragssteuer aus.

Diese Bescheinigungen wurden aber auch für Investoren ausgestellt, die gar keine Steuer abgeführt hatten. So konnten bei einem schnellen Aktien-Karussell mehrere Erstattungen für eine Aktie beantragt werden.
Wichtig ist dabei auch zu wissen, dass Cum-Ex-Geschäfte illegale Absprachen beteiligter Banken und Fonds erfordern.
Die Behauptung der Warburg-Bank, sie habe nicht gewusst, dass sie Cum-Ex-Gestaltungen vollziehe, ist daher blanker Unfug und von höchsten Gerichten verworfen worden.
Da Milliardensummen an Aktien bewegt wurden, hätten diese Geschäfte ohne den Profit, der unmittelbar aus der Staatskasse kam, Verluste erzeugt. Cum-Ex-Geschäfte ergeben ohne kriminelle Absicht keinen Sinn.

Cum-Ex-ähnliche Geschäfte kosteten etwa eine Million Euro für jede Schule in Deutschland

Da es um sehr hohe Summen ging, war der Steuerschaden aus Cum-Ex-Geschäften auch entsprechend hoch und summierte sich auf etliche Milliarden. Nimmt man zu den Cum-Ex-Geschäften die etwas anders gelagerten Cum-Cum-Geschäfte hinzu, bei der ausländische Investoren inländische Investoren nutzen, um eine Erstattung auslösen, die ihnen nicht zusteht, dürfte der Steuerschaden laut Christoph Spengel, einem renommierten Professor für Steuerlehre an der Universität Mannheim, etwa 30 Milliarden Euro betragen.

Deutschland verfügt über etwa 30.000 Schulen. Dies entspräche also etwa einer Million Euro für jede Schule in Deutschland. Angesichts der Schuldenbremse und der Zinserhöhungen der Zentralbank bezahlen wir teuer für diese Kriminalität der Bankster im Nadelstreifen.

Das Cum-Ex-Netzwerk in der deutschen Politik

Kürzlich hat die CDU/CSU drei Jahre nach Bekanntwerden der Affäre und den drei Befragungen von Olaf Scholz, die ich im Jahr 2020 im Bundestag hierzu initiierte, angekündigt, einen weiteren Untersuchungsausschuss im Bundestag einzurichten. Dies ist ehrenwert, aber leider nicht ganz frei von Ironie.
Denn auch dem Partei- und Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU, Friedrich Merz, dürfte das Thema der Cum-Ex-Aktiendeals nicht völlig fremd sein. Er war unter anderem als Aufsichtsrat für den Vermögensverwalter Blackrock Deutschland tätig, in dessen Münchner Büros im Herbst 2021 eine Durchsuchung der Kölner Staatsanwaltschaft mit Bezug zu Cum-Ex stattfand.
Außerdem saß er seit 2010 im Aufsichtsrat der Düsseldorfer Privatbank HSBC Trinkhaus, die zur britischen HSBC-Gruppe gehört. Bei Vorständen der Düsseldorfer Bank fanden Cum-Ex-Razzien statt.
Und Merz war erst Partner und dann Senior Counsel der Kanzlei Mayer Brown. Diese warb um Kunden mit Cum-Ex-Vergangenheit und schrieb auf ihrer Homepage: „Marktteilnehmer könnten als Resultat aus Cum-Ex-Geschäften wachsenden Rechtsrisiken gegenüberstehen.“ Die Kanzlei wolle ihren Kunden helfen, diesem „Risiko entgegenzuwirken“.

Die FDP wiederum umgarnte den ehemaligen Finanzbeamten und Steueranwalt Hanno Berger, der Milliardäre und Multimillionäre dabei beriet, wie sie mit ihrem Privatvermögen über Fonds von Cum-Ex-Deals profitieren können, die institutioneller Investoren bedürfen.
Hanno Berger, der nach Auslieferung durch die Schweiz vom Landgericht Bonn zu einer Haftstrafe von acht Jahren verurteilt wurde (er geht gegen das Urteil in Revision, ein weiteres Urteil droht ihm derweil vor einem Gericht in Wiesbaden), „produzierte“ Rechtsgutachten zur Absicherung der organisierten Cum-Ex-Kriminalität. Er pflegte intensive Kontakte zum FDP-Ehrenvorsitzenden Hermann Otto Solms, um etwa auf dem Ticket der FDP Sachverständige in den Finanzausschuss des Bundestages zum Steuerthemen zu hieven, und ließ sich anwaltlich durch den Vizepräsidenten des Bundestages, Wolfgang Kubicki (FDP), vertreten, als dieser noch als Finanzminister einer Jamaika-Koalition gehandelt wurde.

In Nordrhein-Westfalen reichte der engagierte frühere CDU-Justizminister Peter Biesenbach kürzlich Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Staatsanwaltschaft Köln ein.
Sein Vorwurf: Das grüne Justizministerium und die Spitze der Kölner Staatsanwaltschaft würden von ihm geschaffene Planstellen nicht mit hinreichend befähigten Ermittlern besetzen.
Denn die komplexen Wirtschaftsstrafverfahren zu Cum-Ex hängen bisher maßgeblich an der engagierten Staatsanwältin Anne Brorhilker.

In Bonn wird zwar ein eigenes Gebäude eigens hierfür errichtet, aber ohne den politischen Willen, ausreichend fähige Ermittler mit den komplizierten Verfahren zu betrauen, werden die Jahrhundertprozesse scheitern.
Auch in Baden-Württemberg setzt die grün-schwarze Koalition bei den Cum-Ex-Geschäften der eigenen Landesbank auf nur einen Ermittler. Die der grünen Justizsenatorin unterstellte Staatsanwaltschaft in Hamburg wiederum hat nicht nur alle Ermittlungen gegen Olaf Scholz wegen einer uneidlichen Falschaussage vor dem Hamburger Untersuchungsausschuss zur Warburg-Affäre umgehend eingestellt, sondern es musste immer wieder die Kölner Staatsanwaltschaft auf den Plan treten, um Hamburger Cum-Ex-Banken zur Rechenschaft zu ziehen.

Es gäbe also quer durch etliche Parteien genug zu besprechen. Aus meiner Sicht wäre es zumindest mehr als angemessen gewesen, den Untersuchungsauftrag zu erweitern.
Warum etwa nicht die Rolle von Wolfgang Schäuble (CDU) beleuchten, der mit einem Schreiben als Finanzminister 2016 die Untersuchung etlicher Cum-Cum-Geschäfte erschwerte, die sogar noch mehr Schäden als Cum-Ex angerichtet haben.

Nachdem der Bundesfinanzhof auch gegen Cum-Cum-Deals eingeschritten war, schickte das Bundesfinanzministerium am 11. November 2016 ein Schreiben an die Landesfinanzminister, welches die Verfolgung der Cum-Cum-Geschäfte erheblich einschränkte. Dadurch wurde es für die Finanzämter nahezu unmöglich, die Milliarden an illegalen Cum-Cum-Geldern zurückzufordern.

Auch die Rolle des früheren parlamentarischen Staatssekretärs von Wolfgang Schäuble, des späteren Gesundheitsministers Jens Spahn (CDU), ist hier interessant. Ohne diese Erweiterung auf die genannten CDU-Politiker setzt sich der neu einzurichtende Untersuchungsausschuss leichtfertig dem Vorwurf aus, dass das Interesse an der Aufklärung der Warburg-Affäre nur parteipolitisches Theater der Union ist. Dazu sind die im Raum stehenden Vorwürfe jedoch zu ernst.

Die Rolle der HSH-Nordbank

Auftrag des Hamburger Untersuchungsausschusses ist es herauszuarbeiten, ob Olaf Scholz in seiner Zeit als Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg auf ein laufendes Steuerverfahren der Hamburger Privatbank Warburg Einfluss genommen hat.

HSH-NordbankMeine Überzeugung ist, dass das Unheil bereits früher seinen Lauf nahm, als die von der Finanzkrise gebeutelte ehemalige Landesbank HSH Nordbank durch Hamburg und Schleswig-Holstein gerettet wurde.
Faule Assets wie etwa Schiffskredite wurden in eine Bad-Bank ausgelagert, während die Rest-Bank verkauft werden sollte. Man holte die Kohlen für mächtige Reeder und Parteispender im hohen Norden aus dem Feuer.
100.000 Euro hatte etwa der Großreeder Heinrich Schoeller der CDU überwiesen, nachdem er von der HSH Nordbank zwischen 2005 und 2008 Kredite über insgesamt rund 1,3 Milliarden Euro erhalten hatte.

Die Landespolitiker standen wegen der Bankenrettung in der öffentlichen Kritik, zumal die Bank während der laufenden Rettung Cum-Ex-Geschäfte betrieb. Diese Forderungen waren jedoch noch nicht steuerlich verjährt.
Die Kapitalertragssteuer wird auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt. Mit anderen Worten: Hätten Hamburg und Schleswig-Holstein beherzt durchgegriffen, hätten sie den Verkaufspreis der Bank belastet, aber nur einen Bruchteil der Einnahmen durch den Einzug von Cum-Ex-Tatbeute erzielt.
Dies muss auch Olaf Scholz klar gewesen sein, der mehrere Treffen mit den Ministerpräsidenten Schleswig-Holsteins hatte, um über Cum-Ex zu sprechen. Dies ging aus Kalendereinträgen von Scholz hervor, die bei einer Razzia gefunden wurden. Die Ermittler stießen dabei auch auf Hinweise für gezielte Löschungen von Terminen im Zusammenhang mit der Warburg-Affäre.

