Die Sanktionen des Westens sind großartig für Russland und schlimm für Europa

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Michael Hudson, geboren 1939 in Chicago/USA, ist der Patensohn des russischen Revolutionärs Leo Trotzki, Ökonom und Buchautor. Er arbeitete als Finanzanalyst für verschiedene US-Großbanken an der Wall Street und ist Präsident des Instituts für langfristige Wirtschaftsentwicklung (ISLET) in New York City.
Bereits 2006 und damit ein Jahr vor dem Platzen der Finanzblase warnte Hudson in einem Artikel für das Harper’s Magazine vor Spekulationsexzessen auf dem US-Immobilienmarkt.
2019 war Michael Hudson Referent auf der XXIV. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin.

Über den Krieg in der Ukraine, Interessen der Finanzoligarchie, China als Hauptrivalen der USA und Europa als Opfer.

Ein Gespräch mit Michael Hudson

Interview: Simon Zeise

https://www.jungewelt.de/artikel/432033.imperialismus-die-sanktionen-des-westens-sind-gro%C3%9Fartig-f%C3%BCr-russland.html

Wirtschaftskrise und Krieg in der Ukraine: Es gibt auf globaler Ebene immer mehr politische Brandherde. Ihr neues Buch trägt den Titel »Schicksal der Zivilisation«. Was meinen Sie damit?

US-Präsident Biden hat gesagt, die Menschheit habe die Wahl zwischen Demokratie und Autokratie. Mit Demokratie meint er Oligarchie. Und Oligarchien werden immer von den Finanzmärkten dominiert. Für Biden geht Demokratie immer mit freien Märkten einher, definiert als staatliche Deregulierung und Neoliberalismus.
Auf der einen Seite steht also das Schicksal der Zivilisation, für das die Vereinigten Staaten in der Ukraine und gegen China und Russland kämpfen, um sie in einen neoliberalen Zustand zu bringen. Wenn Biden über Autokratien spricht, meint er eine Regierung, die stark genug ist, um die Übernahme durch den Finanzsektor zu verhindern. So wie es Rosa Luxemburg vor mehr als hundert Jahren sagte, ist es eine Frage von Sozialismus oder Barbarei.

Sie nennen die USA eine Oligarchie. Wenn ich die Mainstreammedien zur Kenntnis nehmen, lese ich nur von einer Oligarchie in Russland. Was ist nun richtig?

Die USA haben in den 90ern die sogenannte Schocktherapie in Russland angewendet *). Washington wollte, dass Manager öffentlicher russischer Unternehmen alles privatisieren, darunter die Energiekonzerne Gasprom und Yukos, aber auch viele andere Unternehmen sollten zu Geld gemacht werden.
Und da die Schocktherapie all die Ersparnisse in Russland vernichtet hatte, waren die USA und andere Hartwährungsländer der einzige Ort, an dem sie das privatisierte Eigentum verkaufen konnten. Das System, das in Russland als Demokratie verkauft wurde, war in Wirklichkeit eine Oligarchie.
Seit Präsident Wladimir Putin an der Macht ist, haben sie sich von dieser Oligarchie entfernt. Sie entwickeln sich in Richtung einer gemischten Wirtschaft.

In den Vereinigten Staaten hingegen herrscht die Finanzoligarchie. Es ist sehr ähnlich wie im alten Rom: Die Oligarchie hat in den Vereinigten Staaten damit begonnen, die Politik zu finanzieren. Wenn man in den Vereinigten Staaten für eine Wahl kandidiert, braucht man zahlungskräftige Spender. Und diese kommen hauptsächlich aus den großen Unternehmen, die mehrheitlich in der Hand von Finanzinstituten der Wall Street sind. Wenn man in den Vereinigten Staaten für ein Amt kandidiert, muss man einen Finanzier finden, und wenn sich jemand bereit erklärt, Hunderte von Millionen Dollar für einen zweijährigen Wahlkampf beizusteuern, muss man versprechen, eine Politik zu verfolgen, die die Geldgeber – in den USA nennt man sie die Geberklasse – unterstützen.

Was denken Sie über den Krieg in der Ukraine? Ist es ein imperialistischer Akt von Wladimir Putin oder trägt die NATO die Hauptverantwortung?

Der Krieg in der Ukraine begann 2014 mit einem Staatsstreich. Die Vereinigten Staaten unterstützten ihn, um eine Stellvertreterregierung zu installieren. Seit acht Jahren attackieren ukrainische Regierungstruppen die beiden russischsprachigen Provinzen Lugansk und Donezk. Im Frühjahr dieses Jahres plante Kiew dort einen einen Angriff auf Zivilisten – es wäre ein Blutbad gewesen. Russland ist nicht nur zum Schutz der russischsprachigen Bevölkerung, die angegriffen wurde, sondern auch zum Schutz vor der NATO in die Ukraine einmarschiert. Da die Atomwaffen direkt vor der Haustür Russlands standen, hatte Russland kaum eine andere Wahl.

Die Vereinigten Staaten und die EU stellen den Ukrainern Waffen zur Verfügung, damit sie kämpfen können. Das Ziel Washingtons ist es, Russland in der Ukraine militärisch zu binden. Moskau wird nicht in der Lage sein, China, den Hauptfeind der USA, militärisch zu unterstützen.
Die US-Strategie zielt also darauf ab, den Krieg in der Ukraine hinauszuzögern und ihn in Russland unpopulär zu machen, damit der Rückhalt für Präsident Putin schwindet. Das würde die Chance für einen Regime-Change steigern, und ein neuer US-höriger Typ Boris Jelzin könnte installiert werden.

Aber von einer starken Opposition in Russland ist nicht viel zu sehen.

Es war die Wunschvorstellung der Vereinigten Staaten, aber offensichtlich hat es nicht geklappt. Die Russen sind in der Lage, genug militärisches Material zu ersetzen, das in der Ukraine verbraucht wird. Die ukrainische Armee wurde zurückgetrieben, wird vom Westen mit Waffen beliefert und begeht Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung. Es sieht so aus, dass sie sich aus dem Osten des Landes zurückzieht.
Kiew weiß, dass Russland am Ende nicht nur Lugansk und Donezk haben wird, was die ursprüngliche Absicht war, sondern dass Moskau sich selbst schützen wird, indem es entlang der gesamten Südküste der Ukraine in Richtung Odessa vorrückt und sich vielleicht sogar mit Transnistrien verbindet.
Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij wollte ein Friedensabkommen unterzeichnen, damit die Ukrainer weiterhin für ihn stimmen. Aber die Vereinigten Staaten haben gesagt: Nein, ihr müsst weiterkämpfen.
Und offenbar haben die USA ihm zig Millionen Dollar auf seine Offshore-Konten überwiesen, wie es durch die Panama Papers sehr gut dokumentiert wurde.
Selenskij hat im Grunde genommen nur die Befehle Washingtons ausgeführt.

Militärisch und ökonomisch wäre ein langer Krieg ein Desaster. Wie schätzen Sie die Strategie Washingtons ein?

US-Präsident Biden hat angekündigt, dass der Krieg noch Jahre andauern wird. In dem Krieg geht es nicht nur um die Ukraine. Es ist ein Krieg, der China und jedes andere Land daran hindern soll, dass die Regierung die Macht über die Wirtschaft übernimmt, um ihre Gesellschaft zu entwickeln.
Der Krieg in der Ukraine ist nur eine Art Eröffnungsphase für das, was die Vereinigten Staaten beabsichtigen: einen dritten Weltkrieg.

Die NATO-Mitglieder hatten versprochen, zwei Prozent ihres BIP für das Militär auszugeben. Jetzt werden sie drei oder vier Prozent ausgeben, wegen der angeblichen russischen Bedrohung. Das Ergebnis ist, dass der Euro auf die Parität zum Dollar gefallen ist.
Die USA erwarten, dass der Euro um weitere 20 Prozent auf etwa 80 Cent fallen wird, damit die Kapitalflucht aus Europa und besonders aus Deutschland vorangetrieben wird. Die deutsche Industrie wird bedroht, weil sie kein russisches Gas mehr kaufen soll. Im Grunde genommen haben die Vereinigten Staaten den deutschen Politikern gesagt, sie sollen industriellen Selbstmord begehen. Und die deutschen Politiker sind Erfüllungsgehilfen der NATO.
Das Ergebnis ist, dass die Heizkosten von 100 Euro pro Gaseinheit auf 220 Euro steigen. Das wird dazu führen, dass Industriebetriebe pleite gehen und Investoren damit beginnen können, sie günstig aufzukaufen.

Glauben Sie, dass Russlands Wirtschaft wegen der westlichen Sanktionen zusammenbrechen wird?
Ganz im Gegenteil. Die Sanktionen des Westens sind großartig für Russland. Jedes Land, das von US-Sanktionen bedroht wird, ist gezwungen, sich selbst zu versorgen.

Vor einer Woche hielt Präsident Putin eine Rede, in der er sagte, dass die russische Regierung den Ersatz für Importe vorantreiben wird. Anstatt deutsche Autos zu importieren, wendet sich Russland nach China, um eine eigene Automobilindustrie zu entwickeln.
Russland ist nun sehr schnell dabei, die Abhängigkeit vom Westen oder bei Industriegütern durch eine eigene Produktion im Inland zu ersetzen.

Das einzige, was sie nicht gleichwertig produzieren können, sind Walt-Disney-Filme und italienische Handtaschen. Das soll heißen, es werden nicht die Luxusartikel in Massen zu haben sein, die man im Moskauer GUM-Kaufhaus sieht.
Aber die russische Wirtschaft wird im Grunde autark wer­den. Und so haben die Sanktionen nicht nur Russland dazu gebracht, wirtschaftlich unabhängig zu werden, sondern auch dem russischen Staatshaushalt durch die Verknappung von Öl und Gas Mehreinnahmen beschert.
Russland ist der große Nutznießer der deutschen Energieembargopläne. Je weniger Gas Russland verkauft, desto mehr Geld verdient es. Für russische landwirtschaftliche Produkte nicht mehr mit Euro und Dollar zu bezahlen, hat die Lebensmittelpreise enorm in die Höhe getrieben, wovon wieder Russland profitiert.
Der größte Nutznießer der gestiegenen Ölpreise sind allerdings die Vereinigten Staaten, weil sie den globalen Ölmarkt kontrollieren
und Ölkonzerne deshalb enorme Monopolprofite erzielen. Europa und der globale Süden leiden unter den Folgen.

Im Grunde ist es Washington egal, ob Russland den Krieg gewinnt, denn den USA ist es gelungen, ihre Konkurrenz in Europa, vor allem Deutschland auszuschalten.

Sie schreiben, dass die Ukraine nur ein Etappenziel und vielmehr China der größte Rivale der Vereinigten Staaten ist. Erklären Sie mir diesen Zusammenhang.

China entwickelt sich zu einem reichen Land, und die Wirtschaft wird auf die gleiche Weise aufgebaut, wie es die Vereinigten Staaten im späten 19. Jahrhundert gemacht haben: durch staatliche Subventionen, die Bereitstellung von Bildung und Gesundheit und vor allem von Geld und Kredit als öffentliches Gut.
Wenn die Bank of China Kredite vergibt, um den Bau von Gebäuden oder von Hochgeschwindigkeitszügen zu finanzieren, dann geschieht dies, um Geld in die Realwirtschaft oder die Produktions- und Konsumwirtschaft zu investieren. **)
Im Westen hingegen sind die Banken privatisiert, und Kredite werden vergeben, um bestehende Unternehmen und Immobilien zu übernehmen, die bereits vorhanden sind, nicht um die Produktionsmittel zu erweitern.
Der US-Finanzkapitalismus hat das Ziel, den industriellen Kapitalismus zurückzudrängen, der darin bestand, den Aufstieg der Rentiersklasse zu verhindern. Das US-Modell sieht vor, dass es keinen staatlichen Sektor mehr gibt. Der Finanzsektor soll die Macht der Monopole organisieren.

China bietet ein anderes Modell, und es ist eigentlich das alte Modell des industriellen Kapitalismus, das sich in Richtung Sozialismus entwickelt, weil das Finanzsystem für den öffentlichen Sektor bereitsteht. Die öffentliche Infrastruktur ist ein natürliches Monopol in China.
Anstatt dass eine renditesuchende Monopolklasse das Transportwesen, die Kommunikation oder die Elektrizitätsversorgung übernimmt, bietet China die Grundbedürfnisse kostenlos oder zu subventionierten Preisen an.
Die Rivalität zwischen den Vereinigten Staaten und China ist also keine zwischen zwei verschiedenen Industrienationen, sondern zwischen Wirtschaftssystemen.

Aber kommt es nicht auch in China zu Spekulationsblasen? Die größten Immobilienkonzerne des Landes sind pleite gegangen, die Zentralbank pumpt Milliarden in den Markt.

Das ist derzeit das große politische Thema in China. Die chinesische Volksbank hat Kredite an zwischengeschaltete Banken vergeben, die Geld im wesentlichen an Käufer von Wohnungen und Häusern verliehen haben. Ein Großteil davon waren Hypothekenkredite, die von Unternehmen gehalten wurden.
Da die Regierung der Gläubiger ist, ist die chinesische Regierung in der Lage, die Schulden einer Reihe großer Unternehmen zu tilgen.
Wenn ein US-Immobilienunternehmen seine Schulden nicht bezahlen kann, geht es in Konkurs und wird im Grunde genommen verscherbelt. Und wenn es sich um ein Industrieunternehmen handelt, wird eine Fabrik in eine Luxuswohnung oder etwas anderes verwandelt, das nichts mit Industrie zu tun hat.
Aber die chinesische Regierung sagt, Unternehmen werden nicht geschlossen. Die finanziellen Profiteure kommen nicht ungeschoren davon. Die chinesische Regierung hat erkannt, dass sie sich zu sehr von den USA beraten ließ, und nun versucht sie, den Hypothekenmarkt wieder zu verstaatlichen. Es soll gelingen, ohne einen wirtschaftlichen Zusammenbruch und einen Bankrott zu verursachen.
Beijing hat die Absicht, Immobilienmilliardäre zu belasten, aber nicht die einfachen Familien.

Das ist das genaue Gegenteil von dem, was Präsident Obama in den Vereinigten Staaten getan hat. Er rettete nach dem Zusammenbruch des Immobilienmarkts 2007 die windigen Banken und vertrieb fast zehn Millionen Familien aus ihren Häusern, die anschließend von privaten Kapitalgesellschaften aufgekauft wurden.
Um so eine Entwicklung zu verhindern, führt Beijing eine Art von Grundsteuer für Immobilienunternehmen ein. Der steigende Wert von Immobilien wird nicht als Hypothekenzinsen an die Banken gezahlt. Er wird als Steuer an die Regierung gezahlt.
Darüber gibt es derzeit im Land eine große Auseinandersetzung. Denn offensichtlich gibt es Interessengruppen in China, die möchten, dass die Regierung den Immobilienmarkt nicht reguliert und es bald so viele Milliardäre in China wie in Hongkong gibt. Beijing lässt das aber nicht zu.

Welche Maßnahmen ergreift Beijing, um den Aufstieg einer Finanzoligarchie zu verhindern?

Anschaulich wurde das der Öffentlichkeit vor Augen geführt, als Jack Ma versuchte, mit seinem IT-Unternehmen Alibaba das Kreditsystem Ant Financial aufzubauen. Beijing schob dem Plan einen Riegel vor. Die Regierung will verhindern, dass Kleptokraten eine Klasse bilden.
Nur eine sozialistische Regierung kann die Gesellschaft vor der Übernahme durch eine Finanzoligarchie schützen
.

Mein Buch basiert auf einer Reihe von Vorträgen und Treffen, die ich mit vielen chinesischen Beamten und Professoren hatte. Ich wollte erklären, was die klassischen Ökonomen und Marx darüber geschrieben haben, wie man eine Immobilienblase verhindern kann. Ich riet ihnen stets dazu, Band zwei und drei von Marx’ Kapital zu lesen, insbesondere die Theorien über den Mehrwert.

Die westlichen Sanktionen führen zu einer engeren Kooperation von China und Russland. Wird es zu einer wirtschaftlichen Entkoppelung vom Westen kommen und der Dollar seine Bedeutung als Leitwährung verlieren?

Schon vor dem Krieg in der Ukraine gab es Bestrebungen zur Dedollarisierung***). Ich hatte bereits Artikel zum Thema für den russischen Waldai-Club geschrieben, auf dessen Jahrestagung Präsident Putin stets teilnimmt. Mit offiziellen chinesischen Vertretern diskutiere ich bereits seit zehn Jahren darüber. Mein Buch über das Schicksal der Zivilisation ist im Grunde ein Handbuch, wie man die Dedollarisierung angehen kann. Niemand hatte erwartet, dass der Prozess so schnell in Gang gesetzt würde.
In den Gesprächen, die ich mit Russen und Chinesen führte, sagten sie mir: Das wird uns länger beschäftigen, es ist sehr schwierig, die Dedollarisierung durchzusetzen.
Aber Präsident Biden hat in dieser Hinsicht wie ein chinesischer Agent in den Vereinigten Staaten agiert. Washington hat alle Konten in Dollar und Euro eingefroren, also musste Russland sich aus dem Dollar-System verabschieden. Und das ist es, was dem russischen Rubel geholfen hat.
Die Absicht hinter den westlichen Sanktionen war, den Rubel-Kurs zum Einsturz zu bringen, um die russischen Importe zu verteuern. Die russische Oligarchie sollte sich von Putin distanzieren. Statt dessen konterte die russische Regierung und beschloss: Wenn wir nicht in Euro und Dollar für Öl, Gas, Titan und Aluminium bezahlt werden, muss der Westen eben in Rubel bezahlen. Und so hat der Rubel an Wert gewonnen. Man kann durchaus sagen, dass der Westen sich ins eigene Knie geschossen hat.

Die Staaten in der EU hatten wohl erwartet, dass sie profitable Geschäfte machen würden. Die Roh­stoffimporte aus Russland würden sich verbilligen, und Russland wäre vermehrt auf Importe aus der EU angewiesen, so die Kalkulation. Diese Pläne sind aber durch die Aggression der NATO und der USA beendet worden.
Das Resultat ist, dass Russland und China nicht mehr auf die USA und die EU angewiesen sind.

Und die Lohnabhängigen in Europa müssen im Winter frieren.
Biden will dafür sorgen, dass es im Winter sehr kalt wird, indem er jede Art von Friedensabkommen blockiert.
Und Russland hat es nicht eilig, den Krieg zu beenden oder ein Friedensabkommen abzuschließen.
Die Frage ist, wie Deutschland und der Rest Europas handeln werden, wenn einige ihrer Unternehmen pleite gehen und die Kosten für die Beheizung ihrer Häuser die Budgets sprengen.
Der Lebensstandard wird sinken, um den Krieg der NATO führen zu können.

Schock-Strategie_Naomi_Klein*: Siehe Naomi Klein: Schock-Strategie

**: und so Massenkaufkraft zu erzeugen.

***: Seit längerer Zeit wird dem Petrodollar schon das Ende prophezeit und der Begriff der Dedollarisierung taucht in immer mehr Quellen auf. Russland und China machen sich auf, sich vom US-Dollar zu lösen. Nicht im überhasteten Verkauf ihrer amerikanischen Staatsanleihen, sondern über die Stärkung der eigenen Währung und Beziehung zueinander. Seit Jahren besteht eine wachsende wirtschaftliche Partnerschaft zwischen beiden Ländern. Dieser Umstand ist vor allem dem Aufstieg der Volksrepublik China und dem gleichzeitigen Niedergang der Sowjetunion geschuldet. …
Dieser Aufstieg hat seine Wurzeln im radikalen ökonomischen Kurswechsel unter Deng Xiaoping Ende der siebziger Jahre. „Werdet reich“, war das Motto der Deng’schen Reformen, die China seitdem hohe Wachstumsraten bescheren und die Weltbank (etwas voreilig) dazu verleitet haben, die Ablösung der USA als größter Wirtschaftsmacht durch China für das Jahr 2020 vorauszusagen.

Mit Russland als Partner!

 

Gold- und US-Dollar-Bestände Chinas und Russlands: - Bildquelle: www.zerohedge.com

Gold- und US-Dollar-Bestände Chinas und Russlands: – Bildquelle: http://www.zerohedge.com

Mein Kommentar: Unsere Regierungsmitglieder, Volksvertreter, Pressezaren und Oligarchen sind schon eifrig dabei, ihr schäfchen ins trockene zu bringen, siehe Kahrs‘ Schließfach.
Wer was dagegen sagt, ist ein Spinner oder rechtsradikal.
Und ein großer Teil der Linken mittlerweile macht eifrig dabei mit.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Jochen

Victoria Nuland beaufsichtigte seit 2013 die US-Biowaffenprogramme in der Ukraine

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Victoria_NulandEs gibt in Deutschland immer noch Leute, die die Existenz solcher Labore in der Ukraine für russische Propagandalügen halten, obwohl die US-Regierung in Person von Victoria Nuland sich dabei längst verplappert hat. Ich habe bereits im März darüber berichet: https://josopon.wordpress.com/2022/03/06/russland-legt-beweise-fur-die-entwicklung-biologischer-waffen-in-der-ukraine-vor/
Interessant ist, welche Rolle dabei der Biden-Clan, insbesondere Hunter Biden, von Anfang an gespielt hat.
Auaf dessen Computer gab es eine Menge Datenmaterial dazu, um das sich aber kein relevantes US-Medium kümmert – die stürzen sich eher auf Daten über dessen Kontakte zu minderjährigen Mädchen, das ist natürlich viel interessanter.

Thomas Röper sind hier viele EInsichten zu verdanken, deshalb hier auszugsweise sein aktueller Artikel.
Auf RT DEutsch ist auch ein deutschsprachiges umfangreiches Video erschienen, das ich hier zur Verfügung stelle:
https://mega.nz/folder/6YdniI6I#ROZr7xgU4ZhYaqlGW9Y3Pg
Sollte der Link nicht funktionieren, bitte nachfragen.
Und hier Thomas Röper: https://www.anti-spiegel.ru/2022/victoria-nuland-beaufsichtigte-seit-2013-die-us-biowaffenprogramme-in-der-ukraine/

Die US-Biowaffenprogramme, die schon unter Präsident Bush Junior in der Ukraine gestartet wurden, wurden seit 2013 von Victoria Nuland beaufsichtigt.

In Russland ist ein Artikel von Igor Lukjanow über die US-Biowaffenprogramme in der Ukraine erschienen. Lukjanow ist nicht irgendwer, er ist einer der führenden Geopolitik-Experten Russlands und Chef des berühmten Valdai-Clubs, der auch im Westen bekannt ist, weil Präsident Putin sich dort alljährlich in einer mehrstündigen Podiumsdiskussion den Fragen der anwesenden Experten stellt.
Bevor wir zu dem Artikel von Lukjanow kommen, will ich kurz daran erinnern, dass die US-Biowaffenprogramme in der Ukraine keineswegs „russische Propaganda“ sind, sondern viele Informationen darüber bis vor kurzem öffentlich auf der Seite des Pentagon und anderer US-Behörden zugänglich waren. Sie wurden erst gelöscht, als das russische Verteidigungsministerium ab Ende Februar begonnen hat, in der Ukraine sichergestellte Unterlagen über die Programme zu veröffentlichen.

Die Chronologie der russischen Veröffentlichungen

Schon Anfang März hat das russische Verteidigungsministerium Dokumente veröffentlicht, die belegt haben, dass die Ukraine nach Beginn der russischen Militäroperation in aller Eile gefährliche Krankheitserreger vernichtet hat. Im Westen wurde derweil bestritten, dass es dieser Krankheitserreger in der Ukraine überhaupt gegeben hätte. Und ebenfalls Anfang März hat das russische Verteidigungsministerium Details über die Krankheitserreger veröffentlicht, an denen geforscht wurde und auch mitgeteilt, welche amerikanischen Organisationen daran geforscht haben.

Was Anfang März noch „russische Propaganda“ war, hat die stellvertretende US-Außenministerin Nuland ein paar Tage später bei einer Anhörung im US-Parlament unter Eid grundsätzlich bestätigt, aber die westlichen Medien hielten das nicht für berichtenswert. Auch dass die WHO Kiew wiederum nur ein paar Tage später, mittlerweile war Mitte März 2022, aufgefordert hat, „hochgefährliche Krankheitserreger“ zu vernichten, die Kiew laut westlichen Medien und Politikern angeblich gar nicht hatte, fanden die westlichen Medien nicht interessant genug, um darüber zu berichten. Daher weiß davon im Westen auch kaum jemand, während russische Medien im Detail darüber berichtet haben.

Ende März hat das russische Verteidigungsministerium weitere Details und Dokumente zu dem US-Biowaffenprogramm in der Ukraine veröffentlicht, aus denen unter anderem hervorging, dass unter anderem eine New Yorker Firma namens Rosemont Seneca an der Finanzierung beteiligt war. Stammlesern des Anti-Spiegel ist die Firma ein Begriff, denn sie hat in einem anderen Zusammenhang eine wichtige Rolle in der Ukraine gespielt. Die Firma gehört übrigens Hunter Biden, dem Sohn des US-Präsidenten.

Wie kurz danach öffentlich wurde, haben die US-Spezialisten in der Ukraine auch Tests an Menschen durchgeführt. Weitere Details wurden Mitte April und Anfang Mai veröffentlicht.
Außerdem hat der ehemalige US-Präsident Bush Junior die Existenz der unter die ihm in der Ukraine begonnenen US-Biowaffenprogramme vor wenigen Tagen, wenn auch unfreiwillig, zugegeben.

Nach dieser Einleitung kommen wir zu dem aktuellen Artikel von Igor Lukjanow, den ich übersetzt habe. Die in dem Artikel gesetzten Links habe ich aus dem Original übernommen, außerdem habe ich an einigen Stellen in Klammern als Anmerkungen gekennzeichnete Kommentare mit weiteren Hintergrundinformationen beigefügt.

Beginn der Übersetzung:

Victoria Nuland hat die US-Biowaffenprogramme in der Ukraine geleitet

Irina Jarowaja, stellvertretende Vorsitzende der Staatsduma und des parlamentarischen Ausschusses zur Untersuchung der Aktivitäten der US-Biolabors in der Ukraine, erklärte Anfang April, dass die US-Stellvertretende US-Außenministerin für politische Angelegenheiten, Victoria Nuland, im Einvernehmen mit dem russischen Außenministerium offiziell eingeladen worden sei, während ihrer Europareise vom 2. bis 9. April Moskau zu besuchen.

Russische Abgeordnete und Senatoren wollten ihr Fragen zu den militär-biologischen Aktivitäten der USA in der Ukraine stellen, einschließlich der Aktivitäten von US-Spezialisten und der Beteiligung des Pentagons an der Finanzierung von Biolabors. Immerhin war sie eine der ersten, die unter Eid offiziell die Anwesenheit von US-Forschungszentren auf ukrainischem Gebiet bestätigt hat. (Anm. d. Übers.: Darüber habe ich berichtet, den Artikel mit dem Wortlaut von Nulands Aussagen und allen Quellen finden Sie hier)

Am 8. März sagte Nuland unter Eid vor dem US-Parlament unter anderem:

„Die Ukraine verfügt über biologische Forschungseinrichtungen, von denen wir in der Tat befürchten, dass russische Truppen, russische Streitkräfte versuchen könnten, die Kontrolle darüber zu erlangen.“

Der Kampf gegen Russland als Sinn des Lebens

Nuland weiß sicher, wovon sie spricht, und sie weiß genau, was die biologischen Zentren des US-Militärs in der Ukraine tun. Von 1993 bis 1996 arbeitete sie im Büro von Unterstaatssekretär Strobe Talbott, wo sie sich unter dem Vorsitz von Senator Richard Lugar mit der NATO-Erweiterung und dem Vorgehen gegen Russland befasste und direkt für das nukleare Abrüstungsprogramm in der Ukraine, Kasachstan und Weißrussland verantwortlich war. Vereinfacht gesagt, nutzte die Mitarbeiterin des Außenministeriums die Schwäche der damaligen russischen Führung aus, um die Verteidigungsfähigkeit Russlands und der ehemaligen Sowjetrepubliken gezielt zu zerstören.
Im Sommer 2011 wurde Nuland in der Regierung von Barack Obama Sprecherin des Außenministeriums und im September 2013 wurde sie von John Kerry zur Stellvertretenden Außenministerin für europäische und eurasische Angelegenheiten ernannt, wo sie sich intensiv mit der Ukraine-Frage befasste. Damals erklärte sie, die USA hätten fünf Milliarden Dollar in die Ukraine investiert, um ihr „die Zukunft zu sichern, die sie verdient.“ Dieser Betrag umfasste auch die Finanzierung der Biolabore des Pentagons, die seit 2005 in vielen ukrainischen Städten betrieben werden. (Anm. d. Übers.: Hier finden Sie die Rede, in der Nuland von den fünf Milliarden gesprochen hat)

Die kolossalen Gelder wurden über mehrere Kanäle verteilt: Neben dem Verteidigungsministerium waren auch die US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID), die Stiftung von George Soros, das Zentrum für Seuchenkontrolle und -prävention und seit April 2014 auch der Investmentfonds Rosemont Seneca von Hunter Biden, dem Sohn des derzeitigen US-Präsidenten Joe Biden, der damals Vizepräsident war, an dem System beteiligt. *) Hier ist anzumerken, dass Rosemont Seneca Partners 2009 von Hunter Biden und Christopher Heinz, dem Stiefsohn des ehemaligen Außenministers und Chefs von Nuland, John Kerry, gegründet wurde. (Anm. d. Übers.: Die Firma von Hunter Biden ist für Anti-Spiegel-Leser keine unbekannte, hier finden Sie Hintergründe)

„Vergiftete Freiheits-Kekse“

Laut dem ehemaligen ukrainischen Ministerpräsidenten Mykola Asarow, der das Amt unter Präsident Viktor Janukowitsch innehatte, war einer der Gründe für den Maidan 2013/2014 der Wunsch der damaligen ukrainischen Regierung, eben diese Labors zu schließen. Und es war Nuland, die dabei eine wichtige Rolle spielte. Ab Beginn der Massenunruhen in Kiew zum Jahreswechsel 2013/2014 hat sie die Ukraine regelmäßig alle drei bis vier Wochen besucht. Am 11. Dezember 2013 besuchte die stellvertretende Außenministerin den Maidan in Kiew, wo sie Kekse, Brötchen und Backwaren an die Demonstranten verteilte.
Am 7. Februar 2014 geriet Nuland in den Mittelpunkt eines diplomatischen Skandals, als ein Mitschnitt eines Telefongesprächs mit dem US-Botschafter in der Ukraine, Geoffrey Pyatt, im Internet veröffentlicht wurde. Während des Gesprächs mit ihrem Untergebenen erklärte Nuland ihm deutlich, welche ukrainischen Politiker in die Post-Maidan-Regierung aufgenommen werden sollten und wen man „über Bord gehen“ lassen müsse. (Anm. d. Übers.: Das war das berühmte „Fuck-the-EU-Telefonat, das damals auch in Deutschland Schlagzeilen gemacht hat. Aber die Medien haben dabei verschwiegen, worum es in dem Telefonat tatsächlich ging: Nuland hatte entschieden, wer die Ukraine nach dem Willen der USA regieren sollte, was dann auch umgesetzt wurde. Der im Westen als „demokratische Revolution“ präsentierte Maidan war in Wirklichkeit ein von den USA inszenierter Putsch, bei dem Nuland schon Wochen vorher entschieden hatte, wer nach dem Maidan in der Ukraine regieren sollte)

In seiner Position überwachte der amerikanische Botschafter auch die Zuweisung von Mitteln für die Einrichtung und den Betrieb von Biolabors im Rahmen des „Cooperative Threat Reduction Programme“ des Pentagon. Unter seiner direkten Beteiligung wurde 2015 in Charkiw am Institut für experimentelle und klinische Veterinärmedizin ein geschlossenes Labor eingerichtet, das sich in einem der Kellerräume des Instituts befindet. Das Laborpersonal bestand aus englischsprachigen Ausländern, überwiegend US-Bürgern. Die regulären ukrainischen Mitarbeiter hatten keinen Kontakt mit ihnen und hatten keinen Zugang zu den Laborräumen, zu denen man mehrere Filterstufen durchlaufen musste.
(Anm. d. Übers.: Bei der Biowaffenforschung der USA in der Ukraine ging es seit 20 Jahren zum großen Teil um zoonotische Krankheitserreger, die der breiten Masse erst durch Covid-19 ein Begriff geworden sind)

Die diplomatische Vertretung der USA überwacht traditionell die Arbeit der US-Biolabors „vor Ort“. So weihte Pyatts Vorgänger, Botschafter John Tefft, am 20. Mai 2013 in Kiew ein Biolabor mit der Bezeichnung BSL-2 Biohazard Diagnostic Training Centre for Animal Diseases (RTCADD) ein, für dessen Eröffnung das Pentagon über zwei Millionen Dollar bereitgestellt hat.

Dieses Labor wurde am Institut für Veterinärmedizin der Nationalen Akademie der Agrarwissenschaften der Ukraine eingerichtet. Das Institut verfügt über eine einzigartige Sammlung von mikrobiologischen Stämmen für veterinärmedizinische Zwecke, die noch aus der Sowjetzeit stammt und eine der größten in der Sowjetunion war. Mehr als 1.500 Stämme und Isolate von Mikroorganismen und Mykotoxinstandards waren in der Sammlung und in der laufenden Arbeit enthalten. Fast 1.400 davon sind zoonotische Erreger der Pathogenitätsgruppe 2.
Insgesamt haben die USA seit 2005 mehr als 200 Millionen Dollar für ihre militär-biologischen Experimente in der Ukraine bereitgestellt und es wurden 46 Biolabore sowie Forschungs- und Diagnosezentren eingerichtet. All das zeigt das große Ausmaß der Aktivitäten der militärischen Biotechnologen des Pentagons. (Anm. d. Übers.: Wie eingangs erwähnt, waren viele dieser Informationen früher noch auf der Webseite des Pentagon zu finden und sind erst nach den ersten Veröffentlichungen aus Russland entfernt worden. Eine Auswahl der noch im Internetarchiv sichtbaren Factsheets des Pentagon finden Sie in diesem Artikel)

Nach dem Maidan konnte Nuland schnell die für sie nötigen Leute in der Regierung des „Schokoladen-Oligarchen“ Petro Poroschenko platzieren: Natalia Jaresko, US-Bürgerin und ehemalige Mitarbeiterin des US-Außenministeriums, wurde Finanzministerin, und Alexander Kvitaschvili, ein georgischer Staatsbürger, wurde Gesundheitsminister, der 2016 von Uljana Suprun, einer US-Bürgerin, abgelöst wurde.

Menschenversuche

Über Suprun hat Victoria Nuland begonnen, offen Lobbyarbeit für die Interessen amerikanischer Pharmakonzerne zu betreiben, die daran interessiert waren, an der ukrainischen Bevölkerung mit experimentellen Impfstoffen und Medikamenten zu experimentieren. Zu den größten Auftraggebern dieser Studien gehören Gilead Sciences, Merck und Pfizer.
So wurde 2017 mit Unterstützung der ukrainischen Gesundheitsministerin die Entscheidung durchgesetzt, das von Gilead Sciences hergestellte Sofosbuvir und die Kombination aus Ledipasvir und Sofosbuvir in die nationale Liste der empfohlenen Arzneimittel aufzunehmen. Das geschah entgegen der Entscheidung des Expertenausschusses für die Auswahl und Verwendung von Arzneimitteln des ukrainischen Gesundheitsministeriums, der sich am 21. Dezember 2016 aufgrund ihrer hohen Kosten und unzureichender Statistiken über ihre Verwendung weigerte, diese Arzneimittel in die nationale Liste aufzunehmen.
(Anm. d. Übers.: Sofosbuvir wird zur Behandlung einer chronischen Hepatitis C bei Erwachsenen eingesetzt und hemmt die RNA-abhängige RNA-Polymerase)

Die Mitglieder des Ausschusses gaben offen zu Protokoll, dass das Medikament auf persönlichen Wunsch der geschäftsführenden Gesundheitsministerin auf die Liste gesetzt wurde.
Der Beitrag von Suprun zur Lobbyarbeit für die Interessen der US-Pharmaindustrie wird durch ein Schreiben des Sachverständigenausschusses an die Delta Medical Promotions AG bestätigt, die als Vertreterin der Gilead Sciences Corporation in der Ukraine fungiert. Darin heißt es eindeutig, dass die Aufnahme von Sofosbuvir in die nationale Liste nur aufgrund der „politischen Entscheidung der geschäftsführenden Ministerin U. Suprun“ möglich wurde.

Gilead Sciences war auch schon vorher in zahlreiche Skandale verwickelt, bei denen es um tödliche Versuche mit experimentellen Substanzen an Einwohnern ehemaliger Sowjetrepubliken, insbesondere in Georgien, ging. Der ehemalige georgische Minister für Staatssicherheit, Igor Giorgadse, hat Dokumente veröffentlicht, die zeigen, dass im Labor des Lugar-Zentrums in Georgien unter der Aufsicht von US-Militärmedizinern tödliche Experimente an georgischen Bürgern durchgeführt wurden.
Die Verbindung zwischen dem Pentagon und Gilead Sciences ist mehr als offensichtlich: Großaktionär war der ehemalige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der in der Ukraine-NATO-Kommission unter der Regierung von Viktor Juschtschenko eng mit Nuland zusammengearbeitet hat. (Anm. d. Übers.: Rumsfeld war Chef von Gilead Sciences, bevor er unter Bush Junior Verteidigungsminister wurde und hat 2005 viel Geld verdient, als die Nachfrage nach Tamiflu im Zuge der Vogelgrippe 2005 zu einem starken Anstieg des Börsenkurses von Gilead Sciences geführt hat. Und zum Lugar-Zentrum in Georgien finden Sie hier weitere Informationen)

Laut den von Giorgadse veröffentlichten Dokumenten wurden die von Gilead Sciences entwickelten Medikamente Harvoni und Sovaldi an lebenden Menschen getestet. Im Studienbericht heißt es, dass am 30. Dezember 2015 im Zuge der Sovaldi-Studien 30 Menschen gestorben sind – ihre Namen sind nicht bekannt, die Probanden werden in den Berichten mit Codenummern bezeichnet. Bei dem Wirkstoff in Sovaldi handelt es sich um Sofosbuvir, das dank der Bemühungen von Suprun in der Ukraine zugelassen wurde.
Die zahlreichen Todesfälle bei Menschenversuchen hielten die Mitarbeiter des US-Außenministeriums jedoch nicht davon ab, die Versuche einfach von Georgien in ein gehorsameres Land zu verlegen. Im November 2021 leiteten zwei weitere US-Pharmaunternehmen, Merck und Pfizer, mit Nulands Zustimmung klinische Versuche an Ukrainern ein. Die Versuche mit MK4482-013 Lagevrio-Tabletten (Molnupiravir) von Merck begannen im Studentenkrankenhaus des Stadtrats von Charkiw, und auch PF-07321332 (Paxlovid) von Pfizer wurde in der Bevölkerung getestet.

