Neokolonianismus – Kontinuitäten der Unterwerfung

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Aktuell in der jungen Welt ein etwas längerer, aber lesenswerter Vortrag von Sevim Dagdelen:

Koloniale Vergangenheit – neokoloniale Gegenwart?

Internationale Beziehungen im Lichte von Krieg, Sanktionen und Völkerrecht

https://www.jungewelt.de/artikel/439022.neokolonialismus-kontinuit%C3%A4ten-der-unterwerfung.html

Seit vielen Jahren setzt sich die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen (Die Linke) für die Anerkennung deutscher Kolonialverbrechen und die Dekolonisierung der deutschen Außenpolitik ein.

Namibia_FlagIm Zeichen der aktuellen Auseinandersetzungen um das sogenannte Versöhnungsabkommen zwischen der deutschen und der namibischen Regierung ist die Abgeordnete in dieser Woche in Windhoek zu politischen Gesprächen, darunter mit Premierministerin Saara Kuugongelwa-Amadhila, mit dem Präsidenten der Nationalversammlung, Peter Katjaviv, sowie mit Vertretern der Herero und Nama und der Landlosenbewegung.
Am Mittwoch war Sevim Dagdelen eingeladen zu einem Gastvortrag an der Universität von Namibia (UNAM), der im Folgenden dokumentiert wird.

Es ist mir eine Ehre, heute hier vor Ihnen sprechen zu dürfen. Mit Ihnen in den Austausch zu treten, ist für mich persönlich ein Höhepunkt meiner Reise.
Mein Besuch in Namibia steht im Zeichen der aktuellen Auseinandersetzungen um das »Versöhnungsabkommen« zwischen der deutschen und der namibischen Regierung.
Als Obfrau der Oppositionsfraktion Die Linke im Auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestags und Sprecherin für internationale Politik setze ich mich seit vielen Jahren dafür ein, dass die deutsche Regierung den Genozid an den Herero und Nama anerkennt und Reparationen für die deutschen Kolonialverbrechen leistet.

Bei den Verhandlungen über das sogenannte Versöhnungsabkommen handelt es sich in meinen Augen um ein paradigmatisches Beispiel für die Kontinuität kolonialer Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse in den internationalen Beziehungen. Indem die deutsche Bundesregierung eine echte Anerkennung des Völkermords an den Herero und Nama verweigert und wirkliche Reparationsleistungen von vornherein ausschließt, nutzt sie ihre aus der Kolonialzeit resultierende Machtposition gegenüber Namibia aus.
Hinter der Weigerung, in diesem Sinne erneute Verhandlungen über die »Gemeinsame Erklärung« aufzunehmen, steckt der fehlende politische Wille, sich ernsthaft mit den vielen weiteren deutschen Kolonial- und Kriegsverbrechen zu beschäftigen und vor allem die aus der historischen Verantwortung resultierenden Konsequenzen zu ziehen.

Diese Ungleichheitsverhältnisse zwischen den ehemaligen Kolonien und den Kolonialmächten sowie das neokoloniale, hegemoniale Agieren des Westens sind ein zentrales Strukturprinzip der heutigen Weltordnung.
Vor diesem Hintergrund habe ich mich entschieden, meinen heutigen Vortrag dem folgenden Thema zu widmen: »Colonial Past – Neocolonial Present? International Relations in the Light of War, Sanctions and International Law«.

Darin möchte ich den folgenden Fragen nachgehen: Wie wirkt der Kolonialismus bis heute in den Beziehungen zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden fort? Wie artikuliert sich der westliche Neokolonialismus in Zeiten von Krieg und sich zuspitzender Blockkonfrontation? Was können wir der neokolonialen Hegemonie entgegensetzen – und wie könnte eine gerechtere, an Ausgleich und Kooperation orientierte Weltordnung jenseits der kapitalistischen Ausbeutung aussehen?
Diese Fragen mögen zunächst einmal abstrakt klingen. Dennoch möchte ich den Versuch wagen, Antworten anhand konkreter Beispiele aus der gegenwärtigen internationalen Politik zu skizzieren.

Bevor wir auf die neokolonialen Kontinuitäten in der Gegenwart zu sprechen kommen, ist es notwendig, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen.

1280px-Deutsch_Suedwest_DevotionaliaDer europäische Kolonialismus kann zweifelsohne als strukturprägendes Phänomen der zweiten Hälfte des zweiten Jahrtausends angesehen werden.
Die Phase aktiver deutscher Kolonialpolitik zwischen den 1880er Jahren und dem Ersten Weltkrieg war zwar im Vergleich zu anderen Kolonialreichen kurz und im wesentlichen auf das – um mit dem britischen Historiker Eric Hobsbawm zu sprechen – »imperiale Zeitalter« begrenzt. Dennoch waren am Kolonialismus als gesamteuropäischem Phänomen immer auch Deutsche beteiligt, Stichworte Sklavenhandel oder wissenschaftliche Erschließung der Welt.

Historische Amnesie

Zudem hält sich bis heute teilweise hartnäckig die Behauptung, Deutschland sei im Vergleich zu anderen Kolonialmächten wie Großbritannien, Frankreich, Spanien oder Portugal eine unbedeutende und harmlose Kolonialmacht gewesen. Doch war der deutsche Kolonialismus ebenso brutal und hatte ähnliche Folgen wie der anderer Staaten.
Diese Brutalität spiegelt sich beispielhaft in der berühmten »Hunnenrede« des deutschen Kaisers Wilhelm II. Bei der Entsendung der Kriegsflotte zur Niederschlagung des Boxeraufstands im Kaiserreich China im Jahr 1900 hielt er die deutschen Soldaten zu einem möglichst brutalen Vorgehen an – mit den Worten: »Pardon wird nicht gegeben, Gefangene werden nicht gemacht.«
Diesen Geist atmete auch die rassistische Maxime des deutschen Gouverneurs Lothar von Trotha, der 1904 im damaligen Deutsch-Südwestafrika den Befehl gab, unterschiedslos Männer, Frauen und Kinder zu erschießen, sie zu vertreiben und verdursten zu lassen. Dem brutalen Vernichtungskrieg deutscher Kolonialtruppen fielen bis zu 80 Prozent der Herero und mehr als die Hälfte der Nama zum Opfer.

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Treffende Worte für die Grausamkeit der Verbrechen des deutschen Kaiserreichs im damaligen Deutsch-Südwestafrika und anderen Kolonien fand der Sozialist Karl Liebknecht in seiner Schrift »Militarismus und Antimilitarismus«. Darin geißelte er Ende Februar 1907 die Kolonialpolitik, die »unter der Vorspiegelung, Christentum und Zivilisation zu verbreiten oder die nationale Ehre zu wahren, zum Profit der kapitalistischen Kolonialinteressen mit frommem Augenaufschlag wuchert und betrügt, Wehrlose mordet und notzüchtigt, den Besitz Wehrloser sengt und brennt, Hab und Gut Wehrloser raubt und plündert, Christentum und Zivilisation höhnt und schändet.«

Die im Rahmen der Kolonialkriege begangenen genozidalen Verbrechen werden noch bis heute immer wieder verharmlost. Einige, wie der Afrika-Beauftragte der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel, Günther Nooke, sahen in Deutschland sogar eine eher positiv wirkende Kolonialmacht, die Afrika geholfen habe, sich »aus archaischen Strukturen zu lösen«.
Solche Stimmen suggerieren, dass die Kolonialherrschaft doch letztlich dazu beigetragen habe, die unterworfenen Gesellschaften zu »zivilisieren« und »entwickeln«.
Dieses dichotomische Denken, das zwischen vermeintlicher Höher- und Minderwertigkeit, zwischen Entwicklung und Unterentwicklung unterscheidet, war prägend für den Denkstil des modernen Imperialismus. Nicht nur im Fall des ehemaligen deutschen Afrika-Beauftragten wirken diese Denkmuster fort.
Wie wir im Folgenden sehen werden, fungieren sie heute oftmals als Legitimationsfolie für die von geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen getriebenen Expansionsbestrebungen eines hegemonialen Neokolonialismus.