Man hat es damals der HSH Nordbank durchgehen lassen, dass diese nach einer von ihr selbst beauftragten Untersuchung von Clifford Chance 2014 etwa 126 Millionen Euro an Cum-Ex-Tatbeute zurückzahlte.
Hamburg_Commercial_Bank-logo2021 erfolgte dann eine Durchsuchung der Kölner Cum-Ex-Ermittler bei der HSH-Nachfolgerin Hamburg Commercial Bank. Die tatsächliche Schadenssumme war nämlich vermutlich erheblich höher.
Mit der damaligen Schonung der HSH Nordbank wurde ein gefährlicher Präzedenzfall für die Warburg-Bank geschaffen. So soll auch der Warburg-Gesellschafter Christian Olearius Kontakt zur HSH Nordbank gesucht haben.
Er wollte offenbar nicht hinnehmen, dass eine ehemalige Landesbank geschont wird, aber sein traditionsreiches Hamburger Privathaus bluten muss.

Die Hamburger Finanzverwaltung verzichtet freiwillig auf Steuer-Millionen aus kriminellen Geschäften

Die Ermittler der Kölner Staatsanwaltschaft, die sich in Deutschland schwerpunktmäßig mit sogenannten Cum-Ex-Aktiendeals befassten, nahmen im Januar 2016 Ermittlungen gegen die Warburg-Bank auf und übersandten den Hamburger Behörden Hinweise, wonach die Warburg-Bank zwischen 2006 und 2011 insgesamt etwa 170 Millionen Euro an Erstattungen der Kapitalertragssteuer zu Unrecht erhalten hätte. Teilsummen drohten in den Jahren 2016 und 2017 zu verjähren.

Das Finanzgericht Hessen hatte bereits erste Rechtsprechung dazu etabliert, die den Banken auflegte, nachzuweisen, dass sie Kapitalertragssteuern tatsächlich entrichtet hatten. Auch im Finanzamt für Großunternehmen befasste man sich auf Initiative eines erfahrenen und langjährigen Betriebsprüfers der Warburg-Bank mit dem Vorgang. Er hatte sich als vorbildlicher Staatsdiener in die Cum-Ex-Geschäfte eingearbeitet und kam zu der Überzeugung, dass Hamburg aufgrund der nunmehr stärker gefestigten Rechtsprechung die Cum-Ex-Tatbeute einziehen müsse.

Seine Vorgesetzte, die Finanzbeamtin im Hamburger Finanzamt für Großunternehmen, Daniela P., fertigte später ein umfangreiches Gutachten an, das ebenso auf die Rechtsprechung des Finanzgerichtes Hessen abstellte und nach sorgfältiger Abwägung von Für und Wider den Einzug der Tatbeute empfahl.
Später kamen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes sowie des Bundesverfassungsgerichtes hinzu, die bestätigten, dass Cum-Ex schon immer illegal gewesen sei und eine behauptete Gesetzeslücke mithin nie bestanden hätte. Es sei schlichtweg illegal, Steuererstattungen für Steuern zu beantragen, die man nie gezahlt hat.

Daher informierte die Finanzbeamtin Daniela P. im Finanzamt für Großunternehmen im Februar 2016 ihre Vorgesetzten über die drohenden Rückforderungen in Millionenhöhe sowie das Risiko einer Verjährung.
Im Jahr 2016 ging es zunächst um 47 Millionen Euro, die nach Intervention der Warburg-Bank sowie der Hamburger Politik zum Nachteil Hamburgs in die steuerliche Verjährung liefen, obwohl das Finanzamt nach dem aufwendigen Gutachten die Cum-Ex-Tatbeute zunächst zurückfordern wollte.

Doch die Finanzbehörde – das Hamburger Finanzministerium – bestellte im engen zeitlichen Zusammenhang mit den Treffen von Olaf Scholz mit dem Cum-Ex-Bankier Christian Olearius im Jahr 2016 und der Weiterleitung eines Schreibens von Olearius durch Scholz an den damaligen Finanzsenator Peter Tschentscher die Finanzbeamtin Daniela P. ein, die daraufhin unter Protest ihrer Betriebsprüfer eine Kehrtwende vollzog und die Millionen nicht mehr einziehen wollte.

Gegen die Beamtin aus Blankenese ermittelt mittlerweile die Kölner Staatsanwaltschaft. Die mit dem Deutschen Journalistenpreis dekorierten investigativen Journalisten Oliver Schröm und Oliver Hollenstein, denen die Aufdeckung der Warburg-Affäre maßgeblich zu verdanken ist, schreiben im Managermagazin: „Als der Fall Warburg 2016 losgeht, erzählt P. ihren Mitarbeitern in einer Sitzung freimütig, sie treffe Katharina Olearius (Anmerkung des Autors: die verstorbene Tochter des Bankiers) am Abend auf einer Petersilienhochzeit.“ Eine Mitarbeiterin schreibt dazu später einen Aktenvermerk. Katharina Olearius ist damals Teilhaberin der Bank, sitzt im Aufsichtsrat.
Bei einer Razzia wurde eine Kommunikation der Finanzbeamtin P. gefunden, in der sie unter Bezug auf die Verjährung der Tatbeute von einem „teuflischen Plan“ spricht und mit der Zufriedenheit ihrer Vorgesetzten prahlt.
Die Hamburger SPD möchte die Verantwortung mittlerweile allein auf diese Beamtin abwälzen, obwohl sie diese zuvor noch als glaubwürdige Entlastungszeugin für Olaf Scholz ins Feld führte.

Im Jahr 2017 ging es noch einmal um 43 Millionen Euro, die nach dem Willen der Hamburger Finanzverwaltung erneut in die Verjährung laufen sollten, bis das Finanzministerium, damals noch unter Wolfgang Schäuble (CDU), einschritt und Hamburg anwies, die Summe einzuziehen. Es lässt sich nur spekulieren, ob der gewiefte Schäuble dem Sozialdemokraten Scholz damit noch eine Hypothek mit auf den Weg geben wollte. Dies ist aber auch unerheblich, denn die Weisung war absolut richtig.

Die Warburg-Connection der Hamburger SPD

Der Warburg-Gesellschafter Christian Olearius schaltete im Tauziehen um die Warburg-Beute frühzeitig den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten, Strippenzieher und Rüstungslobbyisten Johannes Kahrs sowie den Mentor von Olaf Scholz, den früheren Hamburger Innensenator, Alfons Franz Pawelczyk (SPD), ein. Beide engagierten sich fortan dafür, Treffen zwischen Olaf Scholz und Christian Olearius einzufädeln und die drohenden Rückforderungen des Finanzamtes abzuwenden.
Die zuständige Finanzbeamtin Daniela P., die im Unterschied zu ihren Betriebsprüfern später umkippte und auf die Tatbeute verzichten wollte, hatte laut den beschlagnahmten Tagebüchern von Olearius selbst gegenüber der Bank angemerkt, es könne jetzt nur noch die Politik helfen.

Gegen Kahrs, bei dem auch eine hohe Bargeldsumme im Bankschließfach entdeckt wurde, bei der ein Zusammenhang mit seinen Botendiensten für die Warburg Bank jedoch nicht belegt ist, laufen staatsanwaltliche Ermittlungen.
Kahrs erhielt später von drei mit der Warburg-Bank verbundenen Gesellschaften Spenden für den SPD-Bezirk Hamburg-Mitte. Selbst der von mir persönlich geschätzte Vorsitzende des Hamburger Untersuchungsausschusses zur Warburg-Affäre, Matthias Petersen (SPD), winkte Teile der Spenden im Landesvorstand der SPD Hamburg durch. Pawelczyk wurde für seine Dienste hingegen unmittelbar bezahlt. Beide tauschten sich im engeren zeitlichen Zusammenhang mit den Steuerforderungen gegen die Warburg-Bank mit Olaf Scholz aus.
Den beschlagnahmten Tagebüchern des Bankiers Olearius ist zu entnehmen, dass Pawelczyk Scholz auf das Treffen mit Olearius vorbereiten wolle.

Die Fakten: Die Treffen von Scholz und den Cum-Ex-Bankiers

Was wir nach zwei Presseveröffentlichungen aus den Tagebüchern des Cum-Ex-Bankiers Olearius, drei Befragungen im Bundestag, einer (zunächst verhinderten) Razzia der Kölner Staatsanwaltschaft in Hamburg sowie einem Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft wissen:
Das erste Mal traf Scholz die Bankiers am 7. September 2016 mit einem Referenten aus dem Wirtschaftssenat, der ihn in einer Tischvorlage ausdrücklich vor den Begehrlichkeiten von Olearius beim Thema Cum-Ex warnte. Die beiden weiteren Treffen erfolgten ohne Zeugen. Die Vorlage will der „Aktenfresser“ Scholz, den ich in einer zunächst geheimen Befragung im Bundestag am 1. Juli 2020 nach vorbereitenden Vermerken gefragt hatte, die er, wie auch die Treffen selbst, verschwieg, nunmehr angeblich nicht gelesen haben.
Am 5. Oktober 2016 schickte dann die zuständige Finanzbeamtin Daniela P. einen umfangreichen Vermerk an die Hamburger Finanzbehörde. Darin wird die rechtliche Situation gewürdigt und um Zustimmung gebeten, die Tatbeute von der Warburg-Bank zurückzufordern.

Olaf Scholz empfing drei Wochen später am 26. Oktober 2016 erneut die Warburg-Bankiers im Rathaus. Die Banker übergeben eine siebenseitige Verteidigungsschrift gegen die anstehende Millionenrückforderung des Fiskus, die dem Finanzamt übermittelt wurde.

Etwa zwei Wochen später, am 9. November 2016, greift Olaf Scholz laut den Olearius-Tagebüchern aktiv zum Telefonhörer und ruft den Cum-Ex-Bankier an. Er rät dem Banker, sein Dokument, das dem Finanzamt ja bereits vorlag, „kommentarlos“ (also wohl ohne weitere schriftliche Spuren) an den damaligen Finanzsenator und derzeitigen Ersten Bürgermeister von Hamburg, Peter Tschentscher (SPD), zu schicken.
Dies legt nahe, dass Scholz sich mit Tschentscher hierzu ausgetauscht und diesen vorbereitet hat. Scholz teilt Olearius zudem mit, dass dieser sich in dieser Angelegenheit jederzeit an ihn wenden könne, er „erwarte dies sogar“.