Die Experimente des Pentagon in der Ukraine sind ein geschlossener Teil der Programme der Defense Threat Reduction Agency (DTRA) unter dem gemeinsamen Codenamen UP , der für „Ukrainian Project“ steht.
Im Gegenzug für die Einrichtungen und die Möglichkeit, ihre Entwicklungen an ukrainischen Bürgern zu testen, rüstete die US-Seite die Labors des sanitär-epidemiologischen Dienstes der ukrainischen Streitkräfte auf. UP-3, UP-5, UP-6, UP-8 und andere biologische Projekte werden seit mehreren Jahren in der Ukraine unter der Aufsicht von DTRA-Spezialisten des US-Verteidigungsministeriums, US-Biologen der Universität Louisville und des US Army Infectious Diseases Research Institute (USAMRIID) durchgeführt. Während dieser Studien übergaben ukrainische Wissenschaftler Stämme von biologischen Kampfstoffen (Hantaviren, Krim-Kongo-Fieber-Virus, Rickettsien und Coxiella-Burnetti-Bakterien) und Proben ukrainischen Biomaterials an ihre westlichen Vorgesetzten. Das UP-3-Projekt wurde von Julio Ramirez, Professor für Medizin, und Professor Christopher Johnson von der University of Louisville sowie von Dr. Connie Schmaljohn vom US Army Institute of Infectious Diseases geleitet. Im November 2019 wurde Schmaljohn Direktorin des wichtigsten Biolabors des Pentagons in Fort Detrick, Maryland, das für Milzbrandlecks und ungeklärte Ausbrüche von Pocken und anderen tödlichen Infektionen berüchtigt ist.

Im Rahmen des UP-8-Projekts („Ausbreitung des Virus des hämorrhagischen Krim-Kongo-Fiebers (CCHFV) und von Hantaviren in der Ukraine und potenzieller Bedarf an Differenzialdiagnosen bei Patienten mit Verdacht auf Leptospirose“) wurden bei gesunden Militärangehörigen der ukrainischen Streitkräfte in Biolabors Seroprävalenzstudien zu Hantaviren durchgeführt. Militärbiologen führten Experimente an ukrainischen Soldaten durch und entnahmen Blutproben von über 4.000 Soldaten. Dabei wurde der Tod von Versuchspersonen im Verlauf der Experimente in Kauf genommen. Die gesammelten Informationen wurden ebenfalls in die USA gebracht.
Es ist möglich, dass das Pentagon im Rahmen eines dieser Projekte im Jahr 2017 dringend 12 Proben von Ribonukleinsäure (RNA) und 27 Proben von Synovialflüssigkeit anschaffen musste. Dabei mussten die Proben auf jeden Fall von Spendern aus Russland stammen, die alle der kaukasischen Rasse angehören. (Anm. d. Übers.: In der Biologie bedeutet „kaukasisch“, dass es sich um Europäer handelt)

Es besteht kein Zweifel daran, dass niemand vorhatte, diese endlosen medizinischen Experimente an ukrainischen Bürgern zur Entwicklung neuer Arten von Biowaffen unter dem Deckmantel aller möglichen „Immunitätsstudien, Resistenz gegen Viren, Seroprävalenz von Antikörpern“ zu stoppen. Die Ukraine ist für Washington als Quelle von kostenlosem Menschenmaterial interessant, das aus Armut und Verzweiflung zu allem bereit ist.

Am 30. April erklärte Wladimir Ermakow, Leiter der Abteilung für Nichtverbreitung und Rüstungskontrolle des russischen Außenministeriums, dass Victoria Nuland erneut zu einer Sitzung der parlamentarischen Kommission zur Untersuchung der US-Biolabors in der Ukraine eingeladen werde. Die Fragen der Kommission wurden Nuland zuvor auf diplomatischem Wege zur Kenntnis gebracht. Die Parlamentarier wollten wissen, wer und wann die Entscheidung getroffen hat, militär-biologische Zentren der USA in der Ukraine einzurichten, wer sie beaufsichtigt hat, gegen welche ethnischen Gruppen die Forschungen durchgeführt wurden, welche der entwickelten Stämme als Biowaffen eingestuft wurden, warum entsprechende Forschungen auf dem Territorium der USA verboten wurden und so weiter.
Doch die wichtigste Kämpferin der „Kekse-Demokratie“ konnte sich nicht dazu durchringen, diese Fragen zu beantworten und den daran interessierten Russen, und nicht nur ihnen, Erklärungen zu geben. Das bedeutet, dass Victoria den „Ehrlichkeitstest“ nicht bestanden hat.
Der Grund dafür ist, dass sie nicht nur vor den Russen, sondern auch vor den Europäern oder Chinesen etwas zu verbergen hat. Das Pentagon möchte auf keinen Fall, dass die Wahrheit über seine Rolle bei der Verbreitung tödlicher Virusinfektionen in der Welt bekannt wird.

Ende der Übersetzung

Man beachte den letzten Satz, denn in Russland wird – im Gegensatz zum Westen – die These, dass Covid-19 ein von amerikanischen Forschern geschaffenes Virus ist, von Experten offen diskutiert.

Inside_Corona*: Mehr zu diesen Organisationen findet sich in Röpers aktuellem Buch:
Inside Corona – Die Pandemie, das Netzwerk und die Hintermänner – Die wahren Ziele hinter Covid-19.

 

Dazu ganz aktuell passend eine Analyse von Dagmar Henn:

US-Biolabore – Indonesien legt Karten auf den Tisch

https://rtde.live/international/139589-us-biolabore-indonesien-legt-karten-auf-tisch/

dagmar henn

dagmar henn

Die USA verteilen militärische Biolabore so gern wie Militärstützpunkte. In weiten Teilen der Welt wird das inzwischen nicht mehr gern gesehen. In Indonesien verfolgt man aufmerksam, was über diese Labore erzählt wird.

In Deutschland kommt sie nicht wirklich an, die Debatte um die US-Biolabore, die die russische Regierung mit ihren Funden in der Ukraine losgetreten hat. Russische Desinformation, heißt es da gerne. Der Grund für diese zögernde Wahrnehmung dürfte aber nicht nur in dem Anfall von Nibelungentreue liegen, der das Land zurzeit im Griff hält, sondern mindestens ebenso sehr in der Tatsache, dass Deutschland, wenn es um Fragen des pharmazeutisch-militärisch-industriellen Komplexes (PMIK) geht, zu den Profiteuren gehört.

In Indonesien beispielsweise sieht das ganz anders aus. Dort hatte schon im April ein Hinweis des Kommandeurs der russischen ABC-Truppen, Igor Kirillow, eigene Recherchen des Nachrichtenportals Detik ausgelöst, das immerhin eines der größten Medien des 200 Millionen Einwohner zählenden Staates ist. Und vor wenigen Tagen hat nun die ehemalige Gesundheitsministerin Indonesiens, Siti Fadilah Supari, noch einmal nachgelegt und geäußert, sie halte es für wahrscheinlich, dass kostenlose Behandlungen auf einem Schiff der US-Marine im Jahr 2016 ein Vorwand waren, um an Proben aus Indonesien zu kommen. Genaugenommen lautet der Vorwurf, es seien über dreißig Patienten illegal Proben entnommen worden und zudem habe das US-Militär ohne Genehmigung indonesischer Behörden mehrere tollwutkranke Hunde auf einer der indonesischen Inseln erworben.

Auf den ersten Blick klingt dieser Vorwurf albern. Blut- oder Gewebeproben von dreißig Indonesiern? Was ist daran ein so großes Vergehen? Dahinter steckt aber eine lange und heftige Auseinandersetzung mit dem Kern des PMIK rund um die WHO, die bis in die Amtszeit von Fadilah Supari zurückreicht.

Seit 1970 befand sich in Indonesien eine Forschungseinrichtung der US-Marine, NAMRU-2, ausgeschrieben Naval Medical Research Unit oder medizinische Forschungseinheit der Marine. Die Einheit existiert immer noch und arbeitet heute in Phnom Penh. Eigenen Angaben zufolge befasst sie sich mit „Atemwegserregern (vor allem Influenza), Magen-Darm-Erkrankungen, resistenten Wundinfektionen, fiebrigen Erkrankungen, Denguefieber, Chikungunya und Malaria.“ Weiter heißt es zur aktuellen Tätigkeit: „NAMRU-2 PP sammelt und bestimmt jährlich über 5.000 Proben und verteilt die daraus erhaltene Information an kambodschanische Partner und solche der US-Regierung.“

Auf den ersten Blick klingt das unschuldig, obwohl die Tatsache, dass es sich um eine militärische Einrichtung handelt, doch etwas irritiert. Fadilah Supari jedenfalls durfte als amtierende indonesische Gesundheitsministerin die Einrichtung nicht betreten, obwohl sich diese sogar auf einem Grundstück des Gesundheitsministeriums befand; sie benennt dies als einen der Gründe, warum sie letztlich dafür sorgte, dass NAMRU-2 Indonesien im Jahr 2010 verlassen musste.

Partner der US-Regierung gibt es viele, und genau hier beginnt alles sehr, sehr undurchsichtig zu werden, und die indonesische Auseinandersetzung zeigt, dass die Frage biologischer Waffen nur ein Bruchteil des Problems ist. NAMRU behält sich vor, das gesammelte Material auch zur kommerziellen Nutzung weiterzureichen, denn „Partner der US-Regierung“ sind nicht nur diverse suspekte Forschungseinrichtungen, die sich mit Dingen wie Gain-of-Function-Forschung befassen, sondern auch Pharmakonzerne.

Die Variante der Vogelgrippe H5N1, die in Indonesien unter Beobachtung stand, galt als besonders gefährlich und als möglicher Kandidat für eine Pandemie. Zwischen 2005 und 2007 kam es zu einem Ausbruch in insgesamt 116 Fällen, von denen 94 tödlich verliefen; zwar waren darunter Fälle, in denen der Übertragungsweg unklar war, in keinem Fall jedoch eine nachgewiesene Übertragung von Mensch zu Mensch.

„Gemäß der Politik der WHO“, so Fadilah Supari zusammen mit anderen Autoren in einem Aufsatz von 2008, der die indonesische Sicht auf den Konflikt erläuterte, „wurden Proben der positiven menschlichen Fälle der Influenza A (H5N1) an die WHO geschickt, in diesem Fall – wie es das indonesische Gesundheitsministerium entschied – an die Zentren der Zusammenarbeit der WHO beim US-CDC in Atlanta (über die Naval Medical Research Unit 2 in Djakarta) und an das Referenz-Labor der WHO für H5 an der Universität Hongkong. Über ein Jahr hinweg schickte Indonesien Proben von insgesamt 56 H5N1-positiven menschlichen Fällen an diese zwei mit der WHO verbundenen Labore.“

Im Gegensatz zu den von der WHO verbreiteten Richtlinien wurden die indonesischen Wissenschaftler, die die Proben entnommen hatten, aber weder an den Forschungen beteiligt noch auch nur als Koautoren erwähnt. Als weitaus schwerwiegender erwies sich allerdings der Abschnitt in den WHO-Richtlinien, der besagte: „Es wird keine weitere Verbreitung der Viren/Proben außerhalb des Netzwerks der WHO-Referenzlabore ohne Genehmigung des Ursprungslandes/ -labors geben.“

Denn nirgends wurde genauer erklärt, wer alles zu den „WHO-Referenzlaboren“ zählt; und, so der Aufsatz, „alle diese Labore waren in Industrieländern, und der Begriff für sie wurde mehrmals geändert, von „globalen Forschungslaboren“ zu „wichtigen, nicht kommerziellen Forschungslaboren“ bis zu „wichtigen steuernden Laboren“.

Ende 2006 bestätigte ein Journalist dem indonesischen Gesundheitsministerium, dass ein australisches Pharmaunternehmen einen Impfstoff entwickeln wolle, der auf einem Virustyp aus einer indonesischen Probe beruht. Diesen Virustyp konnte die Firma nur über die WHO erhalten haben. Das löste in Indonesien Empörung aus.

„Länder, die unter Krankheiten leiden, und die meist Entwicklungsländer sind, liefern Informationen und teilen biologische Proben/ Viren mit dem WHO-System; dann erhält die Pharmaindustrie der entwickelten Länder kostenlosen Zugang zu diesen Informationen und Proben und produziert und patentiert Produkte (Diagnostika, Impfungen, Heilmittel oder andere Technologien), die sie dann zu unbezahlbaren Preisen an die Entwicklungsländer zurück verkauft.“

Ähnliche Konflikte gab und gibt es auch in anderen Bereichen; bezogen auf Saatgut beispielsweise, wenn jahrhundertelange Entwicklungen indigener Völker abgegriffen werden, um dem industriellen Saatgut wieder gewisse Resistenzen zu verleihen, das Ergebnis dann aber patentiert wird. Oder wenn pharmazeutische Unternehmen Substanzen aus der traditionellen Medizin übernehmen; was manchmal bis zu der Konsequenz führt, dass die ursprünglichen Entwickler dank eines erteilten Patents ihre eigene Entwicklung gar nicht mehr legal nutzen dürfen. Es sind im Grunde Variationen über das immer gleiche Thema kolonialer Verhältnisse, nur dass die Anwendungsbereiche heute wesentlich vielfältiger sind als im 19. Jahrhundert und bis in das menschliche Genom hinein reichen können.

Fadilah Supari reagierte jedenfalls auf diese Situation und verankerte im indonesischen Recht die Vorgabe, dass Proben jedweder Art Indonesien nur dann verlassen dürfen, wenn ein Material Transfer Agreement, das heißt eine Übereinkunft zum Materialtransfer, abgeschlossen wurde, die eine kommerzielle Nutzung des Materials untersagt. Gleichzeitig versuchte sie, allerdings erfolglos, die Position der Ursprungsländer innerhalb der WHO zu verbessern.

Diese Pflicht zum Abschluss eines Material Transfer Agreement ist es, die die Frage, ob ein Klinikschiff der US-Marine im Jahr 2016 während eines gemeinsamen Manövers Proben indonesischer Kranker abgegriffen hat, zu einem hochpolitischen Thema macht. Was Fadilah Supari während ihrer Amtszeit aufgeworfen hatte, war nichts weniger als die Frage der Souveränität.

NAMRU-2 musste in Indonesien jedenfalls im Jahr 2010 schließen. In den Jahren seines Bestehens lieferte es allerdings schon vor den Proben der Vogelgrippe unzählige Proben verschiedenster Erreger in die USA, unter anderem nach Los Alamos, sowie eben an „Partner der US-Regierung“, heißen sie nun Pfizer oder Gilead.

Von der US-Seite werden die Vorwürfe, die Supari auch in Form eines internationalen Bestsellers veröffentlichte, mit dem Etikett „Verschwörungstheorie“ versehen. Ein besonders hübsches Exemplar einer solchen Reaktion findet sich auf der Webseite des Zentrums zur Erforschung von Infektionskrankheiten der Universität Minnesota, passend dekoriert mit Sponsoren wie Wellcome, Merck und Gilead. Zugegeben, dieser Text, der die Kooperation zwischen WHO und pharmazeutischer Industrie zum Nachteil der Entwicklungsländer ins Reich der Fantasie verweist, stammt aus dem Jahr 2008. Inzwischen ist man jedoch eine Schweinegrippe und eine Coronapandemie klüger.

Tatsächlich unterscheidet sich der Umgang mit dem Erregermaterial aus Entwicklungsländern nicht grundsätzlich von den Manövern, die man beim Thema Klimawandel oder selbst jetzt im Zusammenhang mit der Frage der Ernährungssicherheit beobachten kann. Es lohnt sich durchaus, einen „kommenden“ Erreger früh abzugreifen und dann ein Patent auf einen Impfstoff in der Hand zu haben, oder auf ein Nachweisverfahren. Das mag in vielen Fällen eine Fehlspekulation sein, aber die Kosten halten sich, seit ganze Gensequenzen aus dem Drucker laufen können, in sehr engen Grenzen, wohingegen die möglichen Gewinne astronomisch sind.

Eine Beteiligung der Ursprungsländer an all dem wäre aus zwei Gründen hinderlich. Zum einen, weil sie den Gewinn schmälern würde, zum anderen aber, weil diese Länder womöglich die Bekämpfung einer Krankheit für wichtiger halten als ihre maximale ökonomische Verwertung. Eine Idee, die – das konnte man bei COVID-19 am Umgang mit möglichen Heilmitteln sehen – bei den Profiteuren der Krankheitsverwertung nicht sehr beliebt ist.

Das Misstrauen, das solche Verhältnisse auslösen, ist überaus berechtigt. Schließlich verhält sich der kollektive Westen, wie man gerade am Beispiel der Nahrungsmittelversorgung sehen kann, nicht anders als jeder Schutzgelderpresser – er schafft erst das Problem, vor dem er dann Rettung bietet, um den kleinen Preis langfristiger Abhängigkeit. Warum sollte das im Umgang mit biologischem Material anders sein?

Bei den ungeheuren Gewinnmargen, von denen wir hier reden (allein die Differenz zwischen den 2,50 Euro, die ein PCR-Test in Österreich kostet, und den 60 Euro, die in Deutschland dafür gezahlt werden, reicht als Illustration) ist die Versuchung groß, dem Geschäft ein wenig nachzuhelfen. Würde man wirklich für jeden Milliardär oder Möchtegernmilliardär die Hand ins Feuer legen?

Die Übergänge zwischen der ökonomischen Nutzung und dem Einsatz als biologische Waffe sind unter diesen Voraussetzungen notwendigerweise fließend. Das eine ist jedoch nicht weniger bedrohlich als das andere. Für alle Länder, in denen der pharmazeutisch-militärisch-industrielle Komplex nicht vertreten ist, ist das unmittelbar einsichtig, und dementsprechend wird auf das Thema reagiert. Dort allerdings, wo er zu Hause ist (und das sind vor allem Deutschland und die USA, danach die Schweiz, Frankreich und Großbritannien), sorgen schon die enormen Gewinne dafür, dass kritische Stimmen nicht zu Wort kommen. Für einen Bruchteil der Gewinne der Firma BioNTech könnte man die gesamte Bundesregierung sowie den Bundestag bis hinunter zum letzten Saaldiener kaufen. Eine ehrliche Auseinandersetzung mit den Gefahren dieses Gewerbes ist daher kaum zu erwarten.

Indonesien hat mit der Einführung der Material-Transfer-Agreements zumindest einen Schritt in die richtige Richtung gemacht, und die Berichterstattung dort zeigt, dass das Problem nach wie vor gesehen wird. Das ist in vielen Ländern außerhalb des engen westlichen Zirkels der Fall. Man erinnert sich auch noch an die vielen Aids-Toten in Lateinamerika und Afrika, die die Preispolitik der Pharmakonzerne auf dem Gewissen hat; ein unnötiges Sterben, das erst endete, als zwei große Länder, Indien und Brasilien, beschlossen, die Patente im Interesse ihrer Bevölkerung zu ignorieren.

Der Sprecher des US-Botschafters in Indonesien, Michael Quinlan, reagierte auf die Berichterstattung von Detik in der erwartbaren Weise. Die Vorwürfe seien Propaganda, die der Kreml absichtlich streue, um die Öffentlichkeit über seine Handlungen in der Ukraine, in Georgien und an anderen Orten in Europa in die Irre zu führen. Der russische Auslandsgeheimdienst kreiere Fake News über die Vereinigten Staaten.

Letztlich ist es aber egal, ob Labore wie NAMRU-2 militärischer oder kommerzieller Forschung dienten; unter diesen Bedingungen erweisen sich beide als gleichermaßen schädlich. Für beide Seiten gilt im Grunde dieselbe Notwendigkeit zu völliger Offenlegung. Weder eine Forschung für biologische Waffen noch eine auf Maximalgewinne aus Infektionskrankheiten ausgelegte kann sich die Menschheit leisten. Beide haben tendenziell die gleichen verheerenden Folgen. Die derzeitige Verschiebung der globalen Machtverhältnisse zu Ungunsten der Heimatländer des pharmazeutisch-militärisch-industriellen Komplexes könnte gerade noch zur rechten Zeit gekommen sein.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Jochen

Nur keine Angst vor dem Atomkrieg, oder? – Interview mit Atomwaffenexperte Ted Postol

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Wieder ein treffender Kommentar von Dagmar Henn auf RT Deutsch, dort unter neuer Adresse aufrufbar:
https://ifucktheeu.rtde.live/meinung/137107-nur-keine-angst-vor-atomkrieg-oder-ein-freund-ein-guter-freund/
Es hat schon seine Gründe, weshalb die US- und EU-Regierungen versuchen, ihre Bevölkerung davor zu schützen, an ihren gesunden Menschenverstand erinnert zu werden… sazu trägt jetzt auch Twitter bei. Und ganz aktuell ein Interview mit Atomwaffenexperte Ted Postol

Auszüge:

Panzerlieferungen? Abgehakt. Jetzt ist es angesagt, über Befürchtungen zu spotten, es könnte zu einem Atomkrieg kommen.
Atombombenexplosion

Wie hasenfüßig, wo es doch darum geht, treu an der Seite unserer US-Freunde Solidarität mit der Ukraine zu zeigen …

Es wird zunehmend schwerer, den galoppierenden Irrsinn in der deutschen Politik zu kommentieren. Schließlich finden sich bei Politikern wie in den Medien mittlerweile Aussagen, die vor 50 Jahren noch für einen längeren Urlaub in der geschlossenen Psychiatrie gut gewesen wären.
So, wenn inzwischen auf Warnungen vor einem Atomkrieg mit Bemerkungen reagiert wird, man dürfe sich von dieser „Angstmacherei“ nicht „abschrecken“ lassen.
Besonders herzig wird das, weil das unter dem Etikett „Solidarität mit der Ukraine“ verkauft wird. Schließlich geht es momentan um Panzerlieferungen.
Nicht, dass diese Panzer irgendetwas am militärischen Ergebnis ändern werden oder daran, dass man eine Einschätzung, die Ukraine könne den Krieg gewinnen, allerhöchstens als Ergebnis einer zerebralen Schädigung durch Long COVID verbuchen kann.
Aber inzwischen liegt es auf dem Tisch, dass der zynische Spruch, die USA kämpften gegen Russland bis zum letzten Ukrainer, der Realität näher ist als alles, was die deutschen Gazetten servieren, und seitens der wahren Betreiber dieses Krieges, den USA und der NATO, ein Ende überhaupt nicht gewünscht ist.

So geht es scheibchenweise dahin, und mit der heutigen deutschen Realität können nur noch Karl Krauss‚ „Letzte Tage der Menschheit“ konkurrieren. Denn eines sollte klar sein – um eine vernünftige Entscheidung zu treffen, muss man die Fakten betrachten.
Fakten allerdings sind nicht erwünscht *) ; weder bei der Bewertung der militärischen Lage, die zu einem anderen Schluss kommen müsste als der ständig wiederholten Beschwörung eines möglichen ukrainischen Sieges, noch bei der Betrachtung der Ereignisse im Detail, wie man an den hysterischen Schlagzeilen zu vermeintlichen russischen Kriegsverbrechen sehen kann, die sich über kurz oder lang in Luft auflösen, sei es Butscha, sei es Kramatorsk. **)

Wird irgendwo noch erwähnt, dass das russische Kontingent in der Ukraine relativ klein ist? Auch im Verhältnis zur ukrainischen Armee, die, wenn man die zugegeben militärisch ziemlich wertlosen Territorialbataillone mitzählt, immerhin etwa 600.000 Mann umfasst? Nein, das kann man nicht erwähnen, denn täte man das, müsste jeder Meter Bodengewinn ein Beleg für technische und strategische Überlegenheit der Russen sein.
Wird irgendwo erwähnt, dass das Vorgehen der russischen Armee tatsächlich versucht, sogar die ukrainischen Truppen zu schonen? Ebenfalls nicht.
Und kann man in der hiesigen Presse lesen, dass schon mehrere Depots mit westlichen Lieferungen kurz nach ihrem Eintreffen in Rauch aufgingen? Mitnichten.

Aber ist es realistisch, zu glauben, der politischen Spitze läge kein anderes, ehrlicheres Material vor als die wüsten Fantasien, die sich in den Zeitungen lesen lassen? Kann man wirklich davon ausgehen, sie hätten alle miteinander nichts von der Ermordung russischer Gefangener durch georgische Söldner erfahren oder wüssten tatsächlich nicht, dass ukrainische Truppen ihre eigenen Städte beschießen? Wenn sie es nicht bereits aus den acht Jahren Krieg im Donbass gewusst hätten, Kramatorsk zeigte deutlich genug, dass der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij jeden und alles in der Ukraine für einen kleinen propagandistischen Sieg zu opfern bereit ist. Kann man davon ausgehen, dass sie alle blind dafür sind, wenn die Entscheidungen Selenskijs bezüglich der Truppen im Asowstahlwerk an Hitlers Durchhaltebefehl an Offizier Friedrich Paulus während der Schlacht um Stalingrad erinnern?

Zugegeben, das Personal dieser Bundesregierung ist begrenzt intelligent. Aber es gibt darunter noch einen großen Apparat, und Teile dieses Apparats müssen imstande sein, die Realität zu erkennen. Manchmal ploppt ein Bröckchen davon nach oben, ins Sichtbare, wenn auch meist mit einer ganz anderen Absicht.
So hat die Bild https://www.bild.de/bild-plus/politik/ausland/politik-ausland/ukraine-krieg-munition-fuer-20-minuten-gepard-panzer-nicht-einsatzfaehig-79886808,view=conversionToLogin.bild.html durchgerechnet, die Menge der Munition, die mit den Flugabwehrpanzern Gepard geliefert werden solle, genüge gerade für 20 Minuten.
Sie schreibt nicht dazu, dass das Ding eine Reichweite von sechs Kilometern hat, aber moderne Kampfflugzeuge gar nicht so nahe an das Ziel herankommen müssen, um treffen zu können. Aber immerhin, ein Häppchen Wirklichkeit.

Nein, man muss davon ausgehen, dass sie wissen, dass sie am Verlauf dieser militärischen Operation (die übrigens beide Beteiligte keinen Krieg nennen, auch die Ukraine nicht, weil das Probleme mit den IWF-Krediten gäbe) weder mit diesem Zeug noch mit den alten Sowjetbeständen in Polen, Tschechien und sonst wo etwas ändern können.
Dass sie eigentlich, und zwar im Interesse der Ukraine, auf Verhandlungen drängen müssten.
Dass die Option, die Volksrepubliken Donezk und die Lugansk zurück in die Ukraine zu zwingen, nicht existiert und durch die Missachtung der Minsker Vereinbarungen durch den Westen endgültig ausgelöscht wurde, von der Krim ganz zu schweigen.
Welchen Sinn hat dann das ganze Theater? Nun, für die USA ergibt es Sinn, auf eine perverse Art und Weise. Indem sie ihre „Verbündeten“ (die ehrliche Bezeichnung für die USA aus deutscher Sicht wäre mittlerweile „Feind“) dazu bringen, immer mehr Waffen an die Ukraine zu liefern, die sie zur Geisel genommen haben, um den Anschein ihrer Macht aufrechtzuerhalten, machen sie sie zu Komplizen bei ihrem Verbrechen. Das ist eine Taktik, die man in Deutschland ebenfalls kennen sollte.
Einer der Gründe, warum die Wehrmacht tief in die Verbrechen der Nazis verstrickt wurde, war schlicht, dass die Soldaten, die an ihnen teilgenommen oder sie auch nur gesehen hatten, durch die Angst vor Vergeltung unter Kontrolle gehalten wurden. Eine Angst, die mit dazu beitrug, dass sie nicht an dem Punkt aufgaben, an dem es militärisch vernünftig gewesen wäre.
Ein bösartiger Trick, der im Zusammenhang mit der Ukraine gleich auf zwei Ebenen angewandt wird. In den ukrainischen Truppen, nach dem Muster der Naziwehrmacht, und im Binnenverhältnis des NATO-„Bündnisses“.

Und natürlich lenken diese Waffenlieferungen auch das geblendete westliche Publikum davon ab, dass eigentlich längst ernsthafte Verhandlungen durch Kiew angesagt wären, folgte dieser Konflikt den Regeln normalen militärischen Handelns.
Die ukrainischen Truppen, die im Donbass stehen, sind die kampfkräftigsten, die die Ukraine noch hat. Es wäre also vernünftig von einer ukrainischen Regierung, diese Truppen über Verhandlungen zu retten, weil dann zumindest das, was als Ukraine noch übrig bleibt, noch verteidigt werden kann.
Selenskij tut auch das nicht, und er tut es im Auftrag der US-Amerikaner. Er wirft gerade einige Zehntausende seiner eigenen Bürger in den Fleischwolf. Und vor den Augen des westlichen Publikums werden Panzer hin- und hergeschoben, um davon abzulenken, dass dieses Handeln für die Menschen des Landes, deren Präsident Selenskij zu sein vorgibt, absolut schädlich ist und nur dem NATO-Interesse an einem möglichst langen Krieg folgt.

Tatsächlich sind es Selenskij und seine US-amerikanischen Marionettenspieler, die gerade ein ungeheures Verbrechen am Volk der Ukraine begehen. Die Deutschen lassen sich, wie alle übrigen NATO-Kumpane, brav in dieses Verbrechen verstricken.
„Die Ukraine darf nicht verlieren“? Die Ukraine verliert auf jeden Fall. Sie hätte selbst dann verloren, nein, vielleicht sogar am schlimmsten verloren, wenn Selenskij und die Macht hinter ihm ihre Pläne erfolgreich verwirklichen könnten, die Ukraine zu nutzen, um Russland auszubluten; denn sie würde dieses Schicksal teilen.
Und gleichzeitig der finstersten, menschenverachtendsten Herrschaft ausgeliefert bleiben, die Europa zu bieten hat.

Aber in Deutschland führt es mittlerweile bereits zur öffentlichen Aburteilung, wenn man leise Kritik an dem größenwahnsinnigen, nazistischen Tertiär-Ami (wenn man Selenskij als Sekundär-Ami zählt) Andrei Melnyk übt, wie der Düsseldorfer Ex-OB Thomas Geisel, der seine Aussagen https://web.archive.org/web/20220423155014/https://www.thomasgeisel-wasmichumtreibt.de/post/es-reicht-herr-melnyk inzwischen wieder gelöscht hat.
Übrigens, der US-Kriegsminister Lloyd Austin gab in seiner Aussage zum seiner Meinung nach beeindruckenden Widerstand der Ukrainer ganz nebenbei zu erkennen, wo er sie einsortiert: „Die Schlacht um Iwo Jima im Pazifik habe 36 Tage gedauert, die Ardennenoffensive an der Westfront in Europa 40 Tage. Die Ukrainer indessen kämpften nun schon 62 Tage.“
So zitiert ihn die FAZ: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/ukraine-treffen-in-ramstein-kann-russlands-offensive-gestoppt-werden-17984082.html.
Jenseits der Tatsache, dass die wirklich großen Schlachten des Zweiten Weltkriegs andernorts stattfanden – die US-Amerikaner waren in diesen Gefechten die Angreifer (wie meist; selbst, wenn damals ausnahmsweise auf der richtigen Seite). Die Verteidiger waren in beiden Fällen Faschisten; Japan und Nazideutschland.
Und in beiden Fällen war es eine verlustreiche Verteidigung jenseits militärischer Vernunft. Er hätte die US-Geschichte bemühen können, den Bürgerkrieg beispielsweise, aber eingefallen sind ihm diese beiden Ereignisse.

Es gibt nur einen Grund, warum die Ukraine nicht verlieren darf. Weil die Welt außerhalb jener schrumpfenden „Weltgemeinschaft“ weiß, dass das ein Krieg der USA ist, den sie sich ausgedacht und angezettelt haben. Es sind die USA, die nicht verlieren dürfen, weil sie sich einbilden, dadurch ihre Macht noch ein wenig zu retten.
Gods_Own_CountryFür diese USA lässt sich auch die Bundesregierung instrumentalisieren, zumindest jene Teile, deren Verstand den eines Hamsters übersteigt.
Aber wie weit wollen sie noch gehen, nachdem sie schon den wirtschaftlichen Ruin Deutschlands abgenickt haben? Glauben sie wirklich, der Krieg in der Ukraine könne Russland brechen und den kostenfreien Zugriff auf russische Ressourcen ermöglichen?
Das hatte sich ein Herr Hitler auch einmal eingebildet, aber auch der schaffte es nur bis Stalingrad und nicht bis Baku. Oder glauben sie, wenn der Krieg in der Ukraine bis zum Weltkrieg aufgeblasen würde, wäre die westliche Vorherrschaft zu retten?

Sie ist es nicht. Nicht nur die Ukraine wird sinnlos für Uncle Sam geopfert. Eigentlich hätte allein die Forderung aus den USA, Nord Stream 2 nicht zu nutzen, genügen müssen, um zu zeigen, dass da kein Freund etwas fordert, sondern ein Feind.
Diese USA, das muss man aus den Folgen der Sanktionen folgern, die verheerend genug sind, sind bereit, Europa zu opfern. Nicht nur ökonomisch.
Aber es gibt niemanden, der diese Bundesregierung noch zu warnen vermöchte. Wenn der russische Außenminister Sergei Lawrow das tut, wird das unter „Angstmachen“ verbucht: https://www.focus.de/politik/deutschland/ein-kommentar-von-ulrich-reitz-lieferung-von-gepard-panzern-entlarvt-die-angstpolitik-von-kanzler-scholz_id_89855545.html.
Als gäbe es irgendwo ein Fleißbildchen für besonderen Mut, wenn man so tut, als wäre ein Atomkrieg kein Anlass zur Sorge https://www.welt.de/politik/deutschland/article238383059/Lawrow-Keine-Verhandlungsloesung-fuer-Ukraine-bei-Waffenlieferungen.html.

Es wird keine Fleißbildchen geben. Auch keine Tapferkeitsmedaillen. Leider auch keine Denkmäler für besonders ausgeprägte Idiotie, für Lakaientum und Unterwürfigkeit.
Die USA wollen, das zeigen sie deutlich genug, ihren Abstieg auf keinen Fall hinnehmen. Sie können ihn aber nicht verhindern.
Also signalisieren sie ihre Bereitschaft, große Teile der Menschheit bei ihrem Untergang mitzunehmen.

Wenn die Vernunft etwas gebieten würde, dann wäre es maximaler Abstand von diesen USA. Im direkten deutschen Interesse. Nicht nur im Interesse eines ökonomischen, nein, inzwischen gar im Interesse eines physischen Überlebens.
Jedes Kleinkind kann vorrechnen, dass diese Waffenlieferungen Show sind und die Ukraine nur auf eine Art gewinnen kann – indem sie von der Herrschaft der US-Kriegstreiber und ihrer heimischen Fußtruppen befreit wird.
Was, dank der europäischen Liebesdienerei den USA gegenüber, die Aufgabe der russischen Armee zu sein scheint.

In Deutschland wird jedenfalls die Beschwörung, es sei doch kein Problem, auf Nord Stream 2 zu verzichten, inzwischen durch die Beschwörung ersetzt, vor Atomkriegen müsse man keine Angst haben.
Wenn man sieht, dass der erste Fall in der völligen Preisgabe eigener Interessen endete, kann man sich schon ausmalen, wo der zweite endet.

Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.

Nuklearkrieg mit Russland?

Es diskutiert der Atomwaffenexperte Ted Postol mit Robert Scheer darüber, wie die Ukraine-Krise die Welt über den „Point of no Return“ hinausführen könnte.

Auszüge aus https://seniora.org/politik-wirtschaft/nuklearkrieg-mit-russland

Wenn sich der Krieg in der Ukraine zu einem Atomkrieg zwischen USA/NATO und Russland ausweitet, wäre die US-Air Base Ramstein ein Primärziel. Ihre herausragende militärische Bedeutung wurde durch das von Pentagon-Chef Austin dorthin einberufene Treffen wieder einmal überdeutlich. Was dann nicht nur in Ramstein passieren würde, geht aus dem nachfolgend abgedruckten Interview hervor.

Nach dem Ende des Kalten Krieges schien die Gefahr eines Atomkrieges jahrzehntelang in den Hintergrund zu treten. Der Klimawandel rückte als existenzielle Krise unserer Zeit in den Mittelpunkt, und für ein paar kurze Jahre schien es, als hätten die Atommächte durch Verträge und Diplomatie, wie fehlerhaft sie auch (gewesen sein mögen, s. http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_19/LP03319_180319.pdf ), die Möglichkeit eines erneuten Einsatzes von Atomwaffen beiseite geschoben. [Bis heute haben nur die USA Atomwaffen gezündet   – beide in Japan   – und sie sind nach wie vor das Land mit dem bei weitem größten Atomwaffenarsenal.]

Nun, da mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine eine neue, beängstigende Ära begonnen hat wird immer deutlicher, dass die Gefahr eines Atomkriegs uns alle wieder nachts wach hält. Ted Postol, Physiker und Atomwaffenexperte sowie emeritierter MIT-Professor, erklärt Robert Scheer in der aktuellen Ausgabe von Scheer Intelligence, wie tödlich das derzeitige Vabanquespiel zwischen den USA und Russland ausgehen könnte. Postol hat vor seiner Zeit am Massachusetts Institute of Technology an der Stanford University und in Princeton gelehrt und war außerdem wissenschaftlicher und politischer Berater des Chefs der Marineoperationen sowie Analyst im Office of Technology Assessment. Sein Fachwissen über Atomwaffen veranlasste ihn, die Behauptungen der US-Regierung über die Raketenabwehr zu kritisieren, wofür er 2016 den Garwin-Preis der Federation of American Scientists erhielt.