Neben solchen Fällen von offensiver Geschichtsverklärung und -leugnung besteht in Fragen der Kolonialgeschichte in weiten Teilen der deutschen Öffentlichkeit eine weitgehende Amnesie. Das zeigt sich beispielhaft daran, dass der Kolonialismus im allgemeinen und die deutsche Kolonialgeschichte im besonderen in den Lehrplänen für den Geschichtsunterricht an Schulen kaum eine Rolle spielen. Kaum präsent in Schulbüchern wie im öffentlichen Bewusstsein ist insbesondere der historische Zusammenhang zwischen der Ausbeutung Afrikas, der Industrialisierung sowie dem heutigen Wohlstand Europas und Nordamerikas.

Dabei war die wirtschaftliche Ausbeutung von natürlichen und menschlichen Ressourcen maßgeblich dafür, dass Europa seine imperiale Ausbreitung auf Kosten Afrikas festigen konnte.

Karl Marx hat diese Prozesse als »Morgenröte der kapitalistischen Produktionsära« und »Hauptmomente der kapitalistischen Akkumulation« charakterisiert.
In diesem Sinne stellte auch Frantz Fanon in seinem antikolonialen Manifest »Die Verdammten dieser Erde« fest, der Reichtum Europas sei »auf dem Rücken der Sklaven errichtet worden, er hat sich vom Blut der Sklaven ernährt, er stammt in direkter Linie vom Boden und aus der Erde dieser unter­entwickelten Welt«.

In der deutschen Geschichtsschreibung wird dieser Zusammenhang meist ausgeblendet. Denn auch für das Deutsche Kaiserreich bestand der Kolonialismus historisch eben nicht allein im Völkermord, sondern auch in der wirtschaftlichen Ausbeutung.
Fast vergessen ist, dass es ab 1908 in der damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika zu einem regelrechten Diamantenrausch gekommen war, nachdem das Deutsche Reich nach einem entsprechenden Fund ein Diamantensperrgebiet errichtet hatte. Bis 1914 wurden von der vom Deutschen August Stauch gegründeten Kolonialen Bergbaugesellschaft 4,7 Millionen Karat Diamanten im Wert von 150 Millionen Reichsmark gefördert. Für den Raub der Edelsteine wurden bis heute keine Reparationen geleistet.

Grüner Extraktivismus

Die systematische Plünderung zur Zeit des Kolonialismus setzt sich heute vielfach in dem von westlichen Staaten und internationalen Organisationen protegierten Agieren multinationaler Konzerne fort.
Im Angesicht von globaler Rohstoffausbeutung, Landnahme sowie der direkten oder indirekten Ausübung politischer Herrschaft über andere Länder zeigen sich in der heutigen Weltordnung erschreckende Parallelen zum oftmals vergangen geglaubten Kolonialzeitalter.

Die neokolonialen Bestrebungen zielen im wesentlichen darauf ab, die im Zuge der Befreiungsbewegungen erlangte formale Souveränität der Kolonien mit dem Ziel zu unterminieren, sich die dortigen Bodenschätze anzueignen. Dazu zählen in erster Linie Ressourcen, die für die Aufrechterhaltung des fossilen Kapitalismus von zentraler Bedeutung sind, wie Erdöl, Erdgas, Steinkohle, Uran, Edelmetalle und Phosphate.
Die politisch-institutionellen Strukturen für diese Form der »Akkumulation durch Enteignung«, wie sie der marxistische Geograph David Harvey in Anknüpfung an Rosa Luxemburg beschreibt, und die damit verbundene Umverteilung des Reichtums von armen Ländern in die kapitalistischen Zentren schufen internationale Institutionen des Finanzkapitals wie die Weltbank oder der Internationale Währungsfonds IWF.
Die von den USA, Großbritannien und den großen Mitgliedstaaten der EU Frankreich und Deutschland beherrschten Institutionen legten mit ihren oktroyierten Maßnahmen zur Liberalisierung und Privatisierung die Grundlagen für die neokoloniale Ausbeutung von Grund und Boden.

In das Visier von Ausbeutung und Aneignung geraten jedoch zusehends auch Sonne, Wasser und Wind, also Rohstoffe und Natureigenschaften, die der Durchsetzung einer grün-technologischen Energiewende in den Ländern des Westens dienen sollen. Die deutsche Bundesregierung plant, mit einer »Nationalen Wasserstoffstrategie« als Technologiestandort für grünen Wasserstoff zum Weltmarktführer zu werden.
Afrikanischen Ländern ist dabei die Aufgabe zugedacht, Flächen und Naturressourcen zu liefern. So beteiligen sich derzeit deutsche Konzerne in Namibia und der Demokratischen Republik Kongo an der Realisierung von Megaprojekten wie Staudämmen, Wind- und Solarparks für die Herstellung von grünem Wasserstoff für den Export. Im Fall der Westsahara ist die deutsche Bundesregierung sogar bereit, die völkerrechtswidrige Besatzung durch Marokko de facto anzuerkennen und die Selbstbestimmungsrechte der Sahrauis zu ignorieren, um das dortige Potential für erneuerbare Energien im eigenen Interesse zu nutzen.

Ähnlich wie bei klassischen Formen der Rohstoffausbeutung wird bei diesem grünen Kolonialismus die im Allgemeinbesitz befindliche Umwelt für das Wachstum und die Profite westlicher Industriekonzerne reserviert.
Eine lokale, demokratische Energiewende vor Ort wird dadurch hingegen erschwert, zumal etwa in Westafrika jeder zweite Haushalt noch gar nicht mit Strom versorgt wird. Zudem ist naheliegend, dass damit eine Ausweitung der Kontrolle und Einflussnahme transnationaler Konzerne, internationaler Organisationen, westlicher Regierungen und nationaler Kapitalfraktionen in den betroffenen Regionen einhergehen wird.

Die Eigentumsfrage soll dabei zugunsten westlicher Konzerne entschieden werden, um die Enteignung und Aneignung der Naturressourcen unumkehrbar zu machen.

In diesem Zusammenhang sei an den uruguayischen Schriftsteller Eduardo Galeano und dessen eindrucksvolles Werk »Die offenen Adern Latein­amerikas« aus dem Jahr 1970 erinnert. Darin beschrieb Galeano mit Blick auf die Folgen der jahrhundertelangen Eroberung und Ausplünderung von Mensch und Natur in Lateinamerika als Basis für den Reichtum Europas und nationaler Oligarchien die »Armut des Menschen als Ergebnis des Reichtums der Erde«. An diesem Grundprinzip kolonialer Ressourcenausbeutung hat sich bis heute nichts geändert.