Scholz behauptet später auf meine Nachfrage in der zunächst geheimen Sitzung am 1. Juli 2020, dass bis zu einem Austausch mit dem Bundesfinanzministerium am 16. November 2017 keinerlei Gespräche im Hamburger Senat über die Steuersache Warburg geführt wurden. In einer dritten, nicht-geheimen Befragung des Finanzausschusses des Bundestages am 9. September 2020, die ich wegen weiterer bekannt gewordener Treffen von Scholz mit Olearius ansetzen ließ, will Scholz sich wiederum an einen solchen Austausch mit Tschentscher nicht mehr „erinnern“. Obwohl er sich nicht erinnern könne, wisse er aber genau, dass Tschentscher keinen Einfluss genommen habe.

Später bemerkt Scholz in einer Stellungnahme, die der Journalist Oliver Schröm in seinem Buch „Cum-Ex-Files“ zitiert: Er habe sich die Auffassung von Olearius in dessen Verteidigungsschrift ausdrücklich nicht zu eigen gemacht oder das Papier selbst an die Finanzbehörde weitergeleitet, „da dies allein aufgrund der Tatsache der Weiterleitung durch den Ersten Bürgermeister Anlass zu Interpretationen hätte geben können“.

Tschentscher übermittelt das Dokument mit Unterstreichungen der Argumente der Warburg-Bank in grüner Senatorentinte (grüne Tinte ist in der öffentlichen Verwaltung nur Ministern bzw. Senatoren vorbehalten) und der Aufforderung des Finanzsenators, weiter unterrichtet zu werden, erneut an die Finanzverwaltung. Hiernach wird die Finanzbeamtin Daniela P. am 17. November 2016 in die Finanzbehörde (das Hamburger Finanzministerium) einbestellt.
Eine Beamtenrunde entscheidet dort, keine Steuern von Warburg zurückzufordern – und so Steuerforderungen aus den Cum-Ex-Geschäften teilweise verjähren zu lassen. Damit verzichtet die Stadt Hamburg auf 47 Millionen Euro Steuergutschriften für 2009. Die Betriebsprüfer der Finanzbeamtin laufen gegen die Entscheidung Sturm, die sie für fachlich nicht nachvollziehbar halten.

Damit opfert Scholz seinen Nachfolger. Er sagt nämlich unverblümt, dass sein Finanzsenator Peter Tschentscher allein durch die Tatsache der Weiterleitung des Schreibens Einfluss auf das Steuerverfahren genommen habe. Das wäre strafbar.
In der dritten Befragung am 9. September 2020 wiederum behauptet Scholz, sich an das Schreiben, das Telefonat mit Olearius und die Weiterleitung des Schreibens an Tschentscher nicht erinnern zu können.
Wohlgemerkt das Schreiben, von dem er laut Aussage gegenüber Oliver Schröm wisse, dass er sich dessen Inhalt nicht zu eigen gemacht und das er bewusst nicht selbst in die Behörde geleitet habe.

Nachdem das Bundesfinanzministerium eine erneute Verjährung der Tatbeute in Höhe von diesmal 43 Millionen Euro aus dem Steuerjahr 2010 verhindern will, greift es am 8. November 2017 zu seiner schärfsten Waffe und weist Hamburg schriftlich an, die Tatbeute einzuziehen. Ein solcher Vorgang kommt äußert selten vor. Meine parlamentarische Anfrage im Februar 2018 zu der Häufigkeit solcher Weisungen brachte nur einen weiteren Fall in Hessen zutage.

Die Weisung trifft am 10. November 2017 in Hamburg auf dem Postweg ein. An diesem Tag wird Olaf Scholz die Warburg-Bankiers erneut treffen. In der geheimen Sitzung vom 1. Juli 2020 wird er gegenüber dem heutigen FDP-Staatssekretär Florian Toncar behaupten, er könne sich nicht daran erinnern, wann er von der Weisung erfahren habe, ob in seiner Zeit als Bundesminister der Finanzen oder aus der Zeitung. Dabei hatte er doch den Warburg-Bankier Olearius an dem Tag, als die Weisung in Hamburg per Post eintraf, exakt zu diesem Vorgang getroffen. Dies war Anlass der Befragung im Bundestag.
Tatsächlich fand die Weisung das erste Mal Erwähnung in der Presseberichterstattung des NDR im Januar 2018 und in meiner parlamentarischen Anfrage im Februar 2018. Beides war also nach dem Treffen von Scholz mit Olearius.

Eine Woche später gibt es ein Krisentreffen der Hamburger Finanzverwaltung beim Bundesfinanzministerium. Nach Angaben von Teilnehmern wird es sehr laut. Die Finanzbeamtin Daniela P. widersetzt sich mit Rückendeckung ihrer Vorgesetzten weiter der Weisung.

Am 1. Dezember 2017 erneuert das Finanzministerium die schriftliche Weisung. Diese zweite Weisung war mir in Antworten des Finanzministeriums, die dann unter Olaf Scholz erfolgten, verschwiegen worden. Wahrscheinlich, weil dann noch offensichtlicher gewesen wäre, dass sich keine Finanzbeamtin einer Weisung des Bundesfinanzministeriums ohne politische Rückendeckung über Monate widersetzt.

Die Wahrheit kommt ans Licht: Der Rückblick

Im Februar 2018 hatte ich mit parlamentarischen Anfragen die ungewöhnliche Weisung des Finanzministeriums an die Hamburger Finanzverwaltung thematisiert. Gegen Jahresende erkundigte sich die Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft sodann nach Treffen zwischen Vertretern der Warburg-Bank und dem Hamburger Senat, dem Olaf Scholz als Erster Bürgermeister angehörte, zum Thema Cum-Ex.
Der Senat antwortete wahrheitswidrig, es habe keine derartigen Treffen gegeben.

Im Februar 2020 konfrontierten die Journalisten Oliver Schröm (Norddeutscher Rundfunk), Christian Salewski und Oliver Hollenstein (beide damals Die Zeit) Olaf Scholz mit einem (von drei) Treffen. Dieses Treffen war aber nur das letzte Treffen der drei Treffen zwischen Scholz und den Warburg-Bankiers. Die zwei weiteren Treffen Scholz’ im Jahre 2016 waren damals noch nicht bekannt, da die Journalisten die handschriftlichen Tagebücher anscheinend erst aufwendig auswerten mussten. Scholz schwieg sich gegenüber den Journalisten aus und antworte nicht. Er äußerte sich erst kurz vor Ausstrahlung eines Beitrags in der ARD-Sendung „Panorama“ über die Nachrichtenagentur dpa.

Die Journalisten zitierten aus einem Tagebuch des Bankiers Christian Olearius, das bei einer Razzia beschlagnahmt wurde. Darin wurde über das Treffen des Bankiers mit Olaf Scholz zur Rückforderung der Cum-Ex -Tatbeute und der Weisung des Finanzministeriums am 10. November 2017 berichtet.

Der Bankier schrieb im Tagebuch, Scholz sei zurückhaltend und lasse nicht erkennen, wie er sich verhalten würde. Er vermittle ihm jedoch das Gefühl, er brauche sich keine Sorgen zu machen.
Scholz teile überdies die Auffassung der Warburg-Bank, dass es darum ginge, die Depotbank Deutsche Bank zu schonen. (Vermutlich war gemeint, das Bundesfinanzministerium wolle die Deutsche Bank zu Lasten der Warburg-Bank schonen).
Im Weiteren ging es um Absprachen zwischen Scholz und Olearius zu einem Interview über Hamburg, das der Bankier mit dem Spiegel führen wollte. Er solle sich maßvoll äußern, um Scholz die Bühne bei der Vermarktung des „Wissenschaftsstandortes“ Hamburg zu überlassen.

Dass sich der exzellente Jurist Scholz zurückhaltend verhielt, ist wenig verwunderlich. Dies ist nicht nur seine generelle Art; ein Eingriff in Steuerverfahren wäre überdies strafbar. Da die Journalisten diese Passage aber aus presserechtlichen Gründen nicht zitiert hatten, weil aus Ermittlungsakten nur minimal zitiert werden darf, holte die Warburg-Bank kurze Zeit später zum Gegenschlag aus und behauptete, die Journalisten hätten der Öffentlichkeit entlastende Momente (die zurückhaltende Art von Scholz) verschwiegen.
Diese Öffentlichkeitsarbeit der Warburg-Bank wurde eng mit Scholz’ Umfeld koordiniert. Die Spin-Doktoren der Warburg-Bank und Scholz’ rechte Hand, sein damaliger Staatssekretär und derzeitiger Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt, bearbeiteten im Hintergrund überforderte Lokalreporter. Die Zusammenarbeit mit der Cum-Ex-Bank wurde also in bewährter Manier fortgesetzt.
Der Lokalpresse schien dabei nicht aufzufallen, dass man nicht gleichzeitig schweigen und sich zugleich die Rechtsauffassung der Warburg-Bank zu eigen machen kann, wonach es darum gehe, die Deutsche Bank zu schonen. Meine späteren Nachfragen, wie Olearius zu diesem Eindruck gelangte, wollte Scholz nie konkret beantworten.

Da nun offensichtlich wurde, dass der Hamburger Senat die Anfrage der Linksfraktion unwahr beantwortet hatte (was sich Olaf Scholz in einer späteren Sitzung „nicht erklären“ könne), waren die Titelseiten der Hamburger Presse voll von dem Skandal. Ich schlug meiner früheren Partei eine Pressekonferenz und eine Demonstration vor der Hamburger Finanzbehörde vor, die es auf die Titelseiten zahlreicher Zeitungen schaffte.
Scholz’ Nachfolger als Erster Bürgermeister Hamburgs, Peter Tschentscher, warf dem NDR gar später Beeinflussung des Wahlkampfes vor.