Fee Strieffler und Wolfgang Jung haben in dankenswerter Weise dieses lange Interview mit Deeple-Unterstützung übersetzt, die Ergänzungen und Links in runden Klammern hinzugefügt und uns mit freundlicher Genehmigung zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.

RS: Hallo, hier ist Robert Scheer mit einer weiteren Ausgabe von Scheer Intelligence, und die Informationen stammen natürlich wie immer von meinen Gästen: In diesem Fall von Theodore Postol, Ted Postol, einem unserer führenden Experten auf dem Gebiet der nuklearen Kriegsführung und der gesamten Bedrohung durch einen Atomkrieg. Von einem wirklichen Experten, den ich vor drei Jahrzehnten am Stanford Center   – es heißt Stanford Center for International Security and Cooperation   – kennen gelernt habe. Wir hatten beide an einem Seminar teilgenommen – ich hatte gerade ein Buch über nukleare Kriegsführung geschrieben und war dazu eingeladen worden. Auch Condoleezza Rice war dabei. Sie wurde dann Rektorin in Stanford und später nationale Sicherheitsberaterin des ersten Präsidenten Bush und Außenministerin. Es war also eine hochkarätige Gruppe von Spitzenphysikern, angeführt von einem Mann namens Sidney Drell, der Zugang zu den geheimsten Informationen hatte. Wir waren damals sehr besorgt darüber, dass ein Plan für einen Atomkrieg entwickelt werden sollte, den man gewinnen könne und gewinnen wollte. Mit dem Ende der Sowjetunion und dem eigentlich erwarteten Ende des Kalten Krieges ist die nukleare Bedrohung dann angeblich von der Bildfläche verschwunden, aber im Moment ist sie wieder größer als je zuvor.

(Nicht nur) Wladimir Putin hat die Möglichkeit angesprochen, diese Waffen tatsächlich einsetzen zu wollen, wenn andere Mittel versagen. Wir befinden uns also mitten in einer Diskussion   – und die meisten Medien und Politiker ignorieren diese Gefahr   – in der sogar schon an den Einsatz kleinerer Atomwaffen gedacht wird. ****) Es gibt eine ganze Reihe neuer Technologien, die sie „verwendbar“ machen sollen. Deshalb wende ich mich an jemanden, der, wie ich schon sagte, auf diesem Gebiet führend war. Ted, erzählen Sie uns etwas über Ihren Hintergrund, Ihre Arbeit im Pentagon, Ihre akademische Arbeit und was Sie über die aktuelle Gefahr eines Atomkriegs denken. Bin ich ein Panikmacher?

TP: Nein, ich glaube nicht, dass Sie ein Panikmacher sind. Ich denke, dass die Dinge extrem gefährlich sind. Es ist sehr schwer, das zu quantifizieren, weil es so viele Unbekannte gibt, aber die Gefahr ist mindestens so groß wie während der Kuba-Krise. Und mein Bauchgefühl, und das ist alles, worauf ich mich stützen kann, sagt mir, dass die heutige Situation sogar noch viel gefährlicher ist.

Aber lassen Sie mich Ihnen ein wenig über meinen Hintergrund erzählen, damit Ihre Zuhörer eine Vorstellung davon bekommen, woher meine Erfahrung kommt. Ich bin kein normaler Akademiker, kein Karrieretyp; ich bin erst zur Wissenschaft gekommen, nachdem ich einige Jahre im Pentagon verbracht hatte. Ich arbeitete als wissenschaftlicher und politischer Berater des Chefs der Marineoperationen, und während dieser Zeit konnte ich ein sehr breites Spektrum an Erfahrungen sammeln und an vielen Verantwortlichkeiten teilhaben. So habe ich zum Beispiel technische und politische Ratschläge zu den Entscheidungen gegeben, die wir in Bezug auf den ballistischen Flugkörper Trident II treffen mussten. Dieser Flugkörper war damals noch nicht auf unseren U-Booten stationiert, denn das war in den frühen 1980er Jahren; wir hatten die Trident I, aber wir bereiteten die Marine damals auf die Trident II vor, und es gab viele technische Kompromisse, über die wir nachdenken mussten.

In dieser Zeit war ich auch stark in die eigentliche Atomkriegsplanung eingebunden. Ich arbeitete also an der Lösung von Problemen, wenn man es so nennen will, die bei der Planung eines Atomkriegs auftreten. Ich war also bestens mit den Plänen vertraut und befasste mich auch mit der politischen Umsetzung dieser Pläne   – wobei ich klarstellen sollte, dass ich die ganze Sache damals noch nicht für verrückt hielt. Aber das hatte keinen Einfluss auf meine technische Verantwortung innerhalb der Navy-Struktur. Ich hatte die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass bestimmte Dinge in Anbetracht dessen, worüber die Leute nachdachten, in angemessener Weise getan wurden. Ich habe sicherlich viele Male deutlich gemacht, dass ich den Rahmen für die Planung nicht für sehr solide hielt, aber das ist eine andere Diskussion.

Ich war auch an der Bewertung der strategischen Fähigkeiten zur Bekämpfung der U-Boote beteiligt, die von den Russen gegen die USA eingesetzt werden konnten, auch an der Bewertung der Fähigkeiten, die den USA damals gegen die Russen zur Verfügung standen. Damals waren die russischen U-Boote sehr laut, was heute nicht mehr der Fall ist. Und sie waren so laut, dass wir sie über große Entfernungen verfolgen konnten. Wir wussten im Grunde genommen sehr genau, wo sich viele dieser U-Boote aufhielten, wenn sie auf See waren. Dies war also eine enorme Schwachstelle der russischen U-Boote, die sie heute nicht mehr haben.

Ich habe auch an der Raketenabwehr gearbeitet. Insbesondere habe ich mich eingehend mit den russischen Systemen zur Raketen- und Luftabwehr befasst, die einige Merkmale aufwiesen, die darauf hindeuteten, dass sie für einen doppelten Zweck konzipiert waren, nämlich auch für den Angriff auf Interkontinentalraketen. In Wirklichkeit waren sie dazu aber nicht in der Lage. Die Russen hatten keine realistische Möglichkeit, ICBMs der USA abzufangen. Nur die US-Geheimdienstler hatten diese Idee, obwohl fast keine Abfang-Chance bestand, und bliesen sie zu einer Bedrohung auf. Zu dieser Zeit wurde das aber als echtes Problem betrachtet, das in den ABM-Vertrag von 1972 einfloss.

Ich untersuchte die amerikanischen Raketenabwehrsysteme und die Technologie, die uns zur Verfügung stand, und beschäftigte mich intensiv damit, was mich zu einem ausgesprochenen Kritiker der Strategischen Verteidigungsinitiative (Strategic Defense Initiative, SDI) werden ließ, denn es war klar, dass diese Technologie nicht einmal annähernd in der Lage war, das zu leisten, was behauptet wurde. Das ist also das Spektrum, mit dem ich mich damals beschäftigt habe.

RS: Übrigens, nur eine Fußnote zur Strategischen Verteidigungsinitiative, die umgangssprachlich als Star Wars bekannt ist. Als ich mit Ihnen auf diesem Rüstungskontrollseminar war, traf ich auch Edward Teller, den Vater der Wasserstoffbombe, der ein großer Befürworter der Star Wars-Raketenabwehr war. Die Idee, dass man feindliche Raketen abschießen könnte, hielten einige vorsichtige Leute für „destabilisierend“, weil dadurch ein atomarer Erstschlag der USA gegen Russland möglich werde. Mit den angeblich von den Russen entwickelten Hyperschallwaffen dürfte das aber wieder unmöglich geworden sein.

Nichtsdestotrotz saß ich auf dem Weg von L.A. nach San Jose zu unserem Seminar zufällig in einem Flugzeug mit Edward Teller. Als wir aus dem Flugzeug stiegen, fragte er: „Was machst du hier oben? Und ich sagte, ich gehe zu dem Seminar, das Sid Drell gibt. Er sagte mir, stell sicher, dass Sid dir von den großartigen Ergebnissen erzählt, die wir mit dem Cottage-Test erzielt haben. Das war damals das größte Geheimnis, und er behauptete, sie seien fündig geworden und hätten wirklich die Mittel, um die SDI-Waffe herzustellen. Als ich aber Sid Drell, der Zugang zu allem hatte, danach fragte, wurde der ganz blass, nahm mich mit aus dem Gebäude und sagte: „Was hat Teller da wieder erzählt? Er hätte überhaupt nicht darüber reden dürfen; ich werde jedenfalls nicht darüber reden, denn das ist ein gigantischer Betrug.“ Ich erinnere mich noch genau an diesen Moment, denn später kam heraus, dass der Test tatsächlich fehlerhaft war und keine positiven Ergebnisse gebracht hatte.

Aber Präsident Reagan hat trotzdem an SDI geglaubt. Viele Jahre später hatte ich die Gelegenheit, ihn zu interviewen, als er für das Präsidentenamt kandidierte. Wir sprachen über Fragen der nuklearen Kriegsführung, und er hatte immer noch Ideen dazu. Aber als er sich in diesem historischen Moment mit Gorbatschow traf, sahen sie sich beide an, sprachen miteinander und sagten, was Reagan schon mehrmals gesagt hatte   – dass sie diese Waffen loswerden wollten. Und sie begannen tatsächlich einen Abrüstungsprozess.

Versetzen Sie uns also zurück. Wie sind wir von diesem Moment des Optimismus über das Ende des Kalten Krieges dahin gekommen, wo wir jetzt stehen? Und Sie haben auch noch nicht die Frage beantwortet: Wie alarmierend ist die derzeitige Situation? Es ist also eine zweigleisige Frage. Wie sind wir vom Gorbatschow-Reagan-Treffen in Reykjavík hierher gekommen, und wie besorgniserregend ist die aktuelle Situation, in der Wladimir Putin den Westen daran erinnert hat, dass er über ein riesiges Atomwaffenarsenal verfügt?

TP: Nun, ich denke, Gorbatschow und Reagan waren ernsthaft (um atomare Abrüstung) bemüht. Aber die Leute, die sich selbst als Experten für Politik halten   – Leute wie Richard Pearl, der damals eine große Figur war   – hielten Gorbatschow und Reagan für naiv. Dem stimme ich im Übrigen nicht zu; ich denke, die Politiker hatten Recht, und naiv waren die so genannten Experten. Ich habe in dieser Expertengemeinschaft gelebt, und ich habe so vieles gehört, was man, wenn man sich intellektuell klar und gut informiert und mit den Dingen auseinandersetzt, sofort als völligen Unsinn erkennen konnte. Nur Ignoranten beharren auf den Atomwaffen.

Und leider wird das meiste von dem, was diese „Experten“ behaupten   – sogar von selbst gut ausgebildeten Leuten   – einfach ungeprüft übernommen. Nur wenn man ein echter Experte ist   – und das waren diese Leute nicht, auch wenn sie sich selbst dafür hielten   – versteht man etwas von der Realität dieser Waffen. Um einen Begriff zu verwenden, der oft überstrapaziert wird, ich denke, dass der „tiefe Staat“ sowohl in Russland als auch in den Vereinigten Staaten   – aber mehr bei uns als in Russland, zumindest soweit ich das beurteilen kann   – dass der tiefe Staat in den USA im Grunde die Ideen und Ziele von Ronald Reagan untergraben hat. Und natürlich war auch Gorbatschow in Russland mit einem ähnlichen Problem konfrontiert.

Es gibt also diese einflussreichen Institutionen in beiden Ländern. Sie sind voll von Leuten, die wirklich an diese schrecklichen Waffen glauben oder zumindest glauben, dass sie nützlich sein könnten. Und weil sie das glauben, sind sie auch davon überzeugt, dass es im besten Interesse ihrer Länder ist, auch weiterhin auf Atomwaffen zu setzen. Dabei verwechseln sie nur ihr eigenes Interesse mit dem Interesse ihrer jeweiligen Länder. Sie ergreifen Maßnahmen, um die Direktiven der Präsidenten zu unterlaufen, und deshalb setzen sie sich immer wieder durch, ohne dass dieses System wirklich hinterfragt wird   – trotz des bemerkenswerten und tatsächlich außerordentlich einsichtigen Urteils der beiden genannten Politiker.

Es war also das System (des tiefen Staates), das gesiegt hat. Und weil ich kein Soziologe bin, fällt es mir sehr schwer, das überhaupt zu verstehen. Ich glaube aber, dass diese (verdeckt arbeitenden) Organisationen so groß und so voll von Menschen sind, von denen viele an die falschen Dinge glauben. Diese gigantischen Organisationen sind außerordentlich schwer zu verändern, was einer der Gründe ist, warum dieser außergewöhnliche Vorschlag   – der uns vor der gegenwärtigen Situation hätte retten können   – nie umgesetzt wurde.

Und nun befinden wir uns in einer Situation, in der die atomare Vernichtungskraft der USA gegen Russland, also die besondere Fähigkeit, die russischen Interkontinentalraketen zu zerstören, darin besteht, nukleare US-Sprengköpfe nahe genug an die gehärteten russischen Silos für ICBMs (Intercontinental Ballistic Missiles) zu platzieren, um sie mit den darin befindlichen Raketen zerstören zu können. Das erfordert eine Treffgenauigkeit in der Größenordnung von bis zu 100 Metern. Die US-Nuklearwaffe, die uns dafür zur Verfügung steht, würde ausreichen, um ein Stadtgebiet mit einem Radius von vier bis fünf Meilen (ca. 5-8 km) zu zerstören. Das ist ein Gebiet von knapp 79 Quadratmeilen (gut 200 km²). Wenn also von atomarer Kriegsführung die Rede ist, geht es um eine ganz spezielle Eigenschaft der Waffe: um ihre Fähigkeit, sie gegen sehr harte unterirdische Strukturen einsetzen zu können.

Aufgrund eines Modernisierungsprogramms, das in den letzten zehn Jahren durchgeführt wurde, sind wir jetzt in der Lage, alle 1.000 landgestützten russischen ICBMs,   – das ist etwa die Hälfte ihrer Langstreckenraketen   – mit 20% der US-Sprengköpfe zu zerstören. Das bedeutet, dass 80% der Sprengköpfe, die uns zur Verfügung stehen, für andere Zwecke genutzt werden könnten   – für die Zerstörung von verbunkerten Kommandozentralen, und anderen russischen Zielen oder von Zielen in anderen Ländern, zum Beispiel in China (oder in der Bundesrepublik Deutschland).

Ich würde sagen, dass es derzeit viel mehr Waffen als legitime Ziele gibt, was auch immer das bedeuten mag. Wir haben also diese enorme Feuerkraft, und die Russen wissen, dass wir uns in den letzten 10 Jahren sehr bemüht haben, diese enorme Feuerkraft aufzubauen. Stellen Sie sich also vor, Sie wären der Offizier, der die russischen Atomstreitkräfte kommandiert. Ihre Aufgabe wäre es, im Falle eines Angriffs auf Russland eine nukleare Antwort zu geben, das ist Ihr Beruf. Bei der Einschätzung des Gegners USA würden Sie sicher sagen: „Mein Gott, diese US-Amerikaner planen einen Atomkrieg gegen uns zu führen und ihn zu gewinnen.“

Der Russe könnte daraufhin vielleicht zu sich selbst sagen: „Ich weiß doch, dass ein Atomkrieg nicht zu gewinnen ist, weil unsere beiden Länder dadurch völlig zerstört würden. Aber die Amerikaner scheinen das nicht zu verstehen, oder sie tun wenigstens so, als ob sie das nicht verstünden und wollen es trotzdem darauf ankommen lassen. Ich muss also darauf vorbereitet sein, denn wenn sie wirklich einen Atomkrieg anzetteln wollen, dann sollte ich ihnen besser zeigen können, dass es eine sehr schlechte Idee wäre, es zu versuchen, weil dabei nicht nur Russland und die USA, sondern ganz Europa und die ganze nördliche Hemisphäre untergingen, und zwar sofort. Und nur Gott weiß, was sonst noch passieren würde.“

Der russische Offizier wird wegen der undurchsichtigen US-Aktivitäten seinen Finger also ganz dicht an dem Alarmknopf zur Auslösung eines Atomkrieges haben, obwohl er genau weiß, was dann geschieht. Wer denkt, solche Offiziere seien verrückt, kann sich nicht in ihre Lage versetzen. Sie wollen keinen Atomkrieg beginnen, müssten ihrem Land aber trotzdem diesen „letzten Dienst“ erweisen, der kaum als Dienst zu bezeichnen ist.

Der russische Offizier befindet sich also ständig in erhöhter Alarmbereitschaft, weil er weiß, dass sein Frühwarnsystem viel weniger leistungsfähig als unseres ist. Russland hat nicht die umfassenden Frühwarnmöglichkeiten, die wir haben. Er kann auch nicht warten, bis die ersten US-Raketen einschlagen, weil es dann schon zu spät wäre. Er kann auch nicht auf die Entscheidung seiner politischen Führung hoffen, weil er wegen der extrem kurzen Vorwarnzeit schon tot wäre, bevor diese einträfe.

Die Russen   – die weder verrückt sind noch Selbstmord begehen oder die US-Amerikaner zuerst ermorden wollen   – können nur eins tun, um die Begeisterung der US-Amerikaner für einen atomaren Angriff zu bremsen: Sie müssen Vorbereitungen für eine automatisierte Reaktion treffen. Dazu bräuchten sie eigentlich eine Art „Weltuntergangswaffe***), wobei ich nicht weiß, ob sie diewirklich wollen. Im Grunde müssten sie aber so eine Weltuntergangsreaktion vorbereiten, für den Fall, dass die russische Führung bei einem überraschenden atomaren Erstschlag der USA getötet wird.

Die Russen müssten also auch Vorkehrungen für diesen „Worst Case“ treffen. Das erfordert ein sehr kompliziertes System, in dem Fehler auftreten und zu unbeabsichtigten Frühstarts russischer Atomraketen führen können. Im Grunde genommen haben die amerikanische Modernisierungsbemühungen und die bedauerliche Unfähigkeit Russlands, sein Frühwarnsystem gleichwertig zu verbessern, zu einer Situation geführt, die potenziell noch viel gefährlicher als vorher ist, weil viel leichter eine fatale Störung einen Atomkrieg auslösen könnte. Und das kann sowohl ein soziales, ein politisches als auch ein technisches Problem sein..

RS: Sie sprechen von der Modernisierung der letzten 10 Jahre, die unter Barack Obama begonnen hat.

TP: Ja, auf jeden Fall, auf jeden Fall.

RS: Wir können nicht alles auf Obama schieben, denn Trump hat die Modernisierung zwar nicht initiiert, aber fortgesetzt. Dabei war Obama auch deshalb gewählt worden, weil er versprochen hatte, Atomwaffen abbauen zu wollen. Mit parteiübergreifender Unterstützung hat er dann aber (durch die Errichtung eines US-Raketenabwehrschildes in Europa, s. auch dazu http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_16/LP14117_010917.pdf ) ihren Einsatz sogar noch wahrscheinlicher gemacht. Es macht also Sinn, wenn Putin mit seinen Hyperschallwaffen prahlt, von denen er bereits eine oder zwei in der Ukraine eingesetzt haben will. Sie könnten auch Atomwaffen tragen und sind (wegen ihrer hohen Geschwindigkeit nicht (durch den US-Raketenabwehrschild) aufzuhalten. Ich erinnere mich noch gut an die Pressekonferenz, in der Putin als Reaktion auf die Modernisierungswelle der USA seine neuen Raketen vorgestellt hat. (s. http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_16/LP02918_050318.pdf ).

TP: Nun, ich denke, ein großer Teil dieses gefährlichen Wettrüstens entsteht aus dem Bedürfnis der nationalen Führer, erstens zu zeigen, dass sie stark sind, und zweitens zu zeigen, dass sie innovativ sind und immer neue Wege finden, um den anderen zu zerstören, der sich deshalb keinesfalls mit ihnen anlegen sollte. Eigentlich sind die Hyperschallraketen, mit denen China und Russland prahlen, aber völlig bedeutungslos. Auch diese beiden Staaten sind   – genau wie die USA   – nicht in der Lage, auch nur irgendeine Interkontinentalrakete abzufangen, die auf sie abgeschossen wird. Die derzeitigen Systeme haben einfach keine Chance, selbst unter den besten Bedingungen zu funktionieren. Es ist unmöglich. Ich habe mich sehr eingehend damit befasst und Artikel darüber geschrieben. Sie funktionieren wirklich nicht, auch nicht unter den besten Bedingungen.

Man glaubt, dass nur eine Hyperschallrakete einen Raketenabwehrschild durchbrechen kann, während normale ballistische Raketen abzufangen seien. Bei hunderten von gleichzeitig freigesetzten Täuschkörpern hat aber niemand eine Chance, nur die echten Gefechtsköpfe abzufangen.

Das würde nur funktionieren, wenn die Abfangraketen die Gefechtsköpfe erkennen und nur diese anfliegen und zerstören würden. Die technologischen Möglichkeiten und die Zuverlässigkeit der Abfangraketen reicht aber selbst unter „choreografierten“, idealisierten Bedingungen dazu nicht aus. Wenn man also irgendetwas tut, um sie zu stören, werden sie nichts abfangen, nicht einmal die Täuschkörper. Auch ohne Täuschkörper können sie ein Ziel nicht zuverlässig abfangen. Wenn man nun gleichzeitig Hunderte von Täuschkörpern pro Sprengkopf freisetzt und Störsysteme und Spoofing-Systeme nutzt, können Abfangraketen überhaupt nichts ausrichten. Deshalb ist die Behauptung, ein Hyperschallfahrzeug ändere das Spiel, eigentlich nur albern. Es ist allerdings nicht albern, wenn man dem Gegner nur Angst einjagen und ihn an voreiligen Schritten hindern will.

Es ist also kein Zufall, dass die Russen uns   – ich glaube schon im Jahr 2010   – ihr gigantisches Roboter-U-Boot gezeigt haben; ich müsste in meinen Notizen nachsehen. Dieses ferngesteuerte U-Boot war eigentlich ein Riesentorpedo, hatte einen Durchmesser von etwa drei Metern und einen Atomantrieb. Dieser Riesentorpedo kann einen Atomsprengkopf von 100 Megatonnen tragen. Er könnte in den Hafen einer großen Stadt oder in einen Fluss gelenkt werden, dort detonieren und ein Gebiet mit einem Radius von 40 Meilen zerstören. Eine einzige Atomwaffe dieser Art kann also ein Gebiet von vier- bis fünftausend Quadratmeilen (bis zu 13 000 km²) auslöschen.

RS: Im Gegensatz zu den Flugzeugen, die in das World Trade Center flogen, gäbe es also (bei einem Angriff mit einem solchen Torpedo) kein New York mehr.

TP: Es gäbe keinen Staat New York und kein New Jersey mehr. Die Hälfte von Long Island wäre zerstört. Das ist also eine fantastisch zerstörerische Waffe. Und wir wissen, dass sie sie bauen können, denn sie haben bereits 1957 eine ähnliche Waffe gebaut und zur Explosion gebracht. Das ist zwar schon lange her, aber es ist kein Zufall, dass Putin diese Waffe erst vor kurzem wieder angepriesen hat. Vermutlich glaubte er, den US-Präsidenten darauf aufmerksam machen zu müssen, weil er ihn für schlecht informiert hält. Es gab ja auch schon einige ziemlich falsch informierte Präsidenten   – darunter auch Ronald Reagan während der Star-Wars-Episode. Und ein falsch informierter US-Präsident könnte einen schrecklichen Fehler machen.

Putin scheint also Angst davor zu haben, dass ein falsch informierter US-Präsident etwas tun könnte, das unser aller Tod zur Folge hätte. Er macht sich sicher weniger Sorgen um die USA als um Russland, will aber jedem   – selbst einem Kind auf einem Fahrrad   – klar machen, dass ein Atomkrieg nicht zu gewinnen ist. Russland könnte die USA vernichten, weil wir uns nicht gegen eine Unterwasserwaffe mit Nuklearantrieb verteidigen können, die den Atlantik oder den Pazifik überqueren, in unsere Häfen eindringen und die gesamte Küste der Vereinigten Staaten zerstören könnte, wo ein sehr hoher Prozentsatz unserer Bevölkerung lebt und unsere wichtigste Industrie angesiedelt ist. Das könnten die Russen allein mit dieser Waffe tun. Sie haben aber auch noch andere (s. unter https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/machtdemonstration-russland-testet-interkontinentalrakete,T3ZRNbC ).

RS: Ich möchte sie auch nach der Rolle der New York Times fragen, die meiner Meinung nach inzwischen zu den kriegsgeilen Medien gehört, die US-Truppen gegen die Russen in der Ukraine einsetzen und in diesem Land einen weiteren Stellvertreterkrieg wie in anderen Teilen der Welt anzetteln wollen. Neulich gab es sogar eine ganze Reihe von Berichten über den Einsatz kleinerer Atomwaffen. Sie wissen schon, solche mit zwei Prozent der Sprengkraft von Hiroshima und so weiter   – also atomare Gefechtsfeldwaffen mit geringerer Reichweite, deren Wirkung uns   – anders als bei der Kuba-Krise   – erspart bliebe.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die NATO-Osterweiterung zu sprechen kommen. Reagan und Gorbatschow haben doch unter anderem auch über das Ende der militärischen Konfrontation und des Kalten Krieges gesprochen. Man hätte meinen können, das sei der Anfang vom Ende der Militärbündnisses NATO und ihres sowjetischen Pendants, des Warschauer Paktes. Warum ist das heute nicht mehr möglich? Für Putin scheint die NATO-Osterweiterung doch das eigentliche Problem zu sein.

TP: Ja, lassen Sie mich kurz auf den Artikel in der New York Times eingehen, der von dem normalerweise recht guten Wissenschaftsjournalisten Bill Broad, geschrieben wurde (s. https://www.nytimes.com/2022/03/21/science/russia-nuclear-ukraine.html ). Eines der beunruhigenden Dinge an diesem Artikel ist, dass Broad von Waffen spricht, die nach seiner Beschreibung wahrscheinlich eine Sprengkraft von vier oder fünf Kilotonnen haben. Eine Kernwaffe mit einer Sprengkraft von vier oder fünf Kilotonnen würde 70 % der Fläche zerstören, die in Hiroshima zerstört wurde. Wenn Sie das für unbedeutend halten, ist das Ihre Entscheidung. Ich halte das aber nicht für eine unbedeutende, kleine Waffe, die jemand ignorieren würde. Der Artikel lässt also Fragen des Maßstabs und des Realitätsbezuges offen, und das finde ich beunruhigend.

Die NATO-Frage ist Teil der Geschichte und der Versäumnisse der politisch Führenden. Zunächst einmal möchte ich aber ganz klar sagen: Es gibt keine Entschuldigung für das, was Putin getan hat. Er hat einen gewaltigen Fehler begangen, selbst wenn man kaltherzig ist und nur seine strategischen Ziele berücksichtigt. Es ist einfach entsetzlich, was in der Ukraine geschieht . Aber es gibt auch eine Menge Schuld (an andere) zu verteilen, denn die Bedingungen, die zu dieser Konfrontation geführt haben, wurden von der NATO geschaffen. Und ich denke, dass diejenigen, die solche Dinge in Zukunft vermeiden wollen, nicht nur an Rüstungskontrolle denken sollten. Wir sollten zwar Rüstungskontrolle betreiben, aber auch über unser politisches Verhalten nachdenken.

So verkündete die NATO 2008 gegen den Widerstand der beiden wichtiger NATO-Mitglieder Deutschland und Frankreich, dass sie Georgien und die Ukraine zu einem späteren Zeitpunkt willkommen heißen würde. Natürlich war keines dieser beiden Länder auch nur annähernd für einen NATO-Beitritt qualifiziert, denn sie haben interne Probleme und vor allem Probleme mit der Korruption, die sie disqualifizieren. Vielleicht können sie diese Probleme irgendwann lösen, aber damals waren sie sicherlich ein Jahrzehnt oder sogar Jahrzehnte davon entfernt, jemals auch nur zu möglichen Kandidaten zu werden.

Warum hat sie die NATO dann trotzdem zum Beitritt eingeladen? Putin hat sofort gesagt, das mit der Aufnahme Georgiens und der Ukraine in die NATO für Russland eine „rote Linie“ überschritten würde. Er fügte hinzu: „Sie liegen an unserer Grenze, sie sind traditionell Teil dessen, was die Sowjetunion war, und sie stehen uns kulturell nahe. Deshalb werden wir nicht dulden, dass diese Länder Teil einer gegen uns gerichteten feindlichen Militärallianz werden. Und dann noch dieser ganze Unsinn, dass die NATO kein feindliches Bündnis gegen uns sei   – man muss nur die Erklärungen und Aufzeichnungen der NATO lesen , um zu wissen, was sie vorhat, was sie plant und wofür sie es plant.“ Es ist einfach nur lächerlich zu behaupten, die NATO sei kein feindliches Bündnis gegen Russland.

Putin sieht die Aufnahme Georgiens und der Ukraine in die NATO also als grundlegendes Sicherheitsrisiko für Russland an, weil sie dann zum feindlichem Ausland gehören würden. Das Aufnahmeversprechen der NATO erfolgte im April 2008. Bereits im August 2008 befanden sich Russland und Georgien im Krieg, den Georgien natürlich verloren hat. Das sollte der NATO eigentlich eine Lehre sein. Die Details sind komplex, und deshalb will ich nur kurz darauf eingehen (weitere Infos dazu s. unter https://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_08/LP12908_100808.pdf und https://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_08/LP13508_140808.pdf ). Es war nicht Russland, das damit angefangen hat; es war Saakaschwili, der georgische Staatschef, der sich dazu ermutigt fühlte, weil er glaubte, die NATO werde ihn unterstützen. Die Erklärungen der NATO haben diesen Mann   – der meiner Meinung nach von Anfang an instabil war und jetzt in Georgien wegen Korruption im Gefängnis sitzt   – dazu ermutigt, die russischen Friedenstruppen in Südossetien und Abchasien anzugreifen, und die Russen haben nur hart darauf reagiert.

Ich will übrigens nicht behaupten, dass die Russen völlig unschuldig waren. Aber lassen Sie uns eines klarstellen: Georgien hat angefangen. Und Georgien wurde von der NATO ermutigt, woraufhin Russland Georgien zerstörte. Und was passiert jetzt? Wir schreiben das Jahr 2022, und auch die Ukraine wurde ermutigt, sich einem feindlichen Militärbündnis gegen Russland anzuschließen. Dabei hätte Georgien uns lehren können, dass die Russen ihre Warnungen ernst meinen. Die NATO ist   – soweit ich sehen kann   – total unbelehrbar. Schauen Sie sich diesen Stoltenberg an   – wenn er anfängt zu reden, möchte man sich einfach nur an den Kopf fassen und weinen. Dabei bestimmen natürlich die USA, was die NATO zu tun und zu lassen hat. Warum lassen wir überhaupt zu, dass über einen Beitritt der Ukraine zur NATO auch nur geredet wird, obwohl sie natürlich schon lange nicht mehr dafür in Frage kommt. So machen wir die Russen nur noch wütender   – wegen der Bedrohung die von einem NATO-Mitglied Ukraine für sie ausgehen könnte.

Zählen sollte doch nur die Diplomatie und nicht die Rhetorik. Die Diplomatie hat die Aufgabe, Konflikte durch Kommunikation zu vermeiden. In der Ukraine passiert aber gerade das genaue Gegenteil. Die USA hätten auch sagen können: „Wir möchten, dass die Ukraine ein modernes, unabhängiges, wohlhabendes Land wie Finnland wird.“ Auch Finnland liegt an der Grenze zu Russland, ist Mitglied der EU, treibt aber auch regen Handel mit Russland. Finnland ist (noch) kein Mitglied der NATO, es gehört keinem feindlichen Bündnis gegen Russland an, und diesem Land geht es sehr gut. Aber statt auch die Ukraine zu einem neutralen Land zu machen und daran zu arbeiten, ihren Lebensstandard zu heben und ihr zu helfen, eine moderne Demokratie zu entwickeln, haben wir die Ukrainer in Lebensgefahr gebracht. Und Stoltenberg wird sich so lange für die Ukraine einsetzen, bis auch der letzte wehrfähige Ukrainer von den russischen Streitkräften getötet wird.

RS: Sie sollten Stoltenbergs Position nennen. Er ist der Chef der…

TP: Er ist der Generalsekretär der NATO, also eigentlich ein Diplomat. Nochmals, ich möchte nicht so aussehen, als würde ich dem Westen die alleinige Schuld für die aktuelle Entwicklung geben. Mit dem Einmarsch in die Ukraine hat Putin einen unglaublicher Fehler begangen   – selbst wenn man nur in kalten, strategischen Begriffen denkt. Daran besteht kein Zweifel. Und ich möchte auf keinen Fall wie ein Verteidiger Putins aussehen. Aber wissen Sie, es ist wichtig, dass Sie sich auch ansehen, was wir getan haben. Wann immer ich einen Fehler mache, ist die erste Frage, die ich mir stelle: Hätte ich es auch anders machen können? Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die USA und die NATO aus ihren Fehlern gelernt haben. Sie haben im Gegenteil in großem Maße dazu beigetragen, eine Krise auszulösen, aus der nur extrem schwierig herauszukommen ist, und die zum Dritten Weltkrieg führen könnte. Das wäre das Ende der Welt, wie wir sie kennen. Und wenn die Menschen nicht anfangen, sich auch der Diplomatie zu bedienen, werden wir in den Dritten Weltkrieg stolpern, wenn nicht jetzt, dann bald irgendwo anders.

RS: Ich möchte darauf jetzt nicht weiter eingehen, denn ich habe Sie ja auf einem Waffenkontrollseminar kennengelernt. Ich glaube, das war sehr prestigeträchtig, und ich war dankbar, dass ich dazu eingeladen wurde. Es wurde zur beängstigendsten Erfahrung meines Lebens, obwohl ich vorher schon in einigen Kriegsgebieten und mehrmals als Journalist in Vietnam gewesen war. Ich war am Ende des Sechs-Tage-Krieges im Nahen Osten, und ich habe auch die Sowjetunion besucht. Ich hatte schon viele knifflige Situationen erlebt. In diesem Seminar habe ich mich aber genau so unbehaglich gefühlt, wie bei den Seminaren, die Ed Teller in Livermore oder in Los Alamos abhielt. Auch dabei ging es immer nur um den Atomkrieg. Deshalb habe ich ja das Buch „With Enough Shovels“ (Man braucht nur genug Schaufeln) geschrieben, weil auf den Seminaren so selbstverständlich über den Atomkrieg diskutiert wurde, als sei er unvermeidlich (und einfach zu überleben).

An diesem Seminar nahmen Spitzenleute teil, auch solche, die höhere Militärs berieten, und sie diskutierten ganz offen über den Dritten Weltkrieg. Dabei spielte es keine Rolle, ob er durch ein Versehen oder eine Fehlkalkulation ausgelöst werden würde. In den Medien gab es große Aufregung darüber. William Broad, der Mann, von dem auch der aktuelle Artikel in der New York Times stammt, hat über unsere damaligen Diskussionen und das Aufsehen geschrieben, das sie erregt haben. Das scheint jetzt alles nicht mehr wahr zu sein. Ich frage sie also nochmals, worüber reden wir hier eigentlich? Wir reden doch nicht über einen weiteren Irak oder ein weiteres Vietnam. Wir reden über Hiroshima und Nagasaki und was ihr Schicksal für Städte in den USA bedeutet.

TP: Wir reden von einer Feuerwand, die alles um uns herum mit der Temperatur des Sonnenmittelpunkts einschließt. Die Explosion von Nuklearwaffen würde uns buchstäblich in weniger als Asche verwandeln. Ich kann nicht genug betonen, wie mächtig diese Waffen sind. Wenn sie detonieren, sind sie vier- oder fünfmal heißer als das Zentrum der Sonne, das 20 Millionen Grad Kelvin hat. Im Zentrum einer Detonation dieser Waffen herrschen 100 Millionen Grad Kelvin.

Menschen können sich das Ausmaß dieser Hitze nicht vorstellen. Ich habe wiederholt Artikel über die Folgen der Explosion von Atomwaffen auf Städte geschrieben. Sie sind so schwerwiegend, dass sie die menschliche Vorstellungskraft sprengen.

Im Zentrum der Explosion wird die Erdoberfläche fünfmal so heiß, wie das Zentrum unserer Sonne. Im Explosionsgebiet wird buchstäblich alles in weniger als Asche verglühen. Mir fehlen einfach die Worte, um vor dem wirklichen Ausmaß der Gefahr zu warnen.

RS: Ich verstehe eigentlich nicht, warum man Menschen, die vor dieser großen Gefahr warnen, als Verteidiger Putins verunglimpft. Wir machen uns doch auch Sorgen über den Klimawandel und die Erderwärmung, fangen endlich an, etwas dagegen zu tun, und das erfordert doch die Zusammenarbeit der ganzen Welt. Die heraufziehende Gefahr eines Atomkrieges ist auf kurze Sicht sicherlich viel größer. Warum wird darüber nicht ernsthaft diskutiert?Das ist merkwürdig, denn auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges wurde heftig darüber diskutiert   – auch während der Kuba-Krise. Präsident Kennedy war die damalige Gefahr ziemlich klar. Auch McNamara hat darüber geschrieben und gesprochen. Tatsächlich hat McNamara, der während des Vietnamkriegs unser Verteidigungsminister war, die letzten Jahre seines Lebens damit verbracht, den Vietnamkrieg zu bereuen und über die reale Gefahr von Atomwaffen zu sprechen. Vielleicht ist das etwas, worüber man nachdenken sollte. Was hat unser Bewusstsein in dieser Frage so sehr eingeschläfert?

TP: Nun, ich denke, das ist eigentlich eine Frage für einen Soziologen.