Der imperiale Kolonialismus hat also nie ein wirkliches Ende gefunden. Vielmehr wurde er nach Ende der Blockkonfrontation des Kalten Kriegs in Form eines Neokolonialismus fortgesetzt, der sich vor dem Hintergrund einer unipolaren Weltordnung und einer ungleichen Globalisierung entfaltet hat.
Allen voran die USA setzen dabei gerade in Europa wie in den Ländern der Peripherien auf Kompradorenbourgeoisien, die die Globalisierung zugunsten von US-Konzernen stützen. Die antikolonialen Befreiungsbewegungen im globalen Süden mussten sich gegen diese Vereinnahmungsversuche immer neu zur Wehr setzen und die demokratische Souveränität ihrer Länder verteidigen.
Das perfide an dieser Hegemonie ist, dass sich die USA im Unterschied zum älteren Imperialismus die Verbreitung von „Freiheit und Demokratie“ auf die Fahne geschrieben haben.

Krieg und Terror

Unter diesem Banner lebte auch die offen aggressive, kriegerische Seite des Kolonialismus in ihrer alten Gestalt wieder auf. Unter dem Deckmantel ihres »Kriegs gegen den Terror« haben die USA nach der Jahrtausendwende mit Unterstützung ihrer NATO-Verbündeten vermehrt militärische Mittel eingesetzt, um ihre wirtschaftliche und strategische Vorherrschaft über die ölreichen Regionen des Nahen Ostens und Zentralasiens auszuweiten.
Die eindrücklichsten Beispiele für diese neokoloniale Hegemonie sind zweifelsohne die Besetzungen Afghanistans und Iraks.

Die unter schwersten Menschenrechtsverletzungen geführten Kriege, die als Blaupausen für spätere Interventionen in Libyen und Syrien dienten, kosteten jeweils mehrere Hunderttausende Menschen das Leben und haben den Grundstein für das Erstarken des islamistischen Terrorismus gelegt. Die vorgeblichen Ziele der Demokratisierung und Emanzipation wurden dabei gänzlich verfehlt.
Angesichts der dramatischen Folgen der völkerrechtswidrigen Kriege der USA im Nahen und Mittleren Osten hat der US-amerikanische Intellektuelle Noam Chomsky die USA als »den führenden terroristischen Staat« der Welt bezeichnet.

Unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung ist auch die ehemalige Kolonialmacht Frankreich in der Sahelregion militärisch präsent. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der militärischen Absicherung der Uranexporte des französischen Energiekonzerns Areva aus dem bitterarmen Niger, das als Hauptlieferant für die französischen Atomkraftwerke dient.
Die Bevölkerung des Niger, das zu den ärmsten und unsichersten Ländern der Welt zählt, profitiert hiervon nicht, im Gegenteil.

Auch die deutsche Bundeswehr ist in der Sahelzone präsent. Trotz des offensichtlichen Scheiterns des Militäreinsatzes in Mali, dessen Sicherheitslage sich seit Beginn der Militäroperation Minusma maßgeblich verschlechtert hat, und wachsender Differenzen mit der malischen Übergangsregierung hält die Bundesregierung an einer weiteren Stationierung der deutschen Soldaten fest.
Ein zentrales Argument in der deutschen Debatte lautet, man dürfe die Region nicht dem wachsenden Einfluss Russlands überlassen.
Aus diesem Denken in Einflusssphären spricht ein kolonialer Geist, der paradigmatisch ist für die Missachtung der Souveränität afrikanischer Staaten.
Diese demokratische Souveränität der Länder des Südens ist dem Westen auch beim Umgang mit dem Ukraine-Krieg ein Dorn im Auge.

Das offenbaren die neokolonialen Versuche von USA und EU, diese Länder gegen ihre eigenen Interessen am Wirtschaftskrieg des Westens gegen Russland zu beteiligen.
Groß ist das Unverständnis, warum sich 17 afrikanische Staaten im März in der UN-Vollversammlung bei der Resolution gegen den Einmarsch in der Ukraine enthielten.

Dabei ist es naheliegend, dass sich die Länder des Südens bei dem Stellvertreterkrieg in der Ukraine nicht auf die Seite des Westens ziehen lassen wollen. Anders als in der westlichen Öffentlichkeit herrscht in weiten Teilen der Welt ein nüchterner Blick vor, was die Vorgeschichte und die geopolitischen Dimensionen des Kriegs angeht.
Zu Recht verweisen Vertreter des globalen Südens bei aller Kritik an dem Völkerrechtsbruch Russlands auf die Verantwortung der NATO mit ihrer Expansion nach Osten als zentraler Ursache für die Eskalation des Konflikts.
Nachvollziehbarerweise wird auf die westliche Doppelmoral und die unzähligen völkerrechtswidrigen Angriffskriege der USA und deren Verbündeten hingewiesen, bei denen solche Reaktionen ausgeblieben sind.

Im Westen hingegen ist man blind und taub gegenüber dem Interesse der afrikanischen Staaten und den Ländern des Südens an einer schnellen Beendigung des Krieges durch eine diplomatische Verhandlungslösung.
Deren Wunsch nach Frieden ist naheliegend: Schließlich sind darunter viele Länder, die unter den Folgen des Kriegs in Form explodierender Energie- und Lebensmittelpreise am meisten leiden.
Daran hat – so begrüßenswert es auch ist – auch das unter Vermittlung der Tür­kei ausgehandelte UN-Getreideabkommen nichts grundlegend ändern können.
Dass in dem UN-Getreideabkommen auch vorgesehen ist, die hindernden Auswirkungen der westlichen Sanktionen auf die russischen Lebens- und Düngemittelexporte zu begrenzen – ein Versprechen, dessen Umsetzung bis jetzt stockt – wird im Westen gerne verschwiegen. Ein ungehinderter Zugang von russischen Nahrungs- und Düngemitteln zu den weltweiten Märkten wäre jedoch von herausragender Bedeutung. Schließlich handelt es sich bei Russland um den weltweit größten Weizen- und Düngerlieferanten.

Stimmen wie die des Vorsitzenden der Afrikanischen Union, Macky Sall, der südafrikanischen Außenministerin Naledi Pandor oder des neu gewählten brasilianischen Präsidenten Lula da Silva, die auf eine diplomatische Lösung und Frieden für die Ukraine drängen, werden im Westen nicht gehört. Statt dessen verfolgt der Westen das von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin ausgegebene Ziel, Russland langfristig zu schwächen.
Den aussichtsreichen Verhandlungen in Istanbul im März zwischen Russland und der Ukraine über einen Waffenstillstand wurde seitens der USA und Großbritanniens eine Absage erteilt.
Mit beispiellosen Waffenlieferungen und Wirtschaftssanktionen soll Russland in die Knie gezwungen werden, das Ziel eines Regime-Change oder gar einer Zerschlagung des Landes anhand einer ethnischen Parzellierung wird anvisiert.