Wie Scholz den Bundestag belog

Nach dieser Welle im Bürgerschaftswahlkampf 2020 wusste Scholz, er wird das Thema nicht mehr los. Da er die Kanzlerkandidatur für die SPD anstrebte, war der Vorwurf, kriminelle Banker zu schützen, eine Hypothek.
Ich beantragte als Hamburger Bundestagsabgeordneter und Finanzpolitiker eine Einbestellung des damaligen Finanzministers in den Finanzausschuss des Deutschen Bundestages. Die anderen Fraktionen schienen das Thema kaum zu beachten. Scholz sagte für den 4. März 2020 zu.

Die Unterrichtung durch den Finanzminister wurde um 12.08 Uhr eröffnet. Die Vorsitzende des Finanzausschusses teilte uns mit, dass Scholz wegen Anschlussterminen die Sitzung um 12.50 Uhr zu verlassen habe.
Ein politischer Taschenspielertrick: Es standen uns somit 42 Minuten bei sechs Fraktionen und einem umfangreichen Eingangsstatement von Herrn Scholz zur Verfügung.
Ich wusste: Ich werde drei bis fünf Minuten einschließlich der Antwort von Scholz ohne Möglichkeit der weiteren Nachfrage haben. Jeder Schuss musste sitzen, und Scholz würde Fragen gesammelt beantworten.

Da die Corona-Pandemie gerade Europa erreicht hatte, ließ sich Scholz ausführlich zu konjunkturpolitischen Fragen aus. Dies war nachvollziehbar, aber eben auch günstig für Scholz.
Zur Warburg-Affäre merkte Scholz an, dass der berichtete Termin stattgefunden habe. Da sei sonst nichts gewesen und nichts zu finden. Über das Gespräch sei durch Medienberichte „alles bekannt“, was es dazu zu berichten gäbe.
Er verwies auf die Veröffentlichung des vollständigen Tagebuchauszugs durch die Warburg-Anwälte, die sein zurückhaltendes Verhalten bei dem Termin unterstrichen hätten.

Sodann durften die Fraktionen in der Reihenfolge ihrer Stärke das Wort ergreifen. Die Union und die SPD versuchten möglichst zeitintensive Fragen zur europäischen Haushaltspolitik zu stellen, um Scholz Zeit zu kaufen.
Die CDU/CSU intervenierte gar später einmal, um zu beanstanden, man dürfe den Finanzminister nicht zu Vorgängen aus seiner Zeit als Bürgermeister oder zu Parteispenden befragen, die Sache der SPD seien. Die AfD und die FDP stellten sodann wenigstens ein paar Fragen zum Sachverhalt. Ich war als Vorletzter an der Reihe. Olaf Scholz war hoch konzentriert, denn er wusste genau, dass ich in der Warburg- Affäre sein schärfster Kritiker war.

Mein erster Satz war ein Zitat: „Junge, komm bald wieder!“ Damit griff ich auf, dass die kurze Befragungszeit bereits bei meinem Vorredner, dem heutigen FDP-Staatssekretär Florian Toncar, für Unmut gesorgt hatte.
Meine erste Frage an Olaf Scholz lautete sodann, ob es üblich gewesen sei, dass er sich in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister mit Personen zu Steuerverfahren getroffen habe, gegen die bereits Ermittlungen wegen schweren Steuerbetrugs liefen, und ob es neben dem einen nunmehr bekannten Treffen mit Herrn Olearius weitere Treffen dieser Art gegeben habe? Es war üblich, die wichtigsten Fragen zu Beginn zu stellen und die weiteren Fragen dem Zeitrahmen zu opfern, falls erforderlich.
Ich fragte zudem nach schriftlichem Austausch der Warburg Bank mit dem Finanzministerium und wessen Entscheidung Scholz richtig fände: die des ihm nunmehr unterstellten Finanzministeriums, Hamburg anzuweisen, die Cum-Ex Tatbeute einzuziehen, oder die Entscheidung Hamburgs, die steuerliche Verjährung in Kauf zu nehmen?
Überdies fragte ich nach dem Austausch mit dem Finanzsenator Peter Tschentscher, den Scholz ebenfalls nicht einräumte, obwohl mittlerweile bei einer Razzia sichergestellte Kalendereinträge dies nahelegten.
Zum Schluss bemängelte ich unrichtige Angaben des Finanzministeriums zu steuerlichen Verjährungen von Cum-Ex-Tatbeute, um Druck auf eine klare gesetzliche Regelung zur nachträglichen Abschöpfung im Strafprozess zu machen, die dann in den kommenden Monaten erfolgen sollte.
Meine Ausführungen versah ich mit dem Hinweis, dass diese weiteren Fragen nur beantwortet werden sollten, falls die Zeit dies erlaube. Danach war die heutige Familienministerin Lisa Paus von den Grünen an der Reihe.
Scholz beantworte daraufhin die Fragen aller sechs Fraktionen gebündelt. Scholz ging auf meine Frage nach weiteren Treffen mit Herrn Olearius nicht ein, sondern wiederholte sein Mantra, dass ihn das Steuergeheimnis an Ausführungen hindere und alles zu dem Treffen bekannt sei. Er konzentrierte sich auf meine letzte Zusatz-Frage nach Vermögensabschöpfung im Strafprozess.
Dabei ist durch Rechtsprechung im Fall des FC-Bayern-Mangers Uli Hoeneß klar etabliert, dass das Steuergeheimnis seine Grenze bei Handlungen der Verwaltung hat, die von öffentlichem Interesse sind.
Niemand wollte über die Steuererklärung der Warburg-Bank diskutieren, sondern wir wollten wissen, wie Scholz mit der Sache befasst war.

In einer der nächsten Obleute-Sitzungen des Finanzausschusses, die gemeinsam die Tagesordnung verabredet, wurde die erneute Vorladung Scholz’ in einer als geheim eingestuften Sitzung in einem abhörsicheren Raum des Bundestages beschlossen, damit er sich nicht mehr hinter dem Steuergeheimnis verstecken könne. Dort könne er dann freier darlegen, was dem Steuergeheimnis unterliegt und worüber er Auskunft geben könne. Auch die SPD fand, dass Scholz etwas zu zugeknöpft gewesen sei und befürwortete den Vorschlag.

Am 2. Juni 2020 schrieb ich zudem eine E-Mail an die Obleute des Finanzausschusses, die später auch dem Handelsblatt zugespielt wurde. Darin beschwerte ich mich über den geplanten Sitzungsablauf, denn Scholz wollte erneut nur in einem engen Zeitrahmen aussagen. Das Handelsblatt zitierte hieraus:
„‚Wenn man die üblichen Begrüßungsrituale und Vorbemerkungen abzieht, ist es bei einer Befragungszeit von 50 Minuten denkbar, dass weder meine Fraktion noch die Grünen überhaupt zur Möglichkeit kommen, Fragen zu stellen. Das ist für mich nicht akzeptabel‘, so De Masi. Schon Anfang März habe sich Scholz bei einer Befragung zu dem Thema mit langen Ausschweifungen aus der Affäre gezogen. Das will De Masi nicht noch einmal zulassen. Der Finanzminister solle deshalb auf ein längeres Eingangsstatement verzichten. Die Anhörung wird zudem als ‚geheim‘ eingestuft, nichts darf nach außen dringen. Das soll verhindern, dass Scholz Aussagen wieder mit Verweis auf das Steuergeheimnis verweigert.“

Im September 2020 – als weitere Treffen mit Olearius bekannt wurden – sollte mir Olaf Scholz über seinen Sprecher öffentlich ausrichten, ich hätte im März wegen meiner Frage zu weiteren Treffen nochmal nachfragen müssen. Dies ist infam.
Denn abgesehen davon, dass Scholz seinen Auftritt mit Schützenhilfe von CDU/CSU und SPD bewusst so angelegt hatte, dass für Nachfragen gar keine Zeit mehr bestand, was ja zu meiner oben zitierten E-Mail führte, hatte er in der Sitzung wiederholt betont, dass alles dazu bereits berichtet sei. Es gab dafür keine Notwendigkeit.
Alle – auch eine direkt nach der Sitzung von einem TV-Team dazu befragte SPD-Abgeordnete – hatten ganz klar verstanden: Es hat keine weiteren Treffen von Scholz mit Herrn Olearius gegeben.
Diese Irreführung der Öffentlichkeit ist daher keine Ungeschicklichkeit. Sie hat Methode.

Geheime Sitzung am 1. Juli 2020

Der ursprünglich anvisierte Termin einer Befragung von Olaf Scholz am 17. Juni 2020 wurde noch einmal auf den 1. Juli 2020 verschoben. Scholz sagte nunmehr zu, sich ausreichend Zeit zu nehmen.
Über den Inhalt dieser rund anderthalb Stunden andauernden Sitzung habe ich bis kürzlich nicht öffentlich sprechen dürfen, da sie der Geheimhaltung unterlag. Denn ich habe Scholz erneut zu weiteren Treffen mit Olearius befragt.
Die mit dem Deutschen Journalistenpreis ausgezeichneten Investigativreporter Oliver Schröm und Oliver Hollenstein haben die Sitzung jedoch unter Mitwirkung des Cicero-Journalisten Ulrich Thiele in ihrem Buch „Die Akte Scholz“ minutiös rekonstruiert. Sie schreiben Folgendes:
„Schließlich erkundigt sich De Masi wie bei der letzten Sitzung, ob Scholz sich noch öfter mit Olearius getroffen habe. Scholz lächelt. Hamburg sei klein, da laufe man sich schon mal über den Weg. Die Grünen-Abgeordnete Lisa Paus ruft dazwischen. Sie will wissen, wie oft sich Scholz und Olearius bei gesellschaftlichen Ereignissen begegnet sind: zweimal, dreimal oder zehnmal pro Jahr? Scholz schmunzelt, erwähnt ein Treffen in der Elbphilharmonie. Er habe auch einmal bei einem Jubiläum der Warburg-Bank eine Rede gehalten.“ Weiter führt Scholz explizit aus, es habe keine regelmäßigen Treffen mit der Warburg-Bank gegeben.