RS: Sie haben zu viel Vertrauen in Soziologen. Tun Sie doch so, als ob Sie einer wären. [Gelächter]

TP: Ich habe nicht gesagt, dass ich Vertrauen in sie habe. Es gibt aber auch gute Leute unter ihnen. [Lacht] Ich habe mit einem sehr guten gearbeitet.

RS: C. Wright Mills war ein großartiger Mann. Er hat ja auch ein Buch mit dem Titel [The Causes of] World War Three geschrieben und uns davor gewarnt.

TP: Wissen Sie, Verantwortungsbewusstsein erfordert Bildung. Nebenbei bemerkt, ich kenne einige der Personen, die (auf dem Gebiet der Atomwaffen) für Obama gearbeitet haben und jetzt für Biden arbeiten. Ich weiß, dass man es für arrogant halten wird, wenn ich sage, dass sie einfach ignorant sind. Lassen Sie mich das ganz klar sagen: Das ist keine Verunglimpfung meinerseits. Sie sind wirklich ignorant. Eigentlich sind sie ein Haufen von   – Sie wissen schon. Sie wurden zwar an diesen Eliteschulen ausgebildet, wissen aber nichts. Sie denken nur, sie wüssten etwas, und …

RS: Sie waren doch auch in Stanford und haben den letzten Teil Ihres Lebens am MIT verbracht, das sicherlich eine Elite-Universität ist. Konnten Sie dort nicht die nötigen Kenntnisse vermitteln?

TP: Ich habe in Stanford, am MIT, in Princeton und in Harvard unterrichtet. Ich kenne also diese Leute und ihre Privilegien. Darunter gibt es sicherlich auch einige sehr intelligente und nachdenkliche Menschen. Aber ein Großteil dieser Typen ist einfach nur selbstverliebt und glaubt, schon alles zu wissen. Sie hören nicht zu und sind eigentlich nicht daran interessiert, etwas zu lernen. Wenn man versucht, ihnen Fakten zu präsentieren, laufen sie kichernd davon. Wissen Sie, es ist wie bei Law and Order im Fernsehen, wo privilegierte Kinder an den Colleges immer ungestraft davonkommen.

Dass Studenten noch keine Experten sind, ist überhaupt kein Problem. Das Problem ist, dass sie nicht daran interessiert sind, es zu werden. Ich erinnere mich besonders an eine Figur, einen Typ namens Colin Kahl, der jetzt stellvertretender Sekretär für Politik im Pentagon ist. Der hat nicht die geringste Ahnung, obwohl er in Stanford studiert hat. Trotzdem haben sie ihn zum Co-Direktor des dortigen Zentrums gemacht. Er war unglaublich snobistisch. Als ich einmal versucht habe, etwas mit ihm zu besprechen drehte er sich weg und sagte: „Ich habe einen Job, ich habe einen richtigen Job, ich habe keine Zeit mehr für so etwas.“ Und dieser Mann ist jetzt auf höchster Ebene im Verteidigungsministerium tätig und möglicherweise Bidens Berater.

Der Typ ist also zu einer echten Gefahr geworden. Auch in der Obama-Regierung gab es schon derart gefährliche Leute. Im Atlantic Monthly ist ein interessanter Artikel von einem Mann namens Ben Rhodes erschienen. Rhodes war der nationale Sicherheitsberater für Kommunikation im Weißen Haus. Er hat der US-Regierung einen angeblich nachrichtendienstlich abgesicherten Bericht über einen Anschlag mit einem Nervenkampfstoff in Damaskus im August 2013 vorgelegt ( s. unter https://obamawhitehouse.archives.gov/the-press-office/2013/06/13/statement-deputy-national-security-advisor-strategic-communications-ben- ), der auch veröffentlicht wurde, obwohl er nur auf Fälschungen beruhte.

Dieser Atlantic Monthly-Artikell ist auch heute noch sehr interessant; ich möchte Ihren Lesern dringend empfehlen, ihn zu lesen (s. https://www.theatlantic.com/international/archive/2018/06/inside-the-white-house-during-the-syrian-red-line-crisis/561887/ ). Damit wollte Ben Rhodes zeigen, wie schlau er ist. Er enthüllt darin, dass es sein Hauptziel war, den Präsidenten Obama in einen Krieg mit Syrien zu treiben, bevor die öffentliche Empörung über den angeblichen Giftgasanschlag abebbte. Das wäre zu einer weiteren Katastrophe für die USA geworden..

Und in diesem Artikel prahlt er auch noch damit. Das ist ein echtes Fenster, das Ihre Leser nutzen sollten, um einen Blick auf die Denkweise einer Person zu werfen, die im Grunde nur durch Privilegien und Zufall zum nationalen Sicherheitsberater wurde, ohne wirklich zu wissen, was im Geheimdienstsystem vor sich geht.

Wir befinden uns also in einer gefährlichen Situation. Es gibt einen ganzen Haufen verantwortungsloser „Punks“ in der Politik, und das beunruhigt mich sehr. Ich meine die 30-jährigen Punks, die aus privilegierten Verhältnissen kommen und behaupten, Experten in Sachen Politik zu sein, obwohl sie in Wirklichkeit noch nicht einmal über das dafür erforderlich Grundwissen verfügen. Und sie sind Berater von Präsidenten. Das ist kein gutes professionelles System, dagegen müssen wir etwas tun.

RS: Oh Mann, aber lassen Sie uns noch über Anderes reden. Als ich Sie kennenlernte, traf ich im Pentagon den Kollegen, T.K. Jones (s. https://www.nytimes.com/2015/05/24/us/thomas-k-jones-us-arms-negotiator-dies-at-82.html ), der zu denen gehörte, die davon überzeugt waren, dass man einen Atomkrieg führen und überleben könnte. Der Titel meines Buches lautete „With Enough Shovels“, was besagt, man braucht nur genug Schaufeln, um eine tiefes Loch in die Erde graben zu können, muss es mit ausgehängten Türen belegen, die mit etwas Erde bedecken und schon kann man einen Atomkrieg überleben. Und diese (naive) Ansicht war wesentlicher Bestandteil unserer nuklearen Verteidigung und unserer gesamten Star Wars-Strategie. Nun befürchte ich, und damit greife ich Ihren Punkt auf, dass wir uns in einer Situation befinden, in der wir uns von dieser Ansicht verabschieden müssen, wenn wir überleben wollen. Ich stimme mit Ihnen in der Verurteilung von Putins Invasion überein, aber trotzdem können wir die Folgen eines Atomkrieges nicht einfach beiseite schieben, als gäbe es sie nicht   – auch wenn Madeline Albright und sogar Hillary Clinton gefragt haben, warum wir diese Waffen überhaupt bauen, wenn sie nie benutzen.

Und jetzt reden wir nicht einmal mehr über die Bedrohung, die von Atomwaffen ausgeht. Vielleicht sollten wir doch mehr über Diplomatie oder über Alternativen nachdenken. Ich überlasse Ihnen also das letzte Wort, und dann beenden wir die Diskussion.

TP: Nun, ich weiß nicht, was sich die beiden Frauen dabei gedacht haben, als sie die von Ihnen zitierten Aussagen machten.

RS: Ich bin mir nicht mehr sicher, wer von ihnen was gesagt hat.

TP: Das spielt auch kein Rolle. Ich kann Ihnen nur sagen, der Grund, warum diese Waffen nicht eingesetzt werden können, ist der, dass wir alle sterben werden, wenn wir sie einsetzen. So einfach ist das. Und ich könnte auch noch viel ausführlicher erklären, warum das, was ich gerade gesagt habe, richtig ist. Wenn sie also wieder die Frage stellen, warum wir diese Waffen nicht einsetzen können, ist die einfache Antwort: Wenn wir es tun, sind wir alle tot.

RS: Als Herausgeber dieser Diskussion möchte ich Sie bitten, sich noch ein oder zwei Minuten Zeit zu nehmen, um uns zu sagen, warum das so wäre, denn die Leute haben es offensichtlich vergessen.

TP: Nun, wenn wieder eine Atomwaffe eingesetzt würde, wird zunächst niemand wissen, was eigentlich passiert ist und was als nächstes kommt. Denken Sie an die Situation nach dem Anschlag auf das World Trade Center, als wir nicht mit einer Atomwaffe angegriffen wurden. Unsere Kommunikations- und Sensorsysteme waren alle in Ordnung und funktionierten einwandfrei. Aber als die zwei Flugzeuge in das World Trade Center einschlugen, hatten wir keine Ahnung, was vor sich ging. Der Präsident wurde nach Alabama in Sicherheit gebracht und anschließend zu verschiedenen Orte weit weg von Washington geflogen, weil wir nicht wussten, ob in Washington eine Atomwaffe explodieren würde. Condi Rice und Dick Cheney versteckten sich im Keller des Pentagons, während sie meiner Meinung nach in ihrer Führungsrolle zu unserem Land hätten sprechen und versuchen müssen, die Menschen zu beruhigen. Stattdessen versteckten sie sich im Keller. Gott sei Dank hat Joe Biden, der damals Vorsitzender des Senatsausschusses für auswärtige Beziehungen war, eine Führungsrolle übernommen. Er stand auf den Stufen des Kapitols – und riskierte sein Leben, ohne es zu wissen, denn auch das Kapitol war eines der Anschlagsziele. Er versuchte, den Menschen zu versichern, dass die USA noch funktionierten, und dass die Regierung arbeitet und sich um die Verteidigung kümmern wird.

Dies geschah, ohne dass unsre Land wirklich beeinträchtigt wurde. Die Schäden an den Einschlagsorten waren zwar entsetzlich, aber alles andere war in Ordnung und funktionierte. Alle Kommunikations- und Ortungssysteme waren zwar intakt, wir hatten aber keine Ahnung, was vor sich ging. Wenn eine Atomwaffe auf dem Gefechtsfeld gezündet wird, weiß zunächst niemand, was das bedeutet. War es eine einzelne Waffe? Werden ihr in wenigen Minuten oder Stunden weitere Atomexplosionen folgen? Wird der Gegner, den Sie gerade angegriffen haben, sofort oder erst in einigen Tagen mit einer oder mehreren Waffen nachziehen? Wird er versuchen, ihre Atomwaffenstandorte anzugreifen (und ihre wichtigen Kommandozentralen in Bündnisstaaten wie zum Beispiel die US Air Base Ramstein, weitere Infos dazu s. unter https://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_13/LP14415_060815.pdf )?

Keiner weiß, was der andere tun wird. Es ist wie ein Schachspiel auf einem Brett, bei dem man immer nur die Figur sehen kann, die gerade bewegt wird. Sie und ihr Gegner könnten auch schon die Kontrolle über die eigenen Figuren und die gegnerischen Züge verloren haben. Es herrscht ein totalen Chaos, und ehe man sich versieht, explodieren nicht nur ein paar Dutzend oder Hunderte, sondern Tausende von Atomwaffen. Das ist einfach unvermeidlich. Es ist wie bei der Finanzkatastrophe von 2008/09 (in den tatsächlichen Auswirkungen aber unvorstellbar desaströser). Bei den bestehenden Instabilitäten wird die Katastrophe nicht aufzuhalten sein. Deshalb sollten alle wirklich davor zurückschrecken, Atomwaffen auch nur auf niedrigstem Niveau einsetzen zu wollen.

RS: Sie haben ja darauf hingewiesen, dass nicht nur die USA, sondern auch Russland und andere Mächte ihre Atomwaffen modernisiert haben. Weil das russische Frühwarnsystem nicht so effektiv wie das der USA ist, hat Russland seine atomare Reaktion automatisiert. (Einmal in Gang gesetzt, kann sie also nicht mehr aufgehalten werden.) Ich erinnere mich an Interviews mit Leuten aus unseren eigenen Waffenlaboren, aus dem Pentagon und im Moskau der alten Sowjetunion. Sie und ich haben tatsächlich an Rüstungskontrollkonferenzen mit Leuten aus der alten sowjetischen Führung und der US-Regierung teilgenommen. Es steht also außer Frage, dass es kein Zurück mehr gibt, wenn eine Atomwaffe egal welcher Tonnage explodiert. Das scheinen wir aber aus den Augen verloren zu haben. Nach der Explosion eines Reaktors in Tschernobyl herrschte blankes Entsetzen. und das war angeblich eine sichere Anlage. Wenn jetzt, in einer angespannten weltweiten Situation, eine einzige Atomwaffe explodiert, gibt es kein Zurück mehr. Das wäre das Ende der Menschheit. Wissen die Politiker nicht, dass sie mit ihrem leichtfertigen Gerede über den Einsatz von Atomwaffen das Ende der Menschheit riskieren?

TP: Dabei ist es doch ganz einfach. Wer den Einsatz kleiner Atomwaffen propagiert, will uns einreden, ein kleiner Funke in einem mit Benzindämpfen gefüllten Raum wäre kein Problem. Das ist keine schlechte Analogie. Es ist zwar eher ein physikalisches als ein soziales Phänomen, aber im Grunde ist es die gleiche Situation. Man kann keinen kleinen Funken in einem Raum auslösen, der mit Benzindämpfen gefüllt ist. Das würde kein gutes Ende nehmen.

RS: Es ist aber gut, dass wir bis zu diesem Punkt diskutiert haben. . Ich danke Ihnen, dass Sie mir und unseren Zuhörern diese Zeit geschenkt haben. Ich hoffe zwar immer noch, dass die von uns geäußerten Befürchtungen nicht eintreten werden. Ich fürchte aber , das unsere Situation, seit wir uns in den 1980er Jahren zum ersten Mal trafen, noch bedrohlicher und beängstigender geworden ist. Und ich glaube auch, dass wir uns in einem falschen Gefühl der Sicherheit wiegen.

Quelle: ( https://scheerpost.com/2022/03/25/ted-postol-what-you-really-need-to-know-about-the-threat-of-nuclear-war/ )

Mit freundlicher Genehmigung von Fee Strieffler und Wolfgang Jung

*: Thomas Röper berichtet https://www.anti-spiegel.ru/2022/was-nicht-ins-bild-passt-wird-geloescht-soziale-medien-zensieren-informationen-ueber-butscha/?doing_wp_cron=1651191998.3833250999450683593750
dass bei Twitter Informationen, die die staatliche Lügenkampagne betreffend Butscha richtigstellen, zensiert werden.  Das wird sich wohl auch nicht nach dessen Übernahme durch Elon Musk ändern. Siehe hier:Twitter_Zensur_Butcha

**: Zu Butscha und Kramatorsk siehe hier:
https://josopon.wordpress.com/2022/04/12/wie-man-ein-massaker-inszeniert-und-das-narrativ-des-massakers-unter-kontrolle-behalt-und-welcher-fotogra-f-sich-dafur-gut-eignet/

***: genau um diesen Fall ging es schon in dem Stanley-Kubrick-Film: Dr.Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben. (Dr.Strangelove or how I learned to love the bomb)

****: Siehe dazu https://josopon.wordpress.com/2021/08/23/die-vereinigten-staaten-proben-den-nachsten-weltkrieg-large-scale-exercise-lse/

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.

Jochen

Verhandeln statt Schießen! Aufruf des Netzwerks Friedenskooperative

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

https://www.friedenskooperative.de/statement-ukrainekrise-verhandeln-statt-schiessen

Gemeinsame Sicherheit in Europa kann es nur mit Russland geben – Militärische Eskalation im Ukrainekonflikt muss gebannt werden

Es droht eine militärische Eskalation des Ukrainekonflikts. Selbst eine größere Konfrontation zwischen NATO und Russland ist nicht auszuschließen, angesichts der fortlaufenden Provokationen durch Manöver und des stetigen Aufbaus von Drohkulissen durch Truppenverlegungen beider Seiten.
Weder NATO noch Russland zeigen sich aktuell zu substantiellen Schritten des Entgegenkommens bereit, um die gefährliche Lage zu entspannen.

Jedes Menschenleben, welches der Krieg in der Ukraine in den vergangenen Jahren gekostet hat, war eines zu viel. Doch jetzt droht eine neue Eskalationsstufe, die zu einem größeren Krieg in Europa führen kann.

Das Netzwerk Friedenskooperative mahnt zur Deeskalation und fordert alle involvierten Parteien auf, miteinander zu sprechen, um die Spannungen zu beenden und die Grundlagen für eine gemeinsame europäische Sicherheitsstruktur zu schaffen.

Wir fordern die Bundesregierung auf:

  • Eine friedliche und diplomatische Lösung des Ukrainekonflikts mit allen Mitteln der zivilen Konfliktbearbeitung zu fördern.
  • Sich für die Fortsetzung und Stärkung von Diplomatie und Gesprächsformaten mit Russland und der Ukraine einzusetzen, wie etwa das Abkommen Minsk II und das Normandie-Format, damit der Ukrainekonflikt bearbeitet und gegenseitiges Vertrauen aufgebaut werden kann.
  • Den Export von Rüstungsgütern in Krisenregionen zu unterlassen. Dies würde nicht zur Konfliktlösung beitragen, sondern Öl ins Feuer gießen.
    Dies gilt gerade im Sinne der im Koalitionsvertrag vereinbarten feministischen Außenpolitik, die Abrüstung und Demilitarisierung der Gesellschaft zum Ziel hat.
  • Einen Neustart der Beziehungen mit Russland auf europäischer Ebene einzuleiten, damit eine gemeinsame Sicherheitsstruktur in Europa unter Einbeziehung der Sicherheitsinteressen aller beteiligten Staaten errichtet werden kann.

Europa braucht einen Neustart der Beziehungen zu Russland – Konkrete Schritte für Verhandlungen sind nötig

Für eine neue gemeinsame Sicherheitsstruktur in Europa braucht es erste Schritte und Verhandlungsangebote. Dies könnte beispielsweise von Seiten der NATO die Bereitschaft sein, die US-Atomwaffen aus Deutschland und Europa abzuziehen.
Beidseitig sollte ein Verzicht auf die Stationierung von Kurz- und Mittelstreckenraten in Europa verhandelt werden.
Auch ein Teilabzug der NATO-Truppen aus Osteuropa und das Einstellen militärischer Großmanöver in der Region (u.a. Defender) wären weitere wichtige Verhandlungsangebote hin zu Deeskalation und Diplomatie.

atomwaffen illegal

atomwaffen illegal

Ebenso muss das Ende der Sanktionen gegen Russland in Aussicht gestellt, die NATO-Osterweiterung kritisch hinterfragt und im Sinne der Entspannung gestoppt werden. Denn insbesondere die Ostererweiterung trug und trägt zu den schlechten Beziehungen bei und erschwert eine Lösung.
Die russische Seite könnte beispielsweise als Gegenangebot die Truppen an der ukrainischen Grenze und aus Belarus abziehen und ebenfalls ihre Militärmanöver beenden. Außerdem sollte Russland ernsthaft den Friedensprozess für die Ukraine stärken, indem es zum Beispiel auf Einhaltung des Waffenstillstandes und auf freie Wahlen hinwirkt. Zu zentralen Grundpfeilern des friedlichen Miteinanders in Europa, wie die Unverletzbarkeit von Grenzen, muss zurückgekehrt werden.

Alle Konfliktparteien sollten einem Sicherheitsbereich beiderseits der ukrainisch-russischen Grenze zustimmen, in dem keine Manöver stattfinden und alle Truppenbewegungen nur unter strengen Auflagen und transparent durchgeführt werden.

Diese Forderungen und Vorschläge sind Lösungsansätze zur Deeskalation eines zunehmend komplexer werdenden Konfliktes, der das Potential hat, sich zu einem weitreichenden Krieg auszuweiten, der nur Verlierer*innen kennen würde. Verhandeln statt schießen muss oberstes Gebot bleiben!

Gemeinsame Sicherheit mit Russland Schlüssel für Frieden und Abrüstung in Europa

Der Schlüssel für umfangreiche Abrüstungsbemühungen liegt in einer neuen europäischen Sicherheitsstruktur, die Russland miteinschließt. Wird Russland nicht mehr als Gefahr für die Sicherheit in Europa angesehen und umgekehrt, fällt die Aufrüstungslogik in sich zusammen.

Den vorgetragenen Begründungen für Aufrüstungsprojekte wie der Zwei-Prozent-Vorgabe der NATO, neuen Trägersystemen für die Atombomben in Büchel oder dem milliardenschweren Rüstungsprojekt FCAS würde so die Grundlage entzogen werden.

Auch unter dem Gesichtspunkt des Klimawandels ist es dringend notwendig, mit Russland zukünftig in Frieden zu Leben. Die Unterhaltung des militärischen Apparates, stetige Aufrüstung oder gar ein Konflikt, sind absolut schädlich für das Klima. Um die Bemühungen für eine klimafreundliche Transformation der Weltwirtschaft voranzubringen, ist es unabdingbar, dass die Spannungen zwischen den Großmächten bearbeitet und die Zusammenarbeit auf allen Ebenen gestärkt wird.

Friedensbewegung ist gefordert

Die Friedensbewegung muss Zeichen für Völkerverständigung in die Öffentlichkeit tragen und die Gefahr eines Krieges ins Bewusstsein der Menschen und vor allem der Politik holen. Sie muss klar sagen und zeigen, dass eine weitere Eskalation nicht hinnehmbar ist. In Richtung der Bundesregierung braucht es klare Ansagen, dass die große Mehrheit der Menschen in Deutschland kein Interesse an einer Konfrontation mit Russland und einem Krieg in Europa hat, sondern in Frieden leben möchte. Die Kontakte zwischen den Bevölkerungen in Russland und Deutschland sowie den anderen osteuropäischen Ländern müssen ausgebaut, damit Feindbilder abgebaut werden können.

Wichtig für die Friedensbewegung werden die Ostermärsche vom 14.-18. April 2022 sein, bei denen eine neue Friedenspolitik mit Russland zentrales Thema sein wird. Weitere bereits feststehende Termine für mögliche Protestaktionen und Diskussionen sind die Proteste gegen die Münchner Sicherheitskonferenz und die Münchner Friedenskonferenz am 18./19. Februar sowie die Konferenz der Kooperation für den Frieden am 18. und 19. Februar. Darüber hinaus ermutigt das Netzwerk Friedenskooperative Friedensgruppen zu dezentralen Aktionen!

Übersicht mit Stellungnahmen und Aktivitäten aus der Friedensbewegung (wird fortlaufend aktualisiert):

  • IPPNW-Pressemitteilung vom 14. Januar 2022: Friedensnobelpreisträgerorganisation fordert beidseitiges Entgegenkommen, hier lesen.
  • Erklärung des pax christi-Bundesvorstandes vom 27. Januar 2022, Dialog statt militärische Eskalation, hier lesen.
  • Pressemitteilung der „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ vom 27. Januar 2022, Keine Waffenlieferungen in die Ukraine!, hier lesen.
  • „Appell zur De-Eskalation des Konflikts in der Ukraine “ von WILPF Germany vom 27. Januar 2022, hier lesen.
  • Internationaler Versöhnungsbund, „Ukraine-Konflikt: Eskalation durch Drohnen stoppen! – Briefaktion zum Mitmachen!“ vom 01. Februar 2022, hier lesen.
  • Erklärung des Komitees für Grundrechte und Demokratie vom 03. Februar 2022, „Ukraine-Konflikt deeskalieren – gemeinsame Sicherheit mit Russland suchen!, hier lesen.
  • Erklärung des Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz zum Ukraine-Konflikt vom 1.02.2022 „Die Eskalation im Ukraine-Konflikt muss beendet werden“, hier lesen
  • Pressemitteilung des Forums Ziviler Friedensdienst (ForumZFD), „Ukraine-Krise: Den Krieg abwenden, den Frieden vorbereiten“, hier lesen
  • Kommrntar von Martina Fuscher (Brot für die Welt) „Warum es in der Ukraine-Krise Kooperation braucht“ vom 7.2., hier lesen

Hier dazu noch ein 1 Jahr alter Kommentar von Albrecht Müller auf den NDS, der sich mit der Vasallenrolle und der Unterwürfigkeit deutscher Politiker auseinandersetzt:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=68340
Auszüge:

Vasall der USA

Viele Deutsche (West) sehen in den USA eine Nation und in den dortigen Menschen ein Volk, das uns sehr geholfen hat: mitgeholfen bei der Befreiung von den Nazis, geholfen bei der wirtschaftlichen Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg.
Viele Deutsche sehen in den USA jene, die uns vor den Sowjets und den Kommunisten geschützt haben. Auch wenn man das anders sehen kann, generell kann man wohl sagen, dass in den 1950er- und 60er-Jahren so etwas wie ein abschreckendes Gleichgewicht der Kräfte bestand.
Damals wurden wir von den USA geschützt – so sah es zumindest aus –, heute werden wir benutzt.

Nato und RußlandDie Vereinigten Staaten von Amerika verfolgen vornehmlich ihre eigenen Interessen und diese Position hat einen ziemlich imperialen und auf eigene Interessen bedachten Charakter. Das ist nicht erst mit der Präsidentschaft Donald Trumps so gekommen. Es war vorher schon nicht viel anders. Mit Trump ist diese Haltung nur etwas deutlicher geworden, weil er auch die entsprechenden Formulierungen lieferte.
»America first« sollte eigentlich jedem deutlich machen, was hier gespielt wird. Da ist von Partnerschaft nicht die Rede. Es wird offen bekannt, dass die Interessen der USA Vorrang haben. Aber wie gesagt, das ist nicht neu. Das galt auch schon für Barack Obama, für Hillary Clinton, für Bill Clinton und die Bushs sowieso.

Versetzen Sie sich in die Lage des US-amerikanischen Präsidenten, zum leichteren Verständnis einfach in die des Präsidenten Trump.
Dann wird Ihnen vieles von dem, was im Folgenden zu lesen ist, sehr viel leichter einleuchten als ohne Nutzung dieser Verständnishilfe.

Stellen Sie sich vor, Sie wären der US-Präsident oder Vordenker beim zuständigen Geheimdienst. Was würden Sie dann tun?

Sie würden überlegen, wie Sie den Wohlstand der US-Nation und vor allem der führenden Kräfte auch in Zukunft erhalten können. Deshalb würden Sie zum Beispiel darüber nachdenken, wie man sich die Ressourcen in anderen Teilen der Welt, zum Beispiel in Eurasien oder im Mittleren Osten, zu eigen machen kann. Und Sie würden überlegen, wie man potenzielle Konkurrenten, insbesondere die großen Konkurrenten China und Russland, in Schach halten und kleinere Störfaktoren wie den Iran ausschalten kann.
Sanktionen sind eines der Instrumente, mit denen die USA ihre Gegner oder vermeintlichen Gegner zu beeinflussen und ihnen zu schaden versuchen. Sanktionen wirken dann erst richtig, wenn sie nicht von den USA alleine ausgesprochen und vollzogen werden. Die USA haben deshalb immer auch wieder versucht und erfolgreich versucht, andere Völker und Nationen in diese Sanktionspolitik zu integrieren.

Wenn Sie Präsident der USA wären, dann würden Sie selbstverständlich überlegen, wie Sie den Einfluss der USA auf wichtige Akteure in befreundeten Nationen sichern können, in Deutschland zum Beispiel und in Europa. Da würden Sie auf die naheliegende Idee kommen, dass der Einfluss über Parteien läuft, über Medien und über einzelne Gruppen sowie NGOs. Gegebenenfalls würden Sie eigens NGOs gründen oder dieses veranlassen.
Und Sie würden mithelfen, dass Ihre Freunde in angesehenen Organisationen, wie zum Beispiel der Heinrich-Böll-Stiftung oder im German Marshall Fund, das Sagen bekommen und behalten.

Sie würden dafür sorgen, dass diese Gewährsleute – die man auch Einflussagenten nennen könnte – in schwierigen Situationen ihre Stimme zugunsten der US-Politik erheben. Hier ist ein Musterbeispiel dafür. Das Beispiel betrifft die Debatte nach der Ermordung des iranischen Generals Kassem Soleimani im Irak. Der Bundestagsabgeordnete Michael Roth twitterte:

»Bei aller berechtigten Kritik an Präsident #Trump: Die von einigen bemühte Gleichsetzung von #USA und #Iran als globales Sicherheitsrisiko ist bescheuert & unanständig. Die USA sind eine liberale Demokratie. Im Iran werden Schwule & Dissidenten an Baukränen erhängt. #Soleimani«41

Dass gerade der Abgeordnete Michael Roth (SPD) jetzt schon seit 2013 Staatsminister im Auswärtigen Amt ist und schon zwei Außenminister überdauert hat, kann ich mir nur so erklären, dass mächtige Kräfte ihre Hand über ihn halten. Und er sich dann mit solchen Äußerungen und mit vielem anderen revanchiert.
Die Behauptung, die USA seien eine »liberale Demokratie«, kann nur von jemandem kommen, der als Propagandist engagiert ist und deshalb übersehen muss, dass in den USA nur Milliardäre oder ihre Gewährsleute Präsidenten werden können – alle Macht geht vom Gelde aus und nicht vom Volk.
Und er muss auch übersehen, dass radikale, rechts-religiöse Ideologen über weite Strecken das Sagen haben und Schwule, Dissidenten und übrigens auch Schwarze dort auf andere Weise fertiggemacht werden.

Der Einfluss auf die Personalpolitik in anderen Ländern und Kontinenten

Wenn Sie US-Präsident, CIA-Chef oder ein einflussreicher Berater wären, dann würden Sie selbstverständlich versuchen, die Personalpolitik anderer Völker und Völkergemeinschaften zu beeinflussen, bei befreundeten Nationen und bei fremden. Fangen wir mit Letzterem an:

Es ist ja kein Geheimnis, dass die USA die Präsidentschaft Boris Jelzins nutzten, um die Politik Russlands der 1990er-Jahre auch im Inneren zu bestimmen.
Die USA haben massenweise Berater geschickt und Jelzin sogar geholfen, eine für ihn gefährdete Wiederwahl zu gewinnen.Schock-Strategie_Naomi_Klein In Naomi Kleins Schock-Strategie wird das ziemlich detailliert beschrieben. Und weil heute mit Präsident Putin der Einfluss auf die Politik Russlands geschwunden ist, wird gegen diesen Stimmung gemacht – von den USA und im Verein damit von allen von den USA beeinflussten Politikern anderer Länder und der dort tätigen Medien, Sachverständigen, Beobachtern, sogenannten Experten.
Diese Stimmungsmache ist so wirksam, dass heute in der allgemeinen Öffentlichkeit der Eindruck entstanden ist, Russlands Wohlbefinden habe sich mit dem Wechsel von Jelzin zu Putin verschlechtert. Das ist schlicht die Unwahrheit.

Bei befreundeten Nationen funktioniert sowohl der personalpolitische Einfluss als auch der Einfluss auf Sachentscheidungen über ein Heer von Beratern:

stern

stern

Von der Leyen hat sich als Bundesverteidigungsministerin bei der Frage der Erhöhung der Militärausgaben so verhalten, wie der US-Präsident es gefordert hat: Militärausgaben erhöhen, Aufrüstung statt Abrüstung. Und obwohl diese Ministerin wegen ihrer hohen Ausgaben für Beratungsfirmen und verschiedenen Personalentscheidungen in Schwierigkeiten geraten und alles andere als ein Vorbild war, wurde sie Präsidentin der EU-Kommission.
Das ist eine Schlüsselfunktion und sie ist wichtig für die USA. *)

Die Personalentscheidung für von der Leyen ist lautlos über die Bühne gegangen. Kein vernünftiger Mensch kann erklären, wieso gerade sie dieses wichtige Amt bekommen hat.
Eine richtungsweisende Teilerklärung: Sie hatte die Unterstützung wichtiger Länder aus Osteuropa. Auf diese Staaten haben die USA einen großen Einfluss.

Von der Leyen hat beim ersten großen kritischen Fall sofort und eindeutig die Position der USA vertreten: Schuld an der Konfrontation im Nahen Osten und an der Hinrichtung des iranischen Generals sei der Iran selbst.
Mit ihr können die USA vermutlich auch bei anderen Gelegenheiten Pflöcke einschlagen und die innere Gestaltung der Europäischen Union maßgeblich mitgestalten. Ursula von der Leyen ist das Musterbeispiel einer »Einflussagentin«.

Warum Heiko Maas bei uns Außenminister geworden ist, erschließt sich den meisten Menschen und Beobachtern nicht. Solche Zweifel galten vorher schon für Sigmar Gabriel und den früheren Außenminister und jetzigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Bei Gabriel hat sich hinterher flugs gezeigt, in wessen Diensten er steht. Er wurde zum Vorsitzenden der Atlantikbrücke gewählt – als Nachfolger von Merz.

Letzterer gehört zum Kreis der bewährten US-Einflusspersonen. Bei ihm ist die Verflechtung auch institutionell gesichert. Er stand bis zu seiner Kandidatur für den CDU-Vorsitz in Diensten des großen US-Finanzkapitals, konkret: BlackRock.

Wie sehr die USA und die mit ihnen unmittelbar verbundenen Institutionen wie die NATO in den deutschen Medien verankert sind, wird verdrängt.
Umso wichtiger ist, dass die Anstalt des ZDF am 29. April 2014 detailliert dargestellt hat, welche Personen in deutschen Medien im Dienste atlantischer Interessen stehen. Wichtige deutsche Journalisten und Journalistinnen sind eng mit Institutionen wie der Atlantikbrücke verbunden und geben dieser Verbundenheit mit US-amerikanischen und NATO-Interessen in ihren Berichten und Kommentaren regelmäßig Raum. Das Feindbild Russland wieder neu aufzubauen, wäre ohne diese mediale Unterstützung nicht möglich gewesen.

Der Einfluss der USA auf politische Entscheidungen in anderen Ländern läuft heute schon und künftig wahrscheinlich noch sehr viel mehr über die wirtschaftlichen Verflechtungen, konkret über die Beteiligung großer angelsächsischer Kapitalsammelstellen wie BlackRock und Blackstone an allen wichtigen Unternehmen in Europa und in der Welt. Darüber wurde ausführlich in II. 3 und II. 4 berichtet.

Es gibt noch ein paar besondere Methoden der Einflussnahme. Eine ist schon erwähnt worden: der Aufbau von NGOs, die US-amerikanische Interessen in fremden Ländern vertreten. In der Ukraine haben die USA fünf Milliarden Dollar investiert, um die Ukraine aus dem Einflussbereich Russlands herauszulösen. Auch die Proteste auf dem Maidan im Winter und Frühjahr 2013/2014 sind mithilfe solcher NGOs befeuert worden. Im konkreten Fall gab es auch eine enge finanzielle Zusammenarbeit zwischen den USA und dem Milliardär Soros.

In den USA sind zum Zwecke der Beeinflussung anderer Völker eine Reihe von Institutionen aufgebaut worden. Eine von besonderer Bedeutung ist die National Endowment for Democracy (NED). Sie wurde 1983 gegründet und soll die liberalen Demokratien in der Welt fördern. Diese Einrichtung war in der Ukraine sehr engagiert. – Man kann ja diese Formen der Einflussnahme für unproblematisch halten. Ja, manche halten diese Mechanismen der Beeinflussung anderer Völker sogar für ehrenwert. Mit zwei anderen Methoden dürften aber selbst dicke Freunde der USA Probleme haben:

Wenn Sie sich in die Rolle des US-amerikanischen Präsidenten versetzen, dann ist Ihnen die hier beschriebene Praxis der weltweiten Machenschaften des US-Finanzministeriums ein Begriff. Sie sind der steuernde Hintermann, Sie nutzen »die Superwaffe des Mr. Glaser. [Nämlich] Sanktionen gegen Russland und den Iran« mit nachhaltigem Erfolg. Sie bringen mithilfe der Sanktionen Völker reihenweise in ökonomische Schwierigkeiten. Sie sorgen auf diese Weise auch dafür, dass Tausende unschuldiger Menschen verhungern oder auf andere Weise sterben.

Leserinnen und Leser, die befürchten, hier würden Verschwörungstheorien ausgebreitet, sollten den Zeit-Artikel über die »Superwaffe des Mr. Glaser« lesen.
Er stammt von 2014 und beschreibt die Instrumente des US-Präsidenten zur Beeinflussung der Finanzmärkte in anderen Regionen und Ländern.

John Perkins berichtet in seinem 2004 erschienenen Buch Bekenntnisse eines Economic Hit Man, wie das aus anderem Anlass und in einem anderen Milieu in der Praxis funktioniert hat. Der Autor schildert, dass er als Angestellter einer Unternehmensberatung im Auftrag der United States Agency for International Development (USAID), der Weltbank und weiterer Institutionen mit Erfolg versucht hat, Repräsentanten anderer, meist kleinerer Staaten dazu zu veranlassen, ihr Land zu verschulden und damit so in Abhängigkeit zu bringen, dass sie sich bei Abstimmungen der UNO und anderen Gelegenheiten dem Willen der USA beugen. Todesopfer waren bei diesen Operationen nicht ausgeschlossen. Auch er schildert die Auslagerung der eigentlichen Drecksarbeit an Dritte.

Dies alles hat mit den hehren Vorstellungen von Freundschaft und Ebenbürtigkeit zwischen USA, uns und anderen Völkern wenig zu tun. Und es ist schlimmer geworden. Wir waren schon einmal autonomer und mutiger, uns dem Einflussbereich der USA zu entziehen.

Dafür will ich nur zwei Beispiele nennen. Sie stammen aus der eigenen Erfahrungswelt:

Erstes Beispiel: Es ist ja allgemein bekannt, dass Brandt nach dem Zweiten Weltkrieg bei seiner politischen Arbeit in Berlin mit den West-Alliierten und insbesondere mit den USA eng zusammengearbeitet hat und von diesen wohl auch gestützt worden ist. Er hat auch den Beginn der Ostpolitik im Dezember 1966 als Außenminister der Bundesrepublik Deutschland eng mit den westlichen Alliierten und der NATO abgestimmt.
Anders wäre das damals gar nicht möglich gewesen. Als sein Mitarbeiter habe ich ihn dann allerdings während der ganzen Zeit meiner Mitarbeit als autonom und US-kritisch erlebt. Dass die Verantwortlichen in den USA das ähnlich empfunden haben, wird schlagartig an dem bekanntgewordenen Dialog zwischen Präsident Nixon und Sicherheitsberater Kissinger sichtbar. Davon berichtete der Spiegel. Ich zitiere das ganze veröffentlichte Stück, weil daran der Geist dieser Freundschaft wie auch der weitere Niedergang sichtbar wird:

»Todeswünsche für Willy Brandt

kissinger2018

kissinger2018

NixonUS-Präsident Richard Nixon und sein Sicherheitsberater Henry Kissinger haben Kanzler Willy Brandt bekanntlich nie getraut. Neu ist allerdings, dass sie ihm den Tod an den Hals wünschten.
Das zeigt eine Tonbandaufnahme, die nun das US-Außenministerium veröffentlicht hat. Es geht um ein Gespräch am 3. Februar 1973. Brandt litt an einer Stimmbandentzündung und hatte eine Geschwulst entfernen lassen.