Diese Strategie ist aus zwei Gründen töricht und unverantwortlich:
Erstens wird die Atommacht Russland wohl kaum bereit sein, in einem Konflikt, den sie für aus ihrer Sicht existentielle Interessen führt, bedingungslos aufzugeben. Mit jedem Tag und jeder weiteren Waffenlieferung steigt daher die Gefahr der Ausweitung des Konflikts bis hin zum Dritten Weltkrieg und der atomaren Zerstörung Europas.
Zweitens ist es zynisch, die Ukraine in einen langwierigen Stellvertreterkrieg zu schicken und die Menschen dort für eigene geopolitische Interessen auf dem Schlachtfeld opfern zu wollen. Davor haben kluge Beobachter wie der US-Ökonom Jeffrey Sachs bereits Anfang April 2022 nachdrücklich gewarnt.

Neue Hoffnung

Die deutsche Bundesregierung unterwirft sich diesem Konfrontationskurs und beteiligt sich mit drastischen Sanktionen an dem beispiellosen Wirtschaftskrieg gegen Russland. Während die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hofft, damit »Russland ruinieren« zu können, wirken die Sanktionen wie ein Bumerang. Selbst die Bundesregierung musste vor wenigen Tagen auf eine parlamentarische Anfrage von mir hin eingestehen, dass sie keinerlei Kenntnisse hat, ob die Sanktionen ihr Ziel, die russische Kriegswirtschaft zu hemmen, erreichen.

Statt dessen vermeldet der staatlich kontrollierte russische Energiekonzern Gasprom für die ersten sechs Monate dieses Jahres einen Rekordgewinn von umgerechnet 41,63 Milliarden Euro dank der durch die Sanktionen gestiegenen Preise.

Für Deutschland sind die Folgen des Wirtschaftskriegs gegen den bis dahin wichtigsten Energielieferanten hingegen dramatisch.
Die Inflation liegt bei Rekordwerten von mehr als zehn Prozent, jedes vierte Unternehmen muss infolge der explodierenden Energiepreise Stellen abbauen, ganze Branchen stehen vor dem Ruin oder wollen ihre Produktion ins Ausland verlagern – kurz: Deutschland droht eine Deindustrialisierung, die Millionen Arbeitsplätze sowie das gesamte deutsche Wohlstandsmodell aufs Spiel setzt und den sozialen Frieden gefährdet.

Vor diesem Hintergrund wäre es selbstmörderisch, wenn sich Deutschland auch noch an dem von den USA betriebenen Wirtschaftskrieg gegen China beteiligen würde, wie sich das Teile der deutschen Regierung wünschen.
Die im Westen zu diesem Zweck geführte Debatte über eine vermeintliche »systemische Rivalität« zwischen »liberalen Demokratien« und »autoritären Staaten« ist schon allein aufgrund der neokolonialen Beherrschung der Welt durch erstere verlogen. Eine Entkoppelung von Deutschlands wichtigstem Handelspartner hätte zudem für die Mehrheit der deutschen Bevölkerung dramatische Folgen, wobei der Wirtschaftskrieg gegen Russland vermutlich nur ein Vorgeschmack wäre.

Gods_Own_CountryDie neokolonialen Versuche des von den USA angeführten Westens, in der Frage des Ukraine-Kriegs Einfluss auf die Länder des Südens zu nehmen, zeigen ebenso wie die von Washington angestrebte Konfrontation mit China, dass die USA mit Unterstützung ihrer europäischen Vasallen ihren Abstieg als alleiniger Welthegemon um jeden Preis verhindern wollen. Gleichzeitig soll der Aufstieg Chinas gestoppt werden, das in den letzten Jahrzehnten eine beeindruckende Entwicklung hingelegt hat und von einem der ärmsten Länder zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt und einem der wichtigsten Technologie- und Innovationstreiber avanciert ist.

Für die Länder des Südens liegt in einer multipolaren Weltordnung eine große Chance, dem neokolonialen Joch zu entkommen. Schließlich blieben in der seit dem Kollaps der Sowjetunion andauernden Ära der Unipolarität den Staaten weltweit nicht viel Wahlmöglichkeiten: Entweder sie unterwerfen sich den Interessen der USA, oder sie müssen damit rechnen, Opfer von Invasionen, Staatsstreichen und weitreichenden Sanktionen zu werden. Beispielhaft sei hier Kuba genannt, das seit dem Triumph der Kubanischen Revolution 1959 einen eigenen, einen sozialistischen Entwicklungspfad eingeschlagen hat und sich deshalb seit mehr als 60 Jahren einer inhumanen, völkerrechtswidrigen Wirtschaftsblockade der USA ausgesetzt sieht. Darin ändert auch nichts, dass erst vor wenigen Tagen wieder einmal die breite Mehrheit von 185 Staaten in der Generalversammlung der Vereinten Nationen gegen das Votum der USA und Israels, bei Enthaltung von Bolsonaros Brasilien und der Ukraine, für die Beendigung der Blockade gestimmt hat.
Die USA sind offenbar fest entschlossen, an der kleinen Karibikinsel ein Exempel zu statuieren und andere Länder des Südens von einer Entwicklung jenseits der kapitalistischen Ausbeutung und frei von neokolonialer Unterwerfung abzuschrecken. Dass es Kuba trotz aller Widerstände und Schwierigkeiten gelungen ist, ein herausragendes Bildungs- und Gesundheitswesen zu etablieren und Solidarität mit anderen Ländern des Südens zu leben, ist ein großer Erfolg und zeigt, dass eine alternative Entwicklung möglich ist.

Bei der neokolonialen Beherrschung großer Teile des globalen Südens sind gute Beziehungen von Ländern des Südens zu China, Russland oder Indien und Brasilien dem Westen ein Dorn im Auge. Schließlich bieten diese Länder Möglichkeiten einer Verteidigung der demokratischen Souveränität, indem sie neben den Optionen Unterwerfung oder Widerstand eine weitere Option eröffnen: die der Neutralität.
Was das bedeuten kann, erklärte Pierre Sané, Präsident des Imagine Africa Institute und früherer Generalsekretär von Amnesty International, im Zusammenhang mit der Abstimmung in den Vereinten Nationen über Russlands Invasion in der Ukraine: »Neutralität bedeutet nicht Gleichgültigkeit. Neutralität bedeutet, immer wieder einzufordern, dass internationale Gesetze respektiert werden; Neutralität bedeutet, dass unsere Herzen weiter für die Opfer militärischer Invasionen und willkürlicher Sanktionen schlagen, die niemals gegenüber NATO-Staaten verhängt werden.«

In diesem Sinne hatte auch Südafrikas Außenministerin Naledi Pandor ihre ganz andere Sichtweise auf den Ukraine-Krieg als jene des Westens dargelegt. Die Fragen, »die den Kern des Kon­flikts zwischen der Ukraine und Russland ausmachen, werden weltweit diskutiert, und das seit mehr als zehn Jahren. Afrika wurde aber niemals an den Tisch gebeten, um über diese Fragen zu reden.
Da können Sie jetzt nicht sagen: Entscheidet euch für die eine oder andere Seite! Wir waren nicht involviert in all die Dinge, die zur heutigen Situation geführt haben.
Unsere Position ist: Die Welt hat die Verantwortung, nach Frieden zu streben. Wir sind entsetzt zu sehen, dass in diesem Konflikt, bei dem Tausende ihr Leben verlieren und Infrastruktur zerstört wird, die Verantwortlichen der Welt nicht in der Lage sind, zu tun, was Südafrika getan hat: Wir haben uns an einen Tisch gesetzt, verhandelt und eine Lösung gefunden, dank derer der Krieg beendet wurde.«

Klassen und Massen

Worin die Ursachen für Krieg und Zerstörung liegen, hat der französische Sozialist Jean Jaurès einst treffend formuliert: »Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen.«
Das bedeutet: Krieg und Kapitalismus sind zwei Seiten derselben Medaille. Da das kapitalistische Wirtschaftssystem auf den Prinzipien von Konkurrenz und Profitmaximierung basiert, sind Ausbeutung und Expansion dem Kapitalismus inhärent. Die Nutzung militärischer Mittel zur Profitmaximierung ist daher eine Konsequenz der kapitalistischen Logik.