Tatsächlich hatte Scholz (anders als im gestrafften Protokoll dargestellt) nicht nur von einem Jubiläum gesprochen, sondern offengelassen, ob es der 70. Geburtstag von Christian Olearius oder das 220-jährige Jubiläum der 1798 gegründeten Warburg-Bank war. Dies lässt sich daran erkennen, dass ich in der dritten Befragung von Scholz auf diese Passage zurückkam und ihn danach frage, welche der beiden Termine er denn nun gemeint habe? Den Geburtstag (der fand 2012 statt) oder das Jubiläum (2018)? All dies lässt sich nachlesen.
Meine Nachfrage an Scholz nach weiteren Treffen ist im Unterschied zur Nachfrage von Lisa Paus, die damals dazwischenrief, nicht in den öffentlich zitierten Passagen des Protokolls enthalten, konnte aber offenbar von den Journalisten anderweitig verifiziert werden. (Protokolle können nachträglich noch von Sitzungsteilnehmern bearbeitet werden und werden vom Ausschusssekretariat verantwortet. Nicht selten wachen dort emsige Referenten mit Parteibuch über jede Formulierung. Ob das Tonband der Sitzung noch existiert, weiß ich nicht).

Warum ist die Frage, ob es ein Geburtstag oder Jubiläum war, überhaupt relevant? Ganz einfach: Scholz’ Spin-Doktor Wolfgang Schmidt wird später trotz Geheimschutz gegenüber Journalisten behaupten, die heutige Familienministerin habe „falsch“ nachgefragt. Sie hatte nämlich gefragt, ob es nach dem damals bereits bekannten Treffen von Scholz und Olearius (das letzte der drei Treffen) im Jahr 2017 weitere Treffen gegeben habe. Aber die weiteren und verheimlichten Treffen waren ja davor im Jahr 2016.

Diese Spitzfindigkeit ist ja an sich schon dreist genug, denn ich hatte ja bereits zweimal (am 4. März und erneut in der geheimen Sitzung) nach weiteren Treffen gefragt. Außerdem verneint Scholz explizit regelmäßige Treffen mit der Warburg Bank. Aber Scholz hat ohnehin auch für Zeiträume davor, nämlich den 70. Geburtstag von Olearius, geantwortet.

Viel wichtiger aber ist: Scholz legt präzise jede beiläufige Begegnung mit Herrn Olearius offen. Nur die drei Treffen, bei denen es um zig Steuer-Millionen geht, und dass er später sogar aktiv zum Telefon greift, um Olearius zu bitten, sich in der Sache weiter an ihn zu wenden, räumt Scholz erst dann ein, wenn er mit konkreten Belegen konfrontiert wird.
Er spricht bis zum September 2020 an keiner Stelle von einer Erinnerungslücke. Vielmehr betont er in einer der Sitzungen, er könne nicht sagen, weshalb der Hamburger Senat die Treffen nicht offenbart habe. Denn die Kalender lagen ja vor und die Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft hatte nach den Treffen schriftlich gefragt.

Die Nachwirkungen der geheimen Sitzung

Später wird der Staatssekretär und heutige Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt, zuständig für Geheimdienste, einen Auszug aus dem geheim eingestuften Protokoll sinnentstellend an Journalisten geben, um seinen Spin zu setzen.

Wir können uns wegen des Geheimschutzes nicht dagegen wehren und selbst über die Sitzung sprechen. Lisa Paus wird nach Bekanntwerden der beiden weiteren Treffen Scholz jedoch öffentlich in einem Tweet der Lüge bezichtigen. Seit ihrer Berufung zur Ministerin hat die von mir sehr geschätzte Kollegin den Tweet gelöscht. Gegenüber dem Journalisten Tilo Jung führt sie aus, sie arbeite nunmehr gut mit Scholz zusammen und sei eben damals in der Opposition im Wahlkampf gewesen (es war jedoch kein Wahlkampf damals).
Ich kenne Lisa Paus gut genug, um zu wissen: Niemals hätte sie einen solchen Vorwurf nur zur Show erhoben. Ihr Kotau ist der Preis der Macht. In solchen Momenten bin ich froh, meine politische Karriere beendet zu haben.

Als ich die Eskapaden von Wolfgang Schmidt vor der Wahl (erneut) skandalisiere, da nun auf einmal öffentliches Interesse besteht, behauptet das Finanzministerium, es könne diesen Verstoß gegen den Geheimschutz nicht aufklären, da Herr Schmidt in Washington weile und wegen der Zeitverschiebung schlafe. Tatsächlich erlaube ich mir die Bemerkung, man könne ihn auf Twitter anschreiben, wo Schmidt, wahrscheinlich mithilfe von Beamten aus dem Ministerium, etwa 20 Stunden am Tag Tweets verbreitet, um für seinen Chef Kohlen aus dem Feuer zu holen. Tatsächlich war er zu diesem Zeitpunkt auf Twitter aktiv.

Ich werde später zur Quelle der Olearius-Tagebücher auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bonnin Berlin-Kreuzberg von einer freundlichen Kriminalkommissarin vernommen (die mich auf mein Aussageverweigerungsrecht als ehemaliger Abgeordneter und Publizist hinwies). Dabei habe ich auch auf den Vorgang um Wolfgang Schmidt hingewiesen, da ich es bemerkenswert fand, wie ungleich der Ermittlungseifer bei diesen Sachverhalten war.

Die Berliner Staatsanwaltschaft wird jedoch trotz meiner Eingabe keine Ermittlungen aufnehmen. Ihre Begründung: Sie könne den Vorgang nicht verifizieren, da es außer einem entsprechenden Tweet des Journalisten Oliver Schröm, der die Passage, die Schmidt verbreiten ließ, per Screenshot veröffentlicht, keine weiteren Belege gebe.
Dabei würde es reichen, Herrn Schröm einzuvernehmen und zu befragen. In meinem Fall war es hinreichend, dass ich einen Auszug aus den Olearius-Tagebüchern veröffentlicht hatte.
Was der Bonner Staatsanwaltschaft entgangen war: Dieser Auszug stammte aus der Hamburger Morgenpost. Die Warburg-Bank hatte ihn selbst veröffentlicht.

Im Sommer 2020 wird es dann eng für Scholz. Die Pleite der Wirecard AG, des einstigen Börsenwunders und insolventen Zahlungsabwicklers aus Aschheim, hält Scholz in Atem. Nun kommen noch zwei weitere Treffen mit Olearius an die Öffentlichkeit. Es herrscht Panik in der Hauptstadt.

Sofort beantrage ich eine dritte Befragung von Scholz. Zusätzlich lasse ich auf dem Kontingent meiner Fraktion eine Aktuelle Stunde im Bundestag beantragen, um der Bevölkerung die Warburg-Story in meinem fünfminütigen Redebeitrag zum „Pinocchio-Gate“ von Scholz detailliert zu erklären. Die Rede wird später bei Markus Lanz immer wieder als Einspieler dienen.
Die SPD nennt mich in einem Zwischenruf gar „unanständig“, weil ich in meiner Rede die Rückzahlung der Warburg-Spenden und ein Verbot von Parteispenden von Unternehmen fordere.

Ein Jahr später gibt es Aufregung um die Razzia bei Johannes Kahrs und mehr als 200.000 Euro Bargeld in dessen Schließfach. Der SPD-Finanzsenator Andreas Dressel wird nun einräumen, dass die Spenden aus „heutiger Sicht“ neu bewertet werden müssten. Ich gehöre zu diesem Zeitpunkt dem Bundestag nicht mehr an. Die SPD distanziert sich von Kahrs.
Doch alle Erkenntnisse über die Warburg-Bank lagen schon zum Zeitpunkt der Spenden auf dem Tisch: Razzia, Ermittlungen, Cum-Ex. Stand heute hat die SPD Hamburg die Cum-Ex-Spenden der Warburg-Bank nie zurückgezahlt.
Vor der Rede befrage ich Scholz öffentlich im Plenum des Bundestages zu seiner Sicht auf die Warburg-Parteispenden. Er antwortet, er lebe nun in Potsdam. Nach seinem Eindruck sei aber in der SPD Hamburg immer alles korrekt verlaufen.

Befragung am 9. September 2020

In der dritten Befragung ereignet sich etwas Kurioses: Scholz wechselt die Strategie. Er bestätigt die Termine und legt nun eine detaillierte Auflistung aller Termine mit Olearius vor (in einer Informationsfreiheitsanfrage wird mir der Hamburger Senat weiterhin keines der Treffen einräumen, obwohl diese bereits presseöffentlich sind). Schriftlich konnten wir diese im Bundestag nicht abfragen, da die Termine ja in seine Zeit als Hamburger Bürgermeister fielen.
Scholz behauptet nun, er habe erst jetzt – nach einer Anfrage in der Hamburger Bürgerschaft, einer Riesenwelle im Bürgerschaftswahlkampf und zwei Befragungen im Bundestag (eine davon mit Geheimschutzvorkehrungen), bei denen insgesamt dreimal nach weiteren Treffen mit Olearius gefragt wurde – in seinen Kalender geblickt.
Jeder Politiker in einem Kreistag würde bei an ihn gerichteten Vorwürfen dieser Art als Erstes in den Kalender blicken. Scholz hat hierfür einen Arbeitsstab, Termine müssen in der öffentlichen Verwaltung veraktet werden.
Als Scholz diese Aussage tätigt, habe ich Blickkontakt mit Abgeordneten und Mitarbeitern der SPD. Sie müssen ihr Lachen unterdrücken ob dieser absurden Ausführungen. Alle im Saal wissen, dass Scholz lügt.

Scholz behauptet nun, er könne sich an keinen der Termine mehr erinnern. Vor jedem Gericht würde dieser Strategiewechsel als unglaubwürdig gekennzeichnet werden. Selbst ein Neurologe äußert sich später und sagt, dass solche chirurgisch-präzisen Erinnerungslücken, die immer nur im Steuerverfahren, aber nie bei anderen Begegnungen mit dem Cum-Ex-Bankier auftreten, nicht mit dem wissenschaftlichen Stand der Forschung vereinbar sind.