Nixon: Wie sieht es mit Brandts Kehle aus?
Kissinger: Leider ist sie (die Geschwulst – Red.) nicht bösartig. Es ist schrecklich, so etwas zu sagen …
Nixon: Ich weiß, was Sie meinen …
Kissinger: Ich meine …
Nixon: Sie meinen, dass er unglücklicherweise bei sehr guter Gesundheit ist.
Kissinger: Leider wird er uns erhalten bleiben, yeah.
Nixon: Er ist ein Trottel.
Kissinger: Er ist ein Trottel …
Nixon: Er ist ein Trottel …
Kissinger: … und er ist gefährlich.
Nixon: Tja, leider ist er gefährlich

Keine Sorge: Die heute amtierenden Politikerinnen und Politiker in Europa wurden und würden – von wenigen Ausnahmen abgesehen – von solchen Todeswünschen verschont. Man ist sich ihrer Zuneigung und Zuarbeit offensichtlich sicher.

Zweites Beispiel: Am 7. Januar 2020 gab es im rheinland-pfälzischen Landtag eine Feierstunde »100 Jahre amerikanische Präsenz an Rhein und Mosel«. Anwesend war der Kommandeur der US-Armee im Europa-Hauptquartier (Wiesbaden), General Christopher Cavoli.
Die pfälzische Zeitung Pfalz Express berichtete: »Landtagspräsident Hendrik Hering und Innenminister Roger Lewentz (SPD) dankten den US-Amerikanern für ihren Beitrag zur Demokratiebildung in Deutschland und für 75 Jahre Frieden.«
Ein kurzer Blick zurück zeigt, wie anders das Verhältnis einmal war. Im Landtagswahlkampf 1990/91 hat der damalige Spitzenkandidat der SPD, Rudolf Scharping, gefordert, Rheinland-Pfalz dürfe nicht weiter der »Flugzeugträger der USA in Europa« sein.

Jetzt wird die Präsenz der Alliierten gefeiert. Wir waren schon mal viel weiter. Heute sieht es jedenfalls nicht so aus, dass wir uns jemals aus den Fängen der USA und der NATO befreien können.

Die USA sind ein interessantes Land. Die US-Amerikaner sind oft kreativ und menschenfreundlich. Ich habe als junger Mensch in Heidelberg, meiner Heimatstadt, eine Reihe von produktiven kulturellen Erfahrungen mit US-Bürgern gemacht. Im Jazzclub Cave 54, mit dem Amerika-Haus und bei vielen weiteren Gelegenheiten.

Es gibt keinen Grund, ein schlechtes Verhältnis zu US-Amerikanern zu haben.

Aber es gibt einige Gründe, die USA als imperiale Macht nicht mehr zu akzeptieren. Weil das gefährlich ist, weil der grundlegende Geist der Beherrschung und der Konfrontation einem friedlichen Zusammenleben der Menschen nicht guttut und im konkreten Fall Europas äußerst gefährlich wird.

Deshalb wird es die Hauptaufgabe der deutschen Politik in den nächsten Jahren und Jahrzehnten sein, uns aus der Vormundschaft der USA zu lösen. Das ist eine Herkulesarbeit. Und sie ist nicht leichter geworden.

Auszug aus Albrecht Müller: Die Revolution ist fällig. Aber sie ist verboten.

Ein drittes Beispiel in dieser Reihe wäre der Umgang der USA mit Schweden (U-Boot-AAffäre) und dem Mord an Olof Palme als Vertreter eines humanisierten dritten Weges gibt es hier ein Video von Dirk Pohlmann 2014 für arte:
https://mega.nz/folder/XYkkGKTb#l-saBKkGnMo4fYJvbRgpJA
Das Video braucht Zeit zum Herunterladen!

*: Nebenbei ist sie, wie Thomas Röper nachgewiesen hat, umgeben von Beratern:= Einflussagenten aus dem Bill-u.Melinda-Gates-Netzwerk.

Die heutigen NachDenkSeiten haben auch das Verhalten des aktuellen kanzlers Scholz analysiert, s.hier:

https://www.nachdenkseiten.de/?p=80522

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

Nach Afghanistan: Die Ära der Straflosigkeit

Westliche Militärs töteten in Afghanistan tausende Zivilisten und begingen Kriegsverbrechen. Fast nichts davon wurde vor dem endgültigen Abzug gesühnt.

(Eigener Bericht) – Mit dem endgültigen Abzug der westlichen Truppen aus Afghanistan am morgigen Dienstag gehen auch zwei Jahrzehnte tödlicher westlicher Angriffe auf Zivilisten sowie systematischer westlicher Kriegsverbrechen am Hindukusch zu Ende. Bis zum Abschluss des US-Abzugsabkommens mit den Taliban im Februar 2020 kamen durch Luftangriffe westlicher Streitkräfte und Spezialkräfteoperationen laut UN-Angaben jährlich hunderte Zivilisten zu Tode – mindestens 559 im Jahr 2019. Zahllose Unbeteiligte wurden bei US-Drohnenattacken getötet; laut Unterlagen, die ein Whistleblower durchstach, war zeitweise nur eines von zehn Drohnenopfern ein von den US-Militärs zur Ermordung freigegebenes „Ziel“. Informationen, die für die Drohnenangriffe benötigt wurden, wurden auch von deutschen Stellen an US-Militärs weitergeleitet; dies gilt auch für Informationen, die zu Verschleppung und Folter von Verdächtigen durch die CIA führten. Australische Spezialtrupps begingen Morde an wehrlosen Zivilisten als Initiationsritual. Westliche Kriegsverbrechen blieben in aller Regel straflos – bis heute.

Zivile Todesopfer

Die westlichen Streitkräfte, die jetzt wohl endgültig aus Afghanistan abziehen, haben bei ihren Operationen am Hindukusch bis zuletzt regelmäßig eine hohe Zahl an Zivilisten umgebracht. Die Opferstatistiken der Vereinten Nationen ordnen etwa von den 3.804 Zivilisten, deren Tod durch Kriegshandlungen im Jahr 2018 verlässlich dokumentiert wurde, mindestens 1.185 Angriffen der diversen Truppen zu, die auf Seiten der Regierung in Kabul kämpften; mindestens 406 von ihnen kamen demnach bei Einsätzen westlicher Militärs ums Leben. Im Jahr 2019 stieg die Zahl der zivilen Todesopfer westlicher Truppen auf mindestens 559; ein Rückgang ließ sich erst nach dem US-Abzugsabkommen mit den Taliban im Februar 2020 konstatieren. Immer wieder haben die westlichen Streitkräfte Luftangriffe durchgeführt, die wegen ihrer eklatanten Opferzahl zum Gegenstand der internationalen Medienberichterstattung wurden. Im Juni 2007 etwa kamen bei einem Luftangriff in der Provinz Helmand, dem letzten in einer langen Serie an Bombardements, bis zu 80 Menschen, die meisten von ihnen Zivilisten, zu Tode.[1]
Am 5. Mai 2019 starben bei einem US-Bombardement angeblicher Drogenlabore mindestens 30, vermutlich 60 oder gar mehr Zivilisten. Während die USA behaupten, es habe sich um Taliban gehandelt, beklagt die UNO hingegen den Tod von zivilen Arbeitern, Frauen und Kindern.[2]

„Man nahm das hin“

Die Liste ließe sich verlängern. Sie umfasst nicht zuletzt das gezielte Bombardement einer großen Anzahl von Zivilisten, das am 4. September 2009 vom deutschen Oberst Georg Klein befohlen wurde. Die Bomben trafen Hunderte Menschen, die sich bei einem feststeckenden Tanklastwagen eingefunden hatten, um Benzin für ihre Familien abzuzweigen; über hundert Zivilisten kamen zu Tode. Klein hatte den Luftangriff gegen ausdrückliche Warnungen der US-Piloten angeordnet, die darauf hingewiesen hatten, es handele sich bei der versammelten Menschenmenge offensichtlich nicht um Aufständische.[3]
Abgesehen von Luftangriffen sind Zivilisten oft bei Operationen von – häufig US-amerikanischen – Spezialkräften zu Tode gekommen. Erst vor kurzem berichtete der Potsdamer Militärhistoriker Sönke Neitzel unter Berufung auf umfangreiche Interviews mit deutschen Afghanistan-Veteranen von außergewöhnlich hohen zivilen Opferzahlen: „Wenn bei Operationen der amerikanischen Spezialkräfte Zivilisten auch mal im dreistelligen Bereich umkamen, nahm man das hin.“[4]
Regelmäßig am Hindukusch im Einsatz waren auch Trupps des deutschen Kommando Spezialkräfte (KSK). Ob und, wenn ja, zu wievielen zivilen Opfern diese Einsätze führten, ist aufgrund der strikten Geheimhaltungspraxis der Bundesregierung nicht bekannt.

Zufallsopfer: neun von zehn

Zahlreiche zivile Todesopfer forderten auch die US-Drohnenattacken, die vor allem US-Präsident Barack Obama dramatisch ausweitete. Das Londoner Bureau of Investigative Journalism, das die Drohnenangriffe seit Jahren systematisch analysiert, listet für Afghanistan inzwischen mehr als 13.000 derartige Attacken auf. Die Zahl der Todesopfer wird mit zwischen 4.100 und über 10.000 angegeben, die Zahl der nachweislich zivilen Todesopfer mit 300 bis 900.[5] Laut Recherchen der Onlineplattform The Intercept dürfte diese Zahl zu niedrig sein. Wie The Intercept bereits im Oktober 2015 unter Berufung auf Dokumente berichtete, die ein Whistleblower übergeben hatte, fanden sich unter den mehr als 200 Todesopfern einer US-Drohnenkampagne von Januar 2012 bis Februar 2013 im Nordosten Afghanistans lediglich 35, die auf US-Ziellisten verzeichnet waren. Während fünf Monaten lag der Anteil derjenigen, die ungeplant mit Drohnen umgebracht wurden, bei fast 90 Prozent.[6] Daniel Hale, der Whistleblower, der den Einblick in die Abgründe der US-Drohnenmorde ermöglichte, wurde im Juni zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt.[7]
Angaben, die der Vorbereitung von Drohnenattacken dienten – Mobilfunkdaten von Verdächtigen etwa -, wurden auch von deutschen Stellen an US-Einheiten weitergegeben. Die Bundesrepublik ist damit in die US-Drohnenmorde involviert.[8]

Zu der hohen Zahl ziviler Todesopfer im Rahmen von Kriegsoperationen kommen gezielte Morde ohne jeden Anlass hinzu. So belegt ein im Herbst 2020 veröffentlichter Untersuchungsbericht, dass Angehörige australischer Spezialkräfte mindestens 39 Afghanen gänzlich willkürlich umbrachten. Auf einem Video ist beispielsweise dokumentiert, wie ein australischer Soldat einen wehrlos in einem Kornfeld liegenden afghanischen Zivilisten mit drei Schüssen aus nächster Nähe ermordete. Dem Untersuchungsbericht zufolge handelt es sich bei diesen Morden an unbewaffneten Zivilisten außerhalb jeglichen Kampfgeschehens um ein Initiationsritual, mit dem neue Mitglieder der australischen Spezialeinheit ihre angebliche soldatische Eignung unter Beweis stellen mussten. Die Praxis wurde demnach „blooding“ genannt.[9]
Morde außerhalb des Kampfgeschehens werden auch US-Soldaten vorgeworfen. So berichtet der Militärhistoriker Neitzel, laut Berichten deutscher Militärs seien „selbst hartgesottene Soldaten des KSK“ (Kommando Spezialkräfte) „erschüttert“ gewesen, „als ihnen Amerikaner nonchalant davon berichteten, wie sie gefangene Taliban exekutierten“.[10]
Auch für Morde britischer Spezialkräfte an afghanischen Zivilisten liegen klare Hinweise vor.[11]
Konsequenzen hatten die Willkürmorde für die westlichen Soldaten fast nie.

Verschleppung und Folter

Kaum aufgeklärt und stets straflos sind nicht zuletzt zahllose Fälle der Verschleppung Verdächtiger in Foltergefängnisse im Rahmen des „Anti-Terror-Kriegs“ seit dem Herbst 2001. Die Praxis betraf auch Afghanistan, wo Personen, die – zutreffend oder unzutreffend – jihadistischer Terroraktivitäten bezichtigt wurden, aufgegriffen, in Verliese verschleppt und dort brutal gefoltert wurden. Nach Erkenntnissen des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) kann bei mindestens 54 Personen klar aufgezeigt werden, dass Angehörige der US-Streitkräfte in Afghanistan sie folterten, misshandelten sowie sexualisierte Gewalt an ihnen verübten. Dieselben Verbrechen an 24 Personen lassen sich dem IStGH zufolge auch CIA-Mitarbeitern nachweisen.[12]
Zumindest in einige der Fälle ist die Bundesrepublik involviert: Deutsche Stellen lieferten den USA nicht nur Informationen, die zur Verschleppung und Festsetzung auch deutscher Staatsbürger führten; Mitarbeiter mehrerer deutscher Geheimdienste (Bundesnachrichtendienst, Verfassungsschutz) wie auch Polizeibehörden (Bundeskriminalamt) verhörten Verschleppte in afghanischen Folterkerkern, darunter Khaled el-Masri aus Ulm [13] und Ahmad S. aus Hamburg [14].
Berichte von Murat Kurnaz aus Bremen, er sei in einem US-Lager in Kandahar nicht nur festgehalten und gefoltert, sondern auch von KSK-Soldaten geschlagen worden, wiesen die Bundeswehr und die Bundesregierung zurück. Neutralere Zeugen bestätigten Kurnaz‘ Version.[15]

Quellen

[1] Jason Burke: ‚Up to 80 civilians dead‘ after US air strikes in Afghanistan. theguardian.com 01.07.2007.

[2] UNAMA Special Report: Airstrikes on alleged drug-processing facilities. Farah, 5 May 2019. Kabul, October 2019. unama.unmissions.org.

[3] S. dazu Die Bomben von Kunduz. https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/4637/

[4] Sönke Neitzel: Deutsche Krieger. Vom Kaiserreich zur Berliner Republik – eine Militärgeschichte. Berlin 2020. S. 547.

[5] Strikes in Afghanistan. thebureauinvestigates.com.

[6] Jeremy Scahill: The Assassination Complex. theintercept.com 15.10.2015.

[7] Chip Gibbons: Daniel Hale Went to Prison for Telling the Truth About US Drone Warfare. jacobinmag.com 05.08.2021.

[8] S. dazu Zur Tötung vorgeschlagen. https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/6517/

[9] Matthew Doran: Afghanistan war crimes report released by Defence Chief Angus Campbell includes evidence of 39 murders by special forces. abc.net.au 19.11.2020. S. dazu Bilanz von 18 Jahren. https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8449/

[10] Sönke Neitzel: Deutsche Krieger. Vom Kaiserreich zur Berliner Republik – eine Militärgeschichte. Berlin 2020. S. 547.

[11] Panorama Investigation: War crimes scandal exposed. bbc.co.uk 17.11.2019.

[12] Situation in Afghanistan. Summary of the Prosecutor’s Request for authorisation of an investigation pursuant to article 15. International Criminal Court. 20 November 2017.

[13] S. dazu Wer ist „Sam“, der deutsche Foltergesandte? https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/2733/

[14] Hans Leyendecker: „Hochkonkret“ oder „abstrakt“? sueddeutsche.de 01.11.2010.

[15] Brite bestätigt: KSK misshandelte Kurnaz. tagesspiegel.de 24.01.2008.

Internationale Pandemie-„Übung“ 2019 – Wie der Lockdown nach Deutschland kam

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

paul schreyer

Sehr erhellend, was Paul Schreyer da Sensationelles herausgefunden hat. Danke an Norbert Haering für die Weiterleitung.
https://multipolar-magazin.de/artikel/wie-der-lockdown-nach-deutschland-kam
Hier werden auch Namen genannt. Das kann einem richtig Angst machen, aber nicht vor dem Corona-Virus.
Schock-Strategie_Naomi_KleinSchon Naomi Klein hatte in „Die Schock-Strategie“ beschrieben, wie schön sich der Kapitalismus jede Naturkatastrophe dienlich macht.
Von den „Maskendeals“ bis zu eigenartigen Gebaren der Europäischen Pharma-Agentur, in deren Vorstand eine ehemalige Pfizer-Lobbyistin sitzt.
Auszüge:

Ein hoher Mitarbeiter von Gesundheitsminister Jens Spahn hat im Februar 2019 an einer international besetzten Pandemie-Übung teilgenommen, die von privat finanzierten US-Institutionen organisiert wurde.
Ein Jahr später empfahl der gleiche Beamte mehreren Staatssekretären des Bundesinnenministeriums, Lockdown-Maßnahmen vorzubereiten, die in keinem offiziellen Pandemieplan enthalten waren. Auf Multipolar-Nachfrage will er sich dazu nicht äußern. Eine Recherche macht deutlich: Ein international verzweigtes Biosecurity-Netzwerk war kurz vor Ausbruch der Krise sehr aktiv.

PAUL SCHREYER, 15. Juli 2021, 6 Kommentare

Lange war unklar, auf welchem Weg die bis dahin beispiellose Idee eines Lockdowns ihren Weg in deutsche Regierungskreise fand.
Wer empfahl der Regierung die radikalen Maßnahmen, die sich in keinem amtlichen Papier zur Pandemievorsorge finden? Woher kamen die Pläne, die bis hin zu Ausgangssperren und einem Herunterfahren großer Teile der Gesellschaft reichten?

Im Frühjahr dieses Jahres brachte der ehemalige Spiegel-Chefredakteur Georg Mascolo etwas Licht in dieses Dunkel.
In dem gemeinsam mit seiner Frau, der Stern-Journalistin Katja Gloger, verfassten Buch „Ausbruch- Innenansichten einer Pandemie“ wird auf den ersten Seiten beschrieben, worüber innerhalb der Bundesregierung beraten wurde, nachdem Italien angesichts von fünf Corona-Toten am 23. Februar 2020 das chinesische Modell übernommen und ganze Städte abgeriegelt hatte:

Am Rosenmontag des Jahres 2020, es ist der 24. Februar, bittet Jens Spahns Staatssekretär Thomas Steffen um einen eiligen Termin im Bundesinnenministerium. (…) Heiko Rottmann-Groner begleitet ihn, Leiter der Unterabteilung 61: ‚Gesundheitssicherheit‘. Drei Staatssekretäre von Minister Horst Seehofer warten bereits auf die beiden, dazu weitere Beamte. (…) Staatssekretr Steffen wirkt angespannt. Er glaube nicht, dass sich Corona noch eindmmen lasse, bekennt er. (…) Jetzt gehe es in die nächste Phase, die Mitigation, Schadenminderung. Als die Beamten aus dem Innenministerium wissen wollen, was ‚Mitigation‘ genau bedeute, übernimmt Rottmann-Groner. Man müsse die Vorkehrungen dafr treffen, dass es zu Ausgangssperren von unbestimmter Dauer komme. Man müsse auch, wie es spter in einem Vermerk über das Gespräch heißen wird, ‚die Wirtschaft lahmlegen sowie die Bevölkerung auffordern, sich Lebensmittelvorräte und Arzneimittelvorräte anzulegen‘. ‚Lockdown‘ wird so etwas bald genannt werden, aber an diesem Rosenmontag wird noch ein anderes Wort verwendet: Es lautet ‚Abschaltung‘.

Im umfangreichen Nationalen Pandemieplan der Bundesrepublik Deutschland von 2017 (hier Teil 1 und Teil 2) ist von solchen Maßnahmen allerdings keine Rede.
Darin werden lediglich viel zurückhaltendere Schritte, wie die Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen und eine Beschränkung oder ein Verbot großer Veranstaltungen empfohlen. Schulschließungen betrachtet der Pandemieplan sehr differenziert und diskutiert sie nur unter zahlreichen Vorbehalten. Von Grenzschließungen wird klar abgeraten.
Auch das „Social Distancing“ in der Öffentlichkeit mit fest definierten Abständen (1,50 Meter) findet sich an keiner Stelle als Empfehlung, ebensowenig Ausgangssperren oder gar ein Lahmlegen der Wirtschaft.

Woher also stammten die von Rottmann-Groner vorgetragenen, ungewöhnlich radikalen Empfehlungen? Hatte ihn jemand entsprechend beraten? Wenn ja, wer?
Auf Nachfrage von Multipolar hielt sich der Beamte dazu bedeckt. Er könne das Interesse zwar grundsätzlich nachvollziehen, könne die Buch-Passage aber nicht kommentieren, was nicht heiße, dass er die Darstellung im Buch selbst so bestätigen würde oder hierzu weitergehende Einschätzungen geben könnte.
Eine Nachfrage, ob er zumindest sein Schweigen zur Sache begründen wolle und somit erklären, warum an dieser entscheidenden Stelle keine Transparenz hergestellt werde, ließ er unbeantwortet.

Wer ist Heiko Rottmann-Groner?

Der Ministerialbeamte kommt aus dem Umfeld der Merkel-Vertrauten Hildegard Müller, einer Bankerin, die in die Politik wechselte.
Zunächst leitete er deren Abgeordnetenbüro im Bundestag, dann ab 2005, nach ihrem Aufstieg zur Staatsministerin ins Kanzleramt, ihr dortiges Büro, wo Müller für die neugewählte Bundeskanzlerin die Bund-Länder-Beziehungen koordinierte.
Müller, deren politischer Aufstieg von der Dresdner Bank mitfinanziert wurde, gehörte zum kleinen Kreis innerhalb der CDU, auf den Merkel sich wirklich verlassen konnte, wie der Spiegel seinerzeit einschätzte.

Nachdem Müller die Politik wieder verlie und Lobbyistin wurde, setzte Rottmann-Groner seine Karriere unter ihrem Nachfolger Hermann Gröhe fort, dessen Büro im Kanzleramt er ebenso leitete, wie anschließend sein Büro als CDU-Generalsekretär. Nachdem Gröhe 2013 von Merkel zum Gesundheitsminister gemacht wurde, beförderte er Rottmann-Groner zum Chef des Leitungsstabs dieses Ministeriums.
Als Gröhe Anfang 2018, nach der Bundestagswahl, dann auf Druck der Kanzlerin Jens Spahn Platz machen musste, gelangte Rottmann-Groner auf seinen heutigen Posten als Leiter der Unterabteilung für Gesundheitssicherheit und damit an eine Schlüsselstelle in der Corona-Krise.

Der Begriff Gesundheitssicherheit wurde schon vor der Krise schrittweise mit Bedeutung und administrativem Gewicht aufgeladen.
Während es dazu 2017 lediglich ein kleines Referat im Ministerium gegeben hatte, erweiterte Spahn dies zunächst zu einer Unterabteilung und schlielich sogar zu einer vollständigen eigenen Abteilung der höchsten Gliederungsebene im Ministerium.
Diese Abteilung wurde ab März 2020 von einem Bundeswehrgeneral geleitet, ein markantes Novum im Gesundheitsministerium.
Spahn erklärte zu dessen Ernennung in einem Nebensatz, dass die Abteilung bereits Ende 2019 geplant worden war, also vor Ausbruch der Krise.

Eine Pandemie-Übung in München 2019

Was bisher nicht bekannt war: Der gleiche Ministerialbeamte, der der Bundesregierung im Februar 2020 die Lockdown-Manahmen empfahl, hatte ein Jahr zuvor als deutscher Vertreter an einem hochrangig besetzten Pandemie-Planspiel teilgenommen, das von privat finanzierten US-Institutionen organisiert worden war.
Dort begegnete er dem Who is who der internationalen Biosecurity-Szene, einer kleinen Gruppe von Lobbyisten und Fachleuten, die seit dem globalen Schock der Trump-Präsidentschaft im Jahr 2017 wieder verstärkt und mit viel Sponsorengeldern vor Pandemien und Bioterror warnten und politische Entscheidungsträger aus vielen Lndern der Welt in entsprechende Planspiele einspannten.

Die bekanntesten dieser Übungen sind Event 201 im Oktober 2019 in New York und Clade X im Mai 2018 in Washington.
Bislang kaum bekannt ist dagegen die zeitlich dazwischen liegende Übung, die am 14. Februar 2019, einen Tag vor Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz, in München stattfand.
Rottmann-Groner, Spahns Unterabteilungsleiter für Gesundheitssicherheit, traf dort auf Schlüsselpersonen der internationalen Biosecurity-Szene, die in der breiten ffentlichkeit jedoch kaum bekannt sind. Darunter waren:

  • Chris Elias, bei der Gates Foundation Präsident der Abteilung für Globale Entwicklung, zust#ndig unter anderem für Impfstoff-Auslieferung, sowie wenige Monate später Mitspieler von Event 201
  • Tim Evans, Mitgründer der Impfallianz GAVI, ehemals Mitarbeiter der Rockefeller Foundation, von 2003 bis 2010 in der Führungsebene der WHO sowie von 2013 bis 2019 bei der Weltbank als Direktor für Gesundheit, Ernährung und Population Global Practice und ebenfalls Mitspieler von Event 201
  • Jeremy Farrar, Direktor des umgerechnet mehr als 30 Milliarden Dollar schweren Wellcome Trust, einer britischen Stiftung zur globalen Gesundheitsförderung, die politisch ähnlich aktiv und mächtig ist wie die Gates Foundation; Farrar und Elias sind zudem gemeinsam mit Christian Drosten seit 2017 Mitglieder eines Gremiums, das die Bundesregierung in Fragen internationaler Gesundheitspolitik berät
  • Jeremy Jurgens, ein Amerikaner aus der Leitungsebene des World Economic Forum, dort Direktor für Global Industries and Strategic Intelligence

Das Bild oben zeigt einen Ausschnitt des Gruppenpanoramas der Teilnehmer, entnommen dem Abschlussbericht der Übung. Zu sehen sind Elias (3.v.l.), Evans (6.v.l., ganz hinten), Farrar (4.v.r.) und Rottmann-Groner (2.v.r.).
Eine der Hauptverantwortlichen für die Planung der Übung, Beth Cameron, steht ganz links.

Cameron, das Pentagon und die Nuclear Threat Initiative

Cameron ist ebenfalls eine Schlüsselfigur der Szene. Sie arbeitete von 2010 bis 2013 im Pentagon als Direktorin der Abteilung für Cooperative Threat Reduction und wechselte dann ins Weiße Haus in den Nationalen Sicherheitsrat, als Direktorin für Global Health Security and Biodefense. Diese Abteilung, die erst unter US-Prsident Barack Obama 2016 geschaffen worden war, wurde von Trumps Sicherheitsberater John Bolton 2018 schon wieder aufgelöst. Daraufhin wechselte Cameron zur privaten Lobbygruppe Nuclear Threat Initiative (NTI).

Diese Gruppierung, gegründet 2001 mit dem Geld des CNN-Gründers und Milliardärs Ted Turner, unter Beteiligung der Ex-US-Auenminister George Shultz und Henry Kissinger, setzte sich zunächst vor allem für eine atomwaffenfreie Welt ein. In den folgenden Jahren erweiterte sie allerdings ihr Aufgabenfeld auf andere Arten von Sicherheitsbedrohungen, darunter Biosecurity, also die Gefahr von Bioterror und Pandemien. Diesen Bereich leitete Cameron. Finanziert werden die Aktivitäten dazu unter anderem vom Milliardär und Facebook-Mitgründer Dustin Moskovitz (zugleich einem der größten Finanziers der Präsidentschaftswahlkmpfe von Hillary Clinton und Joe Biden) sowie von Bill Gates.

Vorsitzender der NTI war der ehemalige US-Senator Sam Nunn, der von 1987 bis 1995 den mächtigen Verteidigungsausschuss des Senats leitete. Als Ausschussvorsitzender nahm er Anfang der 1990er Jahr großen Einfluss auf die atomare Abrüstung der Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Formal repräsentierte er in seiner Senatsfunktion die parlamentarische Kontrolle über das Pentagon, real hingegen stand Nunn, Ehemann einer CIA-Agentin, dort an einer überaus heiklen Schnittstelle zwischen der demokratischen Überwachung des Militärs auf der einen Seite und den Interessen der Generäle sowie der Rüstungsindustrie andererseits. Nunn hatte auch am Bioterror-Planspiel Dark Winter im Juni 2001 teilgenommen und dort den US-Präsidenten gespielt.

Das von ihm geleitete NTI steckte auch hinter dem Pandemie-Planspiel in München im Februar 2019. Der US-Politiker nahm persönlich teil. Deutlich wird: Beim Thema Biosecurity und Gesundheitssicherheit existiert eine enge personelle Verflechtung mit dem US-Militär und dem amerikanischen Sicherheitsapparat. Die Sicherung der globalen Gesundheit ist ein Begriff, hinter dem sich auch Machtinteressen und das Ringen um internationalen Einfluss verbergen. Dazu passt, dass Beth Cameron, eine der Organisatoren des Planspiels, zwei Jahre später im Januar 2021 erneut zum Direktor der unter Präsident Biden nun wieder aktivierten Abteilung für Globale Gesundheitssicherheit im Nationalen Sicherheitsrat wurde.

Bill Gates als Ideengeber

Die Übung in Mnchen war offenbar von Bill Gates inspiriert, der auf der Münchner Sicherheitskonferenz des Jahres 2017 erklärt hatte, dass die nächste Epidemie auf dem Computerbildschirm eines Terroristen entstehen könnte, der mit Hilfe von Gentechnik einen extrem ansteckenden und tödlichen Grippeerreger erzeugen will. Man müsse sich daher auf Epidemien so vorbereiten, wie das Militär auf einen Krieg. Dazu gehörten Planspiele (Gates: Germ Games) und andere Notfallübungen. Im Abschlussbericht zur bung 2019 wurde aus Gates‘ damaliger Rede wörtlich zitiert: Wir ignorieren die Verbindung zwischen Gesundheitssicherheit und internationaler Sicherheit auf unsere eigene Gefahr. (PDF, S. 3)

Lungenpest als Biowaffe

In München ging es im Februar 2019 um eine Lungenpest-Pandemie, deren Erreger laut Szenario mutwillig verbreitet worden war und zu grippehnlichen Symptomen und einem raschen Tod führte. Der Erreger verbreitete sich durch die Luft. Die Organisatoren des Planspiels kamen dabei in ihrem, einige Monate später, im Juni 2019 veröffentlichten Abschlussbericht zu den üblichen Empfehlungen: mehr internationale Zusammenarbeit, engere Abstimmung und zentrale Koordination seien im Notfall angebracht. Dies bedeutete automatisch immer auch eine leitende Rolle der USA im Pandemiefall, die die gesamten Planungen ja vorantrieb.

Im Drehbuch der Übung ging es um Bioterror, doch auch natürliche Pandemien wurden mitgedacht, denn man sprach allgemeiner von biologischen Ereignissen mit hoher Konsequenz. Im Bericht hieß es zum fiktiven Krisenverlauf:

Da sich die Flle in Europa und den USA ausbreiten, erklärt die WHO einen internationalen Gesundheitsnotstand, und der Premierminister von Vestia [der fiktive Schauplatz] bittet den Generalsekretär der Vereinten Nationen um eine Untersuchung des möglichen Einsatzes einer biologischen Waffe. Im weiteren Verlauf des Szenarios wird der Erreger sequenziert [laut
Drehbuch vom Robert Koch-Institut; P.S.] und es stellt sich heraus, dass er gentechnisch hergestellt wurde und gegen Antibiotika resistent ist. Das Szenario endet damit, dass sich eine terroristische Gruppe zu dem Anschlag bekennt und Geheimdienstberichte diese Gruppe mit einem möglichen staatlichen Sponsor in Verbindung bringen. Das komplexe Szenario wurde entwickelt in Anlehnung an jüngste Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Einsatz von Chemiewaffen in Syrien und vergangenen und aktuellen Ebola-Krisen.

Vertrauliche Gespräche

Was die Teilnehmer der Übung in München konkret miteinander besprachen, ist nicht bekannt. Die Veranstaltung fand laut Abschlussbericht unter der sogenannten Chatham House Rule statt, die zum Beispiel auch bei den Bilderberg-Treffen gilt und wonach sich die Anwesenden verpflichten, Geheimhaltung darüber zu wahren, wer was gesagt hat. Ziel ist es, einen möglichst offenen Austausch zu ermöglichen. Somit ist unklar, welche Gespräche Spahns Beamter dort genau geführt hat.

In jedem Fall schuf die Veranstaltung aber den Rahmen, sich persönlich kennen zu lernen und Verbindungen zu knüpfen, die sich in der Folge nutzen ließen. Anzunehmen ist, dass Rottmann-Groner spätestens seit Februar 2019 eine persönliche Verbindung zu Personen wie Chris Elias, Tim Evans, Jeremy Farrar oder Beth Cameron unterhlt allesamt Funktionsträger, die man zum globalen Führungszirkel der Pandemic Preparedness zählen darf. Diese Verbindung ist insbesondere deshalb anzunehmen, da gerade Deutschland nach dem Willen dieser Akteure international eine Vorreiterrolle bei der globalen Gesundheitspolitik bernehmen soll. Chris Elias von der Gates Foundation, Jeremy Farrar vom Wellcome Trust, Christian Drosten und die übrigen Mitglieder der oben schon kurz erwähnten internationalen Beratergruppe der Bundesregierung formulierten das im Juni 2019 ganz offen:

Das Mantra für unsere deutschen Kolleginnen und Kollegen lautete ‚Seid ehrgeizig‘. Wir haben große Erwartungen an Deutschland, das als führende Wirtschaftsmacht weltweit an vierter Stelle steht und laut deutscher Regierung eine größere globale Verantwortung übernehmen muss. Wir glauben, dass sich das Thema globale Gesundheit bestens eignet, um die Werte, Fähigkeiten und Entschlossenheit Deutschlands wirkungsvoll zu bündeln und so die Menschenrechte, den Multilateralismus, die humanitäre Hilfe und eine nachhaltige Entwicklung zu unterstützen und auszubauen. Natürlich wollen wir, dass Deutschland noch mehr tut vor allem in der Politik, in der Entwicklungsfinanzierung und bei der Unterstützung globaler Institutionen, insbesondere der WHO. Wir glauben, dass die EU-Ratspräsidentschaft im Jahr 2020 ein idealer Zeitpunkt dafür sein könnte. (…) Wir hoffen sehr, dass unsere Arbeit zu einer stärkeren Vorreiterrolle Deutschlands in der globalen Gesundheitspolitik beitragen wird.

Mit dabei: Lothar Wieler vom RKI

Rottmann-Groner war dafür offenbar einer der Ansprechpartner, unter mehreren. Beim Planspiel in München war er jedenfalls nicht der einzige Vertreter Deutschlands. Im Text des veröffentlichten Abschlussberichts bleibt es zwar unerwähnt, es ist aber dennoch auf einem darin enthaltenen Foto zu sehen: RKI-Präsident Lothar Wieler war ebenfalls zugegen. Man sieht ihn dort scherzend mit der Organisatorin Beth Cameron (links im Bild; Quelle: Abschlussbericht, S. 5).

Wieler gehörte offenbar zu einer kleinen Riege von Beobachtern, die nicht aktiv, aber als Zuschauer an dem Planspiel teilnahmen was auch auf einem anderen Bild deutlich wird, auf dem Wieler neben Cameron und direkt hinter dem Moderator, dem NTI-Co-Vorsitzenden Ernest Moniz sitzt, einem ehemaligen Minister unter Bill Clinton.

Wieler, der Öffentlichkeit als väterlicher Krisenbegleiter aus dem Fernsehen vertraut und von Kritikern oft als vermeintlich wenig kompetenter Tierarzt belächelt, ist weitaus besser vernetzt, als allgemein bekannt. Laut dem eingangs erwähnten Buch von Mascolo und Gloger sind Wieler und der Chef des Bundesnachrichtendienstes alte Freunde (S. 21).
Der RKI-Prsident und der ein Jahr jüngere BND-Präsident Bruno Kahl kennen sich demnach seit Studienzeiten und rudern bis heute gemeinsam auf dem Wannsee, Achter mit Steuermann.

Wieler spielt auch international eine Rolle. Im Juni 2019, nur wenige Monate nach dem Planspiel in München, wurde er zum Co-Vorsitzenden der Working Group on Influenza Preparedness and Response der WHO berufen.
Im September 2020 hob man ihn zustzlich an die Spitze des International Health Regulation Review Committee und damit auf eine politisch außerordentlich brisante Schlüsselposition, vor allem mit Blick auf den derzeit geplanten Internationalen Pandemievertrag.

Pandemie-Planspiele im Dezember 2019 und Februar 2020

Deutschlands stärkere Vorreiterrolle ist aktiv vorangetrieben worden. Die Übung in München im Februar 2019 war dabei nur ein Aspekt.
Drei Monate später, im Mai 2019, lud die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu einer Konferenz zu Globaler Gesundheit und grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren ein, an der neben Farrar und Drosten auch Merkel und Spahn sowie WHO-Chef Tedros teilnahmen (Videomitschnitt hier).
Unmittelbar vor Ausbruch der Corona-Krise wurde daran angeknüpft, mit einem Pandemie-Planspiel in New York im Dezember (!) 2019, das ein spter verffentlichter NTI-Bericht allerdings nur am Rande erwähnt und so beschreibt (PDF, S. 9):

Diese Version der Übung beinhaltete ein tieferes Eintauchen in die Abschreckung und Vorbeugung von katastrophalen biologischen Risiken durch möglicherweise staatlich gefrderte Biowaffenforschung, einschließlich der versehentlichen und vorsätzlichen Freisetzung von biologischen Waffen.