Wie können wir also diesen hegemonialen Tendenzen, wie können wir dem neokolonialen Imperialismus, der weite Teile des globalen Südens wirtschaftlich oder militärisch unter seine Kontrolle zu bringen versucht, etwas entgegensetzen?
Einen Teil der Antwort findet sich in Frantz Fanons Schrift »Die Verdammten dieser Erde«. Darin stellt er fest: »Die Massen Europas müssen sich darüber klar werden, dass sie sich in der kolonialen Frage oft, allzuoft mit unseren gemeinsamen Herren verbündet haben.«

In anderen Worten: Wir brauchen ein Bündnis der Arbeiterklasse des Westens und der Bevölkerungen des Südens. Das gemeinsame Interesse eines solchen internationalistischen Bündnisses ist nicht nur in der Frage von Krieg und Frieden offenbar: Gemeinsames Ziel muss es sein, die kapitalistische Produktionsweise als Quell nationaler wie imperialer Ausbeutung zu überwinden.
Die Arbeiterklasse des Westens darf sich dabei, wie von Fanon gefordert, in ihrem Agieren nicht mit sozialimperialistischen Zugeständnissen der herrschenden Klasse abspeisen lassen und mit ihrem Einsatz gegen Ausbeutung und für bessere Lebensbedingungen an den nationalen Grenzen stehenbleiben.
Die Aufgabe besteht vielmehr darin, internationale Solidarität zu üben mit all denjenigen Kräften des Südens, die sich der neokolonialen Unterdrückung entgegenstellen.

In Deutschland haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, ein Umdenken in der nach wie vor von hegemonialen Motiven und kolonialen Denkmustern geprägten deutschen Außenpolitik zu erreichen. Denn diese steht angesichts der Verfolgung geostrategischer Vorherrschaft im Rahmen der NATO sowie kapitalistischer Profitinteressen mittels »humanitärer Interventionen«, gezielter Exporte von Kriegswaffen zur geopolitischen Einflussnahme und durch ausbeuterischen Freihandel in einer Linie mit der imperialistischen Kolonialpolitik, die Karl Liebknecht zu Beginn des 20. Jahrhunderts kritisiert hatte.
Eine kritische Reflexion und konsequente Dekolonisierung der öffentlichen Erinnerungskultur, die eine tatsächliche Anerkennung des Völkermords an den Herero und Nama sowie die Leistung angemessener Reparationen einschließen würde, bilden hierfür nur den Anfang.

Als notwendiger Rahmen für die Entfaltung von Alternativen jenseits des Neokolonialismus ist der Aufbau einer multipolaren Welt erforderlich.

Der ökonomische Aufstieg Chinas, der weitere Bedeutungszuwachs von Staatenbündnissen wie BRICS oder von kontinentalen Organisationen wie der Afrikanischen Union oder der südamerikanischen Staatengemeinschaft Unasur, die einst als Widerpart zu der von den USA dominierten Organisation Amerikanischer Staaten gegründet wurde, können die Kräfteverhältnisse in diesem Sinne verschieben.
Ausgehend von einer solchen Entwicklung könnte es gelingen, wichtige Fragen der Weltordnung wie eine Neuverhandlung der globalen Handelsbeziehungen, eine Demokratisierung der Vereinten Nationen und eine Entmilitarisierung des Planeten anzugehen.
So utopisch ein solches Szenario auch klingen mag, angesichts von Krieg, neokolonialer Ausbeutung und Umweltzerstörung ist eine friedlichere und gerechtere Weltordnung alternativlos.

Über Kommentare hier würde ich mich freuen.

Jochen

Gerichtsentscheid: Julian Assange soll nicht an die USA ausgeliefert werden – US-amerikanische Mythen über Freiheit und Tyrannei

Jochens SOZIALPOLITISCHE NACHRICHTEN

Assange2020

Assange 2020

Heute um 11:00 entschieden.
Aktuell auf SPiEGEL online auszugsweise:
https://www.spiegel.de/politik/ausland/julian-assange-a-80f8da1f-ce27-4b4f-afef-5ae657f46284

Ein britisches Gericht hat den US-Auslieferungsantrag für Wikileaks-Gründer Julian Assange abgelehnt. Der 49-jährige gebürtige Australier werde wegen der Haftbedingungen, die ihn in den USA erwarteten, nicht ausgeliefert, teilte das Gericht in London am Montag mit. Im Fall einer Verurteilung hätten Assange in den USA bis zu 175 Jahre Haft gedroht.

Die USA kündigten an, in Berufung zu gehen.

Assanges Anwalt will am Mittwoch dessen Entlassung aus britischer Haft auf Kaution beantragen. Das Gericht könnte diese aber aufgrund der bereits eingelegten Berufung ablehnen.

Die von Assange gegründete Enthüllungsplattform WikiLeaks hatte 2010 und 2011 Hunderttausende geheime Papiere vor allem zum US-Einsatz im Irakkrieg ins Internet gestellt.
Damit habe Assange das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht, so der Vorwurf. Seine Unterstützer sehen in ihm hingegen einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen publik gemacht hat.

Um einer Auslieferung zu entgehen, hatte sich Assange in die Botschaft Ecuadors in Großbritannien geflüchtet und dort sieben Jahre gelebt, bevor ihm 2019 dort das Asyl entzogen wurde.
Er wurde festgenommen und kam in ein Londoner Hochsicherheitsgefängnis.

Assange drohen in den USA 175 Jahre Haft

Die US-Justiz will den Australier wegen der Veröffentlichung der Dokumente und wegen Verstößen gegen das Anti-Spionage-Gesetz vor Gericht stellen. Sie wirft ihm vor, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen zu haben. Bei einer Verurteilung in den USA drohen ihm bis zu 175 Jahre Haft.

Zu diesem Thema heute auf den NachDenkSeiten ein Kommentar von Glenn Greenwald:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=68442

GreenwaldDer Journalist Glenn Greenwald hat die Debatte um das Verfahren gegen seinen Kollegen und die überbordende Selbstgerechtigkeit vieler Mainstream-Kommentatoren genutzt, um einmal etwas weiter auszuholen und über die Meinungsfreiheit im Westen zu reflektieren.
Volker Jansen
hat
den Text dankenswerterweise für Leser der NachDenkSeiten ins Deutsche übertragen.

Der wahre Maßstab dafür, wie frei eine Gesellschaft ist, ist nicht, wie ihre brav der herrschenden Klasse Dienenden aus dem Mainstream behandelt werden, sondern das Schicksal ihrer wirklichen Dissidenten.

Verfolgung wird in der Regel nicht denjenigen zuteil, die den Mainstream rezitieren oder davon absehen, eine ernsthafte Herausforderung für diejenigen darzustellen, die die institutionelle Macht ausüben, oder gehorsam innerhalb der von der herrschenden Klasse auferlegten Grenzen der erlaubten Rede und des Aktivismus bleiben.