Was die Öffentlichkeit damals noch nicht wissen kann: In der geheimen Sitzung im Juli schilderte Scholz auf meine Nachfrage hin noch konkrete Erinnerungen an das zuerst bekannt gewordene Treffen. Er habe sich nur die Einschätzung von Herrn Olearius angehört. Dies habe mittlerweile auch die Presse bestätigt. Persönlich könne er über diese Schilderung hinaus nichts beitragen.
Er führte dort auch aus, dass er nach dem Gespräch keine Veranlassung gesehen habe, in ein laufendes Steuerverfahren einzugreifen. Auch schloss er konkrete Gespräche mit dem Finanzsenator mit Sicherheit aus.

Nun aber benutzt er permanent die Formulierung, er habe an keines der Treffen eine Erinnerung mehr. Um seine neue Strategie abzusichern und die Verheimlichung von drei Treffen zu begründen, betont er nun, dass alle bisherigen Schilderungen im Finanzausschuss auf der Medienberichterstattung beruhten, nicht seinen persönlichen Erinnerungen.
Damit will er offenbar vorbauen, falls das geheime Protokoll öffentlich werden sollte, wo er ja den Fehler gemacht hat, noch eine persönliche Erinnerung zu schildern.

Ich hatte bereits im Jahr 2020 beantragt, das geheime Protokoll zu entstufen, da das Steuergeheimnis nicht berührt sei. Zudem hatte Wolfgang Schmidt, auf ihren Vorwurf der Lüge hin, der aktuellen Familienministerin Lisa Paus entgegnet: „Sollen wir das Protokoll veröffentlichen?“ Das war eine willkommene Steilvorlage für mich. Doch außer den Grünen zog keine Fraktion mit. So dauerte es weitere drei Jahre, bis der Vorgang öffentlich wurde.

Von einem, der auszog, den Mächtigen das Fürchten zu lehren!

Die Warburg-Affäre zeigt, wie leicht sich führende Medien mit Nähe zur Macht um den Finger wickeln lassen, denn kaum eine führende Tageszeitung hat die Widersprüche von Scholz vor der Wahl konsequent aufgearbeitet.

Ich musste in meiner Rolle als stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Finanzpolitiker viele Details in einsamen Nachtstunden selbst herausarbeiten, weil meine Fraktion mich in der Ausschussarbeit weitgehend im Stich ließ. Und es gab ja noch mehr Themen: von Schuldenbremse über Steuerreformen, Geldwäsche oder Wirecard. Meine Mitarbeiter arbeiteten wie ich bis zur Erschöpfung. Meinen Sohn sah ich kaum noch, denn 16-Stunden-Arbeitstage waren das Minimum.
Meine Fraktion rollte regelmäßig mit den Augen, wenn ich schon wieder Cum-Ex auf die Tagesordnung des Parlaments setzen wollte. In den Informationsangeboten meiner Partei wurde ich dazu kaum berücksichtigt. Ich durfte zwar häufig im Parlament reden. Aber vor allem, weil mir meine Fraktion über weite Strecken der Legislaturperiode im Finanzausschuss nur geringe Unterstützung gewährte.

Dabei wussten Linke früher einmal, dass die Wirtschaft im Kapitalismus der Schlüssel zu Veränderungen ist. Dies gipfelte darin, dass ich im Wirecard-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages über weite Strecken keinen Stellvertreter hatte und so ohne echte Sommerpause ein Jahr lang fast die Hälfte der Woche nur drei Stunden schlief.
Während ich meine Gesundheit ruinierte, zogen andere die Strippen und fuhren meine Partei an die Wand. Diese Enttäuschung und die zuweilen sehr verlogene politische Konkurrenz führten maßgeblich zu meinem Rückzug aus der deutschen Politik.

Die Phrasen des Kanzlers

Scholz soll auf einer Matinee der Hamburger Wochenzeitung Die Zeit mit deren damaligen Herausgeber Josef Joffe im Oktober 2018 bekennen, Cum-Ex sei ein steuerpolitischer Skandal.
Bei Transparency International spricht er später gar von einer „Schweinerei!“. Herrn Olearius hat er dies offenbar nicht mitgeteilt.
Noch etwas ist bemerkenswert: In dem Video der Veranstaltung bekennt Scholz, dass es wohl nicht mehr möglich sei, die Cum-Ex-Tatbeute aus bestimmten Altfällen einzutreiben, da diese bereits verjährt sei.

Sein Adlatus Wolfgang Schmidt wird hingegen vor der Bundestagswahl unter Journalisten verbreiten, die Hamburger Finanzverwaltung hätte bereits 2016 gewusst, dass der spätere strafrechtliche Einzug der Cum-Ex-Tatbeute möglich sein werde.
Dies widerspricht nicht nur der öffentlichen Aussage seines Chefs, sondern auch den Hamburger Finanzbeamten selbst.
Warum hat dann Scholz später in der geheimen Sitzung bekräftigt, die Weisung des Bundesfinanzministeriums sei richtig gewesen, wenn Hamburg doch alles richtig gemacht hat?

Herr Joffe ließ später seine Herausgeberschaft von Die Zeit ruhen, da durch einen Brief, den er im Januar 2017 an Max Warburg adressierte, bekannt wurde, dass er den Banker vor den Recherchen der eigenen Redaktion frühzeitig gewarnt hat.
Ein Zitat aus dem Brief lautete: „In unserem Alter gilt: This is no time to fuck around with old friendships.“ Herr Scholz scheint bei seinen Gesprächspartnern, ob Olearius oder Joffe, eine glückliche Hand zu haben.

Herr Scholz ist nunmehr Bundeskanzler, und ich bin wieder ein einfacher Staatsbürger. Dass er trotz seiner Lügen Kanzler wurde, hat weniger mit seiner politischen Leistung als mit der Schwäche seiner Konkurrenz zu tun.

Wie wir durch die Warburg-Affäre Milliarden sicherten

Doch auf eines bin ich heute stolz: Durch einen mutigen Richter und später auch politischen Druck auf die Gesetzgebung wurde es ermöglicht, dass auch steuerlich verjährte Tatbeute noch im Strafprozess eingezogen werden kann.
Die Cum-Ex-Tatbeute kann daher noch gerettet werden. Dies war aber zum Zeitpunkt der Causa Warburg in Hamburg noch nicht absehbar. Es bedurfte erheblichen politischen Drucks und einen Kanzlerwahlkampf, um Olaf Scholz als Finanzminister dazu zu bewegen, auch die rückwirkende Einziehung von steuerlich verjährter Cum-Ex-Tatbeute durch Vermögensabschöpfung dauerhaft rechtlich abzusichern.
Scholz hatte nämlich im Windschatten des Corona-Konjunkturpakets in einer Nacht- und Nebelaktion ein Gesetz eingebracht, das die strafrechtliche Einziehung steuerlich verjährter Cum-Ex-Tatbeute auf sichere Füße stellen sollte.
Jedoch wurde in das Gesetz ein Passus aufgenommen, der besagte, dass dies nicht rückwirkend erfolgen könne. Als ich in einem morgendlichen Briefing der Finanzpolitiker vor der Debatte um das Corona-Konjunkturpaket kritisch nachfragte, warum dies erforderlich sei, entgegnete das Finanzministerium, dies sei verfassungsrechtlich nicht anders möglich.
Später schürten Verfassungsrechtler wie Professor Killian Wegner an dieser Aussage Zweifel. Ich holte ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages ein, das die Zweifel von Wegner unterstützte.
Scholz wurde nun verdächtigt, die Cum-Ex-Banken (erneut?) zu schonen. Der investigative Journalist des Westdeutschen Rundfunks, Massimo Bognanni, der neben Schröm und Hollenstein zu den führenden Cum-Ex-Reportern des Landes zählte, verschaffte der komplizierten Gesetzesmaterie durch Berichterstattung die nötige Aufmerksamkeit.

Das Gesetz konnten wir im Bundestag und Bundesrat durch eine lagerübergreifende Koalition, etwa des ehemaligen Justizministers von Nordrhein-Westfalen Peter Biesenbach (CDU) und meiner Wenigkeit, erheblich verbessern und die Stichtagsregelung streichen. Es war dem Druck der Warburg-Affäre zu verdanken, dass Scholz das Gesetz korrigieren musste und die Staatsanwaltschaften nunmehr genug Zeit erhalten, um die Tatbeute zu sichern.
Auch wenn der grüne Justizminister von Nordrhein-Westfalen der mutigen Kölner Cum-Ex-Staatsanwältin Anne Brorhilker die personelle Unterstützung durch erfahrene Ermittler vorenthält, die für die Jahrhundertprozesse gegen Banken und Fonds nötig wäre.

Die Streichung des Rückwirkungsverbotes bei der Abschöpfung von Cum-Ex-Tatbeute war der größte Erfolg meiner parlamentarischen Karriere. Es hat Milliarden gerettet.
Viele Bürgerinnen und Bürger mögen über die Politik zu Recht enttäuscht sein. Heute kann ich guten Gewissens sagen, dass ich die Kosten meiner Bundestagsdiät mit diesem Engagement wieder hereingespielt haben dürfte.
Auch wenn die Aufklärung über die Warburg-Affäre von parteipolitischen Spielchen und einer großen Portion Verlogenheit gekennzeichnet ist: Allein für diesen Erfolg hat es sich gelohnt, um die Wahrheit zu kämpfen!