Dazu würde man gern mehr erfahren, vor allem angesichts des erstaunlichen Timings. Veröffentlicht ist jedoch lediglich eine Teilnehmerliste (PDF, S. 24) dieses New Yorker Planspiels.
Auf dieser Liste findet sich unter anderem die Event 201-Mitspielerin, Ex-Vize-CIA-Chefin und heutige Direktorin der US-Geheimdienste Avril Haines.

Die New Yorker Übung diente laut NTI der Vorbereitung eines weiteren Bioterror-Planspiels in München, wiederum im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz, die im Folgejahr 2020 vom 14. bis 16. Februar stattfand, also exakt, whrend das reale Coronavirus sich gerade in Asien ausbreitete.
Laut Drehbuch ging es diesmal um einen im Labor scharfgemachten Influenzavirus, mit dem sich in der Folge mehrere Milliarden Menschen ansteckten.
Es existiert zu dieser Übung ein kurzer Bericht der Veranstalter sowie ein ausführlicher Abschlussreport. Aus der deutschen Politik war bei diesem Planspiel allerdings niemand mehr eingeladen.
Ob Wieler oder andere deutsche Behrdenvertreter als Beobachter teilnahmen, ist nicht bekannt.

Zehn Tage später empfahl Heiko Rottmann-Groner dem Bundesinnenministerium die Einführung von Lockdown-Maßnahmen in Deutschland.
Wer ihm diese nahebrachte, bleibt weiterhin offen.

Weitere Artikel zum Thema:

Dazu auch ganz aktuell „Pandemie-Spiele für Plutokraten“ https://www.nachdenkseiten.de/?p=74330

Hier ist der erwähnte LTI-Report gespeichert: NTI_Paper_A_Spreading_Plague_FINAL_061119
Ich habe über diese Zusammenhänge bereits eine Übersicht erstellt, siehe hier:

https://josopon.wordpress.com/2021/03/16/erosion-der-demokratie-durch-gezielte-meinungsmache-korruption-und-volksverdummung-eine-zusammenschau/
Diese Seite wird gelegentlich aktualisiert:
Erosion_d_Demokratie2021-08https://josopon.files.wordpress.com/2021/03/erosion.pdf
Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen

Kreuzritter und Heuchler im virtuellen Kampf gegen das „Regime Putin“ – und ein Online-Spendenaufruf für die Verteidigung des internationalen Oppositionellen Julian Assange

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

In den NachDenkSeiten ein Standpunkt gegen die seit Jahrzehnten eingeträufelte Atlantiker-Propaganda:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=64090
Meine Bemerkungen zum Fall Navalny: Dieser „große Oppositionelle“ hat zur Klärung politischer Vorgänge bei weitem weniger beigetragen als Julian Assange. Siehe auch „Große Gefühle für Nawalny – eisige Kälte für Assange“ https://www.nachdenkseiten.de/?p=64036
Wo bleibt der Dauerprotest gegen die britische und die US-Regierung, nachdem dieser seit JAhren der Bespitzelunbg, öffentlichen Verleumdung und Isolationsfolter ausgesetzt wird ? Siehe die Online-Petition weiter unten.

Noch ein Wort zum Fall Navalny: Eine Intoxikation mit Cholinesterasehemmern mag ja von den Sysmptomen her nahe liegen. Problem ist, die werden im Körper schnell abgebaut und sind im Blut nicht mehr nachzuweisen.
Aber auch die heute gegen Alzheimerdemenz verordneten Medikamente gehören zu dieser Stoffgruppe und sind als solche in Apotheken erhältlich.
Und das Wichtigste: Es gibt Leute, die versuchen, genau diese Medikamente zur Leistungssteigerung des Gehirns („Gehirn-Doping“) einzusetzen. Vielleicht hat auch Navalny nal davon probiert.

Recherchen aus der persönlichen Umgebung von Navalny fehlen bisher. Dazu https://www.heise.de/tp/features/Nawalny-Russische-Aerzte-widersprechen-der-Charite-4877851.html

Hier zunächst auszugsweise Ulrich Heyden aus Moskau für die NachDenkSeiten:

Der Spiegel Online veröffentlichte gestern ein großes Video-Interview mit dem Grünen-Politiker Jürgen Trittin.
Der behauptete, Putin habe „die Kontrolle über Russland“ verloren. Er habe sein „Versprechen gebrochen, Russland Stabilität zu bringen“.

Der Beweis: Der Oppositionsführer Aleksej Navalny sei vergiftet worden. Spuren für eine Vergiftung konnten die Ärzte im sibirischen Omsk zwar nicht finden. Und auch die Ärzte der Berliner Charité vermuten bisher nur eine Vergiftung und können keine exakten Angaben machen, geschweige denn, den Tatablauf erklären.
Doch eine Vermutung deutscher Ärzte reicht deutschen Politikern allemal, um scharfe Maßnahmen gegen das „Regime Putin“ zu fordern.

„Linke“ als Kronzeugen

Wenn Linke, oder solche, die mal Linke waren, für „deutsche Interessen“ im Ausland eintreten, bekommen sie bei den deutschen Medien eine große Bühne.
Warum: Linke gelten im pazifistischen Teil der deutschen Bevölkerung als glaubwürdig, glaubwürdiger zumindest als CDU-Politiker.
Man erinnert sich, wie Joseph Fischer 1999 den Einsatz der Bundeswehr in Jugoslawien mit „Auschwitz“ rechtfertigte.

Leider sind diese Linken, oder solche, die mal links waren, zu eitel, um sich selbst zu sagen: Halt, bei diesem Spiel mache ich nicht mit!

Russland verschont Deutschland mit Kritik

Auffällig ist, dass Ausfälle gegen das „Regime Putin“ immer nur aus Deutschland kommen. Es ist in den letzten 30 Jahren kein einziger Fall bekannt, dass ein bekannter russischer Politiker über das „Regime Kohl“ oder das „Regime Merkel“ hergezogen ist, auch nicht, als Deutschland in Jugoslawien Krieg führte.
Moskau beschränkte sich in seiner Kritik immer auf Washington. Deutschland blieb verschont.

Man könnte sagen, deutsche Politiker sind undankbar. Fest steht zumindest, dass deutsche Politiker, was Russland betrifft, ziemlich eingebildet und selbstbezogen sind.
Den vorsichtigen Stil der russischen Politik gegenüber Deutschland deuten sie offenbar als Schwäche, um sich in der Position des Lehrmeisters zu gefallen, anstatt gemeinsam mit Russland das Fundament für eine friedliche Zukunft zu bauen und auf überzogene Kritiken zu verzichten.

„Angela Merkel hat die Kontrolle über Deutschland verloren“

Man stelle sich vor, ein bekannter russischer Politiker würde in einem großen russischen Medium erklären, Angela Merkel habe „die Kontrolle über Deutschland verloren“.
In der KSK und in der Bundeswehr gäbe es rechtsradikale Zellen und in der Stadt Hanau habe ein Rechtsradikaler ein Massaker an Migranten verübt.

Der russische Politiker könnte sich mit so einer Erklärung nicht auf Mutmaßungen stützen, sondern auf Fakten, die selbst von der deutschen Verteidigungsministerin und dem deutschen Innenminister eingestanden werden.

Undenkbar: Deutsche Politiker fordern Maßnahmen gegen korrupte Ukrainer

Jürgen Trittin fordert, die Konten von „korrupten Politikern“, wie dem ehemaligen russischen Präsidenten, „in Deutschland einzufrieren“. Das wäre eine „würdige Unterstützung“.
Gut gebrüllt, Löwe. Aber warum brüllst du nicht, wenn es um die Ukraine geht?

Man stelle sich vor, deutsche Politiker würden die Beschlagnahmung der in Offshore-Zonen versteckten Gelder des ehemaligen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko fordern.
2016 wurde bekannt, dass der ukrainische Präsident geheime Konten in Offshore-Firmen unterhält, um sein Einkommen vor der ukrainischen Steuerbehörde zu verstecken.

Gründe für Maßnahmen gegen Poroschenko gäbe es allemal. Unter dem ehemalige Präsidenten der Ukraine wurden kritische Journalisten als „von Russland gesteuert“ verfolgt und zur Flucht ins Ausland gezwungen .Poroschenko ist mitschuldig am Tod von 13.000 Menschen. Denn während seiner Amtszeit führten die ukrainische Armee und rechtsradikale Freiwilligen-Bataillone einen grausamen Krieg gegen den abtrünnigen Donbass. *)

Man stelle sich vor, Jürgen Trittin, Norbert Röttgen, der Spiegel und die taz würden Aufklärung über die zahlreichen Fälle der Verfolgung von Andersdenkenden in der Ukraine fordern, sie würden sich öffentlich mit dem ukrainischen Journalisten Ruslan Kotsaba solidarisieren, der wegen einem Aufruf zur Kriegsdienstverweigerung vom Februar 2015 bis zum Juni 2016 sechzehn Monate in einem ukrainischen Gefängnis saß und in Kiew von ukrainischen Nationalisten schon mehrmals tätlich angegriffen wurde.

Man stelle sich vor, die großen deutschen Medien hätten darüber berichtet, als ukrainische Nationalisten den ukrainischen Fernsehkanal „112“ im Juni 2019 mit Granaten beschossen, weil der Fernseh-Kanal einen kritischen Film des US-Regisseurs Oliver Stone über den Staatsstreich in der Ukraine ausstrahlen wollte.

Man stelle sich vor, deutsche Politiker hätten protestiert, als ukrainische Nationalisten 2016 den ukrainischen Fernsehkanal „Inter“ wegen angeblicher „prorussischer Positionen“ in Brand steckten.

Die Ukraine ist so etwas wie ein „befreites Gebiet“

Auf Solidarität deutscher Politiker mit den Andersdenkenden und den eingesperrten Journalisten in der Ukraine kann man lange warten. Die Ukraine gilt deutschen Politikern als „befreites Gebiet“.
In der Ukraine hat Russland nichts mehr zu sagen. Ein großer Erfolg der westlichen Politik!
Von daher wird man einen Teufel tun, Kiew zu kritisieren oder von Kiew etwas zu fordern, selbst wenn dort schon ein westlich orientierter liberaler Journalist wie Pawel Scheremet mutmaßlich von ukrainischen Nationalisten mit einer Autobombe ermordet wurde.

Schwarz-grüne Kreuzritter bereiten Regierungs-Koalition vor

Zwischen der CDU und den Grünen gibt es in der Außenpolitik keine Unterschiede. Trittin und Röttgen schlagen in Bezug auf das „Regime Putin“ den gleich scharfen Zungenschlag an.

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CDU und Grüne könnten eine Regierungskoalition der neuen deutschen Kreuzritter und Heuchler bilden. Sie bilden im virtuellen Kampf gegen autoritäre Herrscher in Minsk und Moskau eine Front.
Der Unterschied zu den Kreuzrittern im 11. Jahrhundert ist nur, dass auf den Schildern der neuen Ritter kein Kreuz sondern das Euro-Zeichen prangt.
Diese Währung steht für deutsche Wertarbeit, aber auch für Niedriglöhne, Verarmung und deutsche Großmannssucht.

World Socialist Web SiteErfolgreiche Spendenaktion für Assanges juristische Verteidigung

https://www.wsws.org/de/articles/2020/08/26/assa-a26.html

Julian Assange u Stella Morris

Ein Online-Spendenaufruf zur Finanzierung der juristischen Verteidigung von Julian Assange hat schon in den ersten Tagen große Unterstützung erhalten.
Hunderte Menschen aus der ganzen Welt zeigen mit Spenden, dass sie eine Strafverfolgung des WikiLeaks-Gründers durch die USA wegen seiner Aufdeckung amerikanischer Kriegsverbrechen entschieden ablehnen.

Die Spendenaktion wurde am 20. August von Stella Morris, der Partnerin von Assange und Mutter seiner beiden kleinen Kinder, ins Leben gerufen.
Das ursprüngliche Ziel von 25.000 Pfund wurde innerhalb von etwa 48 Stunden übertroffen, und die Spendenaktion scheint auch ihr revidiertes Ziel von 50.000 Pfund in Kürze zu übertreffen.

Diese spontane Reaktion ist ein weiterer Beweis für die breite internationale Unterstützung für Assange unter Arbeitern, Studenten, Jugendlichen und Intellektuellen. Sie findet weder in den offiziellen politischen Parteien der USA, Großbritanniens und Australiens, noch in den bürgerlichen Medien irgendwelchen Widerhall.

Die britischen und amerikanischen Behörden treten alle demokratischen Normen mit Füßen, um den WikiLeaks-Gründer zu vernichten.
So ist Assange durch die offene Missachtung seiner juristischen und demokratischen Rechte daran gehindert, sich an seiner eigenen Verteidigung zu beteiligen. Der Kampf gegen diese Bedingungen ist mit großen Kosten verbunden.

In dem erklärenden Text, der den Aufruf begleitet, fasst Stella Morris die Fragen von Recht und demokratischen Prinzipien, um die es bei der drohenden Auslieferung Assanges in die USA geht, zusammen. Sie ist selbst eine international angesehene Menschenrechtsanwältin.

Morris weist zunächst auf den politisch motivierten und unrechtmäßigen Charakter der 18 amerikanischen Anklagepunkte gegen Assange hin, von denen 17 Punkte auf Grund des amerikanischen Spionagegesetzes erhoben wurden.

Assanges „Verbrechen“, schreibt Morris, „besteht darin, über Dinge berichtet zu haben, die die USA lieber vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen gehalten hätten. Er half, Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen aufzudecken. Er enthüllte die Tötung unbewaffneter Zivilisten und Folter an unschuldigen Menschen.
Für diese schweren Verbrechen, die Julian aufgedeckt hat, ist niemand zur Rechenschaft gezogen worden. Wenn er, ein im Vereinigten Königreich lebender australischer Staatsbürger, tatsächlich verurteilt werden kann, dann kann jeder Journalist und Herausgeber auf der ganzen Welt verurteilt werden.“

Sie erläuterte die weiterreichenden Auswirkungen des Versuchs, Assange wegen rechtmäßiger Publikationstätigkeit strafrechtlich zu verfolgen.

Von 2010 bis 2017 verfolgte die US-Regierung von Präsident Barack Obama Assange rücksichtslos und setzte eine geheime Grand Jury ein, um Anklagen gegen ihn zu konstruieren.

Die Obama-Administration kam jedoch offenbar zum Schluss, dass eine strafrechtliche Verfolgung des WikiLeaks-Gründers politisch unzweckmäßig wäre und eine Verfassungskrise auslösen könnte, weil dies bedeuten würde, dass „jede Zeitung, die die gleichen Fakten veröffentlicht, ebenfalls strafrechtlich verfolgt werden könnte“.

Die Trump-Administration hatte Assange „von Anfang an“ ins Visier genommen und „klagte ihn nach US-Gesetzen an, die 100 Jahre zurückreichen und in der ganzen Zeit noch nie benutzt worden sind, um einen Verleger oder Journalisten strafrechtlich zu verfolgen“.

Morris schreibt, dies sei untrennbar mit der umfassenderen autoritären Agenda der Trump-Administration verbunden: „Die Absicht ist klar: die Anklagen wurden von einer Regierung erhoben, welche die Presse und alle Whistleblower als ‚Feinde’ betrachtet und wichtige Enthüllungen als ‚Fälschung‘ bezeichnet.“

Morris geht auf einige Angriffe auf die Rechte von Assange durch die britischen und amerikanischen Behörden ein. Schon während der gesamten Covid-19-Pandemie ist Assange mindestens 23 Stunden pro Tag in seiner Zelle eingesperrt, ohne die Möglichkeit zu haben, Besuche zu empfangen, nicht einmal von seiner Familie.

Wenige Wochen vor den letzten Auslieferungsanhörungen, die am 7. September beginnen sollen, haben die USA eine neue Anklageschrift erlassen.
Dabei hätten sie schon vor über einem Jahr ihre endgültige Anklageschrift einreichen müssen.

Wie die WSWS dokumentiert hat, enthält die neue Anklageschrift keine neuen Anklagen oder Beweise. Das zusätzliche Material basiert im Wesentlichen auf der Aussage von zwei Informanten des FBI, von denen einer bereits früher überführt wurde, dass er zehntausende Dollar von WikiLeaks gestohlen hatte.

Die neue Anklageschrift erweitert den Angriff auf die Pressefreiheit, indem sie die Unterstützung von WikiLeaks für den NSA-Whistleblower Edward Snowden als unrechtmäßig darstellt und die Aussicht auf einen breiteren Angriff der USA gegen andere Mitglieder von WikiLeaks eröffnet.

Wie die WSWS vor kurzem in einer Perspektive feststellte, hat die verspätete Einreichung der neuen Anklage Assanges Rechtsteam vor die unmögliche „Wahl“ gestellt, „entweder die fortgesetzte Sabotage des Falls ihres Mandanten hinzunehmen, oder die Lebensgefahr, der er im Gefängnis ausgesetzt ist, um Monate zu verlängern“.

Es ist ein eklatanter Rechtsbruch, dass der WikiLeaks-Gründer zwar im Belmarsh-Gefängnis festgehalten wird, aber aufgrund einer Anklageschrift, die bereits ungültig ist, während er aufgrund der neuen Anklage bisher nicht erneut verhaftet worden ist.

Morris skizziert die „gewaltige Aufgabe“, vor der Assanges Verteidigung steht: „Die Details zu untersuchen und zu verstehen, noch vor einer angedrohten neuen Anklage, das ist, als würde man den Himalaya besteigen, während die Person, die am besten dazu in der Lage ist, im Gefängnis eingesperrt ist – und geistig und körperlich daran gehindert wird, in dem Umfang beizutragen, wie er selbst will und muss“, schreibt sie.

Morris erklärt, dass Assanges Verteidiger zwar eine Mindestvergütung erhalten und teilweise unentgeltlich arbeiten, dass aber „das schiere Volumen und der Umfang der erforderlichen Arbeit bedeutet, dass wir weiterhin Mittel aufbringen müssen, um die steigenden Kosten zu decken“, die bereits 500.000 Pfund überschritten haben.

Sie appelliert an die Öffentlichkeit, sich dieser Herausforderung zu stellen, und schloss mit einem Appell: „Wir alle sind uns der Verantwortung bewusst, die uns auferlegt wurde, und sind uns bewusst, was auf dem Spiel steht. Wir sind allen dankbar, die sich in der Lage fühlen, einen Beitrag zu leisten.“

Bis jetzt haben sich weit über tausend Personen für über 48.000 Pfund verpflichtet. Ein beträchtlicher Teil scheint aus kleinen Spenden von weniger als 50 Pfund zu bestehen, was auf die Beteiligung der arbeitenden Bevölkerung hindeutet.

Die Kommentare einiger Spender lassen erkennen, mit welchen Gefühlen sie Assange unterstützen möchten.

Einer schreibt: „Julian Assange ist der ‚Kanarienvogel im Kohlebergwerk‘, der vor dem immer dystopischer werdenden Wesen des Regierens auf der ganzen Welt warnt. Wenn wir ihn retten können, haben wir vielleicht noch eine Chance, die Dinge zum Guten zu wenden. Investigativer Journalismus darf nicht zum Verbrechen werden!“

Ein anderer kommentiert: „Ich habe Angst vor einer Zukunft, in der dies einem Journalisten angetan werden kann. Ohne Zugang zu Informationen können wir uns nicht vor existenziellen Herausforderungen schützen, wie z.B. Verbrechen gegen die Umwelt, die Demokratie, den Verbraucherschutz, das Entstehen von Flüchtlingsschicksalen aufgrund von Kriegen und großen Wirtschafts- und Finanzverbrechen.“

Viele drücken ihre Wertschätzung für Assange aus. Ein Spender schreibt: „Julians Heldenmut ist inspirierend. Mehr als jeder andere Mensch in der Geschichte hat er die Wahrheit ans Licht gebracht. Seine Anklage ist ein Misserfolg, und seine Ankläger sind diejenigen, die man verurteilen wird.“

Unterstützer aus den USA schrieben, die Anklage gegen Assange sei ein Frontalangriff auf ihre eigenen Rechte nach dem Ersten Verfassungszusatz. Spender aus Australien verurteilten die Weigerung der Labour- und der liberal-nationalen Regierungen, den WikiLeaks-Gründer zu verteidigen, obwohl er australischer Staatsbürger und Journalist ist. Einige französische Spender schrieben einfach: „Je suis Julian Assange“.

Diese Äußerungen stellen an sich eine Anklage an die internationalen bürgerlichen Medien dar. Deren Berichterstattung folgt einem perversen Gesetz der Umkehrung: Je größer die Angriffe auf Assanges gesetzliche und demokratische Rechte, desto weniger berichten sie darüber.

Dies unterstreicht, wie sehr die offiziellen Medien es aufgegeben hat, die Pressefreiheit noch zu verteidigen. Sie erfreuen sich der engsten Verbindungen zu den politischen, militärischen und geheimdienstlichen Einrichtungen und sind größtenteils mit Karrieristen aus der oberen Mittelschicht besetzt.

Sie zeigen auch, in welchem Maße die latente öffentliche Unterstützung für Assange von mehreren politischen Kräften unterdrückt wird.
Dabei spielen die Pseudolinken eine Rolle, die den WikiLeaks-Gründer schon vor Jahren im Stich gelassen haben, ebenso wie die britische Labour-Partei, der Bernie-Sanders-Flügel der Demokratischen Partei der USA, die Gewerkschaften und alle offiziellen Parteien in Australien, von der Labor-Partei bis zu den Liberalen und den Grünen.

Die Spendensammlung ist eine weitere Bestätigung dafür, dass die Kampagne zur Verteidigung von Assange und aller grundlegenden demokratischen Rechte sich an der Arbeiterklasse, der Wählerschaft für demokratische Rechte und der Opposition gegen imperialistischen Krieg orientieren muss.

Die bevorstehenden Kämpfe der Arbeiter auf der ganzen Welt richten sich gegen genau die Kräfte, die den WikiLeaks-Gründer verfolgen und ihn zum Präzedenzfall für die Unterdrückung des gesamten Widerstands machen wollen.

Hier der Link, der zum Spendenfonds für die Verteidigung von Assange führt (auf englisch):
https://www.crowdjustice.com/case/julianassange/
Ich habe 20 GBP gespendet.

*:Vgl. dazu https://josopon.wordpress.com/2014/09/03/in-der-ukraine-rassenkrieg-fur-europas-werte/
sowie
https://josopon.wordpress.com/2016/08/16/was-ist-los-auf-der-krim-ein-beitrag-von-prof-dr-gabriele-krone-schmalz/
sowie https://josopon.wordpress.com/2019/09/20/2-artikel-zur-aufrustung-der-eu-unter-v-d-leyen-die-lust-an-der-macht-und-krisenpravention/

Über Kommentare hier auf meinem Blog würde ich mich freuen.
Jochen

US-Kandidaten: Mörder sind sie alle!

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Seit Joe Biden seine Nominierung absolviert hat, überbieten sich die hiesigen Leim-Medien in Lobhudeleien.
Ich bin allerdings nicht der Ansicht, dass so die Chancen von Trump gesteigert werden. Es dämmert die furchtbare Erkenntnis:

Es wird kaum einen Unterschied machen, wer gewinnt.

Krieg gegen die Armen in der Welt, seien es inländische Sklaven oder Besitzlose oder indigene Völker in der Welt, haben fast alle Präsidenten der USA geführt.
Der vorletzte kriegte sogar den Friedensnobelpreis dafür. Man sah ihn dann bei der Betrachtung völkerrechtswidrigen Ermordung Bin Ladens strahlen.
Im weiteren galt sein Motto: „Es geht eine Drohne auf Reisen…“ mit tatkräftiger Unterstützung der Kolonialregierung Deutschlands.

Dazu jetzt Oskar Lafontaine auf Fratzbuch:
https://www.facebook.com/oskarlafontaine/posts/3320792651315512?_fb_noscript=1
Oskar_LafontaineAuszüge:

Verbündeter des Lichts? Mörder sind sie alle!

Große Aufmerksamkeit findet der Parteitag der Demokraten in den USA. Clinton und Obama legten sich mächtig ins Zeug, um den Präsidentschaftskandidaten Joe Biden zu loben.
Biden selbst sagte: „Ich werde ein Verbündeter des Lichts sein, nicht der Dunkelheit.“

Haben die US-Bürger wirklich eine Wahl? Dass Trump ein Kotzbrocken ist, wissen wir. Und dass Obama mehr Benehmen hat und geschliffener reden kann, sah man gestern wieder.
Aber ob Clinton, Bush, Obama mit Vize-Präsident Joe Biden oder Trump: Mörder sind sie alle!
Sie morden durch völkerrechtswidrige Bombenkriege, Drohnenkriege, verdeckte Kriege und Handelskriege. Um von dieser schrecklichen Wahrheit abzulenken, werden mit großem propagandistischem Aufwand in den westlichen Medien Putin und Xi Jinping als die schlimmsten politischen Verbrecher der Gegenwart dargestellt.*)

Es wäre einmal interessant, von neutraler Stelle untersuchen zu lassen, für wie viele Morde Putin, Xi Jinping und die jeweiligen US-Präsidenten politisch verantwortlich sind.
Die US-Präsidenten werden mit deutlichem Abstand die vorderen Plätze belegen.

Ob Republikaner oder Demokraten – die US-Präsidenten führen völkerrechtswidrige Kriege, in denen seit dem zweiten Weltkrieg Millionen Menschen ihr Leben verloren haben, und terrorisieren die Welt.
Siehe dazu auch den Beitrag von Tobias Riegel „Die Medien und das falsche Bild von einem ‚guten Amerika’“ auf den NachDenkSeiten, die für den politisch Interessierten, der sich informieren will, unverzichtbar sind: https://www.nachdenkseiten.de/?p=63953

*: Vgl. https://josopon.wordpress.com/2016/09/27/salven-aus-den-verlagshausern-der-anteil-der-medien-an-den-kriegen-des-westens/

Dazu auch schon 2014: https://josopon.wordpress.com/2014/03/24/kriegsverbrecher-schroder-fischer-scharping-clinton-albright-blair-chirac-u-a/

Über Kommentare hier würde ich mich freuen.

Jochen

Wem gehört Greta? CO2-Steuer, Abbau der Pendlerpauschale, wen trifft es ?

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Danke an Sabine für die Übermittlung dieses Textes!

Wem gehört Greta?greta

 

Nach Feinstaub und Stickoxiden ist das Kohlendioxid nun innerhalb kürzester Zeit die dritte Sau, die durch das Dorf der Umweltgemeinde getrieben wird.
Die ersten beiden, vorgetragen durch die Deut­sche Umwelthilfe (DUH), verliefen eigentlich nur recht schleppend und mau. Der Funke zün­dete nicht so recht in der Umweltbewegung, und in weiten Kreisen der Bevölkerung sprang er erst gar nicht über.
Im Gegenteil: Zunehmend hatte sich Widerstand gegen die Pläne der DUH gebildet. Demonstrationen besonders in Stuttgart gegen Fahrverbote erhielten Zulauf. Erste Stimmen erhoben sich, der DUH die Förderwürdigkeit aus dem Vereinsgesetz abzuerkennen.

Dann kam Greta und damit die Wende. Umweltschutz stand wieder ganz oben in den Schlagzeilen der Medien, in der deutschen Bedrohungsbefindlichkeit, in den Charts der öffentlichen Diskus­sionen und Talksendungen. CO2 füllte das Sommerloch und sorgte für öffentliche Aufregung. Auf­regung und Bedrohung sind Grundlagen für steigende Auflagen, Einschaltquoten, Likes und Klicks und damit, was immer unter der Schwelle der Wahrnehmung gehalten wird, für steigende Umsätze.
Denn auch Meinungsfreiheit ist nichts anderes als Geschäft, nicht mit Brot oder Autos, aber mit Anzeigen und Werbeeinblendungen, wo immer das Internet dafür Platz anbietet.

Und jetzt, da der Wind sich wieder gedreht hat, kommen auch die anderen Umweltverbände wieder in die Öffentlichkeit und wollen anscheinend auf der Bugwelle mitschwimmen, die Greta vor sich her­schiebt.
Nach monatelanger Zurückhaltung hat die DUH wieder ihr Thema Stickoxide in den Ring geworfen. Jetzt geht es um die Luftbelastung durch Feuerwerke besonders zum Jahreswechsel, vermutlich später dann aber auch generell. Großveranstaltungen wie „Rhein in Flammen“ stehen in der Kritik.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat auch wieder die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich gelenkt und den Zustand des Waldes ins Gespräch gebracht, um den es in den letzten Jah­ren sehr still geworden war. Nun scheint die Gelegenheit günstig, auch darauf wieder aufmerksam zu machen und natürlich auch auf sich selbst.
So hat jeder seine Nische gefunden: Der BUND ist für den Wald zuständig, die DUH für Feinstäube und Stickoxide und die Grünen mit Fridays für Future für das Kohlendioxid

Man scheint sich den. „Markt“ aufzuteilen, der nun allmählich in Form von steigenden Mit­glieder­zahlen und deren Beiträgen, Fördermitteln und Spenden zu wachsen scheint.
Noch herrscht keine of­fene Rivalität, aber eine Zusammenarbeit im übergeordneten Interesse des Umweltschutzes ist im Mo­ment auch nicht erkennbar. Stattdessen scheint jeder mit seinen Sonderinteressen einen Teil der öffent­lichen Aufmerksamkeit auf sich und seine Themen lenken zu wollen.
Sie alle lassen sich tra­gen von der Thermik der erhitzten Gemüter und Debatten, die Greta, die Umwelt und das CO2 verursacht hat.

Dabei hat Greta Thunberg sich selbst immer nur für den Umweltschutz generell eingesetzt. Sie thema­tisiert nicht die Feinstäube oder Stickoxide, weder den Wald noch das Kohlendioxid.
Das CO2, das während der ganzen Diskussion um Stickoxide und Feinstäube kaum eine Rolle gespielt hatte, wur­de erst durch die Grünen der Fridays for Future (FfF) mehr oder weniger übergestülpt. Sie haben es im Verlaufe der letzten Monate wieder in seiner Bedeutung aufgepäppelt und in die Öffentlichkeit getragen, aus der es weitgehend verschwunden war.

Die Grünen haben es zu ihrem Alleinstellungsmerkmal gemacht wie der BUND den Wald und die DUW die Stickoxide. Aber sie alle profitieren vom „Greta-Effekt“.
Auf der Homepage1 von FfF findet kaum eine inhaltliche Auseinandersetzung zum Thema CO2 statt. Generell ist dort der Kennt­nisstand zu den Sachthemen sehr gering.
Hier stehen Jubel und Selbstbeweihräucherung im Vor­dergrund. Aber alles das macht der Wirbel um die junge Schwedin möglich.
Was aber macht das Phänomen Greta aus, die Jung und Alt nahezu in einen euphorischen Taumel versetzt?

Sie ist die ideale Projektionsfläche für die Sehnsüchte vieler Menschen, die nach Werten und einem Ende der Konflikte in der Welt, der Gesellschaft und mit der Natur suchen.
Greta ist jung, weiblich und schutzbedürftig durch ihre Krankheit. Das macht sie sympathisch. Es geht nichts Bedrohliches oder Falsches von ihr aus, was durchaus echt ist, keine Attitüde.

Sie wirkt glaubwürdig in einer Welt, wo viele nicht mehr wissen, wem sie noch trauen und glauben können. Sie wirkt unbestechlich und ehrlich in einer Welt, wo Machtkämpfe um wirtschaftliche Inter­essen, Rücksichtslosigkeit sowie Lug und Betrug um des eigenen Vorteils willen Politik, Gesellschaft und die zwischenmenschlichen Beziehungen zu beherrschen scheinen.

Die Menschen sehnen sich nach Menschlichkeit, Moral und der Herrschaft des Guten. Das ist weder zu verurteilen noch lächerlich zu machen, denn dieses Verlangen entspricht dem zutiefst Menschlichen im Menschen. Der Mensch will gut sein.

Hier soll nicht bezweifelt werden, dass Greta es mit ihrem Engagement ernst meint genau so wie die Vielen, denen sie als Symbol dient für denen eigenen Wunsch nach einer besseren Welt. Das soll hier ausdrücklich betont werden, besonders jenen gegenüber, die in den Text anderes hineinlesen wollen als drin steht. Weder Greta noch denen, die ihr folgen, werden hier unlautere Absichten unter­stellt. Sie meinen es mit Sicherheit ehrlich und gut.

Aber in diesen guten Absichten werden sie getäuscht. Denn auch Greta ist in erster Linie eine Schöp­fung der Medien. Wie aus heiterem Himmel war sie plötzlich da.
Innerhalb kürzester Zeit wurde aus einem unscheinbaren Mädchen eine Kultfigur. Wäre da nicht der „schwedische PR-Manager Ingmar Rentzhog2 gewesen, säße sie vermutlich noch heute mit ihrem Pappschild auf einem Bürgersteig in Schweden. Denn nicht jeder kommt in die Medien, nur weil er ein Pappschild mit einer Botschaft vor sich trägt.

Rentzhog „hatte am Anfang von Thunbergs Protesten ein Foto des Mädchens und einen Artikel über sie auf Facebook veröffentlicht. Wenige Tage danach erschien das Buch von Thunsbergs Mutter, mit der Rentzhog bekannt ist.3
Das deutet nicht auf Zufall hin, das sieht eher nach einer durch­ge­planten Kampagne aus. Ein Buch erscheint nicht innerhalb weniger Tage. Das braucht Vor­bereitung. Und könnte es nicht auch so gewesen sein, dass das Photo, das um die Welt ging, nicht der eigentliche Beginn der Kampagne war sondern eher der offizielle Startschuss, der ins Rollen brachte, was vorher von den Werbefachleuten schon vorbereitet worden war. Aber das wissen nur die Beteiligten, und die werden es der Öffentlichkeit sicherlich nicht auf die Nase binden.

Dass aber Profis am Werk waren, bestätigt das Interview des Focus mit dem schwedischen Wirt­schafts-Journalisten Andreas Hendriksson. Auf die Frage des Focus, ob man Greta Thunberg einen Vorwurf daraus machen könne, „ dass sie auf PR-Expertise zurückgreift?“4, antwortet: dieser: „Nein, im Gegenteil. So funktionieren eben heutzutage politische Aktionen und so funktioniert Demokratie. Sich dabei mit einem cleveren PR-Profi zu verbünden, ist der richtige Weg.“5

Damit steht die scheinbar spontane Bewegung unter einem ganz anderen Licht. Denn es wird nicht in Abrede gestellt, dass hier Experten an der Vorbereitung beteiligt waren.
Im Gegenteil: Es scheint vollkommen natürlich und selbstverständlich zu sein für solche Kampagnen-Macher, dass Bewegungen, auch politische, wie das Rezzo-Video zeigt, nicht spontan entstehen. Das kann man nicht dem Zufall überlassen. Das muss geplant geplant werden, damit Kampagnen die Adressaten erreichen und zum Erfolg führen.
Das sind die Erfahrungen aus der Produktwerbung, und diese werden übertragen auf gesellschaftliche Bewegungen. Ganz einfach. Und es scheint ja auch zu funktionieren.

Angesichts solcher Äußerungen stellt sich doch die Frage, ob man nicht im Falle Gretas – wie in der Pro­duktwerbung auch – einer von Medien und PR-Beratern gesteuerten Kampagne auf den Leim ge­gangen ist. Zudem scheinen deren Macher offensichtlich auch nichts Anrüchiges daran zu sehen, Demo­kratie und politische Aktionen als Ergebnis ihrer Arbeit, vielleicht sogar ihrer Manipulation anzusehen.

Aber wofür und für wen demonstrieren die jungen Leute, wenn solche Leute im Hintergrund die Fäden ziehen? Um wessen Willen und Interessen geht es da?
Den Aktivisten geht es um den Schutz der Umwelt und den Erhalt des Planeten. Das ist nicht zu bezweifeln. Aber worum geht es den Leuten im Hintergrund? Ist deren Interesse identisch mit denen derer, die jeden Freitag demonstrieren, sich engagieren und einsetzen? Einsetzen wofür?

Gerade findet der Kongress von FfF in Dortmund statt. Hier „sprechen die Veranstalter von bis zu 1700 Teilnehmern. In der Mehrheit sind sie weiblich und 16 bis 19 Jahre alt“6. Erwachsene ab 28 Jahren waren erst gar nicht zugelassen. Nur die Referenten selbst waren natürlich nicht an diese Altersbegrenzung gebunden.
Das kann natürlich den Verdacht der Beeinflussung junger Menschen nähren. Waren am Zustandekommen dieses Beschlusses auch PR-Profis am Werk mit ihrem sehr eigenwilligen Demokratie-Verständnis? Wie offen und transparent sind die Beschlussfindungen? Auf der Internetseite von FfF gibt es dazu wenig Einblick.

Zu denken jedoch sollten einige Verlautbarungen gerade solchen Linken und selbsternannten Kommunisten geben, die in der FfF-Bewgung Nahrung für ihre Revolutionshoffnungen zu finden hoffen. Sie müssen sich entscheiden, auf wessen Seite sie nun stehen.
Auf der des Proletariats, dessen Interessen sie in der Vergangenheit immer vorgegeben haben zu vertreten oder auf der Seite einer von undurchsichtigen Kräften und Entscheidungsprozessen geleiteten Bewegung.

So wird berichtet, dass auf dem Kongress schon jetzt gefordert wurde, „unverzüglich eine CO2-Steuer einzuführen“ und „klimaschädliche Subventionen wie die Pendler-Pauschale zu streichen“7.

Das trifft in erster Linie die sogenannten kleinen Leute mit den kleinen Einkommen. Für diese ist bei Greta nichts zu holen.

Wer für Greta ist und für Fridays for Future, der unterstützt also auch eine CO2-Steuer und die Streichung der Pendlerpauschale.
Ist das im Interesse derer, die die Linke immer vorgab zu vertreten?

Für die sogenannten einfachen Leute kann die Forderung nur lauten: Keine CO2-Steuer!8.