Diejenigen, die sich auf diese Weise duldsam und harmlos zeigen, werden – in jeder Gesellschaft, auch in der repressivsten – normalerweise frei von Repressalien sein.
Sie werden nicht zensiert oder inhaftiert. Es wird ihnen erlaubt sein, ihr Leben weitgehend unbehelligt von den Behörden zu leben, und viele werden für diese Unterwürfigkeit gut belohnt werden.
Diese Menschen werden sich als frei betrachten, weil sie es in gewissem Sinne auch sind: Sie sind frei, sich zu unterwerfen, sich anzupassen und sich zu fügen.
Und wenn sie das tun, werden sie es nicht einmal bemerken oder sich zumindest nicht darum kümmern und es vielleicht sogar für gerechtfertigt halten, dass diejenigen, die diesen von ihnen eingegangenen Orwell’schen Handel (“Freiheit” im Tausch gegen Unterwerfung) ablehnen, mit unbegrenzter Härte zerschlagen werden.

Diejenigen, die nicht versuchen, ernsthaft zu widersprechen oder die Macht zu untergraben, werden gewöhnlich leugnen – weil sie nicht wahrnehmen – dass solcher Dissens und solche Subversion in der Tat rigoros verboten sind. Sie werden weiterhin selig glauben, dass die Gesellschaft, in der sie leben, zentrale bürgerliche Freiheiten garantiert – Redefreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit, Rechtsstaatlichkeit – weil sie ihre eigene Rede und ihren Aktivismus, wenn es sie überhaupt gibt, so harmlos gemacht haben, dass sich niemand, der dazu in der Lage ist, die Mühe machen würde, sie zu beschneiden.
Die Beobachtung, die man der sozialistischen Aktivistin Rosa Luxemburg apokryph [zweifelhaft] zuschreibt, die wegen ihrer Opposition gegen die deutsche Beteiligung am Ersten Weltkrieg inhaftiert und dann vom Staat kurzerhand hingerichtet wurde, drückt es am besten aus: “Wer sich nicht bewegt, bemerkt seine Ketten nicht.”

Der Maßstab, um festzustellen, ob eine Gesellschaft frei ist, ist nicht, wie ihre orthodoxen, gut erzogenen, der Autorität gegenüber respektvollen Bürger behandelt werden.
Solche Menschen werden von jedem Souverän und jedem Machtzentrum in jeder Ära und überall auf der Welt gut behandelt oder zumindest normalerweise in Ruhe gelassen.

Sie werden den Stachel des Silicon Valley oder anderer institutioneller Zensoren nicht spüren, solange Sie die neuesten COVID-Verlautbarungen der Weltgesundheitsorganisation und von Dr. Anthony Fauci bejahen (selbst wenn diese Dekrete denen widersprechen, die sie nur ein paar Monate zuvor herausgegeben haben), aber Sie werden es, wenn Sie sie infrage stellen, sie bestreiten oder davon abweichen.
Ihre Facebook-Seite wird nicht gelöscht, wenn Sie die israelische Besatzung Palästinas verteidigen, aber Sie werden von dieser Plattform verbannt, wenn Sie im Westjordanland und Gaza leben und zum Widerstand gegen die israelischen Besatzungstruppen aufrufen.
Wenn Sie Trump einen orangefarbenen faschistischen Clown nennen, können Sie für immer auf YouTube bleiben, aber nicht, wenn Sie seine höchstumstrittene Politik und Forderungen verteidigen.
Sie können lautstark darauf bestehen, dass die US-Präsidentschaftswahlen 2000, 2004 und 2016 alle gestohlen wurden, ohne die geringste Sorge, verboten zu werden, aber die gleiche Behauptung über die 2020-er Wahl wird zur vollständigen Entziehung Ihrer Möglichkeit führen, Online-Tech-Monopole zu verwenden, um gehört zu werden.

Zensur ist, wie die meiste Unterdrückung, für diejenigen reserviert, die von mehrheitsfähigen Orthodoxien abweichen, nicht für diejenigen, die Ansichten äußern, die sich mit dem Mainstream decken.
Die etablierten Demokraten und Republikaner – Anhänger der vorherrschenden neoliberalen Ordnung – haben keinen Bedarf an Schutzmaßnahmen für die freie Meinungsäußerung, da es niemanden mit genügend Macht interessieren würde, sie zum Schweigen zu bringen.
Es sind nur die Unzufriedenen, diejenigen, die sich an den Rändern und am Rande aufhalten, die diese Rechte brauchen. Und das sind genau die Menschen, denen sie per Definition am häufigsten verweigert werden.

Ähnlich: Mächtige Beamte in Washington können illegal die sensibelsten Regierungsgeheimnisse durchsickern lassen und werden nicht bestraft oder bekommen nur einen leichten Klaps auf die Hand, vorausgesetzt, ihr Ziel ist es, die Mainstream-Narrative zu fördern.
Aber niedere Leaker, deren Ziel es ist, das Fehlverhalten der Mächtigen aufzudecken oder ihre systemischen Lügen zu enthüllen, werden das volle Gewicht der Strafjustiz und der Geheimdienstgemeinschaft zu spüren bekommen, um sie mit einem Vergeltungsschlag zu vernichten und auch um ihre Köpfe auf einem Spieß zur Schau zu stellen, um zukünftige Dissidenten zu terrorisieren, damit sie nicht in ähnlicher Weise in Erscheinung treten.

Journalisten wie Bob Woodward, die Jahrzehnte damit verbringen, auf Geheiß der D.C.-Eliten der herrschenden Klasse die sensibelsten Geheimnisse auszuspucken, werden mit Auszeichnungen und unermesslichem Reichtum überhäuft.
Aber diejenigen wie Julian Assange, die ähnliche Geheimnisse veröffentlichen, aber gegen den Willen dieser Eliten, mit dem Ziel und Ergebnis der Entlarvung (statt Verschleierung) der Lügen der herrschenden Klasse und der Behinderung (statt der Förderung) ihrer Agenda, werden das entgegengesetzte Schicksal wie Woodward erleiden: Sie werden jede erdenkliche Strafe erleiden, einschließlich der unbegrenzten Haft in Hochsicherheitszellen. Das liegt daran, dass Woodward ein Diener der Macht ist, während Assange ein Dissident gegen sie ist.

All dies veranschaulicht eine wesentliche Wahrheit. Der wahre Maßstab dafür, wie frei eine Gesellschaft ist – von China, Saudi-Arabien und Ägypten bis hin zu Frankreich, Großbritannien und den USA – ist nicht, wie ihre braven Diener der herrschenden Klasse behandelt werden.
Den königlichen Hofvasallen geht es immer gut: Sie werden für ihre Unterwürfigkeit belohnt und verdoppeln daher in der Überzeugung, dass es viele Freiheiten gibt, ihre Loyalität zu den bestehenden Machtstrukturen des Status quo.