Fabio De Masi war zwischen 2014 und 2017 Mitglied des Europäischen Parlaments und zwischen 2017 und 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages für Hamburg. und machte sich dort bei der Aufklärung von Finanzskandalen – etwa um den Zahlungsdienstleister Wirecard – einen Namen.
Er trat 2021 nicht erneut für den Bundestag an und arbeitet seither an einem Buch über seine Rolle bei der Aufklärung von Finanzskandalen, das im Frühjahr 2024 beim Rowohlt-Verlag erscheinen wird.
Er ist Kolumnist bei der Berliner Zeitung.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

Ende des Ukraine-Stellvertreterkrieges: Eine Niederlage, die die Welt verändern wird

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

alexander neu

alexander neu

Aktuelle Analyse von Dr.Alexander Neu. Beide hier geschilderten Ausgänge sind für die deutsche Bevölkerung im Endeffekt nachteilig. Um so wichtiger wäre es, wenn unsere Regierung sich um eine diplomatische ausgleichende Lösung bemühen würde, die eine einvernehmliche Beendigung des Konflikts statt einem Alles-Oder-Nichts anstrebt.
Und hier auszugsweise der Text aus den NachDenkSeiten:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=96345

Eine Niederlage, die die Welt verändern wird

Die Debatten zur bevorstehenden Frühjahrsoffensive der ukrainischen Sicherheitskräfte gegen die russische Armee zwecks Rückeroberung des verlorenen Territoriums laufen heiß. Überschattet wird diese Debatte um die Leaks eingestufter US-amerikanischer Dokumente. Da dieser Krieg ein mehrdimensionaler Krieg ist, mithin also auch ein Stellvertreterkrieg zwischen dem Westen und Russland, sollen in diesem Artikel die geopolitischen Implikationen der jeweiligen Niederlagen beleuchtet werden. Von Dr. Alexander Neu.

Ungeachtet des Ausgangs der angekündigten Frühjahrsoffensive, ob nun der definitive Showdown oder eine von vielen Offensiven der einen oder der anderen Konfliktseiten, soll im Folgenden über die Konsequenzen einer Niederlage, die irgendwann eine der beiden Konfliktseiten erleiden wird, reflektiert werden. Dabei sollen nicht die Niederlagen bzw. die diversen Formen der militärischen Niederlagen der Ukraine oder Russlands auf dem ukrainischen Schlachtfeld thematisiert werden.
Diesen Aspekt habe ich bereits in einem Beitrag mit dem Titel „Was heißt Sieg oder Niederlage für Russland versus für Ukraine und den Westen? Eine Analyse“ in den NachDenkSeiten im Februar beleuchtet: Der Sieg der einen Konfliktseite ist die Niederlage der anderen Konfliktseite auf dem Schlachtfeld – absolut oder in diversen Abstufungen, wie ich es dort ausgeführt habe.

Da dieser Krieg ein mehrdimensionaler Krieg ist, mithin also auch ein Stellvertreterkrieg zwischen dem Westen und Russland, vielleicht auch Chinas und anderer Staaten des Globalen Südens, sollen die geopolitischen Implikationen der jeweiligen Niederlagen beleuchtet werden – ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, da die Wirklichkeit nie in klaren Kategorien wirkt.

Szenario 1: Russlands Niederlage

Verlöre Russland den Krieg gegen die Ukraine und somit gegen den Westen, so wäre eine ganze Kettenreaktion von Konsequenzen für Russland und darüber hinaus denkbar, ja sogar in dem einen oder anderen Fall wahrscheinlich.

Erstens würde sich zeigen, dass Russland nicht einmal eine „Regionalmacht“ ist, um es mit den Worten B. Obamas zu benennen. Denn Russland erwiese sich als unfähig, einen Staat unmittelbar an seiner eigenen Grenze militärisch zu besiegen. Einmal von den diversen Unterstützungsmaßnahmen der NATO abgesehen, die tatsächlich bislang das militärische Überleben der Ukraine absichern – zwar zu einem enorm hohen menschlichen und infrastrukturellen Preis -, würde dieses Bild eines russischen Riesen auf tönernen Füßen vorherrschen.
Mit diesem Image als nicht einmal vollwertige Regionalmacht könnten sich Staaten im post-sowjeti­schen Raum (Kaukasus und Zentralasien) ermuntert sehen, neue Partner – vornehmlich im Westen zu suchen. Selbst wenn diese Staaten keinen eigenen Antrieb auswiesen, sich neue Partner zu suchen, könnten sie genötigt werden, sich dem „Sieger“ des Ukraine-Krieges „anzunähern“. Weißrussland wäre der vermutlich erste Kandidat, der in der euro-atlantischen Sphäre aufginge.

Mehr noch, die bislang mehr oder minder latenten Separatismusphänomene (Stichwort: Tschetschenien) insbesondere in der Kaukasusregion könnten wieder Auftrieb gewinnen. Der starke Mann Tschetscheniens, R. Kadyrow, ist zwar – noch – ein treuer Gefolgsmann Putins.

Angesichts dieses besonderen Loyalitätsverhältnisses genießt Tschetschenien eine – im Vergleich zu den übrigen föderalen Subjekten – herausragende Autonomie innerhalb der russischen Föderation. Jedoch könnten bei einer russischen Niederlage die innerrussischen Karten neu gemischt werden.
Dass ein solches Szenario nicht abwegig ist, zeigt die Flexibilität des Vaters und Amtsvorgängers von R. Kadyrow, A. Kadryow. Dieser rief 1994 im allgemeinen Schwächezustand der russischen Staatlichkeit unter B. Jelzin den Dschihad, also den Heiligen Krieg, gegen Russland aus. Später, 1999, wechselte er die Fronten und wurde 2003 zum Präsidenten des russischen Föderationssubjektes Tschetschenien. 2004 starb A. Kadyrow bei einem Anschlag.
Insbesondere das enge Loyalitätsverhältnis zwischen R. Kadyrow und W. Putin sichert den Bestand Tschetscheniens in der russischen Föderation. Was aber, wenn Russland den Krieg und somit auch die Autorität im eigenen Haus verliert? Zumal auch das politische Überleben des gegenwärtigen russischen Präsidenten, W. Putin, dann mehr als fragwürdig erscheint. Selbst wenn R. Kadyrow loyal zur russischen Staatlichkeit stünde, heißt das nicht, dass Kadyrow seine Macht dauerhaft sichern könnte, wenn sein bisheriger Schutzgarant W. Putin wegfiele.
Mit einem erneuten Aufbrechen eines Bürgerkrieges in Tschetschenien könnte ein separatistischer Dominoeffekt entstehen
– zunächst in den föderalen Subjekten des Kaukasus und ggf. darüber hinaus bis hin zur Dismembration der russischen Föderation.

Und tatsächlich wird in westlichen Redaktionsstuben und vielleicht auch Thinktanks und politischen Organisationen über die Zerschlagung der russischen Föderation spekuliert. Die Aussage des US-amerikanischen Verteidigungsministers Austin, „wir wollen, dass Russland so weit geschwächt wird, dass es zu etwas wie diesem Einmarsch in die Ukraine nicht mehr in der Lage ist“, offeriert sehr viel Interpretationsspielraum.
Diese Aussage muss nicht als der Wille zur Zerschlagung Russlands interpretiert werden, kann aber auch nicht ausgeschlossen werden – oder zumindest als nette Nebenwirkung nicht unwillkommen sein. Andere westliche Akteure reden da bereits Klartext unter dem Begriff „de-colonizing Russia“. So veröffentlichte das US-amerikanische Magazin „The Atlantic“ am 27. Mai 2022 einen Beitrag mit dem Titel „Decolonize Russia“.

Darin wird von „kolonialen Besitztümern“ des Kremls gesprochen und namentlich Tschetschenien, Tartastan, aber sogar Sibirien und die Arktis erwähnt. Der Autor C. Michel fordert, der Westen müsse das 1991 begonnene Projekt (gemeint ist die Auflösung der Sowjetunion) zu Ende führen.
Weiter: Der Kreml müsse sein Imperium verlieren, um das Risiko weiterer Kriege zu vermeiden, womit gedanklich an Austins Forderung der Schwächung Russlands zwecks Verhinderung seiner Kriegsfähigkeit angeknüpft wird.
csce-logoInwiefern diese Forderungen im politischen Washington diskutiert werden, zeigt sich an einem online-briefing unter dem Titel:
„DECOLONIZING RUSSIA – A Moral and Strategic Imperative“veranstaltet am 23. Juni 2022 durch die sogenannte „Commission on Security and Cooperation in Europe“ – auch bekannt als US-Helsinki-Kommission. Einer der Panelisten war der oben bereits erwähnte C. Michel.

Diese Institution ist nicht irgendein Thinktank oder eine regierungsseitig finanzierte NGO. Es handelt sich hierbei um eine staatliche bzw. eine Regierungskommission (csce.gov), deren Mitglieder nahezu vollständig aus den beiden US-Kongresskammern, dem Senat und dem Abgeordnetenhaus, entsandt werden. Sie werden vom US-Präsidenten, dem US-Außen­ministerium, dem Pentagon (US-Verteidigungsministerium), dem Handelsministerium und den Präsidenten des US-Senats sowie dem Sprecher des Repräsentantenhauses bestimmt.
Die US-Helsinki-Kommission beschreibt ihren Charakter als eine „unabhängige US-Regierungs­kommission, welche amerikanische nationale Sicherheit und nationale Interessen voranbringt durch die Förderung von Menschenrechten, militärischer Sicherheit und wirtschaftlicher Zusammenarbeit in 57 Staaten“. Die US-Kommission versteht sich somit als selbstmandatierter Hüter der OSZE und deren Ziele – ist mithin kein OSZE-Organ.

Und diese Kommission debattiert ernsthaft über die Zerlegung Russlands. Dass diese Diskussion über eine Zerschlagung der russischen Staatlichkeit Moskau nicht verborgen bleibt, versteht sich von selbst.
So verkündete Russland jüngst eine aktualisierte außenpolitische Strategie, in der der Westen als „existenzielle Bedrohung” für Russland qualifiziert wird sowie die Absicht, die „Dominanz der Vereinigten Staaten und anderer unfreundlicher Länder in der Weltpolitik“ zu beseitigen.