1 https://fridaysforfuture.de/

2https://www.focus.de/politik/ausland/klima-aktivistin-in-berlin-greta-thunberg-nur-eine-pr-marionette-schwedischer-journalist-klaert-ueber-vorwuerfe-auf_id_10523492.html

3ebenda

4ebenda

5ebenda

6Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2.8.2019: „Größte Gesundheitskrise der Menschheit“

7ebenda

8 Aufruf der Initiative „Keine CO2-Steuerhttps://fridaysforfuture.de/

Zu der Beobachtung, dass Interessen der werktätigen und arbeitslosen Bervölkerung bei FFF zu kurz kommen, erschienen vor einigen Monaten schon Artikel. Leider haben sich die im Mai schon geäußerten Befürchtungen bestätigt.
Für mich ist der Prüfstein das Engagement gegen die Aufrüstung, nachdem deutlich geworden ist, dass das USA-Militär der größte Umweltschädling auf der Erde ist, siehe hier:https://josopon.wordpress.com/2019/05/31/us-militar-ist-weltweit-groster-umweltverschmutzer/. Und daran gab es auf dem Kongress wenig Interesse.
Siehe hier:
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1123864.fridays-for-future-reform-oder-radikalitaet.html
Schon im Mai in der jungen Welt z.B. https://www.jungewelt.de/artikel/354536.klimabewegung-immer-wieder-freitags.html
Von der dort erwähnten Antikapitalistischen Plattform in FFF hat man seitdem außerhalb der FFF-Blase nichts mehr gehört. Der Versuch, deren Webseite mit dem von ihnen im Mai verfassten Artikel im Internet zu finden, führt auf eine Werbeseite für schnelles Internet: http://www.freenom.link. Der Text ist z.Zt. aber noch hier zu finden: https://bonner-jugendbewegung.org/antikapitalistische-plattform-innerhalb-von-fridays-for-future/

Immer wieder freitags

Der »Klimastreik« der Schülerbewegung »Fridays for Future« bewegt sich zwischen ökologischer Modernisierung und Systemfrage
Von Christian Stache

Auszüge:

Die inzwischen 16jährige schwedische Aktivistin Greta Thunberg »bestreikt« seit dem 20. August 2018 ihren Schulunterricht. Die ersten drei Wochen in Vollzeit.
Seitdem postiert sie sich mit ihrem selbstgebastelten Plakat mit der Aufschrift »Schulstreik fürs Klima« vor dem schwedischen Parlament.
Nachdem Thunbergs Aktion mediale Aufmerksamkeit hervorgerufen hatte, griffen junge Menschen überall auf der Welt das Beispiel auf. Mittlerweile beteiligt sie sich auch an Protesten in ganz Europa. In Hamburg und Berlin war sie schon, in Brüssel, Paris und am Karfreitag in Rom.

In der Bundesrepublik hat die Dachorganisation Fridays for Future Deutschland (FFFD, »Freitage für die Zukunft«) nach eigenen Angaben mittlerweile über 400 Ortsgruppen, die freitags mit Tausenden Teilnehmern auf die Straße statt in die Schule gehen. Am 15. März demonstrierte beim ersten internationalen Aktionstag in mehreren Dutzend Staaten weltweit mehr als eine Million junge Menschen »für die Zukunft«. In Deutschland haben sich unterdessen auch Eltern mit der Initiative Parents for Future und Wissenschaftler mit einer Erklärung hinter die junge ökologische Bewegung gestellt.

In der Bundesrespublik reagiert der rechte Flügel des bürgerlichen Blocks bis dato ungehalten auf das gerechtfertigte Aufbegehren für eine Kehrtwende in der Klimapolitik. Man versucht die Bewegung politisch zu diskreditieren, indem man den zivilen Ungehorsam der Jugendlichen skandalisiert. Verkehrsminister und CSU-Generalsekretär An­dreas Scheuer polterte: »Wir brauchen keine Schulschwänzer.« Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) forderte die Rückkehr zur Ordnung in den Ausbildungsfabriken: »Unterstützenswertes Engagement gehört in die Freizeit und rechtfertigt nicht das Schulschwänzen.« Ähnlich äußerte sich Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) und drohte mit Konsequenzen wie Zeugnisvermerken oder schlechten Noten. In Nordrhein-Westfalen hat Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) per Brief an alle Schulen ebenfalls Sanktionen androhen lassen. Und der grüne Ministerpräsident Baden-Württembergs Winfried Kretschmann meint: »Ziviler Ungehorsam ist ein symbolischer Akt. Das kann keine Dauerveranstaltung sein.« Irgendwann würden Strafen folgen.

Einige Politiker beließen es auch nicht bei der Formkritik. Der bildungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion Götz Frömming diagnostizierte »kollektive Hysterie«.
Der AfD-Kovorsitzende Jörg Meuthen sprach sogar von »politischem Kindesmissbrauch« und suggerierte damit, dass die jungen Aktivisten von nicht näher benannten Kräften in die Spur geschickt worden seien.
FDP-Chef Christian Lindner attestierte den Jugend­lichen freiheraus politische Unmündigkeit, indem er Klimaschutz zur »Sache für Profis«, für Experten erklärte. Kinder sollten sich in der Unterrichtszeit »lieber über physikalische und naturwissenschaftliche sowie technische und wirtschaftliche Zusammenhänge informieren«.

Hofiert, ikonisiert, integriert?

Die herrschende Klasse reagiert auf die neue Jugend- und Umweltbewegung aber keineswegs einheitlich. Daher hofieren insbesondere die politischen und kulturellen Repräsentanten der gesellschaftspolitisch liberaleren Fraktion die Bewegung. Sie versuchen zu integrieren, für ihre Politik zu funktionalisieren und politische Radikalität zu kanalisieren.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hieß zum Beispiel in einer Videobotschaft Fridays for Future und ähnliche Initiativen gut: »Ich unterstütze sehr, dass Schülerinnen und Schüler für den Klimaschutz auf die Straße gehen und dafür kämpfen.« Schließlich brauche es für den Kampf gegen den Klimawandel auch »Rückhalt in der Gesellschaft«. Die Schüler müssten jedoch auch verstehen, dass Wirtschaft und Klimaschutz miteinander versöhnt werden müssten. Die Beschlüsse der Kohlekommission seien dafür exemplarisch.
SPD-Chefin Andrea Nahles bekundete im Bundestag Freude über den Aktivismus junger Menschen. In einem Beitrag auf der SPD-Homepage kündigte sie vollmundig an: »Wir werden euch keine Welt übergeben, die vor dem Kollaps steht.« Der »ökologische Umbau unserer Wirtschaft« sei schließlich auch »eine Riesenchance«: Die Märkte für emissionsfreie Produkte, Mobilität oder Industrien wüchsen aktuell rasant, und es sei ihr Wille, dass »wir wieder Innovationstreiber bei klimafreundlicher Technologie und nachhaltigem Wirtschaften sind«.
Robert Habeck, Kovorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, geht noch ein wenig weiter: In der Talkshow »Anne Will« verteidigte er offensiv die Schülerproteste und signalisierte seine Zustimmung: Man könne die Streiks schnell beenden. Die Politik müsse die Forderungen der Protestierenden nur erfüllen. In seinem Aufsatz »Zeit der Kinder. Jetzt« stilisiert er den Umgang mit der FFF-Bewegung und dem Klimawandel – natürlich entlang des bündnisgrünen ökologischen Modernisierungsprogamms – zur Existenzfrage der »freiheitlichen liberalen Demokratie«.

Neben Anfeindungen und Integrationsangeboten wird die FFF-Avantgarde in Deutschland wie international in Windeseile politisch und medial zu Ikonen aufgebaut. Seit ihrer beeindruckenden Rede auf der UN-Klimakonferenz (COP 24) im polnischen Katowice im Dezember 2018 tourt Greta Thunberg von einem Event zum nächsten. Sie war beim World Economic Forum (WEF) in Davos, beim Kongress des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses in Brüssel, sprach vor dem EU-Parlament, im britischen Unterhaus in Westminster und im italienischen Senat. Sogar der Papst empfing sie im Rahmen einer Generalaudienz auf dem Petersplatz in Rom.

Die Inszenierungen ihrer öffentlichen Auftritte gleichen denen von Popstars, obwohl Thunberg mit stoischem Ernst versucht, bei der Sache zu bleiben. Ihre Jugend, ihr Geschlecht, ihr Aussehen und ihre, wie sie es nennt, Asperger-»Diagnose« werden von der Diversitäten managenden und vermarktenden Kulturindustrie dennoch in Wert gesetzt.
Die Jugendliche betrachtet diese Dinge als notwendiges Übel. Sicherlich ist es nicht gänzlich falsch, wenn sie sagt: »Jeder Artikel über mich und jedes Fernsehinterview bedeuten öffentliche Aufmerksamkeit für die Klimakrise.« Aber es ist auch nicht vollständig richtig. Ihre politischen Botschaften rücken bei den Thunberg-Happenings zusehends in den Hintergrund. Personenkult tritt an die Stelle politischer Inhalte.

Bei den zweifelhaften Ehrungen aus dem Medien- und Kulturbereich verschwinden diese Inhalte fast gänzlich. Die schwedischen Boulevardblätter Aftonbladet und Expressen kürten Thunberg am 8. März 2019, dem Weltfrauentag, zur »Frau des Jahres«. In Deutschland erhielt sie den »Sonderpreis Klimaschutz« der Goldenen Kamera. Das Time Magazine setzte Thunberg auf seine Liste der hundert einflussreichsten Menschen 2019 in der Kategorie »Anführer« (»Leaders«) – neben der Tierrechtlerin Jane Goodall, aber auch Seite an Seite mit den Rechtspopulisten Donald Trump und Benjamin Netanjahu oder dem venezolanischen Putschisten Juan Guaidó.

Thunbergs Umgang mit dem Kulturindustriespektakel trägt auch nicht unbedingt zur politischen Aufklärung und Klarheit bei. Die Goldene Kamera widmete sie zwar den Aktivisten im Hambacher Forst, nahm aber sonst keinen Anstoß am Promispektakel, das von der Funke-Mediengruppe, einem der größten deutschen Medienkonzerne, ausgerichtet wird und bei dem der Volkswagen-Konzern zu den Sponsoren zählt.
Die Auszeichnung durch die Boulevardblätter und die Nominierung des Time Magazines ehrten sie, schrieb sie auf »Facebook«. Mehr nicht.

Radikaler Diskurs?

Man sollte jedoch Vorsicht walten lassen, die FFF-Bewegung daran zu messen, wie sich das politische und kulturelle Establishment zu ihr positioniert. Gerade Greta Thunbergs Diskurs besitzt einige Sprengkraft.
In ihrem Kurzreferat bei der UN-Klimakonferenz in Katowice kritisierte sie etwa, dass unsere Zivilisation und unser Lebensraum geopfert würden, damit eine kleine Zahl von Menschen viel Geld verdienen und in Luxus leben könne. Das Leiden der vielen sei der Preis des Luxus der wenigen. Den Politikern beim Klimagipfel warf sie vor, dass sie aus Angst, sich unbeliebt zu machen, für »grünes Wirtschaftswachstum« würben und »mit den gleichen schlechten Ideen weitermachen«, die uns die ökologische Krise eingebrockt hätten.
In ihrem kurzen Beitrag »Unser Haus steht in Flammen« beim WEF konfrontierte sie die anwesenden Vertreter aus Politik und Ökonomie schonungslos mit der Alternativlosigkeit zur Reduktion der klimarelevanten Emissionen, um den Treibhauseffekt und dessen schlimmste Folgen einzudämmen.
In einem Vortrag in Stockholm forderte sie angesichts der Erfolglosigkeit der bisherigen Klimapolitik die Notwendigkeit eines Bruchs mit dem politischen und ökonomischen Status quo: »Wir können die Welt nicht verändern, indem wir nach den Regeln spielen. Die Regeln müssen geändert werden.«
Und Anfang des Jahres in Brüssel sagte sie unzweideutig: »Das politische System, das ihr geschaffen habt, dreht sich nur um Konkurrenz. Ihr betrügt, soviel ihr könnt, weil nur der Sieg und die Macht zählen. Das muss aufhören.«

Das sind radikale Statements, die nur schwer in Strategien zur Begrünung des Kapitalismus einzubinden sind. Ähnliche Aussagen finden sich auch in den Reden, Medienbeiträgen und Parolen wie »System Change, not Climate Change« (System- statt Klimawandel) der deutschsprachigen FFF-Aktivisten wieder.
Sie speisen sich aus den beängstigend zutreffenden Erkenntnissen über die Gefahren des Klimawandels. Allerdings koexistieren die Aussagen mit Ideen und Positionen, die Anknüpfungspunkte für die liberaleren Fraktionen der herrschenden Klasse bieten.

Fehlende Kapitalismuskritik

Zunächst bilden der Bezug auf das Pariser Klimaabkommen von 2015 und die darin formulierte Zielstellung, die Erwärmung der Erdatmosphäre auf 1,5 bis zwei Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu halten, den Grundkonsens der FFF-Bewegung. Dabei ist gerade dieses Abkommen ein Ausdruck der verfehlten Politik, welche die jungen Ökoaktivisten zu Recht anprangern.
Aus dem Sonderbericht des UN-Klimawissenschaftsrats IPCC zur globalen Erwärmung um 1,5 Grad geht hervor, dass selbst ein Treibhauseffekt in dieser Größenordnung verheerende Folgen etwa auf Ernteerträge und Klimazonen wie die Polarregionen und andere Ökosysteme haben wird. Es ist auch damit zu rechnen, dass bereits irreversible ökologische Schäden entstehen und mit hoher Wahrscheinlichkeit Großwettereignisse und Küstenhochwasser Verwüstungen anrichten.
Zudem basiert das Pariser Abkommen lediglich auf nationalen Selbstverpflichtungen zur Treibhausgasreduktion. Daher ist es auch wenig überraschend, dass es laut dem »Emissions Gap Report 2018« des UN-Umweltprogramms (UNEP) eigentlich nur noch theoretisch möglich ist, bis 2030 die notwendigen Verringerungen zur Einhaltung des 1,5-bis-zwei-Grad-Ziels vorzunehmen. Denn die bisherigen projektierten nationalen Treibhausgasreduktionen sind deutlich zu gering, und es sind bereits zu viele relevante Substanzen in der Atmosphäre konzentriert.

Tatsächlich sind 2017 die CO2-Emissionen global gestiegen, darunter die der Industrie- und Energieproduktion. Dazu passt, dass die CO2-Reduktionen »nichtstaatlicher« Akteure, vor allem von Unternehmen und Städten, »extrem begrenzt« und »unzureichend dokumentiert« sind. Da in Paris aber keine Sanktionsmechanismen oder bindende nationale Reduktionsziele vereinbart wurden, gibt es keinen Hebel, die Senkungen in den imperialistischen Staaten durchzusetzen.
Das I-Tüpfelchen des Pariser Abkommens: Fragen globaler Gerechtigkeit werden zwar adressiert, dabei handelt es sich aber um nicht mehr als allgemeine Absichtserklärungen.
Der Grundkonsens der FFF-Bewegung ist also weniger radikal, als er der Sache nach sein müsste und in manchen Slogans erscheint. Sie erscheint aber so, weil die bisherige Klimapolitik dem Problem nicht einmal ansatzweise gerecht wird.

Ähnlich verhält es sich mit den sechs Forderungen, welche die deutsche Sektion von Fridays for Future Anfang April der Öffentlichkeit präsentierte. Die Schüler und Studenten wollen, dass noch im Jahr 2019 ein Viertel »der Kohlekraft« abgeschaltet und der Kohleausstieg bis 2030 vollzogen wird. FFFD positioniert sich damit zwischen der sogenannten Kohlekommission (Ausstieg 2038) und Bündnissen wie »Ende Gelände«, die für den sofortigen Kohleausstieg eintreten. Außerdem sollten bis 2035, so FFFD, der Ausstoß und die Absorption von CO2 einander angepasst werden (»Nettonull«).
Eine solche Forderung, die auch international immer wieder erhoben wird, lässt Raum für ökologisch und sozial fragwürdige Maßnahmen und technologische Bearbeitungen der ökologischen Krise, wie etwa die »CO2-Abscheidung und Speicherung« (CSS-Verfahren, siehe hierzu: jW-Themaseiten vom 22.2. und 1.4.2019).
FFFD verlangt zudem eine Steuer für Treibhausgasemissionen von 180 Euro pro Tonne CO2. Umweltexperte Winfried Wolf kritisierte solche und ähnliche Vorschläge jüngst in Unsere Zeit, weil eine Steuer »alle formal gleich, also die Mehrheit der Bevölkerung deutlich belasten, die Armen sehr hart treffen und die Reichen zum Griff in die Portokasse veranlassen wird«.
Ferner gestatte man ausufernde Produktionen und Dienstleistungen mit hohen Kohlendioxidemissionen, um am Ende davon einen Teil wieder durch »Bepreisung« zu reduzieren. »Die eigentlichen Verursacher der Klimaschädigung werden erst gar nicht ins Visier genommen und erst recht nicht zur Kasse gebeten.« Dies kann auch durch eine »sozialverträgliche« Gestaltung der Steuer, wie sie FFFD vorschwebt, nur geringfügig ausgeglichen werden.
Weitergehender ist nur die Forderung nach dem Ende der Subventionen für fossile Energieträger noch in diesem Jahr. Schließlich solle die Energieversorgung bis 2035 vollständig auf erneuerbare Energiequellen umgestellt werden.

Insgesamt fällt auf, dass die Grenzen bürgerlicher Ökonomie und Politik an keinem Punkt überschritten werden. Eigentumsfragen werden nicht gestellt, eine transformatorische, geschweige denn revolutionäre Perspektive wird nicht eröffnet. Auch von Eingriffen in die »privatwirtschaftliche« Produktion, wo die meisten CO2-Emissionen entstehen, sieht FFFD mit Ausnahme der Kohlebranche ab.
Statt dessen befürwortet die deutsche Sektion der jungen Ökologiebewegung mit ihrem Vorschlag der CO2-Steuer ausdrücklich die Inwertsetzung der Natur. Dabei sind gerade die Kommodifizierung und der Handel mit der Natur eines der Kernprobleme kapitalistischer Naturzerstörung.

Darüber hinaus wird die ökologische Frage von FFFD nicht als soziale Klassenfrage gestellt, sondern wahlweise als anthropologische oder – häufiger – als intergenerationelle.
Linus Steinmetz, ein Gesicht der deutschen FFF-Bewegung, befindet etwa: »Die Erwachsenen haben das Problem verursacht.« Natürlich geht es beim Umgang mit den ökologischen Verwüstungen auf dem Planeten auch darum, den Nachgeborenen eine Erde zu hinterlassen, auf der sie leben können. Aber mindestens ebenso geht es doch darum, dass bereits heute junge und alte Menschen auch der »subalternen« Klassen ihre Beziehung zur Natur selbständig und unter Beachtung der natürlichen Kreisläufe und Qualitäten gestalten können müssten.

Zusammengenommen und im Lichte der real existierenden Klimapolitik sind die Positionen der deutschen FFFD-Bewegung zwar »ambitioniert«, wie es auf ihrer Homepage heißt. Gleichzeitig sind sie aber durchaus kompatibel mit einer ökologischen Modernisierung des Kapitalismus oder der »sozialökologischen Marktwirtschaft«, wie Bündnis 90/Die Grünen ihre Zielgesellschaft im »Zwischenbericht« zu ihrem neuen Grundsatzprogramm bezeichnen.
In der Tat sind die FFFD-Forderungen trotz aller offiziellen Überparteilichkeit der Bewegung weitgehend identisch mit Vorschlägen der grünen Partei.
Die politische Nähe zu den Grünen nur darauf zurückzuführen, dass FFFD-Kader wie Luisa Neubauer, Linus Steinmetz, Ragna Diederichs oder Jakob Blasel Mitglied bei den Grünen oder der Grünen Jugend sind, wäre sicher zu kurz gegriffen. Es zu ignorieren wäre jedoch naiv.

Innerhalb von FFFD werden auch Alternativen zur dominanten Ausrichtung der Bewegung formuliert. Aktivisten aus 31 Ortsgruppen haben jüngst die »Antikapitalistische Plattform in FFF« gegründet und aus diesem Anlass ein Grundsatzpapier mit dem Titel »Die Systemfrage stellen!« publiziert. Sie plädieren darin für einen antikapitalistischen Kurs und eine Verbindung des Kampfes für den Umweltschutz mit dem für Arbeiterrechte, Frieden und Flüchtlinge. Die »Diktatur der großen Konzerne« müsse beendet werden und »die Arbeiterklasse das Eigentum an den Produktionsmitteln« erkämpfen, »damit die Bedürfnisse sowohl des Menschen als auch seiner Umwelt im Mittelpunkt« der Gesellschaft stehen könnten.

Die Angehörigen der Antikapitalistischen Plattform monieren außerdem, dass »Teile von FFF führende Politiker als Kooperationspartner« sähen und davon ausgingen, »dass man mit ihnen zusammenarbeiten muss, um den Klimawandel aufzuhalten«. In der Tat gibt es wenig Berührungsängste mit der offiziellen Politik.
Luisa Neubauer, die bekannteste FFF-Vorkämpferin in Deutschland, traf zum Beispiel Barack Obama, der immerhin als Präsident der USA politischer Repräsentant des globalen Klimasünders Nr. 1 war, und Greta Thunberg sprach mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
Linus Steinmetz meint sogar, dass FFF im Grunde als ein Korrektiv bürgerlicher Politik agiere: Es sei »ja eigentlich das Ziel unserer Bewegung, dass die Politiker uns ernst nehmen, die Profis anfangen, ihren Job zu machen«.

Zum einen wollen die Aktivisten mit solchen Äußerungen natürlich sicherstellen, dass Regierungen und Politiker sich nicht der Verantwortung entziehen, sie FFF aufbürden (»Macht mal Vorschläge«) oder sie im Sinne von Konsumentenpolitik individualisieren.
Aber andererseits gelingt es FFF bis dato auch nicht, den Widerspruch aufzulösen, die politischen Eliten für ihre Komplizenschaft bei der Zunahme des Treibhauseffekts anzuklagen, gleichzeitig aber an dieselben Akteure zu appellieren und von ihnen eine Umkehr in der Klimapolitik zu erwarten.

Keine Ergebnisse

Neben viel Traffic in den sozialen Medien, zahlreichen Pressebildern und -berichten ist aus den Treffen mit hochrangigen Politikern in Deutschland oder der EU jedenfalls nichts herausgekommen. Auf einer Pressekonferenz Ende Februar 2019 sagte Greta Thunberg auf Nachfrage: »Nein, ich habe bisher keine konkreten Versprechen von politischen Führern oder Machthabern bekommen.« Bis jetzt hat sich daran nichts geändert.

Die herrschende Klasse spielt also auf Zeit. Es wäre kein Novum, wenn sie den Höhenflug der Bewegung aussitzt, unterdessen gehaltloses Polittheater aufführt und dabei zusieht, wie FFF implodiert, wenn Erfolge ausbleiben und keine dauerhaften politischen Strukturen entwickelt werden. *)
Verschiedene FFF-Vertreter haben ihrerseits die Absicht bekundet, den Schulstreik solange fortzusetzen, bis konkrete Schritte in Richtung auf das 1,5-Grad-Ziel unternommen werden.
Man kann sie nur darin bestärken, in dieser Angelegenheit ebenso stur zu bleiben wie einst Greta Thunberg gegenüber ihren Eltern, als diese sie davon abbringen wollten, den Schulunterricht »fürs Klima« zu »bestreiken«. Dann könnten die eigenen Erfahrungen mit Politikern, Unternehmern und den politisch-ökonomischen Strukturen der bürgerlichen Gesellschaft zumindest die jungen FFF-Aktivisten dazu veranlassen, den radikalen Gehalt des Thunbergschen Diskurses theoretisch, organisatorisch und politisch zu unterfüttern.
Nicht nur, aber auch darin besteht immer freitags die eigentliche Hoffnung für die Zukunft.

*: so wie z.B. in Oettingen. Auch die angekündigte theoretische Unterfütterung ist bundesweit leider bisher ausgeblieben.

Mir fäöllt auf, wie trickreich und manipulativ bei FFF darauf geachtet wird, dass nicht all zu kritisch gegenüber Kapital, Militär und Industrie Stellung bezogen wird. Eine offene Zensur gibt es nicht, aber eine Verschlämmung wie oben beschrieben.
Jochen

Faktencheck Venezuela: Was in deutschen Medien über das südamerikanische Land verbreitet wird – und wie es tatsächlich aussieht – Ein „Staatschef“ aus dem Regime-Change-Labor

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Nach einigen Gesprächen mit Patienten und im Familienkreis halte ich es für unbedingt nötig, den systematisch verbreiteten Falschinformationen der Leim-Medien etwas entgegen zu setzen.
Nachdem ich vorige Woche auf B5aktuell eine unerträgliche Lobhudelei auf den von einem CIA-Ableger ausgebildeten Putschisten Juan Guaidó hören musste, habe ich den aufklärenden und sehr ausführlichen Bericht von Dan Cohen und Max Blumenthal aus den NachDenkSeiten auch angehängt.
Bereits unmittelbar nach dem Putsch gab es Anzeichen, dass dort eine über die Atlantik-Connection über lange Zeit vorbereitete Medienkampagne im Sinn der integrierten Propagandakriegsführung der 4. Generation in Gang gesetzt wurde:
https://josopon.wordpress.com/2019/02/07/kaum-hatte-der-putschist-guaido-sich-zum-prasidenten-venezuelas-erklart-wurden-im-bayerischen-rundfunk-schon-sprachregelungen-vollzogen-tagesschau-betreibt-desinformation-um-den-usa-beim-sturz-vo/
Dort auch schon ein Beispiel für „Lügen mit Bildern“.

So etwas entsteht nicht in dieser Perfektion und Selbstbezüglichkeit zufällig oder durch Abschreiben, dem liegen Blaupausen zugrunde, die in den zahlreichen transatlantischen ThinkTanks ausgearbeitet wurden. Hier werden die Verdummungsprinzipien umgesetzt, wie sie Prof. Mausfeld genau beschrieben hat:
https://www.youtube.com/watch?v=1x8x9NokCZ0

Und hier auszugsweise der angekündigte Faktencheck. Wer die genannte Darstellung widerlegen kann, den bitte ich um Wortmeldung:
https://www.jungewelt.de/artikel/350058.fragen-und-antworten-faktencheck-venezuela.html

»Maduros Herrschaft ist diktatorisch, er hat keine demokratische Legitimation, und die Mehrheit der Bevölkerung steht nicht hinter ihm. Er kann sich nur noch auf das Militär stützen.«

Nicolás Maduro ist zweimal zum Präsidenten Venezuelas gewählt worden, 2013 und 2018. Die Wahl im vergangenen Jahr entsprach in ihren Regularien exakt der Parlamentswahl 2015, die von der Opposition gewonnen worden war und deren Legitimität allgemein anerkannt ist. Neben Maduro, der 67,84 Prozent der abgegeben Stimmen gewinnen konnten, gab es drei Kandidaten. Der Sozialdemokrat Henri Falcón kam auf 20,93 Prozent, der evangelikale Prediger Javier Bertucci auf 10,82 Prozent. Lediglich 0,39 Prozent der Voten entfielen auf den linken Basisaktivisten Reinaldo Quijada, der allerdings auf jeden echten Wahlkampf verzichtet hatte.
Die Wahlbeteiligung war mit 46,02 Prozent niedrig. Das lag auch daran, dass eine Reihe von Oppositionsparteien zum Boykott aufgerufen hatte. Wären diese Parteien mit einem gemeinsamen Kandidaten angetreten, hätten sie durchaus Chancen gehabt, Maduro zu schlagen.

Die Umstände der Wahl waren in einem Abkommen festgelegt worden, das Vertreter von Opposition und Regierung bis Anfang 2018 unter internationaler Vermittlung ausgehandelt hatten. Allerdings verweigerten die Oppositionellen im letzten Augenblick die Unterschrift unter das fertige Abkommen.
Der frühere spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero, der an den Verhandlungen als Vermittler beteiligt gewesen war, reagierte darauf Anfang Februar 2018 mit einem Brief, den die in Caracas erscheinende Tageszeitung Últimas Noticias veröffentlichte. Das ausgehandelte Abkommen habe die über Monate verhandelten Themen aufgegriffen, unter anderem »einen Wahlprozess mit Garantien und einen Konsens über das Datum der Wahlen«.

»Maduro hat das Parlament aufgelöst und entmachtet und regiert nun gänzlich unkontrolliert. Mit der Verfassung des Landes ist das unvereinbar.«

Venezuelas Parlament ist nicht aufgelöst worden, sondern arbeitet. Erst Anfang Januar wurde ein gewisser Juan Guaidó von den Abgeordneten der Oppositionsparteien zu dessen Präsident gewählt.

Richtig ist allerdings, dass die Beschlüsse der Nationalversammlung nach Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (TSJ) »null und nichtig« sind, weil sich das Parlament weigert, mehrere Urteile der Richter umzusetzen. Das begann bereits unmittelbar nach der Wahl 2015, als die Richter nach Einsprüchen die Bestätigung von vier gewählten Abgeordneten aus dem Bundesstaat Amazonas – drei der Opposition und einer der Regierungspartei PSUV – aussetzten.
Trotzdem wurden die drei Regierungsgegner vom Parlamentspräsidium vereidigt und nahmen an den Abstimmungen teil. Daraufhin stellten die Richter fest, dass die unter diesen Bedingungen gefassten Beschlüsse ungültig seien. Im Juli 2017 bekräftigten die Richter diese Entscheidung in einem weiteren Urteil, in dem sie die Ernennung neuer Richter durch das Parlament aufgrund der Nichteinhaltung des in der Verfassung dafür festgelegten Verfahrens für ungültig erklärten.

»Maduro hat sein Land mit Konzeptlosigkeit und Korruption in den Abgrund geführt. Mit Sozialismus hat das nichts zu tun.«

Venezuela ist nach wie vor ein kapitalistisches Land. Das hat auch Hugo Chávez in seinem letzten Wahlprogramm 2012 – das nach dessen Tod 2013 von Nicolás Maduro wortwörtlich übernommen wurde – betont: »Täuschen wir uns nicht, die sozioökonomische Ordnung, die in Venezuela noch vorherrscht, ist kapitalistischen und Rentencharakters.«

Seit seiner Amtsübernahme 2013 sieht sich Maduro einem eingebrochenen Ölpreis gegenüber. Da der Brennstoff jedoch nach wie vor das Hauptexportgut Venezuelas ist, sind die Staatseinnahmen dramatisch zurückgegangen. Verschärft wurde die Krise durch einen regelrechten Wirtschaftskrieg privater Handelskonzerne, die Waren zurückhielten. Supermärkte waren leer, viele Lebensmittel gab es nur noch auf dem Schwarzmarkt zu kaufen.
Das hat sich geändert, inzwischen sind die Geschäfte wieder voll – allerdings sind die Preise durch die Inflation so hoch, dass sie sich nur Wohlhabende leisten können. Hinzu kommen vor allem ab 2017 die immer weiter verschärften Sanktionen durch die USA und – in geringerem Ausmaß – durch die Europäische Union. Sie machen es Caracas nahezu unmöglich, Waren auf dem Weltmarkt regulär einzukaufen, weil der Zahlungsverkehr über die meist in den USA sitzenden Finanzinstitutionen blockiert ist.

Was man dem Präsidenten vorwerfen kann, ist, dass es lange keine wirksamen Maßnahmen gegen die sich immer weiter verschärfenden Probleme gegeben hat. Regelmäßige Lohnerhöhungen wurden durch die Inflation aufgefressen, wirtschaftspolitische Maßnahmen blieben Stückwerk und widersprüchlich.
Erst in der jüngsten Zeit scheint man Wege gefunden zu haben, mit Hilfe befreundeter Länder die ausländische Blockade zu umgehen.
Tatsächlich sind Berichten zufolge in den vergangenen Tagen und Wochen die Preise für Lebensmittel und andere Waren teilweise gesunken.

»Mit Ausnahme von Russland und China fehlt Maduro auf internationaler Ebene jeglicher Rückhalt, sein Regime ist praktisch isoliert.«

In der vergangenen Woche bildete sich bei den Vereinten Nationen in New York eine Gruppe von rund 60 Staaten der Welt, die sich für die Verteidigung der UN-Charta einsetzen wollen – in klarer Unterstützung Venezuelas gegen die von den USA geführte Aggression.
Demgegenüber haben weltweit nur etwa 40 bis 50 Regierungen den Oppositionspolitiker Juan Guaidó als »Präsidenten« anerkannt.
Hinter Maduro gestellt haben sich dagegen nicht nur die linken Regierungen Lateinamerikas, sondern auch die Karibikgemeinschaft Caricom und der südafrikanische Staatenbund SADC. Wichtige Handelspartner sind und bleiben Indien, der Iran, die Türkei und andere.
Selbst in der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) haben die USA und die venezolanische Opposition keine Mehrheit für eine Anerkennung Guaidós finden können. Auch UN-Generalsekretär António Guterres betonte, dass der einzige rechtmäßige Präsident Venezuelas Nicolás Maduro ist.
Mexiko und Uruguay bemühen sich um eine Vermittlung ohne ausländische Einmischung.

»Kritische Medien haben unter Maduro keine Chance, sie werden geknebelt und unterdrückt.«

Kaum tritt in Venezuela ein Oppositionspolitiker öffentlich auf, ist er sofort von Dutzenden Mikrofonen umlagert. Es gibt in Venezuela 16 private Fernsehkanäle und mindestens 18 private Radio-Senderketten, die oft mehrere parallele Programme ausstrahlen. Hinzu kommen viele lokale Gemeindesender. Dem stehen drei landesweite Staatssender – VTV, TVes und Vive – gegenüber sowie weitere nur lokal oder über Kabel verbreitete Programme, darunter der internationale Nachrichtensender Telesur. Allerdings hat die Telekommunikationsbehörde Conatel die Verbreitung mehrerer ausländischer Sender in den Kabelnetzen unterbunden. Betroffen davon ist zum Beispiel der kolumbianische Kanal NTN 24, der sich zum Sprachrohr der militanten Regierungsgegner gemacht hat.
Problemlos zu empfangen sind nach einer aktuellen Aufstellung von Kabelnetzbetreibern nach wie vor Fox und Voice of America aus den USA; die britische BBC, die Deutsche Welle und andere.
Interessanterweise macht aber der private Anbieter »Super Cable« seinen Kunden Sender wie TV Bolivia, Cubavisión, das chinesische CCTV oder das iranische Hispan TV nicht zugänglich, im Gegensatz zum staatlichen Betreiber CANTV.

Massenhaft verbreitet sind auch in Venezuela Internetseiten und »soziale Netzwerke«. Immer wieder gibt es Zensurvorwürfe. So beklagte das Internetportal Aporrea.org zuletzt, dass es nicht mehr uneingeschränkt erreichbar sei. Allerdings fallen auch staatliche Seiten wie die Homepage der Tageszeitung Correo del Orinoco oder die Angebote von Radio Nacional de Venezuela häufig aus. Ob es sich also um administrative Eingriffe oder technische Probleme handelt, ist unklar.

Probleme haben in den vergangenen Jahren Zeitungen und Zeitschriften gehabt, denn infolge der Wirtschaftskrise und der vor allem von den USA verhängten Sanktionen ist es für die Verlage immer schwieriger geworden, an das notwendige Papier zu kommen. Deshalb haben Oppositionsblätter wie Tal Cual oder El Nacional ihre gedruckten Ausgaben eingestellt, andere – zum Beispiel El Universal – erscheinen ungehindert weiter.
Betroffen davon sind aber nicht nur die Organe der Opposition. Im vergangenen Jahr musste die Zeitung der Kommunistischen Partei Venezuelas, Tribuna Popular, ebenfalls ihre Druckausgabe aufgeben und erscheint seither nur noch digital. Mehrere staatliche Publikationen haben den Umfang ihrer Ausgaben eingeschränkt oder wurden ganz eingestellt.

»Das Regime hat an der Grenze zu Kolumbien mit Gewalt verhindert, dass humanitäre Hilfe ins Land gelangt. Sicherheitskräfte versuchen, jede Unruhe skrupellos im Keim zu ersticken.«

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat deutlich gemacht, dass es sich nicht um humanitäre Hilfe handelte, sondern um eine politische Aktion. Auch die Vereinten Nationen verweigerten eine Beteiligung an der Show.

Zwischen 20.000 und 50.000 Personen sollten nach Angaben der Opposition durch die Lieferungen für zehn Tage versorgt werden. Selbst wenn das stimmt ist das verschwindend wenig verglichen mit den sechs Millionen CLAP-Lebensmittelpaketen, die monatlich in Venezuela vertrieben werden.
Nach unabhängigen Angaben beziehen inzwischen rund 90 Prozent der Bevölkerung diese subventionierten Grundnahrungsmittel.

Hilfslieferungen erreichen Venezuela auf vielen Wegen, unter anderem geliefert aus Russland und China. Mit der EU hat Caracas Unterstützung im Wert von zwei Milliarden Euro vereinbart, die über die UNO ins Land kommen soll. Venezuela konnte aber nicht akzeptieren, dass eine politische Gruppe ohne Kontrolle einen Konvoi mit unbekannter Ladung über die Grenze bringt.

Die Fernsehbilder zeigen zudem, dass die Gewalt an der Grenze nicht von den venezolanischen Sicherheitskräften ausging. Kolumbianische Sender übertrugen live, wie Vermummte Molotowcocktails befüllten und Steine auf die Soldaten warfen. Von kolumbianischer Seite wurden sie daran nicht gehindert.

Dazu auch: https://josopon.wordpress.com/2017/09/10/warum-ging-venezuela-siegreich-aus-dem-jungsten-krieg-der-vierten-generation-hervor-pressefreiheit-hier-und-dort/

Juan Guaidó: Ein Staatschef aus dem Regime-Change-Labor

Juan Guaidó ist das Produkt von mehr als zehn Jahren Arbeit, koordiniert von den Regime-Change-Trainern der Washingtoner Elite. Während er vorgibt, ein Verfechter der Demokratie zu sein, steht er in Wirklichkeit an der Spitze einer brutalen Destabilisierungskampagne.
Von Dan Cohen und Max Blumenthal. Aus dem Englischen von Josefa Zimmermann.