Ob eine Gesellschaft wirklich frei ist, wird dadurch bestimmt, wie sie ihre Dissidenten behandelt, diejenigen, die außerhalb der erlaubten Grenzen leben, sprechen und denken, diejenigen, die die Ziele der herrschenden Klasse erfolgreich infrage stellen.
Wenn Sie wissen wollen, ob die Meinungsfreiheit echt oder illusorisch ist, schauen Sie nicht auf die Behandlung derjenigen, die loyal den Fraktionen des Establishments dienen und lautstark ihre heiligsten Grundsätze bekräftigen, sondern auf das Schicksal derjenigen, die sich außerhalb dieser Fraktionen aufhalten und in Opposition zu ihnen arbeiten.
Wenn Sie wissen wollen, ob eine freie Presse wirklich garantiert ist, dann schauen Sie sich die Notlage derjenigen an, die Geheimnisse veröffentlichen, die nicht dazu dienen, die Bevölkerung zur Verehrung der Eliten zu animieren, sondern deren Veröffentlichungen dazu führen, den Unmut der Massen gegen sie zu erzeugen.

Das ist es, was die andauernde Inhaftierung von Julian Assange nicht nur zu einer grotesken Ungerechtigkeit macht, sondern auch zu einem lebenswichtigen, kristallklaren Prisma, um den grundlegenden Betrug der US-Erzählungen darüber zu sehen, wer frei ist und wer nicht, darüber, wo Tyrannei herrscht und wo nicht.

Assange ist seit fast zwei Jahren inhaftiert. Er wurde am 11. April 2019 von der britischen Polizei aus der ecuadorianischen Botschaft in London herausgezerrt.
Das war nur möglich, weil die Regierungen der USA, Großbritanniens und Spaniens den schwachen Präsidenten Ecuadors, Lenin Moreno, dazu zwangen, das Asyl zu widerrufen, das Assange sieben Jahre zuvor von seinem standhaften, die Souveränität verteidigenden Vorgänger Rafael Correa gewährt wurde.

Die Regierungen der USA und Großbritanniens hassen Assange wegen seiner Enthüllungen, die ihre Lügen und Verbrechen entlarvten, während Spanien über die journalistische Berichterstattung und den Aktivismus von WikiLeaks gegen Madrids gewaltsame Unterdrückung der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung 2018 wütend war.
Also bedrängten und bestachen sie Moreno, um Assange den Wölfen vorzuwerfen – d.h., ihnen. Und seitdem wird Assange im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London festgehalten, einer Einrichtung für Terrorverdächtige, die so hart ist, dass die BBC im Jahr 2004 fragte, ob es “Großbritanniens Guantanamo Bay” sei.

Assange ist derzeit nicht in Haft, weil er für ein Verbrechen verurteilt wurde. Zwei Wochen nachdem er aus der Botschaft geschleppt wurde, wurde er des geringfügigen Vergehens der “Missachtung der Kautionsauflagen” für schuldig befunden und zu 50 Wochen Gefängnis verurteilt, der maximalen Strafe, die das Gesetz erlaubt.
Im April dieses Jahres hatte er diese Strafe vollständig verbüßt und sollte daher ohne weitere Anklagen entlassen werden. Aber nur wenige Wochen vor seiner Freilassung veröffentlichte das US-Justizministerium eine Anklage gegen Assange, die aus der Veröffentlichung von diplomatischen Kabeln und Kriegsprotokollen des US-Außenministeriums durch WikiLeaks im Jahr 2010 resultierte, die massive Korruption durch zahlreiche Regierungen, Bush- und Obama-Beamte und verschiedene Unternehmen auf der ganzen Welt enthüllten.

Diese US-Anklage und der begleitende Antrag, Assange an die USA auszuliefern, um sich vor Gericht zu verantworten, lieferten der britischen Regierung den Vorwand, Assange auf unbestimmte Zeit zu inhaftieren. Ein Richter entschied schnell, dass Assange bis zu seiner Auslieferungs-Anhörung nicht auf Kaution freigelassen werden kann, sondern stattdessen hinter Gittern bleiben muss, während die britischen Gerichte umfassend den Auslieferungsantrag des Justizministeriums bewerten.
Egal was passiert, es wird Jahre dauern, bis dieser Auslieferungsprozess abgeschlossen ist, denn welche Seite auch immer in jeder Phase verliert (das DOJ oder Assange) (und Assange wird sehr wahrscheinlich die erste Runde verlieren, wenn die untere Gerichtsentscheidung über den Auslieferungsantrag nächste Woche ausgestellt wird), sie werden Berufung einlegen, und Assange wird im Gefängnis bleiben, während diese Berufungen ihren Weg sehr langsam durch das britische Justizsystem nehmen.

Das bedeutet, dass – abgesehen von einer Begnadigung durch Trump oder die Rücknahme der Anklagen durch das, was die Biden DOJ werden – Assange für Jahre eingesperrt bleiben wird, ohne die Notwendigkeit, zu beweisen, dass er irgendeines Verbrechens schuldig ist.
Er wird einfach verschwunden sein: zum Schweigen gebracht von den gleichen Regierungen, deren Korruption und Verbrechen er angezeigt und aufgedeckt hat.

Das sind dieselben Regierungen – die USA und Großbritannien – die scheinheilig ihre Gegner (aber selten ihre repressiven Verbündeten) für die Verletzung der Meinungsfreiheit, der Pressefreiheit und des Rechts auf ein ordentliches Verfahren verurteilen.
Es sind dieselben Regierungen, denen es gelingt – größtenteils aufgrund einer grenzenlos willfährigen Konzernpresse, die entweder die Propaganda glaubt oder sie wissentlich zu ihrem eigenen Vorteil verbreitet – eine große Anzahl ihrer Bürger davon zu überzeugen, dass, anders als in den bösen Ländern wie Russland und Iran, diese bürgerlichen Freiheiten in den guten westlichen Ländern garantiert und geschützt sind.

(Die zahlreichen Beweise, die zeigen, dass die Anklage gegen Assange die größte Bedrohung für die Pressefreiheit seit Jahren ist, und dass die Argumente, die zu ihrer Rechtfertigung vorgebracht werden, betrügerisch sind, wurden von mir und anderen wiederholt dokumentiert, sodass ich diese Diskussionen hier nicht wieder aufwärmen werde.
Interessierte können den Artikel und das Videoprogramm sehen, die ich zu dieser Strafverfolgung produziert habe, zusammen mit meinem Leitartikel in der Washington Post; dem Leitartikel von Laura Poitras in der New York Times letzte Woche zur Anklage; dem Leitartikel des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Lula da Silva im Guardian, in dem er die sofortige Freilassung von Assange fordert; dem Leitartikel des Guardian und der Kolumne der Medienreporterin der Washington Post, Margaret Sullivan, die diese Strafverfolgung als missbräuchlich verurteilt; und Erklärungen der Freedom of the Press Foundation, des Committee to Protect Journalists, der Columbia Journalism Review und der ACLU, die vor den ernsten Gefahren für die Pressefreiheit warnen, die damit verbunden sind).