Die Niederlage Russlands würde einen Prozess beschleunigen und intensivieren, der für Russland ein zentrales Motiv für den Krieg gegen die Ukraine darstellt. Erstens die fortgesetzte NATO-Erweiterung – auch weiter in den post-sowjetischen Raum hinein.
Und zweitens würde die Ukraine zu einem hochgerüsteten anti-russischen Bollwerk mit dem Image, Russland besiegt zu haben, ausgebaut. Westliche, vor allem US-amerikanische und polnische Truppen würden direkt an der Grenze Russlands stationiert werden.
Ein für Russland dauerhaftes Trauma. Bereits jetzt hat sich die NATO mit der Aufnahme Finnlands um weitere 1.300 Kilometer an der russischen Grenze erweitert.

Szenario 2: Niederlage der Ukraine

Die Niederlage der Ukraine wäre auch angesichts des Stellvertreterkrieges eine Niederlage des Westens. Es hätte massive Auswirkungen auf das Image der USA als Supermacht, der NATO als größte und mächtigste Militärallianz der Menschheitsgeschichte, der EU als europäisches Integrationsprojekt und der Ambition, unter Führung der USA ein Juniorglobalplayer zu sein.
Es hätte Auswirkungen im Verhältnis der europäischen, insbesondere der osteuropäischen Staaten zu Russland. Auch wenn die NATO- und EU-Mitgliedsstaaten angesichts des Krieges näher zusammengerückt sind, muss es kein Dauerzustand werden. Diese beiden internationalen Regierungsorganisationen bestehen aus Nationalstaaten mit eigentlich auch jeweiligen nationalen Interessen.
So schert beispielsweise Ungarn immer wieder aus dem Chor aus und unterhält bilaterale Sonderbeziehungen mit Russland, wie jüngst mit der Sicherung zusätzlicher Energieströme, was von den westlichen Partnern nicht mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen wird. Doch im Einzelnen:

USA

Der relative Machtverlust der USA im globalen System würde beschleunigt. Nicht zuletzt dürfte der fluchtartige Rückzug der USA aus Afghanistan 2021 dazu beigetragen haben, dass die USA als kein zuverlässiger Schutzfaktor mehr wahrgenommen werden.
Der Einfluss der USA selbst auf historische Verbündete wie Saudi-Arabien nimmt bereits jetzt ab. Saudi-Ara­bien scheint sich auf Verhandlungsinitiative Chinas mit dem Iran auszusöhnen, und plötzlich ist der Frieden für den Jemen möglich. Syrien und das NATO-Mitglied Türkei nähern sich unter russischer Vermittlung wieder an. In beiden Fällen spielen die USA nicht nur keine Rolle, sondern die Vermittlungen unterlaufen sogar die geopolitischen Interessen Washingtons.
Die OPEC+ hat kürzlich beschlossen, die Fördermengen, wie von den USA gefordert, nicht zu erhöhen, sondern, wie von Russland gewollt, abzusenken.
Die De-Dollarisierung, also der Abbau der Nutzung des US-Dollars für den internationalen Handel, nimmt immer schnellere Formen an. Immer mehr Staaten finanzieren ihren bilateralen Handel mit ihren Nationalwährungen. Das Zahlungssystem SWIFT erhält perspektivisch Konkurrenz, sodass die nicht-westliche Welt künftig sich dem Sanktionsdruck der USA auch in diesem Bereich immer mehr zu entziehen vermag, womit das inflationär verwendete Schwert der US-Sanktions­politik zur Disziplinierung unbotmäßiger Staaten an Effektivität verlieren wird.

Mit diesen Maßnahmen schwinden die Einflussmöglichkeiten und gleichsam die Einnahmen der USA, womit sich mittelfristig die Frage stellen wird, ob die USA ihre Militärausgaben (858 Mrd. US-Dollar im laufenden Haushaltsjahr 2023) weiterhin stemmen werden können, ob sie die nahezu 1.000 US-Militärstandorte auf den diversen Kontinenten, mit denen die USA ihre militärische Macht projizieren, weiter unterhalten können, etc.

NATO

Dieser US-amerikanische Machtverlust wirkte sich unmittelbar auf die Kohärenz der NATO aus. Es setzten sich vermutlich zentrifugale Kräfte frei, da das Image der NATO, die diesen Krieg selbst zum Schicksal ihres Seins erklärt hat, als wirkmächtigste Militärallianz in der Menschheitsgeschichte effektiv beschädigt wäre und sodann eine nie dagewesene Legitimationskrise erzeugte.
Wenn 31 Mitgliedsstaaten mit einem Militärbudget von über 1,175 Billionen US-Dollar (Stand 2021), davon alleine die USA 801 Mrd. US-Dollar (Stand 2021), und einem Gesamt-BIP von nahezu 40 Billionen US-Dollar (Stand 2021) im Vergleich zu Russland mit einem Militärbudget von 66 Mrd. US-Dollar (Stand 2021) und einem BIP mit vergleichbar mageren 1,8 Billionen US-Dollar (Stand 2021) eine Niederlage einfahren, dann hinterlässt dies einen katastrophalen Eindruck auf den Rest der Welt.

Europäische Union

Die EU, die sich derweil zunehmend an den USA ausrichtet und sich den US-Vorgaben bereitwillig fügt, müsste sich angesichts einer westlichen Niederlage im Sinne des Aspekts einer echten europäischen Souveränität wohl neu erfinden, will sie nicht in die absolute Bedeutungslosigkeit stürzen.
Vielleicht würden im Falle einer Niederlage die Vorstellungen des französischen Präsidenten E. Macron von einem selbstständigeren Europa dann doch auch konstruktive Debatten in den übrigen europäischen Hauptstädten und in Brüssel entfalten, statt sie durch gesinnungsethische Reflexe als quasi Hochverrat zu brandmarken.
Sollte der künftige US-Präsident wieder D. Trump heißen oder jemand von seinem Typus, müsste diese Debatte in Europa ohnehin nolens volens alsbald geführt werden
. Für ein souveränes und selbstständiges Europa zu sein, heißt nicht gegen die USA zu sein, es sei denn, man betrachtet alles jenseits der Unterwerfung unter die USA als anti-amerikanisch. Dass es solch unterkomplexes Denken gibt, zeigen die gegenwärtigen Reaktionen auf Macrons Äußerungen.

Russland würde als Sieger hingegen vermutlich bestrebt sein, entweder die EU zu zerlegen und zu den europäischen Staaten jeweils bilaterale Beziehungen gemäß den russischen Interessen aufzubauen. Oder aber sich die EU gefügig zu machen, um einen „unfreundlichen“ Akteur dauerhaft auszuschalten.
Eine EU ist weder unter US-amerikanischer noch unter russischer Führung für uns Europäer wünschenswert – unsere Interessen sind bei seriöser Betrachtung weder mit denen Russlands noch mit denen der USA deckungsgleich.

Fazit

Der Epochenwandel von der unipolaren westlichen hin zu einer multipolaren Weltordnung wird durch eine kriegerische Unordnung begleitet.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und der damit einhergehende Stellvertreterkrieg sind eindeutige – zwar nicht zwangsläufige, jedoch erwartbare – Symptome des Epochenwandels. Zugleich manifestiert und beschleunigt der Krieg den Epochenwandel. Selbst wenn Russland den Krieg mit all den oben genannten möglichen Konsequenzen verlieren sollte, scheint mir der Entwicklungsprozess hin zu einer neuen multipolaren Weltordnung, in der China und der Globale Süden als Kraftzentren die internationale Ordnung mitgestalten werden, unaufhaltsam.
Eine Niederlage Russlands würde sicherlich den Transformationsprozess verlangsamen und vor allem China in eine schwierige Situation bringen, da der große Partner im Norden, also Russland, wegfiele
. Ein zerlegtes oder gar ein pro-westliches Russland stellte für China das Worst-case-Szenario in den geo-, sicherheits- und energiepolitischen Entwicklungen dar.

Der Westen würde im Falle einer Niederlage in atemberaubendem Tempo an globaler Macht einbüßen. Internationale Regierungsorganisationen, die aufgrund westlicher Blockade sich den neuen Machtverhältnissen nicht anpassten, würden durch neue internationale Foren und Institutionen unter Führung der BRICS-Staaten marginalisiert.

Schon jetzt sind die G20 relevanter als die G7. Schon jetzt wenden sich immer mehr Staaten aus allen Kontinenten dem BRICS-Format zu.

Beide Maximalziele, die mögliche Zerschlagung der russischen Staatlichkeit auf der einen sowie die „Beseitigung“ der westlichen Dominanz auf der anderen Seite, zeigen zwei Dinge: Erstens, es handelt sich, wie kritische Beobachter von Anfang an feststellten, eben nicht nur um einen ukrainisch-russischen Regionalkrieg, sondern auch und vor allem um einen geopolitischen Weltordnungskrieg zwischen dem Westen und Russland und ggf. weiteren Staaten der nicht-westlichen Welt.
Und zweitens, die Entschlossenheit beider Seiten wirkt wie zwei aufeinanderzu rasende Züge, bei denen jeweils die Bremsen zuvor mit Absicht ausgebaut wurden, um der Gegenseite die eigene Entschlossenheit zu demonstrieren – keine gute Perspektive für den Weltfrieden.

Bei Russland geht es in diesem Konflikt als Minimalziel um die Sicherung des Status als Großmacht sowie den Anspruch, dass seine Sicherheitsinteressen und somit seine staatliche Existenz berücksichtigt werden – maximal um die Beseitigung der westlichen Globaldominanz und, wenn möglich, um die Kontrolle über den post-sowjetischen Bereich und über Europa.

Für den Westen geht es um das Anhalten und bestenfalls Zurückdrehen der Uhr in Richtung der von den USA geführten unipolaren Weltordnung.
Mindestens aber um das staatliche Überleben der Ukraine und ihrer wie auch immer gearteten Anbindung an EU und NATO.

Die Realität einer Niederlage für die eine oder andere Seite wird jeweils irgendwo im breiten Spektrum liegen.

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