Auszüge:

Vor dem schicksalhaften 22. Januar hatte nicht einmal jeder fünfte Venezolaner jemals von Juan Guaidó gehört. Noch vor wenigen Monaten war der 35-Jährige ein obskurer Charakter in einer rechtsextremen politischen Randgruppe, die eng mit grausamen Straßenkämpfen in Verbindung gebracht wurde.
Selbst in seiner eigenen Partei hatte Guaidó nur einen mittleren Status in der oppositionsdominierten Nationalversammlung, die nun nach der venezolanischen Verfassung verächtlich gemacht wird.

Doch nach einem einzigen Anruf von US-Vizepräsident Mike Pence erklärte Guaidó sich selbst zum Präsidenten von Venezuela.
Von Washington zum Führer seines Landes erkoren, wurde ein bislang unbekannter, zum politischen Bodenpersonal zählender Mann Präsident der Nation mit den größten Ölreserven der Welt und rückte ins internationale Rampenlicht.

Im Konsens mit Washington begrüßte die Redaktion der New York Times Guaidó als „glaubwürdigen Rivalen” von Maduro mit einem „erfrischenden Stil und der Vision, das Land voranzubringen”.
Die Redaktion der Bloomberg News applaudierte ihm für die „Wiederherstellung der Demokratie” und das Wall Street Journal erklärte ihn „zu einem neuen demokratischen Führer”. Inzwischen haben Kanada, zahlreiche europäische Staaten, Israel und der Block der rechtsgerichteten lateinamerikanischen Regierungen, bekannt als Lima-Gruppe, Guaidó als legitimen Führer Venezuelas anerkannt.

Während Guaidó sich aus dem Nichts materialisiert zu haben scheint, ist er in Wirklichkeit das Produkt von mehr als zehn Jahren eifriger Aufzucht durch die Regime-Change-Fabriken der Washingtoner Elite. In einem Kader rechtgerichteter studentischer Aktivisten wurde Guaidó aufgebaut, um die sozialistische Regierung Venezuelas zu unterminieren, das Land zu destabilisieren und eines Tages die Macht zu ergreifen.
Obwohl er in der venezolanischen Politik eine untergeordnete Rolle spielte, stellte er viele Jahre stillschweigend seinen Wert für die Machtzirkel in Washington unter Beweis.

„Juan Guaidó ist die Figur, die für diese Situation geschaffen wurde“, bemerkte Marco Teruggi, ein argentinischer Soziologe und Chronist der venezolanischen Politik, gegenüber The Grayzone. „Es ist wie in einem Labor – Guaidó ist wie eine Mischung aus verschiedenen Elementen, die verschmolzen wurden zu einem Charakter, der sich, ehrlich gesagt, zwischen lächerlich und Besorgnis erregend bewegt.”

Diego Sequera, ein venezolanischer Journalist und Autor bei dem investigativen Magazin Misión Verdad, stimmte zu: „Guaidó ist außerhalb Venezuelas beliebter als im Land selbst, besonders in den Elite-Zirkeln der Ivy-League-Universitäten und in Washington.” Sequera bemerkte gegenüber The Grayzone: „Dort ist er als Charakter bekannt, er ist berechenbar rechts und gilt als loyal gegenüber dem Programm.“

Während Guaidó heute als das Gesicht des demokratischen Wiederaufbaus verkauft wird, absolvierte er seine Karriere in der brutalsten Gruppierung von Venezuelas radikalster Oppositionspartei und stand an der Spitze mehrerer Destabilisierungskampagnen. Seine Partei war in Venezuela weithin diskreditiert und wird teilweise für die Fragmentierung der stark geschwächten Opposition verantwortlich gemacht.

„Diese radikalen Führer bleiben bei Umfragen unter 20 %“, schrieb Luis Vicente León, der führende Meinungsforscher Venezuelas. Laut Léon ist Guaidós Partei bei der Mehrheit der Bevölkerung isoliert, denn die Mehrheit der Bevölkerung „will keinen Krieg. Was sie will, sind Lösungen.”

Doch genau aus diesem Grund wurde Guaidó von Washington ausgewählt: Niemand erwartet von ihm, dass er Venezuela zur Demokratie führt, sondern dass er das Land destablilisiert, weil es zwei Jahrzehnte lang ein Bollwerk des Widerstands gegen die US-Hegemonie war.
Sein merkwürdiger Aufstieg bildet den Höhepunkt eines zwei Jahrzehnte dauernden Projekts zur Zerschlagung eines stabilen sozialistischen Experiments.

Die „Troika der Tyrannei“ im Visier

Seit der Wahl von Hugo Chávez 1998 kämpften die USA für die Wiedererlangung der Kontrolle über Venezuela und seine riesigen Ölreserven.
Durch Chávez’ sozialistische Programme wurde der Reichtum des Landes umverteilt und Millionen Menschen aus der Armut geholt, aber sie machten ihn auch zur Zielscheibe.

2002 setzte Venezuelas rechte Opposition Chavez mit Unterstützung der USA kurzerhand ab, bevor das Militär ihn nach einer Massenmobilisierung wieder in sein Amt einsetzte. Während der Amtszeiten der US-Präsidenten George W. Bush und Barack Obama überlebte Chávez zahllose Mordanschläge, bevor er 2013 an Krebs starb. Sein Nachfolger Nicolas Maduro überlebte drei Mordanschläge.

Die Trump-Administration erhob Venezuela sofort zum Top-Kandidaten auf der Regime-Change-Liste Washingtons und brandmarkte es als wichtigsten Staat in der „Troika der Tyranneien“. Im vergangenen Jahr versuchte Trumps nationales Sicherheitsteam Mitglieder des Militärs zur Installierung einer Militärjunta zu rekrutieren, aber der Versuch schlug fehl.

Laut venezolanischer Regierung waren die USA auch in eine Verschwörung mit dem Codenamen „Operation Constitution“ verwickelt, die zum Ziel hatte, Maduro im Präsidentenpalast Miraflores gefangen zu nehmen, und in eine zweite namens „Operation Armageddon“, bei der er im Juli 2017 bei einer Militärparade getötet werden sollte. Etwas mehr als ein Jahr später versuchten Oppositionsführer vom Ausland aus vergeblich, Maduro während einer Militärparade in Caracas mit Drohnenbomben zu töten.

Mehr als ein Jahrzehnt vor diesen Intrigen wurde eine Gruppe handverlesener rechtsgerichteter Studenten von einer US-finanzierten Akademie, in der Regime-Changes trainiert werden, ausgebildet, um die Regierung Venezuelas zu stürzen und eine neoliberale Ordnung einzuführen.

Die ‘Export-A-Revolution-Gruppe’ legt die Samen für eine ANZAHL von Farbenrevolutionen

Am 5. Oktober 2005, als Chávez auf dem Höhepunkt seiner Popularität war und seine Regierung sozialistische Reformen plante, landeten fünf „Studentenführer“ aus Venezuela in Belgrad, um für einen Umsturz zu trainieren.

Die Studenten waren mit freundlicher Unterstützung des Center for Applied Non-Violent Action and Strategies (CANVAS) aus Venezuela angereist. Diese Gruppe wird überwiegend vom National Endowment for Democracy, einem CIA-Ableger, finanziert, der der US-Regierung als Hauptinstrument zur Durchsetzung von Regime-Change-Aktivitäten dient, ebenso wie die Ableger International Republican Institute und National Democratic Institute for International Affairs.

Wie durch geleakte E-Mails von Stratfor bekannt wurde, einem Geheimdienst-Unternehmen, das auch „Schatten-CIA“ genannt wird, finanzierte und trainierte die CIA CANVAS wahrscheinlich während der Kämpfe gegen Milosevic 1999/2000.

CANVAS ist eine Ausgliederung von Otpor, einer serbischen Protestorganisation, die 1998 von Srdja Popoviv an der Universität von Belgrad gegründet wurde.
Otpor, das serbische Wort für Widerstand, war eine studentische Gruppe, die international berühmt – und hollywoodmäßig promoted – wurde durch das Organisieren von Protesten, die schließlich zum Sturz von Slobodan Milosevic führten.

Diese kleine Zelle von Regime-Change-Spezialisten operierte nach Methoden des kürzlich verstorbenen Gene Sharp mit dem so genannten „gewaltfreien Kampf nach Clausewitz”, den Sharp gemeinsam mit einem ehemaligen Geheimdienstanalysten der DEA, Oberst Robert Helvey, entwickelt hatte, um einen strategischen Plan zu konzipieren, der bewaffneten Protest als eine Form hybrider Kriegsführung einsetzte und sich gegen Staaten richtete, die sich der unipolaren Dominanz Washingtons widersetzten.

Otpor wurde unterstützt vom National Endowment for Democracy (USAID) und von Sharps Albert Einstein Institute. Sinisa Sikman, einer der Chef-Ausbilder von Otpor, behauptete einmal, dass die Organisation direkt von der CIA finanziert würde.

Laut einer geleakten E-Mail von einem hochrangigen Stratfor-Mitarbeiter nach dem Sturz von Milosewic „wurden die Otpor-Kinder erwachsen, trugen Anzüge und kreierten CANVAS… oder mit anderen Worten, eine ‘Export-A-Revolution-Gruppe’, die die Samen legte für einen ANZAHL von Farbenrevolutionen. **)
Sie sind immer noch von der US-Finanzierung abhängig und ziehen durch die ganze Welt, um Diktatoren und autokratische Regime zu stürzen (alle, die von den USA nicht gemocht werden).

Stratfor enthüllte, dass CANVAS im Jahr 2005 „seine Aufmerksamkeit Venezuela zuwandte”, nachdem es bis dahin Oppositionsgruppen ausgebildet hatte, die NATO-freundliche Regime-Change-Operationen in Ost-Europa durchführten.

Während der Überwachung des CANVAS-Ausbildungsprogramms umriss Stratfor seine Aufstands-Agenda in erstaunlich deutlicher Formulierung: „Erfolg ist keineswegs garantiert. Und studentische Proteste sind nur der Anfang eines möglichen jahrelangen Kampfes, um in Venezuela eine Revolution zu entfachen, aber die Ausbilder haben beim „Schlächter des Balkans“ Erfahrungen gesammelt. Sie besitzen immense Fähigkeiten. Wenn Sie feststellen, dass Studenten an fünf Universitäten in Venezuela gleichzeitig demonstrieren, dann wissen Sie, dass die Ausbildung abgeschlossen ist und die wirkliche Arbeit beginnt.“

Die Geburt der Regime-Change-Kadergruppe „Generation 2007”

Die wirkliche Arbeit begann zwei Jahre später, 2007, als Guaidó sein Studium an der Katholischen Universität Andrés Bello in Caracas abgeschlossen hatte. Er zog nach Washington DC, um sich an der George-Washington-University für ein Studium in „Governance and Political Management“ einzuschreiben, bei dem venezolanischen Ökonomen Luis Enrique Berrizbeitia, einem lateinamerikanischen Spitzenökonomen neoliberaler Ausrichtung. Berrizbeitia war früher Chef des International Monetary Fund (IMF) und verbrachte unter der alten oligarchischen Herrschaft, die durch Chavez beendet wurde, mehr als ein Jahrzehnt in Venezuela, wo er im Energiesektor tätig war.

In diesem Jahr half Guaidó bei der Organisation regierungsfeindlicher Demonstrationen, nachdem die venezolanische Regierung sich geweigert hatte, die Lizenz von Radio Caracas Televisión (RCTV) zu erneuern.

Dieser Privatsender hatte eine führende Rolle beim Putsch gegen Chavez 2002 gespielt. RCTV half bei der Mobilisierung für regierungsfeindliche Demonstranten, gab gefälschte Informationen heraus, legte den Unterstützern der Regierung Gewalttaten zur Last, die Oppositionelle begangen hatten, und unterbrach während des Staatsstreiches jede regierungsfreundliche Berichterstattung. Die Rolle von RCTV und anderer Sender, die sich im Besitz von Oligarchen befanden, wurde in der gefeierten Dokumentation „The Revolution will not be televised“ aufgezeigt.

In demselben Jahr behaupteten die Studenten, das Verfassungsreferendum für einen „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ verhindert zu haben, der versprach, „den rechtlichen Rahmen für die politische und soziale Reorganisation des Landes zu etablieren, in dem organisierte Gemeinwesen unmittelbare Macht erhalten, ein neues Wirtschaftssystem zu entwickeln.“

Mit den Protesten um RCTV und um das Referendum war eine neue Klasse von US-unterstützten Spezialkadern und Regime-Change-Aktivisten geboren. Sie nannten sich „Generation 2007.

Die Ausbilder dieser Zelle von Stratfor und CANVAS identifizierten Guaidós Mitkämpfer – einen libertären Organisator politischer Aktionen namens Yon Goicoechea – als eine „Schlüsselfigur” bei der Niederschlagung des Verfassungsreferendums. Im folgenden Jahr wurde Goicochea für seine Bemühungen mit dem „Prize for Advancing Liberty“ des Cato-Institutes von Milton Friedmann ausgezeichnet. Die damit verbundenen 500 000 Dollar investierte er sofort in den Aufbau eines politischen Netzwerks.

Friedmann war bekanntlich der Ziehvater der notorischen neoliberalen Chicago Boys, die vom Präsidenten der Junta, Augusto Pinochet, nach Chile eingeflogen wurden, um die radikale fiskale Austeriätspolitik im Sinne der Schock-Doktrin zu implementieren. Und das Cato-Institut ist der libertäre Think-Tank, in Washington DC von den Koch-Brüdern gegründet, den größten Sponsoren der Republikanischen Partei, die zu aggressiven Unterstützern der rechten Politik in Lateinamerika wurden.

WikiLeaks veröffentlichte 2007 eine E-Mail des amerikanischen Botschafters in Venezuela, William Brownfield, an das Außenministerium, den Nationalen Sicherheitsrat und das Department of Defense Southern Command. Er lobte „Generation of ’07”, weil sie „den venezolanischen Präsidenten, der es gewohnt ist, die politische Agenda festzulegen, gezwungen hat (über)zureagieren.“
Zu den „aufstrebenden Führern”, die Brownfield identifizierte, gehörten Freddy Guevara und Yon Goicoechea. Er applaudierte dem Letzteren als „einem der klarsten Verteidiger bürgerlicher Freiheiten”.

Ausgestattet mit dem Geld libertärer Oligarchen und den Soft-Power-Waffen der US-Regierung trugen die radikalen venezolanischen Kaderorganisationen die Otpor-Taktik auf die Straße, zusammen mit dem Logo der Gruppe:

„Öffentliche Unruhen instrumentalisieren… um Vorteile aus der Situation zu ziehen und sie gegen Chavez wenden.“

2009 veranstalteten die jungen Aktivisten der Generation 2007 ihre bislang provokativste Demonstration. Sie ließen auf der Straße ihre Hosen fallen, entblößten ihr Gesäß und wandten die Guerilla-Theater-Taktik aus Gene Sharps Regime-Change-Handbüchern an.
Die Demonstranten hatten gegen die Festnahme eines Verbündeten aus einer anderen Gruppe junger Aktivisten namens JAVU mobilisiert. Diese rechtsextreme Gruppe „sammelte Gelder aus einer Vielzahl von US-Regierungsquellen, das es ihr ermöglichte, schnell als die Hardliner im Straßenkampf der Opposition bekannt zu werden“, so George Ciccariello-Maher in seinem Buch „Building the Commune“.

Obwohl keine Videos der Proteste verfügbar sind, identifizierten viele Venezolaner Guaidó als einen der wichtigsten Teilnehmer der Demonstration. Der Vorwurf ist zwar unbestätigt, aber durchaus plausibel. Die Protestierenden, die ihre nackten Hinterteile zeigten, waren Mitglieder des inneren Kerns der Generation 2007, zu dem Guaidó gehörte, und sie trugen T-Shirts mit ihrem Logo Resistencia! Venezuela!, wie auf dem Foto zu sehen ist.

In dem Jahr exponierte sich Guaidó auf andere Weise in der Öffentlichkeit und gründete eine politische Partei, um die Anti-Chavez-Energie zu nutzen, die seine Generation 2007 aufgebaut hatte. Partei des Volkswillens (Partido de la Voluntad Popular) war ihr Name, angeführt wurde sie von Leopoldo López, einem in Princeton ausgebildeten rechten Hitzkopf, der stark verwickelt war in die Programme von National Endowment for Democracy und zum Bürgermeister eines Bezirks in Caracas gewählt wurde, einem der reichsten Bezirke des Landes.
Lopez war ein Abbild der venezolanischen Aristokratie, ein direkter Abkömmling des ersten Präsidenten seines Landes. Er war auch ein Cousin ersten Grades von Thor Halvorssen, dem Gründer der in den USA ansässigen Human Rights Foundation, die als De-facto-Propagandainstrument für die US-unterstützten Aktivisten gegen die Regierungen der Ländern fungiert, die von Washington für einen Regime-Change vorgesehen sind.

Obwohl Lopez’ Interessen praktisch mit denen Washingtons identisch waren, wies die von WikiLeaks veröffentlichte US-amerikanische diplomatische Korrespondenz auf seine fanatischen Tendenzen hin, die letztendlich zu einer Marginalisierung der Partei führen sollten. Ein Schreiben identifizierte Lopez als „eine spalterische Figur innerhalb der Opposition … die oft als arrogant, rachsüchtig und machthungrig beschrieben wird“. Andere Schreiben betonten seine Besessenheit von Straßenkämpfen und seine „kompromisslose Herangehensweise“ als Ursache von Spannungen mit anderen Oppositionsführern, deren vorrangige Ziele Einheit und Beteiligung an den demokratischen Institutionen des Landes waren.

Im Jahr 2010 nutzten die Partei des Volkswillens und ihre ausländischen Geldgeber die größte Dürre, die Venezuela seit Jahrzehnten heimgesucht hatte. Aufgrund des Mangels an Wasser, das für den Betrieb von Wasserkraftwerken benötigt wurde, kam es zu einer enormen Stromknappheit im Land. Eine weltweite wirtschaftliche Rezession und sinkende Ölpreise verstärkten die Krise und auch die Unzufriedenheit der Bevölkerung.

Stratfor und CANVAS – wichtige Berater von Guaidó und seiner regierungsfeindlichen Kadertruppe – hatten einen schockierend zynischen Plan entwickelt, um einen Dolch ins Herz der bolivarischen Revolution zu stoßen. Bereits im April 2010 waren 70 Prozent der Stromversorgung zusammengebrochen.

„Dies könnte ein Wendepunkt sein, da Chavez wenig tun kann, um die Armen vor dem Zusammenbruch des Systems zu schützen”, war in einem internen Memo von Stratfor zu lesen. „Die Folge könnte das Aufkommen öffentlicher Unruhen sein und keine Oppositionsgruppe könnte sie besser schüren. Das ist beste Zeitpunkt für eine Oppositionsgruppe, die Situation zu nutzen und sie gegen Chavez und zum eigenen Vorteil zu wenden.“

Zu diesem Zeitpunkt erhielt die venezolanische Opposition laut US-amerikanischen Behörden von US-Regierungsorganisationen wie USAID und dem National Endowment for Democracy die beeindruckende Summe von 40 bis 50 Millionen Dollar pro Jahr. Auch die eigenen Auslandskonten warfen hohe Renditen ab.

Während sich das von Stratfor anvisierte Szenario nicht verwirklichen ließ, distanzierten sich die Aktivisten der Partei des Volkswillens und ihre Verbündeten von jeglichem Anspruch auf Gewaltlosigkeit und bekannten sich zu einem radikalen Plan zur Destabilisierung des Landes.

Auf dem Weg zur gewaltsamen Destabilisierung

Laut E-Mails venezolanischer Geheimdienste, die im November 2010 vom ehemaligen Justizminister Miguel Rodríguez Torres veröffentlicht wurden, nahmen Guaidó, Goicoechea und mehrere andere studentische Aktivisten an einem geheimen fünftägigen Training in einem Hotel namens „Fiesta Mexicana“ in Mexiko teil.
Das Training wurde von Otpor durchgeführt, dem Regime-Change-Unternehmen aus Belgrad, das von der US-Regierung gesponsert wurde. Berichten zufolge war die Veranstaltung von Otto Reich, einem fanatischen Castro-Gegner im Exil, der im State Department von George W. Bush arbeitete, und dem rechtsgerichteten kolumbianischen Präsidenten Alvaro Uribe abgesegnet. Bei den Treffen, so heißt es in den E-Mails, brüteten Guaidó und seine Mitstreiter einen Plan aus, Präsident Hugo Chavez zu stürzen, indem sie chaotische Zustände durch immer wieder aufbrechende gewaltsame Straßenkämpfe herbeiführten.

Drei Galionsfiguren der Erdölindustrie – Gustavo Torrar, Eligio Cedeño und Pedro Burelli – hatten angeblich die Kosten von 52 000 Dollar für das Meeting übernommen. Torrar bezeichnet sich selbst als „Menschenrechtsaktivist“ und „Intellektuellen“, dessen jüngerer Bruder Reynaldo Tovar Arroyo der Repräsentant des privaten mexikanischen Öl- und Gas-Unternehmens Petroquimica del Golfo in Venezuela war, das vertragliche Verbindungen mit dem Staat Venezuela hat.

Cedeño ist seinerseits ein geflüchteter venezolanischer Geschäftsmann, der in den USA Asyl beantragt hat und Pedro Burelli ist ehemaliger JP-Morgan-Manager und ehemaliger Direktor des venezolanischen staatlichen Ölunternehmens Petroleum of Venezuela (PDVSA). Er trennte sich 1998 von der Firma, als Hugo Chavez an die Macht kam, und ist Mitglied des Beirats des Latin America Leadership Program der Georgetown Universität.

Burelli insistierte, dass die E-Mails, in denen er seine Teilnahme detailliert beschrieb, gefälscht seien. Er beauftragte sogar einen Privatdetektiv, um dies zu beweisen. Der Ermittler erklärte, die Google-Protokolle zeigten, dass die Mails angeblich nie abgeschickt worden seien. Heute macht Burelli kein Geheimnis aus seinem Wunsch, den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro abgesetzt zu sehen. Nach seinen Vorstellungen soll er sogar durch die Straßen geschleift und von einem Bajonett aufgespießt werden, genau wie es bei dem libyschen Führer Moammar Gaddafi durch die NATO-gestützten Milizen geschah.

Update: Burelli kontaktierte das Grayzone-Magazin nach der Veröffentlichung dieses Artikels, um seine Beteiligung an der Fiesta-Mexicana-Geschichte zu erläutern.

Burelli nannte das Meeting „eine legitime Aktion“, die in einem Hotel mit einem anderen Namen in Mexiko stattfand.

Auf die Frage, ob Otpor das Treffen koordinierte, stellte er lediglich fest, dass er die Arbeit von Otpor/CANVAS „schätzt“ und obwohl er sie nicht finanziell fördert, habe er bereits „Aktivisten aus verschiedenen Ländern empfohlen, ihre Arbeit zu verfolgen und an den von ihnen angebotenen Veranstaltungen in verschiedenen Ländern teilzunehmen.“

Burelli fügte hinzu: „Das Einstein-Institut trainierte Tausende [Aktivisten] öffentlich in Venezuela. Gene Sharpes Philosophie wurde weithin studiert und übernommen. Und vermutlich sorgte sie dafür, dass die Unruhen nicht in einen Bürgerkrieg ausarteten.”

Die angebliche Fiesta-Mexicana-Verschwörung floss ein in einen weiteren Destabilisierungsplan, der in einer Reihe von Dokumenten, die die venezolanische Regierung veröffentlichte, enthüllt wurde. Im Mai 2014 veröffentlichte Caracas Dokumente, in denen ein Attentat gegen Präsident Nicolás Maduro beschrieben wurde.
Die Veröffentlichung ließ erkennen, dass der Anti-Chavez-Hardliner Maria Corina Machado dahinter steckte – heute der wichtigste Handlanger von Senator Marco Rubio. Als Gründer der vom National Endowment for Democracy finanzierten Gruppe „Sumate“ fungierte Machado als internationaler Verbindungsmann der Opposition, der 2005 Präsident George W. Bush besuchte.

„Ich denke, es ist an der Zeit, die Anstrengungen zu verstärken. Erledigen Sie die notwendigen Anrufe und sorgen Sie für die Finanzmittel, um Maduro zu vernichten, und alles Andere wird sich lösen“, schrieb Machado 2014 an den ehemaligen venezolanischen Diplomaten Diego Arria.

In einer anderen E-Mail behauptete Machado, der gewaltsame Plan sei von dem US-Botschafter in Kolumbien, Kevin Whitaker, abgesegnet. „Ich habe mich bereits entschieden und dieser Kampf wird fortgesetzt, bis dieses Regime gestürzt ist und wir unseren Freunden in der Welt liefern können. Wenn ich nach San Cristobal ginge und mich vor die OAS stellte, ich hätte nichts zu befürchten. Kevin Whitaker hat seine Unterstützung bereits bestätigt und die nächsten Schritte beschrieben. Wir haben mehr Geld als das Regime, um den internationalen Sicherheitsring zu durchbrechen.”

Guaidó geht auf die Barrikaden

In Februar errichteten studentische Demonstranten, die als Stoßtrupp der im Exil lebenden Oligarchen fungierten, im ganzen Land gewaltsam Barrikaden und verwandelten die von der Opposition kontrollierten Quartiere in aggressive Festungen, die als Guarimbas bekannt wurden. Während internationale Medien den Aufruhr als spontanen Protest gegen Maduros eiserne Faust darstellten, gab es zahlreiche Beweise dafür, dass die Partei des Volkswillens die Show inszeniert hatte.
„Keiner der Demonstranten an den Universitäten trug ein Universitäts-T-Shirt, sie trugen alle T-Shirts mit dem Logo der Partei des Volkswillen oder von Gerechtigkeit Jetzt”, sagte ein Guarimba-Teilnehmer damals. “Es waren vielleicht Studentengruppen, aber die Studentenräte sind mit den Oppositionsparteien verbunden und sind ihnen Rechenschaft schuldig.”

Auf die Frage nach den Rädelsführen sagte der Guarimba-Teilnehmer: “Wenn ich ganz ehrlich bin, diese Leute sind jetzt Abgeordnete.”

Etwa 43 Menschen wurden 2014 bei den Guarimbas getötet. Drei Jahre später gab es neue Ausbrüche und es kam zu massenhafter Zerstörung der öffentlichen Infrastruktur, der Ermordung von Unterstützern der Regierung und 126 Toten, von denen die meisten Chavez-Anhänger waren. In einigen Fällen wurden die Regierungsanhänger von bewaffneten Gangs lebendig verbrannt.

2014 war Guaidó direkt an den Guarimbas beteiligt. Tatsächlich twitterte er ein Video, das ihn mit Helm und Gasmaske zeigte, umgeben von maskierten und bewaffneten Elementen, die eine Autobahn blockiert hatten und in einen gewaltsamen Zusammenstoß mit der Polizei verwickelt waren. Bezug nehmend auf seine Mitgliedschaft bei der Generation 2007 proklamierte er: „Ich erinnere mich an 2007. Damals proklamierten wir ‘Studenten!’ Jetzt rufen wir ‘Widerstand!Widerstand!’“

Guaido löschte den Tweet in offensichlicher Sorge um sein Image als Verteidiger der Demokratie.

Am 12. Februar 2014, in der heißen Phase der Guarimbas in diesem Jahr, ging Guaidó während des Wahlkampfs der Partei und von Gerechtigkeit Jetzt! zu Lopez auf die Bühne. Während einer sehr langen Hetzrede gegen die Regierung drängte Lopez die Menge zum Marsch auf das Gebäude der Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Diaz. Bald darauf wurde Diaz’ Büro von bewaffneten Banden angegriffen, die es in Brand zu setzen versuchten. Sie verurteilte die Aktion als „geplante und vorsätzliche Gewalt”.

Bei einem Fernsehauftritt im Jahr 2016 bezeichnete Guaidó die Todesfälle infolge von Guayas – einer Guarimba-Taktik, bei der Stahldraht über eine Fahrbahn gespannt wird, um Motorradfahrer zu verletzen oder zu töten – als „Mythos“. Seine Kommentare verharmlosten eine fatale Taktik, durch die Zivilisten wie Santiago Pedroza getötet und neben vielen Anderen ein Mann namens Elvis Durán enthauptet wurde.

Diese abscheuliche Missachtung des menschlichen Lebens sollte seine Partei des Volkswillens in den Augen eines Großteils der Öffentlichkeit einschließlich vieler Gegner von Maduro kennzeichnen.

Die Regierung zeigt Härte gegen die Partei des Volkswillens

Die Eskalation der Gewalt und die politische Polarisierung im ganzen Land veranlasste die Regierung, gegen die Parteiführer vorzugehen, die die Eskalation geschürt hatten. Freddy Guevara, Vizepräsident der Nationalversammlung und stellvertretender Vorsitzender der Partei des Volkswillens, war einer der Anführer bei den Straßenkrawallen 2017. Angesichts des drohenden Prozesses wegen seiner Rolle bei den Aufständen suchte er Zuflucht in der chilenischen Botschaft, wo er sich immer noch aufhält.

Ester Toledo, ein Abgeordneter der Partei aus dem Bundesstaat Zulia, wurde im September 2016 von der venezolanischen Regierung wegen Terrorfinanzierung und der Planung von Mordanschlägen gesucht. Er soll die Mordpläne gemeinsam mit dem ehemaligen kolumbianischen Präsidenten Álavaro Uribe entwickelt haben. Toledo floh aus Venezuela und hielt Vorträge bei Human Rights Watch, bei dem von der US-Regierung unterstützten Freedom House, dem spanischen Kongress und dem Europäischen Parlament.

Carlos Graffe, ein weiteres von Otpor ausgebildetes Mitglied der Generation 2007, das die Partei führte, wurde im Juli 2017 festgenommen. Laut Polizei war er im Besitz einer Tasche, in der sich Nägel, der Sprengstoff C4 und ein Zünder befand. Er wurde am 27. Dezember 2017 freigelassen.

Leopoldo Lopez, der langjährige Vorsitzende der Partei, steht heute unter Hausarrest wegen seiner Schlüsselrolle bei der Tötung von 13 Personen bei den Guarimbas 2014. Amnesty International lobte ihn als „Gefangenen mit gutem Gewissen“ und verurteilte seine Verlegung vom Gefängnis in sein Haus als „nicht ausreichend“. Mittlerweile initiierten Angehörige der Opfer eine Petition für eine höhere Strafe.

Yon Goicoechea, der Posterboy der Koch-Brüder, wurde 2016 von Sicherheitskräften festgenommen, weil sie angeblich ein Kilogramm Sprengstoff in seinem Wagen gefunden hatten. In einem Kommentar der New York Times protestierte Goicoechea, die Beschuldigungen seien „frei erfunden“, und behauptete, er sei nur wegen seines „Traumes von einer demokratischen Gesellschaft, frei von Kommunismus“ in Haft. Er wurde im November 2017 entlassen.

David Smolansky, ebenfalls Mitglied der ursprünglich von Otpor ausgebildeten Generation 2007, wurde der jüngste Bürgermeister von Venezuela, als er 2013 in dem wohlhabenden Vorort El Hatillo gewählt wurde. Er musste jedoch zurücktreten und wurde vom Obersten Gerichtshof zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt, nachdem er für schuldig befunden wurde, bei den Guarimbas Gewalt angestachelt zu haben.

Als die Gefängnisstrafe drohte, rasierte sich Smolansky den Bart ab, setzte eine Sonnenbrille auf und verschwand, als Priester verkleidet, nach Brasilien, mit einer Bibel in der Hand und einem Rosenkranz um den Hals. Heute lebt er in Washington, DC, wo er vom Sekretär der Organisation der Amerikanischen Staaten, Luis Almagro, auserkoren wurde, die Arbeitsgruppe über die venezolanische Migrations- und Flüchtlingskrise zu leiten.

Am 26. Juli vergangenen Jahres veranstaltete Smolansky ein von ihm so genanntes „freundschaftliches Wiedersehen“ mit Elliot Abrams, dem verurteilten Verbrecher aus der Iran-Contra-Affäre, der von Trump als Sondergesandter in Venezuela eingesetzt wurde. Abrams war für die Überwachung der geheimen US-Politik der Bewaffnung der rechten Todesschwadronen in Nicaragua, El Salvador und Guatemala zuständig.
Seine wichtige Rolle bei dem Putsch in Venezuela lässt befürchten, dass ein weiterer blutiger Stellvertreterkrieg bevorsteht.

Vier Tage davor hatte Machado Maduro ein weiteres Mal gedroht und ihm erklärt, wenn er „sein Leben retten will, sollte er verstehen, dass seine Zeit abgelaufen ist”.

Ein Bauer im Spiel

Der Zusammenbruch der Partei des Volkswillens unter dem Gewicht der von ihr inszenierten gewaltsamen Destabilisierungskampagne entfremdete große Teile der Öffentlichkeit von ihr und brachte ihr Führungspersonal ins Exil oder in Haft. Guaidó spielte dabei eine untergeordnete Rolle, da er die meiste Zeit seiner neunjährigen Karriere als Abgeordneter in der Nationalversammlung verbracht hatte.
Guaidó, der aus einem der dünn besiedelten Bundesstaaten Venezuelas stammt, erreichte bei den Parlamentswahlen 2015 den zweiten Platz und gewann nur 26 Prozent der abgegebenen Stimmen, um seinen Platz in der Nationalversammlung halten. In der Tat war sein Hintern vielleicht bekannter als sein Gesicht.

Guaidó ist bekannt als Präsident der von der Opposition dominierten Nationalversammlung, aber er wurde nie in diese Position gewählt. Die vier Oppositionsparteien, aus denen sich der Runde Tisch der Demokratischen Einheit zusammensetzte, hatten sich auf eine rotierende Präsidentschaft geeinigt. Die Partei des Volkswillens war an der Reihe, aber ihr Gründer Lopez stand unter Hausarrest. Unterdessen hatte sein Stellvertreter, Guevara, in der chilenischen Botschaft Zuflucht gesucht. Eine Figur namens Juan Andrés Mejía wäre als Nächster an der Reihe gewesen, aber aus Gründen, die erst jetzt klar sind, wurde Juan Guaidó ausgewählt.

“Der Aufstieg von Guaidó hat etwas mit der Klasse zu tun”, bemerkte der venezolanische Analyst Sequera. „Mejía ist erstklassig, hat an einer der teuersten Privatuniversitäten in Venezuela studiert, aber er konnte nicht so leicht der Öffentlichkeit verkauft werden wie Guaidó. Zum einen hat Guaidó Mestizo-Gesichtszüge, wie die meisten Venezolaner, und er erscheint eher wie ein Mann aus dem Volk. Zum Anderen stand er nicht so sehr im Mittelpunkt des Medieninteresses, so dass man aus ihm so ziemlich alles formen konnte.“
Im Dezember 2018 schlich sich Guaidó über die Grenze und machte Ausflüge nach Washington, Kolumbien und Brasilien, um die Pläne für Massendemonstrationen während der Amtseinführung von Präsident Maduro zu koordinieren. In der Nacht vor Maduros Vereidigung riefen der US-Vizepräsident Mike Pence und die kanadische Außenministerin Chrystia Freeland Guaidó an, um ihn ihrer Unterstützung zu versichern. Eine Woche später schlossen sich Senator Marco Rubio, Senator Rick Scott und der Abgeordnete Mario Diaz-Balart – alles Abgeordnete aus dem Stützpunkt der rechten kubanischen Exil-Lobby in Florida – Präsident Trump und Vizepräsident Pence im Weißen Haus an. Auf ihre Bitte hin stimmte Trump zu, Guaidó zu unterstützen, wenn er sich selbst zum Präsidenten erklärt.
US-Außenminister Mike Pompeo traf sich laut Wall Street Journal am 10. Januar persönlich mit Guaidó. Pompeo konnte den Namen von Guaidó jedoch nicht aussprechen, als er ihn am 25. Januar in einer Pressekonferenz erwähnte und ihn “Juan Guido” nannte.

Bis zum 11. Januar wurde Guaidós Wikipedia-Eintrag 37-mal verändert, in dem Bemühen, das Image der zuvor unbekannten Figur aufzupeppen, die nun ein Tableau für Washingtons Regime-Change-Ambitionen darstellte. Schließlich wurde die Redaktion für seinen Eintrag dem elitären Gremium der “Bibliothekare” von Wikipedia übergeben, das ihn zum “umstrittenen” Präsidenten von Venezuela erklärte.

Guaidó ist vielleicht eine obskure Figur, aber er kombiniert Radikalismus mit Opportunismus und erfüllt so die Bedürfnisse Washingtons.
“Dieses Puzzlestück fehlte”, sagte ein Vertreter der Trump-Administration über Guaidó. “Er war das Stück, das wir brauchten, damit unsere Strategie kohärent und vollständig wird.”

“Zum ersten Mal”, frohlockte Brownfield, der ehemalige amerikanische Botschafter in Venezuela, gegenüber der New York Times, “haben wir einen Oppositionsführer, der den Streitkräften und den Strafverfolgungsbehörden klar signalisiert, dass er sie auf der Seite der Engel und der Guten halten will. “

Aber Guaidós Partei des Volkswillens bildete die Stoßtruppen der Guarimbas, die den Tod von Polizeibeamten und einfachen Bürgern verursachten. Er rühmte sich sogar, selbst an den Straßenkämpfen beteiligt gewesen zu sein.
Und jetzt muss er diese blutige Geschichte auslöschen, um Herz und Verstand von Militär und Polizei zu gewinnen.

Am 21. Januar, einen Tag bevor es mit dem Putsch ernst wurde, hielt Guaidós Frau eine Video-Ansprache, in der sie das Militär aufforderte, sich gegen Maduro zu erheben. Ihr Auftritt war hölzern und und nicht gerade inspirierend, was auch die politischen Grenzen ihres Mannes unterstreicht.

Während Guaidó auf direkte Hilfe wartet, bleibt er das, was er schon immer war – ein Lieblingsprojekt von zynischen Kräften aus dem Ausland.
“Es spielt keine Rolle, ob er nach all diesen Missgeschicken abstürzt und verbrennt”, sagte Sequera im Staatsfernsehen. “Für die Amerikaner ist er entbehrlich.”

** Zu Farbrevolutionen siehe auch https://josopon.wordpress.com/2014/09/21/cia-in-der-ukraine-freedom-and-democracy/

 

Jochen