Sogar Assanges Verurteilung wegen “Kautionsflucht” und die Art und Weise, wie sie im Diskurs der Mainstream-Medien dargestellt wird, offenbart, wie trügerisch diese Narrative sind und wie illusorisch diese angeblich geschützten Freiheiten sind.
Assanges Verurteilung wegen Kautionsflucht basierte auf seiner Entscheidung, Asyl in Ecuador zu beantragen, anstatt 2012 zu seiner Auslieferungsanhörung in London zu erscheinen. Dieser Asylantrag wurde von Ecuador mit der Begründung bewilligt, dass Schwedens Versuch, Assange wegen einer Untersuchung wegen sexueller Nötigung aus Großbritannien auszuliefern, als Vorwand benutzt werden könnte, um ihn in die USA zu überstellen, die ihn dann für das “Verbrechen” der Berichterstattung über ihre illegalen und betrügerischen Handlungen inhaftieren würden.
Eine solche Vergeltungsinhaftierung, so sagte Ecuador, käme einer klassischen politischen Verfolgung gleich und erfordere daher Asyl, um seine politischen Rechte vor Angriffen durch die USA zu schützen (der Fall in Schweden wurde später eingestellt, nachdem die Staatsanwälte zu dem Schluss kamen, dass Assanges Asyl die Untersuchung sinnlos machte).

Wenn die USA Dissidenten aus gegnerischen Ländern Asyl gewähren, um sie vor Verfolgung zu schützen, verkünden die US-Medien dies als edlen, wohlwollenden Akt, der beweist, wie sehr sich die US-Regierung für die Rechte und Freiheiten von Menschen auf der ganzen Welt einsetzt.

Erinnern Sie sich an den feierlichen Ton der US-Medienberichterstattung, als die Obama-Regierung dem blinden chinesischen Aktivisten und Anwalt Chen Guangcheng Zuflucht in ihrer Botschaft in Peking und dann dauerhaftes Asyl gewährte, der in seinem Heimatland mit zahlreichen strafrechtlichen Anklagen konfrontiert war wegen seiner Arbeit gegen verschiedene Politikmaßnahmen, die er als unterdrückerisch und ungerecht ansah?
Amerikanische Liberale stellen Asyl, wenn es von der US-Regierung zum Schutz vor Verfolgung in anderen lateinamerikanischen Ländern gewährt wird, als so heilig dar, dass die Bemühungen der Trump-Administration, dieses Asyl einzuschränken, ihre anhaltende Wut hervorgerufen haben (diese Wut ist dabei, sich zu verflüchtigen, da Biden das Gleiche tut, aber mit der weicheren und sanfteren Sprache des Zögerns).

Aber wenn Asyl von anderen Ländern gewährt wird, um jemanden vor Verfolgung durch die US-Regierung zu schützen, dann verwandelt sich Asyl plötzlich von einem edlen und wohlwollenden Schutz gegen Menschenrechtsverletzungen in ein heimtückisches, korruptes Verbrechen.
So verunglimpfen US-amerikanische und britische Journalisten routinemäßig die Entscheidung Ecuadors, Assange vor der Möglichkeit abzuschirmen, in die USA überführt zu werden, um dort für seinen Journalismus bestraft zu werden, oder wie sie immer noch von Russlands Asylgewährung für Edward Snowden sprechen, die ihn davor schützt, in die USA überführt zu werden, um dort wahrscheinlich eine lebenslange Haftstrafe nach dem repressiven Spionagegesetz von 1917 zu riskieren, einem Gesetz, das ihn sogar daran hindert, sich vor Gericht auf eine “Rechtfertigung ” zu berufen und so einen fairen Prozess zu erhalten.
Unter diesem propagandistischen Rahmen werden nicht nur die Regierungen, die Asyl gegen US-Verfolgung gewähren (wie Ecuador und Russland), sondern auch die Personen, die Asyl vor US-Verfolgung suchen (wie Assange und Snowden), von den US-amerikanischen und britischen Medien als Schurken und sogar Kriminelle dargestellt, weil sie dieses international garantierte Asylrecht in Anspruch nehmen.

In der Tat, die britische Richterin, die Assange die Höchststrafe für Kautionsflucht auferlegte, Deborah Taylor, spöttelte bei seiner Verurteilungsanhörung, dass er “sein Asyl in der ecuadorianischen Botschaft nutzte, um die britische Justiz zu beleidigen”. Sie fügte hinzu: “Es ist schwierig, sich ein schwerwiegenderes Beispiel für dieses Vergehen vorzustellen. Indem Sie die Botschaft betraten, haben Sie sich absichtlich außer Reichweite gebracht, während Sie in Großbritannien blieben. Sie blieben dort fast sieben Jahre lang und nutzten Ihre privilegierte Position aus, um das Gesetz zu missachten und international Ihre Geringschätzung für das Recht dieses Landes bekannt zu machen.”

Snowdens Asyl in Russland – das einzige, was zwischen ihm und Jahrzehnten in einem Hochsicherheitskäfig in den USA für das “Verbrechen” der Aufdeckung verfassungswidriger Spionage durch Obama-Beamte steht – wird in den elitären US-Medien und politischen Kreisen in ähnlicher Weise als etwas Schändliches und sogar Verräterisches verhöhnt und nicht als ein vollkommen legaler Schutzschild unter internationalen Asylkonventionen gegen die Verfolgung durch den rachsüchtigen und notorisch repressiven US-Sicherheitsstaat.

Hier sehen wir die verblendende Propaganda, der die US-Bürger endlos unterworfen sind. Asyl ist immer gerechtfertigt, wenn es von der US-Regierung an Dissidenten oder Ausgestoßene aus untergeordneten Ländern gewährt wird, aber es ist nie gerechtfertigt, wenn es von anderen Ländern an US-Dissidenten oder andere Journalisten und Aktivisten gewährt wird, deren Bestrafung die USA anstreben.
Diese verzerrte Argumentation ist deshalb so wirkungsvoll, weil die US-Medien erfolgreich mit dem giftigen Mythos hausieren gehen, dass die USA einzigartige Rechte und Ansprüche haben, die mindere Länder nicht haben, weil die USA im Gegensatz zu ihnen eine freiheitsliebende Demokratie sind, die die grundlegenden Menschenrechte ehrt und standhaft die grundlegenden bürgerlichen Freiheiten der freien Meinungsäußerung, einer freien Presse und eines ordentlichen Gerichtsverfahrens für alle Völker garantiert.

Das nächste Mal, wenn jemand diese Behauptung aufstellt, explizit oder anderweitig, sagen Sie ihm, er solle sich das Schicksal von Julian Assange ansehen, einem der wirkungsvollsten Journalisten und Aktivisten dieser Generation, der die Verbrechen, den Betrug und die Korruption der wichtigsten US-Machtzentren aufgedeckt hat, insbesondere des permanenten Sicherheitsstaats.
Assange ist nicht einmal ein US-Bürger, der insgesamt eine Woche in seinem Leben auf US-Boden verbracht hat und absolut keine Verpflichtungen – rechtlich, journalistisch oder ethisch – hat, US-Geheimnisse zu schützen.

Aber egal: Jeder, der die US-Macht erfolgreich herausfordert, muss und wird zerstört werden.
Das liegt daran, dass die Rede- und Pressefreiheit und andere bürgerliche Garantien nur denen gewährt werden, die es unterlassen, die herrschende Klasse der USA ernsthaft herauszufordern: d.h. denen, die diese Rechte nicht brauchen.
Denjenigen, die diese Rechte brauchen – denjenigen, die abweichend denken und unzufrieden sind – werden sie verweigert, was definitiv beweist, dass diese Rechte nur auf dem Papier existieren, dass sie in Wirklichkeit unecht und illusorisch sind für diejenigen, die sie tatsächlich brauchen und verdienen.

Über Kommentare auf meinem Blog hier würde ich mich freuen.
Jochen